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Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie
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Haudegen007
Gast





Beitrag Haudegen007 Verfasst am: 07. Jul 2022 08:44    Titel: Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo,
nachdem ich mich in den letzten Tagen mal etwas in die verschiedenen Interpretation der Quantenmechanik eingelesen habe, kam mir folgende Frage: muss die Viele Welten Interpretation nicht zwangsläufig die richtige Interpretation sein, da sie die einzige ist, die in der Kosmologie angewendet wird? Klar, es ist kein Beweis in dem Sinne (das gibt es ja im strengen Sinne in der Physik eh nicht), aber nicht zumindest ein Indiz?

Meine Ideen:
Das hört sich vielleicht etwas platt an, aber ich mag die Konsequenzen der Interpretation nicht. Gibt es noch andere Interpretationen, die mit der Quantenkosmologie verträglich sind (von mir aus auch nicht-realistische)?
Danke für eure Antworten.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Jul 2022 09:44    Titel: Antworten mit Zitat

Forenmitglied und MWI-Anhänger TomS sagt immer: "Es kommt auf deine philosophische Grundhaltung an". Wenn es stimmt was du sagst (wovon ich allerdings noch nicht überzeugt bin), dann könnte es auch einfach an der "philosophischen Grundhaltung" der Quantenkosmologen liegen, daß sie eine gewisse Präferenz für die MWI besitzen.

Ich bezweifle jedenfalls, daß sich irgendwelche zwingenden Gründe für die MWI aus der Quantenkosmologie ableiten lassen. Kennst du welche? Welche Interpretation ist nach deinem Verständnis nicht mit der Quantenkosmologie vereinbar und aus welchen Gründen?

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Jul 2022 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Danke ;-)

Zunächst folgt die MWI nach meinem Verständnis höchstens dann zwingend, wenn ich überhaupt den Anspruch habe, dass die Quantenmechanik die tatsächliche Realität vollständig beschreiben kann. Ob die MWI dann auch noch richtig ist - in welchem Sinne ist "richtig" zu verstehen - ist nochmal eine andere Frage.

Wenn es mir jedoch ausreichend erscheint, dass die Quantenmechanik Aussagen über Messungen an einem Teilsystem macht, dann kann ich das Universum beliebig - bzw. sinnvoll - in Quantensystem, Messgerät / Labor Umgebung / zerlegen (*). Dazu kann index_razor mehr sagen.

Ich habe durchaus einige Probleme mit der MWI, sie überzeugt mich (noch) nicht, aber das Kriterium "dass ich die Konsequenzen der Interpretation nicht mag" ist sicher kein wissenschaftlich sinnvolles Kriterium.

Was ich an der MWI bzw. am zugrunde legenden philosophischen Ansatz mag ist, dass sie mit der positivistischen Sichtweise aufräumt, Physik wäre nicht mit Fragen der Realität sondern nur mit Berechnung von Messergebnissen befasst, ohne dass daraus irgendwelche Aussagen über das folgen würden, was tatsächlich geschieht; für mich ist das positivistische Dogma irgendwo zwischen den drei Affen und Schwachsinn angesiedelt.

Welche weiteren Interpretationen im Rahmen der Quantenkosmologie eine Rolle spielen kann ich nur ansatzweise sagen; sicher die MWI und Carlo Rovelli’s Relational Quantum Mechanics, eher im Sinne von (*); mit letzterer habe ich mich nicht ausführlich befasst. Den realistischen, gravitationsinduzierten Kollaps von Penrose verfolgt nach meiner Wahrnehmung niemand mehr. Der Ansatz von de Broglie und Bohm ist mir in dem Umfeld noch nie über den Weg gelaufen.

https://en.wikipedia.org/wiki/Relational_quantum_mechanics
https://en.wikipedia.org/wiki/Penrose_interpretation

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Haudegen007
Gast





Beitrag Haudegen007 Verfasst am: 07. Jul 2022 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

Danke erstmal für die Antworten!

So wie ich es verstehe, wollen ja die Physiker mittels Quantenkosmologie das Universum als ganzes, ohne Beobachter beschreiben. Da aber die instrumentalistischen Interpretationen einen Beobachter benötigen, können sie dem nicht gerecht werden. So verstehe ich es zumindest.
willyengland



Anmeldungsdatum: 01.05.2016
Beiträge: 677

Beitrag willyengland Verfasst am: 07. Jul 2022 15:43    Titel: Antworten mit Zitat

Gerade gelesen (Spektrum):
bzgl. Annahme eines Multiversums/anthropischem Prinzip

"Man erklärt sich damit für geschlagen."

(Rafael Sorkin, Perimeter Institute Ontario)

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Gruß Willy
Haudegen007
Gast





Beitrag Haudegen007 Verfasst am: 07. Jul 2022 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

Und was willst du mit dem Zitat sagen? Ich kenne ja nicht mal den Zusammenhang in dem das Zitat entstanden ist...

Wäre aber noch interessant, wenn sich jemand dazu äußern kann, ob die nicht-realistischen Interpretationen auch in der Quantenkosmologie sinnvoll sein könnten.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Jul 2022 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

Haudegen007 hat Folgendes geschrieben:

Wäre aber noch interessant, wenn sich jemand dazu äußern kann, ob die nicht-realistischen Interpretationen auch in der Quantenkosmologie sinnvoll sein könnten.


Wie gesagt, mir fällt kein handfester Grund ein, warum irgendeine Interpretation in der Quantenkosmologie weniger sinnvoll sein sollte, als in irgendeinem anderen Zusammenhang. Es gibt zwar viel Gerede über die Rolle des "Beobachters" beim Meßprozeß. Aber da ohnehin keiner genau definieren kann, was ein "Beobachter" von anderen physikalischen Systemen und einen "Meßprozeß" von anderen Prozessen unterscheidet, glaube ich kaum, daß man daraus irgendwas zugunsten oder -ungunsten irgendeiner Interpretation ableiten kann.

Kannst du konkreter werden, welche Probleme du bei irgendeiner Interpretation im Hinblick auf die Quantenkosmologie siehst? Redest du vom Kollapspostulat? Oder wovon?

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Haudegen007
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Beitrag Haudegen007 Verfasst am: 07. Jul 2022 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ja genau,

gerade in der Mwi hat die Wellenfunktion einen universellen Charakter, da sie nicht kollabiert. Das ist aber gerade bei den Standardinterpretationen nicht der Fall, hier tritt ja der Kollaps ein.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Jul 2022 19:26    Titel: Antworten mit Zitat

Haudegen007 hat Folgendes geschrieben:
Ja genau,

gerade in der Mwi hat die Wellenfunktion einen universellen Charakter, da sie nicht kollabiert. Das ist aber gerade bei den Standardinterpretationen nicht der Fall, hier tritt ja der Kollaps ein.


Ja, aber nur wenn irgendein externes System ("Meßgerät") eine "Messung" vornimmt. Beim gesamten Universum gibt es ja kein "externes System", also gibt es auch keine "Messung" am gesamten Universum und der Zustand des gesamten Universums kollabiert nie. Ich sehe da erstmal kein besonderes Problem in bezug auf Quantenkosmologie.

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Haudegen007
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Beitrag Haudegen007 Verfasst am: 07. Jul 2022 19:56    Titel: Antworten mit Zitat

Da hast du natürlich recht. Sorry, da hatte ich wohl eine Blockade in meiner Überlegung. Danke dir!
willyengland



Anmeldungsdatum: 01.05.2016
Beiträge: 677

Beitrag willyengland Verfasst am: 08. Jul 2022 07:36    Titel: Antworten mit Zitat

Haudegen007 hat Folgendes geschrieben:
Und was willst du mit dem Zitat sagen?

Im Grunde wird damit gesagt, dass man keine Erklärung mehr sucht, sondern einfach sagt, es gibt das Multiversum, darum ist alles möglich, fertig.

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Gruß Willy
Haudegen007
Gast





Beitrag Haudegen007 Verfasst am: 08. Jul 2022 19:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ok,

Dann verstehe ich sein Zitat aber so, dass er gerade diesen Ansatz nicht begrüßt...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 09. Jul 2022 09:25    Titel: Antworten mit Zitat

Haudegen007 hat Folgendes geschrieben:
Dann verstehe ich sein Zitat aber so, dass er gerade diesen Ansatz nicht begrüßt...

Meiner Erinnerung nach befürwortet Sorkin diese Idee nicht. Viele lehnen sie explizit ab, andere akzeptieren sie zähneknirschend als das gegenwärtig kleinere Übel.

Man muss mal genauer analysieren, woher das Problem stammt.

Die Stringtheorie hält (wahrscheinlich) unendlich viele Lösungen bereit, von denen (höchstens) eine realisiert ist (wir wissen noch nicht mal, ob unser Universum bzw. das Standardmodell tatsächlich eine Näherungslösung der Stringtheorie ist). Vor vierzig Jahren war man noch der Meinung, dass es genau fünf konsistente Stringtheorien gäbe, heute zeichnet sich eher das Bild ab, dass man die eigentlich fundamentale Darstellung „der“ Stringtheorie überhaupt nicht kennt (oder sie evtl. nicht mal existiert), heute stellen sich diese Theorien eher als durch sogenannte Dualitäten verbundene gleichwertige Ansätze dar.

Insgs. ist das eher ein Rückschritt. Man dachte, die Mathematik der Stringtheorie wäre so restriktiv, dass sie letztlich eindeutige Ergebnisse produzieren würde - im Gegensatz zur Quantenfeldtheorie, für die man völlig problemlos unendlich viele verschiedene konkrete Modelle hinschreiben kann. Nun produziert die Stringtheorie jedoch gerade diese Modelle - als Näherungslösungen!

Nehmen wir an, wir hätten keine Ahnung von Quantenmechanik, Atom- und Kernphysik. Nehmen wir weiter an, wir wären flüssige Lebewesen in einem flüssigen Medium, hätten jedoch Intelligenz entwickelt. Nehmen wir außerdem an, einer unserer Physiker würde jetzt die Quantenmechanik sowie konkrete Modelle zur Atom- und Kernphysik entwickeln und präsentieren. Was würden wir von Lösungen wie Transuranen, Supraleitern, Kristallen, Bäumen, Luft, Sternen oder Schweinebraten halten?

Die String-Community ist sich noch nicht mal darüber im Klaren, mit was für einem Gebilde sie sich überhaupt befassen: einer Theorie, einer losen Sammlung oder einem Konstruktionsprinzip für Theorien oder Modelle? einer Art Sammlung effektiver Theorien (wie Thermodynamik, Hydrodynamik …) die auf eine noch unbekannte, fundamentale Theorie (Quantenmechanik) verweist?

Daraus jetzt konkrete Schlussfolgerungen abzuleiten ist schon gewagt …

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 29. Jul 2022 19:57    Titel: Re: Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie Antworten mit Zitat

Haudegen007 hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage:
Hallo,
nachdem ich mich in den letzten Tagen mal etwas in die verschiedenen Interpretation der Quantenmechanik eingelesen habe, kam mir folgende Frage: muss die Viele Welten Interpretation nicht zwangsläufig die richtige Interpretation sein, da sie die einzige ist, die in der Kosmologie angewendet wird? Klar, es ist kein Beweis in dem Sinne (das gibt es ja im strengen Sinne in der Physik eh nicht), aber nicht zumindest ein Indiz?


Interessante Frage! Und genauso interessant die Antwort, dass es auf die philosophische Grundhaltung ankommt, die aber auch das Problem der Vereinseitigung oder der Einschleichung subjektiver Bedürfnisse bzw. Wunschvorstellungen beinhaltet. So habe ich bei der Kopenhagener Interpretation stark den Eindruck, dass die Urheber unter allen Umständen ihre eigene Markierung hinterlassen wollten: Bohr seine Komplementarität (die er vom dänischen Philosophen Kierkegaard übernimmt), Born seine Statistik und Heisenberg seine Unschärfe – und alles natürlich intrinsisch: die Natur i s t dualistisch, statistisch, akausal und unscharf !

Ich glaube, der Dualismus beruht noch immer auf der Vorstellung, dass ein Teilchen ein „irgendwie“ fester Körper ist, der aufgrund der bewegten Masse einen Impuls erzeugen kann, was die dualistische Welle nicht kann! (was ich bezweifele.) Ein Atom als Entweder-Welle-Oder-Teilchen ist schwer vorstellbar: wie soll es zu einer Eigenschaft am Schirm kommen, die es am Spalt nicht implizit hatte? Wenn an einem Quant beide Eigenschaften ermittelt wurden, dann weist das doch stark auf ein Sowohl-Welle-Alsauch-Teilchen hin, vielleicht ein elastisches Feld, das bedingungsspezifisch reagiert: am Spalt mit Interferenz, am Schirm diskret.

Methodisch mag der Dualismus darauf beruhen, dass es keinen Formalismus gibt, der beide Eigenschaften vereinend beschreibt, sowohl eine kontinuierliche Phase, die aber abrupt in eine Wechselwirkung (nicht nur Messung!) übergehen kann, je nach Bedingungen.

Die VWI mag das versprechen, aber die Schrödinger-Glg. (von der bis heute niemand weiß, was sie wirklich bedeutet, soweit ich sehe) mit ihren schwebenden „Möglichkeiten“ für ein echtes Stück Realität zu halten und nicht für eine mathematische Konstruktion im fiktiven Hilbertraum, ist schon mathe-freakig oder – noch schlimmer – platonistisch! Wird hier nicht eine Mathematik hypostasiert und zur Realität befördert, anstatt das zu bleiben, was sie ist: eine Methode, die (Vielfalt der) Wahrnehmungen zu formalisieren, und auf einen Allgemeinen Ausdruck zu bringen, der möglichst alle (zumindest viele) Konkreta umfasst, wobei wegen der Voraussetzung (zB. Beschränkung auf Inertialsysteme, Identität der „Teilchen“) einige „Marginalien“ unter den Tisch fallen?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zunächst folgt die MWI nach meinem Verständnis höchstens dann zwingend, wenn ich überhaupt den Anspruch habe, dass die Quantenmechanik die tatsächliche Realität vollständig beschreiben kann.

Oha! „Vollständig“ ist aber sehr ambitioniert …! Wie willst du zB. entscheiden, wann „Vollständigkeit“ erreicht ist?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ob die MWI dann auch noch richtig ist - in welchem Sinne ist "richtig" zu verstehen - ist nochmal eine andere Frage.

Na, ich würde meinen, wenn wir eine Wahrnehmung (Objekte, Erscheinungen, o.ä.) verstehen wollen (vllt. können wir uns hier pragmatisch auf Heraklit einigen: „nach seiner Natur ein Jegliches zerlegend und erklärend, wie es sich verhält.”), dann ist es fast schon logisch zwingend, dass ich Selbiges auch als Referenz nehme und auf Übereinstimmung und Konsistenz prüfe.
Das ist nicht als naiver Empirismus gemeint, so schreiben es die Regeln der naturwissenschaftlichen „Datenverarbeitung“ schlicht vor, denn man kann ja durchaus die Auffassung vertreten, dass Erkenntnis idR. eine mathematisch codierte Datenverarbeitung der sinnlichen Wahrnehmungen resp. Mess- und Beobachtungsdaten ist; und die sind immer schon mal weniger als das „Ganze“; aber auch Qualitäten müssen uns nicht immer so erscheinen, wie sie an sich sind; ob die konstruierten Theoreme tatsächlich die Realität bzw. die tatsächliche Realität wiedergeben, können wir demnach nicht sicher entscheiden, aber wir tun so als ob … Ich glaube, mehr geht einfach nicht...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jul 2022 06:57    Titel: Re: Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
… aber die Schrödinger-Glg. … mit ihren schwebenden „Möglichkeiten“ für ein echtes Stück Realität zu halten und nicht für eine mathematische Konstruktion im fiktiven Hilbertraum, ist schon mathe-freakig oder – noch schlimmer – platonistisch!

Was ist daran denn das prinzipielle Problem? Realismus und Platonismus in der Physik waren und sind nicht verboten ;-)

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Wird hier nicht eine Mathematik hypostasiert und zur Realität befördert, anstatt das zu bleiben, was sie ist: eine Methode, die (Vielfalt der) Wahrnehmungen zu formalisieren …

Der Punkt ist, dass die Mathematik der Quantenmechanik - Hilbertraum, Schrödingergleichung … eben gerade nicht die „Wahrnehmungen formalisiert“. Sie tut dies an einer einzigen Stelle, nämlich in der Bornschen Regel.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Zunächst folgt die MWI nach meinem Verständnis höchstens dann zwingend, wenn ich überhaupt den Anspruch habe, dass die Quantenmechanik die tatsächliche Realität vollständig beschreiben kann.

Oha! „Vollständig“ ist aber sehr ambitioniert …! Wie willst du zB. entscheiden, wann „Vollständigkeit“ erreicht ist?

„Vollständig“ kann man streichen.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Na, ich würde meinen, wenn wir eine Wahrnehmung (Objekte, Erscheinungen, o.ä.) verstehen wollen (vllt. können wir uns hier pragmatisch auf Heraklit einigen: „nach seiner Natur ein Jegliches zerlegend und erklärend, wie es sich verhält.”), dann ist es fast schon logisch zwingend, dass ich Selbiges auch als Referenz nehme und auf Übereinstimmung und Konsistenz prüfe.
Das ist nicht als naiver Empirismus gemeint, so schreiben es die Regeln der naturwissenschaftlichen „Datenverarbeitung“ schlicht vor, denn man kann ja durchaus die Auffassung vertreten, dass Erkenntnis idR. eine mathematisch codierte Datenverarbeitung der sinnlichen Wahrnehmungen resp. Mess- und Beobachtungsdaten ist; und die sind immer schon mal weniger als das „Ganze“; aber auch Qualitäten müssen uns nicht immer so erscheinen, wie sie an sich sind; ob die konstruierten Theoreme tatsächlich die Realität bzw. die tatsächliche Realität wiedergeben, können wir demnach nicht sicher entscheiden, aber wir tun so als ob … Ich glaube, mehr geht einfach nicht...

Natürlich können wir dies nicht sicher entscheiden ;-)

Aber nochmal, der springende Punkt ist, dass die Mathematik der Quantenmechanik gerade nicht „eine mathematisch codierte Datenverarbeitung der sinnlichen Wahrnehmungen resp. Mess- und Beobachtungsdaten ist und … weniger [ist] als ,das Ganze‘“ - sie ist etwas völlig anderes als eine Formalisierung der Wahrnehmungen.

Da die Mathematik der Quantenmechanik gerade nichts mit unserer Wahrnehmungen zu tun hat, stellt sich die Frage, mit was hat sie dann zu tun?

Edit: Insofern sehe ich epistemische / positivistische / instrumentalistische Ansätze als inkonsistent und gescheitert an; sie gehen schlicht von einer falschen Voraussetzung aus (die Mathematik der Quantenmechanik beziehe sich auf die Wahrnehmungen). Sie können nur aufrechterhalten werden, wenn man vollständig leugnet, dass Naturwissenschaften und insbs. physikalische Theorien Erklärungen produzieren sollen. Da sich die mathematischen Methoden und Erklärungen der Quantenmechanik gerade nicht auf die Wahrnehmung beziehen, und nach der instrumentalistischen Position auch nicht auf eine objektiv gegebene Realität, beziehen sie sich logischerweise auf nichts. Damit bliebe als konsistente Alternative nur shut-up-and-calculate - oder eben eine Spielart des Realismus, der explizit annimmt, dass eine objektiv Realität mathematischen Gesetzmäßigkeiten folgt, die wir im Rahmen unserer Theorien in Teilen erfassen.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 30. Jul 2022 13:39    Titel: Re: Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Was ist daran denn das prinzipielle Problem? Realismus und Platonismus in der Physik waren und sind nicht verboten


Sollten sie aber! - Nein. War ein Scherz. ;-).

Das Problem hast du im letzten Satz deutlich gemacht: wenn der Physiker schon nicht mehr weiß, mit was er zu tun hat, es ihm aber reicht, sich relativ sicher und souverän im Handling eines „konsistenten“ Formalismus zu sein/zu fühlen, dann kommt dabei sowas heraus wie „… die den Spalt passierende Wellenfunktion …“, „der Kollaps des Quantensystems“ … „intrinsisch-reale Unschärfe, weil Heisenbergs Matrizenmechanik oder Schrödingers Wellenpaket oder Borns Statistik oder einfach nur der Dualismus … das fordern“ und infolgedessen „das Kausalgesetz seine Gültigkeit verliert“.

Das ist in meinen Augen eine etwas hilflose Vergegenständlichung der Mathematik und ein resignativer Verlust der Realitätsanbindung, weil er nicht wirklich versteht oder verstehen kann oder will, was da unten vor sich geht.
Ich bin derzeit noch davon überzeugt, dass e i n sensibler Punkt das sture Festhalten am Dualismus bzw. am kompakten Teilchenbild darstellt und es würde mich interessieren, warum du meine diesbezüglichen Gedanken ignorierst. Wenn sie eindeutig Unsinn sind, wüsste ich gerne warum – dann wäre ich ein Stückchen weiter (s. auch Zitat Rovelli am Schluss).

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der Punkt ist, dass die Mathematik der Quantenmechanik - Hilbertraum, Schrödingergleichung … eben gerade nicht die „Wahrnehmungen formalisiert“. Sie tut dies an einer einzigen Stelle, nämlich in der Bornschen Regel. ...
Natürlich können wir dies nicht sicher entscheiden 😉
Aber nochmal, der springende Punkt ist, dass die Mathematik der Quantenmechanik gerade nicht „eine mathematisch codierte Datenverarbeitung der sinnlichen Wahrnehmungen resp. Mess- und Beobachtungsdaten ist und … weniger [ist] als ,das Ganze‘“ – sie ist etwas völlig anderes als eine Formalisierung der Wahrnehmungen.


Nehme ich dir so nicht ab! Da bist du ja noch rigoroser als Heisenberg! Der rekurrierte wenigstens immer wieder sowohl methodisch alsauch sprachlich auf eine Anbindung an schon empirisch oder rational Bekanntem (was didaktisch auch sinnvoll ist), obwohl er zum Schluss ganz den rationalistischen Platoniker gibt, der aus e i n e m mentalen Gedanken (= die als substantiell aufgefassten mathematischen Bezüge, zB. Symmetriebetrachtungen) die gesamte materielle Welt ableiten will (vgl. Heisenberg, Physik und Philosophie bzw. Der Teil und das Ganze); das versuchte man schon seit Jahrhunderten vergeblich; der Rationalismus hat seine Berechtigung (wie übrigens auch der Positivismus), aber kein Recht auf Verabsolutierung! ich glaube, d e r Traum ist ausgeträumt.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich deine nur angedeuteten Ausführungen im Kontext deines Leitspruches richtig verstanden habe oder einordne – jedenfalls scheinst du kein philosophie-aversiver Instrumentalist zu sein.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Da die Mathematik der Quantenmechanik gerade nichts mit Wahrnehmungen zu tun hat, stellt sich die Frage, mit was hat sie dann zu tun?

Sag‘ du‘s mir! Du bist der Fachmann! Was sind deine Vorstellungen? Ich möchte hier nicht nur meinen vllt. laienhaften Sermon verbreiten, sondern auch lernen.

Ich habe eine ganze Berufslaufbahn hinter mich gebracht, ohne zu wissen, was Quantenmechanik ist. … sich mit den Grundlagen der Quantenmechanik zu befassen, ist ein Verlustgeschäft“ (St. Weinberg in: Sabine Hossenfelder, Das hässliche Universum, S.170)

Das ist doch traurig!

Die Variablen der (Schleifen-Quantengravitations- C.F.) Theorie beschreiben die Felder, welche die gewöhnliche Materie bilden, die Photonen, Elektronen, andere Bestandteile der Atome und das Gravitationsfeld, alle auf gleicher Ebene. … Die elementaren Körnchen (der granularen Felder, C.F.) leben nicht eingetaucht im Raum, vielmehr bilden sie ihn. Besser: Die Räumlichkeit der Welt ist das Netzwerk ihrer Wechselwirkungen. … Dieses Wechselwirken ist das Geschehen der Welt.“ C. Rovelli, Die Ordnung der Zeit, S104)

Das ist ermutigend! Granulare Felder. Genau das scheint mir die Aufhebung des Dualismus und die vereinigende Dialektik von Welle und „Teilchen“ zu sein! Sehe ich das richtig? Dann würde ich gerne mehr erfahren und mich etwas näher damit beschäftigen ...
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jul 2022 16:13    Titel: Re: Interpretation der Quantenmechanik in der Kosmologie Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:

Ich bin derzeit noch davon überzeugt, dass e i n sensibler Punkt das sture Festhalten am Dualismus bzw. am kompakten Teilchenbild darstellt und es würde mich interessieren, warum du meine diesbezüglichen Gedanken ignorierst.


Das halte ich für eine Fehleinschätzung. Es gibt keinen "Welle-Teilchen-Dualismus" in der Quantenmechanik. Kein Mensch spricht mehr von "Materiewellen" oder dergleichen. Und das Wort "Teilchen" ist in dem Zusammenhang nur eine Sprechweise für bestimmte quantenmechanische Zustände. Irgendwie muß man sie ja nennen. EDIT: Diese Zustände sind keine "Wellen" in irgendeinem relevanten Sinn des Wortes, denn sie gehorchen typischerweise keiner Wellengleichung. Das einzig "wellenartige" in der Quantenmechanik sind Quantenfelder. Da dies völlig andere Objekte sind, als die eben erwähnten "Teilchen", existiert hier auch kein irgendwie rätselhafter "Dualismus".

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Zuletzt bearbeitet von index_razor am 30. Jul 2022 16:49, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jul 2022 16:38    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric, ich weiß nicht, auf welche Quellen du dich beziehst …

Edit: index_razor hat recht!

„… die den Spalt passierende Wellenfunktion …“ u.ä. wirst du in sorgfältigen Darstellungen nicht finden. Ein „stures Festhalten am Dualismus bzw. am kompakten Teilchenbild“ ist überholt; jeder, der sich ernsthaft mit den Grundlagen der Quantenmechanik befasst, wird einen naiven Dualismus aus zig Gründen ablehnen. Weder ist das Quantensystem zugleich Welle und Teilchen, noch erscheint es einmal wellen- und einmal teilchenartig. Ein Elektron muss quantenmechanisch immer als Welle beschrieben werden, erscheint in der „klassischen Messung“ jedoch immer als Teilchen, wobei die Vertreter eines naiven Dualismus noch nicht mal definieren können, was genau eine Messung von einer quantenmechanischen Wechselwirkung unterscheidet. Das geht sich vorne und hinten nicht aus.

Und was genau nimmst du mir nicht ab? Dass der Formalismus der Quantenmechanik sich nicht mit einer empirischen Anbindung befasst? Das ist aber so. Und Heisenberg u.v.a. übersehen dies. Das einzige, was in der Quantenmechanik an die Wahrnehmung anknüpft, sind Eigenwerte d.h. Messwerte und Wahrscheinlichkeiten. Aber der mathematische zugrundeliegende Formalismus - Hilbertraum, Observablenalgebra, verschränkte Zustände … Pfadintegrale … quantisieren Eichtheorien … - hat schlicht nichts mit der Wahrnehmung zu tun. Arbeite mal ein Buch zur Quantenmechanik durch und unterstreiche alle Terme rot, die sich auf beobachtbare Größen beziehen … Selbst der Zusammenhang zwischen einer sogenannten Observablen und der entsprechenden Beobachtung oder Messung ist in der von Bohr, Heisenberg et al. vertretenen Lesart völlig obskur. Bereits in klassischen Eichtheorien werden mathematische Strukturen eingeführt, deren Wesen in ihrer Unbeobachtbarkeit besteht. Auch in der Relativitätstheorie ist das wesentliche Element - die Raumzeit als Riemannsche Mannigfaltig - unbeobachtbar.

Zu meiner rhetorischen Frage, was die Mathematik der Quantenmechanik beschreibt - unsere Wahrnehmungen nämlich gerade nicht - hatte ich meine Antwort schon gegeben: nach meiner Überzeugung folgt die objektiv gegebene Realität mathematischen Gesetzmäßigkeiten - insbs. auch ohne unser Zutun und ohne Beobachter - und unsere physikalischen Theorien erfassen gewisse Aspekte dieser Gesetzmäßigkeiten; ich kenne das unter dem Begriff des Strukturen-Realismus. Und ja, seit Platons Höhlengleichnis ist dazu wenig wirklich neues gesagt worden.

Vom Instrumentalismus bin ich demzufolge weit entfernt. Dass Physik ausschließlich dazu diene, experimentell überprüfbare Vorhersagen zu machen jedoch keine Erklärungen liefern müsse oder gar dürfe, halte ich für ein Märchen, das nicht einmal die Märchenerzähler selbst konsistent durchhalten.

Dass Weinberg nichts zu den Grundlagen der Quantenmechanik zu sagen hat - mein Gott, er soviel Großes geleistet, gerade dazu halt zufälligerweise nichts. Brahms hat auch keine Oper komponiert. Und Rovellis Idee ist schön, die Ausarbeitung aber weit entfernt von fertig oder schlüssig - also nicht den Tag vor dem Abend loben.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 02. Aug 2022 11:41    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Cedric, ich weiß nicht, auf welche Quellen du dich beziehst …

Tom, das weiß ich auch nicht mehr genau! Gnade! Ich bessere mich. 😉 Jedenfalls nicht nur Sallhofer oder Unzicker; was Physik angeht: Populärschriften von Heisenberg, Schrödinger, Einstein, Born und anderen; und was man im Internet so findet. Nachdem index_razor mich "physikalisch" angestochen hatte, habe ich mir die "Quantenmechanik" von Torsten Fließbach und die "Philosophie der QM" von Paul Näger & Co. angeschafft. Hättest du eine Empfehlung eines "sorgfältigen" Lehrbuches (in dt.) mit philosophischer Ambition (muss aber nicht sein) ?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ein „stures Festhalten am Dualismus bzw. am kompakten Teilchenbild“ ist überholt;

Ja, bestens! Dann lag ich ja nicht ganz verkehrt mit meinem Zweifel.


TomS hat Folgendes geschrieben:
Weder ist das Quantensystem zugleich Welle und Teilchen, noch erscheint es einmal wellen- und einmal teilchenartig. Ein Elektron muss quantenmechanisch immer als Welle beschrieben werden, erscheint in der „klassischen Messung“ jedoch immer als Teilchen,


Was für ein Satz! Mal sehen, ob ich den unter Berücksichtigung der rekursiven Markierung auseinander bekomme:

"Ein QM-System ist nicht zugleich ..."
Ich denke mal, das w e i ß t du so wenig wie der, der das Gegenteil behauptet.

"noch erscheint es einmal ..."
ich ahne, was du meinst.

„Ein Elektron muss… immer …beschrieben werden“

Verstehe! Hoffe ich jedenfalls. Wenn wir bei einem QMS nichts vom seinem Sein an Sich wissen (können) und es sich uns auch nicht als Erscheinung zeigt oder präziser: wenn wir es nicht direkt wahrnehmen können, dann bleibt nur die Beschreibung der beobacht- und wahrnehmbaren Symptome oder der Wirkungen, …, jedenfalls nur indirekt zB. über die „Teilcheneinschläge“ auf dem Det.-Schirm und dem Impulserhaltungssatz, richtig?

Sehr geschickt geschrieben mit der Passiv-Konstruktion; hab lange gebraucht um deinen mögl.-weise doch noch vorhandenen Dualismus zu sehen: Ich versuche mal, zu verdeutlichen:

a) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Elektrons quantenmechanisch immer das Wellenbild zugrunde legen.“

b) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Messresultates (und nicht auch der Präparation?) immer das Teilchenbild zugrunde legen.“

Wenn ich da nicht irgendwo einen Kinken sitzen habe, würde ich sagen:
Das ist ein sauberer Dualismus! 😉

Ich denke, dass es in der tatsächlichen Realität aus mehreren Gründen keine Dualismen geben kann.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und was genau nimmst du mir nicht ab? Dass der Formalismus der Quantenmechanik sich nicht mit einer empirischen Anbindung befasst? Das ist aber so. Und Heisenberg u.v.a. übersehen dies. Das einzige, was in der Quantenmechanik an die Wahrnehmung anknüpft, sind Eigenwerte d.h. Messwerte und Wahrscheinlichkeiten. Aber der mathematische zugrundeliegende Formalismus - Hilbertraum, Observablenalgebra, verschränkte Zustände … Pfadintegrale … quantisieren Eichtheorien … - hat schlicht nichts mit der Wahrnehmung zu tun.


In dieser Rigorosität kann ich das nicht glauben. Von w a s ist dann die Theorie ein Abbild, wenn der Bezug zur tatsächlichen Realität nicht mehr gegeben ist? Hilbertraum und Inventar sind doch offensichtlich in Analogie zur vermeintlichen oder vermuteten tatsächlichen Realität modelliert: der H-Raum als Bezugsrahmen, Operatoren (Kräfte, Energien (?), Vektoren (Zustände) und Eigenwerte (Messresultat). Wenn die Eigenwerte mit der tats. Realität verknüpft sind, dann doch auch der über das Spektrum σ (A) damit verknüpfte Operator A und Vektor λ!


Und der Hilbertraum stellt ja - Hilbert sei Dank – seine ganz speziellen selbstadjungierten bzw. hermiteschen Operatoren zur Verfügung, weil sie ausschließlich reelle Werte haben und Messgrößen repräsentieren. Ist das keine Anbindung?

Liegt der Formalismus der tatsächlichen Realität zugrunde oder umgekehrt, die tatsächliche Realität dem Formalismus?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und ja, seit Platons Höhlengleichnis ist dazu wenig wirklich neues gesagt worden.

Mein Eindruck ist: bei dir schält sich langsam der Platoniker heraus – jedenfalls tendenziell. Das kann noch interessant werden!

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dass Weinberg nichts zu den Grundlagen der Quantenmechanik zu sagen hat …“ …


Da haben wir uns missverstanden: Ich meinte, es ist traurig, dass ein Kenner der Materie sich veranlasst sieht, so etwas sagen zu müssen. Ich kann seine Trauer nachvollziehen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
... mein Gott, …

Nicht doch! Bleib weiter bei „Cedric“! 😉

TomS hat Folgendes geschrieben:
„Und Rovellis Idee ist schön …“ aber „nicht den Tag vor dem Abend loben.“

Aber befürworten, weil Rovelli auch mal aus dem "Hilbert-Fenster" schaut und zB. sieht, dass „Zeit“ aus mehreren Gründen wahrscheinlich kein Bestandteil der tatsächlichen Realität ist (Wheeler / De Witt - Glg.)!
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Beitrag willyengland Verfasst am: 02. Aug 2022 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bestandteil der tatsächlichen Realität

Was ist das denn? smile

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Gruß Willy
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Beitrag Cedric Verfasst am: 02. Aug 2022 12:09    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Bestandteil der tatsächlichen Realität

Was ist das denn? :)

Was fällt dir dazu ein?
willyengland



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Beitrag willyengland Verfasst am: 02. Aug 2022 12:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe zuerst gefragt.
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Aug 2022 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
"Ein QM-System ist nicht zugleich ..."
Ich denke mal, das w e i ß t du so wenig wie der, der das Gegenteil behauptet.

Doch, das weiß ich.

Wenn ein QM-System zugleich Welle und Teilchen wäre, dann würde es zugleich diesen beiden Gesetzmäßigkeiten folgen, und das wäre ein logischer Widerspruch.

Es ist genauso simpel wie die Aussage, dass ein Auto nicht zugleich rot und grün sein kann.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir bei einem QMS nichts vom seinem Sein an Sich wissen (können) und es sich uns auch nicht als Erscheinung zeigt oder präziser: wenn wir es nicht direkt wahrnehmen können, dann bleibt nur die Beschreibung der beobacht- und wahrnehmbaren Symptome oder der Wirkungen, …, jedenfalls nur indirekt zB. über die „Teilcheneinschläge“ auf dem Det.-Schirm und dem Impulserhaltungssatz, richtig?

Das wäre der pure Instrumentalismus, und den halte ich für sinnlos.

Es gibt schlicht keine mathematische Formulierung, die diese "beobachtbaren Symptome" in einem Formalismus beschreibt, der ausschließlich diese Symptome enthält. Es ist auch nicht einzusehen, warum sich das Verhalten von Quantensystemen in einem Formalismus beschreiben lassen sollte, der sich an unseren Beobachtungen orientiert. Das ist wohl der große Denkfehler der Instrumentalisten (Während ich einen Unfall zwischen einem blauen und einem roten fahrerlosen Auto mathematisch mittels Newtonscher Mechanik und roten und blauen Vektorpfeilen beschrieben kann, gelingt mir das für die Ursache des Unfalls - das Versagen der Steuerungs-Hardware des Autos - nicht mehr).

Es gelingt jedoch mittels völlig anderer Methoden wie Hilberträumen und selbstadjungierten Operatoren (bzw. elektronischen Schaltkreisen). Ob und in welcher Weise diese Entitäten existieren ist eine müßige metaphysische Diskussion - sie liefern eine Erklärung.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
a) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Elektrons quantenmechanisch immer das Wellenbild zugrunde legen.“

b) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Messresultates (und nicht auch der Präparation?) immer das Teilchenbild zugrunde legen.“

(a) insofern, als ausschließlich die Schrödingergleichung korrekte Vorhersagen liefert (es sind auch äquivalente Formulierungen möglich, die zunächst keine Wellen enthalten).

(b) insofern, als das einzelne Elektron nie als Welle oder Interferenzmuster sondern immer als lokalisiertes Teilchen detektiert wird.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich da nicht irgendwo einen Kinken sitzen habe, würde ich sagen:
Das ist ein sauberer Dualismus!

Nur, wenn den Anspruch erheben, dass die Welt in Gänze so ist. Aber das behaupte ich nicht, und das behaupten auch die meisten Realisten nicht. Viele gehen davon aus, dass es einen Missing Link zwischen Schrödingergleichung und Messungen / Phänomenen zu entdecken gilt, d.h. dass lediglich unser Verständnis heute noch unvollständig ist (einige würden behaupten, dass die Quantenmechanik unvollständig oder nicht fundamental ist).

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Und was genau nimmst du mir nicht ab? Dass der Formalismus der Quantenmechanik sich nicht mit einer empirischen Anbindung befasst? Das ist aber so. Und Heisenberg u.v.a. übersehen dies. Das einzige, was in der Quantenmechanik an die Wahrnehmung anknüpft, sind Eigenwerte d.h. Messwerte und Wahrscheinlichkeiten. Aber der mathematische zugrundeliegende Formalismus - Hilbertraum, Observablenalgebra, verschränkte Zustände … Pfadintegrale … quantisieren Eichtheorien … - hat schlicht nichts mit der Wahrnehmung zu tun.

In dieser Rigorosität kann ich das nicht glauben. Von w a s ist dann die Theorie ein Abbild, wenn der Bezug zur tatsächlichen Realität nicht mehr gegeben ist? Hilbertraum und Inventar sind doch offensichtlich in Analogie zur vermeintlichen oder vermuteten tatsächlichen Realität modelliert: der H-Raum als Bezugsrahmen, Operatoren (Kräfte, Energien (?), Vektoren (Zustände) und Eigenwerte (Messresultat). Wenn die Eigenwerte mit der tats. Realität verknüpft sind, dann doch auch der über das Spektrum σ (A) damit verknüpfte Operator A und Vektor λ!

So stellt sich das nach einer unvollständigen und m.E. inkonsistenten Lesart der Koppenhagener Interpretation irgendwie dar.

Die bijektive Verknüpfung zwischen Eigenwert und Messwert ist m.E. nicht zutreffend. Ein Operator hat keinerlei Bezug zur Messung der messbaren Größe, die mit diesem Operator verknüpft ist. D.h. es gibt für kein quantenmechanisches System irgendeine Möglichkeit, Operatoren {H, A, B ...} zu definieren und aus diesen sowie dem quantenmechanischen Formalismus abzuleiten, wie die Messung, die Messapparatur etc. aussehen soll. No way.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Und der Hilbertraum stellt ja - Hilbert sei Dank – seine ganz speziellen selbstadjungierten bzw. hermiteschen Operatoren zur Verfügung, weil sie ausschließlich reelle Werte haben und Messgrößen repräsentieren. Ist das keine Anbindung?

Ja.

Aber wie gesagt, ich halte diese Erklärung für unzureichend bis falsch.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Und ja, seit Platons Höhlengleichnis ist dazu wenig wirklich neues gesagt worden.

Mein Eindruck ist: bei dir schält sich langsam der Platoniker heraus – jedenfalls tendenziell. Das kann noch interessant werden!

Ich denke nicht, dass es "den" Platoniker gibt, und ich gehe sicher nicht alle Ansichten Platons mit. Aber ich stehe der Philosophie sicher nahe.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
„Und Rovellis Idee ist schön …“ aber „nicht den Tag vor dem Abend loben.“

Aber befürworten, weil Rovelli auch mal aus dem "Hilbert-Fenster" schaut und zB. sieht, dass „Zeit“ aus mehreren Gründen wahrscheinlich kein Bestandteil der tatsächlichen Realität ist (Wheeler / De Witt - Glg.)!

Ich traue der LQG nicht mehr zu, dass sie das Problem der Quantenmechanik wirklich löst. Und daher möchte ich sie auch nicht philosophisch überinterpretieren.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Aug 2022 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Anmerkung: Es ist vielleicht etwas mißverständlich die Diskretheit bestimmter Meßwerte als Manifestation des "Teilchenbilds" zu bezeichnen. Ein sichtbarer "Punkt" auf einem Schirm ist eine makroskopische Größe des Schirms, kein Beweis für eine "duale Teilchenhaftigkeit" des Elektrons. Der Wert dieser makroskopischen Größe hängt vielleicht dynamisch auf irgendeine Art mit Eigenschaften des Elektrons zusammen. Aber kein Mensch kann genau und im Detail sagen wie. (Die meisten behaupten, daß dieser Zusammenhang prinzipiell nicht aus dem Formalismus ableitbar sein kann, und daß dies gerade das fundamentale Rätsel der Quantenmechanik darstellt, andere widersprechen.)

Das Teilchenbild hat hingegen gar nichts mit Messungen zu tun, sondern beschreibt gewisse Grenzfälle der Theorie, z.B. asymptotische Zustände kurzzeitig wechselwirkender Quantenfelder. Diese Grenzfälle genau zu definieren, ist nicht trivial. Aber keiner sieht dies m.E. als philosophisches Problem an. Es ist eher analog zum "Strahlenbild" der Optik. Das betrachtet man auch nicht als problematischen "Dualismus" des klassischen EM-Feldes.

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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Aug 2022 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe.

Ich rede wirklich vom klassischen Teilchen- und vom klassischen Wellenbild: das Teilchen ist immer lokalisiert, die Welle ist oft über makroskopische Distanzen verschmiert.

Weder erklärt uns das klassische Wellenbild, wie diese Lokalisierung zu einem teilchenartigen Phänomen zustande kommen kann, noch erklärt uns das Teilchenbild, wie und warum eine Ansammlung von einzelnen teilchenartigen Phänomen = Punkten einem Interferenzmuster entsprechen kann.

Ich schließe nicht aus - du auch nicht - dass diese Phänomen vollständig auf Basis der Quantenmechanik berechnet werden können. Aber das hast doch nichts mit dem klassischen, naiven Wellen- oder Teilchenbild oder einem sogenannten Dualismus zu tun (der ja auch nichts erklärt, sondern letztlich nur besagt, man solle das Bild benutzen, das gerade passt ...)

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Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Aug 2022 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe.

Ich rede wirklich vom klassischen Teilchen- und vom klassischen Wellenbild: das Teilchen ist immer lokalisiert, die Welle ist oft über makroskopische Distanzen verschmiert.


Wenn du sagst "Ein Elektron muss quantenmechanisch immer als Welle beschrieben werden, erscheint in der „klassischen Messung“ jedoch immer als Teilchen", dann meinst du ja eben nicht, daß sich eine klassische Welle bei der Detektion in ein klassisches Teilchen verwandelt.

Du hast ja schon klar gestellt, daß sich "Welle" hier auf Lösung der Schrödingergleichung bezieht (was keine klassische Welle ist). Aus der Dynamik der Schrödingergleichung erhält man das klassische Teilchenbild als geeigneten Grenzfall. Das hat aber wiederum mit einer Detektion des Elektrons nichts zu tun. Nur darauf wollte ich hinaus.

Ich vermute, daß dich Cedric des "Dualismus" verdächtigt, weil er denkt bei der Messung verwandet sich das "wellenartige" Elektron in ein "teilchenartiges" Elektron. Es muß klar werden, daß das Elektron vor, während und nach der Messung immer ein "quantenmechanisches" Elektron ist, beschrieben durch irgendeine (nichtklassische) "Wellenfunktion". (Die einzige einigermaßen strittige Frage ist dabei höchstens "welche" Wellenfunktion.)

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 02. Aug 2022 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es muß klar werden, daß das Elektron vor, während und nach der Messung immer ein "quantenmechanisches" Elektron ist, beschrieben durch irgendeine (nichtklassische) "Wellenfunktion". (Die einzige einigermaßen strittige Frage ist dabei höchstens "welche" Wellenfunktion.)

Es fehlt aber die Gleichung, die die Reduktion der Wellenfunktion vom einem weit ausgedehnten Bereich auf einen sehr schmalen Bereich beschreibt.

Auch der Teil der Wellenfunktion, der beim Sirius ist, wird durch die Messung auf den Schirm gezogen und das offensichtlich schneller als Licht.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Aug 2022 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es muß klar werden, daß das Elektron vor, während und nach der Messung immer ein "quantenmechanisches" Elektron ist, beschrieben durch irgendeine (nichtklassische) "Wellenfunktion". (Die einzige einigermaßen strittige Frage ist dabei höchstens "welche" Wellenfunktion.)

Es fehlt aber die Gleichung, die die Reduktion der Wellenfunktion vom einem weit ausgedehnten Bereich auf einen sehr schmalen Bereich beschreibt.


Ob irgendeine Gleichung fehlt oder nicht hat aber nichts mit "Dualismus" zu tun. Es gibt aber keine handfesten Hinweise darauf, daß der Meßprozeß irgendeine spezielle Dynamik für die "Reduktion der Wellenfunktion" erfordert. Im Gegenteil, das ist eine recht unplausible Ausgangsthese.

P.S: Als Einstieg zu den "Einschränkungen" des Projektionspostulats siehe auch diesen Artikel.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 02. Aug 2022 18:59    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es gibt aber keine handfesten Hinweise darauf, daß der Meßprozeß irgendeine spezielle Dynamik für die "Reduktion der Wellenfunktion" erfordert.

Dann habe ich wohl Grundlegendes missverstanden. Die Wellenfunktion kann sehr weit ausgedehnt sein und trotzdem messe ich das Teilchen nur mit der Unsicherheit der Punktgröße auf dem Schirm. Die Schrödingergleichung gibt das jedenfalls nicht her. Also ist die Schrödingergleichung entweder falsch oder unvollständig (die Dirac-Gleichung ist in dieser Beziehung auch nicht besser).

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Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Aug 2022 19:02    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es gibt aber keine handfesten Hinweise darauf, daß der Meßprozeß irgendeine spezielle Dynamik für die "Reduktion der Wellenfunktion" erfordert.

Dann habe ich wohl Grundlegendes missverstanden. Die Wellenfunktion kann sehr weit ausgedehnt sein und trotzdem messe ich das Teilchen nur mit der Unsicherheit der Punktgröße auf dem Schirm.


Du siehst einen Punkt auf dem Schirm. Was dieser Punkt mit irgendeiner Eigenschaft eines einzelnen Elektrons zu tun hat, ist nur deine Interpretation des Meßergebnisses.


Zitat:

Die Schrödingergleichung gibt das jedenfalls nicht her.


Das weißt du nicht. Dazu müßtest du die komplette Zeitentwicklung des Gesamtsystems beschreiben können.

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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Aug 2022 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Dann habe ich wohl Grundlegendes missverstanden.

Ja.

Und mit dir ganz ganz viele andere.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Die Wellenfunktion kann sehr weit ausgedehnt sein und trotzdem messe ich das Teilchen nur mit der Unsicherheit der Punktgröße auf dem Schirm. Die Schrödingergleichung gibt das jedenfalls nicht her.

Die Einteilchen-Schrödingergleichung gibt das nicht her.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Also ist die Schrödingergleichung entweder falsch oder unvollständig.

Die Anwendung der Einteilchen-Schrödingergleichung ist bei der Wechselwirkung mit einem Vielteilchensystem wie dem Messgerät sicher unzureichend.

Das ist seit Jahrzehnten bekannt, wird jedoch oft ignoriert, teilweise sogar in Lehrbüchern.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 02. Aug 2022 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

Die QM beschreibt die Welt mit Wahrscheinlichkeiten. Was ist Wahrscheinlichkeit? Es ist ist die Abschätzung, wie oft Faktisches eintritt, oftmals hergeleitet aus bekannten Häufigkeiten.

Tritt zur Wahrscheinlichkeit jedoch kein Faktisches jemals ein, so ist der Begriff der Wahrscheinlichkeit sinnlos, es ist wie ein Roulette-Spiel, bei dem die Kugel niemals fällt.

Preisfrage: Wo wird die Wahrscheinlichkeit zum Faktischen?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Aug 2022 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Die QM beschreibt die Welt mit Wahrscheinlichkeiten. Was ist Wahrscheinlichkeit? Es ist ist die Abschätzung, wie oft Faktisches eintritt, oftmals hergeleitet aus bekannten Häufigkeiten.


Nein, eine Wahrscheinlichkeit ist in diesem Zusammenhang erstmal nichts anderes als ein Maß auf dem Spektrum eines Operators. Der Rest ist allein deine Interpretation des Formalismus (von der du zumindest wissen solltest, daß sie nicht allgemein geteilt wird).

Außerdem sind derartige Maße selbstverständlich nicht alles, womit die Quantenmechanik die Welt beschreibt.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 03. Aug 2022 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Die QM beschreibt die Welt mit Wahrscheinlichkeiten. Was ist Wahrscheinlichkeit? Es ist ist die Abschätzung, wie oft Faktisches eintritt, oftmals hergeleitet aus bekannten Häufigkeiten.

Nein, eine Wahrscheinlichkeit ist in diesem Zusammenhang erstmal nichts anderes als ein Maß auf dem Spektrum eines Operators. Der Rest ist allein deine Interpretation des Formalismus (von der du zumindest wissen solltest, daß sie nicht allgemein geteilt wird).

Die Bornsche Regel ist, glaube ich, allgemein akzeptiert und nicht meine Privattheorie. Redet man speziell über den Messprozess, dann spielt der Begriff der Wahrscheinlichkeit die zentrale Rolle und dann sollte man schon mal klären, was dieser Begriff überhaupt bedeutet.

Ich bleibe dabei: Ohne dass jemals etwas Faktisches auftriff, ist der Begriff der Wahrscheinlichkeit sinnlos.

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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Aug 2022 15:40    Titel: uantnemechnaik Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Die Bornsche Regel ist, glaube ich, allgemein akzeptiert ...

Nein, die Bornsche Regel in ihrer naiven Formulierung, auch in diversen Lehrbüchern, ist nicht allgemein akzeptiert; sowohl deBroglie-Bohm, als auch die Viele-Welten-Interpretation weisen ihr eine andere Rolle zu. Auch die oft zu findende Aussage, die Quantenmechanik treffe über diese Wahrscheinlichkeiten hinaus keine Aussage, ist nicht allgemein akzeptiert.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Redet man speziell über den Messprozess, dann spielt der Begriff der Wahrscheinlichkeit die zentrale Rolle ...

Das zentrale Problem ist noch nicht mal die Wahrscheinlichkeit im Kontext eines Messprozesses, sondern der Begriff des Messprozesses selbst. Es herrscht keine Einigkeit darüber, wie dieser zu definieren ist, ob er quantenmechanisch, klassisch oder letztlich gar nicht beschrieben werden kann, was ihn genau auszeichnet, und daher wann eine Wahrscheinlichkeit überhaupt ins Spiel kommt.

Die meisten Darstellungen der Postulate der Quantenmechanik definieren den Messprozess nicht.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 03. Aug 2022 15:51, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Aug 2022 15:40    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:

Die Bornsche Regel ist, glaube ich, allgemein akzeptiert und nicht meine Privattheorie.


Nein, es ist eine Lehrbuchidealisierung, die man nicht zu ernst nehmen darf und auch nicht muß. Sie versagt bereits (aber nicht nur) bei der simultanen Messung nichtvertauschbarer Observablen. Diese haben nicht mal eine gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung.

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Beitrag Cedric Verfasst am: 03. Aug 2022 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ein QM-System ist nicht zugleich ...

Ich denke mal, das w e i ß t du so wenig wie der, der das Gegenteil behauptet.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Doch, das weiß ich.
Wenn ein QM-System zugleich Welle und Teilchen wäre, dann würde es zugleich diesen beiden Gesetzmäßigkeiten folgen, und das wäre ein logischer Widerspruch.
Es ist genauso simpel wie die Aussage, dass ein Auto nicht zugleich rot und grün sein kann.
O nee!!
In der Tat! Wenn du "zugleich" so simpel auffasst, dann ist die Aussage ebenfalls simpel, aber "zugleich" bezog sich nicht auf die Zeit, sondern auf die Eigenschaften. Hast du dich mal mit Dialektik beschäftigt?

Wenn wir bei einem QMS nichts vom seinem Sein an Sich wissen (können) und es sich uns auch nicht als Erscheinung zeigt oder präziser: wenn wir es nicht direkt wahrnehmen können, dann bleibt nur die Beschreibung der beobacht- und wahrnehmbaren Symptome oder der Wirkungen, …, jedenfalls nur indirekt zB. über die „Teilcheneinschläge“ auf dem Det.-Schirm und dem Impulserhaltungssatz, richtig?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das wäre der pure Instrumentalismus, und den halte ich für sinnlos.

Merkwürdige Antwort. Das ist d e i n e Aussage, die ich, so wie ich sie verstanden habe, wiedergab. Da habe ich wohl überinterpretiert.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es gelingt jedoch mittels völlig anderer Methoden wie Hilberträumen und selbstadjungierten Operatoren (bzw. elektronischen Schaltkreisen). Ob und in welcher Weise diese Entitäten existieren ist eine müßige metaphysische Diskussion - sie liefern eine Erklärung.

Shut up and calculate ??

Cedric hat Folgendes geschrieben:
a) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Elektrons quantenmechanisch immer das Wellenbild zugrunde legen.“
b) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Messresultates (und nicht auch der Präparation?) immer das Teilchenbild zugrunde legen.“

TomS hat Folgendes geschrieben:
(a) insofern, als ausschließlich die Schrödingergleichung korrekte Vorhersagen liefert (es sind auch äquivalente Formulierungen möglich, die zunächst keine Wellen enthalten).
(b) insofern, als das einzelne Elektron nie als Welle oder Interferenzmuster sondern immer als lokalisiertes Teilchen detektiert wird.


Cedric hat Folgendes geschrieben:
Das ist ein sauberer Dualismus!

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur, wenn den Anspruch erheben, dass die Welt in Gänze so ist.

Auch ohne Anspruch bleibt es ein Dualismus.

TomS hat Folgendes geschrieben:
- hat schlicht nichts mit der Wahrnehmung zu tun.


In dieser Rigorosität kann ich das nicht glauben. Von w a s ist dann die Theorie ein Abbild, wenn der Bezug zur tatsächlichen Realität nicht mehr gegeben ist?

TomS hat Folgendes geschrieben:
So stellt sich das nach einer unvollständigen und m.E. inkonsistenten Lesart der Koppenhagener Interpretation irgendwie dar.

Das beantwortet nicht meine Frage.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die bijektive Verknüpfung zwischen Eigenwert und Messwert ist m.E. nicht zutreffend.

Auch nicht!

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Und der Hilbertraum stellt ja - Hilbert sei Dank – seine ganz speziellen selbstadjungierten bzw. hermiteschen Operatoren zur Verfügung, weil sie ausschließlich reelle Werte haben und Messgrößen repräsentieren. Ist das keine Anbindung?


TomS hat Folgendes geschrieben:
Ja. Aber wie gesagt, ich halte diese Erklärung für unzureichend bis falsch.

Natürlich! Was wäre die richtige?

Tom, ich habe nicht den Eindruck, dass du mich verstehen willst. Deine Antworten sind gestückelt, unbegründet und machen kaum etwas transparenter und mich zum Idioten. Um sie besser auswerten zu können, müsste ich qua Antwort u.a. Fragen wissen, vor welchem philosophischen Hintergrund sie entstanden sind:
Was ist "Wissenschaft" und wozu dient sie?
Wie siehst du das Verhältnis allg. von Theorie und Realität, konkret von klass. Mechanik, Quantenmechanik, QED, ... ?
Welche Rolle spielt die Mathematik im Theoriengefüge?
Welche Rolle spielt was von Platons Philosophie?

Ich denke, mit diesen Infos im Hinterkopf können eine ganze Reihe Missverständnisse und Fehlinterpretationen vermieden und ein roter Faden gefunden werden, ohne sie macht es für mich keinen Sinn ...
Sonnenwind



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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 03. Aug 2022 16:44    Titel: Re: uantnemechnaik Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nein, die Bornsche Regel in ihrer naiven Formulierung, auch in diversen Lehrbüchern, ist nicht allgemein akzeptiert; sowohl deBroglie-Bohm, als auch die Viele-Welten-Interpretation weisen ihr eine andere Rolle zu. Auch die oft zu findende Aussage, die Quantenmechanik treffe über diese Wahrscheinlichkeiten hinaus keine Aussage, ist nicht allgemein akzeptiert.

Welche Aussagen über diese Wahrscheinlichkeiten hinaus werden denn getroffen?

Zitat:
Das zentrale Problem ist noch nicht mal die Wahrscheinlichkeit im Kontext eines Messprozesses, sondern der Begriff des Messprozesses selbst. Es herrscht keine Einigkeit darüber, wie dieser zu definieren ist, ob er quantenmechanisch, klassisch oder letztlich gar nicht beschrieben werden kann, was ihn genau auszeichnet, und daher wann eine Wahrscheinlichkeit überhaupt ins Spiel kommt.

Die meisten Darstellungen der Postulate der Quantenmechanik definieren den Messprozess nicht.

Spielt auch keine Rolle. Völlig egal welche Interpretation der QM man anwendet, irgendwann muss es etwas Faktisches geben. Und da fällt mir ein, dass mein Erleben keine Wahrscheinlichkeit mehr enthält, denn auch wenn es unwahrscheinlich ist, wenn mir ein Vogel auf den Kopf gesch... hat, dann ist das so.

Das eigene Bewusstsein als letzte Instanz ist völlig ausreichend. Es spielt keine Rolle, ob der Mond da ist, wenn ich nicht hinschaue, dann geht er mich nichts an. Deswegen funktioniert das "Shut-up-and-calculate" auch so gut, weil ich alles außer mir selbst als Quantenobjekte ansehen kann.

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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Aug 2022 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ein QM-System ist nicht zugleich ...

Ich denke mal, das w e i ß t du so wenig wie der, der das Gegenteil behauptet.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Doch, das weiß ich.
Wenn ein QM-System zugleich Welle und Teilchen wäre, dann würde es zugleich diesen beiden Gesetzmäßigkeiten folgen, und das wäre ein logischer Widerspruch.
Es ist genauso simpel wie die Aussage, dass ein Auto nicht zugleich rot und grün sein kann.
O nee!!
In der Tat! Wenn du "zugleich" so simpel auffasst, dann ist die Aussage ebenfalls simpel, aber "zugleich" bezog sich nicht auf die Zeit, sondern auf die Eigenschaften. Hast du dich mal mit Dialektik beschäftigt?

Letzteres ja, aber ich sehe nicht, wie das helfen sollte.

Rein mathematisch: eine Wellenfunktion folgt einer Wellengleichung und ist interferenzfähig, ein Punkt folgt einer Trajektorie und diese ist nicht interferenzfähig; die Eigenschaften sind unverträglich. Ich sehe auch keine Auffassung von „zugleich“, die da helfen könnte. Der Ausweg ist recht einfach: keines von beiden trifft im strengen Sinne zu; man betrachtet eine allgemeinere mathematische Formulierung, aus der „Wellen-“ und „Teilchenbild“ in gewissen Spezialfällen folgen.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir bei einem QMS nichts vom seinem Sein an Sich wissen (können) und es sich uns auch nicht als Erscheinung zeigt oder präziser: wenn wir es nicht direkt wahrnehmen können, dann bleibt nur die Beschreibung der beobacht- und wahrnehmbaren Symptome oder der Wirkungen, …, jedenfalls nur indirekt zB. über die „Teilcheneinschläge“ auf dem Det.-Schirm und dem Impulserhaltungssatz, richtig?
TomS hat Folgendes geschrieben:
Das wäre der pure Instrumentalismus, und den halte ich für sinnlos.

Merkwürdige Antwort. Das ist d e i n e Aussage, die ich, so wie ich sie verstanden habe, wiedergab. Da habe ich wohl überinterpretiert.

Ja.

Siehe dazu weiter unten.

Ich vergaß zu erwähnen, dass uns die Experimente und die mathematische Formulierung der Quantenmechanik an einige Stellen sehr konkret wissen lassen, was die Natur nicht ist bzw. wie sie sich nicht verhält.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Es gelingt jedoch mittels völlig anderer Methoden wie Hilberträumen und selbstadjungierten Operatoren (bzw. elektronischen Schaltkreisen). Ob und in welcher Weise diese Entitäten existieren ist eine müßige metaphysische Diskussion - sie liefern eine Erklärung.

Shut up and calculate ??

Wie soll ich das an der Stelle interpretieren?

Wie gesagt, die Mathematik liefert eine Erklärung. Der Instrumentalismus und „Shut up and calculate“ erheben geradezu zum Dogma, dass es in der Physik nicht um Erklärungen geht.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Cedric hat Folgendes geschrieben:
a) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Elektrons quantenmechanisch immer das Wellenbild zugrunde legen.“
b) „Der Physiker muss bei der Beschreibung des Messresultates (und nicht auch der Präparation?) immer das Teilchenbild zugrunde legen.“

TomS hat Folgendes geschrieben:
(a) insofern, als ausschließlich die Schrödingergleichung korrekte Vorhersagen liefert (es sind auch äquivalente Formulierungen möglich, die zunächst keine Wellen enthalten).
(b) insofern, als das einzelne Elektron nie als Welle oder Interferenzmuster sondern immer als lokalisiertes Teilchen detektiert wird.


Cedric hat Folgendes geschrieben:
Das ist ein sauberer Dualismus!

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur, wenn den Anspruch erheben, dass die Welt in Gänze so ist.

Auch ohne Anspruch bleibt es ein Dualismus.

Vielleicht sollten wir mal klären, über welche Spielarten bzw. Bedeutungen von „Dualismus“ wir reden.

Es handelt sich für mich nicht um Substanzdualismus. Aber das erfordert eine längere Erklärung, bitte später. Evtl. ist der Streit um „ismen“ auch nicht zielführend.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Von w a s ist dann die Theorie ein Abbild, wenn der Bezug zur tatsächlichen Realität nicht mehr gegeben ist?

Da hast du mich wohl völlig falsch verstanden.

Ich denke, dass die Theorie praktisch keinen Bezug zur Wahrnehmung und ganz allgemein zu den Kategorien unserer Wahrnehmung hat. Ich weiß natürlich nicht, ob und in wie weit die Theorie einen Bezug zur tatsächlichen (jedoch hinter unserer Wahrnehmung verborgenen / verzerrten / verschleierten / …) Realität hat. Aber ich bin ganz nach Platon der festen Überzeugung, dass dieser Bezug gegeben ist, da es für mich geradezu absurd wäre, dass die Theorie weder zur Wahrnehmung noch zur Realität einen Bezug hat, jedoch offenbar funktioniert.

Meine Beobachtung ist, dass unsere Theorien im Popperschen Sinne sogar hervorragend funktionieren, und meine Vermutung im Sinne Platons ist, dass die mathematisch formulierten Gesetzmäßigkeiten tatsächlich auf die Realität zutreffen. Natürlich ist dieser Bezug zwischen Theorie und Realität nicht perfekt, jedoch erfassen die mathematischen Theorie die Realität in gewissen Grenzen ziemlich zutreffend.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Tom, ich habe nicht den Eindruck, dass du mich verstehen willst. Deine Antworten sind gestückelt, unbegründet und machen kaum etwas transparenter und mich zum Idioten.

Äh, na ja, ich fand jetzt deine Rückfragen wesentlich gestückelter als meine längeren Beiträge weiter oben ;-)

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Welche Rolle spielt die Mathematik im Theoriengefüge?

Gut. Dann haben wir folgende wesentliche Fragen:

Wozu dient Physik und welche Rolle spielt die Mathematik im Theoriengefüge? Was verstehen wir beide unter Dualismus?

Ich zitiere mich etwas gekürzt selbst:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und was genau nimmst du mir nicht ab? Dass der Formalismus der Quantenmechanik sich nicht mit einer empirischen Anbindung befasst? Das ist aber so … der mathematische zugrundeliegende Formalismus … hat schlicht nichts mit der Wahrnehmung zu tun … Selbst der Zusammenhang zwischen einer sogenannten Observablen und der entsprechenden Beobachtung oder Messung ist in der von Bohr, Heisenberg et al. vertretenen Lesart völlig obskur …

Zu meiner rhetorischen Frage, was die Mathematik der Quantenmechanik beschreibt - unsere Wahrnehmungen nämlich gerade nicht - hatte ich meine Antwort schon gegeben: nach meiner Überzeugung folgt die objektiv gegebene Realität mathematischen Gesetzmäßigkeiten - insbs. auch ohne unser Zutun und ohne Beobachter - und unsere physikalischen Theorien erfassen gewisse Aspekte dieser Gesetzmäßigkeiten; ich kenne das unter dem Begriff des Strukturen-Realismus.

Du musst diese Ansicht nicht teilen, aber erscheint sie dir wenigstens konsistent?

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Aug 2022 18:16    Titel: Re: uantnemechnaik Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Das zentrale Problem ist noch nicht mal die Wahrscheinlichkeit im Kontext eines Messprozesses, sondern der Begriff des Messprozesses selbst. Es herrscht keine Einigkeit darüber, wie dieser zu definieren ist, ob er quantenmechanisch, klassisch oder letztlich gar nicht beschrieben werden kann, was ihn genau auszeichnet, und daher wann eine Wahrscheinlichkeit überhaupt ins Spiel kommt.

Die meisten Darstellungen der Postulate der Quantenmechanik definieren den Messprozess nicht.

Spielt auch keine Rolle. Völlig egal welche Interpretation der QM man anwendet, irgendwann muss es etwas Faktisches geben. Und da fällt mir ein, dass mein Erleben keine Wahrscheinlichkeit mehr enthält.

Das erscheint mir aus mehreren Gründen völlig unzureichend.

1) Wenn eine physikalische Theorie den Begriff "Messung" verwendet, ohne ihn zu definieren und insbs. ohne ihn von anderen Prozessen, die keine Messung sein sollen, präzise abzugrenzen, kann sie nichts vernünftiges zum Begriff der Wahrscheinlichkeit im Kontext einer Messung aussagen. "Immer wenn Schlurmpfxx, dann musst du folgende Regel beachten". Würde ich jetzt im Straßenverkehr ernsthaft hinterfragen; in der QM scheint es jedoch weitgehend akzeptiert zu sein.

2) Was ist etwas faktisches?

3) Doch, dein Erleben enthält auch Wahrscheinlichkeiten, z.B. die Situation vor der Ziehung der Lottozahlen. Interessanterweise handelt es sich dabei um einen völlig anderen Zugang zu Wahrscheinlichkeiten als in der Quantenmechanik: Im Falle der Lottozahlen resultiert die Notwendigkeit des Denkens in Wahrscheinlichkeiten aus unvollständigem Wissen. Im Falle einer "Messung" an einem Quantensystem resultiert die Notwendigkeit des Denkens in Wahrscheinlichkeiten trotz vollständigem Wissen über das Quantensystem (Ausnahme: deBroglie-Bohm, da verhält es sich ganz klassisch)

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