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Quanten-Computer in realem Universum - Seite 6
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Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 16. Mai 2023 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

@TomS @index_razor

Die Vorhersage der Messergebnisse in der QM richtet sich nach Interpretationen und nicht nach dem Formalismus? Das ist mir neu..
"shut up and calculate" ist doch gerade der Minimalkonsens dieses Formalismus smile
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Mai 2023 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
@TomS @index_razor

Die Vorhersage der Messergebnisse in der QM richtet sich nach Interpretationen und nicht nach dem Formalismus? Das ist mir neu..
"shut up and calculate" ist doch gerade der Minimalkonsens dieses Formalismus :)


Klar, es gibt ja auch einen Minimalkonsens bzgl. der Interpretation der QM. Jede Aussage über die Bedeutung des Formalismus, die "shut up and calculate" gestattet, ist in jeder Interpretation erlaubt. Wenn es anders wäre, wären sich Physiker nicht mal einig was eine korrekte Anwendung der Quantenmechanik ist.

Und nach diesem Minimalkonsens sind alle deine besten, vorhergesagten Meßergebnisse durch den Formalismus absolut determiniert.

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
@TomS @index_razor

Die Vorhersage der Messergebnisse in der QM richtet sich nach Interpretationen und nicht nach dem Formalismus?

Was genau meinst du damit?

Natürlich kann die Vorhersage von Messergebnissen nicht beliebig von Interpretationen abhängen, diese müssen schon mit den Beobachtungen verträglich sein. Dennoch sind Messungen offensichtlich nicht unmittelbar durch den Formalismus festgelegt sondern benötigen eine Interpretation.

Am Bsp. der Messung der Energieniveaus am Wasserstoffatom. "Die Messwerte entsprechen den Eigenwerten eines selbstadjungierten Operators". Gemessen werden aber nicht die Energien der Elektronen sondern die der Photonen. Photonen existieren in der nicht-rel. QM nicht. Betrachten wir also die QED und eine Messung von Einzelphotonen.
"Nach der Messung befindet sich das System in einem entsprechenden Eigenzustand". Nur, das Photon ist nach der Messung absorbiert, nicht mehr da. Der dann vorliegende Energie-Eigenzustand des Photons liefert die Energie Null.

Am Bsp. der Spuren in der Nebelkammer: Die Tröpfchen werden als Abfolge von Ortsmessungen verstanden. Jede Ortsmessung überführt das System in einen Ortseigenzustand. Dieser ist jedoch im Impulsraum isotrop, d.h. er kann gerade keine gerichteten Spuren erklären; nach der ersten Ortsmessung und in jeder Folgenden wäre das Ergebnis auch im Ortsraum isotrop - im Widerspruch zur Beobachtung. Mott leitet dagegen unter expliziten Verzicht auf das Projektionspostulat "röhrenartige" Funktionen für Dichte und Stromdichte ab, die er als diese Spuren interpretiert. Er verzichtet demzufolge auch auf die Identifizierung einer Observablen als hermiteschem Operator, sein Messergebnis ist offensichtlich eine Spur, die jedoch keine Entsprechung im Sinne der Observablen des Formalismus hat.

Ja, insofern sind Messungen - also das, was einen Messprozess und ein Messergebnis darstellt - keineswegs eindeutig durch den Formalismus bestimmt, sicher nicht unstrittig und tatsächlich in gewisser Weise Gegenstand der Interpretation.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
"shut up and calculate" ist doch gerade der Minimalkonsens dieses Formalismus

Auch dieser Minimalkonsens benötigt eine Interpretation, was genau denn nun berechnet wird und was dies bedeutet. Und der vielzitierte Minimalkonsens ist teilweise kein solcher, da er implizite Annahmen enthält, über die keine Einigkeit besteht - siehe z.B. das Projektionspostulat.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 16. Mai 2023 21:34, insgesamt 2-mal bearbeitet
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 16. Mai 2023 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

Da schaut man Abends in den Verlauf der Diskussion und findet so viel neue und interessante Informationen. An dieser Stelle mal Danke an TomS und index_razor, für die vielen erhellenden Beiträge.

Thumbs up!
MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
Beiträge: 951
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 16. Mai 2023 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Da schaut man Abends in den Verlauf der Diskussion und findet so viel neue und interessante Informationen. An dieser Stelle mal Danke an TomS und index_razor, für die vielen erhellenden Beiträge.

Heute morgen habe ich mich noch gefragt, wo Qubit in dieser Diskussion bleibt. Er passt mit seinem Namen so gut in diese Diskussion rein. Und schon ist er da und erzeugt mit seinen Überzeugungen eine fruchtbare Diskussion.

Grüsse
MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
Beiträge: 951
Wohnort: Berlin-Wedding

Beitrag MBastieK Verfasst am: 16. Mai 2023 21:39    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Gibt es irgendein Modell für nicht-real, aber lokal?

Ja, die Standard-Quantenmechanik in der Everett Interpretation; diese ist lokal

TomS hat Folgendes geschrieben:
Gemäß Everett liegt objektiv vollständiger Determinisms und lediglich subjektiv Zufall vor.

Ich habe 2 Fragen bezüglich der Everett-Interpretation.

1.
Gilt bei der Everett-Interpretation der vollständige Determinismus nur über alle Universen hinweg, oder allein schon in einem Universum?

2.
Und. Liefern die Quanten-Computer in allen Universen richtige Ergebnisse, oder nur in einer Untermenge der Universen? Da ja alle Möglichkeiten, in Form von neuen Universen, abgedeckt werden müssen, können ja Universen entstehen, wo falsche Ergebnis-Bit-Kombinationen bezüglich einer Aufgaben-Stellung entstehen, da ja vermeintlich(in meiner bisherigen Vorstellung) alle* Ergebnis-Bit-Kombinationen über neue Universen hinweg entstehen, und ja nicht alle richtig sein können bezüglich einer Aufgaben-Stellung.

*alle, d.h. bei einer 1024 Bit-Aufgabe auch 2^1024 Ergebniss-Bit-Kombinationen bzw. Universen

Grüsse


Zuletzt bearbeitet von MBastieK am 16. Mai 2023 21:59, insgesamt einmal bearbeitet
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 16. Mai 2023 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Da schaut man Abends in den Verlauf der Diskussion und findet so viel neue und interessante Informationen. An dieser Stelle mal Danke an TomS und index_razor, für die vielen erhellenden Beiträge.

Heute morgen habe ich mich noch gefragt, wo Qubit in dieser Diskussion bleibt. Er passt mit seinem Namen so gut in diese Diskussion rein. Und schon ist er da und erzeugt mit seinen Überzeugungen eine fruchtbare Diskussion.

Grüsse


Mal so offen und kompakt über die Varianten bzw. die Interpretationsmöglichkeiten in der QM und derer (technisch messbaren) Grenzen (Indizien -> Ontologie) zu diskutieren, ist moderne Physik. Finde ich jedenfalls und nach dem Verlauf hier hat es auch nichts mit Privattheorien zu tun, wenn chaotische Systeme ins Spiel kommen (möglicherweise dann auch mit allen Konsequenzen).

Qubit scheint Befürworter der othodoxen Interpretation zu sein aber die meisten der Diskussionsteilnehmer hier eher nicht. Insofern ist es gut auch seine Meinung zu lesen.
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 16. Mai 2023 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ja, wenn etwas objektive Eigenschaften hat, muß es wohl existieren. (Also keine Einwände gegen "Ontologie".) Ich habe übrigens nichts gegen den Begriff "Metaphysik". Ich fand ihn nur in dem Zusammenhang nicht zutreffend.


Ja wie gesagt. War von mir absichtlich so in den Raum geworfen worden und ich stimme zu. Ich habe auch keine Einwände gegen Ontologie. Metaphysik sehe ich hingegen eher im Bereich der pseudowissenschaftlichen Denkweise.

Zitat:
Dekohärenz ist ein spezifisches Phänomen in der Dynamik offener Systeme, bei dem der Zustand auf Grund der Wechselwirkung mit seiner Umgebung oft praktisch instantan die Interferenzfähigkeit verliert.


Ok also ist das emmitieren eines Infrarotphotons aus heißen Fullerenmolkülen bei Zeilingers Doppelspaltexperiment und der damit zusammenhängende Verlust der Interferenzfähigkeit, ein dekohärenter Prozess?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Gilt bei der Everett-Interpretation der vollständige Determinismus nur über alle Universen hinweg, oder allein schon in einem Universum?

Determinismus gilt trivialerweise für die eine umfassende Wellenfunktion.



Zerlegt man diesen einen Zustand in die bekannten stabilen Zweige, so gilt Determinismus auch je Zweig





Allerdings fühlt es sich „je Ich“ subjektiv zufällig an, in welchem Zweig „ich“ mich nach einer Messung mit mehreren möglichen Ergebnissen wiederfinde.

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Liefern die Quanten-Computer in allen Universen richtige Ergebnisse …

Der Quantencomputer liefert keine richtigen oder falschen Ergebnisse, er liefert als Ergebnis einen neuen Zustand gemäß der unitären Zeitentwicklung.

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Da ja alle Möglichkeiten, in Form von neuen Universen, abgedeckt werden müssen …

Es werden genau die Möglichkeiten erzeugt, die mit der Dynamik U(t) verträglich sind. Der Quantencomputer rechnet genau dann richtig, wenn die Dynamik passend zur Aufgabenstellung konstruiert ist.

Ich muss dazu aber noch etwas lesen.

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MBastieK



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Beitrag MBastieK Verfasst am: 16. Mai 2023 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es werden genau die Möglichkeiten erzeugt, die mit der Dynamik U(t) verträglich sind. Der Quantencomputer rechnet genau dann richtig, wenn die Dynamik passend zur Aufgabenstellung konstruiert ist.

Ok, kein plumpes Branching.

Grüsse
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 16. Mai 2023 23:07    Titel: Antworten mit Zitat

Der Begriff Branching ist mir neu aber habe mich nie mit der vwi bzw. mwi beschäftigt aber ist das "Viele Welten" vielleicht eher wie folgt zu verstehen?

Branching =

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es handelt sich um eine dynamische Entkopplung, d.h. wechselweisen Interferenzverlust und dadurch Unsichtbarkeit der durch die Dekohärenz entstehenden Zweige.
Rein mathematisch findet aber keine “Vervielfachung von Welten” sondern eher ein “Verzweigen und Ausdünnen” statt.


Quelle: quanten.de forum/showpost.php5?p=101687&postcount=22
Aruna



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Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 17. Mai 2023 06:22    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:

2.
Und. Liefern die Quanten-Computer in allen Universen richtige Ergebnisse, oder nur in einer Untermenge der Universen? Da ja alle Möglichkeiten, in Form von neuen Universen, abgedeckt werden müssen, können ja Universen entstehen, wo falsche Ergebnis-Bit-Kombinationen bezüglich einer Aufgaben-Stellung entstehen, da ja vermeintlich(in meiner bisherigen Vorstellung) alle* Ergebnis-Bit-Kombinationen über neue Universen hinweg entstehen, und ja nicht alle richtig sein können bezüglich einer Aufgaben-Stellung.


Hast Du Dich mal damit beschäftigt was ein Quanten-Computer tut bzw. für welche Aufgabenstellungen der eingesetzt wird?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 07:12    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Der Begriff Branching ist mir neu aber habe mich nie mit der vwi bzw. mwi beschäftigt aber ist das "Viele Welten" vielleicht eher wie folgt zu verstehen?

Branching =

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es handelt sich um eine dynamische Entkopplung, d.h. wechselweisen Interferenzverlust und dadurch Unsichtbarkeit der durch die Dekohärenz entstehenden Zweige.
Rein mathematisch findet aber keine “Vervielfachung von Welten” sondern eher ein “Verzweigen und Ausdünnen” statt.

Schau mal hier:

https://www.preposterousuniverse.com/blog/2014/06/30/why-the-many-worlds-formulation-of-quantum-mechanics-is-probably-correct/

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Sonnenwind



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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2023 08:16    Titel: Antworten mit Zitat

Vorweg: Die VWI ist mein persönliches Hassobjekt.

Zwei ungeklärte Fragen fallen mir da sofort ein:

1) Wenn sich die Welten spalten, nachdem sie dekohäriert sind, wie ist das dann möglich, wenn die Kohärenz exponentiell abfällt, aber nie wirklich null wird?

2) Wenn eine Alternative pi-mal wahrscheinlicher ist als die andere, spaltet sich dann die Welt in eine plus pi Welten auf, also nichtganzzahlige Anzahl von Welten?

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 08:33    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Vorweg: Die VWI ist mein persönliches Hassobjekt.

Eine wunderbare Voraussetzung für eine unvoreingenommen und sachliche Diskussion.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn sich die Welten spalten, nachdem sie dekohäriert sind, wie ist das dann möglich, wenn die Kohärenz exponentiell abfällt, aber nie wirklich null wird?

Was ist daran problematisch?

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn eine Alternative pi-mal wahrscheinlicher ist als die andere, spaltet sich dann die Welt in eine plus pi Welten auf, also nichtganzzahlige Anzahl von Welten?

Nein. Man darf nicht Zweige zählen, um zu Wahrscheinlichkeiten zu gelangen, sondern man muss weiterhin die Gewichte d.h. Wahrscheinlichkeitdamplituden der Zweige betrachten.

Dabei gibt es durchaus offene Fragen. Die Identifizierung von Zweigen ist nicht trennscharf. Die Argumente, wie man ausgehend vom Formalismus zu subjektiven, d.h. epistemischen Wahrscheinlichkeiten gelangt, sind keineswegs unumstritten.

Der große Pluspunkt für die Everettsche Quantenmechanik - u.a. wie die Thermal Interpretation - ist nicht, dass sie diese Probleme löst, sondern dass sie diese offenen Fragen als solche annimmt zu beantworten versucht, anstatt in starren Dogmen zu verharren. Die Zielsetzung ist ganz einfach: die Wechselwirkung des zu messenden Systems mit einem Messgerät auf Basis der unitären Dynamik zu untersuchen. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, und jeder davon ist besser als keiner.

Die orthodoxe Position versteht man am besten anhand des folgenden fiktiven Dialogs:
K: Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen.
N: Aber wie können wir die Ursache für diese Bahnen verstehen?
K: Derartige Fragen sind unphysikalisch. Shut up and calculate!

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2023 09:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Vorweg: Die VWI ist mein persönliches Hassobjekt.

Eine wunderbare Voraussetzung für eine unvoreingenommen und sachliche Diskussion.

So wie man hassen kann, kann man auch lieben. Und das ist bei mir (im Moment) die de-Broglie-Bohm-von-Neumann-Wigner-Interpretation.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn sich die Welten spalten, nachdem sie dekohäriert sind, wie ist das dann möglich, wenn die Kohärenz exponentiell abfällt, aber nie wirklich null wird?

Was ist daran problematisch?

Die Gegenfrage verwundert mich sehr. Ich dachte nur VÖLLIG dekohärierte Zustände trennen sich. Wenn sie auch nur ein bisschen interferieren tun sie das nicht.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn eine Alternative pi-mal wahrscheinlicher ist als die andere, spaltet sich dann die Welt in eine plus pi Welten auf, also nichtganzzahlige Anzahl von Welten?

Nein. Man darf nicht Zweige zählen, um zu Wahrscheinlichkeiten zu gelangen, sondern man muss weiterhin die Gewichte d.h. Wahrscheinlichkeitdamplituden der Zweige betrachten.

Wenn A Wahrscheinlichkeit 0,4 und B 0,6 hat und ich nach dem Experiment in A bin, dann ist mein Doppelgänger in B. Es gibt also zwei von uns. Dass ich der eine bin und nicht der andere, muss wegen der Symmetrie von mir und meinem Doppelgänger aber 0,5 sein. Abgesehen davon, dass das mit den neu auftauchenden Doppelgängern viel absurder klingt als jede Kollaps-Theorie.

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Beitrag lkjkoz Verfasst am: 17. Mai 2023 09:28    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Schau mal hier...


Sehr interessant. Ich habe das bisher immer Aufgrund "der vielen Welten" unbeachtet gelassen aber ich muss darüber nachdenken.

Also existieren schon immer genauso viele "Welten", wie es Freiheitsgrade gibt? Bei einer Messung zeigt sich dann aber immer explizit nur eine davon und die übrigen sind für uns nicht greifbar (aber dennoch irgendwo vorhanden)? Könnte man verschiedene Welten auch als Informationen über verschiedene Orte innerhalb des Hilbertraums interpretieren? Der Hilbertraum erschien mir bisher auch immer sehr abstrakt aber wenn man ihn sich erstmal nur als "sehr groß" vorstellen muss und das "viel rein passt", dann ist es ja gar nicht so abstrakt.

Was sagt die TI zusätzlich zur MWI aus?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 09:43    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Die Gegenfrage verwundert mich sehr. Ich dachte nur VÖLLIG dekohärierte Zustände trennen sich. Wenn sie auch nur ein bisschen interferieren tun sie das nicht.

Wenn zwischen einer Welt mit einer lebenden und einer mit einer toten Katze Interferenzeffekte stattfinden, die mit a~exp(-z) unterdrückt sind, dann sind diese zwar existent, jedoch für genügend großes z unbeobachtbar; die tote Katze wird z.B. nicht blinzeln. Da muss nichts vollständig unterdrückt sein, was a=0 entspräche. Ich glaube, dieser Denkfehler stammt aus der Kollapsinterpretation, in der ein Zweig identisch verschwindet.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn A Wahrscheinlichkeit 0,4 und B 0,6 hat und ich nach dem Experiment in A bin, dann ist mein Doppelgänger in B. Es gibt also zwei von uns. Dass ich der eine bin und nicht der andere, muss wegen der Symmetrie von mir und meinem Doppelgänger aber 0,5 sein.

Warum muss das so sein? Dafür gibt es keinen logischen Grund.

Es ist ganz einfach: gegeben ist ein mathematisches Objekt, das sich “skizzenhaft” schreiben lässt als



Die Aufgabe besteht darin, zu verstehen, wie und warum dies sinnvollerweise auf epistemische Wahrscheinlichkeiten führt.

Lösungsansätze:
- Herleitung der Bornsche Regel gemäß MWI (würde hier den Rahmen sprengen)
- Postulat der Bornsche Regel (erklärt nichts)
- Postulat, dass beide Wahrscheinlichkeit 0.5 sind (liefert falsche Vorhersagen, also untauglich)

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Abgesehen davon, dass das mit den neu auftauchenden Doppelgängern viel absurder klingt als jede Kollaps-Theorie.

Dass etwas absurd ist, ist kein wissenschaftliches Argument. Die Zweige folgen mathematisch aus der Theorie, und dies ist insofern für kleinere jedoch bereits makroskopische Systeme zutreffend, als das Ignorieren der Superposition zu falschen Vorhersagen führt.

Drei Auswege:
- der Formalismus ist nicht ontisch (moderne Varianten der Kopenhagener I.)
- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen real (MWI)
- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen verschwinden (TI *)
- der Formalismus ist ontisch + Projektionspostulat (liefert falsche Vorhersagen)

*) Die Thermal Interpretation geht davon aus, dass tatsächlich Mechanismen existieren, die zu eindeutigen Messergebnissen führen, d.h. dass die o.g. Struktur ein Artefakt einer unzureichenden mathematischen Analyse ist. Dafür gibt es nach meiner Kenntnis vereinzelte Indizien. Die Position der Thermal Interpretation ist aber (noch) sehr schwach.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 17. Mai 2023 13:11, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Was sagt die TI zusätzlich zur MWI aus?

Im Kern ist der wesentliche Unterschied der, dass angenommen wird, dass für offene und daher thermische Subsysteme aufgrund der nicht-linearen Dynamik Effekte existieren, die zu den beobachteten eindeutigen Messergebnissen führen.

Dafür gibt es weder stichhaltige Argumente (m.E. lediglich schwache Indizien, sagt auch der Autor explizit), noch substantielle Gegenargumente (die nicht auf unzulässig vereinfachten Annahmen oder der impliziten Verwendung von Argumenten aus anderen Interpretationen beruhen).

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 17. Mai 2023 10:09    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Die Gegenfrage verwundert mich sehr. Ich dachte nur VÖLLIG dekohärierte Zustände trennen sich. Wenn sie auch nur ein bisschen interferieren tun sie das nicht.

Wenn zwischen einer Welt mit einer lebenden und einer mit einer toten Katze Interferenzeffekte stattfinden, die mit a~exp(-z) unterdrückt sind, dann sind diese zwar existent, jedoch für genügend großes z unbeobachtbar; die tote Katze wird z.B. nicht blinzeln. Da muss nichts vollständig unterdrückt sein, was a=0 entspräche. Ich glaube, dieser Denkfehler stammt aus der Kollapsinterpretation, in der ein Zweig identisch verschwindet.

Es ist aber schon klar, dass null ein besonderer Wert ist, während jeder andere Wert, sei er auch noch so klein, eine Naturkonstante darstellt, die neu eingeführt werden muss.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn A Wahrscheinlichkeit 0,4 und B 0,6 hat und ich nach dem Experiment in A bin, dann ist mein Doppelgänger in B. Es gibt also zwei von uns. Dass ich der eine bin und nicht der andere, muss wegen der Symmetrie von mir und meinem Doppelgänger aber 0,5 sein.

Warum muss das so sein? Dafür gibt es keinen logischen Grund.

Machen wir ein Extrembeispiel: Wenn es zwei mögliche Ergebnisse gibt und eines davon hat P=99,99%, das andere P=0,01%, warum sollten dann in jeder von beiden Welten eine Version von mir sein? Es wäre ja dann wahrscheinlicher, dass wir beide in der 99,99%-Welt wären. Derjenige von uns, der in der 0,01%-Welt wäre würde sich ja sonst wundern.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Mai 2023 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:

Was sagt die TI zusätzlich zur MWI aus?


Siehe dazu am besten diesen Thread auf physicsforums. Er enthält auch links zu Originalveröffentlichungen.

Es ist nicht so, daß die Thermal Interpretation etwas "zusätzlich" zur MWI aussagt. Es sind einfach komplett unterschiedliche Interpretationen.

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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Mai 2023 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen real (MWI)
- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen verschwinden (TI *)


Das ist nicht der Unterschied zwischen MWI und TI. Superpositionen sind in der TI genauso real, sie müssen nicht verschwinden. (Ich glaube du verwechselst TI und physical collapse. Darauf deutet auch deine Bemerkung über nichtlineare Dynamik hin.)

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Beitrag lkjkoz Verfasst am: 17. Mai 2023 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Es ist nicht so, daß die Thermal Interpretation etwas "zusätzlich" zur MWI aussagt. Es sind einfach komplett unterschiedliche Interpretationen.


Ich merke gerade, dass ich das falsch verstanden bzw. im falschen Bezug gesetzt habe:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der große Pluspunkt für die Everettsche Quantenmechanik - u.a. wie die Thermal Interpretation - ist nicht, dass sie diese Probleme löst, sondern dass sie diese offenen Fragen als solche annimmt zu beantworten versucht, anstatt in starren Dogmen zu verharren.


Danke für den link. Werde ich heute Abend lesen.
MBastieK



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Wohnort: Berlin-Wedding

Beitrag MBastieK Verfasst am: 17. Mai 2023 10:49    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Hast Du Dich mal damit beschäftigt was ein Quanten-Computer tut bzw. für welche Aufgabenstellungen der eingesetzt wird?

Ja.

Grüsse
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 13:10    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen real (MWI)
- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen verschwinden (TI *)

Das ist nicht der Unterschied zwischen MWI und TI. Superpositionen sind in der TI genauso real, sie müssen nicht verschwinden.

Du hast recht, nicht die Superpositionen verschwinden, sondern die beables liefern eindeutige Werte. Das ist gemäß TI / Neumaier zumindest die Erwartungshaltung.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube du verwechselst TI und physical collapse. Darauf deutet auch deine Bemerkung über nichtlineare Dynamik hin.

Nein, ich verwechsle das nicht mit "physical collapse", denn diese Ansätze führen auf fundamentaler Ebene nicht-lineare Dynamiken ein, d.h. sie modifizieren den Formalismus, während die TI genau dies nicht tut. In der TI ist die fundamentale Dynamik linear und unitär.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Was sagt die TI zusätzlich zur MWI aus?

Wie index_razor schon sagte, es ist besser, die TI zunächst unabhängig von der MWI zu betrachten. Sie basiert jedoch (fast) auf dem selben Formalismus, behauptet jedoch, man können auf dieser Basis zu einer explizit anderen Schlussfolgerung gelangen. Verkürzt: Messungen führen zu eindeutigen Ergebnissen und nicht zu vielen Welten.


Im folgenden einige zentrale Aussagen Neumaiers. Ich zäume das Pferd von hinten auf und beginne mit seiner Erwartungshaltung bzgl. der Ergebnisse von wesentlichen Messprozessen.

(Und ich warne davor, sich durch seine zig Artikel durchzuwühlen, weil man darin wenig zu den folgenden Aussagen findet bzw. sich das mühsam zusammenreimen oder in Diskussionen mit ihm herausfinden muss)

Zur Dynamik:

Zitat:
The new approach is consistent with assigning a well-defined (though largely unknown) state to the whole universe, whose properties account for everything observable within this universe. ... Deterministic chaos is an emergent feature of the thermal interpretation ... obtained in a suitable approximation ... This chaoticity seems enough to enforce the probabilistic nature of the measurement apparatus. Neither an underlying exact deterministic dynamics nor an explicit dynamical collapse needs to be postulated

Objective-collapse theories introduce such nonlinearities explicitly into the dynamics of the universe. But they are not needed since they arise automatically through the well-known coarse-graining procedures.


Zu Messergebnissen für Einzelmessungen bzw. Detektorereignisse:

Zitat:
The thermal interpretation dismisses the view that single events imply single particles ... [It] replaces this view by the intuition of fields probed by quantum buckets ... The quantum buckets (aka bistable systems leading to single detection events) measure the rate of flow of the silver field, but at low rates only very coarsely.

Decoherence looks at the dynamics of the reduced density matrix ... The thermal interpretation looks instead at the reduced dynamics of the relevant macroscopic q-expectations and finds that it is bistable. Thus strictly speaking it is not the macroscopic superpositions that are shown unstable but nonzero amounts of deposit on both spots

Insofern hat index_razor du recht, dass es nicht die Superpositionen sind, die verschwinden (müssen), jedoch die relevanten beables.

https://www.physicsforums.com/threads/the-thermal-interpretation-of-quantum-physics.967116
Zitat:
7. In measurements our devices (for reasons given in the next point) unfortunately only become correlated with a single point within the world tube or blurred range of a property. This gives measurements on quantum systems discrete results that don't faithfully represent the "tubes". Thus we must reconstruct them from multiple observations.
8. The origin of this discreteness is in the metastability of the system-device-environment interaction. The device as a physical system can be partitioned into slow large scale and fast small scale modes. The space of slow large scale modes has the form of a set of disconnected manifolds. After interaction with the system the total state of the device initially faithfully records the uncertain quantity ⟨A⟩ however it is metastable. Noise from the environment causes it to quickly decay into one of the slow mode manifolds giving a discrete outcome not fully reflective of ⟨A⟩ . From our perspective, ignorant of the environmental dynamics, this constitutes a stochastically driven discrete outcome of a measurement.

(nicht von Neumaier selbst geschrieben, jedoch bestätigt: "Excellent summary, thanks!")

Zu Messungen wie im Falle Stern-Gerlach:

Zitat:
Zitat:
Let's look at the specific case: You have an electron sent through a Stern-Gerlach device. Depending on the electron's spin, it either is deflected left, and makes a black dot on a photographic plate on the left, or is deflected right, and makes a black dot on a photographic plate on the right. If the electron is deflected left, then it WILL make a dot on the left plate. So the details of the photographic plate just don't seem relevant, other than the fact that its atoms are in an unstable equilibrium so that a tiny electron can trigger a macroscopic state change.

That there is a dot on the left, say, is a property of the plate that is computable from the state of the plate at the time of looking at it to record the event. For the state of the plate with a dot on the right is quite different from the state of the plate with a dot on the left or that without a dot. Hence the state differentiates between these possibilities, and hence allows one to determine which possibility happened. The only slighly mysterious thing is why Alice can predict Bob's measurement. Here I don't have a full explanation, but only arguments that show that nothing goes wrong with relativistic causality.
...
Yes [that is the central mystery of the EPR experiment], and the thermal interpretation does not solve it ...


Hier explizit zur Katze:

https://www.physicsforums.com/threads/schrodingers-cat-and-the-thermal-interpretation.971699/
Zitat:
The subsystem [atom, cat] is open, interacting with the bottom of the box and with the air in it. Increasing the size of the subsystem does not help. This openness is sufficient to make the system dissipative; the quantum H-theorem ... provides a proof of this. Thus the arguments of Section 5 of my Part III apply and produce a definite final state for the atom (undecayed or decayed) and the cat (alive or dead). ... The point is that one only needs to consider a binary pointer variable for the property ''atom decayed'' (or not), and that this decision is definitely made in a macroscopically noticeable way within a finite (macroscopically short) time, using the standard approximations used everywhere in statistical mechanics. Thus the cat is definitely dead or alive except during a short moment where the decay happens and nothing definite can be said.

Yes [the cat's fate is already, definitively decided at ALL times, before, during, and after the interaction/measurement] but the fate isn't strictly 2-valued 'dead' or 'alive' but there is an intermediate grey zone where the criteria to decide aliveness cannot be reliably checked, so that during this time one can neither say that the cat is dead nor that it is alive. It is this grey zone that is present in all binary measurements.


Zitat:
The TI says that, to be able to predict whether the upcoming measurement of a single qubit will reveal 0 or 1, you need to know, not just the beable of the qubit but all of the relevant beables of the measuring device and the detector ... The TI says that random fluctuations inside the detector, which in practice we can't measure or control, are what cause the result to be 0 or 1.

(nicht von ihm, jedoch bestätigt)

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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Mai 2023 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen real (MWI)
- der Formalismus ist ontisch, die Superpositionen verschwinden (TI *)

Das ist nicht der Unterschied zwischen MWI und TI. Superpositionen sind in der TI genauso real, sie müssen nicht verschwinden.

Du hast recht, nicht die Superpositionen verschwinden, sondern die beables liefern eindeutige Werte. Das ist gemäß TI / Neumaier zumindest die Erwartungshaltung, wenn auch noch ohne stichhaltige Argumente - s.u.


Es ist aber genau umgekehrt. Die beables der TI sind q-Erwartungswerte. Die sind trivialerweise eindeutig. Das ergibt sich einfach aus dem Formalismus. Dafür benötigt man keine spezielle Dynamik oder weitere Argumente. Was man aus Sicht der TI erklären muß, ist die Bistabilität der Dynamik makroskopischer q-Erwartungswerte, sowie deren relativ kleine q-Unschärfen; kurz: die scheinbar zufälligen aber definiten Meßergebnisse. (Ich glaube das sagen im wesentlichen auch die von dir zitierten Posts.) Und die Argumente dafür sind m.E. nicht so schwach wie du sie darstellst.

Zitat:
Und ich warne davor, sich durch seine zig Artikel durchzuwühlen, weil man darin wenig zu den folgenden Aussagen findet bzw. sich das mühsam zusammenreimen oder in Diskussionen mit ihm herausfinden muss)


Das muß man natürlich nicht. Es reicht der Eröffnungsbeitrag und die Links darin, insbesondere die "excellent summary".

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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es ist aber genau umgekehrt. Die beables der TI sind q-Erwartungswerte. Die sind trivialerweise eindeutig.

Jeder für sich natürlich, nur ist das eben noch nicht ausreichend dafür, dass auch die Werte im Rahmen der Messungen eindeutig und zutreffend sind.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was man aus Sicht der TI erklären muß, ist die Bistabilität der Dynamik makroskopischer q-Erwartungswerte, sowie deren relativ kleine q-Unschärfen; kurz: die scheinbar zufälligen aber definiten Meßergebnisse.

Ja.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube das sagen im wesentlichen auch die von dir zitierten Posts.

Sicher.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und die Argumente dafür sind m.E. nicht so schwach wie du sie darstellst.

Meines Erachtens schon, aber das ist weder verwunderlich noch kritikwürdig. Insofern dies das gewünschte Ergebnis je System sein soll, jedoch nicht aus einem übergeordneten Prinzip abgeleitet ist, muss es eben auch je System überprüft werden. Angesichts der Tatsache, wann und wie die TI präsentiert wurde, sind konkrete Ergebnisse eben noch sehr spärlich. Umso mehr, als sie eben über eher skizzenhafte Argumentationen hinaus gehen müssen, da die Ergebnisse empfindlich von den Anfangsbedingungen abhängen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das [sich durch seine zig Artikel durchzuwühlen]muß man natürlich nicht. Es reicht der Eröffnungsbeitrag und die Links darin, insbesondere die "excellent summary".

Mal sehen.

Der der Beitrag ist tatsächlich gut - witzigerweise stammt der nicht von Neumeier.

Seine wesentlichen Behauptungen –oben fett – kann man leider nicht explizit rauslesen – die Eindeutigkeit von Messergebnissen steckt implizit in den ‘World Tubes’. Allerdings werden diese Aussagen wieder mit Argumenten bezüglich mehrerer Messungen vermischt – was genau nicht der Punkt des eindeutigen Messergebnisses je Messung ist. Darüber hinaus sagt Neumaier an verschiedenen Stellen selbst, dass er für das gewünschte Ergebnis keine stichhaltige mathematische Begründung hat, er nennt auch explizit offene Punkte – zum Beispiel EPR.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 17. Mai 2023 13:58, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Mai 2023 13:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es ist aber genau umgekehrt. Die beables der TI sind q-Erwartungswerte. Die sind trivialerweise eindeutig.

Jeder für sich natürlich, nur ist das eben noch nicht ausreichend dafür, dass auch die Werte im Rahmen der Messungen eindeutig und zutreffend sind.


Was soll das denn heißen? Entweder haben die Beables eindeutige Werte oder nicht. Und die Beables der TI sind immer eindeutig. Daran besteht nun kein Zweifel. Und "zutreffend" im Sinne von einem exakten Meßergebnis sind sie natürlich im allgemeinen bei einer Einzelmessung nicht. Siehe auch Punkte 7 der "summary". Das ist kein Argument gegen die TI, sondern eine ihrer Grundaussagen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und die Argumente dafür sind m.E. nicht so schwach wie du sie darstellst.

Meines Erachtens schon, aber das ist weder verwunderlich noch kritikwürdig. Insofern dies das gewünschte Ergebnis je System sein soll, jedoch nicht aus einem übergeordneten Prinzip abgeleitet ist, muss es eben auch je System überprüft werden. Angesichts der Tatsache, wann und wie die TI präsentiert wurde, sind konkrete Ergebnisse eben noch sehr spärlich. Umso mehr, als sie eben über eher skizzenhafte Argumentationen hinaus gehen müssen, da die Ergebnisse empfindlich von den Anfangsbedingungen abhängen.


Ich verstehe kein Wort. EDIT: Ich sprach hier von den Argumenten für Bistabilität. Die sind m.E. nicht schwach. Jedenfalls verstehe ich absolut nicht den Zusammenhang zu deinen Bemerkungen hier.

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Zuletzt bearbeitet von index_razor am 17. Mai 2023 15:30, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Mai 2023 14:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Darüber hinaus sagt Neumaier an verschiedenen Stellen selbst, dass er für das gewünschte Ergebnis keine stichhaltige mathematische Begründung hat, er nennt auch explizit offene Punkte – zum Beispiel EPR.


Natürlich nennt er offene Punkte. Er will ja schließlich keine Propaganda machen. Was sagt denn die MWI zu EPR und zu Bells Theorem?

Abgesehen davon weiß ich auch nicht welche "stichhaltige mathematische Begründung" du vermißt. Kannst du etwas konkreter werden?

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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 15:42    Titel: Antworten mit Zitat

Letztlich geht es um eine zentrale Aussage: im Gegensatz zu allen anderen (mir bekannten) Interpretationen behauptet Neumeier, dass man ausschließlich auf Basis einer universellen und unitären Dynamik eindeutige Messergebnisse je Einzelmessung erhalten kann.

Das steht aber in seinen Papieren in Teil IV auf Seite 42 oder im Post #4711 in der 13. Diskussion in einem Forum. Wie er sein Thema verkauft ist – gelinde gesagt – traurig.

Der zentrale offene Punkt ist

Zitat:
A complete solution of the measurement problem would consist of three separate parts:
3. To show that a single particle moving along a beam triggers at most one of an array of detection elements. This is the unique outcome problem of quantum measurement.

Informally, the third part … However, due to the highly nonstationary situation involved, the problem raised in point 3 is effectively unsolved. Within quantum field theory, which should provide the correct setting for answering the question, the formulated assertion can currently not even be precisely stated. A proper solution would first require to give, within a model describing an experiment exclusively in terms of quantum fields, a precise meaning to the notion of a single particle moving at a particular time in a given single-particle state along a beam, then hitting multiple detection elements of a detector. This is a question on the borderline between quantum mechanics and quantum field theory touched in discussions on the preparation of photons on demand … but it is nowhere clearly resolved.


Zusammengefasst: er behauptet oben, dass die TI das Problem von Schrödingers Katze löst, hat jedoch laut der letzten Aussage keinen wirklichen Ansatz dafür. Das Problem ist nicht, dass es sich so verhält, sondern dass er das sozusagen im Kleingedruckten versteckt.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 18. Mai 2023 08:52, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 15:59    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was sagt denn die MWI zu EPR und zu Bells Theorem?

Gegenfrage: in wie weit erwartest du in der MWI diesbezüglich ein Problem?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Mai 2023 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was sagt denn die MWI zu EPR und zu Bells Theorem?

Gegenfrage: in wie weit erwartest du in der MWI diesbezüglich ein Problem?


Ich wollte zunächst nur sehen, wie hoch du die Hürde für eine akzeptable Lösung legst.

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Beitrag MBastieK Verfasst am: 17. Mai 2023 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Die 3 Belegungen:
- nicht-real & nicht-lokal
- real & nicht-lokal
- nicht-real & lokal

Nachtrag:
Dieses Universum besitzt nur eine dieser 3 Belegungen als (verknüpfte) Eigenschaft. Nur wissen die Wissenschaftler halt noch nicht welche.

Die naheliegende Hypothese ist nicht-real & lokal

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Gibt es irgendein Modell für nicht-real, aber lokal?

Ja, die Standard-Quantenmechanik in der Everett Interpretation; diese ist lokal, d.h. alle Effekte inkl. Branching propagieren innerhalb des bzw. auf dem Lichtkegel. Das sollte für alle realistischen Interpretationen gelten, die den Messprozess als Spezialfall der unitären Dynamik auffassen.

Kann es auch verschiedene Universen geben, die die Bell-Theorem-Belegungen verschieden umsetzen?
D.h. Universen, die nicht-real & nicht-lokal sind, dann wieder welche, die real & nicht-lokal sind. Usw.

Quasi ein übergeordnetes Multi-Welten-System.

Ich schätze mal, das ist eine Hypothese, die grundsätzlich nicht auszuschliessen ist und als Hypothese vielleicht wenig reizvoll ist wissenschaftlich anzugehen.

Grüsse


Zuletzt bearbeitet von MBastieK am 17. Mai 2023 22:49, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 17. Mai 2023 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Vorweg: Die VWI ist mein persönliches Hassobjekt.

Ich bin auch nicht gerade ein Fan davon.

Die Kopie eines ganzen Universum bedeutet ja auch die Kopie der gesamten Energie des Universum.
Auch irgendwie interessant.

In der Multi-Welt explodiert die Energie.

Grüsse
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Vorweg: Die VWI ist mein persönliches Hassobjekt.

Ich bin auch nicht gerade ein Fan davon.

Die Kopie eines ganzen Universum bedeutet ja auch die Kopie der gesamten Energie des Universum.

Das ist falsch.

Es handelt sich nicht um Kopien oder eine Vervielfachung von Universen oder der Energie.

Es geht einfach darum, dass Terme der Form rechts



sich unter gewissen Umständen mathematisch so verhalten, dass sie wie in sich abgeschlossene „Welten“ ohne wechselseitigen Kontakt interpretiert werden können. Die Energie im Zustand psi ist erhalten.

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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

Jedenfalls räume ich jetzt mal den Quatsch auf.

Erledigt.

@index_razor: wenn du möchtest, kannst du gerne deine Zusammenfassung der TI ergänzen.

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lkjkoz
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Beitrag lkjkoz Verfasst am: 17. Mai 2023 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls räume ich jetzt mal den Quatsch auf.


Man kann bei der Thematik sicherlich über jedes Detail kontrovers diskutieren.

Meine Frage "Was sagt die TI zusätzlich zur MWI aus?" habe ich ja in einem falschen Kontext gestellt. Ich dachte erst die TI ist eine Art Erweiterung der MWI.

TomS hat Folgendes geschrieben:
sich unter gewissen Umständen mathematisch so verhalten, dass sie wie in sich abgeschlossene „Welten“ ohne wechselseitigen Kontakt interpretiert werden können. Die Energie im Zustand psi ist erhalten.


Ich verstehe den Begriff "Welten" irgendwie nicht. Geht es um eine Art Multiversum? Oder ist die Ontologie hinter dem Begriff offen, ähnlich wie bei intrinsisch oder der dunklen Materie/Energie?

Die MWI wäre nach aktuellem Kenntnisstand und Abwägung der Vor- und Nachteile die wahrscheinlichste (natürlichste) Interpretation?
MBastieK



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Beitrag MBastieK Verfasst am: 17. Mai 2023 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Die MWI wäre nach aktuellem Kenntnisstand und Abwägung der Vor- und Nachteile die wahrscheinlichste (natürlichste) Interpretation?

Nach der Aussage anscheinend ja.

Zumindest weil die MWI (Everett-Interpertation) nicht-real & lokal ist und diese Belegung als die naheliegende Hypothese angesehen wird.

Grüsse
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Mai 2023 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
]sich unter gewissen Umständen mathematisch so verhalten, dass sie wie in sich abgeschlossene „Welten“ ohne wechselseitigen Kontakt interpretiert werden können. Die Energie im Zustand psi ist erhalten.

Ich verstehe den Begriff "Welten" irgendwie nicht. Geht es um eine Art Multiversum? Oder ist die Ontologie hinter dem Begriff offen, ähnlich wie bei intrinsisch oder der dunklen Materie/Energie?

"Welten" ist nur ein Wort für diese mathematische Darstellung des Zustandes.

Man kann ein und den selben Zustand (s.o. links) durch Linearkombinationen von Einheitsvektoren aus beliebigen Basen (rechts) darstellen; davon gibt es überabzählbar unendlich viele. Der Effekt der Dekohärenz führt nun dazu, dass eine spezielle Basis (sogenannte Zeigerbasis) ausgewählt wird; diese zeichnet sich dadurch aus, dass die diesbezüglichen Komponenten untereinander nicht mehr interferieren und sozusagen wechselweise unsichtbar sind. Diese unter Zeitentwicklung stabile mathematische Struktur folgt (in einfachen Beispielen beweisbar) aus der unitären Dynamik und der Verschränkung der gemessenen Freiheitsgrade mit der Umgebung. Diese voneinander entkoppelten orthogonalen Unterräume sind die sogenannten „Welten“.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Die MWI wäre nach aktuellem Kenntnisstand und Abwägung der Vor- und Nachteile die wahrscheinlichste (natürlichste) Interpretation?

Sie ist bzgl. der Axiome zunächst sicherlich eine sehr einfache Interpretation, und die o.g. Dekohärenz ist für einfache Systeme gut verstanden. Allerdings enthält sie natürlich diese unendlich vielen Welten, die fortwährend weiter verzweigen - inkl. Messgerät, Beobachter, Umgebung etc.; das ist schon eine gewisse Zumutung. Darüberhinaus besteht noch keine Einigkeit bzgl. diverser technischer/mathematischer Details.

Demgegenüber steckt die sehr junge Thermal Interpretation noch in den Kinderschuhen, d.h. dass es nur vergleichsweise wenig Arbeiten dazu gibt. Ihre Axiomatik ist fast identisch (sie verwendet Dichtematrizen). Insbs. für die Behauptung zur Lösung des „unique outcome problems“, d.h. der Tatsache, dass (z.B.) die Katze praktisch immer entweder lebendig oder tot ist, existieren nach meiner Kenntnis nur einige Indizien; Neumaier selbst bezeichnet das Problem als ungelöst - s.o. Auch Bell-artige Experimente stellen eine Herausforderung dar (der zugrundeliegende Formalismus hat damit zunächst kein Problem, allerdings benötigt Neumaier diese sogenannte „World Tubes“, bei denen ich irgendwie das Gefühl habe, dass sie als letztlich klassisch gedachte Strukturen die Argumente der QM bzgl. EPR zerstören). Wenn sich Neumaiers Argumente jedoch als stichhaltig erweisen, dann wäre dies natürlich eine absolute Revolution - vergleichbare Axiomatik wie die MWI, jedoch nur “eine Welt”.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 18. Mai 2023 10:16, insgesamt einmal bearbeitet
Aruna



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Beitrag Aruna Verfasst am: 18. Mai 2023 01:44    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn A Wahrscheinlichkeit 0,4 und B 0,6 hat und ich nach dem Experiment in A bin, dann ist mein Doppelgänger in B. Es gibt also zwei von uns. Dass ich der eine bin und nicht der andere, muss wegen der Symmetrie von mir und meinem Doppelgänger aber 0,5 sein.

Warum muss das so sein? Dafür gibt es keinen logischen Grund.


nicht?
Wie soll das denn anders gehen?
Der logische Grund dass das so sein muss, wäre also aus meiner Sicht, dass mir keine andere Möglichkeit einfällt.
Wenn ich die (Amplitude der) Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiere, deren Betragsquadrat die Wahrscheinlichkeit angibt, welche der Zustände bei einer Messung realisiert wird, dann werden Zustände mit geringer Wahrscheinlichkeitsdichte entsprechend seltener realisiert, als Zustände mit höherer Wahrscheinlichkeitsdichte.
Wenn ich nun aber sage, jeder mögliche Zustand wird unabhängig von der zugeordneten Wahrscheinlichkeitsdichte genau einmal realisiert (oder ist schon realisiert), dann kommen alle Zustände in der Realität - unabhängig von der zugeordneten Wahrscheinlichkeitsdichte gleich häufig vor.
Etwas was existiert existiert notwendig und mit einer Wahrscheinlichkeit von 100%.
Wie können sich zwei Beobachter bei der Messung mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten auf zwei Welten verteilen, wenn in jeder Welt hinterher genau einer ist?

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Machen wir ein Extrembeispiel: Wenn es zwei mögliche Ergebnisse gibt und eines davon hat P=99,99%, das andere P=0,01%, warum sollten dann in jeder von beiden Welten eine Version von mir sein? Es wäre ja dann wahrscheinlicher, dass wir beide in der 99,99%-Welt wären. Derjenige von uns, der in der 0,01%-Welt wäre würde sich ja sonst wundern.


Bei einmaligem Messen nicht, hat man halt Pech oder Glück gehabt....
Wenn ich z.B. Schrödingers Katenkasten zu einem Zeitpunkt öffne, bei dem die Katze nach den Voraussagen der QT zu 99,99% noch lebt und finde eine tote Katze, würde ich sagen, "Da hat die Katze Pech gehabt".
Wenn ich das oft mache, und die relative Häufigkeit dieses Ereignisses würde sich nicht den vorhergesagten 0,01% annähern, würde ich die Vorhersage in Zweifel ziehen.
Wenn sich die Welt nun aber bei jeder Messung in genau zwei Welten aufspaltet, die sich unmittelbar nach der Messung nur im Zustand des Inhaltes des Kastens unterscheiden, dann scheint es mir im Moment auch plausibel, dass die Beobachter bei Verdoppelung pro Messung eher den Eindruck haben, dass sich die Wahrscheinlichkeit für jedes Messergebnis (oder in einer entsprechenden Welt zu landen) 0,5 annähert.


Zuletzt bearbeitet von Aruna am 18. Mai 2023 04:23, insgesamt 3-mal bearbeitet
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