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Many worlds interpretation - MWI
 
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Leonard
Gast





Beitrag Leonard Verfasst am: 24. Jun 2016 11:07    Titel: Many worlds interpretation - MWI Antworten mit Zitat

Meine Frage:
TomS hat mich in einem anderen Thread darum gebeten, diese Frage in einem neuen Thread zu veröffentlichen. Es geht mir um die Viele-Welten-Interpretation oder many-worlds-interpretation. Die Kopenhagener Deutung sagt doch, dass ein Beobachter einen Kollaps der Wellenfunktion hervorruft. Ein Beobachter bedeutet hier eine Messung des Systems. Also so, dass Informationen von dem System nach außen gelangen. Der Abstransport von Informtation stört das System und bring es zum Kollaps. Ist das richtig bis hierher? Weiter besagt die MWI, dass alle möglichen Wege real bleiben. Der wichtige Punkt m.E. ist nun, dass es zu keinem Kollaps der Wellenfunktion kommt. Alle Wege bleiben erhalten und alle Zustände. Das bedeutet doch, dass es verschiedene Universen oder Welten sind. Kurz gefragt: Gibt es ein Universum oder eine Welt, in dem ich Präsident der USA bin? :-)

Meine Ideen:
Steht alles oben. Alle Ideen etc.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18073

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Jun 2016 08:26    Titel: Re: Many worlds interpretation - MWI Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Die Kopenhagener Deutung sagt doch, dass ein Beobachter einen Kollaps der Wellenfunktion hervorruft. Ein Beobachter bedeutet hier eine Messung des Systems. Also so, dass Informationen von dem System nach außen gelangen. Der Abstransport von Informtation stört das System und bring es zum Kollaps.

Ich denke, die meisten, die sich heute als Anhänger einer orthodoxen Kollapsinterpretation bezeichnen, würden weniger behaupten. Die Messung wird nicht genau spezifiziert; insbs. würd nicht klar, was der Unterschied zwischen einer gewöhnlichen Wechselwirkung ohne Kollaps und einer Messung mit Kollaps ist.

Die Behauptung ist im wesentlichen nicht, dass da etwas physikalisch real kollabiert, sondern dass die Wellenfunktion als Repräsentant unseres Wissens über das System kollabiert.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Weiter besagt die MWI, dass alle möglichen Wege real bleiben.

Die wesentliche Behauptung der MWI ist, dass die Wellenfunktion nicht den Repräsentant unseres Wissens über das System darstellt, sondern dass sie der Repräsentant des realen physikalischen Systems selbst ist. Da letzteres durch die Schrödingergleichung beschrieben wird, und der Kollaps zu dieser in logischem Widerspruch steht, schlussfolgert die MWI, dass kein Kollaps existiert und dass stattdessen eine "Auffächerung" in wechselweise unbeobachtbare Zweige stattfindet - was im Einklang mit der Schrödingergleichung ist.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Der wichtige Punkt m.E. ist nun, dass es zu keinem Kollaps der Wellenfunktion kommt.

Richtig.

Die orthodoxe Interpretation kann die Messung nicht erklären und postuliert den Kollaps. Die MWI möchte die Messung entsprechend der quantenmechanischen Gesetzmäßigkeiten erklären und verzichtet daher auf das Postulat eines Kollapses.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Alle Wege bleiben erhalten und alle Zustände.

Es gibt keine "Wege" in der QM. Und es gibt immer nur einen einzigen Zustand (der entweder kollabiert oder auffächert).

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Das bedeutet doch, dass es verschiedene Universen oder Welten sind.

Die MWI spricht nicht von Universen. Ja, unser Universum würde sozusagen auffächern, aber es würden keine zwei Universen entstehen.

Der Begriff "Welt" ist beliebig; ich mach Zweige lieber, weil da nicht so viel metaphysischer Ballast dahintersteckt.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Gibt es ein Universum oder eine Welt, in dem ich Präsident der USA bin? :-)

Wenn es vom Urknall an eine nicht-verschwindende Wahrscheinlichkeit dafür gegeben hat, dann existiert ein solcher Zweig.

Nochmal: die MWI führt nichts Neues ein. Sie behauptet lediglich, dass mikroskopische Superpositionen im Einklang mit den Gesetzen der QM = der Schrödingergleichung auch in makroskopischen Systemen fortbestehen. Sie wird heute gestützt durch die Dekohärenz. Aus dieser folgten nämlich beweisbar präzise Vorhersagen über diese Verzweigung, insbs. die wechselweise Unsichtbarkeit dieser Zweige.

Kurz: dies alles folgt berechenbar aus der Dekohärenz - und die MWI glaubt an diese Konsequenz (während die KI diese Konsequenz als unhaltbar ablehnt und stattdessen die Theorie künstlich um das Kollapspostulat erweitert, was nichts erklärt)

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Leonard
Gast





Beitrag Leonard Verfasst am: 25. Jun 2016 09:45    Titel: Antworten mit Zitat

Wie meinst du das denn, wenn vom Urknall eine nicht verschwindende Wahrscheinlichkeit existiert.

Wie muss man sich denn diese Zweige vorstellen und wo sind diese Zweige?

Kann man die erreichen? Und haben diese Zweige etwas mit dem Multiversum zu tun? Und wie genau kommt die Dekohärenz dazu?

Wenn es alle Zweige gibt, sind alle Möglichkeiten danach realisiert?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18073

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Jun 2016 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Wie meinst du das denn, wenn vom Urknall eine nicht verschwindende Wahrscheinlichkeit existiert.

Gegeben sei ein Quantenzustand rho kurz nach dem Urknall. Gegeben sei außerdem eine mathematische Beschreibung F dessen, was mit "Leonard ist Präsident der USA" gemeint ist

(Stichwort: POVM = positive operator valued measure)

Der Quantenzustand entwickle sich gemäß der Schrödingergleichung vom Zeitpunkt t = kurz nach dem Urknall bis t' = heute, d.h.



Dann kann man mittels der Quantenmechanik soetwas wie die Wahrscheinlichkeit P(F) berechnen, dass im heutigen Zustand die Eigenschaft F vorliegt



Wenn dieses P(F) ungleich Null ist, dann ist F gemäß der VWI realisiert.


Leonard hat Folgendes geschrieben:
Wie muss man sich denn diese Zweige vorstellen und wo sind diese Zweige?

Vorstellen zunächst mal gar nicht.

Sie sind in gewisser Weise am selben Ort realisiert!

Gegeben sei ein um x = a lokalisiertes Elektron in einem Superpositionszustand bzgl. des Spins



D.h. das Elektron befindet sich sozusagen bei a gleichzeitig in zwei Zuständen bzgl. des Spins.

Nun werde in der Umgebung von a eine Messung des Spins durchgeführt, so dass das Messgerät M Position und Spin anzeigt. Daraus resultiert gemäß der Quantenmechanik näherungsweise ein Zustand



Dabei bedeutet M mit einem Index a,+,-, dass das Messgerät M in einem Zustand ist, der einem Zeiger oder einer Anzeige des Wertes oder der Eigenschaft a,+,- entspricht. Und ... mit einem Index a,+,- bedeutet, dass unbeobachtete Umgebungsfreiheitsgrade (Luftmoleküle, Photonen, ...) mit dem jeweiligen Zustand durch Wechselwirkung verschränkt sind.

Gemäß der Kollapsinterpretation verschwindet genau einer der Summanden zufällig. Gemäß der Viele-Welten-Interpretation bleiben beide Zweige bestehen. Berechnet man nun die Wellenfunktion, so führt dies auf eine Amplitude für beide Summanden, ausgewertet am selben Ort x in der Umgebung von a. D.h. dass die Zweige bzgl. x nicht voneinander separiert sind.


Leonard hat Folgendes geschrieben:
Kann man die erreichen?

In sehr guter Näherung sind sie nicht erreichbar und nicht sichtbar; das folgt aus der Dekohärenz.

Der Grund ist im wesentlichen, dass die makroskopischen Zustände |M> |...> bzgl. Zeitentwicklung nicht mischen und orthogonal sind bzw. bleiben. Wenn du die Amplitude des "+ Zweiges", die im "- Zweig" enthalten ist, berechnen möchtest, dann ist diese zunächst mal exakt Null wegen



Nun könnte irgendeine Wechselwirkung den Spin etwas kippen, was zu einer von Null verschiedenen Amplitude und damit einer prinzipiellen Erreichbarkeit führen würde.

Allerdings ist auch



in extrem guter Näherung. D.h. die Zweige sind nicht prinzipiell unerreichbar und unsichtbar, jedoch praktisch.

Noch ein paar Anmerkungen: die Zweige sind nicht wirklich abzählbar, das ist eine Idealisierung; die Verzweigung findet nicht im uns zugänglichen dreidimensionalen Raum statt, sondern im sogenannten Hilbertraum.


Leonard hat Folgendes geschrieben:
Und haben diese Zweige etwas mit dem Multiversum zu tun?

In welchem Sinn verwendest du diesen Begriff?

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Wenn es alle Zweige gibt, sind alle Möglichkeiten danach realisiert?

Jeder Zweig mit Amplitude ungleich Null bedeutet gemäß der MWI, dass die Ereignisse in diesem Zweig dann auch realisiert sind. Umgekehrt existieren durchaus Amplituden, die exakt Null und deren Ereignisse demnach nicht realisiert = unmöglich sind.

Bsp.: Ein Photon kann sich nicht in ein Elektron verwandeln; die entsprechende Amplitude ist Null. Damit ist auch die Amplitude eines makroskopischen Zweiges, in dem ein Messgerät existiert, das exakt diese Umwandlung beobachten würde, Null.
Leonard
Gast





Beitrag Leonard Verfasst am: 25. Jun 2016 16:56    Titel: Antworten mit Zitat

Deine letzten Erklärungen sind etwas kompliziert. Ging das etwas unmathematischer? Eher beschreibend bitte.

Was bedeutet es, dass die Zweige im Hilbertraum realisiert sind? Und warum nicht im 3d raum?

Mit Multiversum meine ich zum einen das inflationäre Universum ind das der Stringtheorie. Auch wenn du den Begriff Zweig lieber magst, so sitzt doch irgendwo ein TomS, der niemals diese Frage gelesen hat, oder nicht?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18073

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Jun 2016 22:05    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Mit Multiversum meine ich zum einen das inflationäre Universum und das der Stringtheorie.

Damit hat die MWI nichts zu tun.

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Auch wenn du den Begriff Zweig lieber magst, so sitzt doch irgendwo ein TomS, der niemals diese Frage gelesen hat, oder nicht?

Nur wenn die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung dieses TomS nicht exakt Null war.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18073

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Jun 2016 13:19    Titel: Antworten mit Zitat

Leonard hat Folgendes geschrieben:
Was bedeutet es, dass die Zweige im Hilbertraum realisiert sind? Und warum nicht im 3d raum?

Die fundamentale Formulierung der QM erfolgt ohne Einführung des Ortsraumes. Ein qm Zustand entspricht einem Vektor in einem abstrakten, unendlich-dimensionalen Hilbertraum, und in diesem findet auch diese "Verzeigung" statt. "Zweige" stehen letztlich näherungsweise senkrecht aufeinander.

Der Ortsraum kommt dabei noch gar nicht ins Spiel.

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schroedingerskatze2017



Anmeldungsdatum: 02.06.2018
Beiträge: 2

Beitrag schroedingerskatze2017 Verfasst am: 03. Jun 2018 00:30    Titel: US-Präsident Antworten mit Zitat

Wie definierst du in diesem Zusammenhang "ich"?
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