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Quanten-Computer in realem Universum - Seite 4
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MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 15. Mai 2023 16:11    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht kann ich mein Verständnis-Problem mit einer determinierten Auslegung der Quantenphysik, d.h. bei der die Zukunft 100%ig determiniert ist, in eine andere Frage überführen.

Wie funktioniert das Tunneln (von Energie-Barrieren), wenn doch die Eigenschaften eines Teilchens zu jederzeit determiniert sind? Man könnte das über Aufenthalts-Wahrscheinlichkeiten begründen, aber der wahrliche Ort und Impuls ist ja zu jederzeit determiniert und dennoch fähig eine Barriere zu überwinden, die die wahrlichen Zustände nicht hergeben. Nachtrag: Oder bringt z.B. eine Pilot-Welle das Extra an Überwindungs-Möglichkeit mit, in Form von Energie?

Übrigens scheint diese PDF eine Implementierung eines Quanten-Computers zu beschreiben, die Sonnenwinds energy-state-tunneling entspricht.
Philipp Roser hat Folgendes geschrieben:
we will look at two particular possible implementations of two-qubit systems: in terms of energy states of a particle in an infinite well and in terms of spin-1/2 particles.

Grüsse
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Wie funktioniert das Tunneln (von Energie-Barrieren), wenn doch die Eigenschaften eines Teilchens zu jederzeit determiniert sind?

Ich habe das hier gefunden: https://pubs.aip.org/aapt/ajp/article/81/4/258/1041961/The-pilot-wave-perspective-on-quantum-scattering

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
Beiträge: 951
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 15. Mai 2023 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Wie funktioniert das Tunneln (von Energie-Barrieren), wenn doch die Eigenschaften eines Teilchens zu jederzeit determiniert sind?

Ich habe das hier gefunden: https://pubs.aip.org/aapt/ajp/article/81/4/258/1041961/The-pilot-wave-perspective-on-quantum-scattering

Danke.

Was zeichnet da den Unterschied zur klassischen Physik aus?
Nicht-Lokalität oder Nicht-Kontinuierlichkeit?
Oder eine übergreifende Eigenschaft, an die ich zurzeit irgendwie nicht denke.

Grüsse
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 16:44    Titel: Antworten mit Zitat

Die Wellenfunktion weist keine Unstetigkeiten auf, ebensowenig ihre Ableitung (es sei denn, man führt diese künstlich ein, z.B. durch Unstetigkeiten der potentiellen Energie). Demzufolge sind auch die Trajektorien der Teilchen stetig, ebenso wie ihre ersten Ableitungen.

Im Falle dieses Ein-Teilchen-Problems erkennt man auch keine nicht-lokalen Effekte der Bohmschen Mechanik.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 15. Mai 2023 17:01    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Wie funktioniert das Tunneln (von Energie-Barrieren), wenn doch die Eigenschaften eines Teilchens zu jederzeit determiniert sind? Man könnte das über Aufenthalts-Wahrscheinlichkeiten begründen, aber der wahrliche Ort und Impuls ist ja zu jederzeit determiniert und dennoch fähig eine Barriere zu überwinden, die die wahrlichen Zustände nicht hergeben. Nachtrag: Oder bringt z.B. eine Pilot-Welle das Extra an Überwindungs-Möglichkeit mit, in Form von Energie?

Wenn die Frage darauf hinauslaufen soll, warum bei gleichen Anfangsbedingungen ein Teilchen die Barriere überwindet und ein anderes nicht, so liegt das daran, dass bei Bohm zusätzlich zur Wellenfunktion noch der Ort des Teilchens am Anfang eine Rolle spielt.

Es hängt empfindlich von der Startposition des Teilchens ab, ob es die Barriere überwindet. Die Kraft aus dem Quantenpotential kann chaotische Bahnen erzeugen.

Es ist wie bei den Mandelbroten. Punkte, die am Start nahe beieinander stehen durchlaufen u.U. sehr verschiedene Orbits.

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Das Photon: Eine Geschichte voller Missverständnisse.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

Und das Quantenpotential modifiziert die Bewegungsgleichung; klassisch verbotene Bereiche aufgrund des klassischen Potentials sind dann eben erlaubt.
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MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 15. Mai 2023 17:10    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es hängt empfindlich von der Startposition des Teilchens ab, ob es die Barriere überwindet. Die Kraft aus dem Quantenpotential kann chaotische Bahnen erzeugen.

Ja chaotische aber deterministische, in dem Sinne, dass bei gleichen Anfangs-Bedingungen die gleiche chaotische Bahn durchlaufen wird. D.h. ein Ablauf ohne objektivem Zufall, der objektives Chaos erzeugt.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es ist wie bei den Mandelbroten. Punkte, die am Start nahe beieinander stehen durchlaufen u.U. sehr verschiedene Orbits.

Ah ok. Das ist mal ne andere Erklärungs-Perpektive.
Und der Anfangs-Punkt, der ein Tunneln nach sich zieht, findet dann wohl eine Lücke in der Energie-Barriere?

Grüsse
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Jein.

Die klassische Bewegungsgleichung wird modifiziert.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Mai 2023 17:36    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:

MBastieK hat Folgendes geschrieben:

Wikipedia schreibt:

Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
Realismus bedeutet, dass Eigenschaften der Teilchen auch dann einen definierten Wert besitzen, wenn die Werte nicht gemessen werden


Wie will man das vor der Messung so genau wissen?


Die Aussage behauptet lediglich, daß Systeme objektive Eigenschaften haben, die man bei einer Messung feststellen kann -- überspitzt formuliert, daß der Mond auch da ist, wenn keiner hinschaut. Das war vor der QM vermutlich einfach die gängige Auffassung. Durch diese Annahme wird Physik jedenfalls nicht zur Metaphysik.

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt
Corbi



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Beitrag Corbi Verfasst am: 15. Mai 2023 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Wellenfunktion weist keine Unstetigkeiten auf...


Warum formuliert man die Quantenmechanik dann eigentlich auf L^2, wenn dann doch nur stetige/differenzierbare Funktionen zugelassen sind?

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Die Natur beginnt eben nicht mit Elementen, so wie wir genötigt sind mit Elementen zu beginnen - Ernst Mach
Sonnenwind



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Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 15. Mai 2023 18:03    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
lkjkoz hat Folgendes geschrieben:

MBastieK hat Folgendes geschrieben:

Wikipedia schreibt:
Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
Realismus bedeutet, dass Eigenschaften der Teilchen auch dann einen definierten Wert besitzen, wenn die Werte nicht gemessen werden

Wie will man das vor der Messung so genau wissen?

Die Aussage behauptet lediglich, daß Systeme objektive Eigenschaften haben, die man bei einer Messung feststellen kann -- überspitzt formuliert, daß der Mond auch da ist, wenn keiner hinschaut. Das war vor der QM vermutlich einfach die gängige Auffassung. Durch diese Annahme wird Physik jedenfalls nicht zur Metaphysik.

Vor der QM wäre diese Frage sehr akademisch gewesen. Wenn man dem Mond für seinen Schwerpunkt jedoch eine Wellenfunktion zuordnet, so zeigt die Dispersion eine zunehmende Unsicherheit in der Position des Mondes (die ist natürlich sehr gering und wenn man die Schrödinger-Newton-Gleichung benutzt gar nicht).

Hyperextrem spitzfindig formuliert könnte man sagen, dass der Mond vielleicht gar nicht da ist, wo ich ihn erwarte. Und plötzlich ist die Philosophie wieder im Spiel.

Jedenfalls in der Größenordnung von Elektron bis Fußballmolekül konnte man Interferenz nachweisen und da stellt sich die Frage natürlich. Ich kann den Ort nämlich nicht mit Sicherheit vorhersagen.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Mai 2023 18:09    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Hyperextrem spitzfindig formuliert könnte man sagen, dass der Mond vielleicht gar nicht da ist, wo ich ihn erwarte.


Es geht nur darum, ob er irgendwo ist oder ob eine Ortsmessung erst seine Position erzeugt. Mit deiner Erwartung hat das nichts zu tun.

Zitat:

Jedenfalls in der Größenordnung von Elektron bis Fußballmolekül konnte man Interferenz nachweisen und da stellt sich die Frage natürlich.


Ich sage ja nicht, daß sich diese Frage nicht stellt. Ich erkläre nur, was die Antwort eines Realisten darauf bedeutet.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Mai 2023 19:57    Titel: Antworten mit Zitat

Corbi hat Folgendes geschrieben:

Warum formuliert man die Quantenmechanik dann eigentlich auf L^2, wenn dann doch nur stetige/differenzierbare Funktionen zugelassen sind?


Man benötigt einen vollständigen Raum (z.B. für den Spektralsatz). Also reichen stetige oder nur differenzierbare Funktionen nicht aus.

Die Frage lautet eher warum man sich manchmal trotzdem auf gewisse Teilmengen quadratintegrabler Funktionen beschränken muß. Das liegt daran, daß physikalisch relevante Operatoren oft nicht überall auf L² definiert sind.

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lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 21:09    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Wo ist der Unterschied zwischen der orthodoxen und den anderen Interpretationen, wenn laut der orthodoxen die QM nicht die Aufgabe hat, die Natur vor einer Messung zu beschreiben?

Der Unterschied besteht darin, dass

1) die orthodoxe, positivistische Interpretation der Quantenmechanik völlig damit zufrieden ist, dass diese Messergebnisse (d.h. Messwerte und deren Wahrscheinlichkeiten) produziert,
ohne dass dabei präzise definiert wird, was eine Messung eigentlich ist;
ohne dass die Messung quantenmechanisch verstanden werden kann (es wird letztlich negiert, dass dies möglich ist);
ohne dass erklärt werden kann, was die Messung eines quantenmechanischen Systems von einer Wechselwirkung dieses quantenmechanischen Systems mit einem anderen quantenmechanischen System (einem Messgerät, das ja auch der Quantenmechanik gehorchen sollte) unterscheidet.

2) wohingegen einige (Everett = many worlds, thermal i.) moderne realistische Interpretationen der Quantenmechanik eine Messung als spezielle quantenmechanische Wechselwirkungen begreifen, d.h. keine ad hoc Unterschiede und Postulate einführen, sondern einen reduzierten Formalismus verwenden, innerhalb dessen die Postulate der orthodoxen Quantenmechanik (in gewissen Spezialfällen und Näherungen) als konkrete quantenmechanische Effekte abgeleitet, berechnet und verstanden werden können.

(2) ist dabei keineswegs abgeschlossen sondern besteht aus einer Reihe unterschiedlicher Ansätze und Forschungsprogramme. Ich denke, allen ist gemeinsam, dass sie das Kollapspostulat explizit ablehnen, da es zwei inkonsistente Zeitentwicklungen einführt, das Verständnis des Messprozesses verhindert, und in einigen Fällen zu explizit falschen Vorhersagen führt;
und dass sie selbstverständlich annehmen, dass der quantenmechanische Formalismus immer zutreffend die externe Realität beschreibt.

Zwei einfache Vergleiche: die orthodoxe Auffassung ist vergleichbar mit dem Postulat, die Beobachtung von Planeten zeige Ellipsenbahnen, zusammen der Meinung, es sei nicht Aufgabe der Physik, herauszufinden warum dies zutrifft und ob dies auch zwischen den Beobachtungen der Fall ist, da die Aussage über die Existenz von Planeten und deren Bahnen (auf quantenmechanischer Ebene) unabhängig von Beobachtungen völlig sinnlos sei.

(Natürlich spricht die moderne Quantenmechanik nicht von Bahnen sondern weiterhin von Zuständen, d.h. Wellenfunktionen).

Es ist geradezu ein Aberwitz, dass das positivistische Dogma noch fröhlich kommuniziert und gelehrt wird, und dass immer noch die Darstellungen kursieren, Bohr hätte gegen Einstein, Schrödinger, Bohm u.a.m. Recht behalten, obwohl seit Jahrzehnten klar ist, dass die orthodoxe Sichtweise lediglich ein Dogma darstellt, das bestimmte Fragestellungen ausblendet, während andere diese Fragestellungen als Gegenstand der Forschung begreifen und konkrete Ergebnisse produzieren.

Die moderne Quantenmechanik tut also nichts anderes, als zu sagen “das ist der Formalismus, auf dessen Basis wir die Realität verstehen können” … eigtl. nix schlimmes …


Danke für die Zusammenfassung. Muss ich erst mal wirken lassen.
Aber im Grunde dreht es sich doch bei allen Interpretation um die Messung bzw. eben dem Messproblem.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
lkjkoz hat Folgendes geschrieben:

MBastieK hat Folgendes geschrieben:

Wikipedia schreibt:

Wikipedia hat Folgendes geschrieben:
Realismus bedeutet, dass Eigenschaften der Teilchen auch dann einen definierten Wert besitzen, wenn die Werte nicht gemessen werden


Wie will man das vor der Messung so genau wissen?


Die Aussage behauptet lediglich, daß Systeme objektive Eigenschaften haben, die man bei einer Messung feststellen kann -- überspitzt formuliert, daß der Mond auch da ist, wenn keiner hinschaut. Das war vor der QM vermutlich einfach die gängige Auffassung. Durch diese Annahme wird Physik jedenfalls nicht zur Metaphysik.


Genau das meine ich aber. überspitzt sehen wir den Mond erst ca. eine Sekunde später und er befindet sich eigentlich schon ein wenig weiter auf seiner Bahn. Er ist wie eine Katze ein makroskopischer Körper und folgt den klassischen Bahnen. Wo befindet sich aber ein Quantenobjekt zum Zeitpunkt t am Ort x? Es befindet sich irgendwo und jeder Versuch einer Lokalisierung, sprich Messung irgendeiner physikalischen Größe, stört die weitere zeitliche Entwicklung vor der Lokalisierung bzw. Messung.
Um den Mond derart aus der Bahn zu werfen ist schon etwas mehr notwendig.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Mai 2023 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Aussage behauptet lediglich, daß Systeme objektive Eigenschaften haben, die man bei einer Messung feststellen kann -- überspitzt formuliert, daß der Mond auch da ist, wenn keiner hinschaut. Das war vor der QM vermutlich einfach die gängige Auffassung. Durch diese Annahme wird Physik jedenfalls nicht zur Metaphysik.


Genau das meine ich aber. überspitzt sehen wir den Mond erst ca. eine Sekunde später und er befindet sich eigentlich schon ein wenig weiter auf seiner Bahn.


Wenn du von einer Bahn redest, gehst du offenbar selbst davon aus, daß der Mond zu jedem Zeitpunkt t einen Ort x(t) besitzt. Also ist x(t) eine beobachterunabhängige Eigenschaft des Mondes. Du nimmst also bzgl. des Ort einen realistischen Standpunkt nach der Definition des Wikipedia-Artikels ein. Hältst du dich deshalb für einen Metaphysiker? Wenn nicht, müßtest du dein Argument von oben eigentlich nochmal übderdenken.

Zitat:

Er ist wie eine Katze ein makroskopischer Körper und folgt den klassischen Bahnen. Wo befindet sich aber ein Quantenobjekt zum Zeitpunkt t am Ort x?


Das hängt davon ab von welcher realistischen Interpretation des Orts in der Quantenmechanik du redest. Verschiedene realistische Interpretationen haben dazu leider verschiedene Antworten.

Zitat:
Es befindet sich irgendwo und jeder Versuch einer Lokalisierung, sprich Messung irgendeiner physikalischen Größe, stört die weitere zeitliche Entwicklung vor der Lokalisierung bzw. Messung.


Ob und wie die Messung den Zustand ändert, ist irrelevant.

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lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
...
Es hängt empfindlich von der Startposition des Teilchens ab, ob es die Barriere überwindet. Die Kraft aus dem Quantenpotential kann chaotische Bahnen erzeugen.

Es ist wie bei den Mandelbroten. Punkte, die am Start nahe beieinander stehen durchlaufen u.U. sehr verschiedene Orbits.


So wie auch im Makrokosmos der zeitliche Verlauf von der Startposition bzw. -bedingung stark abhängig ist und entsprechend variieren kann. Ist ja als Schmetterlingseffekt bekannt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Danke für die Zusammenfassung. Muss ich erst mal wirken lassen.

Danke, gerne.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Aber im Grunde dreht es sich doch bei allen Interpretation um die Messung bzw. eben dem Messproblem.

Das ist sicher eine zentrale Fragestellung, aber zuvor stellt sich eine andere Frage: was ist mein Anspruch als Physiker? Möchte ich die Welt verstehen, so wie sie ist? Oder möchte ich Physik lediglich möglichst effizient auf das anwenden, was ich beobachte?

Wenn letzteres, dann ist das Messproblem nur dann relevant, wenn ein Problem bzgl. der Berechnung von Messergebnissen vorliegt. Z.B. in der Elementarteilchenphysik tritt das Messproblem in der Praxis nie auf, was letztlich dazu führt, dass Physiker in diesem Bereich es gar nicht als Problem (er)kennen. Die Mottsche Arbeit ist für praktisch alle Elementarteilchenphysiker irrelevant, die meisten werden sie gar nicht kennen.

Erst wenn man sich diese Frage - verkürzt: Instrumentalismus vs. Positivismus? - wirklich stellt, kann man das Messproblem und mögliche Lösungen in sein eigenes Weltbild einordnen und Lösungsansätze finden.

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lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 21:39    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Wenn du von einer Bahn redest, gehst du offenbar selbst davon aus, daß der Mond zu jedem Zeitpunkt t einen Ort x(t) besitzt. Also ist x(t) eine beobachterunabhängige Eigenschaft des Mondes. Du nimmst also bzgl. des Ort einen realistischen Standpunkt nach der Definition des Wikipedia-Artikels ein. Hältst du dich deshalb für einen Metaphysiker? Wenn nicht, müßtest du dein Argument von oben eigentlich nochmal übderdenken.


Oha die Frage ist ja nicht wofür ich mich halte. smile
In jedem Fall bin ich kein Physiker.


Zitat:
Das hängt davon ab von welcher realistischen Interpretation des Orts in der Quantenmechanik du redest. Verschiedene realistische Interpretationen haben dazu leider verschiedene Antworten.


Dann sind wir wieder bei VWI, TI (und ggf. Bohm), weil sie den Ort verschieden interpretieren?

Zitat:
Ob und wie die Messung den Zustand ändert, ist irrelevant.


Weil die Natur durch die Dekohärenz eh die ganze Zeit misst und somit die Zustände ändert?
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Möchte ich die Welt verstehen, so wie sie ist? Oder möchte ich Physik lediglich möglichst effizient auf das anwenden, was ich beobachte?


Schließt man bei erstens dann aber nicht automatisch Postulate ein, die Aufgrund von zweitens nicht beobachtet werden können?
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 15. Mai 2023 21:48    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Man müsste viel besser verstehen, was ein Quantencomputer wirklich tut, aber ich glaube, das versteht niemand in diesem Forum (mich eingeschlossen).


ich schlage diese Playlist als Einstieg in die Quanteninformatik vor:

https://www.youtube.com/watch?v=JWf_g_ForGk&list=PLb0zKSynM2PCGMVJiM9Z9fWAXOfb06qe5

bin jetzt bei ca. der Hälfte des dritten Videos, bisher war von Tunneln noch nicht die Rede....
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 21:53    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Möchte ich die Welt verstehen, so wie sie ist? Oder möchte ich Physik lediglich möglichst effizient auf das anwenden, was ich beobachte?


Schließt man bei erstens dann aber nicht automatisch Postulate ein, die Aufgrund von zweitens nicht beobachtet werden können?

Andersherum: je mehr ich verstehen möchte, desto weniger darf ich postulieren.

Beispiel Kollaps bzw. Projektions-Postulat nach von Neumann. Man beobachtet z.B. an einem angeregten Atom entweder ein Photon einer bestimmten Energie, oder eines einer anderen Energie. Dann postuliert man, dass das angeregte Atom entweder in den einen entsprechenden Zustand zerfällt, oder in den anderen. Damit kann man prima Physik betreiben, und die meisten Physiker tun das auch genau so. Aber man versteht damit nicht, warum das angeregte Atom nicht in eine Superposition dieser beiden möglichen Zielzustände zerfällt, weil man diese Fragestellung mittels Postulat ausschließt, und die experimentelle Beobachtung einen nicht darauf hinweist, dass man da voreilig war.

(wenn du in Deutschland postulierst, dass Rechtsverkehr ein Naturgesetz ist, wirst du trotz des offensichtlich falschen Postulates nie ein Problem haben)

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 15. Mai 2023 22:03, insgesamt einmal bearbeitet
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Möchte ich die Welt verstehen, so wie sie ist? Oder möchte ich Physik lediglich möglichst effizient auf das anwenden, was ich beobachte?


Schließt man bei erstens dann aber nicht automatisch Postulate ein, die Aufgrund von zweitens nicht beobachtet werden können?

Andersherum: je mehr ich verstehen möchte, desto weniger darf ich postulieren.


Ich verstehe ja was gemeint ist aber wird es jemals möglich sein mit wenigen bzw. sogar keinen Postulaten auszukommen?
Wenn Postulate vermieden werden sollen, so müssen doch an deren Stelle Messungen, also Beobachtungen treten? Es ist ja schon allein unmöglich alle physikalischen Größen gleichzeitig beliebig genau zu bestimmen. An die Unschärferelationen kommt man doch nicht herum oder? Von den hohen Energieskalen mal ganz abgesehen.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Mai 2023 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Wenn du von einer Bahn redest, gehst du offenbar selbst davon aus, daß der Mond zu jedem Zeitpunkt t einen Ort x(t) besitzt. Also ist x(t) eine beobachterunabhängige Eigenschaft des Mondes. Du nimmst also bzgl. des Ort einen realistischen Standpunkt nach der Definition des Wikipedia-Artikels ein. Hältst du dich deshalb für einen Metaphysiker? Wenn nicht, müßtest du dein Argument von oben eigentlich nochmal übderdenken.


Oha die Frage ist ja nicht wofür ich mich halte. :)
In jedem Fall bin ich kein Physiker.


Mein Punkt ist, daß Realismus nicht Metaphysik impliziert. Realistische Interpretationen der Quantenmechanik haben empirischen Gehalt und sind deshalb keine Metaphysik.

Zitat:

Zitat:
Das hängt davon ab von welcher realistischen Interpretation des Orts in der Quantenmechanik du redest. Verschiedene realistische Interpretationen haben dazu leider verschiedene Antworten.


Dann sind wir wieder bei VWI, TI (und ggf. Bohm), weil sie den Ort verschieden interpretieren?


Genau. Sie alle haben unterschiedliche Antworten auf die Frage, was "der Ort" eines Quantensystems ist.

Zitat:

Zitat:
Ob und wie die Messung den Zustand ändert, ist irrelevant.


Weil die Natur durch die Dekohärenz eh die ganze Zeit misst und somit die Zustände ändert?


Nein, deshalb nicht. Der Realismus behauptet, es gibt bestimmte objektive Eigenschaften (z.B. die Bohmschen Orte) des Systems. Diese Eigenschaften hängen zwar irgendwie mit dem Zustand zusammen. Aber abgesehen davon, spielt es keine Rolle wie und wodurch sich der Zustand ändert.

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TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe ja was gemeint ist aber wird es jemals möglich sein mit wenigen … Postulaten auszukommen?

Ja. Es gibt Interpretationen der Quantenmechanik, die auf das Projektionspostulat = den sogenannten Kollaps verzichten und stattdessen berechnen, dass ein Zustand resultiert, der zu Beobachtungen führt, wie man sie mittels Kollaps postuliert.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Wenn Postulate vermieden werden sollen, so müssen doch an deren Stelle Messungen, also Beobachtungen treten?

Es müssen an deren Stelle Berechnungen treten, die experimentell überprüft und bestätigt werden.

Einfaches Beispiel: Kepler postulierte Ellipsenbahnen mit bestimmten Eigenschaften; Newton war in der Lage, diese Ellipsenbahnen sowie ihre Eigenschaften zu berechnen, außerdem Störungen der Bahnen sowie damals unbekannte Hyperbelbahnen, die man inzwischen ebenfalls beobachtet. Newtons Theorie ist gemäß Ockham also vorzuziehen: weniger bzw. weniger spezialisierte Postulate, stattdessen eine größere Vorgersagekraft, insbs. auch die Existenz neuer Planeten.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 15. Mai 2023 22:15, insgesamt 2-mal bearbeitet
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Mein Punkt ist, daß Realismus nicht Metaphysik impliziert. Realistische Interpretationen der Quantenmechanik haben empirischen Gehalt und sind deshalb keine Metaphysik.


Ok Metaphysik ist wirklich etwas frech formuliert aber nennen wir es doch einfach die Ontologie, welche sich aus den Postulaten ergibt?

Zitat:

Genau. Sie alle haben unterschiedliche Antworten auf die Frage, was "der Ort" eines Quantensystems ist.


Interessant, das war mir so noch gar nicht bewusst. Aber bei allen geht es rein um den Ort oder auch um die Ausdehnung im Raum? Oder ist sogar beides gemeint?


Zitat:
Nein, deshalb nicht. Der Realismus behauptet, es gibt bestimmte objektive Eigenschaften (z.B. die Bohmschen Orte) des Systems. Diese Eigenschaften hängen zwar irgendwie mit dem Zustand zusammen. Aber abgesehen davon, spielt es keine Rolle wie und wodurch sich der Zustand ändert.


Ist Dekohärenz nicht im allgemeinen die Störung oder Wechselwirkung der Teilchen untereinander?
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 22:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ja. Es gibt Interpretationen der Quantenmechanik, die auf das Projektionspostulat = den sogenannten Kollaps verzichten und stattdessen berechnen, dass aus ein Zustand resultiert, der zu Beobachtungen führt, wie man sie mittels Kollaps postuliert.


Aber das sind dann ja nicht die Interpretationen des Realismus und stehen hier im Thread gar nicht zur Debatte.



lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Wenn Postulate vermieden werden sollen, so müssen doch an deren Stelle Messungen, also Beobachtungen treten?

Es müssen an deren Stelle Berechnungen treten, die experimentell überprüft und bestätigt werden.

Einfaches Beispiel: Kepler postulierte Ellipsenbahnen mit bestimmten Eigenschaften; Newton war in der Lage, diese Ellipsenbahnen sowie ihre Eigenschaften zu berechnen, außerdem Störungen der Bahnen sowie damals unbekannte Hyperbelbahnen, die man inzwischen ebenfalls beobachtet. Newtons Theorie ist gemäß Ockham also vorzuziehen: weniger bzw. weniger spezialisierte Postulate, stattdessen eine größere Vorgersagekraft, insbs. auch die Existenz neuer Planeten.[/quote]

Ok aber was ist wenn man Berechnungen formuliert, die aber vielleicht niemals experimentell überprüft werden können? Ich mein da gibt es ja schon die Stringtheorien oder eben die LQG. Oder Suppersymmetriemodelle wo keine entsprechenden Teilchen gefunden werden (trotz größter Anstrengungen).
Was ist, wenn am Ende einzig und allein Indizien für eine bevorzugte Theorie sprechen? Sind oben genannte Theorien wirklich echte Theorien oder handelt es sich eigentlich um Hypothesen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Mai 2023 22:42    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ja. Es gibt Interpretationen der Quantenmechanik, die auf das Projektionspostulat = den sogenannten Kollaps verzichten und stattdessen berechnen, dass aus ein Zustand resultiert, der zu Beobachtungen führt, wie man sie mittels Kollaps postuliert.

Aber das sind dann ja nicht die Interpretationen des Realismus und stehen hier im Thread gar nicht zur Debatte.

Warum nicht? Die Many-Worlds-Interpretation zeigt auf Basis der Dekohärenz in einfachen, berechenbaren Modellen genau das.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Ok aber was ist wenn man Berechnungen formuliert, die aber vielleicht niemals experimentell überprüft werden können?

Was prinzipiell nicht experimentell zugänglich ist, stellt tatsächlich ein Problem dar. Aber was heute praktisch nicht zugänglich ist, ist eben eine Aufgabe für die Experimentalphysiker.

Diese Verengung auf Beobachtungen ist auch nicht unkritisch. Wenn man mittels Quantenfeldtheorie zeigen kann, dass ein bestimmter Zerfall ummöglich ist, ist das ein Erfolg. Wenn man mittels Dekohärenz zeigen kann, dass bestimmte makroskopische Systeme in einer Superposition existieren können, ohne dass sie miteinander interferieren, dann ist das für viele Spinnerei. Wo genau ist der Unterschied? Man muss schon genauer hinsehen.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
lkjkoz
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Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 22:53    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Warum nicht? Die Many-Worlds-Interpretation zeigt auf Basis der Dekohärenz in einfachen, berechenbaren Modellen genau das.


Aber sind diese mathematischen Modelle experimentell überprüfbar? Für mich ist eine lebende Katze hier und eine tote Katze da kein Ausdruck von Realismus...zumindest nicht wenn beide Zustände gleichzeitig vorliegen sollen. Aber genau diese Fragestellungen sind es ja worum es mir geht.


Zitat:
Was prinzipiell nicht experimentell zugänglich ist, stellt tatsächlich ein Problem dar. Aber was heute praktisch nicht zugänglich ist, ist eben eine Aufgabe für die Experimentalphysiker.


Dem letzten beißen die Hunde? Augenzwinkern
Selbst wenn man es schafft mittels Beschleuniger kurzeitig ein winzig kleines schwarzes Loch zu erzeugen, hat man dann ein stabiles Untersuchungsobjekt oder wäre es eben viel zu klein und zerfällt sofort wieder? Könnte man daraus wirklich alle Rückschlüsse ziehen, die dann auf SL' s aller Größen übertragen werden können?
lkjkoz
Gast





Beitrag lkjkoz Verfasst am: 15. Mai 2023 22:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Diese Verengung auf Beobachtungen ist auch nicht unkritisch. Wenn man mittels Quantenfeldtheorie zeigen kann, dass ein bestimmter Zerfall ummöglich ist, ist das ein Erfolg. Wenn man mittels Dekohärenz zeigen kann, dass bestimmte makroskopische Systeme in einer Superposition existieren können, ohne dass sie miteinander interferieren, dann ist das für viele Spinnerei. Wo genau ist der Unterschied? Man muss schon genauer hinsehen.


Ok aber das sind keine direkten Messungen, sondern kausale Schlussfolgerungen und somit eher Indizien.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 06:30    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Aber sind diese mathematischen Modelle experimentell überprüfbar? Für mich ist eine lebende Katze hier und eine tote Katze da kein Ausdruck von Realismus...zumindest nicht wenn beide Zustände gleichzeitig vorliegen sollen. Aber genau diese Fragestellungen sind es ja worum es mir geht.

Ich sage ja nicht, dass dies unproblematisch ist.

Die Situation ist wie folgt: Mittels gewisser Modelle folgt aus dem mathematischen Formalismus der Quantenmechanik (ohne Kollaps), dass Zustände X, Y … eines Quantensystems S in Superposition sein können; bis zu einer gewissen Größe von S können wir diese Superpositionen gezielt präparieren und diese Hypothese indirekt überprüfen, d.h. bestätigen; dazu gehört auch die Berechnung und Messung der Lebensdauer des Superpositionszustandes sowie die Erkenntnis, dass und warum derartige Superpositionen über die Zeit bzw. ab einer gewissen Größe unbeobachtbar sind bzw. werden.

Angesichts dieser Tatsache ist ein Postulat, das Superpositionen von Katzen im Falle einer Messung (ein letztlich undefinierter Begriff) im Widerspruch zum o.g. Formalismus verbieten (weil sie unbeobachtet sind) wissenschaftlich Nonsense.

Bei der Entscheidung zwischen
A) ein Formalismus macht klare Vorhersagen, die ich in einem gewissen Rahmen experimentell bestätigen kann, darüberhinaus aufgrund praktischer Einschränkungen (die über die Zeit jedoch immer wieder überwunden werden konnten) jedoch nicht
und B) ich ergänze den Formalismus willkürlich um ein Postulat, das die mathematische Konsistenz zerstört und das die Existenz dessen verbietet, was gemäß (A) unsichtbar ist
steht mein Verlierer fest. Es ist (B).

Mir ist klar, die Ergebnisse aus (A) so bizarr erscheinen, dass man sie gerne loswerden möchte. Dann sagt (A) weiter: untersuche deine Überlegungen hinsichtlich unzureichender Modelle, unzulässiger Näherung usw., evtl. findest du eine essentielle Schwachstelle. (B) sagt, alles gut, du musst das nicht verstehen.

(B) ist insbs. dann abzulehnen, wenn ich an einer realistischen Haltung und an Fortschritt interessiert bin.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Ok aber das sind keine direkten Messungen, sondern kausale Schlussfolgerungen und somit eher Indizien.

Es sind immer nur Indizien.

Bereits die triviale Schlussfolgerung, aus der Quantenmechanik resultierten die korrekten Energieniveaus der Atome, ist experimentell nicht direkt überprüfbar; überprüfbar sind die Energien der Photonen.

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
Ok aber was ist wenn man Berechnungen formuliert, die aber vielleicht niemals experimentell überprüft werden können? Ich mein da gibt es ja schon die Stringtheorien oder eben die LQG. Oder Supersymmetriemodelle wo keine entsprechenden Teilchen gefunden werden (trotz größter Anstrengungen).

Der Vergleich ist irreführend.

Im Falle der Superpositionen handelt es sich um ein seit fast 100 Jahren bekanntes Phänomen und eine graduelle Verbesserung der experimentellen Präparation. Siehe

https://www.science.org/doi/10.1126/science.adf7553
Schrödinger cat states of a 16-microgram mechanical oscillator
According to quantum mechanics, a physical system can be in any linear superposition of its possible states. Although the validity of this principle is routinely validated for microscopic systems, it is still unclear why we do not observe macroscopic objects to be in superpositions of states that can be distinguished by some classical property. Here we demonstrate the preparation of a mechanical resonator in Schrödinger cat states of motion, where the ∼10¹⁷ constituent atoms are in a superposition of two opposite-phase oscillations. We control the size and phase of the superpositions and investigate their decoherence dynamics. Our results offer the possibility of exploring the boundary between the quantum and classical worlds and may find applications in continuous-variable quantum information processing and metrology with mechanical resonators.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 16. Mai 2023 08:24, insgesamt 2-mal bearbeitet
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 795

Beitrag Aruna Verfasst am: 16. Mai 2023 07:06    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Man müsste viel besser verstehen, was ein Quantencomputer wirklich tut, aber ich glaube, das versteht niemand in diesem Forum (mich eingeschlossen).


ich schlage diese Playlist als Einstieg in die Quanteninformatik vor:

https://www.youtube.com/watch?v=JWf_g_ForGk&list=PLb0zKSynM2PCGMVJiM9Z9fWAXOfb06qe5

bin jetzt bei ca. der Hälfte des dritten Videos, bisher war von Tunneln noch nicht die Rede....


Verschränkung kommt vor und auch EPR-Paare, damit wohl auch Nichlokalität.
Definition:

"Ein Zustand eines Quantenregisters, der sich nicht als Tensorprodukt von Zuständen der einzelnen Qubits darstellen lässt, heißt verschränkt."

"mathematisch betrachtet gerade die Eigenschaft, dass man die in so einem Zustand steckende Information nicht fein säuberlich auf die einzelnen Qubits verteilen kann, die das Quantenregister ausmachen"

Wie würde das in der deBroglie-Bohm-Darstellung von Qubits aussehen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 08:05    Titel: Antworten mit Zitat

Wie üblich: https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_entanglement

Man betrachtet



wobei praktischerweise die Basiszustände bereits symmetrisiert bzw. antisymmetrisiert sind, z.B. mittels Erzeugern dargestellt, oder explizit





Die N_i stehen für den konkreten Zustand, also z.B. für eine Zustand n im harmonischen Oszillator, zusätzlich mit Spin s



der weitere Formalismus für die Bohmsche Mechanik folgt wie üblich.

Die Frage ist, was die Ortszustände konkret aussagen, denn nur in denen steckt die Möglichkeit, die Bohmsche Mechanik anzuwenden. Andererseits werden die Ortszustände für einen QC meist gar nicht betrachtet.

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index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Mai 2023 08:16    Titel: Antworten mit Zitat

lkjkoz hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Mein Punkt ist, daß Realismus nicht Metaphysik impliziert. Realistische Interpretationen der Quantenmechanik haben empirischen Gehalt und sind deshalb keine Metaphysik.


Ok Metaphysik ist wirklich etwas frech formuliert aber nennen wir es doch einfach die Ontologie, welche sich aus den Postulaten ergibt?


Ja, wenn etwas objektive Eigenschaften hat, muß es wohl existieren. (Also keine Einwände gegen "Ontologie".) Ich habe übrigens nichts gegen den Begriff "Metaphysik". Ich fand ihn nur in dem Zusammenhang nicht zutreffend.

Zitat:
Zitat:

Genau. Sie alle haben unterschiedliche Antworten auf die Frage, was "der Ort" eines Quantensystems ist.


Interessant, das war mir so noch gar nicht bewusst. Aber bei allen geht es rein um den Ort oder auch um die Ausdehnung im Raum? Oder ist sogar beides gemeint?


Speziell um den Ort geht es eigentlich nur in der Bohmschen Mechanik. Die MWI erfordert eine Zerlegung des Zustands bzgl. einer ausgezeichneten "Zeigerbasis" und definiert als "real" Eigenschaften, die sich auf Komponenten des Zustands in dieser Basis beziehen. Die Existenz einer solchen Basis ergibt sich aus der Dekohärenz und in vielen Modellen stellt wiederum der Ort die zugehörige Zeigervariable dar. Die TI betrachtet im wesentlichen alle dynamischen Größen in den Ehrenfestschen Gleichungen als reale Eigenschaften des Systems.

Zitat:

Zitat:
Nein, deshalb nicht. Der Realismus behauptet, es gibt bestimmte objektive Eigenschaften (z.B. die Bohmschen Orte) des Systems. Diese Eigenschaften hängen zwar irgendwie mit dem Zustand zusammen. Aber abgesehen davon, spielt es keine Rolle wie und wodurch sich der Zustand ändert.


Ist Dekohärenz nicht im allgemeinen die Störung oder Wechselwirkung der Teilchen untereinander?


Dekohärenz ist ein spezifisches Phänomen in der Dynamik offener Systeme, bei dem der Zustand auf Grund der Wechselwirkung mit seiner Umgebung oft praktisch instantan die Interferenzfähigkeit verliert.

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 08:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dekohärenz ist ein spezifisches Phänomen in der Dynamik offener Systeme, bei dem der Zustand auf Grund der Wechselwirkung mit seiner Umgebung oft praktisch instantan die Interferenzfähigkeit verliert.

z.I. hier ein paar typische Dekohärenzzeiten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Dekoh%C3%A4renz#Typische_Dekoh%C3%A4renzzeiten

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Beitrag MBastieK Verfasst am: 16. Mai 2023 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!
Aruna hat Folgendes geschrieben:
Verschränkung kommt vor und auch EPR-Paare, damit wohl auch Nichlokalität.

Laut Bell-Theorem müsste ein Quanten-Computer aber auch in einem nicht-realen & lokalen Universum funktionieren.

Nicht-Lokalität als zwingende Eigenschaft vorauszusetzen würde einer Interpretation des Bell-Theorems entsprechen. Aber der Quanten-Computer muss ja anscheinend auch interpretations-frei funktionieren bzw. erklärt werden.

Grüsse
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

Das verstehe ich nicht.
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 16. Mai 2023 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das verstehe ich nicht.

Ja, mein Äusserung
MbastieK hat Folgendes geschrieben:
interpretations-frei funktionieren

kann man vergessen oder als schwammige Aussage abtun.

Was ich meinte ist, dass die Physiker es anscheinend schaffen einen Quanten-Computer aus einem übergreifenden Kontext zu realisieren oder zu verstehen, wo eine spezielle Belegung des Bell-Theorems nicht nötig ist.

Die 3 Belegungen:
- nicht-real & nicht-lokal
- real & nicht-lokal
- nicht-real & lokal

Nachtrag:
Dieses Universum besitzt nur eine dieser 3 Belegungen als (verknüpfte) Eigenschaft. Nur wissen die Wissenschaftler halt noch nicht welche.

Grüsse
Sonnenwind



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Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 16. Mai 2023 15:10    Titel: Antworten mit Zitat

Gibt es irgendein Modell für nicht-real, aber lokal?

Wie soll das gehen? Die Messergebnisse haben doch trotzdem einen nicht-lokalen statistischen Zusammenhang.

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TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 15:34    Titel: Antworten mit Zitat

Die Physiker realisieren einfach einen Quantencomputer im Rahmen bzw. auf Basis des Standardformalismus der Quantenmechanik. Damit ist ein Quantencomputer automatisch mit allen zulässigen Interpretationen der Quantenmechanik verträglich.

John Stewart Bell: "If [a hidden-variable theory] is local it will not agree with quantum mechanics, and if it agrees with quantum mechanics it will not be local."

Ob ein Quantencomputer nun nicht-lokale Effekte nutzt, ist erst mal zweitrangig. Jedenfalls funktioniert er nicht mittels lokaler verborgener Variablen.

Die Bohmsche Mechanik stellt einen Sonderfall dar, da sie nicht-lokal realistisch ist, und da sie die Teilchen als zusätzliche dynamische Entitäten enthält. Insoweit sie mit der Standard-Quantenmechanik verträglich ist, ist sie auch mit einem Quantencomputer verträglich. Mögliche Unverträglichkeiten beziehungsweise abweichende Vorhersagen sehe ich potentiell an folgenden stellen:
kein Quantengleichgewicht: nur unter der Voraussetzung des Quantengleichgewichts entwickelt sich das Teilchenensemble gemäß der Wahrscheinlichkeitsdichte d.h. gemäß der Schrödingergleichung; allerdings geht ein Ensemble, in dem kein Quantengleichgewicht vorliegt, in einen solchen mit Quantengleichgewicht über
Spin: obwohl der Spin keine dynamische Eigenschaften der Teilchen ist, sondern der Wellenfunktion, wurde meines Wissens nach streng gezeigt, dass auch Systeme mit Spin einer auf Basis der Pauli- oder Diracgleichung erweiterten Bohmschen Mechanik gehorchen; ich bin kein Experte, ich muss das so glauben
Messung: wenn eine Theorie des Messprozesses explizit ausgeschlossen ist – insbesondere in der orthodoxen Interpretation – sind hier am ehesten Abweichungen zu erwarten; auf Basis der Hypothese, dass der Messprozesses mit der unitären Zeitentwicklung verträglich ist – diverse moderne Formulierungen – sollten sich keine Abweichungen ergeben

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18091

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Mai 2023 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Die 3 Belegungen:
- nicht-real & nicht-lokal
- real & nicht-lokal
- nicht-real & lokal

Nachtrag:
Dieses Universum besitzt nur eine dieser 3 Belegungen als (verknüpfte) Eigenschaft. Nur wissen die Wissenschaftler halt noch nicht welche.

Die naheliegende Hypothese ist nicht-real & lokal

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Gibt es irgendein Modell für nicht-real, aber lokal?

Ja, die Standard-Quantenmechanik in der Everett Interpretation; diese ist lokal, d.h. alle Effekte inkl. Branching propagieren innerhalb des bzw. auf dem Lichtkegel. Das sollte für alle realistischen Interpretationen gelten, die den Messprozess als Spezialfall der unitären Dynamik auffassen.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 16. Mai 2023 15:49, insgesamt 2-mal bearbeitet
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