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The trouble with many worlds - wirklich oder vermeintlich?
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Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 06. Okt 2019 18:38    Titel: The trouble with many worlds - wirklich oder vermeintlich? Antworten mit Zitat

Hat Sabine Hossenfelder eine "Schwäche" der MWI entdeckt, die bisher niemandem aufgefallen ist oder etwas das schlicht trivial ist oder ... . Wie seht ihr das?

http://backreaction.blogspot.com/2019/09/the-trouble-with-many-worlds.html

The reason we have a measurement postulate is that it is necessary to describe what we observe. MWI people claim they can describe what we observe without the measurement postulate. I am pointing out that this only works because they bring in an assumption that's equivalent to the measurement postulate (equivalent in terms of observable consequences), therefore MWI is not any simpler than other interpretations of QM. Which, as I said above, is obvious if you think of it from a purely axiomatic perspective. If you could derive the measurement process from the Schroedinger equation in MWI, you could do it in any interpretation.

Aber wie beschreibt die MWI das was man beobachtet? Offensichtlich kann das kein Eigenzustand der Observablen sein, denn der ist das Resultat des Kollapses des Wellenfunktion.

Ist es nicht so, daß gemäß der MWI das Ergebnis zwar eine Superposition ist, die aber wegen der Einbeziehung der Umwelt quasi-klassisch erscheint und deshalb als Ergebnis beobachtbar ist? Ist das die Annahme der MWI auf die sich Sabine Hossenfelder bezieht?


Zuletzt bearbeitet von Günther am 10. Okt 2019 11:24, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Okt 2019 16:38    Titel: Antworten mit Zitat

Vorab: das ist ein sehr schwieriges Thema, das ich selbst nicht abschließend erklären kann.

Zu Beginn scheint Sabine Hossenfelder ein sehr klares Problem vor Augen zu haben - „rational handelnde Agenten“. Ihre Bedenken gehen in eine ähnliche Richtung wie meine eigenen. Mir selbst ist es nie gelungen, das weiter zu präzisieren, d.h. die Argumente von Carroll, Wallace et al. wirklich vollständig zu durchdenken und letztlich zu Aussage zu gelangen wie „ja, das ist insgs. stimmig“ oder „an der Stelle ist genau dieser Punkt extrem problematisch“. Wenn ich die Diskussion in dem Faden weiterverfolge, komme ich zu der Ansicht, dass es ihr genauso geht wir mir - ganz zuletzt bleibt das Gefühl, dass noch etwas offen ist, ohne genau sagen zu können, was.

https://backreaction.blogspot.com/2019/09/the-trouble-with-many-worlds.html?showComment=1569576013980#c4336002080819526277

B.F 5:20 AM, September 27, 2019
... Maybe there is still a measurement problem, but I think decoherence already explains a whole lot. The size of the problem is now a lot smaller than Copenhagen's ...

Meine Meinung.

Sabine Hossenfelder 5:52 AM, September 27, 2019
I am merely pointing out that this is an additional assumption which means that many worlds is not any simpler than the Copenhagen interpretation ... I am pointing out that this is because they are not careful writing down the assumptions which are necessary to arrive at a description of the world that agrees with what we see.

Die kursiv gesetzte Aussage ist bitter. Hier Brainwashing a la Bohr, dort ‘zig Papiere und teilweise Bücher, die das sehr ausführlich - wenn auch nicht unbedingt bis ins letzte verständlich - darlegen.

https://backreaction.blogspot.com/2019/09/the-trouble-with-many-worlds.html?showComment=1569578468084#c6628673106539704012

Dmitry Popov 6:01 AM, September 27, 2019
... Sean Carroll in the book you recently reviewed provides the answer ... Decoherence shows how the wave function evolves into parts that "don't interact" ... and then the way we divide the whole wave function into "branches" is about as arbitrary as our division of matter around into chairs, tables and keyboards. There are no two distinct detectors with the beam splitter, we just chose to call similar parts of the state vector as "detector with arrow up" and "detector with arrow down". And rescaling of probabilities when you select one of them is just "conditional probability", we do it for our convenience.

Gut!

Sabine Hossenfelder 6:28 AM, September 27, 2019
No, decoherence does not solve the problem.

Ok, danke für die ausführliche Begründung.

Sabine Hossenfelder 6:50 AM, September 27, 2019
Decoherence is a process that happens due to the Schrödinger equation alone. It cannot solve the measurement problem because the measurement process is non-linear whereas the Schrödinger equation is linear. I explained that in my video. Another way to put this is that decoherence will not bring a system into a detector eigenstate, which is what we observe. Decoherence (suitably interpreted) gives you a statistical mixture.

Aha. Welche Definition des Messprozesses legt sie denn zugrunde? Warum soll der Messprozess nicht-linear sein? Wo geht sie auf bekannte Argumente z.B. von Zeh ein? Das ist doch rein dogmatisch.

Es geht weiter:

https://backreaction.blogspot.com/2019/09/the-trouble-with-many-worlds.html?showComment=1569765110787#c1316637234111190335

Peter Shor 9:51 AM, September 29, 2019 - der Peter Shor!
You're saying that the MWI isn't any better than the Copenhagen interpretation because they both require additional assumptions. But shouldn't you actually compare these additional assumptions, and decide which one is simpler, more intuitive, or easier to work with? Comparing the number of additional assumptions (one in each case) and concluding that they are equally good interpretations is not a logically sound procedure.

Bingo!

Sabine Hossenfelder 12:33 PM, September 29, 2019
I am saying that since they both use the same number of (logically equivalent) assumptions neither is any simpler than the other, in contrast to what MWI defenders claim.

Peter Shor 9:24 PM, September 29, 2019
I'm saying that simply counting assumptions is an incredibly bad measure of simplicity. I won't argue with you about whether MWI is indeed simpler than Copenhagen, but I do strongly disagree with this methodology for measuring "simplicity" ...

Spätestens da habe ich beschlossen, dass ihr die Argumente ausgehen (andererseits kann ich mir das nicht vorstellen). Ich werde nochmal versuchen, die Argumente nachvollziehen, aber ich bin da nicht sehr optimistisch.

Shor hat völlig recht. Die MWI heutiger Prägung behauptet keineswegs, dass der Formalismus alleine das Messproblem löst. Das ist eine völlig absurde Idee, denn kein irgendwie gearteter Formalismus kann ein Problem lösen, das Formalismus/Mathematik, theoretische/experimentelle Physik und Interpretation/Metaphysik umfasst. Die MWI behauptet, dass sie zunächst mal den Formalismus verschlankt und dadurch in sich logisch konsistent gestaltet, und dass es auf dieser Basis möglich ist, durch einfachere Zusatzannahmen zu einer vernünftigen Interpretation zu kommen. Außerdem behauptet die MWI heutiger Prägung, dass die Dekohärenz die Hälfte der Arbeit quasi automatisch erledigt.

Sabine Hossenfelder kritisiert m.E. nicht wirklich die MWI.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Okt 2019 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Video:

bis 4:35 super erklärt!

6:00 - 7:00 zu stark verkürzt; aber ja, was der „zweig-lokale Detektor“ ist, folgt nicht aus der SGL, genausowenig wie „Dackel“ aus der Molekularbiologie folgt.

ab 7:00 die Kritik u.a. an Carroll, Wallace et al., von denen ich einiges gelesen und glaube, es teilweise verstanden zu haben; eine fundierte Kritik hätte mich interessiert.

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Neu
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Beitrag Neu Verfasst am: 07. Okt 2019 17:40    Titel: Antworten mit Zitat

Philosophisch gesehen ist die Viele Welten Theorie völlig absurd.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Okt 2019 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

Neu hat Folgendes geschrieben:
Philosophisch gesehen ist die Viele Welten Theorie völlig absurd.

Warum?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Okt 2019 18:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Sabine Hossenfelder 6:28 AM, September 27, 2019
No, decoherence does not solve the problem.

Ok, danke für die ausführliche Begründung.


Das ursprüngliche Problem scheint mal gewesen zu sein, zu erklären was eine kohärente Überlagerung makroskopisch unterscheidbarer Zeigerzustände bedeutet und wieso man trotzdem immer genau einen Meßwert erhält. MWI-Vertreter definieren das Problem anscheinend dahin um, zu erklären, wie der Detektor in einem gemischten Zustand landet. Ich denke ebenfalls, daß dieses umdefinierte Problem gar nichts mit dem Meßproblem zu tun hat (schon gar nicht die halbe Lösung ist), noch überhaupt Dekohärenz erfordert. In unserer letzten Diskussion über Schrödingers Katze, die völlig isomorph zum Meßproblem ist, habe ich versucht diese Ansicht zu begründen.

Zitat:

Sabine Hossenfelder 6:50 AM, September 27, 2019
Decoherence is a process that happens due to the Schrödinger equation alone. It cannot solve the measurement problem because the measurement process is non-linear whereas the Schrödinger equation is linear. I explained that in my video. Another way to put this is that decoherence will not bring a system into a detector eigenstate, which is what we observe. Decoherence (suitably interpreted) gives you a statistical mixture.

Aha. Welche Definition des Messprozesses legt sie denn zugrunde? Warum soll der Messprozess nicht-linear sein? Wo geht sie auf bekannte Argumente z.B. von Zeh ein? Das ist doch rein dogmatisch.


Du bist manchmal recht schnell mit dem Vorwurf des Dogmatismus. In dem Artikel wird ausführlich genug begründet, warum der Kollaps notwendig sein soll: Da man nämlich nach der Messung mit den korrekten bedingten Wahrscheinlichkeiten weiterarbeiten muß, die das gerade erhaltene Meßergebnis einbeziehen. Und der Kollaps ist natürlich nichtlinear. Diese Begründung erscheint mir zwar falsch, aber dogmatisch ist das noch nicht. Und sie hat im wesentlichen Punkt durchaus nicht unrecht: Everett verwendet selbst eine empirisch äquivalente Annahme in seiner Diskussion des Meßprozesses, nämlich die Forderung nach Wiederholbarkeit einmal erhaltener Meßergebnisse am selben System.

Zitat:

Es geht weiter:

https://backreaction.blogspot.com/2019/09/the-trouble-with-many-worlds.html?showComment=1569765110787#c1316637234111190335

Peter Shor 9:51 AM, September 29, 2019 - der Peter Shor!
You're saying that the MWI isn't any better than the Copenhagen interpretation because they both require additional assumptions. But shouldn't you actually compare these additional assumptions, and decide which one is simpler, more intuitive, or easier to work with? Comparing the number of additional assumptions (one in each case) and concluding that they are equally good interpretations is not a logically sound procedure.

Bingo!


Nix bingo. Es geht doch überhaupt nicht um das Zählen von Axiomen. Die wesentliche Behauptung ist, daß beide Zusatzannahmen logisch äquivalent sind. Dann hätte keine Wahl irgendeinen Vorteil, auch keinen praktischen. Ob man in bestimmten Argumentationsschritten nun auf ein "Axiom" oder ein "Theorem" zurückgreift, ist eine rein formale Frage ohne große Relevanz.

Allerdings glaube ich nicht, daß die Annahmen äquivalent sind. Sabine Hossenfelder irrt sich m.E. mit der Behauptung, daß eine korrekte Behandlung der bedingten Meßwahrscheinlichkeit unter der Einbeziehung eines konkreten früheren Ergebnisses, eine zum Kollaps äquivalente Annahme benötigt. Auch wenn sich Everett auf diesen Fall zu konzentrieren scheint, kann er die Annahme m.E. ohne Probleme fallen lassen. Damit scheint ein wesentlicher Teil ihres Arguments wegzubrechen.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Okt 2019 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke wir sind uns weitgehend einig bzgl. der Schwierigkeiten der Everett-Interpretation sowie bzgl. der Probleme der Argumentation von S.H. - wir bewerten sie nur unterschiedlich stark - was natürlich eher subjektiv ist.

S.H. bezieht sich bei ihrer Argumentation m.E. sehr stark auf Everett selbst - aber die Zeit ist nicht stehengeblieben. Natürlich löst die Dekohärenz nicht alle Probleme, aber sie löst einige - und darauf geht sie nicht ein ein. Das wertet die MWI nicht per se auf, jedoch ihre Kritik ab.

Bzgl. der Bewertung der Zusatzannahmen von Kopenhagen vs. MWI: mir kommt es so vor, als ob sie der MWI vorwirft, jenseits der SGL noch weitere Annahmen zu treffen, und dass die MWI deswegen das Messproblem nicht lösen könne. Das ist einfach unbeschreiblich naiv. Die SGL ist eine mathematische Gleichung, eine Messung ein physikalischer Vorgang. Das ist nicht das selbe, d.h. um von einem zum anderen zu gelangen, muss ich natürlich interpretieren. Niemand bestreitet dies.

Man muss sich die Probleme schon deutlich genauer anschauen als sie es tut.

Glaubst du, dass die Mikrobiologie alles an Bord hat, um — im reduktionistischen Sinn — das biologische System „Dackel“ zu erklären? Glaubst du, dass dies bereits alles erklärt, was der Begriff „Dackel“ für einen Menschen und insbs. das Dackelherrchen umfasst? Mir kommt es so vor, als ob sie letzteres anzweifelt - tue ich auch - und es mit ersterem in einen Topf wirft. Das ist ihr Problem.

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 09:10    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke wir sind uns weitgehend einig bzgl. der Schwierigkeiten der Everett-Interpretation sowie bzgl. der Probleme der Argumentation von S.H. - wir bewerten sie nur unterschiedlich stark - was natürlich eher subjektiv ist.

S.H. bezieht sich bei ihrer Argumentation m.E. sehr stark auf Everett selbst - aber die Zeit ist nicht stehengeblieben. Natürlich löst die Dekohärenz nicht alle Probleme, aber sie löst einige - und darauf geht sie nicht ein ein.

Das wertet die MWI nicht per se auf, jedoch ihre Kritik ab.


Ich bin mir nicht sicher welche Probleme du meinst, die die Dekohärenz angeblich löst. Ich finde es aber absolut einleuchtend, daß sie nicht auf Dekohärenz eingeht. Abgesehen vielleicht vom Basisproblem (um das es hier nicht geht) kann Dekorhärenz nichts bewirken, was die Wechselwirkung mit dem zu messenden System nicht bereits auch bewirkt hätte. Und diese Wirkung ist in jedem Fall linear, anders als die Aktualisierung der Wahrscheinlichkeit, die sie als notwendig bezeichnet. Eine gültige Kritik an ihrem Argument muß also zeigen, daß die aktualisierte Wahrscheinlichkeit nicht notwendigerweise die ist, die man aus dem Kollapspostulat erhält.

Zitat:

Bzgl. der Bewertung der Zusatzannahmen von Kopenhagen vs. MWI: mir kommt es so vor, als ob sie der MWI vorwirft, jenseits der SGL noch weitere Annahmen zu treffen, und dass die MWI deswegen das Messproblem nicht lösen könne.


Es geht nicht einfach darum, daß irgendwelche Zusatzannahmen benötigt werden, sondern daß solche benötigt werden, die den Kollaps implizieren. Das ist doch ihr Ausgangspunkt.

Das Meßproblem formuliert sie als Diskrepanz zwischen der Schrödingergleichung und dem Kollaps. Den Kollaps hält sie für notwendig. Daraus folgt: Entweder kann man den Kollaps aus den anderen Grundannahmen ableiten -- dann kann man dies in jeder Interpretation tun -- oder man benötigt in jeder Interpretation Zusatzannahmen, die diese Ableitung erlauben. In jedem Fall hat man nichts gewonnen, wenn man das Meßproblem lösen will. Das ist doch durchaus nachvollziehbar oder nicht? Das einzige was es hier zu kritisieren gibt, ist die Gültigkeit ihrer Grundannahmen.

Ihrer Kritik kann man natürlich nicht einfach durch den Hinweis begegnen, daß die MWI keinen Kollaps postuliert. Man muß zeigen, daß er nicht notwendig ist.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

Sorry, verstehe ich nicht.

Die Dekohärenz löst zunächst das Problem der Emergenz klassischer Welten, d.h. wie aus der Quantenmechanik in sehr guter Näherung eine Multiplizität dynamisch entkoppelter Zweige hervorgehen, wobei jeder einzelne für sich stabil ist, und wobei die Zweige untereinander wechselweise entkoppelt sind. Darüberhinaus löst die Dekohärenz das Problem der Auswahl der Basis bzgl. der die Zweige resultieren.

Meinst du, dass das für die Kritik von S.H. irrelevant ist? Oder das sie richterweise / fälschlicherweise ignoriert?

Es gibt bzgl. der MWI keine Diskussion, dass sie die Wahrscheinlichkeiten gem. der Bornschen Regel reproduzieren muss (die ja experimentell bestätigt sind).

Es gibt m.E. auch keine Diskussion, dass sie diese Wahrscheinlichkeiten insofern reproduziert, als die Amplituden der Zweige exakt diese Wahrscheinlichkeiten reproduzieren.

Stellt sie das in Abrede? M.E. nein.

Der wesentliche Kritikpunkt an der MWI ist doch, dass überhaupt nicht klar ist, warum die Amplituden der Zweige überhaupt als Wahrscheinlichkeiten interpretiert werden sollen. Das ist auch der Kritikpunkt von S.H.: sie wirft den Vertretern der MWI vor, dass die dazu notwendigen Annahmen unklar bleiben oder dass sie logisch genauso problematisch sind wie die Annahmen entsprechend Kopenhagen.

Letzteres habe ich als ihren wesentlichen Kritikpunkt verstanden.

Dass sie einen Kollaps für unverzichtbar hält, habe ich so nicht verstanden. Natürlich benötige ich die selben Wahrscheinlichkeiten wie die aus dem Kollaps resultierenden, aber dazu benötige ich logisch nicht unbedingt den Kollaps selbst; das ja bereits Everett gezeigt; und das sagt S.H. m.E. nicht.

Schauen wir doch ihre Kritik mal an:

This, of course, is not what we observe. We observe only one measurement outcome. The many worlds people explain this as follows. Of course you are not supposed to calculate the probability for each branch of the detector. Because when we say detector, we don’t mean all detector branches together. You should only evaluate the probability relative to the detector in one specific branch at a time.

That sounds reasonable. Indeed, it is reasonable. It is just as reasonable as the measurement postulate. In fact, it is logically entirely equivalent to the measurement postulate. The measurement postulate says: Update probability at measurement to 100%. The detector definition in many worlds says: The “Detector” is by definition only the thing in one branch. Now evaluate probabilities relative to this, which gives you 100% in each branch. Same thing.

Bei hierher alles klar.

And because it’s the same thing you already know that you cannot derive this detector definition from the Schrödinger equation. It’s not possible.

Richtig - aber das behauptet auch niemand.

What the many worlds people are now trying instead is to derive this postulate from rational choice theory. But of course that brings back in macroscopic terms, like actors who make decisions and so on. In other words, this reference to knowledge is equally in conflict with reductionism as is the Copenhagen interpretation.

Das verstehe ich als ihren wesentlichen Kritikpunkt, und da kann ich ihr sogar zustimmen: die zusätzlichen Annahmen der MWI, die logisch dazu führen, die o.g. Gewichte je Zweig im Sinne Everetts als gemessene Wahrscheinlichkeiten gem. Born zu interpretieren, sind umstritten (und für mich persönlich teilweise unverständlich).

And that’s why the many worlds interpretation does not solve the measurement problem and therefore it is equally troubled as all other interpretations of quantum mechanics.

Das ist ihre Überzeugung. Aber um die Diskussion voranzubringen, müsste sie im Detail zeigen, wo genau die Argumente, die Wallace et al. über zig Artikel auf einigen hundert Seiten entwickelt haben, unzureichend sind. Das macht sie aber nicht, sie belässt es mit der Aussage

Zusammenfassend:

Mein Problem mit den o.g. Annahmen und Argumenten der MWI ist, dass ich sie bis heute nicht wirklich soweit verstanden habe, um sie überzeugend zu vertreten oder zu kritisieren.

S.H. hat nun entweder alles im Detail verstanden und kann im Detail erklären, wo die Argumente problematisch sind. Warum erklärt sie es nicht im Detail? Oder sie hat es - ebenso wie ich - nicht im Detail verstanden, dann ...

Jedenfalls endet ihre vernünftig Argumentation genau da, wo es spannend wird. Das ist für mich die große Enttäuschung.

Kannst du mir anhand ihres Textes genauer erklären, was denn nun im Detail das Problem ist?

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 08. Okt 2019 10:59, insgesamt einmal bearbeitet
Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 08. Okt 2019 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

I am pointing out that this only works because they bring in an assumption that's equivalent to the measurement postulate (equivalent in terms of observable consequences), therefore MWI is not any simpler than other interpretations of QM.
Welche Annahme der MWI meint sie hier? Ist es das, was ich in der OP vermute?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 10:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS, mir ist übrigens gerade eingefallen, daß du mal eine Ansicht vertreten hast, die, glaube ich, der von Sabine Hossenfelder hier ganz ähnlich ist. Zumindest hatte ich dich damals so verstanden. Siehe die Diskussion im Anschluß an diesen Beitrag.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 11:09    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Dekohärenz löst zunächst das Problem der Emergenz klassischer Welten, d.h. wie aus der Quantenmechanik in sehr guter Näherung eine Multiplizität dynamisch entkoppelter Zweige hervorgehen, wobei jeder einzelne für sich stabil ist, und wobei die Zweige untereinander wechselweise entkoppelt sind. Darüberhinaus löst die Dekohärenz das Problem der Auswahl der Basis bzgl. der die Zweige resultieren.

Meinst du, dass das für die Kritik von S.H. irrelevant ist? Oder das sie richterweise / fälschlicherweise ignoriert?


Aus ihren Annahmen folgt, daß es irrelevant ist, selbst wenn es stimmte. Deswegen ist zumindest klar, daß sie es ignoriert.

Zitat:

Das ist auch der Kritikpunkt von S.H.: sie wirft den Vertretern der MWI vor, dass die dazu notwendigen Annahmen unklar bleiben oder dass sie logisch genauso problematisch sind wie die Annahmen entsprechend Kopenhagen.
Letzteres habe ich als ihren wesentlichen Kritikpunkt verstanden.

Dass sie einen Kollaps für unverzichtbar hält habe ich so nicht verstanden.


Aus dem Artikel: "The wave-function collapse, I have to emphasize, is not optional. It is an observational requirement." Darauf beruht m.E. das ganze Argument.

Zitat:

Natürlich benötige ich die selben Wahrscheinlichkeiten wie die aus dem Kollaps resultierenden, aber dazu benötige ich logisch nicht unbedingt den Kollaps selbst; das ja bereits Everett gezeigt.


Die Aktualisierung der Wahrscheinlichkeiten nach der Messung ist der Kollaps. Da gibt es keine logische Trennung. Die Frage ist nur wie ich die Wahrscheinlichkeiten im Hinblick auf die Ergebnisse vergangener Messungen korrekt aktualisere. Diese Frage haben wir im "H-Atome"-Thread vor 2 Jahren (den ich oben verlinkt habe) auch schon mal gestreift, wenn ich mich richtig erinnere.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und diese Wirkung ist in jedem Fall linear, anders als die Aktualisierung der Wahrscheinlichkeit, die sie als notwendig bezeichnet.

Das Problem ist nicht neu. die Dynamik eines Münzwurfs ist kontinuierlich und deterministisch; die daraus resultierenden Wahrscheinlichkeiten sind es nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine gültige Kritik an ihrem Argument muß also zeigen, daß die aktualisierte Wahrscheinlichkeit nicht notwendigerweise die ist, die man aus dem Kollapspostulat erhält.

Ich sehe praktisch kein Argument ihrerseits, lediglich eine Behauptung. Kannst du ihr Argument zitieren?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht nicht einfach darum, daß irgendwelche Zusatzannahmen benötigt werden, sondern daß solche benötigt werden, die den Kollaps implizieren. Das ist doch ihr Ausgangspunkt.

Wo schreibt sie denn, dass ein Kollaps impliziert werden muss? Es geht um Zusatzannahmen, die die Interpretation der Amplituden als Wahrscheinlichkeiten implizieren. Kannst du bitte ihre Aussage zitieren?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das Meßproblem formuliert sie als Diskrepanz zwischen der Schrödingergleichung und dem Kollaps. Den Kollaps hält sie für notwendig.

Ersteres ja, und da stimme ich zu. Letzteres nein. Wo schreibt sie, dass sie den Kollaps für notwendig hält?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Daraus folgt: Entweder kann man den Kollaps aus den anderen Grundannahmen ableiten -- dann kann man dies in jeder Interpretation tun -- oder man benötigt in jeder Interpretation Zusatzannahmen, die diese Ableitung erlauben.

Nochmal: es geht nicht um die Ableitung eines Kollapses. Sie folgt der Argumentation der MWI ohne Kollaps, behauptet jedoch, dass diese Argumentation bzw. die zugrunde liegenden Annahmen unpräzise bzw. unvollständig sind.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
In jedem Fall hat man nichts gewonnen, wenn man das Meßproblem lösen will. Das ist doch durchaus nachvollziehbar oder nicht?

Für mich ist ihre Hinleitung nachvollziehbar, zur Kritik an der MWI sehe ich jedoch keine nachvollziehbare Argumentation. Ihr Ansatzpunkt zu einer Kritik ist für mich nachvollziehbar, eine weitere Ausführung fehlt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ihrer Kritik kann man natürlich nicht einfach durch den Hinweis begegnen, daß die MWI keinen Kollaps postuliert. Man muß zeigen, daß er nicht notwendig ist.

Sie postuliert ihn ebenfalls nicht. Sie behauptet, dass letzteres - man müsse zeigen, dass er nicht notwendig sei - von der MWI nicht vollständig erreicht wird.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Das ist auch der Kritikpunkt von S.H.: sie wirft den Vertretern der MWI vor, dass die dazu notwendigen Annahmen unklar bleiben oder dass sie logisch genauso problematisch sind wie die Annahmen entsprechend Kopenhagen.
Letzteres habe ich als ihren wesentlichen Kritikpunkt verstanden.

Dass sie einen Kollaps für unverzichtbar hält habe ich so nicht verstanden.


Aus dem Artikel: "The wave-function collapse, I have to emphasize, is not optional. It is an observational requirement." Darauf beruht m.E. das ganze Argument.

Ja, und genau das löst die Dekohärenz: ein beobachteter Kollaps, ohne den tatsächlichen Kollaps des Zustandes a la von-Neumann.

Das ist tatsächlich die Lösung eines Teiles des Messproblems, und das ist m.E. heute unumstritten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Natürlich benötige ich die selben Wahrscheinlichkeiten wie die aus dem Kollaps resultierenden, aber dazu benötige ich logisch nicht unbedingt den Kollaps selbst; das ja bereits Everett gezeigt.


Die Aktualisierung der Wahrscheinlichkeiten nach der Messung ist der Kollaps.

Aber nein, das ist kein Kollaps im Sinne des Wortes.

Kollaps besagt, dass nach einer Messung eine Projektion des Zustandes auf einen Eigenraum der gemessenen Observablen durchzuführen ist.

Die Everettsche Interpretation besagt, dass keine derartige Projektion für den Gesamtzustand erfolgen muss, sondern dass je Zweig relative Wahrscheinlichkeiten berechnet werden dürfen, obwohl der Gesamtzustand für die zukünftige Zeitentwicklung ohne Kollaps gültig bleibt.

Das muss man schon sauber trennen.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
I am pointing out that this only works because they bring in an assumption that's equivalent to the measurement postulate (equivalent in terms of observable consequences), therefore MWI is not any simpler than other interpretations of QM.
Welche Annahme der MWI meint sie hier? Ist es das, was ich in der OP vermute?

M.E. handelt es sich um folgenden Punkt:

What the many worlds people are now trying instead is to derive this postulate from rational choice theory. But of course that brings back in macroscopic terms, like actors who make decisions and so on. In other words, this reference to knowledge is equally in conflict with reductionism as is the Copenhagen interpretation.

Das ist der einzige Punkt, den sie dazu erwähnt.

Dazu muss man sagen, dass die diesbzgl. Argumente der MWI logisch sehr umfangreich und kompliziert sind, die Gegenargumente ebenso. Ich habe beide Seiten nicht vollumfänglich verstanden.

S.H. schreibt diesen einen kurzen Absatz, mehr nicht. Das bringt niemanden weiter.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 08. Okt 2019 11:51, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
I am pointing out that this only works because they bring in an assumption that's equivalent to the measurement postulate (equivalent in terms of observable consequences), therefore MWI is not any simpler than other interpretations of QM.
Welche Annahme der MWI meint sie hier? Ist es das, was ich in der OP vermute?


Nein, Dekohärenz ist keine Zusatzannahme der MWI und sie hat deutlich gemacht, daß ihre Kritik unabhängig von den Effekten der Dekohärenz ist.

Was sie meint, ist, denke ich, folgendes:

"We observe only one measurement outcome. The many worlds people explain this as follows. Of course you are not supposed to calculate the probability for each branch of the detector. Because when we say detector, we don’t mean all detector branches together. You should only evaluate the probability relative to the detector in one specific branch at a time."

Das ist praktisch eine Kritik an dem Konzept des "Relative State" selbst. Ihr Argument ist wohl, daß die MWI mit dem "relative state", als dem angeblich korrekten Objekt zur Beschreibung des Meßgeräts nach der Messung, praktisch den Kollaps und damit das Meßproblem durch die Hintertür wieder einführe.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS, mir ist übrigens gerade eingefallen, daß du mal eine Ansicht vertreten hast, die, glaube ich, der von Sabine Hossenfelder hier ganz ähnlich ist. Zumindest hatte ich dich damals so verstanden. Siehe die Diskussion im Anschluß an diesen Beitrag.

Dort diskutieren wir doch eigtl. nicht die MWI.

Meine Meinung ist - kurz zusammengefasst - dass ich Bauchschmerzen bzgl. der rational choice theory a la Wallace et al. habe, weil ich diese - für mich - als zu kompliziert ansehe, um ihr vertrauen zu können.

S.H. hat offenbar die selben Bauchschmerzen, aber auch kein tieferes Verständnis als ich - zumindest teilt sie es uns nicht mit.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 08. Okt 2019 11:48, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist praktisch eine Kritik an dem Konzept des "Relative State" selbst. Ihr Argument ist wohl, daß die MWI mit dem "relative state", als dem angeblich korrekten Objekt zur Beschreibung des Meßgeräts nach der Messung, praktisch den Kollaps und damit das Meßproblem durch die Hintertür wieder einführe.

Ich würde es etwas anders formulieren:

Ihr Argument ist wohl, daß die MWI mit dem "relative state" - als dem angeblich korrekten Objekt zur Beschreibung des Meßgeräts je Zweig nach der Messung - eine der Bonschen Regel äquivalente Regel anwendet, dafür jedoch keine schlüssigen Argumente liefert und damit das Meßproblem durch die Hintertür wieder einführt.

Gehe ich als Ausgangspunkt einer Kritik mit. Mehr ist das leider nicht.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Das ist auch der Kritikpunkt von S.H.: sie wirft den Vertretern der MWI vor, dass die dazu notwendigen Annahmen unklar bleiben oder dass sie logisch genauso problematisch sind wie die Annahmen entsprechend Kopenhagen.
Letzteres habe ich als ihren wesentlichen Kritikpunkt verstanden.

Dass sie einen Kollaps für unverzichtbar hält habe ich so nicht verstanden.


Aus dem Artikel: "The wave-function collapse, I have to emphasize, is not optional. It is an observational requirement." Darauf beruht m.E. das ganze Argument.

Ja, und genau das löst die Dekohärenz: ein beobachteter Kollaps, ohne den tatsächlichen Kollaps des Zustandes a la von-Neumann.



Nein, die Konsequenzen (auch die beobachtbaren) aus Dekohärenz und Kollaps sind völlig verschieden. Wenn du das anders siehst, dann ist klar, daß du das Argument von Sabine Hossenfelder nicht nachvollziehen kannst.

Betrachte ein System im Zustand , an dem erst eine A-Messung mit Ergebnis a, und danach eine B-Messung (A=B ist erlaubt) durchgeführt wird. Wie groß ist die bedingte Wahrscheinlichkeit für das Ergebnis b der zweiten Messung unter Einbeziehung des Ergebnisses der ersten Messung? Das Kollapspostulat behauptet



(Unabhängig von !) Das bekommst du nicht ohne Zusatzannahme aus der Dekohärenz. Aus der Dekohärenz folgt nur, daß du nach der A-Messung mit dem Zustand



weiterrechnen darfst. Und was machst du dann? Setzt du

?

Das ergibt nicht dasselbe. (Die -Abhängigkeit bleibt.)


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Natürlich benötige ich die selben Wahrscheinlichkeiten wie die aus dem Kollaps resultierenden, aber dazu benötige ich logisch nicht unbedingt den Kollaps selbst; das ja bereits Everett gezeigt.


Die Aktualisierung der Wahrscheinlichkeiten nach der Messung ist der Kollaps.

Aber nein, das ist kein Kollaps im Sinne des Wortes.

Kollaps besagt, dass nach einer Messung eine Projektion des Zustandes auf einen Eigenraum der gemessenen Observablen durchzuführen ist.


Ja, genau. Ich meinte diese Aktualisierung, die mit der normierten Projektion weiterrechnet, ist der Kollaps. Wenn genau diese Aktualisierung notwendig wäre, bleibt ihr Argument m.E. bestehen.

Zitat:

Die Everettsche Interpretation besagt, dass keine derartige Projektion für den Gesamtzustand erfolgen muss, sondern dass je Zweig relative Wahrscheinlichkeiten berechnet werden dürfen, obwohl der Gesamtzustand für die zukünftige Zeitentwicklung ohne Kollaps gültig bleibt.


Und Sabine Hossenfelder sagt dazu: "Same thing."

Zitat:

Das muss man schon sauber trennen.


Nun müßtest aber du genauer sagen, was es da zu trennen gibt. Sabine Hossenfelder macht zumindest recht plausibel, daß es dasselbe ist, finde ich.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 13:41    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Das ist auch der Kritikpunkt von S.H.: sie wirft den Vertretern der MWI vor, dass die dazu notwendigen Annahmen unklar bleiben oder dass sie logisch genauso problematisch sind wie die Annahmen entsprechend Kopenhagen.
Letzteres habe ich als ihren wesentlichen Kritikpunkt verstanden.

Dass sie einen Kollaps für unverzichtbar hält habe ich so nicht verstanden.


Aus dem Artikel: "The wave-function collapse, I have to emphasize, is not optional. It is an observational requirement." Darauf beruht m.E. das ganze Argument.

Ja, und genau das löst die Dekohärenz: ein beobachteter Kollaps, ohne den tatsächlichen Kollaps des Zustandes a la von-Neumann.


Nein, die Konsequenzen (auch die beobachtbaren) aus Dekohärenz und Kollaps sind völlig verschieden. Wenn du das anders siehst, dann ist klar, daß du das Argument von Sabine Hossenfelder nicht nachvollziehen kannst.

Die beobachtbaren = phänomenologischen Konsequenzen sind - im Rahmen der Messgenauigkeit wahrscheinlich für immer identisch. Seit wann gäbe es Unterschiede? Welche?

Die ontologischen, jedoch unbeobachtbaren Konsequenzen sind natürlich erheblich.

Den nächsten Abschnitt schaue ich mir noch an.

Und nochmal: m.E. mach S.H. in der Hinführung das Messproblem sehr gut plausibel, ihre Einwände gegen die MWI dagegen nicht. Sie behauptet nicht, dass derartige Einwände gäbe - was absolut zutreffend wäre - sie behauptet ganz platt, dass sie recht habe, ohne ein einziges tiefergehendes Argument.

„Same thing“ ist kein Argument.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, die Konsequenzen (auch die beobachtbaren) aus Dekohärenz und Kollaps sind völlig verschieden. Wenn du das anders siehst, dann ist klar, daß du das Argument von Sabine Hossenfelder nicht nachvollziehen kannst.

Die beobachtbaren = phänomenologischen Konsequenzen sind - im Rahmen der Messgenauigkeit wahrscheinlich für immer identisch. Seit wann gäbe es Unterschiede? Welche?


Die Unterschiede habe ich doch gerade vorgerechnet.

Zitat:

Den nächsten Abschnitt schaue ich mir noch an.


Schön, ich bitte darum. ;-)

Zitat:

Und nochmal: m.E. mach S.H. in der Hinführung das Messproblem sehr gut plausibel, ihre Einwände gegen die MWI dagegen nicht. Sie behauptet nicht, dass derartige Einwände gäbe - was absolut zutreffend wäre - sie behauptet ganz platt, dass sie recht habe, ohne ein einziges tiefergehendes Argument.

„Same thing“ ist kein Argument.


Das Argument steht in den beiden Abschnitten unmittelbar davor.

"We observe only one measurement outcome. The many worlds people explain this as follows. Of course you are not supposed to calculate the probability for each branch of the detector. Because when we say detector, we don’t mean all detector branches together. You should only evaluate the probability relative to the detector in one specific branch at a time.

That sounds reasonable. Indeed, it is reasonable. It is just as reasonable as the measurement postulate. In fact, it is logically entirely equivalent to the measurement postulate. The measurement postulate says: Update probability at measurement to 100%. The detector definition in many worlds says: The “Detector” is by definition only the thing in one branch. Now evaluate probabilities relative to this, which gives you 100% in each branch. Same thing."


Man könnte umgekehrt genauso gut sagen: "Du gehst auf keines ihrer Argumente ein, sondern behauptest nur, es gäbe sie nicht." Ich glaube du erwartest einfach die Art von Kritik, die du für treffend hältst und übersiehst deshalb die, die sie tatsächlich formuliert. Wenn Zitate nicht mehr ausreichen, wird es natürlich schwer für mich, dich von der bloßen Existenz von Argumenten zu überzeugen. (Ich behaupte übrigens nicht, daß das Argument zutrifft, aber seine Existenz steht für mich außer Frage. EDIT: Um das etwas deutlicher zu sagen: Ich glaube mit der Äquivalenz hat sie recht. Was ich nicht behaupte, ist die Notwendigkeit des Wahrscheinlichkeitsupdates im Einklang mit dieser Prozedur. )
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Okt 2019 15:44    Titel: Antworten mit Zitat

Natürlich gehe ich auf ihre Kritik ein - habe ich oben mehrfach geschrieben.

Die beiden von dir zitierten Abschnitte sind nicht problematisch; das sagt auch S.H. nicht:
That sounds reasonable. Indeed, it is reasonable.

Sie sagt, dass es unvollständig ist - was trivialerweise klar ist: vorgelegt ist eine deterministische Theorie; gesucht ist eine Argumentation, wie und warum man zu Wahrscheinlichkeiten gelangt: nicht mathematisch sondern logisch / argumentativ.

S.H. kritisiert die Vervollständigung der Argumentation, die die VWI auf Basis der Dekohärenz anbietet:
[i]What the many worlds people are now trying instead is to derive this postulate from rational choice theory. But of course that brings back in macroscopic terms, like actors who make decisions and so on. In other words, this reference to knowledge is equally in conflict with reductionism as is the Copenhagen interpretation.


Ich habe mehrfach geschrieben - nicht erst hier - dass ich dies als die eigentliche ungelöste Fragestellung der VWI ansehe, und dass ich die Argumentation der VWI hier nicht für offensichtlich schlüssig halte.

Bis hierher stimme ich mit S.H. überein.

Meine Hoffnung war, dass sie mehr und insbs. eine detailliertere Analyse zu bieten hat. Ich habe fundiertere Kritiken gelesen.

EDIT: Ein Punkt stört mich außerdem noch - Shor hat das ebenfalls dargestellt:

Sie geht an keiner Stelle substantiell auf die Annahmen ein; welchen Status haben sie, wie kompliziert sind sie, wie wird die Verträglichkeit sichergestellt bzw. Inkonsistenz vermieden, welche Erklärungskraft hat die resultierende Theorie, ...?

Alleine die Tatsache, dass die MWI auf Basis der Dekohärenz eine teilweise Lösung anbietet, mittels Eliminierung des Kollapses eine logische Inkonsistenz eliminiert sowie eine physikalische Beschreibung des Messprozesses anbietet stellt einen - noch nicht vollständigen - Fortschritt dar.

Same thing? Nee, sicher nicht!

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Natürlich gehe ich auf ihre Kritik ein - habe ich oben mehrfach geschrieben.

Die beiden von dir zitierten Abschnitte sind nicht problematisch; das sagt auch S.H. nicht:
That sounds reasonable. Indeed, it is reasonable. It is just as reasonable as the measurement postulat.


Ich glaube du hast das Argument immer noch nicht verstanden. Das Meßproblem besteht in einem Konflikt zwischen Schrödinger-Gleichung und Kollaps. Wenn die MWI eine Zusatzannahme einführt, die -- Achtung! -- logisch äquivalent zum Kollaps ist, kann sie das Meßproblem nie und nimmer lösen. Egal welche Resultate Wallace et al. mit ihrem rational-choice-Programm noch erzielen werden.

Zitat:

Sie sagt, dass es unvollständig ist - was trivialerweise klar ist: vorgelegt ist eine deterministische Theorie; gesucht ist eine Argumentation, wie und warum man zu Wahrscheinlichkeiten gelangt: nicht mathematisch sondern logisch / argumentativ.


Das ist deine Kritik, nicht die von Sabine Hossenfelder. Zitat aus den Kommentaren (Antwort an PhysicistDave):

"It's not the probability measure problem, as I am not worried about how to weigh different branches.

[...]

I am asking why is the forward evolution of what is a detector at t_0 no longer a detector at t_1>t_0. The answer to this is that, by assumption, the forward-evolved detector is not what many worlds fans want to call a detector. So you need an additional assumption and this assumption is virtually equivalent to the measurement postulate in Copenhagen. I use virtually to mean "up to interpretation".


Das steht es. Sie kritisiert nicht, daß das Wahrscheinlichkeitsmaß nicht abgeleitet wird. Sie stellt nur fest, daß das nach der Messung verwendete Wahrscheinlichkeitsmaß den relative state zugrunde legt, was "virtually" dasselbe ist, wie das Kollapspostulat.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 08. Okt 2019 16:17, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

EDIT: Ein Punkt stört mich außerdem noch - Shor hat das ebenfalls dargestellt:

Sie geht an keiner Stelle substantiell auf die Annahmen ein;


Doch das tut sie: Sie behauptet die Zusatzannahmen der MWI seien logisch äquivalent zum Kollapspostulat. Darauf beruht ihr Argument. Es ist völlig egal -- für ihr Argument -- ob eine Interpretation eine einfache und die andere Interpretation zehn komplizierte Zusatzannahmen einführt, solange sie logisch äquivalent sind.

Zitat:

Alleine die Tatsache, dass die MWI auf Basis der Dekohärenz eine teilweise Lösung anbietet, mittels Eliminierung des Kollapses eine logische Inkonsistenz eliminiert sowie eine physikalische Beschreibung des Messprozesses anbietet stellt einen - noch nicht vollständigen - Fortschritt dar.


Keine Ahnung was ich dazu jetzt noch sagen soll. Ich habe gerade den Eindruck gegen eine Wand zu reden, sorry.
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 08. Okt 2019 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Das Meßproblem besteht in einem Konflikt zwischen Schrödinger-Gleichung und Kollaps. Wenn die MWI eine Zusatzannahme einführt, die -- Achtung! -- logisch äquivalent zum Kollaps ist, kann sie das Meßproblem nie und nimmer lösen. Egal welche Resultate Wallace et al. mit ihrem rational-choice-Programm noch erzielen werden.

Nach meinem bisherigen (und womöglich allgemeinen) Verständnis ist die Kollapsvermeidung nach der MWI etwas, das diese Interpretation gegenüber der Kopenhagener auszeichnet. Mir scheint S.H. nimmt mit der "Zusatzannahme" genau diesen Punkt auf's Korn. Damit, "same thing" entsteht eine Art patt-Situation.

Diese "Zusatzannahme" kann m.E. schon deshalb das Meßproblem nicht lösen, weil die Unitarität auch mit ihr erhalten ist. Und ich denke auch nicht, daß S.H. darauf abzielt. Oder - und das hätte ich gern geklärt - meint sie etwa mit "logisch äquivalent", daß die MWI implizit den Kollaps ebenfalls hat? ?(


Zuletzt bearbeitet von Günther am 08. Okt 2019 18:12, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Okt 2019 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:

Diese "Zusatzannahme" kann m.E. schon deshalb das Meßproblem nicht lösen, weil die Unitarität erhalten ist und ich denke auch nicht, daß S.H. darauf abzielt. Die MWI hat nun mal kein Meßproblem und um das der KI schert sie sich nicht.


Niemand behauptet eine Zusatzannahme würde das Meßproblem lösen. Gelöst wäre es, wenn man das Kollapspostulat ersatzlos streichen könnte. Sabine Hossenfelders Argument ist, daß die MWI es eben nicht ersatzlos streicht*), sondern durch eine äquivalente Annahme ersetzt und mit dieser folglich das Meßproblem wieder einführt.

_____
*) Auch nicht streichen kann, weil es empirisch notwendig ist.
Neu
Gast





Beitrag Neu Verfasst am: 08. Okt 2019 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Neu hat Folgendes geschrieben:
Philosophisch gesehen ist die Viele Welten Theorie völlig absurd.

Warum?


Habe hier mal einen Artikel von Sabine Hossenfelder bezüglich der MWI, welcher wohl vorallem für Laien gedacht ist. Die Argumente von S.H scheinen mir zwar irgendwie schwach, dennoch finde ich die Viele Welten Theorie unrealistisch. Angenommen Sie würde stimmen, so gäbe es von mir Doppelgänger die sich subjektiv ebenso real fühlen wie ich und während des Schreibens einen Herzinfarkt bekommen oder jetzt unerwartet ein Meteoroid auf der Erde einschlägt. Keine amüsante Vorstellung...


Why the multiverse is religion, not science.

This is the 5th and last part in my series to explain why the multiverse is not a scientific hypothesis. The other parts are: 1. Does the Higgs-boson exist? 2. Do I exist? 3. Does God exist? and 4. The multiverse hypothesis.

I put together these videos because I am frustrated that scientists discard the issue unthinkingly. This is not a polemical argument and it’s not meant as an insult. But believing in the multiverse is logically equivalent to believing in god, therefore it’s religion, not science.

To see why, let me pull together what I laid out in my previous videos. Scientists say that something exists if it is useful to describe observations. By “useful” I mean it is simpler than just collecting data. You can postulate the existence of things that are not useful to describe observations, such as gods, but this is no longer science.

Universes besides our own are logically equivalent to gods. They are unobservable by assumption, hence they can exist only in a religious sense. You can believe in them if you want to, but they are not part of science.

I know that this is not a particularly remarkable argument. But physicists seem to have a hard time following it, especially those who happen to work on the multiverse. Therefore, let me sort out some common misunderstandings.

First. The major misunderstanding is that I am saying the multiverse does not exist. But this is not what I am saying. I am saying science does not tell us anything about universes we cannot observe, therefore claiming they exist is not science.

Second. They will argue the multiverse is simple. Most physicists who are in favor of the multiverse say it’s scientific because it’s simpler to assume that all universes of a certain type exist than it is to assume that only one of them exist.

That’s a questionable claim. But more importantly, it’s beside the point. The simplest assumption is no assumption. And you do not need to make any statement about the existence of the multiverse to explain our observations. Therefore, science says, you should not. As I said, it’s the same with the multiverse as with god. It’s an unnecessary assumption. Not wrong, but superfluous.

You also do not need to postulate the existence of our universe, of course. No scientist ever does that. That would be totally ridiculous.

Third. They’ll claim the existence of the multiverse is a prediction of their theory.

It’s not. That’s just wrong. Just because you can write down a theory for something, doesn’t mean it exists*. We determine that something exists, in the scientific sense, if it is useful to describe observation. That’s exactly what the multiverse is not.

Fourth. But then you are saying that discussing what’s inside a black hole is also not science

That’s equally wrong. Other universes are not science because you cannot observe them. But you can totally observe what’s inside a black hole. You just cannot come back and tell us about it. Besides, no one really thinks that the inside of a black hole will remain inaccessible forever. For these reasons, the situation is entirely different for black holes. If it was correct that the inside of black holes cannot be observed, this would indeed mean that postulating its existence is not scientific.

Fifth. But there are types of multiverses that have observable consequences.

That’s right. Physicists have come up with certain types of multiverses that can be falsified. The problem with these ideas is conceptually entirely different. It’s that there is no reason to think we live in such multiverses to begin with. The requirement that a hypothesis must be falsifiable is certainly necessary to make the hypothesis scientific, but not sufficient. I previously explained this here.

To sum it up. The multiverse is certainly an interesting idea and it attracts a lot of public attention. There is nothing wrong with that in principle. Entertainment has a value and so has thought-stimulating discussion. But do not confuse the multiverse with science, because it is not.

Da Links als Gast nicht erlaubt sind und ich mich keines Diebstahls geistigen Eigentums schuldig machen will, habe ich die Link Adresse verkürzt wiedergegeben

backreaction.blogspot.com/2019/07/why-multiverse-is-religion-not-science.html

Anmerkung Da Links als Gast nicht erlaubt sind und ich mich keines Diebstahls geistigen Eigentums schuldig machen will, habe ich die Link Adresse verkürzt wiedergegeben
jh8979
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 08. Okt 2019 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

Neu hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Neu hat Folgendes geschrieben:
Philosophisch gesehen ist die Viele Welten Theorie völlig absurd.

Warum?


Habe hier mal einen Artikel von Sabine Hossenfelder bezüglich der MWI, welcher wohl vorallem für Laien gedacht ist. Die Argumente von S.H scheinen mir zwar irgendwie schwach, dennoch finde ich die Viele Welten Theorie unrealistisch. Angenommen Sie würde stimmen, so gäbe es von mir Doppelgänger die sich subjektiv ebenso real fühlen wie ich und während des Schreibens einen Herzinfarkt bekommen oder jetzt unerwartet ein Meteoroid auf der Erde einschlägt. Keine amüsante Vorstellung...

Why the multiverse is religion, not science.

1. Die MWI ist etwas anderes als "multiverse".
Zitat:

To sum it up. The multiverse is certainly an interesting idea and it attracts a lot of public attention. There is nothing wrong with that in principle. Entertainment has a value and so has thought-stimulating discussion. But do not confuse the multiverse with science, because it is not.

2. Diese Schlussfolgerung bezüglich Multiverse-Theorien ist Quatsch. Natürlich kann es Wissenschaft sein, sich Gedanken über Gegenstände zu machen, die nicht existieren oder deren Existenz man (noch?) nicht beweisen kann. Ein grosser Teil der theoretischen Physik beschäftigt sich mit wissenschaftlichen Theoren die nur mathematische Konstrukte sind und nichts mit unserer Wirklichkeit zu tun haben.
(Von einem riesigen Teil der Mathematik mal ganz abgesehen....)

PS:
3. Ich glaub, dass ihr beide (TomS und index_razor) euch über die Physik und Interpretation der Theorie eigentlich einig seid, nur etwas anderer Meinung seid, wie man den Artikel von SH bewerten sollte oder ob dieser tatsächlich relevant ist.
4. An alle Laien hier: Viel Spass beim Lesen, aber ich behaupte mal, ohne in (theoretischer) Physik zu promovieren oder promoviert zu haben, kann man hier leider nur schwer mitreden.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Okt 2019 00:20    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das Meßproblem besteht in einem Konflikt zwischen Schrödinger-Gleichung und Kollaps.

Klar.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn die MWI eine Zusatzannahme einführt, die -- Achtung! -- logisch äquivalent zum Kollaps ist, kann sie das Meßproblem nie und nimmer lösen.

Was genau bedeutet „logisch äquivalent“?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist deine Kritik, nicht die von Sabine Hossenfelder. Zitat aus den Kommentaren (Antwort an PhysicistDave):

"It's not the probability measure problem, as I am not worried about how to weigh different branches.

Habe ich auch nie behauptet.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
I am asking why is the forward evolution of what is a detector at t_0 no longer a detector at t_1>t_0. The answer to this is that, by assumption, the forward-evolved detector is not what many worlds fans want to call a detector. So you need an additional assumption and this assumption is virtually equivalent to the measurement postulate in Copenhagen. I use virtually to mean "up to interpretation".

Kryptisch. Bitte erklär‘s mir.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sie stellt nur fest, daß das nach der Messung verwendete Wahrscheinlichkeitsmaß den relative state zugrunde legt, was "virtually" dasselbe ist, wie das Kollapspostulat.

Ja.

Und wir wissen, dass das so sein muss, weil dieses Wahrscheinlichkeitsmaß experimentell bestätigt ist.

Das Wahrscheinlichkeitsmaß ist nicht das Problem, sondern die Annahmen, die dazu führen. Sie diskutiert aber nicht diese Annahmen, sondern sie schreibt

So you need an additional assumption and this assumption is virtually equivalent to the measurement postulate in Copenhagen.

Es ist für jeden offensichtlich und trivialerweise klar, dass eine zusätzliche Annahme benötigt wird. Und das kann per se kein Problem sein.

Was ist „ virtually equivalent“? Ich sehe hier kein Argument, lediglich eine Behauptung.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Okt 2019 00:23    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Diese "Zusatzannahme" kann m.E. schon deshalb das Meßproblem nicht lösen, weil die Unitarität auch mit ihr erhalten ist. Und ich denke auch nicht, daß S.H. darauf abzielt. Oder - und das hätte ich gern geklärt - meint sie etwa mit "logisch äquivalent", daß die MWI implizit den Kollaps ebenfalls hat? ?(

Dazu müssen wir sie selbst fragen.

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Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 09. Okt 2019 00:30    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
3. Ich glaub, dass ihr beide (TomS und index_razor) euch über die Physik und Interpretation der Theorie eigentlich einig seid, nur etwas anderer Meinung seid, wie man den Artikel von SH bewerten sollte oder ob dieser tatsächlich relevant ist.

Zum ersten: ja, sehe ich auch so.

Zum zweiten: ich schwanke zwischen „sie hat einen wesentlichen Knackpunkt auf wenigen Zeilen präzisiert - ich verstehe sie jedoch nicht“ und „ihre Argumentation hat null Substanz“ - ich habe übrigens nicht umsonst mit der Diskussion in ihrem Blog begonnen; andere sehen das offenbar genauso.

Bitte erklärt mir die Substanz.

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
4. An alle Laien hier: Viel Spass beim Lesen, aber ich behaupte mal, ohne in (theoretischer) Physik zu promovieren oder promoviert zu haben, kann man hier leider nur schwer mitreden.

Offenbar reicht nicht mal das aus.

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Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 09. Okt 2019 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Hier nochmal die Antworten auf meine Frage. Und Achtung, ich kann "hier leider nur schwer mitreden".

Günther hat Folgendes geschrieben:
I am pointing out that this only works because they bring in an assumption that's equivalent to the measurement postulate (equivalent in terms of observable consequences), therefore MWI is not any simpler than other interpretations of QM.
Welche Annahme der MWI meint sie hier? Ist es das, was ich in der OP vermute?

index_razor hat Folgendes geschrieben:

"We observe only one measurement outcome. The many worlds people explain this as follows. Of course you are not supposed to calculate the probability for each branch of the detector. Because when we say detector, we don’t mean all detector branches together. You should only evaluate the probability relative to the detector in one specific branch at a time."

Das ist praktisch eine Kritik an dem Konzept des "Relative State" selbst. Ihr Argument ist wohl, daß die MWI mit dem "relative state", als dem angeblich korrekten Objekt zur Beschreibung des Meßgeräts nach der Messung, praktisch den Kollaps und damit das Meßproblem durch die Hintertür wieder einführe.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
I am pointing out that this only works because they bring in an assumption that's equivalent to the measurement postulate (equivalent in terms of observable consequences), therefore MWI is not any simpler than other interpretations of QM.
Welche Annahme der MWI meint sie hier? Ist es das, was ich in der OP vermute?

M.E. handelt es sich um folgenden Punkt:

What the many worlds people are now trying instead is to derive this postulate from rational choice theory. But of course that brings back in macroscopic terms, like actors who make decisions and so on. In other words, this reference to knowledge is equally in conflict with reductionism as is the Copenhagen interpretation.

Das ist der einzige Punkt, den sie dazu erwähnt.

index_razor, was bedeutet "Meßproblem durch die Hintertür"? Wie soll man sich das bei Wahrung der Unitarität vorstellen? Und was genau ist "logisch äquivalent"?

Sie schreibt "equivalent in terms of observable consequences". Für mich bedeutet das trivialer Weise schlicht, der Zeigerausschlag KI vs. MWI ist equivalent im Sinne von ununterscheidbar, was, wenn ich es richtig sehe bedeuten würde: reiner Zustand ist nicht vom gemischten unterscheidbar. Nur, weshalb betont sie dann, daß es ihr nicht um Dekohärenz geht? Der gemischte Zustand ist doch gerade das Resultat der Dekohärenz, oder nicht?
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Okt 2019 12:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn die MWI eine Zusatzannahme einführt, die -- Achtung! -- logisch äquivalent zum Kollaps ist, kann sie das Meßproblem nie und nimmer lösen.

Was genau bedeutet „logisch äquivalent“?


Daß man die eine aus der anderen ableiten kann und umgekehrt.

Sie behauptet ja sogar, daß die von der Prosa befreiten Formeln der Beschreibung des Meßvorgangs aus Sicht eines einzelnen branches genauso aussehen wie in der Kopenhagener Interpretation.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist deine Kritik, nicht die von Sabine Hossenfelder. Zitat aus den Kommentaren (Antwort an PhysicistDave):

"It's not the probability measure problem, as I am not worried about how to weigh different branches.

Habe ich auch nie behauptet.


Was hast du dann behauptet? Du hast gerade ihre Kritik in den folgenden Zusammenhang gestellt: "Sie sagt, dass es unvollständig ist - was trivialerweise klar ist: vorgelegt ist eine deterministische Theorie; gesucht ist eine Argumentation, wie und warum man zu Wahrscheinlichkeiten gelangt: nicht mathematisch sondern logisch / argumentativ."

Nirgendwo behauptet sie etwas davon, daß ein logisch/argumentativer Weg zu Wahrscheinlichkeiten gesucht ist. Darum geht es einfach nicht.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
I am asking why is the forward evolution of what is a detector at t_0 no longer a detector at t_1>t_0. The answer to this is that, by assumption, the forward-evolved detector is not what many worlds fans want to call a detector. So you need an additional assumption and this assumption is virtually equivalent to the measurement postulate in Copenhagen. I use virtually to mean "up to interpretation".

Kryptisch. Bitte erklär‘s mir.


Das ist dasselbe Argument, wie in den beiden oben zitierten Abschnitten, die du als "nicht problematisch" bezeichnet hast. (Es ist hier aber zugegebenermaßen nicht so gut formuliert wie in dem Artikel.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sie stellt nur fest, daß das nach der Messung verwendete Wahrscheinlichkeitsmaß den relative state zugrunde legt, was "virtually" dasselbe ist, wie das Kollapspostulat.

Ja.

Und wir wissen, dass das so sein muss, weil dieses Wahrscheinlichkeitsmaß experimentell bestätigt ist.


Aber jetzt denke das doch bitte mal zuende. Der Kollaps ist eine nichtlineare Modifikation der Wellenfunktion. Das widerspricht der Schrödingergleichung. Genau das ist das Problem, das die MWI angeblich nicht haben sollte. Wenn du behauptest eine Messung in der MWI erfordere dieselbe Art von Modifikation, hat sie das Meßproblem nicht gelöst und wird dies auch nie tun. Was ist daran so schwer zu verstehen?

Zitat:

Das Wahrscheinlichkeitsmaß ist nicht das Problem, sondern die Annahmen, die dazu führen. Sie diskutiert aber nicht diese Annahmen, sondern sie schreibt

So you need an additional assumption and this assumption is virtually equivalent to the measurement postulate in Copenhagen.


Ja, das ist die Kritik. Wenn das alles wahr wäre, wäre es bereits verheerend für die MWI.

Es geht kein bißchen um logische Ableitung, die zum Wahrscheinlichkeitsmaß führt. Es geht allein darum wie dieses Wahrscheinlichkeitsmaß angewendet wird, insbesondere wie man die Wellenfunktion ändern muß, um mit den korrekten bedingten Wahrscheinlichkeiten nach der Messung weiterrechnen zu können.

Zitat:

Es ist für jeden offensichtlich und trivialerweise klar, dass eine zusätzliche Annahme benötigt wird. Und das kann per se kein Problem sein.


Es wird aber ein Problem sein, wenn diese zusätzliche Annahme äquivalent zum Kollaps ist.

Zitat:

Was ist „ virtually equivalent“?


"virtually equivalent" = äquivalent bis auf interpretationsspezifischen Jargon.

Zitat:

Ich sehe hier kein Argument, lediglich eine Behauptung.


Ich habe noch Hoffnung, daß es besser werden kann. Ich denke, daß du etwas triviales übersiehst. Vielleicht hat es was damit zu tun, daß du denkst Kollaps und Dekohärenz hätten dieselben beobachtbaren Konsequenzen. Das ist absolut nicht so.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Okt 2019 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:

index_razor, was bedeutet "Meßproblem durch die Hintertür"? Wie soll man sich das bei Wahrung der Unitarität vorstellen?


Das ist ja gerade das Problem. Am Kollaps ist nichts unitär.

Zitat:

Und was genau ist "logisch äquivalent"?


Das bedeutet: Wenn du in der MWI mit den bedingten Wahrscheinlichkeiten, die ein bereits erhaltenes Meßergebnis berücksichtigen, weiterrechnen willst, was du -- so ist Sabine Hossenfelders Behauptung -- aus empirischen Gründen tun mußt, dann erfordert dies eine nichtlineare (also nichtunitäre) Modifikation des Zustands; und zwar genau dieselbe wie durch den Kollaps und ergibt damit einen Widerspruch zur Schrödingergleichung.

Zitat:

Sie schreibt "equivalent in terms of observable consequences".


Im Artikel steht "logically entirely equivalent". Und zwar im Kontext, der genau beschreibt inwiefern die Behandlung bedingter Wahrscheinlichkeiten in der MWI und in der Kopenhagener Interpretation gleich sind.

Zitat:

Für mich bedeutet das trivialer Weise schlicht, der Zeigerausschlag KI vs. MWI ist equivalent im Sinne von ununterscheidbar, was, wenn ich es richtig sehe bedeuten würde: reiner Zustand ist nicht vom gemischten unterscheidbar.


Es geht nicht um den Unterschied zwischen reinem und gemischten Zustand, sondern um den Unterschied zwischen einem nach der Schrödingergleichung (mit oder ohne Dekohärenz) entwickelten Zustand und dem kollabierten Zustand. Letzterer ist von den ersten beiden verschieden.

Wenn der Anfangszustand ist, dann ist nach der Messung mit Ergebnis a (unter Einbeziehung der jeweiligen Detektorzustände und ):


1) der kollabierte Zustand:

2) der "Schrödingerzustand"...
2a) ...ohne Dekohärenz:



2b) ...mit Dekohärenz:



Diese Zustände sind verschieden und auch die Wahrscheinlichkeiten, die man aus ihnen erhält sind verschieden. Deshalb kann man sie experimentell unterscheiden.

Zitat:

Nur, weshalb betont sie dann, daß es ihr nicht um Dekohärenz geht? Der gemischte Zustand ist doch gerade das Resultat der Dekohärenz, oder nicht?


Weil sie behauptet, daß man -- Dekohärenz hin oder her -- am Ende sowieso mit dem kollabierten Zustand 1) weiterrechnen muß.
Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 09. Okt 2019 16:39    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für deine Ausführungen.
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Und was genau ist "logisch äquivalent"?

Das bedeutet: Wenn du in der MWI mit den bedingten Wahrscheinlichkeiten, die ein bereits erhaltenes Meßergebnis berücksichtigen, weiterrechnen willst, was du -- so ist Sabine Hossenfelders Behauptung -- aus empirischen Gründen tun mußt, dann erfordert dies eine nichtlineare (also nichtunitäre) Modifikation des Zustands; und zwar genau dieselbe wie durch den Kollaps und ergibt damit einen Widerspruch zur Schrödingergleichung.

Würden da MWI'ler nicht entgegenhalten, empirisch seien Schrödingerzustand und Kollapszustand nicht unterscheidbar? Und ferner, man könne mit dem Schrödingerzustand sehr wohl weiterrechnen? Oder allgemein gefragt, wie würden sie sich gegen Hossenfelders Behauptung zur Wehr setzen?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Okt 2019 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Danke für deine Ausführungen.
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Und was genau ist "logisch äquivalent"?

Das bedeutet: Wenn du in der MWI mit den bedingten Wahrscheinlichkeiten, die ein bereits erhaltenes Meßergebnis berücksichtigen, weiterrechnen willst, was du -- so ist Sabine Hossenfelders Behauptung -- aus empirischen Gründen tun mußt, dann erfordert dies eine nichtlineare (also nichtunitäre) Modifikation des Zustands; und zwar genau dieselbe wie durch den Kollaps und ergibt damit einen Widerspruch zur Schrödingergleichung.

Würden da MWI'ler nicht entgegenhalten, empirisch seien Schrödingerzustand und Kollapszustand nicht unterscheidbar?


Wie gesagt, empirisch unterscheidbar sind sie sehr wohl. Sie sagen ja für zukünftige Meßergebnisse unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten voraus. Dieser Ausweg funktioniert also nicht.

Zitat:

Und ferner, man könne mit dem Schrödingerzustand sehr wohl weiterrechnen? Oder allgemein gefragt, wie würden sie sich gegen Hossenfelders Behauptung zur Wehr setzen?


Meine Vermutung ist, daß die zentrale Voraussetzung, also die Behauptung der Kollaps sei notwendig für die korrekten bedingten Wahrscheinlichkeiten, falsch ist. Ich habe das aber nicht ausreichend durchdacht. Deswegen kann ich da im Augenblick kein schlagendes Gegenargument liefern.
Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 09. Okt 2019 18:12    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Meine Vermutung ist, daß die zentrale Voraussetzung, also die Behauptung der Kollaps sei notwendig für die korrekten bedingten Wahrscheinlichkeiten, falsch ist. Ich habe das aber nicht ausreichend durchdacht. Deswegen kann ich da im Augenblick kein schlagendes Gegenargument liefern.

Sabine Hossenfelder ist nicht irgendwer. Ich denke, daß diese ihre Behauptung, die ja die MWI ins Mark trifft, in der Fachwelt noch heftig diskutiert werden wird.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18065

Beitrag TomS Verfasst am: 10. Okt 2019 02:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

EDIT: Ein Punkt stört mich außerdem noch - Shor hat das ebenfalls dargestellt:

Sie geht an keiner Stelle substantiell auf die Annahmen ein;


Doch das tut sie: Sie behauptet die Zusatzannahmen der MWI seien logisch äquivalent zum Kollapspostulat. Darauf beruht ihr Argument. Es ist völlig egal -- für ihr Argument -- ob eine Interpretation eine einfache und die andere Interpretation zehn komplizierte Zusatzannahmen einführt, solange sie logisch äquivalent sind.

Diese Behauptung ist schlicht falsch!

Dass zwei Formeln identisch sind, bedeutet nicht, dass die Interpretationen identisch sind.

Während die Kollapsinterpretation entweder einen tatsächlichen Kollaps postuliert und dadurch in Widerspruch zur SGL gerät, oder einen Kollaps als mathematisches Instrument ohne weitere Begründung postuliert, postuliert die MWI, dass real kein Kollaps stattfindet, dass jedoch für Wechselwirkungen mit speziellen makroskopischen Systemen eine analoge Formel näherungsweise anwendbar ist.

Während die Bornsche Regel in Kollapsinterpretation Bestandteil der Postulate oder Axiome ist, resultiert sie in der MWI für Spezialfälle näherungsweise aus komplizierten Argumentationen mittels rational agents usw. Damit hat die Bornsche Regel einen völlig anderen Status.

Zudem ist in der MWI bis heute umstritten, ob die Ableitung aus anderen Postulaten tatsächlich logisch schlüssig ist. Damit ist sie im Rahmen der Kollapsinterpretationen wahr als Postulat, im Rahmen der MWI entweder näherungsweise gültig (oder die MWI ist falsch).

Last but not least fordert eine Kollapsinterpretation das von Neumannsche Projektionspostulat, die MWI gerade nicht.

Sorry, das ist alles andere als logische Äquivalenz auf Ebene der Interpretationen, nur weil eine isolierte Formel identisch ist.


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Keine Ahnung was ich dazu jetzt noch sagen soll. Ich habe gerade den Eindruck gegen eine Wand zu reden, sorry.

Dito.

Doch, eines kann man noch sagen: wir sollten uns hier darauf konzentrieren, die Argumentation zu verstehen, nicht gleich den zweiten Schritt zu gehen, und sie für richtig zu halten und zu verteidigen. Sie ist m.E. nämlich eher konfus als falsch.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Okt 2019 03:08    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Weil sie behauptet, daß man -- Dekohärenz hin oder her -- am Ende sowieso mit dem kollabierten Zustand 1) weiterrechnen muß.

Das ist natürlich eine falsche oder zumindest irreführende Behauptung.

Wenn ich nach Messung das Messergebnis a erhalte, muss ich nach von Neumann die Projektion auf |a> durchführen und damit die weitere Zeitentwicklung berechnen. Für eine folgende Messung mit Ergebnis b muss ich wiederum auf |b> projizieren usw. Die selbe Projektion wird für die Berechnung der jeweiligen Wahrscheinlichkeiten berechnet.

Nach der MWI führe ich diese Projektion zwar für die Berechnung von relativen Wahrscheinlichkeiten aus, jedoch nie für den Zustand zur Berechnung der weiteren Zeitentwicklung.

Bereits an dieser Stelle sind die beiden Interpretation logisch / mathematisch nicht äquivalent (weswegen in modernen Darstellungen der MWI nicht der Status einer Interpretation sondern einer eigenständigen Theorie zukommt - der Everettschen Quantenmechanik).

Kollaps und MWI stimmen bzgl. der Wahrscheinlichkeiten überein, nicht jedoch bzgl. des Zustandes Systems. S.H. ignoriert dies völlig, wenn sie eine logische Äquivalenz behauptet.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Das bedeutet: Wenn du in der MWI mit den bedingten Wahrscheinlichkeiten, die ein bereits erhaltenes Meßergebnis berücksichtigen, weiterrechnen willst, was du -- so ist Sabine Hossenfelders Behauptung -- aus empirischen Gründen tun mußt, dann erfordert dies eine nichtlineare (also nichtunitäre) Modifikation des Zustands; und zwar genau dieselbe wie durch den Kollaps und ergibt damit einen Widerspruch zur Schrödingergleichung.

Wie schon gesagt, wenn sie dies behaupten würde, wäre es grotesk falsch.

Für die Wahrscheinlichkeiten gilt dies näherungsweise je Messung. Für die weitere Zeitentwicklung gilt dies nicht.

Glaubst du wirklich, dass du sie richtig verstanden hast und dass dies ihre Aussage ist? Auch bzgl. der Zeitentwicklung?

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 10. Okt 2019 03:52, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Okt 2019 03:45    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Würden da MWI'ler nicht entgegenhalten, empirisch seien Schrödingerzustand und Kollapszustand nicht unterscheidbar? Und ferner, man könne mit dem Schrödingerzustand sehr wohl weiterrechnen? Oder allgemein gefragt, wie würden sie sich gegen Hossenfelders Behauptung zur Wehr setzen?

Oder sie würden es ignorieren.

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