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Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie - Seite 2
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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Aug 2022 08:23    Titel: Re: uantnemechnaik Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1) Wenn eine physikalische Theorie den Begriff "Messung" verwendet, ohne ihn zu definieren und insbs. ohne ihn von anderen Prozessen, die keine Messung sein sollen, präzise abzugrenzen, kann sie nichts vernünftiges zum Begriff der Wahrscheinlichkeit im Kontext einer Messung aussagen. "Immer wenn Schlurmpfxx, dann musst du folgende Regel beachten". Würde ich jetzt im Straßenverkehr ernsthaft hinterfragen; in der QM scheint es jedoch weitgehend akzeptiert zu sein.

Ja, wo der Heisenberg-Schnitt liegt ist unklar.

https://de.wikibrief.org/wiki/Heisenberg_cut

"In der Quantenmechanik ist ein Heisenberg-Schnitt die hypothetische Schnittstelle zwischen Quantenereignissen und der Information, dem Wissen oder dem Bewusstsein eines Beobachters. Unterhalb des Schnitts wird alles von der Wellenfunktion bestimmt ;über dem Schnitt wird eine klassische Beschreibung verwendet. Der Heisenberg-Schnitt ist ein theoretisches Konstrukt;Es ist nicht bekannt, ob es tatsächlich Heisenberg-Schnitte gibt, wo sie gefunden werden könnten oder wie sie experimentell nachgewiesen werden könnten. Das Konzept ist jedoch für die Analyse nützlich.

Der Schnitt ist nach Werner Heisenbergs Arbeit zur Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik benannt, bei der es sich um einen Wellenfunktionskollaps handelt. Interpretationen der Quantenmechanik, die den Wellenfunktionskollaps nicht erkennen (wie De Broglie-Bohm- oder Vielwelten- Interpretationen), erfordern keine Heisenberg-Schnitte."

Zitat:
2) Was ist etwas faktisches?

Faktisch ist das, was wir für wahr halten. Wirklich faktisch ist nur das eigene Gefühl (ich fühle, also bin ich).

Zitat:
3) Doch, dein Erleben enthält auch Wahrscheinlichkeiten, z.B. die Situation vor der Ziehung der Lottozahlen. Interessanterweise handelt es sich dabei um einen völlig anderen Zugang zu Wahrscheinlichkeiten als in der Quantenmechanik: Im Falle der Lottozahlen resultiert die Notwendigkeit des Denkens in Wahrscheinlichkeiten aus unvollständigem Wissen. Im Falle einer "Messung" an einem Quantensystem resultiert die Notwendigkeit des Denkens in Wahrscheinlichkeiten trotz vollständigem Wissen über das Quantensystem (Ausnahme: deBroglie-Bohm, da verhält es sich ganz klassisch)

Das Erleben ist unmittelbar, was man fühlt die einzige sichere Wahrheit. Ich lege den Heisenberg-Schnitt an die Grenze zwischen der materiellen Welt und der immateriellen Welt. Dazu müsste man die Kleinigkeit des Leib-Seele-Problems lösen, für praktische Zwecke ist es aber hinreichend zu definieren, dass nur wahr ist, was man selbst beobachtet.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18109

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Aug 2022 09:04    Titel: Re: uantnemechnaik Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
1) Wenn eine physikalische Theorie den Begriff "Messung" verwendet, ohne ihn zu definieren und insbs. ohne ihn von anderen Prozessen, die keine Messung sein sollen, präzise abzugrenzen, kann sie nichts vernünftiges zum Begriff der Wahrscheinlichkeit im Kontext einer Messung aussagen. "Immer wenn Schlurmpfxx, dann musst du folgende Regel beachten". Würde ich jetzt im Straßenverkehr ernsthaft hinterfragen; in der QM scheint es jedoch weitgehend akzeptiert zu sein.

Ja, wo der Heisenberg-Schnitt liegt ist unklar.

https://de.wikibrief.org/wiki/Heisenberg_cut

Unklar ist zu milde.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
"... Es ist nicht bekannt, ob es tatsächlich Heisenberg-Schnitte gibt, wo sie gefunden werden könnten oder wie sie experimentell nachgewiesen werden könnten. Das Konzept ist jedoch für die Analyse nützlich ..."

Schlimmer als die unzureichende Idee ist die Tatsache, dass noch solche Artikel dazu geschrieben werden. Phlogiston und Lichtäther haben wir doch auch überwunden ...

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Faktisch ist das, was wir für wahr halten. Wirklich faktisch ist nur das eigene Gefühl (ich fühle, also bin ich).

Darauf kann man sicher eine Philosophie aufbauen, jedoch kaum eine objektive Wissenschaft ;-)

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Das Erleben ist unmittelbar, was man fühlt die einzige sichere Wahrheit. Ich lege den Heisenberg-Schnitt an die Grenze zwischen der materiellen Welt und der immateriellen Welt. Dazu müsste man die Kleinigkeit des Leib-Seele-Problems lösen, für praktische Zwecke ist es aber hinreichend zu definieren, dass nur wahr ist, was man selbst beobachtet.

Also ich zähle mit "Wahrheit", "Heisenberg-Schnitt" und "materieller Welt" sowie "immaterieller Welt" schon mal vier undefinierte Begriffe.

Ich rufe mal Pauli auf den Plan Big Laugh

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Aug 2022 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich rufe mal Pauli auf den Plan Big Laugh

Kannst du das bitte erläutern?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Aug 2022 09:30    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich rufe mal Pauli auf den Plan :D

Kannst du das bitte erläutern?


Ich tippe mal dies ist gemeint.

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt
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Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Aug 2022 09:48    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich rufe mal Pauli auf den Plan Big Laugh

Kannst du das bitte erläutern?

Ich tippe mal dies ist gemeint.

Wie auch immer, ich habe meinen Seelenfrieden darin gefunden, dass meine Seele letztlich die Wirklichkeit erzeugt.

Es steht mit nichts im Widerspruch und gut ist.

Eigentlich ist das Fadenthema sowieso etwas anders.

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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Aug 2022 10:13    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wie auch immer, ich habe meinen Seelenfrieden darin gefunden, dass meine Seele letztlich die Wirklichkeit erzeugt.

Es steht mit nichts im Widerspruch und gut ist.

Dann ist es für dich tatsächlich gut.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Eigentlich ist das Fadenthema sowieso etwas anders.

Ich denke auch.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich tippe mal dies ist gemeint

Genau.

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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Aug 2022 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Zurück zum Ausgangsthema. Wenn ich das Universum quantenmechanisch beschreibe, so ist nicht nur der Materiezustand unscharf, sondern auch die Metrik.

Benötige ich für unscharfe Metrik einen Überraum zur Beschreibung oder nicht?

Zur Vorstellung: Benötigen verschiedene Ellipsoide einen Raum, in den sie eingebettet sind oder kann man die auch alle zusammen mit innerer Geometrie beschreiben?

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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Aug 2022 11:29    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Zurück zum Ausgangsthema. Wenn ich das Universum quantenmechanisch beschreibe, so ist nicht nur der Materiezustand unscharf, sondern auch die Metrik.

Nach vielen Ansätzen zur Quantengravitation wäre das so, aber nicht unbedingt nach allen Ansätzen. Z.B. wird in der LQG wird aus einer fundamentaleren Größe letztlich ein sogenanntes Spin-Netzwerk konstruiert.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Benötige ich für unscharfe Metrik einen Überraum zur Beschreibung oder nicht?

Es gibt sehr unterschiedliche Ansätze. Im "einfachsten Fall" wird die Metrik ähnlich wie ein normales Feld behandelt; man wendet (verallgemeinerte) Regeln der Quantisierung von Feldtheorien an.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Zur Vorstellung: Benötigen verschiedene Ellipsoide einen Raum, in den sie eingebettet sind oder kann man die auch alle zusammen mit innerer Geometrie beschreiben?

Alle Theorien zur Gravitation und Quantengravitation kommen ohne eine Einbettung aus; das gilt auch für Branen-Modelle.

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Anmeldungsdatum: 25.04.2022
Beiträge: 678

Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 04. Aug 2022 11:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Zurück zum Ausgangsthema. Wenn ich das Universum quantenmechanisch beschreibe, so ist nicht nur der Materiezustand unscharf, sondern auch die Metrik.

Nach vielen Ansätzen zur Quantengravitation wäre das so, aber nicht unbedingt nach allen Ansätzen. Z.B. wird in der LQG wird aus einer fundamentaleren Größe letztlich ein sogenanntes Spin-Netzwerk konstruiert.

Was ich bei der Schleifchen-Theorie nicht verstehe ist, dass da irgendwie Raumatome im "Nichts" entstehen und trotzdem wissen, dass sich dreidimensional anordnen sollen.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18109

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Aug 2022 14:21    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Was ich bei der Schleifchen-Theorie nicht verstehe ist, dass da irgendwie Raumatome im "Nichts" entstehen und trotzdem wissen, dass sich dreidimensional anordnen sollen.

Ich kenne weder den letzten Stand, noch habe ich alle Entwicklungen genau mitverfolgt.

Nach meinem Verständnis und am Beispiele einer zwei-dim. Fläche:

1) Überziehe die Fläche mit Dreiecken; diese können beliebige Größe und Winkel haben, die einzige Forderung ist, dass es sich um Dreiecke handelt, dass sie die Winkelsumme von 180° aufweisen, und dass Kanten und Ecken benachbarter Dreiecke identisch sind
2) Zeichen innerhalb jedes Dreiecks an einer beliebigen Stelle einen Punkt; verbinde Punkte benachbarter Dreiecke; beschrifte die Verbindungslinie mit der Länge der Kante
3) vergiss, dass es jemals eine Fläche gab! es gibt nur noch Punkte und Verbindungen


Diese Methode stellt sicher,
- dass (1) die Triangulation einer Fläche liefert
- dass (2) einen dazu dualen Graphen liefert,
- und dass (1) aus (2) rekonstruiert werden kann.
Nach meinem Verständnis ist dies die heute verwendete Vorgehensweise

(sehr stark vereinfacht, z.B. betrachten wir eine 4-dim. Raumzeit, die 4-Simplizes haben eine zeitartige Komponenten, die Beschriftung einer Verbindungslinie benachbarter 3-Simplizes (Tetraeder) duch eine Fläche ist keine Zahl sondern ein Spinoperator, der die Fläche repräsentiert; die Punkte tragen Koeffizienten, die die Kopplung Spins der Verbindungen repräsentieren)

D.h. (1) + (2) stellen sicher, dass ein 3-dim Raum vorliegt.

Lässt man (1) weg und zeichnet sofort Punkte und einen Graph, so kann einen niemand hindern, Punkte zu verbinden, die gemäß (1) nicht benachbart wären; es gibt letztlich ohne (1) keine Nachbarschaft im Sinne von Dreieckskanten mehr. Als Ergebnis von (2) entsteht ein Graph, der nicht mehr dual zu einer Triangulation (1) ist, und der keine feste Dimension mehr aufweist!

M.W.n. wird auch (2) ohne (1) untersucht. In diesem Fall wäre die tatsächliche Dimension (bzw. die Näherung) nicht Bestandteil der Konstruktion sondern eine Vorhersage der Theorie.

Ich sehe aber aktuell nicht, dass uns die LQG irgendetwas spezielles zur Interpretation der Quantenmechanik sagt.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 05. Aug 2022 15:54    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="TomS“]Du musst diese Ansicht nicht teilen, aber erscheint sie dir wenigstens konsistent?[/Quote]

Sogar elegant.
Auf jeden Fall kann ich jetzt deine Aussagen besser einordnen, es wird transparenter; ich versuche mal nachzuzeichnen.

a. Wenn du bekennender Platoniker bist, nehme ich an, dass du der Mathematik eine eigene exklusive Realität einräumst, zB. dem Hilbertraum mit der Schrödinger-Glg. als Teilgebiet.

b. Du stellst hohe, aber „berührungslose“ Korrelationen zwischen Eigenwerten und empirischen Messwerten fest. (dieser Prozess ist mir noch nicht ganz klar.)

c. Du schließt aus dem Erfolg der Theorie in diesem empirischen Raum-Teilgebiet auf die Äquivalenz der beiden Gesamt-Realitäten, insbes. auf den Gebieten, die uns über die Wahrnehmung nicht mehr zugänglich sind.

Damit hättest du zwei, vllt. sogar 3 Welten oder Ebenen oder Räume, wenn ich das richtig sehe:
1. den abstrakt mathematischen Raum,
2. den empirischen, erfahr- und wahrnehmbaren Raum als Teilmenge der
3. nicht wahrnehmbaren gesamten Rest-Mannigfaltigkeit, der gesamten Natur.

Damit machen deine Aussagen auch Sinn für mich. Es ist zugegebenermaßen (mit Platon habe ich Probleme) eine elegante und plausible Konstruktion: die Natur folgt den mathematischen Gesetzen, die als allgemeine Gültigkeit auch den höheren Existenzstaus verdienen, die als Essenz einer Theorie lediglich der Logik verpflichtet sind und die auf einer anderen Ebene dafür bereitstehen und entdeckt werden müssen (wobei mir die Schnittstelle des Vorgangs noch nicht ganz klar ist).
Es hat ein bisschen Ähnlichkeit mit dem Messvorgang, bei dem die Wechselwirkung sich per Zufall einen Eigenwert aus dem bereitstehenden Spektrum zur Korrelation aussucht, so wie du als Physiker eine Kongruenz eines „platonischen“ Formalismus mit der Realität entdeckst.
(So in etwa?)

Das System steht und fällt mit der Annahme einer exklusiven Mathe-Welt, die bei dir sogar Primär-Status hat. Es ist auch sinnvoll von einem Postulat (?) auszugehen, aber um einen hohen Preis weil dadurch die menschliche Schöpfungskraft etwas entwertet wird, wenn sie einen schon existierenden Formalismus „nur“ entdecken und nicht selbst erschaffen darf. Es wäre ja auch denkbar, dass sich diese Welt durch die menschliche Schöpfungskraft sukzessive im menschlichen Bewusstsein aufbaut und dort sozusagen eine virtuelle Welt des Formalismus zur Verfügung steht - ja ok. ist nicht vgl.-bar und ein emotionales Argument... ;-)

Aber möglicherweise hab ich’s noch nicht sauber auf die Kette bekommen. Das müsstest du mir rückmelden.

Hinsichtlich des Dualismus wäre es evtl. hilfreich, die alternative Sichtweise der Dialektik, wie ich sie verstehe, grob zu umreißen.(?)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18109

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Aug 2022 08:35    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
a. Wenn du bekennender Platoniker bist, nehme ich an, dass du der Mathematik eine eigene exklusive Realität einräumst, zB. dem Hilbertraum mit der Schrödinger-Glg. als Teilgebiet.

Das ist eine andere Frage, und hier wenig von Belang.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
b. Du stellst hohe, aber „berührungslose“ Korrelationen zwischen Eigenwerten und empirischen Messwerten fest. (dieser Prozess ist mir noch nicht ganz klar.)

Das hängt eng mit dem sogenannten Messproblem zusammen und ist letztlich niemandem endgültig klar.

Man kann ganz kurz zwei wesentliche Meinungen dazu charakterisieren:

“Kopenhagen”, d.h. Bohr et al.: der Messprozess kann nicht quantenmechanisch verstanden werden; der Zusammenhang zwischen Eigen- und Messwerten wird postuliert und trifft in der Praxis zu - Ende (ich würde sagen, dies ist immer noch die dominierende Sichtweise, auch unter Physikern, von denen sich die große Mehrheit nicht mit diesem Problem befasst)

Dekohärenz: dass ein Messwert in extrem guter Näherung einem Eigenwert entspricht, kann quantenmechanisch verstanden werden; dies erfordert jedoch je System die Lösung der Dynamik eines komplizierten quantenmechanischen Vielteilchenproblems; in den einfachen Fällen, in denen diese Lösung möglich ist, versteht man tatsächlich ohne weitere Postulate, dass und warum quantenmechanische Systeme in Wechselwirkung mit makroskopischen Systemen auf Strukturen führen, die man als klassische Messungen mit entsprechenden Messwerten auffassen kann (dieser Ansatz alleine löst noch nicht das Problem, warum von vielen quantenmechanisch zulässigen Möglichkeiten genau eine im Experiment erscheint; also das Problem der “vielen Welten”)

Cedric hat Folgendes geschrieben:
c. Du schließt aus dem Erfolg der Theorie in diesem empirischen Raum-Teilgebiet auf die Äquivalenz der beiden Gesamt-Realitäten, insbes. auf den Gebieten, die uns über die Wahrnehmung nicht mehr zugänglich sind.

Welche beiden Gesamt-Realitäten?

Aber nochmal: die Wahrnehmung war und ist für die Konstruktion der Theorie (die Quantenmechanik) und die Schlussfolgerung ziemlich irrelevant; sie ist lediglich relevant im Sinne von Überprüfung und Falsifizierung nach Popper.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Damit hättest du zwei, vllt. sogar 3 Welten oder Ebenen oder Räume, wenn ich das richtig sehe:
1. den abstrakt mathematischen Raum,
2. den empirischen, erfahr- und wahrnehmbaren Raum als Teilmenge der
3. nicht wahrnehmbaren gesamten Rest-Mannigfaltigkeit, der gesamten Natur.

Wenn wir mal (1) beiseite lassen, dann haben wir einen handfesten Monismus, demzufolge die gesamte Realität gewissen mathematischen Gesetzmäßigkeiten folgt, von denen die Quantenmechanik essentielle Aspekte zutreffend erfasst; das umfasst Teilbereiche wie “Messprozesse”, “Wahrnehmung im Sinne der Neurobiologie” usw., aber auch “das Verhalten eines Quantensystems, wenn es gerade isoliert ist und nicht beobachtet wird”.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Damit machen deine Aussagen auch Sinn für mich. Es ist zugegebenermaßen (mit Platon habe ich Probleme) eine elegante und plausible Konstruktion.

Ich würde sagen, es ist letztlich die Konstruktion, die viele Realisten unter den Physikern unterschreiben würden - wobei wir da viele Spielarten vorfinden, und wir immer nur von einer Annäherung sprechen können.

Dein Problem mit Platon hatte ich gelesen, wobei ich nicht sicher bin, welche Rolle das in seinem Gesamtweltbild spielt. Außerdem - auch er war ein Kind seiner Zeit.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Das System steht und fällt mit der Annahme einer exklusiven Mathe-Welt, die bei dir sogar Primär-Status hat.

Verstehe ich nicht.

Primär sind
- die Annahme, dass eine objektive Realität existiert
- und die Hypothese, dass sie mathematischen Gesetzmäßigkeiten folgt.

Ich gehe nicht soweit, dass letzteres im Sinne Platons primär sein muss. Ich bin auch weit davon entfernt, eine geschlossene und umfassende Ontologie zu vertreten.

Ich denke, die wesentliche Abgrenzung ist, dass man “Wahrnehmung”, “Messung” usw. als Teilbereich aller Phänomene versteht - und erkennt, dass Einstein wieder mal recht hatte:

https://www.ciando.com/img/books/extract/3777624322_lp.pdf
Im Frühjahr 1926 besuchte Heisenberg Albert Einstein in Berlin. Einstein brachte das Gespräch auf die von Heisenberg erhobene Forderung, „in die Theorie nur solche Größen aufzunehmen, die beobachtet werden können“. Als Heisenberg diese Forderung noch einmal deutlich formulierte, sagte Einstein: „Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass man in eine physikalische Theorie nur beobachtbare Größen aufnehmen kann.“ Heisenberg fragte erstaunt: „Haben denn Sie nicht selbst gerade diesen Gedanken zur Grundlage Ihrer Relativitätstheorie gemacht? Sie hatten doch betont, dass man nicht von absoluter Zeit reden dürfe, da man diese absolute Zeit nicht beobachten kann.“ Darauf Einstein: „Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt, aber sie ist trotzdem Unsinn.“ Und nun formulierte Einstein eine wunderbare philosophische Einsicht: „Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann“, oder ausführlicher: „Erst die Theorie, das heißt, die Kenntnis der Naturgesetze, erlaubt es uns, aus dem sinnlichen Eindruck auf den zugrunde liegenden Vorgang zu schließen.“

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Hinsichtlich des Dualismus wäre es evtl. hilfreich, die alternative Sichtweise der Dialektik, wie ich sie verstehe, grob zu umreißen.(?)

Gerne.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 07. Aug 2022 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Cedric hat Folgendes geschrieben:
a. Wenn du bekennender Platoniker bist, nehme ich an, dass du der Mathematik eine eigene exklusive Realität einräumst, zB. dem Hilbertraum mit der Schrödinger-Glg. als Teilgebiet.

Das ist eine andere Frage, und hier wenig von Belang.

Das ist etwas herbe formuliert. Wenn ich dich mit meinen Bemerkungen über Platon gekränkt haben sollte, dann lag es nicht in meiner Absicht.
Aber ich finde es schon wichtig und es interessiert mich auch.


Cedric hat Folgendes geschrieben:
b. Du stellst hohe, aber „berührungslose“ Korrelationen zwischen Eigenwerten und empirischen Messwerten fest. (dieser Prozess ist mir noch nicht ganz klar.)
Das hängt eng mit dem sogenannten Messproblem zusammen und ist letztlich niemandem endgültig klar.

Sollten wir darauf nicht nochmal schauen? Ich habe das Gefühl, dass es da gar nicht so mysteriös zugeht.


Cedric hat Folgendes geschrieben:
c. Du schließt aus dem Erfolg der Theorie in diesem empirischen Raum-Teilgebiet auf die Äquivalenz der beiden Gesamt-Realitäten, insbes. auf den Gebieten, die uns über die Wahrnehmung nicht mehr zugänglich sind.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Welche beiden Gesamt-Realitäten?

Na, die autonome platonische Ideen-Welt mit dem mathematischen Teil und die tatsächliche Realität, die daraus hervorging!


TomS hat Folgendes geschrieben:
Aber nochmal: die Wahrnehmung war und ist für die Konstruktion der Theorie (die Quantenmechanik) und die Schlussfolgerung ziemlich irrelevant; sie ist lediglich relevant im Sinne von Überprüfung und Falsifizierung nach Popper.

Das habe ich jetzt auch so verstanden!


TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, dass die Theorie praktisch keinen Bezug zur Wahrnehmung und ganz allgemein zu den Kategorien unserer Wahrnehmung hat. Ich weiß natürlich nicht, ob und in wie weit die Theorie einen Bezug zur tatsächlichen (jedoch hinter unserer Wahrnehmung verborgenen / verzerrten / verschleierten / …) Realität hat. Aber ich bin ganz nach Platon der festen Überzeugung, dass dieser Bezug gegeben ist, da es für mich geradezu absurd wäre, dass die Theorie weder zur Wahrnehmung noch zur Realität einen Bezug hat, jedoch offenbar funktioniert


Es gibt bei dir offensichtlich die Wahrnehmungs-Ebene und es gibt offensichtlich die tw. verborgene tatsächliche Realitäts-Ebene hinter der Wahrnehmungs-Ebene.
Und es gibt deiner Überzeugung nach einen Bezug der mathematischen Theorie zur tatsächlichen Realitäts-Ebene. Wenn ich den Weg rückwärts gehe, wo lande ich dann?
Wo ist die Mathematik/mathematische Theorie verortet?

Und ein paar Worte zur Dialektik.

Das System der materialen Dialektik beschreibt die allgemeinste und grundlegenste Form der Dynamik der Materie. Die Dialektik erklärt grundlegend und prinzipiell (eben philosophisch) warum überhaupt etwas prozessiert und existiert. Es ist durch folgende tw. analytische Aussagen gekennzeichnet:

1.Definition, Postulat: Der Begriff der MATERIE ist die grundlegende philosophische Kategorie für das, was außerhalb des menschlichen Bewusstseins als zusammenhängende EINHEIT existiert und das Forschungsobjekt der Wissenschaften bildet; Synonym für Natur, Kosmos, Totalität.

2.Die EXISTENZWEISE der Materie ist ihre DYNAMIK, Wechselwirkung, die Bewegung im weitesten Sinne als Zustandsveränderung und Evolution.

3.Die TRIEBKRAFT der Bewegung ist die WIRKUNG DES ENTGEGENGESETZTEN; das Ungleichgewicht, der GRADIENT, der als „Störung“ oder „Anregung“ des Systems aufgefasst werden kann.

4.Der MECHANISMUS, diese Störung/Anregung zu „absorbieren“ (man kann auch sagen: die Veränderung zu realisieren!) ist
a) Annäherung und Kontakt
b) instabiler Zustand der Verarbeitung, Umorientierung
c) Anpassung durch Integration der Störung in neuer Struktur.
(die Übergänge a/b und b/c nennt man auch Negation und das Gesetz doppelte Negation)

5.Die SYNTHESE ist das ERGEBNIS der Auseinandersetzung der gegenläufigen Tendenzen, die nun unter den neuen Bedingungen beide als Teil des Systems das Verhalten und den Zustand des Systems bestimmen.

6.Der VERLAUF der prozessualen Bewegung ist der gegenseitige UMSCHLAG VON QUANTITÄT UND QUALITÄT, der spezifische Mechanismus, der den Wechsel von kontinuierlichen und diskreten Prozessen, von Symmetrie-Brüchen und sprunghaften Veränderungen andeutet.

7.Ein SYSTEM ist dementsprechend grundsätzlich als eine Coincidentia Oppositorum, als EINHEIT DES GEGENSÄTZLICHEN aufzufassen, das adäquat nur in der GANZHEITSBETRACHTUNG beurteilt werden kann.

Übertragen auf die Welle-Teilchen-Problematik würde es bedeuten, dass wenn an ein und demselben (oder identischen) Objekt 2 Verhaltensweisen gemessen werden, man davon ausgehen kann, dass es diese Eigenschaften auch h a t. Sie äußern sich nicht zum gleichen Zeitpunkt, aber sie liegen nebeneinander vor und werden durch die Randbedingungen aktiviert.

Die beiden Dualismen beim gleichen Objekt würde bedeuten:

a) Am Spalt (tun wir so als sei es) eine Welle, aber kein Teilchen.
b) Am Schirm (tun wir so als sei es) ein Teilchen, aber keine Welle.

Wie können Eigenschaften in b) festgestellt werden, die in a) nicht existieren u.u.? Nicht durch den Messprozess, denn jedes gemessene "Teilchen" muss vorher schon die Eigenschaft haben, eine Wechselbeziehung überhaupt eingehen zu können.

Ich traue der Schrödinger-Glg. noch nicht so ganz: schließlich k a n n sie nur kontinuierliche und reversible Prozesse beschreiben, aber Wechselwirkungen und Symmetriebrüche sind die Regel in der Natur. Keiner weiß, was sie bedeutet und zum Gebrauch muss sie quadriert und statistisch umgedeutet werden.
Mittlerweile ist sie durch ihren Wahnsinnserfolg auch etwas sakrosankt geworden, habe ich den Eindruck. Wer sie in Frage stellt, wird nicht mehr ernst genommen.

Obwohl - index_razor schrieb von einer Gleichung, die 2 Extremallösungen hat, eine wellenartige und eine "teilchen"artige. Die käme der Wahrheit schon näher...

Ich füge einfach nochmal ein paar Beispiele von realer Dialektik aus den verschiedensten Bereichen an, um klarer zu machen, was ich meine:

A) Dynamik durch Dialektik - Gradienten -

- Temperatur-Gradient bei Thermodynamischen Prozessen.
- Energie-/ Konzentrations-Gradienten der Ausgangsstoffe und Endprodukte bei Chemischen Reaktionen.
- Unterschiedliche Interessen vom unbewussten ES und halbbewussten ÜBERICH in psychologischen Systemen.
- Unterschiedliche Interessen von Arbeitskraft und Kapital in politisch-ökonomischen Systemen.
- Unterricht macht nur Sinn, wenn ein Wissens- oder Informationsgradient vorliegt.

B) Dialektik der Wechselwirkung: gegenseitige Bedingung und Bestimmung.

- Physik / Allgemeine Relativitätstheorie: Die Materieverteilung im Kosmos bestimmt die Metrik des Raumes und die Metrik bestimmt die Form der Bahn
- Elektrodynamik: elektrische Ladungen rufen Elektromagnetische (EM-) Felder hervor und EM-Felder bestimmen das Verhalten von elektrischen Ladungs-Teilchen.
- Biologie: Mutation / Selektion bestimmen das Biotop, das Biotop wirkt selektiv auf die Mutation.
- Politische Ökonomie: Die Produktionsverhältnisse (PV) bestimmen die Struktur einer Gesellschaft, diese wirkt auf die PV zurück.
(zB. erzeugt jede Gesellschaftsformation ihre eigenen Rechtsverhältnisse, die rückwirkend systemstabilisierend wirken: die Sklavenhaltergesellschaft der Antike, Leibeigenschaft des Mittelalters, Arbeitsvertragsbindung der freien Marktwirtschaft.)
- Philosophie: Das Sein bestimmt das Bewusstsein und das Bewusstsein wirkt auf die Gestaltung des Sein zurück.

Der häufigste Fehler ist die Vereinseitigung, die Verabsolutierung nur einer Seite: entweder-oder. Realistisch ist aber: sowohl-alsauch.
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18109

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Aug 2022 08:58    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Cedric hat Folgendes geschrieben:
a. Wenn du bekennender Platoniker bist, nehme ich an, dass du der Mathematik eine eigene exklusive Realität einräumst, zB. dem Hilbertraum mit der Schrödinger-Glg. als Teilgebiet.

Das ist eine andere Frage, und hier wenig von Belang.

Das ist etwas herbe formuliert. Wenn ich dich mit meinen Bemerkungen über Platon gekränkt haben sollte, dann lag es nicht in meiner Absicht.
Aber ich finde es schon wichtig und es interessiert mich auch.

Ja, sorry, das war zu harsch formuliert. Und deine Meinung zu Platon hat mich nicht gekränkt.

Ich bin lediglich der Meinung, dass ein Realist, der an eine objektive und mathematischen Gesetzmäßigkeiten folgende Realität glaubt, deswegen noch keine besondere Haltung zur Seinsweise der „Mathematik an sich“ haben muss.

Nehmen wir an, die Realität würde tatsächlich vollumfänglich den bekannten Gesetzen der Quantenmechanik folgen. Warum muss ich dann etwas über die Seinsweise elliptischer Kurven wissen?

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Cedric hat Folgendes geschrieben:
Du schließt aus dem Erfolg der Theorie in diesem empirischen Raum-Teilgebiet auf die Äquivalenz der beiden Gesamt-Realitäten, insbes. auf den Gebieten, die uns über die Wahrnehmung nicht mehr zugänglich sind.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Welche beiden Gesamt-Realitäten?

Na, die autonome platonische Ideen-Welt mit dem mathematischen Teil und die tatsächliche Realität, die daraus hervorging!

Wie kommst du zu diesem Dualismus?

Evtl. würde ich an der Stelle eher nicht Platon folgen wollen und keine autonome Welt der (mathematischen) Ideen postulieren. Ich spreche von der tatsächlichen Realität, und ich lasse offen, welcher Status abstrakten Konzepten wie „dem Hilbertraum“ oder „der Güte“ zukommt.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Es gibt bei dir offensichtlich die Wahrnehmungs-Ebene und es gibt offensichtlich die tw. verborgene tatsächliche Realitäts-Ebene hinter der Wahrnehmungs-Ebene.
Und es gibt deiner Überzeugung nach einen Bezug der mathematischen Theorie zur tatsächlichen Realitäts-Ebene. Wenn ich den Weg rückwärts gehe, wo lande ich dann?
Wo ist die Mathematik/mathematische Theorie verortet?

Zunächst mal denke ich, dass die Wahrnehmungs-Ebene nur ein Teil der gesamten Realität ist, ihr jedoch keine eigenständige oder besondere Seinsweise zukommt. Wahrnehmungen - auch Selbstwahrnehmung und Bewusstsein - sind für mich ganz normale physikalische Prozesse, die uns lediglich als besonders erscheinen, und die sich möglicherweise auch unserem Verständnis entziehen. Daraus muss ich jedoch keinen Dualismus konstruieren.

Wie gesagt, wo ich „die Mathematik“ verorte, spielt für mich eine untergeordnete Rolle. Wir sind fähig, in mathematischen Modellen zu denken, und dabei zutreffende Aussagen über reale Prozesse zu finden - sowohl in der „tatsächlichen Realität“, als auch bzgl. eines Teilbereiches derselben, die wir „unsere Wahrnehmung“ nennen. Damit ist es für mich plausibel, dass unsere mathematischen Theorien tatsächlich Gesetzmäßigkeiten der objektiven Realität entsprechen.

Alles weitere lasse ich offen.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Du stellst hohe, aber „berührungslose“ Korrelationen zwischen Eigenwerten und empirischen Messwerten fest. (dieser Prozess ist mir noch nicht ganz klar.) … Sollten wir darauf [das Messproblem]?nicht nochmal schauen? Ich habe das Gefühl, dass es da gar nicht so mysteriös zugeht.

Nun, das Grundproblem ist sehr einfach.

Wenn ich bestimmte Quantenzustände |n> habe, die ich mathematisch beschreiben und im Labor präparieren kann, wobei jedem einzelnen Zustand im Experiment ein (bis auf kleine Streuungen in den Messungen) eindeutiger Messwert M_n zukommt, welcher Messwert kommt dann der Superposition



zu?

Gemäß den Postulaten „Kopenhagener Interpretation“ je einzelner Messung wieder genau einer der Messwerte M_n, und gemäß der Experimente ebenfalls.

Gemäß der deterministischen unitären Zeitentwicklung U(t) entsprechend der Schrödingergleichung folgt jedoch durch die Messung - wenn ich diese als Wechselwirkung des Quantensystems mit der Messapparatur auffasse - ein Zustand



D.h. entweder erhalte ich eine Superposition der Messzustände - was ich so nicht beobachte - d.h. ich benötige ein Postulat, das im Falle einer Messung zu der deterministischen Zeitentwicklung hinzutritt und dieser gewissermaßen widerspricht und genau ein Ergebnis statistisch aussondert, oder ich erhalte tatsächlich diese Superposition und damit die „vielen Welten“.

Dieses Messproblem - in unterschiedlichen Formulierungen - ist bis heute ungelöst.

Ich habe dazu an anderer Stelle geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Fakt ist zunächst, dass der Kollaps selbst kein normaler quantenmechanischer Prozess sein kann, da die Zeitentwicklung der Wellenfunktion gemäß der Schrödingergleichung unitär und damit invertierbar ist, der Kollaps dagegen nicht-invertierbar ist (und zwar bereits nicht einmal mathematisch bzw. prinzipiell).

In der orthodoxen Formulierung der Quantenmechanik insbs. nach von Neumann wird der Kollaps (bzw. eigtl. eine andere Eigenschaft) als Axiom ohne weite Begründung eingeführt: das Resultat der Messung einer Observablen A ist ein Eigenwert a zur Observablen A als Messwert sowie das Vorliegen des gemessenen Systems im entsprechenden Eigenzustand |a>; das funktioniert in der Praxis und entspricht bzgl. der beobachteten Messwerte unserer Erfahrung, ist jedoch keine Begründung.

Insbs. widerspricht dieses sog. Projektionspostulat und damit der Kollaps der Wellenfunktion der unitären Zeitentwicklung; beide Axiome können demnach nicht auf der selben Ebene angesiedelt sein. Dies ist insofern unbefriedigend, als die Wechselwirkung eines quantenmechanischen Systems mit einem nach den Regeln der Quantenmechanik konstruierten Messgerätes eigtl. nach den Regeln der Quantenmechanik und damit unitär / invertierbar ablaufen sollte, dies jedoch entsprechend des Projektionspostulates im Zuge der Messung nicht der Fall ist.

Es gibt andere Interpretation der Quantenmechanik, die bzgl. der praktischen Resultate völlig äquivalent sind, jedoch andere Axiome verwenden. Insbs. entfällt das o.g. Projektionspostulat und damit der Kollaps der Wellenfunktion; man spricht von no-collapse interpretations. Die beiden bekanntesten dürften die Everettschen relative-state interpretation (gemeinhin Viele-Welten-Interpretation - der Begriff führt zu Fehlinterpretationen und sollte eigtl. vermieden werden) sowie die rein stochastische Ensemble-Interpretation sein.

Generell wird die Problematik unter dem Begriff Messproblem zusammengefasst; dazu existiert heute keine allgemein akzeptierte Lösung. Ein wesentliche Erkenntnis ist das sogenannte Maudlin-Trilemma. Maudlin zeigt, dass die folgenden drei Aussagen zusammengenommen inkonsistent sind:
1) Der Zustandsvektor beschreibt das System vollständig (insbs. keine verborgenen Variablen)
2) Der Zustandsvektor folgt immer einer linearen Zeitentwicklung (Schrödingergleichung).
3) Messungen haben immer ein definiertes Ergebnis (im Sinne einer definierten Eigenschaft bzgl. einer Observablen)
Unterschiedliche Interpretationen verzichten nun auf einen der drei genannten Punkte um das Messproblem zu lösen: de Broglie und Bohm verzichten auf (1); von Neumann et al. verzichten auf (2) und führen einen Kollaps ein; Everett et al. verzichten auf (3), d.h. eine Messung führt nur scheinbar auf einen eindeutigen Messwert; tatsächlich bleiben alle quantenmechanisch angelegten Möglichkeiten realisiert.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 08. Aug 2022 10:03, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Aug 2022 09:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Du stellst hohe, aber „berührungslose“ Korrelationen zwischen Eigenwerten und empirischen Messwerten fest. (dieser Prozess ist mir noch nicht ganz klar.) … Sollten wir darauf [das Messproblem]?nicht nochmal schauen? Ich habe das Gefühl, dass es da gar nicht so mysteriös zugeht.

Nun, das Grundproblem ist sehr einfach.

Wenn ich bestimmte Quantenzustände |n> habe, die ich mathematisch beschreiben und im Labor präparieren kann, wobei jedem einzelnen Zustand im Experiment ein (bis auf kleine Streuungen in den Messungen) eindeutiger Messwert M_n zukommt, welcher Messwert kommt dann der Superposition



zu?

Gemäß den Postulaten „Kopenhagener Interpretation“ je einzelner Messung wieder genau einer der Messwerte M_n, und gemäß der Experimente ebenfalls.

Gemäß der deterministischen unitären Zeitentwicklung U(t) entsprechend der Schrödingergleichung folgt jedoch durch die Messung - wenn ich diese als Wechselwirkung des Quantensystems mit der Messapparatur auffasse - ein Zustand



D.h. entweder erhalte ich eine Superposition der Messzustände - was ich so nicht beobachte - d.h. ich benötige ein Postulat, das im Falle einer Messung zu der unitären Zeitentwicklung hinzutritt und dieser gewissermaßen widerspricht und genau ein Ergebnis statistisch aussondert, oder ich erhalte tatsächlich diese Superposition und damit die „vielen Welten“.

Dieses Problem - in unterschiedlichen Formulierungen - ist bis heute ungelöst.


Das ist eine perfekte Illustration meiner Behauptung im parallelen Thread.

"Ich bin allerdings trotzdem der Ansicht, daß weder die Unschärferelation noch die Quantenmechanik allgemein besondere philosophische Rätsel aufgibt, die man nicht schon von vornherein in die Interpretation des Formalismus hineingesteckt hat.

Ich denke alle Interpretationsprobleme lassen sich auf das Meßproblem zurückführen. Und das Meßproblem läßt sich wiederum direkt auf den postulierten Zusammenhang zwischen Meßwerten und Eigenwerten von Operatoren zurückführen. Dadurch entsteht das Rätsel, daß man den angeblichen "Meßwerten" nicht direkt Größen zuordnen kann, die sich aus dem tatsächlichen Zustand [also z.B. der Superposition

berechnen lassen, was genau die Frage aufwirft, was der Zustand nun eigentlich real über das System aussagt."

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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Aug 2022 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist eine perfekte Illustration meiner Behauptung im parallelen Thread.

Diesen Tag sollten wir beide uns fett und rot im Kalender markieren

Prost

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 08. Aug 2022 10:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zunächst mal denke ich, dass die Wahrnehmungs-Ebene nur ein Teil der gesamten Realität ist, ihr jedoch keine eigenständige oder besondere Seinsweise zukommt. Wahrnehmungen - auch Selbstwahrnehmung und Bewusstsein - sind für mich ganz normale physikalische Prozesse, die uns lediglich als besonders erscheinen, und die sich möglicherweise auch unserem Verständnis entziehen. Daraus muss ich jedoch keinen Dualismus konstruieren.

So einfach ist es natürlich nicht, ansonsten gäbe es nicht "das harte Problem des Bewusstseins" bzw. die Qualia-Frage. Hier ist aber kein Philosophieforum.

Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Teile der mein Bewusstsein konstituierender Materie sich mit einer endlichen (wenn auch sehr geringen) Wahrscheinlichkeit noch auf dem Sirius befinden.

Nur so ein Gefühl (für das es keine Gleichung gibt).

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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Aug 2022 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
So einfach ist es natürlich nicht, ansonsten gäbe es nicht "das harte Problem des Bewusstseins" bzw. die Qualia-Frage.

Ich sage ja nicht, dass ich dies wüsste. Ich sehe aber auch kein zwingendes Argument, warum es nicht zutreffen sollte. Nur weil meine Wahrnehmung von Farben inkl. Qualia heute nicht mittels der QED beschreibbar ist, folgt logisch nicht zwingend, dass Farbwahrnehmung inkl. Qualia nicht auf derartige Prozesse reduzierbar seien. Umgekehrt können Qualia durchaus auf derartige Prozesse reduzierbar sein, ohne dass wir deswegen ein Verständnis im Rahmen der QED (oder einer umfassenderen Theorie) haben müssten.

Es ist sicher eine metaphysische und nicht im Popperschen Sinne überprüfbare Hypothese, aber deswegen keine unplausible These.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Teile der mein Bewusstsein konstituierender Materie sich mit einer endlichen (wenn auch sehr geringen) Wahrscheinlichkeit noch auf dem Sirius befinden.

Warum nimmst du denn an, dass dies so sein sollte oder könnte?

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 08. Aug 2022 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
So einfach ist es natürlich nicht, ansonsten gäbe es nicht "das harte Problem des Bewusstseins" bzw. die Qualia-Frage.

Ich sage ja nicht, dass ich dies wüsste. Ich sehe aber auch kein zwingendes Argument, warum es nicht zutreffen sollte. Nur weil meine Wahrnehmung von Farben inkl. Qualia heute nicht mittels der QED beschreibbar ist, folgt logisch nicht zwingend, dass Farbwahrnehmung inkl. Qualia nicht auf derartige Prozesse reduzierbar seien. Umgekehrt können Qualia durchaus auf derartige Prozesse reduzierbar sein, ohne dass wir deswegen ein Verständnis im Rahmen der QED (oder einer umfassenderen Theorie) haben müssten.

Es ist sicher eine metaphysische und nicht im Popperschen Sinne überprüfbare Hypothese, aber deswegen keine unplausible These.

Wenn man versucht, eine Reduktion durchzuführen, so kommt man auf philosophische Zombies. Dass die zusätzlich noch eine Innensicht haben sollen, ist eine Zusatzannahme.

Ich könnte hier auch meinen Seelenbeweis reinstellen, aber ich weiß nicht, ob das nicht Thema verfehlt ist.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Teile der mein Bewusstsein konstituierender Materie sich mit einer endlichen (wenn auch sehr geringen) Wahrscheinlichkeit noch auf dem Sirius befinden.

Warum nimmst du denn an, dass dies so sein sollte oder könnte?

Ich verstehe die Gegenfrage nicht ganz. Wenn man die QM ohne Kollaps konsequent anwendet, dann bleiben die Wellenfunktionen unbegrenzt ausgedehnt und verschwinden auch auf dem Sirius nicht vollständig.

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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Aug 2022 11:56    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn man versucht, eine Reduktion durchzuführen, so kommt man auf philosophische Zombies.

Die Zombie-Argumente weisen auf die Erklärungslücke hin. Dass diese existiert, gestehe ich durchaus zu. Dass die Existenz einer Erklärungslücke jedoch irgendwie logisch verwendet werden kann, um daraus abzuleiten, was tatsächlich der Fall ist oder nicht, habe ich schon immer für Käse gehalten.

Was genau ist an der Sichtweise,
1) Bewusstsein sei auf ganz normale physikalische Prozesse reduzierbar,
2) dies sei jedoch möglicherweise nicht beweisbar oder für uns verstehbar, logisch falsch?

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Teile der mein Bewusstsein konstituierender Materie sich mit einer endlichen (wenn auch sehr geringen) Wahrscheinlichkeit noch auf dem Sirius befinden.

Warum nimmst du denn an, dass dies so sein sollte oder könnte?

Ich verstehe die Gegenfrage nicht ganz. Wenn man die QM ohne Kollaps konsequent anwendet, dann bleiben die Wellenfunktionen unbegrenzt ausgedehnt und verschwinden auch auf dem Sirius nicht vollständig.

Das gilt für Dein Gravitationsfeld, deine elektromagnetischen Felder … so what? Es ist doch völlig ausreichend, dass Körper und Bewusstsein „ausreichend“ lokalisiert sind.

Übrigens ist das nicht das Messproblem?

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 08. Aug 2022 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Was genau ist an der Sichtweise,
1) Bewusstsein sei auf ganz normale physikalische Prozesse reduzierbar,
2) dies sei jedoch möglicherweise nicht beweisbar oder für uns verstehbar, logisch falsch?

Das ist durchaus nicht falsch, aber unbefriedigend. Stelle dir vor, man könnte beweisen, dass Pflanzen etwas fühlen. Dann hätten Veganer ein Problem.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es ist doch völlig ausreichend, dass Körper und Bewusstsein „ausreichend“ lokalisiert sind.

Übrigens ist das nicht das Messproblem?

Solange es noch Wahrscheinlichkeiten gibt, kann man nicht von Lokalisierung sprechen. Eine Wahrscheinlichkeit bezieht sich auf ein mögliches Faktisches, ansonsten stimmt der Wortsinn nicht.

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Beitrag Cedric Verfasst am: 08. Aug 2022 12:28    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich bin lediglich der Meinung, dass ein Realist, der an eine objektive und mathematischen Gesetzmäßigkeiten folgende Realität glaubt, deswegen noch keine besondere Haltung zur Seinsweise der „Mathematik an sich“ haben muss.
Nehmen wir an, die Realität würde tatsächlich vollumfänglich den bekannten Gesetzen der Quantenmechanik folgen. Warum muss ich dann etwas über die Seinsweise elliptischer Kurven wissen?


Nein! Du musst gar nichts! Ich dachte nur, dass du auch ein Interesse an einem Austausch hättest. Aber mein Eindruck ist, dass wenn etwas nicht in einer Gleichung formalisiert werden kann, es für dich irrelevant ist.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Alles weitere lasse ich offen.

Und Punkt.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Du stellst hohe, aber „berührungslose“ Korrelationen zwischen Eigenwerten und empirischen Messwerten fest. (dieser Prozess ist mir noch nicht ganz klar.) … Sollten wir darauf [das Messproblem]?nicht nochmal schauen? Ich habe das Gefühl, dass es da gar nicht so mysteriös zugeht.


TomS hat Folgendes geschrieben:
Dieses Messproblem - in unterschiedlichen Formulierungen - ist bis heute ungelöst.

Das wundert mich gar nicht! Ich verstehe nicht, warum man so an der Schrödinger-Glg. klebt; wenn sie nur unitäre, aber keine natürlichen, nicht-unitären Vorgänge beschreiben kann, dann ist sie wohl doch nicht so erfolgreich – oder nur mit Hilfe des Kollapses – oder nur mit Hilfe einer zusätzlichen Bewegungs- oder Führungs-Glg. – man kann es drehen, wie man will: die Schrödinger-Glg. ist offensichtlich unzureichend!
Es sei denn, wenn man Superpositionen für tatsächlich real auffasst. Das geht aber schon krass in Richtung Vergegenständlichung von mathematischen Termen, finde ich.
Wenn ich recht verstehe, stellt die Schrödinger-Glg. lediglich rechnerisch die Menge an Möglichkeiten dar, aus der irgendein Eigenwert a_i^ψ genau mit dem Mess-Zustand a_i^M korreliert, den das „Teilchen“ mE. aus eigenen Randbedingungen heraus letztendlich einnimmt – und ich glaube, das tut es auch im Messakt voll determiniert! Es ist nur völlig aussichtslos, all die determinierenden Faktoren zu kennen, die das Objekt in diesen Zustand treiben. Im Grunde gibt es tatsächlich überhaupt keine „Berührung“ zwischen Eigenwerten und Messwerten; schwer zu glauben, dass errechnete Möglichkeiten tatsächlich real sein sollen.
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Aug 2022 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Das ist durchaus nicht falsch, aber unbefriedigend. Stelle dir vor, man könnte beweisen, dass Pflanzen etwas fühlen. Dann hätten Veganer ein Problem.

Letzteres wäre kein Problem der Physik. Und damit ersteres funktioniert, müsstest du definieren, was Gefühle sind. Solange immer nur von Qualia, Gefühlen usw. die Rede ist, ohne dass eine Definition vorliegt, ist es viel unbefriedigender, diesen Qualia - von denen man nichts präzises sagen kann - etwas metaphysisches anzudichten.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Solange es noch Wahrscheinlichkeiten gibt, kann man nicht von Lokalisierung sprechen. Eine Wahrscheinlichkeit bezieht sich auf ein mögliches Faktisches, ansonsten stimmt der Wortsinn nicht.

Du hast das Messproblem nicht verstanden.

Es hat nichts mit Lokalisierung zu tun, d.h. es existiert auch dann, wenn Lokalisierung sicher gegeben ist, und es existiert auch ohne Wahrscheinlichkeiten.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 08. Aug 2022 14:23, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 08. Aug 2022 13:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe deinen Post editiert statt zitiert, und dabei völlig zerschossen. Das tut mir leid, sorry! Kannst du das noch retten? Gruß Thomas

Ich konnte es rekonstruieren:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Das ist durchaus nicht falsch, aber unbefriedigend. Stelle dir vor, man könnte beweisen, dass Pflanzen etwas fühlen. Dann hätten Veganer ein Problem.

Letzteres wäre kein Problem der Physik. Und damit ersteres funktioniert, müsstest du definieren, was Gefühle sind. Solange immer nur von Qualia, Gefühlen usw. die Rede ist, ohne dass eine Definition vorliegt, ist es viel unbefriedigender, diesen Qualia - von denen man nichts präzises sagen kann - etwas metaphysisches anzudichten.

Entweder eine Pflanze fühlt etwas oder nicht. Wenn ersteres, dann sollte man auf sie um ihretwillen Rücksicht nehmen, wenn letzteres ist es unnötig.
Was ist daran unklar? Es gilt entweder a oder b.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Solange es noch Wahrscheinlichkeiten gibt, kann man nicht von Lokalisierung sprechen. Eine Wahrscheinlichkeit bezieht sich auf ein mögliches Faktisches, ansonsten stimmt der Wortsinn nicht.


Du hast das Messproblem nicht verstanden.

Es hat nichts mit Lokalisierung zu tun, d.h. es existiert auch dann, wenn Lokalisierung sicher gegeben ist, und es existiert auch ohne Wahrscheinlichkeiten.

Sehe ich anders.

a) Wenn die Wellenfunktion nahezu die Dirac-Delta-Funktion wäre, dann könnte man das als Teilchen sehen (war glaube ich die Idee von Schrödinger mit nicht zerfließenden Wellenpaketen).

b) Ohne Wahrscheinlichkeit ist alles sicher, da existiert per Definition kein Messproblem.

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Zuletzt bearbeitet von Sonnenwind am 08. Aug 2022 15:06, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Aug 2022 14:06    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte nur, dass du auch ein Interesse an einem Austausch hättest. Aber mein Eindruck ist, dass wenn etwas nicht in einer Gleichung formalisiert werden kann, es für dich irrelevant ist.

Ah, nein, keineswegs. Es ist nicht generell irrelevant, es ist nur für mich im physikalischen Kontext irrelevant.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Dieses Messproblem - in unterschiedlichen Formulierungen - ist bis heute ungelöst.

Das wundert mich gar nicht! Ich verstehe nicht, warum man so an der Schrödinger-Glg. klebt; wenn sie nur unitäre, aber keine natürlichen, nicht-unitären Vorgänge beschreiben kann, dann ist sie wohl doch nicht so erfolgreich – oder nur mit Hilfe des Kollapses – oder nur mit Hilfe einer zusätzlichen Bewegungs- oder Führungs-Glg. – man kann es drehen, wie man will: die Schrödinger-Glg. ist offensichtlich unzureichend!

Warum offensichtlich?

Dein Denkfehler besteht evtl. darin, dass du die Quantenmechanik zu sehr durch die Brille „Wahrscheinlichkeit“, „Kollaps“ usw. siehst. Lass das doch alles mal beiseite.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Es sei denn, wenn man Superpositionen für tatsächlich real auffasst. Das geht aber schon krass in Richtung Vergegenständlichung von mathematischen Termen, finde ich.

Was ist denn schlimm daran, etwas als real aufzufassen, was - nach allem was man weiß - auch in gewisser Weise zutrifft?

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich recht verstehe, stellt die Schrödinger-Glg. lediglich rechnerisch die Menge an Möglichkeiten dar, aus der irgendein Eigenwert a_i^ψ genau mit dem Mess-Zustand a_i^M korreliert, den das „Teilchen“ mE. aus eigenen Randbedingungen heraus letztendlich einnimmt – und ich glaube, das tut es auch im Messakt voll determiniert!

Wenn ich dich richtig verstehe und du das schlüssig darlegen könntest, hättest du das Messproblem gelöst.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Es ist nur völlig aussichtslos, all die determinierenden Faktoren zu kennen, die das Objekt in diesen Zustand treiben.

Ich denke nicht, dass man zeigen kann, dass das Problem alleine auf Unwissenheit zurückzuführen ist. Evtl. ist index_razor dazu der bessere Gesprächspartner.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Im Grunde gibt es tatsächlich überhaupt keine „Berührung“ zwischen Eigenwerten und Messwerten; schwer zu glauben, dass errechnete Möglichkeiten tatsächlich real sein sollen.

Hier gehen zwei Dinge durcheinander.

1) Die Beziehung zwischen Eigenwerten und Messwerten ist ein mathematisches Problem, und nach meinem Verständnis im Zusammenhang mit der Dekohärenz für gewisse Systeme gelöst.

2) Der Zusammenhang zwischen Möglichkeiten und Messwerten ist evtl. nur ein Vorurteil, wenn man die Quantenmechanik als Theorie von Möglichkeiten auffasst.

Die viele-Welten-Interpretation tut dies nicht, und die thermal Interpretation wohl auch nicht; zu letzterer verweise ich wieder auf index_razor.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 09. Aug 2022 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

Erstens: Ich habe den versehentlich gelöschten Beitrag von mir wieder rekonstruiert (ein Stück weiter oben).

Zweitens:
TomS hat Folgendes geschrieben:
2) Der Zusammenhang zwischen Möglichkeiten und Messwerten ist evtl. nur ein Vorurteil, wenn man die Quantenmechanik als Theorie von Möglichkeiten auffasst.

Ich verstehe immer noch nicht, was die Welle nun sein soll.

a) Wenn sie eine Wahrscheinlichkeit erzeugt (über Betragsquadrat), so ist diese Wahrscheinlichkeit für was?

b) Wenn sie keine Wahrscheinlichkeit erzeugt, was ist sie sonst?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Aug 2022 19:53    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe immer noch nicht, was die Welle nun sein soll.

a) Wenn sie eine Wahrscheinlichkeit erzeugt (über Betragsquadrat), so ist diese Wahrscheinlichkeit für was?

b) Wenn sie keine Wahrscheinlichkeit erzeugt, was ist sie sonst?


Darauf hat natürlich jede Interpretation ihre eigene Antwort. Hier ist z.B. die der erwähnten Thermal Interpretation.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Aug 2022 20:26    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe immer noch nicht, was die Welle nun sein soll.

a) Wenn sie eine Wahrscheinlichkeit erzeugt (über Betragsquadrat), so ist diese Wahrscheinlichkeit für was?

b) Wenn sie keine Wahrscheinlichkeit erzeugt, was ist sie sonst?

Da wir im Experiment Wahrscheinlichkeiten beobachten, müssen diese in jeder Interpretation aus dem Zustand folgen. Da man einen Hilbertraum zugrundelegt, ist die exakte Formel, wie aus dem Zustand eine Wahrscheinlichkeit folgt, sogar eindeutig (Gleason‘s Theorem).

Allerdings muss diese Wahrscheinlichkeit nicht primär und nicht die ausschließliche Bedeutung des Zustandes sein. Z.B. folgt in der Newtonschen Mechanik aus statistisch verteilten Anfangszuständen auch statistisch verteilte Ergebnisse, d.h. jedes Ergebnis mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Dennoch ist die Newtonsche Mechanik nicht primär statistisch.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Aug 2022 20:47    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ich konnte es rekonstruieren

Danke für dein Verständnis.

Nochmal zu
TomS hat Folgendes geschrieben:
[Das Messproblem] hat nichts mit Lokalisierung zu tun, d.h. es existiert auch dann, wenn Lokalisierung sicher gegeben ist, und es existiert auch ohne Wahrscheinlichkeiten.

Betrachte Schrödingers Katze.

1) Das Messproblem hat nichts mit Lokalisierung zu tun:
Wenn du die Katze in der Kiste fixierst, bleibt ihre Lokalisierung unabhängig vom Ausgang „lebend“ oder „tot“ erhalten. Trotzdem würdest du von einem Messproblem sprechen, denn die unitäre Zeitentwicklung liefert einen Superpositionszustand „lebendig und tot“, die Beobachtung offensichtlich nicht. Das Problem existiert also auch für die Superpositionen von Eigenschaften, die sich nicht bzgl. der Lokalisierung voneinander unterscheiden wie „rechts“ und „links“. Lokalisierung ist ein Spezialfall.

2) Das Messproblem existiert bereits ohne Wahrscheinlichkeiten:
Wenn du nur ein einziges Experiment durchführst, kannst du keine Hypothese bzgl. einer Wahrscheinlichkeitsverteilung mittels der experimentellen Häufigkeiten überprüfen. Die Betrachtung von Wahrscheinlichkeiten ist also weder notwendig noch sinnvoll. Das Ergebnis der unitären Zeitentwicklung ist außerdem ein eindeutiger Superpositionszustand „lebendig und tot“, der jedoch nicht der ebenfalls eindeutigen Beobachtung z.B. „lebendig“ entspricht. Du würdest also bereits ohne die Einführung von Wahrscheinlichkeiten von einem Messproblem sprechen.

Siehe außerdem oben:

Zitat:
Maudlin zeigt, dass die folgenden drei Aussagen zusammengenommen inkonsistent sind:
1) Der Zustandsvektor beschreibt das System vollständig (insbs. keine verborgenen Variablen)
2) Der Zustandsvektor folgt immer einer linearen Zeitentwicklung (Schrödingergleichung).
3) Messungen haben immer ein definiertes Ergebnis (im Sinne einer definierten Eigenschaft bzgl. einer Observablen)

In dieser Formulierung des Messproblems spielen Lokalisierung und Wahrscheinlichkeiten keine Rolle.

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Anmeldungsdatum: 25.04.2022
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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 10. Aug 2022 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Betrachte Schrödingers Katze.

1) Das Messproblem hat nichts mit Lokalisierung zu tun:
Wenn du die Katze in der Kiste fixierst, bleibt ihre Lokalisierung unabhängig vom Ausgang „lebend“ oder „tot“ erhalten. [...]

Ich denke schon, dass sich bei einer toten Katze einige Teilchen an einer anderen Stelle befinden als bei einer lebendigen, wenn auch schwerer definierbar. Der Schwerpunkt des Blutes z.B. dürfte bei der toten Katze tiefer liegen als bei der lebendigen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
2) Das Messproblem existiert bereits ohne Wahrscheinlichkeiten:
Wenn du nur ein einziges Experiment durchführst, kannst du keine Hypothese bzgl. einer Wahrscheinlichkeitsverteilung mittels der experimentellen Häufigkeiten überprüfen. Die Betrachtung von Wahrscheinlichkeiten ist also weder notwendig noch sinnvoll. Das Ergebnis der unitären Zeitentwicklung ist außerdem ein eindeutiger Superpositionszustand „lebendig und tot“, der jedoch nicht der ebenfalls eindeutigen Beobachtung z.B. „lebendig“ entspricht. Du würdest also bereits ohne die Einführung von Wahrscheinlichkeiten von einem Messproblem sprechen.

Man kann sich darüber streiten, ob Wahrscheinlichkeiten schon vor Häufigkeiten definiert werden können. Der Superpositionszustand jedenfalls wird in der QM auch mit Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Ausprägungen angegeben.

Warum betrachten wir nicht das einfachste Paradoxon der QM überhaupt?

https://de.frwiki.wiki/wiki/Paradoxe_de_de_Broglie

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 10. Aug 2022 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Man kann sich darüber streiten, ob Wahrscheinlichkeiten schon vor Häufigkeiten definiert werden können.


Natürlich kann man Wahrscheinlichkeiten unabhängig von Häufigkeiten definieren. Das kann man kaum als strittig bezeichnen.

Zitat:

Warum betrachten wir nicht das einfachste Paradoxon der QM überhaupt?

https://de.frwiki.wiki/wiki/Paradoxe_de_de_Broglie


Das sieht eher nach einer verschwurbelten Beschreibung einer Variante des EPR-Paradoxons aus. Man präpariert einen Zustand mit zwei unbestimmten Observablen -- hier die Projektoren --, die aber perfekt korreliert sind. Daraus allein folgt keine Unvollständigkeit. Man muß zumindest noch voraussetzen, daß der "Meßwert" der einen Observable genauer ist als ihre Unschärfe. Dafür gibt es keine Garantie. Und wenn dies nicht der Fall ist, sind die Voraussetzungen des EPR-Kriteriums verletzt. Denn wir können nicht "mit Sicherheit" eine Eigenschaft des Systems aus der ersten Messung vorhersagen. Wir können sie nur mit derselben Unsicherheit "vorhersagen", die sie schon vor der Messung hatte. Wir können zwar mit relativ großer Sicherheit den zweiten Meßwert vorhersagen. Aber das zugehörige "Element der Realität" ist eine Eigenschaft des zweiten Meßgeräts, nicht des Teilchens in der Kiste.

Natürlich führt das wiederum auf die Frage, woher das zweite Meßgerät "weiß", was das erste angezeigt hat. Aber die Korrelation ist eine Eigenschaft des Gesamtsystems. Und beide Messungen finden im Vorwärtslichtkegel des Präparationsereignisses statt, welches die Korrelation erzeugt. Es muß also keinen kausalen Einfluß des ersten Meßgeräts auf das zweite geben. Sie müssen nur beide kausal durch den Zustand des "Teilchens" beeinflußt sein. Dieser enthält zum Zeitpunkt der Messung eine nichtlokale Korrelation. Also können auch die Meßwerte der nichtlokalen Messungen korreliert sein, ohne offensichtliche Probleme mit Einstein-Kausalität.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Aug 2022 13:25    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ich denke schon, dass sich bei einer toten Katze einige Teilchen an einer anderen Stelle befinden als bei einer lebendigen, wenn auch schwerer definierbar.

Dennoch ist die Definition von tot und lebendig nicht an Lokalisierung gebunden; Gehirnströme wären ein weiteres Beispiel.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Man kann sich darüber streiten, ob Wahrscheinlichkeiten schon vor Häufigkeiten definiert werden können. Der Superpositionszustand jedenfalls wird in der QM auch mit Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Ausprägungen angegeben.

Natürlich kann ich Wahrscheinlichkeiten mathematisch ohne Häufigkeiten einführen; letztere benötige ich erst für die Überprüfung.

Du argumentierst falsch herum. Ich sage, dass X nicht notwendig ist, um M zu verstehen. Du sagst mir, dass man mittels X gewisse Aspekte von M diskutieren kann; ja, kann man, das schließe ich auch gar nicht aus.

Siehe trotzdem nochmals Maudlin. Einfacher kann man es nicht mehr sagen.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 10. Aug 2022 23:02, insgesamt einmal bearbeitet
Sonnenwind



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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 10. Aug 2022 15:39    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Warum betrachten wir nicht das einfachste Paradoxon der QM überhaupt?

https://de.frwiki.wiki/wiki/Paradoxe_de_de_Broglie

Das sieht eher nach einer verschwurbelten Beschreibung einer Variante des EPR-Paradoxons aus.

Bei EPR braucht man zwei Teilchen, hier eines.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Natürlich führt das wiederum auf die Frage, woher das zweite Meßgerät "weiß", was das erste angezeigt hat. Aber die Korrelation ist eine Eigenschaft des Gesamtsystems. Und beide Messungen finden im Vorwärtslichtkegel des Präparationsereignisses statt, welches die Korrelation erzeugt. Es muß also keinen kausalen Einfluß des ersten Meßgeräts auf das zweite geben. Sie müssen nur beide kausal durch den Zustand des "Teilchens" beeinflußt sein. Dieser enthält zum Zeitpunkt der Messung eine nichtlokale Korrelation. Also können auch die Meßwerte der nichtlokalen Messungen korreliert sein, ohne offensichtliche Probleme mit Einstein-Kausalität.

Ich finde das viel zu kompliziert ausgedrückt gegenüber einem Amateur.

Es ist doch ganz einfach: "Das Teilchen ist schon vor der Messung in einer Kiste" oder "Das Teilchen realisiert sich erst durch die Messung".

Es ist erlaubt, dazu eine Meinung zu haben.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 10. Aug 2022 15:58    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Warum betrachten wir nicht das einfachste Paradoxon der QM überhaupt?

https://de.frwiki.wiki/wiki/Paradoxe_de_de_Broglie

Das sieht eher nach einer verschwurbelten Beschreibung einer Variante des EPR-Paradoxons aus.

Bei EPR braucht man zwei Teilchen, hier eines.


Nein, man braucht in beiden Fällen zwei korrelierte Observablen mit individuell unscharfen Werten und eine Situation, in der ausgeschlossen ist, daß die Messung der einen Observable den Wert der anderen beeinflußt. Das ist alles. Aus wievielen "Teilchen" das System besteht, ist vollkommen egal.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Natürlich führt das wiederum auf die Frage, woher das zweite Meßgerät "weiß", was das erste angezeigt hat. Aber die Korrelation ist eine Eigenschaft des Gesamtsystems. Und beide Messungen finden im Vorwärtslichtkegel des Präparationsereignisses statt, welches die Korrelation erzeugt. Es muß also keinen kausalen Einfluß des ersten Meßgeräts auf das zweite geben. Sie müssen nur beide kausal durch den Zustand des "Teilchens" beeinflußt sein. Dieser enthält zum Zeitpunkt der Messung eine nichtlokale Korrelation. Also können auch die Meßwerte der nichtlokalen Messungen korreliert sein, ohne offensichtliche Probleme mit Einstein-Kausalität.

Ich finde das viel zu kompliziert ausgedrückt gegenüber einem Amateur.


Für einen "Amateur" bist du ja auch nicht gerade zurückhaltend mit deinen Behauptungen. Manchmal könnte auch Nachfragen helfen.

Zitat:

Es ist doch ganz einfach: "Das Teilchen ist schon vor der Messung in einer Kiste" oder "Das Teilchen realisiert sich erst durch die Messung".

Es ist erlaubt, dazu eine Meinung zu haben.


Habe ich dir deine Meinung verboten? Ich habe nur den Artikel kommentiert, den du verlinkt hattest. Dort wird behauptet, das Gedankenexperiment zeige die Unvollständigkeit der Quantenmechanik. Das stimmt aber nicht. Die Unvollständigkeit folgt nur mit der nicht explizit erwähnten Zusatzannahme, daß die Voraussetzung des EPR-Kriteriums erfüllt ist (insbesondere der Teil "...we can predict with certainty the value of a physical quantity"). Das erscheint vielen offensichtlich. Es hängt aber wiederum von der Interpretation des Formalismus ab.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 10. Aug 2022 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Warum betrachten wir nicht das einfachste Paradoxon der QM überhaupt?

https://de.frwiki.wiki/wiki/Paradoxe_de_de_Broglie

Das sieht eher nach einer verschwurbelten Beschreibung einer Variante des EPR-Paradoxons aus.

Bei EPR braucht man zwei Teilchen, hier eines.

Nein, man braucht in beiden Fällen zwei korrelierte Observablen mit individuell unscharfen Werten und eine Situation, in der ausgeschlossen ist, daß die Messung der einen Observable den Wert der anderen beeinflußt. Das ist alles. Aus wievielen "Teilchen" das System besteht, ist vollkommen egal.

Bei EPR versucht man mit einem Trick an einem Teilchen den Ort und am anderen den Impuls zu messen (oder zwei Spinrichtungen). Bei den Kisten geht es nur um den Ort eines Teilchens. Was sind hier die komplementären Größen?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es ist doch ganz einfach: "Das Teilchen ist schon vor der Messung in einer Kiste" oder "Das Teilchen realisiert sich erst durch die Messung".

Es ist erlaubt, dazu eine Meinung zu haben.

Habe ich dir deine Meinung verboten?

Ich habe nicht gemeint, dass du mir meine Meinung verbietest, sondern bitte dich deine zu äußern. Und es ist auch egal, ob die am Schluss falsch ist, besser als keine Meinung. Wer hat also deiner Meinung nach Recht, Einstein oder Bohr?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe nur den Artikel kommentiert, den du verlinkt hattest. Dort wird behauptet, das Gedankenexperiment zeige die Unvollständigkeit der Quantenmechanik. Das stimmt aber nicht. Die Unvollständigkeit folgt nur mit der nicht explizit erwähnten Zusatzannahme, daß die Voraussetzung des EPR-Kriteriums erfüllt ist (insbesondere der Teil "...we can predict with certainty the value of a physical quantity"). Das erscheint vielen offensichtlich. Es hängt aber wiederum von der Interpretation des Formalismus ab.

Reden wir vom selben Link? Da steht doch gar nichts auf Englisch.
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Beitrag index_razor Verfasst am: 10. Aug 2022 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Warum betrachten wir nicht das einfachste Paradoxon der QM überhaupt?

https://de.frwiki.wiki/wiki/Paradoxe_de_de_Broglie

Das sieht eher nach einer verschwurbelten Beschreibung einer Variante des EPR-Paradoxons aus.

Bei EPR braucht man zwei Teilchen, hier eines.

Nein, man braucht in beiden Fällen zwei korrelierte Observablen mit individuell unscharfen Werten und eine Situation, in der ausgeschlossen ist, daß die Messung der einen Observable den Wert der anderen beeinflußt. Das ist alles. Aus wievielen "Teilchen" das System besteht, ist vollkommen egal.

Bei EPR versucht man mit einem Trick an einem Teilchen den Ort und am anderen den Impuls zu messen (oder zwei Spinrichtungen).


Der springende Punkt ist, daß man aus der Ortsmessung am einen Teilchen sofort auf den Ort des anderen Teilchens schließen kann, obwohl das andere Teilchen in einem Zustand mit unbestimmtem Ort ist, der nicht durch die erste Messung gestört wurde. (Die beiden Orte sind in diesem Fall die korrelierten Größen, von denen ich die ganze Zeit spreche.) Dasselbe kann man auch für den Impuls machen. Nach dem EPR-Kriterium gehört also sowohl zum Ort als auch zum Impuls des zweiten Teilchens ein Element der Realität. Wegen der Nichtvertauschbarkeit kann aber die QM diesen beiden Elementen nicht gleichzeitig eine physikalische Größe zuordnen. Daraus schließen EPR die Unvollständigkeit.

Die Komplementarität von Ort und Impuls benutzen EPR nur, um deutlich zu machen, daß die QM keine Chance hat ihr Realismus-Kriterium zu erfüllen. Aber sie ist m.E. nicht wesentlich für die Schlußfolgerung der Unvollständigkeit. (Scheinbar läßt sich ja aus der Messung und dem Zustand "mit Sicherheit" mehr vorhersagen, als aus dem Zustand allein. Also beschreibt -- scheinbar(!) -- der Zustand die Realität nicht vollständig.) Wenn sie es wäre, wäre das aber lediglich ein weiterer Kritikpunkt an dem Argument aus dem Artikel. Meinen Kommentar trifft dies nicht. So oder so zeigt der Artikel nicht, was er behauptet.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Es ist doch ganz einfach: "Das Teilchen ist schon vor der Messung in einer Kiste" oder "Das Teilchen realisiert sich erst durch die Messung".

Es ist erlaubt, dazu eine Meinung zu haben.

Habe ich dir deine Meinung verboten?

Ich habe nicht gemeint, dass du mir meine Meinung verbietest, sondern bitte dich deine zu äußern. Und es ist auch egal, ob die am Schluss falsch ist, besser als keine Meinung.


Du glaubst ich hätte mir selbst eine Meinung dazu verboten? Das ist ja noch seltsamer.

Die zweite Aussage stimmt nicht. Die erste ist vage. Wenn gemeint ist, daß vor der Messung der Ort x des Teilchens innerhalb der Kiste liegt, , dann ist sie auch falsch. Wie gesagt, ich assoziiere nicht die einzelnen Elemente des Spektrums (z.B. des Ortsoperators) mit den realen Eigenschaften des Systems, sondern lediglich Größen, die sich eindeutig aus dem Zustand berechnen lassen. "Der Ort" liegt nun eben außerhalb von , genauso wie z.B. der gemeinsame Schwerpunkt von und . Eine Ortsmessung ergibt diesen Wert höchstens mit der Genauigkeit der laut Voraussetzung makroskopischen Unschärfe. Das ist schon alles.

"Das Teilchen befindet sich vor der Messung in der Kiste", könnte aber auch bedeuten . Das ist dann natürlich trivialerweise richtig. (Weil es, soweit ich verstehe, vorausgesetzt wurde.)


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe nur den Artikel kommentiert, den du verlinkt hattest. Dort wird behauptet, das Gedankenexperiment zeige die Unvollständigkeit der Quantenmechanik. Das stimmt aber nicht. Die Unvollständigkeit folgt nur mit der nicht explizit erwähnten Zusatzannahme, daß die Voraussetzung des EPR-Kriteriums erfüllt ist (insbesondere der Teil "...we can predict with certainty the value of a physical quantity"). Das erscheint vielen offensichtlich. Es hängt aber wiederum von der Interpretation des Formalismus ab.

Reden wir vom selben Link? Da steht doch gar nichts auf Englisch.


Genau deswegen sprach ich ja auch von der "nicht explizit erwähnten Zusatzannahme." Ohne sie folgt aber die Behauptung nicht. Mein Punkt ist genau der, daß nach der Messung von genauso wenig wie vorher der Wert von mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Dieser Wert besitzt die Unsicherheit , sowohl vor wie nach der Messung, zumindest wenn die Messung den Zustand nicht stört. Wenn doch, folgt über die Vollständigkeit aus dem EPR-Kriterium ohnehin nichts mehr.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 11. Aug 2022 12:18    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die zweite Aussage stimmt nicht. Die erste ist vage. Wenn gemeint ist, daß vor der Messung der Ort x des Teilchens innerhalb der Kiste liegt, , dann ist sie auch falsch. Wie gesagt, ich assoziiere nicht die einzelnen Elemente des Spektrums (z.B. des Ortsoperators) mit den realen Eigenschaften des Systems, sondern lediglich Größen, die sich eindeutig aus dem Zustand berechnen lassen. "Der Ort" liegt nun eben außerhalb von , genauso wie z.B. der gemeinsame Schwerpunkt von und . Eine Ortsmessung ergibt diesen Wert höchstens mit der Genauigkeit der laut Voraussetzung makroskopischen Unschärfe. Das ist schon alles.

Den Erwartungswert des Ortes bei zwei weit entfernten Kisten zu berechnen ergäbe auch klassisch keinen Sinn, das ist etwa so sinnvoll wie das durchschnittliche Geschlecht einer gemischten Menschengruppe anzugeben.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist genau der, daß nach der Messung von genauso wenig wie vorher der Wert von mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Dieser Wert besitzt die Unsicherheit , sowohl vor wie nach der Messung, zumindest wenn die Messung den Zustand nicht stört. Wenn doch, folgt über die Vollständigkeit aus dem EPR-Kriterium ohnehin nichts mehr.

Vor der Messung ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in der Kiste zu finden, aus Symmetriegründen jeweils 1/2. Schaue ich in Paris in die Kiste und finde das Teilchen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in der Kiste in Tokio zu finden augenblicklich null. Dazu brauche ich keine komplizierten Formeln.

Ich glaube jedenfalls nicht, dass du verstanden hast, worum es beim de-Broglie-Paradoxon geht.

Im Link steht:

>>
Paradox

Wenn wir das Elektron als reales Objekt betrachten, kann es sich nur in einer der beiden Boxen befinden.

Wenn wir den theoretischen Überlegungen der Quantenmechanik folgen, befindet sich das Elektron notwendigerweise gleichzeitig in beiden Boxen.
<<

Hast du dazu eine Meinung?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Aug 2022 12:54    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die zweite Aussage stimmt nicht. Die erste ist vage. Wenn gemeint ist, daß vor der Messung der Ort x des Teilchens innerhalb der Kiste liegt, , dann ist sie auch falsch. Wie gesagt, ich assoziiere nicht die einzelnen Elemente des Spektrums (z.B. des Ortsoperators) mit den realen Eigenschaften des Systems, sondern lediglich Größen, die sich eindeutig aus dem Zustand berechnen lassen. "Der Ort" liegt nun eben außerhalb von , genauso wie z.B. der gemeinsame Schwerpunkt von und . Eine Ortsmessung ergibt diesen Wert höchstens mit der Genauigkeit der laut Voraussetzung makroskopischen Unschärfe. Das ist schon alles.

Den Erwartungswert des Ortes bei zwei weit entfernten Kisten zu berechnen ergäbe auch klassisch keinen Sinn,


Ich habe auch nichts vom "Erwartungswert des Ortes" gesagt. Dieser Begriff stammt aus der statistischen Interpretation.

Zitat:
das ist etwa so sinnvoll wie das durchschnittliche Geschlecht einer gemischten Menschengruppe anzugeben.


Ich rede auch nicht von irgendeinem "Durchschnitt" in irgendeiner "Gruppe", sondern von einer Eigenschaft eines individuellen Quantensystems. Für Details siehe das oben verlinkte Preprint.

Daß sich dieses "Paradoxon" allein aus deiner Interpretation des Formalismus ergibt, versuche ich dir ja die ganze Zeit klar zu machen. Daß die Wellenfunktion lediglich die Wahrscheinlichkeitsamplitude irgendwelcher "Meßwerte" repräsentiert, ist dir offenbar so gründlich eingehämmert worden, daß du gar nicht mehr in der Lage bist, dies in Frage zu stellen und völlig unbewußt in jedem Argument voraussetzt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist genau der, daß nach der Messung von genauso wenig wie vorher der Wert von mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Dieser Wert besitzt die Unsicherheit , sowohl vor wie nach der Messung, zumindest wenn die Messung den Zustand nicht stört. Wenn doch, folgt über die Vollständigkeit aus dem EPR-Kriterium ohnehin nichts mehr.

Vor der Messung ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in der Kiste zu finden, aus Symmetriegründen jeweils 1/2. Schaue ich in Paris in die Kiste und finde das Teilchen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in der Kiste in Tokio zu finden augenblicklich null.


Das ist vielleicht deine Interpretation, aber nicht meine. Ich habe weder von Wahrscheinlichkeiten noch von Erwartungswerten gesprochen. Deswegen ergibt sich für mich auch kein Paradoxon.

Zitat:

Dazu brauche ich keine komplizierten Formeln.

Ich glaube jedenfalls nicht, dass du verstanden hast, worum es beim de-Broglie-Paradoxon geht.


Ist das nun deine Meinung als "Amateur"? Vielleicht wird es Zeit, daß du mal erklärst, worin denn nun das Paradoxon besteht.

Zitat:

Im Link steht:

>>
Paradox

Wenn wir das Elektron als reales Objekt betrachten, kann es sich nur in einer der beiden Boxen befinden.

Wenn wir den theoretischen Überlegungen der Quantenmechanik folgen, befindet sich das Elektron notwendigerweise gleichzeitig in beiden Boxen.
<<

Hast du dazu eine Meinung?


Ja, die erste Aussage ist falsch, die zweite bestenfalls mehrdeutig. (Zur Auflösung der Mehrdeutigkeit verweise ich nochmal auf meinen letzten Beitrag.) Und die Argumentation des Artikels ist darüber hinaus noch vollkommen konfus.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 11. Aug 2022 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe auch nichts vom "Erwartungswert des Ortes" gesagt. Dieser Begriff stammt aus der statistischen Interpretation.

"Der Ort" ist zufällig ganz exakt der Erwartungswert des Ortes in der QM.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Daß sich dieses "Paradoxon" allein aus deiner Interpretation des Formalismus ergibt, versuche ich dir ja die ganze Zeit klar zu machen. Daß die Wellenfunktion lediglich die Wahrscheinlichkeitsamplitude irgendwelcher "Meßwerte" repräsentiert, ist dir offenbar so gründlich eingehämmert worden, daß du gar nicht mehr in der Lage bist, dies in Frage zu stellen und völlig unbewußt in jedem Argument voraussetzt.

Ich folge dem, was jeder sagt, überall steht und auch logisch ist (Kontinuitätsgleichung, Ehrenfest-Theorem), darum bin ich jetzt der Böse?

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Im Link steht:

>>
Paradox

Wenn wir das Elektron als reales Objekt betrachten, kann es sich nur in einer der beiden Boxen befinden.

Wenn wir den theoretischen Überlegungen der Quantenmechanik folgen, befindet sich das Elektron notwendigerweise gleichzeitig in beiden Boxen.
<<

Hast du dazu eine Meinung?

Ja, die erste Aussage ist falsch, die zweite bestenfalls mehrdeutig. (Zur Auflösung der Mehrdeutigkeit verweise ich nochmal auf meinen letzten Beitrag.) Und die Argumentation des Artikels ist darüber hinaus noch vollkommen konfus.

Und was wäre dann die dritte Möglichkeit? Wäre es möglich, das so zu erklären, dass es ein weites Publikum hier versteht? Mal zur Abwechslung mehr Worte als Formeln?

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Aug 2022 18:15    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe auch nichts vom "Erwartungswert des Ortes" gesagt. Dieser Begriff stammt aus der statistischen Interpretation.

"Der Ort" ist zufällig ganz exakt der Erwartungswert des Ortes in der QM.


Das ist kein Zufall. Es handelt sich um zwei verschiedene Interpretationen derselben Größe. Alle Paradoxien, die du hier auftischt, entstehen nur aus deiner Interpretation des Formalismus. Was ist daran so schwer zu verstehen?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Daß sich dieses "Paradoxon" allein aus deiner Interpretation des Formalismus ergibt, versuche ich dir ja die ganze Zeit klar zu machen. Daß die Wellenfunktion lediglich die Wahrscheinlichkeitsamplitude irgendwelcher "Meßwerte" repräsentiert, ist dir offenbar so gründlich eingehämmert worden, daß du gar nicht mehr in der Lage bist, dies in Frage zu stellen und völlig unbewußt in jedem Argument voraussetzt.

Ich folge dem, was jeder sagt, überall steht und auch logisch ist (Kontinuitätsgleichung, Ehrenfest-Theorem), darum bin ich jetzt der Böse?


Der Böse? Wovon redest du eigentlich? Du hast mich nach meiner Meinung gefragt. Das war sie. Welche Ansicht du hier wiedergibst, weiß ich längst. Allerdings folgen "aus dem, was jeder sagt" eben genau die Interpretationsprobleme, mit denen du dich hier rumschlägst.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Im Link steht:

>>
Paradox

Wenn wir das Elektron als reales Objekt betrachten, kann es sich nur in einer der beiden Boxen befinden.

Wenn wir den theoretischen Überlegungen der Quantenmechanik folgen, befindet sich das Elektron notwendigerweise gleichzeitig in beiden Boxen.
<<

Hast du dazu eine Meinung?

Ja, die erste Aussage ist falsch, die zweite bestenfalls mehrdeutig. (Zur Auflösung der Mehrdeutigkeit verweise ich nochmal auf meinen letzten Beitrag.) Und die Argumentation des Artikels ist darüber hinaus noch vollkommen konfus.

Und was wäre dann die dritte Möglichkeit? Wäre es möglich, das so zu erklären, dass es ein weites Publikum hier versteht? Mal zur Abwechslung mehr Worte als Formeln?


Ehrlich gesagt glaube ich, es macht überhaupt keinen Unterschied, mit wievielen Worten oder Formeln man dir etwas erklärt. Meine Erklärung steht oben (übrigens mit deutlich mehr Worten, als Formeln). Wenn du dazu noch etwas wissen willst, dann stell eine konkrete Frage.

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