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The trouble with many worlds - wirklich oder vermeintlich? - Seite 3
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Okt 2019 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber bevor du dir zuviel Arbeit machst: ich denke eine Darstellung der Grundzüge der MWI wird uns auch nicht viel weiter bringen.

Ich hoffe, dass wir dann eine Grundlage haben, an der wir uns orientieren können. Dabei geht es weniger darum, ob diese zutrifft oder ob wir sie für “wahr” halten, sondern darum, dass wir uns einig sind.

Immer an W. Pauli denken ...

index_razor hat Folgendes geschrieben:
... Sabine Hossenfelder behauptet ja im Prinzip, daß für die Anwendung der QM -- egal in welcher Interpretation -- Annahmen nötig sind, die normalerweise nicht zu den Grundzügen der MWI gezählt werden.

Erst mal intern für Klarheit sorgen. Geht die Diskussion in ihrem Blog weiter? Oder sind alle genervt? Ist jemand wichtiges dabei?

Günther hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wollen wir sie mal anschreiben, was sie denn eigentlich wirklich meint??

Aus meiner Sicht eine sehr gute Idee.

Neuer Thread zur Diskussion der Fragen!

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Okt 2019 08:27    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das bedeutet entweder, 1) der Zustand beschreibt laut MWI das System nicht vollständig und man benötigt zur Vorhersage von zukünftigen Meßwahrscheinlichkeiten auch noch die Kenntnis des letzten Meßergebnisses. Oder 2) Die Vorhersagen von MWI und Kollapsinterpretation unterscheiden sich.

Beides!

1) Du benötigst zur Vorhersage zukünftiger Messergebnisse nicht direkt die Kenntnis vorheriger Messergebnisse, sondern die Kenntnis des Zustandsvektors, mittels dessen die zukünftigen Messergebnisse zu berechnen sind. Aus der Vogelperspektive über alle Zweige ist das der gesamte Zustandsvektor. Aber aus deiner zweig-lokalen Sicht für deine nächste Messung ist das genau der Zustandsvektor deines Zweiges - und genau das leistet die Projektion auf deinen Zweig (der mit dem Eigenzustand zur letzten Messung identifiziert wird; anders kann es nicht sein, sonst würden von Neumann und Everett zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen).

2) Streng sind genommen sind die Formalismen nach von Neumann und Everett tatsächlich verschieden und gelangen zu unterschiedlichen Vorhersagen; in der Praxis ist dies aufgrund der Dekohärenz zwar irrelevant, theoretisch wären beide Formalismen jedoch unterscheidbar. Nehmen wir eine Messung, bei der nach von Neumann ein Kollaps stattfindet, nach Everett nicht. Ab diesem Zeitpunkt entwickeln sich beide Zustandsvektoren unterschiedlich, der nach Everett enthält noch zusätzliche Komponenten (Zweige). Theoretisch könnten diese zusätzliche Komponenten sich so entwickeln, dass sie zu Interferenzen mit wiederum anderen Komponenten führen, die dann direkt messbar wären.

Bsp. 1: angeregter Atomkern zerfällt, gamma-Quant wechselwirkt mit einem anderen Atomkern; kein Kollaps

Bsp. 2: angeregter Atomkern zerfällt, gamma-Quant wechselwirkt mit einem anderen Atomkern in einer Messvorrichtung … Beobachtung; Kollaps nach von Neumann. Nach Everett können die Beobachter (plus Labor, Umgebung, …) in den verschiedenen Zweigen später theoretisch zur Interferenz gebracht werden, was theoretisch wiederum beobachtbare Auswirkungen hätte und die Everettsche von der von Neumannschen QM unterscheidet - wenn es nicht die Dekohärenz gäbe, der zufolge die Interferenzeffekte zwar tatsächlich existieren, jedoch praktisch unmessbar klein = unbeobachtbar sind.

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Neu
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Beitrag Neu Verfasst am: 12. Okt 2019 08:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ich befürchte es besteht bei dieser Thematik vielmehr a trouble with many words ! Als gescheiterter Physik Student kann ich freilich bei diesem Thema nicht mitreden. Aber kann mir mal jemand kurz erklären worin der Unterschied bezüglich der verschiedenen Interpretationen der MWI besteht ?

Meines Erachtens ist es durch Rechnungen desweiteren gar nicht möglich einen absoluten Beweis oder Gegenbeweis für solche abstrakte Theorien zu finden. Denn wäre ein Beweis gefunden schwebte für diese Entdeckung schon der nächste Nobelpreis ins Haus. Es kann nur bestimmte Hinweise auf gewisse Theorien geben, aber wie letzendlich die Wirklichkeit funktioniert kann niemand beweisen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Okt 2019 09:31    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich denke das ist unmöglich, weil es dem Bayesschen Theorem widerspricht.  

Darfst du das Bayesschen Theorem hier verwenden?


Klar, kann man das verwenden …

Ich denke immer noch, dass wir hier beide noch nicht klar sehen. Du weist jedoch auf einen wichtigen Punkt hin.

Betrachten wir geometrische Körper mit den Eigenschaften klein/mittel/groß, rot/gelb/grün sowie Kugel/Würfel/Kegel.

Klassisch ist es egal, in welcher Reihenfolge ich das Vorliegen der Eigenschaft "kleiner roter Kegel" prüfe, also ob ich zuerst die Größe, dann die Farbe und zuletzt die Form prüfe, oder ob ich eine andere Reihenfolge anwende. Auch beim einen klassischen Wahrscheinlichkeitsbaum ist die Reihenfolge egal.

Nun betrachten wir drei quantenmechanische Eigenschaften, z.B. Polarisation 0°, 45° und 90°.

Dabei sehe ich die beiden o.g. Vorgehenswiesen, beide unterscheiden sich untereinander sowie von den klassischen Wahrscheinlichkeiten.

1) wir betrachten die Wahrscheinlichkeit P(0° ∧ 45° ∧ 90°) für die Beobachtung der Eigenschaft "0° ∧ 45° ∧ 90°" in verschiedenen Zuständen





Nun ist jedoch - im Gegensatz zur klassischen Wahrscheinlichkeit - die Reihenfolge entscheidend, denn



Damit kann das Bayessche Theorem nicht umgehen, denn es gilt immer



während quantenmechanisch offenbar



Oder übersehe ich etwas?

EDIT: ja, ich übersehe, dass der von mir verwendete Operator nicht selbstadjungiert ist; wenn ich geeignet symmetrisiere, verschwindet dann die Diskrepanz zur klassischen Wahrscheinlichkeit?


2) Du bemerkst richtig, dass das Vorliegen von Eigenschaften zu unterscheiden ist vom Vorliegen eines Zustandes. In unserem Kontext muss man außerdem streng unterscheiden zwischen der Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige Vorliegen mehrerer Eigenschaften sowie der gemeinsamen oder sukzessiven Messung dieser Eigenschaften. Die Messung verändert - nach von Neumann - den Zustand, d.h. bei sukzessiven Messungen frage ich nach dem Vorliegen einer Eigenschaft in einem anderen Zustand (auch hier ist die Reihenfolge der Messungen relevant;

EDIT: im Gegensatz zu (1) ist die Reihenfolge der Messungen dabei immer relevant, es gibt keine "Symmetrisierung")


Ich glaube übrigens nicht, dass wir hier ein zusätzliches Problem beim Verständnis des Messprozesses mit Kollaps haben; der KLollaps ist ja klar beschrieben, und die einzelnen Messungen der einzelnen Eigenschaften sind unstrittig.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Okt 2019 09:44    Titel: Antworten mit Zitat

Neu hat Folgendes geschrieben:
Aber kann mir mal jemand kurz erklären worin der Unterschied bezüglich der verschiedenen Interpretationen der MWI besteht ?

Können wir das ein bisschen hinten anstellen? Zunächst mal benötigen wir einen allen Varianten gemeinsamen Kern sowie ein Verständnis der Interpretation von S.H.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 12. Okt 2019 10:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das bedeutet entweder, 1) der Zustand beschreibt laut MWI das System nicht vollständig und man benötigt zur Vorhersage von zukünftigen Meßwahrscheinlichkeiten auch noch die Kenntnis des letzten Meßergebnisses. Oder 2) Die Vorhersagen von MWI und Kollapsinterpretation unterscheiden sich.

Beides!

1) Du benötigst zur Vorhersage zukünftiger Messergebnisse nicht direkt die Kenntnis vorheriger Messergebnisse, sondern die Kenntnis des Zustandsvektors, mittels dessen die zukünftigen Messergebnisse zu berechnen sind. Aus der Vogelperspektive über alle Zweige ist das der gesamte Zustandsvektor. Aber aus deiner zweig-lokalen Sicht für deine nächste Messung ist das genau der Zustandsvektor deines Zweiges - und genau das leistet die Projektion auf deinen Zweig (der mit dem Eigenzustand zur letzten Messung identifiziert wird; anders kann es nicht sein, sonst würden von Neumann und Everett zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen).


Das ist genau das Argument von Sabine Hossenfelder, nur in MWI-Sprech formuliert. Statt des gesamten Zustands (der Vogelperspektive), verwenden die a-Zweig Physiker nun den Zustand "relativ zu a" um die gesamte zukünftige Physik in ihrem Zweig zu beschreiben. Das ist aber nichts anderes als der kollabierte Zustand und die beiden Interpretationen unterscheiden sich nur in der Begründung, wie er zustande kommt. Das spielt aber keine Rolle, denn keine Interpretation kann für seine Verwendung irgendeinen anderen Grund angeben, als daß er eben ein "observational requirement" ist. Aber lediglich, daß sie ihn verwenden und, daß er nicht aus der Schrödingergleichung folgt, ist der entscheidende Punkt.

Zitat:

2) Streng sind genommen sind die Formalismen nach von Neumann und Everett tatsächlich verschieden und gelangen zu unterschiedlichen Vorhersagen; in der Praxis ist dies aufgrund der Dekohärenz zwar irrelevant, theoretisch wären beide Formalismen jedoch unterscheidbar.


Nein, das stimmt nicht. Dekohärenz allein macht die Unterschiede nicht praktisch unbeobachtbar. Dekohärenz vernichtet nur die nichtdiagonalen Elemente des Zustands (bzgl. der Eigenbasis der gemessenen Observablen), aber die Diagonalelemente unterscheiden sich noch meßbar vom kollabierten Zustand.

Da ich darauf nun schon mehrfach hingewiesen habe, frage ich mich ob das einfach noch nicht durchgedrungen ist, oder ob du dies bestreitest.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 12. Okt 2019 13:15, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 12. Okt 2019 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Damit kann das Bayessche Theorem nicht umgehen, denn es gilt immer



während quantenmechanisch offenbar



Oder übersehe ich etwas?


Ja, die Möglichkeit, daß deine Zuweisung von Wahrscheinlichkeiten an das Ereignis "a und b und c" falsch ist. Das ganze hat nichts damit zu tun in welcher Reihenfolge man die Messungen durchführt. In jedem Fall muß

"Ich messe a um 12 Uhr und b um 13 Uhr"

dieselbe Wahrscheinlichkeit haben wie

"Ich messe b um 13 Uhr und a um 12 Uhr".

Hier ist nicht die Reihenfolge der Messungen vertauscht, sondern nur die Reihenfolge der Aussagen in der Konjunktion. Davon darf nichts abhängen, ansonsten gibt es logische Inkonsistenzen.
Neu
Gast





Beitrag Neu Verfasst am: 12. Okt 2019 12:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Neu hat Folgendes geschrieben:
Aber kann mir mal jemand kurz erklären worin der Unterschied bezüglich der verschiedenen Interpretationen der MWI besteht ?

Können wir das ein bisschen hinten anstellen? Zunächst mal benötigen wir einen allen Varianten gemeinsamen Kern sowie ein Verständnis der Interpretation von S.H.


Ist nicht die Art der Herangehensweie hier zu hoch und komplex für uns alle ? S.H hat meines Erachtens den Artikel für Laien geschrieben. Ihr begebt euch aber ins Dickicht der begrifflichen Abstraktheit und wollt am liebsten schlauer sein als eine bekannte Physikerin.

Wobei ich ja selbst der Aufassung bin, dass philosophisch die Argumente von S.H eher schwach sind, soweit ich dies meinem eingefügten Blogeintrag vo Ihr beurteilen kann. Sind nicht philosophische Argumente in diesem Kontext nützlicher als Rechnungen die wohlmöglich in den Sand verlaufen ?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Okt 2019 18:21    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ganze hat nichts damit zu tun in welcher Reihenfolge man die Messungen durchführt.

Es gibt in diesem Fall überhaupt keine drei Messungen.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 12. Okt 2019 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe angenommen du redest -- so wie ich die ganze Zeit -- von Aussagen der Form "Bei Messung 1 erhalte ich den Wert a", "Bei Messung 2 erhalte ich den Wert b", etc. und deren Wahrscheinlichkeiten. Und meine Bemerkung bezog sich dann auf Behauptungen wie diese:

Zitat:

EDIT: im Gegensatz zu (1) ist die Reihenfolge der Messungen dabei immer relevant, es gibt keine "Symmetrisierung")


Die Reihenfolge der Messungen mag für deren Ergebnis relevant sein. Aber die Behauptung war nur, daß die gemeinsame Wahrscheinlichkeit für zwei Ereignisse A und B (wie z.B. das Erhalten bestimmter Ergebnisse bei Messungen) so spezifiziert werden muß, daß .

Nachdem ich nochmal deinen Fall 1) durchgelesen habe, habe ich den Eindruck, daß da irgendwas grundlegend durcheinander geht.

Fangen wir mal vorn an:

Zitat:

wir betrachten die Wahrscheinlichkeit P(0° ∧ 45° ∧ 90°) für die Beobachtung der Eigenschaft "0° ∧ 45° ∧ 90°" in verschiedenen Zuständen


Was ist "die Eigenschaft" 0° ∧ 45° ∧ 90°? Und was hat das ganze mit Bayes zu tun? Soll das eine Konjunktion von drei Aussagen sein?

Ich erinnere nochmal an den Kontext der ganze Sache: Wir haben uns gefragt wie man quantenmechanisch folgendes berechnet: "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für den Meßwert b bei Messung 2, wenn bei Messung 1 der Meßwert a erhalten wird."

Dieser Fall ist nämlich derjenige, aus dem Sabine Hossenfelder anscheinend die Notwendigkeit des Kollapspostulats ableitet. (mit Messung 1 = Messung 2 und a = b.)
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Okt 2019 23:35    Titel: Antworten mit Zitat

Dir ist offenbar immer noch nicht klar, dass es um zwei verschiedene Sachen geht.

Bei der Betrachtung von A ∧ B musst du unterscheiden, ob du die Wahrscheinlichkeit einmalig für einen Zustand berechnest, oder an mehreren durch sequentielle Messungen / Projektionen erzeugten verschiedenen Zuständen - nur letzteres interessiert uns hier.

Du betrachtest P(A ∧ B) in einer kommutativen Form, was bei Bayes offenbar zutrifft, in unserem Fall jedoch nicht. Ich habe das explizit vorgerechnet, aber du ignorierst das.

Betrachte 0° ∧ 45° ∧ 90°: bei dir wäre alle kommutativ, bei aufeinanderfolgenden Messungen ist es das jedoch sicher nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon drei Polarisatoren in der Reihenfolge 0°, 45°, 90° passiert ist ungleich Null, für die Reihenfolge 90°, 0°, 45° dagegen Null.

Mir ist weder klar, wie du das in deinem P(A ∧ B) abbildest, noch, warum du Bayes überhaupt heranziehst. Die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für aufeinanderfolgende Messungen mit jeweiligem Kollaps ist doch Standard-Textbuch, oder nicht?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich erinnere nochmal an den Kontext der ganze Sache: Wir haben uns gefragt wie man quantenmechanisch folgendes berechnet: "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für den Meßwert b bei Messung 2, wenn bei Messung 1 der Meßwert a erhalten wird."

Dieser Fall ist nämlich derjenige, aus dem Sabine Hossenfelder anscheinend die Notwendigkeit des Kollapspostulats ableitet. (mit Messung 1 = Messung 2 und a = b.)

Das hatte ich doch zu Beginn aufgeschrieben. Die Wahrscheinlichkeit, zuerst a und anschließend b zu messen, folgt aus dem Skalarprodukt des initialen Zustandes mit |a> multipliziert mit dem Skalarprodukt von |a> mit |b>. Dabei verwende ich explizit von Neumann, d.h. wenn ich a gemessen habe, setze ich den folgenden Zustand als den Eigenzustand |a> an.

Die bedingte Wahrscheinlichkeit, b zu messen, unter der Voraussetzung, dass ich zuvor sicher a gemessen habe, muss nach von Neumann aus dem Skalarprodukt von |a> mit |b> berechnet werden, denn wenn ich a erhalten habe, muss der Zustand nach dieser Messung gerade |a> sein.

Also





M.M.n. ist “Wsk von b unter Voraussetzung von zuvoriger Messung mit Messwert a” nach von Neumann identisch mit “Wsk von b unter Voraussetzung von Vorliegen von |a>”

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Okt 2019 08:36, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18067

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Okt 2019 00:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das ist genau das Argument von Sabine Hossenfelder, nur in MWI-Sprech formuliert. Statt des gesamten Zustands (der Vogelperspektive), verwenden die a-Zweig Physiker nun den Zustand "relativ zu a" um die gesamte zukünftige Physik in ihrem Zweig zu beschreiben. Das ist aber nichts anderes als der kollabierte Zustand und die beiden Interpretationen unterscheiden sich nur in der Begründung, wie er zustande kommt. Das spielt aber keine Rolle, denn keine Interpretation kann für seine Verwendung irgendeinen anderen Grund angeben, als daß er eben ein "observational requirement" ist. Aber lediglich, daß sie ihn verwenden und, daß er nicht aus der Schrödingergleichung folgt, ist der entscheidende Punkt.

Ich denke, du hast immer noch nicht verstanden, was “Kollaps” bedeutet und wie sich die beiden Formalismen unterscheiden.

”Kollaps” bedeutet nicht nur, dass diese Projektion in der Bornschen Regel verwendet wird, sondern außerdem, dass der kollabierte Zustand auch in der weiteren Zeitentwicklung verwendet wird.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
... und die beiden Interpretationen unterscheiden sich nur in der Begründung, wie er zustande kommt.

Nein, sie unterscheiden sich außerdem darin, dass nach von Neumann der kollabierte Zustand für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten verwendet wird und für die folgende Zeitentwicklung, nach Everett ausschließlich für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten, jedoch nicht für die die folgende Zeitentwicklung.

QM nach von Neumann sowie nach Everett sind bzgl. des Formalismus verschieden, d.h. mathematisch inäquivalent.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dekohärenz allein macht die Unterschiede nicht praktisch unbeobachtbar. Dekohärenz vernichtet nur die nichtdiagonalen Elemente des Zustands (bzgl. der Eigenbasis der gemessenen Observablen), aber die Diagonalelemente unterscheiden sich noch meßbar vom kollabierten Zustand.

Da ich darauf nun schon mehrfach hingewiesen habe, frage ich mich ob das einfach noch nicht durchgedrungen ist, oder ob du dies bestreitest.

Du könntest dazu eine kurze Rechnung skizzieren.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Okt 2019 00:09    Titel: Antworten mit Zitat

Neu hat Folgendes geschrieben:
S.H hat meines Erachtens den Artikel für Laien geschrieben. Ihr begebt euch aber ins Dickicht der begrifflichen Abstraktheit und wollt am liebsten schlauer sein als eine bekannte Physikerin.

Im Endeffekt ja, und ich sehe nicht, warum das nicht gelingen kann.

Neu hat Folgendes geschrieben:
Sind nicht philosophische Argumente in diesem Kontext nützlicher als Rechnungen die wohlmöglich in den Sand verlaufen ?

Lass’ dich nicht täuschen, wir haben hier ein kleines Scharmützel, aber das gibt sich schon wieder.

Philosophische Argumente müssen in diesem Kontext auf Basis präziser Mathematik erfolgen. Es fehlt bei S.H. - zumindest in dem Artikel - an beidem.

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index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Okt 2019 09:42    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Du betrachtest P(A ∧ B) in einer kommutativen Form, was bei Bayes offenbar zutrifft, in unserem Fall jedoch nicht. Ich habe das explizit vorgerechnet, aber du ignorierst das.


ist eine boolsche Verknüpfung von Aussagen, Ereignismengen etc. Natürlich ist das kommutativ. Ich habe deine Rechnung nicht ignoriert, sondern dir erklärt, warum sie m.E. nicht zutreffen kann. Allerdings war das wohl ein Mißverständnis, was durch deine mehrdeutige Notation verursacht wurde. (siehe unten)

Zitat:

Betrachte 0° ∧ 45° ∧ 90°:


Was soll ich betrachten? Was ist "0° ∧ 45° ∧ 90°"? Für mich ist das eine sinnlose Zeichenfolge. Wenn du mal versuchen würdest, daraus verständliche Aussagen zu formulieren, müßtest du erkennen, wo das Problem liegt.

Zitat:

bei dir wäre alle kommutativ, bei aufeinanderfolgenden Messungen ist es das jedoch sicher .


Bei mir war das vor allem definiert:

A = "Messung 1 ergibt Wert a."
B = "Messung 2 ergibt Wert b."

A ∧ B = "Messung 1 ergibt Wert a und Messung 2 ergibt Wert b."

Ich hoffe es besteht kein Zweifel, daß, obwohl ich hier aufeinander folgende Messungen betrachte, alles vollkommen kommutativ ist; A ∧ B = B ∧ A.

Du möchtest nun offenbar desweiteren noch eine völlig andere Situation betrachten, die durch folgende Ereignisse beschrieben wird

A' = "Messung 1 ergibt Wert b".
B' = "Messung 2 ergibt Wert a"

Nun scheinst du dich darüber zu wundern, daß



und zweifelst deshalb gleich das Bayessche Theorem an. Die Verwunderung kommt aber nur daher, daß du in beiden Situationen dieselben Bezeichnungen für die Ereignisse verwendest, obwohl keine zwei Ereignisse dasselbe beschreiben.

Zitat:

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon drei Polarisatoren in der Reihenfolge 0°, 45°, 90° passiert ist ungleich Null, für die Reihenfolge 90°, 0°, 45° dagegen Null.


Bei dir bedeutet also "0°" einmal "Der erste Filter mit Ausrichtung 0° wird passiert" und ein anderes mal "der zweite Filter mit Ausrichtung 0° wird passiert." Das hat nichts mit irgendeiner "Nichtkommutativität" zu tun, mit der das "klassische" Bayes-Theorem nicht umgehen könnte. Du hast einfach zwei verschiedene Ereignisse mit demselben Symbol bezeichnet.

Zitat:

Mir ist weder klar, wie du das in deinem P(A ∧ B) abbildest, noch, warum du Bayes überhaupt heranziehst. Die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für aufeinanderfolgende Messungen mit jeweiligem Kollaps ist doch Standard-Textbuch, oder nicht?


Ich bilde das ab durch die Erkenntnis, daß sich beide Situationen nicht einfach aus Permutation der Ereignisfolgen auseinander ergeben, sondern, daß jedes Ereignis in der einen Folge von jedem der anderen verschieden ist.

Das Bayessche Theorem ziehe ich heran, weil es durch unsere Zuweisung der Wahrscheinlichkeiten



(A,B wie oben von mir definiert) nicht verletzt werden darf. Dein erster Versuch hat das getan. Die Behandlung dieser Wahrscheinlichkeiten ist nicht offensichtlich. Mindestens ein Lehrbuch diskutiert sie (Ballentine, Kap. 9.6), aber kein anderes, das ich kenne.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich erinnere nochmal an den Kontext der ganze Sache: Wir haben uns gefragt wie man quantenmechanisch folgendes berechnet: "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für den Meßwert b bei Messung 2, wenn bei Messung 1 der Meßwert a erhalten wird."

Dieser Fall ist nämlich derjenige, aus dem Sabine Hossenfelder anscheinend die Notwendigkeit des Kollapspostulats ableitet. (mit Messung 1 = Messung 2 und a = b.)

Das hatte ich doch zu Beginn aufgeschrieben.


Ich weiß. Und ich habe dir erklärt, daß dies unmöglich ist, weil es ein mathematisches Theorem verletzt. Das diskutieren wir noch.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 13. Okt 2019 10:21, insgesamt 5-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Okt 2019 10:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich denke, du hast immer noch nicht verstanden, was “Kollaps” bedeutet und wie sich die beiden Formalismen unterscheiden.

”Kollaps” bedeutet nicht nur, dass diese Projektion in der Bornschen Regel verwendet wird, sondern außerdem, dass der kollabierte Zustand auch in der weiteren Zeitentwicklung verwendet wird.


Ich habe die Implikation des Kollaps bereits fast wörtlich genauso erklärt wie du hier. Sicher nicht nur einmal. Stattdessen bildest du dir offenbar ein, ich hätte mal etwas anderes behauptet. Mir ist natürlich klar, daß das nur daran liegt, daß du die von Sabine Hossenfelder behauptete Äquivalenz einfach nicht sehen kannst.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
... und die beiden Interpretationen unterscheiden sich nur in der Begründung, wie er zustande kommt.

Nein, sie unterscheiden sich außerdem darin, dass nach von Neumann der kollabierte Zustand für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten verwendet wird und für die folgende Zeitentwicklung, nach Everett ausschließlich für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten, jedoch nicht für die die folgende Zeitentwicklung.


Hier drehen wir uns im Kreis. Du scheinst es für akzeptabel zu halten, daß zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für den Zeitpunkt t ein anderes Objekt verwendet wird, als das, welches man aus der Schrödingergleichung zur Zeit t erhält.

Ich glaube nicht, daß das allgemein akzeptiert ist selbst unter MWI-Vertretern. In jedem Fall untergräbt es die Behauptung, in der MWI gälte nur die Schrödingergleichung und deren Lösung beschreibe das System vollständig.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dekohärenz allein macht die Unterschiede nicht praktisch unbeobachtbar. Dekohärenz vernichtet nur die nichtdiagonalen Elemente des Zustands (bzgl. der Eigenbasis der gemessenen Observablen), aber die Diagonalelemente unterscheiden sich noch meßbar vom kollabierten Zustand.

Da ich darauf nun schon mehrfach hingewiesen habe, frage ich mich ob das einfach noch nicht durchgedrungen ist, oder ob du dies bestreitest.

Du könntest dazu eine kurze Rechnung skizzieren.


Damit du diese dann, wie bereits die vorige Rechnung, später ansehen kannst?

Aus dem Initialzustand , wird durch Dekohärenz der Zustand (ich gehen von vernachlässigbarer Änderung des Systems durch den Detektor aus)



Durch Kollaps nach einer Messung von a wird der Zustand



Du brauchst mir nun nicht nochmal zu erklären, daß der eine Zustand laut MWI für die Zeitentwicklung und der andere für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten verwendet wird. Das war nicht die Frage. Der Punkt ist, daß Zustand + Schrödigergleichung anscheinend nicht ausreichen um alle beobachtbaren Größen zu berechnen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Okt 2019 10:19    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich habe die Implikation des Kollaps bereits fast wörtlich genauso erklärt wie du hier. Sicher nicht nur einmal. Stattdessen bildest du dir offenbar ein, ich hätte mal etwas anderes behauptet.

Ich bilde es mir nicht ein, es steht sym du sagst es selbst:

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
... und die beiden Interpretationen unterscheiden sich nur in der Begründung, wie er zustande kommt.

Nein, sie unterscheiden sich außerdem darin, dass nach von Neumann der kollabierte Zustand für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten verwendet wird und für die folgende Zeitentwicklung, nach Everett ausschließlich für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten, jedoch nicht für die die folgende Zeitentwicklung.


Hier drehen wir uns im Kreis. Du scheinst es für akzeptabel zu halten, daß zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für den Zeitpunkt t ein anderes Objekt verwendet wird, als das, welches man aus der Schrödingergleichung zur Zeit t erhält.

Ich glaube nicht, daß das allgemein akzeptiert ist selbst unter MWI-Vertretern.

Es ist allgemein akzeptiert, weil es der einzige wesentliche Unterschied zur Kollapsinterpretation ist!

Sorry, aber ich kann deine weiteren Argumente nicht ernst nehmen, wenn du offenbar nicht weißt, wovon du redest.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du brauchst mir nun nicht nochmal zu erklären, daß der eine Zustand laut MWI für die Zeitentwicklung und der andere für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten verwendet wird. Das war nicht die Frage. Der Punkt ist, daß Zustand + Schrödigergleichung anscheinend nicht ausreichen um alle beobachtbaren Größen zu berechnen.

Es genügen “Zustand des Zweiges” + SGL + “Bornsche Regel je Zweig”, wobei letztere aus anderen Postulaten folgen sollte. Niemand seit Everett hat je etwas anderes behauptet.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Okt 2019 10:23    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Du könntest dazu eine kurze Rechnung skizzieren.

Aus dem Initialzustand , wird durch Dekohärenz der Zustand (ich gehen von vernachlässigbarer Änderung des Systems durch den Detektor aus)



Durch Kollaps nach einer Messung von a wird der Zustand


Wiederum das selbe Missverständnis?

Im Falle der Kollapsinterpretation ist das ist klar.

Im Falle der MWI erfolgt kein Kollaps, es bleibt bei



für die zukünftige Zeitentwicklung.

Da die MWI einen anderen, nicht-kollabierten Zustand verwendet, folgen für weitere Messungen zunächst andere Vorhersagen aufgrund dieses andren Eingangszustandes. Diese Unterschiede sind jedoch praktisch nicht messbar, da die Dekohärenz auch im Folgenden dafür sorgt, dass beide weiterhin existierenden Zweige im Zuge der weiteren Zeitentwicklung auch weiterhin nicht mischen, d.h. orthogonal bleiben.

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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Okt 2019 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, wir machen wirklich einen Reset und starten im neuen Thread
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