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Sind Heisenbergs Unschärferelationen fundamental?
 
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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 29. Jun 2022 23:20    Titel: Sind Heisenbergs Unschärferelationen fundamental? Antworten mit Zitat

Hallo, Grüß Euch.

In einem Philosophie-Projekt habe ich die Aufgabe übernommen, „mir ein paar Gedanken zu o.a. Thema zu machen“ und zu referieren. Dazu hätte ich noch ein paar Fragen und ich hoffe, dass ich hier richtig bin.

Heisenberg wird ja zuweilen als Begründer und seine Unschärferelationen als Fundamental-Gleichungen der Quantenmechanik bezeichnet, wobei fundamental wohl soviel bedeutet wie „nicht aus Grundlegenderem ableitbar“.

Auf der anderen Seite liest man, dass die UR-en in ihrer strengen Gültigkeit angezweifelt werden und zudem abgeleitet werden können.

Soweit ich weiß, suchte H. nach einem mathematischen Instrument, um das noch unerklärte Phänomen der komplementären Messgrößen bei Quantenexperimenten abzubilden und wurde bei den nicht-vertauschenden Operatoren fündig, die offenbar genau diese Eigenschaft haben oder repräsentieren.

Fragen:

„Wie ist H. vorgegangen und wie geht man heute vor?“

Ich habe gelesen, dass er mit den Matrizen und Determinanten nicht klarkam und Born v Bohr ihm helfen musste, der dann auch an seine mathematischen Grenzen stieß und den Mathe-Feuerwehrmann Felix Klein (glaube ich) anrief, der es dann brachte.

Frage

Waren die Probleme rein mathematischer oder vllt. auch relationaler Natur?“

So gesehen scheinen die Unschärferelationen ja doch nicht viel mehr als der Algorithmus eines empirischen Befundes bei nicht störungsfreier Messung zu sein, wie H. selbst anhand der Mikroskopier-Szene auch erläutert. Dieser Empirismus schien ihm wohl zu trivial zu sein, vermute ich mal, weil er ziemlich ehrgeizig und ungehalten darüber war, dass die meisten Physiker Schrödingers Dgl. benutzten, statt seiner Matrizen und er seine Reputation verlor. Möglicherweise ging er deshalb zur mathematischen (Be-) Deutung über; für ihn als Platoniker war der Formalismus ja eine ganz andere Nummer als der Empirismus, sodass er den Unschärferelationen das Attribut fundamental anhängen zu können glaubte - was sie aber mE nicht unbedingt fundamental macht.

Frage:

Welche Beziehung besteht konkret zwischen den Messgrößen und den nicht-kommutierenden Operatoren – oder allgemeiner: zwischen mathematischen Termen und dem, was sie repräsentieren? Ist es ein Zufall, dass ein Mathematiker Terme ersinnt, die der Physiker irgendwann gebrauchen kann?“

Dennoch: allein vom logischen Standpunkt aus betrachtet, scheint die simultane Existenz (nicht: Messung!) von festem Ort r und der Geschwindigkeit (als kontinuierliche zeitliche Veränderung des Ortes, v = dr/dt) schon ein logischer Widerspruch zu sein: die Existenz-Bedingung des einen ist die vollkommene Negation des anderen. Etwas, das sich bewegt, hat keinen festen Ort und etwas, das einen festen Ort hat, bewegt sich nicht! (Oder hab‘ ich da irgendwo einen Kinken sitzen?)

Frage

„Was sagt der klassische Physiker dazu? Was könnte das mit H. zu tun haben?“

Ich sinniere mal ein bisschen:
„Da die Bewegung an sich offensichtlich eine intrinsische Eigenschaft der Materie an sich bildet, könnte man schließen, dass infolgedessen die permanente Ortsveränderung ebenfalls eine intrinsische Eigenschaft ist, die sich zB bei Messungen als Ortsunschärfe äußert. Da die Geschwindigkeit sich aus der Ortsmessung ableitet, ist sie ebenfalls Unschärfe-behaftet. So besehen, ist die Unschärfe also nicht nur die Folge einer nicht störungsfreien Messung oder nicht die Manifestation einer mathematischen (Operator-) Eigenschaft (was aber Ansichtssache ist), sondern wegen der Perma-Bewegung (als einer objektiven Eigenschaft der Materie) eine Art Zustandsgröße – oder zumindest ein Faktor, der jede Hoffnung auf exakte Ortsbestimmung zunichte macht.“
Ist da was dran (oder betreibe ich nur Thermodynamik?)?

Frage

Warum der Dualismus?
Weil es zwei unterschiedliche mathematische Formalismen gibt - Schrödinger für kontinuierliche & reversible Bewegung, Von-Neumann für diskontinuierliche & irreversible Wechselwirkung/Messung?

Versuch einer Deutung
Ich bin mir nicht sicher, ob es in der Natur tatsächlich miteinander unverträgliche Entitäten geben kann – jedenfalls dann nicht, wenn man von einer Einheit der Natur ausgeht. Wenn man also nicht von einem Dualismus Welle-Teilchen ausgeht, sondern von einem Monismus dergestalt, dass die Materie substanziell (‘ne Art) elektrodynamischer Natur ist und Welle und Teilchen lediglich die Extreme ihrer Erscheinungsformen sind, je nach Wechselwirkung: an Kanten & Spalten zB. reagiert sie gebogen wellenartig, an Flächen & anderen Quanten wird sie gestaucht und reagiert impulsartig, sodass es tatsächlich sowohl zur Interferenz alsauch zum Impuls ein & desselben Quants kommen kann („Teilchen“ und „Welle“ wären ja nur noch eine akzidentelle Eigenschaft, je nach Bedingung und als Terminus ungeeignet). Das dürften aber nicht Schrödingers dispergierende Wellenpakete sein, nehme ich an?

Fragen

Sind EM-Felder elastisch? Ich meine, die Deutung ist nicht fernab jeglicher Realität und mindestens so plausibel wie die dualistische, aber anscheinend nicht formalisierbar? Und Schrödingers Wellengleichung bekommt hier wegen der Diskontinuität und Irreversibilität wohl auch Probleme. Ist das richtig?“

„Was repräsentiert für H. die "wahre" Realität: Nicht-kommutierende Operatoren oder komplementäre Messgrößen oder allgemeiner: der Hilbert-Raum oder der Labor-Raum?“
„Spricht er für die Mehrzahl der Physiker?“


Philosophisches Gelaber ist ja vllt. nicht so das Ding des Physikers, dennoch freue ich mich über jede ernstgemeinte Antwort, Anmerkung, Reaktion, …
jmd



Anmeldungsdatum: 28.10.2012
Beiträge: 577

Beitrag jmd Verfasst am: 30. Jun 2022 21:12    Titel: Antworten mit Zitat

Allzu groß ist der Andrang hier ja nicht
Vielleicht sind es zu viele Fragen

Die Unschärferelation kann man herleiten

Die Heisenbergmatrizen waren für die damalige Zeit bis auf wenige Ausahmen (Stern Gerlach) zu kompliziert
Die sind ja meistens unendlich groß. Erst mit dem Computer konnte man diese Anwenden
Soweit ich weiß hauptsächlich in der Chemie

Cedric hat Folgendes geschrieben:
„Wie ist H. vorgegangen und wie geht man heute vor?“

Physiker schreiben meisten jede Menge Papier voll. Wer dann etwas Wichtiges findet übergibt es einem Mathematiker der alles in die richtige Form bringt. Dann wird es veröffentlicht und man bekommt den Nobelpreis

Das ist ähnlich wie bei einem Schrifsteller. Die Schriftstücke werden vor der Veröffentlichung auch erst von einem Lektor geprüft


Cedric hat Folgendes geschrieben:
Ist es ein Zufall, dass ein Mathematiker Terme ersinnt, die der Physiker irgendwann gebrauchen kann?“
Das wären dann aber ziemlich viele Zufälle
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jun 2022 21:26    Titel: Re: Sind Heisenbergs Unschärferelationen fundamental? Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:

In einem Philosophie-Projekt habe ich die Aufgabe übernommen, „mir ein paar Gedanken zu o.a. Thema zu machen“ und zu referieren. Dazu hätte ich noch ein paar Fragen und ich hoffe, dass ich hier richtig bin.

Heisenberg wird ja zuweilen als Begründer und seine Unschärferelationen als Fundamental-Gleichungen der Quantenmechanik bezeichnet, wobei fundamental wohl soviel bedeutet wie „nicht aus Grundlegenderem ableitbar“.

Auf der anderen Seite liest man, dass die UR-en in ihrer strengen Gültigkeit angezweifelt werden und zudem abgeleitet werden können.


Für einige Behauptungen wäre interessant zu erfahren, wo man sie lesen kann, z.B. für den Zweifel an der Gültigkeit der Unschärferelationen.

Zitat:

Soweit ich weiß, suchte H. nach einem mathematischen Instrument, um das noch unerklärte Phänomen der komplementären Messgrößen bei Quantenexperimenten abzubilden und wurde bei den nicht-vertauschenden Operatoren fündig, die offenbar genau diese Eigenschaft haben oder repräsentieren.


Heisenberg hat versucht, die Quantisierungsbedingungen von Bohr und Sommerfeld theoretisch ohne Rückgriff auf "prinzipiell unbeobachtbare" Größen, wie z.B. Ort der Elektronen, Periode der Elektronenbahnen etc. zu verstehen. Born hat bald darauf erkannt, daß Heisenbergs Gleichungen aussehen, wie algebraische Relationen zwischen Matrizen. Bohr hat erst später, wohl auf Basis von Heisenbergs Ergebnissen, seine Vorstellung von Komplementarität entwickelt. Die Reihenfolge der Ereignisse war also meines Wissens etwas anders, als du sie beschreibst.

Zitat:

Fragen:

„Wie ist H. vorgegangen und wie geht man heute vor?“


Heisenbergs Herleitung der Unschärferelation aus der Vertauschungsrelation und speziellen Annahmen über die Wahrscheinlichkeitsamplituden von Ort und Impuls findet sich in "Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik", Zeitschrift für Physik, 43, 172 (1927). Die ganze Logik ist aus heutiger Sicht allerdings ein bißchen obskur.

Heute versteht man unter der Unschärferelation die unabhängig von der Wahrscheinlichkeitsamplitude gültige Ungleichung



Sie wird in ein paar Zeilen aus der Kommutatorelation und der Geometrie der Hilberträume hergeleitet. Ich glaube deshalb, daß der Ansatz "fundamental = nicht aus Grundlegenderem ableitbar" nicht besonders weit führt.

Zitat:

Ich habe gelesen, dass er mit den Matrizen und Determinanten nicht klarkam und Born v Bohr ihm helfen musste, der dann auch an seine mathematischen Grenzen stieß und den Mathe-Feuerwehrmann Felix Klein (glaube ich) anrief, der es dann brachte.

Frage

Waren die Probleme rein mathematischer oder vllt. auch relationaler Natur?“


Was sind "relationale Probleme"? Von speziellen Problemen während der Formulierung der Matrizenmechanik weiß ich nichts, abgesehen von einem akuten Heuschnupfen, dessentwegen sich Heisenberg nach Helgoland zurückgezogen hatte.

Zitat:

So gesehen scheinen die Unschärferelationen ja doch nicht viel mehr als der Algorithmus eines empirischen Befundes bei nicht störungsfreier Messung zu sein, wie H. selbst anhand der Mikroskopier-Szene auch erläutert. Dieser Empirismus schien ihm wohl zu trivial zu sein, vermute ich mal, weil er ziemlich ehrgeizig und ungehalten darüber war, dass die meisten Physiker Schrödingers Dgl. benutzten, statt seiner Matrizen und er seine Reputation verlor. Möglicherweise ging er deshalb zur mathematischen (Be-) Deutung über; für ihn als Platoniker war der Formalismus ja eine ganz andere Nummer als der Empirismus, sodass er den Unschärferelationen das Attribut fundamental anhängen zu können glaubte - was sie aber mE nicht unbedingt fundamental macht.


Woher hast du das mit dem Reputationsverlust? Und eine Art "Empirismus" scheint eher sein Ausgangpunkt gewesen zu sein. Siehe die Einleitung in Heisenberg, "Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen", Zeitschrift für Physik 33, 879 (1925).

Zitat:

Frage:

Welche Beziehung besteht konkret zwischen den Messgrößen und den nicht-kommutierenden Operatoren – oder allgemeiner: zwischen mathematischen Termen und dem, was sie repräsentieren? Ist es ein Zufall, dass ein Mathematiker Terme ersinnt, die der Physiker irgendwann gebrauchen kann?“

Dennoch: allein vom logischen Standpunkt aus betrachtet, scheint die simultane Existenz (nicht: Messung!) von festem Ort r und der Geschwindigkeit (als kontinuierliche zeitliche Veränderung des Ortes, v = dr/dt) schon ein logischer Widerspruch zu sein: die Existenz-Bedingung des einen ist die vollkommene Negation des anderen. Etwas, das sich bewegt, hat keinen festen Ort und etwas, das einen festen Ort hat, bewegt sich nicht!


Ich glaube hier liegt ein Mißverständnis vor. Diese Beschreibung hat nichts mit der Unschärferelation zu tun. Unter einem "festen" Ort versteht man in dem Zusammenhang einen Zustand ohne Streuung der Ortswerte (analog für Impuls), nicht einen Zustand, in dem sich der Ort nicht mit der Zeit ändert.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jun 2022 21:35    Titel: Antworten mit Zitat

jmd hat Folgendes geschrieben:

Cedric hat Folgendes geschrieben:
„Wie ist H. vorgegangen und wie geht man heute vor?“

Physiker schreiben meisten jede Menge Papier voll. Wer dann etwas Wichtiges findet übergibt es einem Mathematiker der alles in die richtige Form bringt. Dann wird es veröffentlicht und man bekommt den Nobelpreis

Das ist ähnlich wie bei einem Schrifsteller. Die Schriftstücke werden vor der Veröffentlichung auch erst von einem Lektor geprüft


Die Prüfung vor der Veröffentlichung übernehmen normalerweise andere Physiker, nicht Mathematiker. Die mathematisch rigorose Formulierung physikalischer Theorien unternehmen Mathematiker in der Regel nur, wenn sie für andere Mathematiker schreiben. In den meisten physikalischen Fachzeitschriften ist mathematische Strenge kein Kriterium.

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Füsker-Gast
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Beitrag Füsker-Gast Verfasst am: 02. Jul 2022 16:01    Titel: Troll Antworten mit Zitat

wenn du an einer echten Diskussion interessiert wärst,hättest du einen eigenen thread aufgemacht und nicht diesen geentert,um deine "Thesen" zu verbreiten.
Typisches Trollverhalten zum provozieren.
Und Tschüß.

Füsker-Gast.
Cedric



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Beitrag Cedric Verfasst am: 13. Jul 2022 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo index_razor,
so ganz richtig scheine ich hier nicht zu sein. Ich danke dir für deine Geduld und deine Ausführungen - haben mir sehr geholfen.
Cedric



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Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 13. Jul 2022 14:09    Titel: Re: Troll Antworten mit Zitat

Füsker-Gast hat Folgendes geschrieben:
wenn du an einer echten Diskussion interessiert wärst,hättest du einen eigenen thread aufgemacht und nicht diesen geentert,um deine "Thesen" zu verbreiten.
Typisches Trollverhalten zum provozieren.
Und Tschüß.
Füsker-Gast.


Wer bist du denn? Klaus Störtebeker?

Wenn du an einer echten und effizienten Kritik interessiert wärst, dann würdest du erstmal nachschauen, wie man sowas macht ... . Das war keine!
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Jul 2022 16:02    Titel: Re: Troll Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Füsker-Gast hat Folgendes geschrieben:
wenn du an einer echten Diskussion interessiert wärst,hättest du einen eigenen thread aufgemacht und nicht diesen geentert,um deine "Thesen" zu verbreiten.
Typisches Trollverhalten zum provozieren.
Und Tschüß.
Füsker-Gast.


Wer bist du denn? Klaus Störtebeker?

Wenn du an einer echten und effizienten Kritik interessiert wärst, dann würdest du erstmal nachschauen, wie man sowas macht ... . Das war keine!


Der Beitrag von Füsker-Gast bezog sich nicht auf dich, sondern auf ein paar Trollkommentare, die zwischendurch gelöscht wurden.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 16. Jul 2022 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo index_razor, ich bin dir noch ein paar Quellenangaben schuldig. Hintergrund-Infos, die nicht in der offiziellen Literatur auftauchen, findest du bei

Sallhofer, Hans: Der Physiker-Streit. Ein fiktiver Diskurs mit Heisenberg & Schrödinger

Sallhofer, Hans: Sackgasse Quantenphysik

Sallhofer, Hans & Hoyer, Ulrich: Fallstrick Kopenhagener Deutung. Gespräche über die Quantentheorie

Ist schon interessant, was sich in Kopenhagen/Göttingen hinter der Tür über dieses Triumvirat so auftut …
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Jul 2022 15:34    Titel: Antworten mit Zitat

Schon erstaunlich, dass du gerade diese Bücher zitierst.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 16. Jul 2022 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Schon erstaunlich, dass du gerade diese Bücher zitierst.


Mir sagen Titel und Autor rein gar nichts. Weißt du mehr darüber?

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jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8576

Beitrag jh8979 Verfasst am: 16. Jul 2022 22:59    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Schon erstaunlich, dass du gerade diese Bücher zitierst.


Mir sagen Titel und Autor rein gar nichts. Weißt du mehr darüber?

Nein, aber einmal googeln und kurz querlesen läßt alle Crackpot-Sirenen ertönen …
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Jul 2022 09:20    Titel: Antworten mit Zitat

So ist das.
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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 17. Jul 2022 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Schon erstaunlich, dass du gerade diese Bücher zitierst.

Was ist daran erstaunlich? Warum ertönen alle Crackpot-Sirenen?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Jul 2022 15:41    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Schon erstaunlich, dass du gerade diese Bücher zitierst.

Was ist daran erstaunlich? Warum ertönen alle Crackpot-Sirenen?


Die Titel allein klingen ehrlich gesagt schon nach Crackpot Marke Unzicker. Zum Inhalt konnte ich leider nichts finden. Warum auch immer du etwas über die Unschärferelationen lernen möchtest, es kann dir auf jeden Fall nicht schaden, noch ein paar Werke anderer Autoren, besonders aus der "offiziellen Literatur", zum Thema zu lesen; oder einfach weiter Fragen hier im Forum zu stellen.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 28. Jul 2022 15:05    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Cedric hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Schon erstaunlich, dass du gerade diese Bücher zitierst.

Das klingt fast so, als dürfe man „so etwas“ nicht lesen! 1. wird man davon nicht dümmer, Alternativen zu lesen; du selbst äußerst dich in deinem Leitspruch mehr als kritisch 2. fasziniert mich der Gedanke „Materie ist stehendes Licht“!


Die Titel allein klingen ehrlich gesagt schon nach Crackpot Marke Unzicker. Zum Inhalt konnte ich leider nichts finden. Warum auch immer du etwas über die Unschärferelationen lernen möchtest, es kann dir auf jeden Fall nicht schaden, noch ein paar Werke anderer Autoren, besonders aus der "offiziellen Literatur", zum Thema zu lesen; oder einfach weiter Fragen hier im Forum zu stellen.


Hallo index_razor, ich bin deiner Empfehlung mal nachgegangen und habe mich etwas besser präpariert (hoffe ich jedenfalls); ich hätte nicht gedacht, dass die QM ein so faszinierendes Thema ist! Wäre ich Physiker, wäre ich kein Instrumentalist. Ich möchte wissen, was mir die QM über die Realität (allein dieser Begriff ist schon höchst problematisch) zu sagen hat – auch ohne Physiker zu sein. Und so habe ich sie verstanden:

Anlass für die Entwicklung einer Quantenmechanik
s. Einleitung

Struktur der Quantenmechanik

Die Quantenmechanik kann wie die Klassische Mechanik als axiomatische Theorie formuliert werden. Ein Axiomen-System ist ein Grund legendes Definitions- und Aussagen-System. Die Axiome sind nicht aus noch Grundlegenderem beweis- oder ableitbar und werden deshalb ohne Beweis angenommen. Aus ihnen werden alle Theoreme des Systems logisch abgeleitet. Die Axiome sind entweder induktiv aus empirischem Datenmaterial gewonnen oder unmittelbar evident.

Die Axiome der Quantenmechanik.

1. Ein quantenmechanisches System S wird mathematisch repräsentiert durch den Hilbertraum , sein physkalischer Zustand zur Zeit t durch den Vektor .

Was offenbar dadurch motiviert ist, dass der Hilbertraum das geeignete Instrumentarium enthält zB. Linearität und damit Superpositionsfähigkeit; Operatoren, wovon einige – die Observablen – reell & beobachtbar sind und Vektoren, die die Zustände der Systeme beschreiben.

Frage: Nach welchem Kriterium wird über „reell / nicht reell“ entschieden?
Gibt es ein Konzept, das die Rolle von Raum & Zeit bzw. Raumzeit festlegt?


2. Eine physikalische Größe A wird repräsentiert durch einen selbstadjungierten (alle reellen Werte besitzenden) Operator A in , seine Eigenwerte a durch das Spektrum σ (A).

Einer der Unterschiede zur klassischen Physik ist, dass die Angabe der klassischen Punkt-Koordinaten r = r (x,y,z) durch Wellen-Gleichungen ersetzt werden, dessen Maxima die Eigenwerte des Operators repräsentieren, aus denen der Messakt nach Zufall einen Eigenwert als Messwert „herausliest“ und alle anderen kollabieren lässt.
Hier scheint das Resultat schon festzustehen, noch bevor gemessen wurde - wenn man der Auffassung ist, dass die Eigenwerte resp. die Schrödinger-Glg. realer Teil der Wirklichkeit sind. Andererseits kann man wohl auch der Auffassung sein, dass nur das gemessene Resultat die Wirklichkeit wiedergibt bzw. erst erzeugt..


3. Sei der Zustand von S zu Zeit t=0 dann ist der Zustand für alle Zeiten t gegeben durch

Zeitentwicklungsoperator

Hamiltonoperator

Eigenschaften: deterministisch, kontinuierlich, reversibel.
Beschreibt die Dynamik eines Q-Systems; treibende Kraft ist der Hamilton-(Energie-) Operator.


4. Sei ein Zustand von S für den gilt und sei A eine Observable mit dem Wert a dann ist die Wahrscheinlichkeit P(a), den Wert a zu messen, gegeben durch die Born’sche Regel

Eigenschaften: in-deterministisch, dis-kontinuierlich, ir-reversibel.
Im Moment des Kontaktes oder der Wechselwirkung tWw scheint die Gültigkeit der Schrödinger-Glg. an ihre Grenze zu kommen, denn sie wird durch Borns statistisches Amplitudenquadrat und von Von-Neumanns Projektions-Operator ersetzt.


5. Sei a der gemessene Wert von A dann ist der Zustand von S beschrieben durch .

Frage: … aufgrund der Teilchen-Identität?
… und dient als Präparation für nachfolgende Versuche.?


Fazit.
In keinem der Postulate werden Heisenberg’s UR direkt erwähnt.

i. Auf der einen Seite erläutert H. die UR anhand des „empirischen“ Gedankenexperiments mit dem Ergebnis, dass die beliebig genaue simultane Bestimmung kanonisch konjugierter Größen wegen nicht störungsfreier Messung unmöglich ist.

ii. Auf der anderen Seite versteht man in der Quantenmechanik unter der Komplementarität zweier messbarer Größen (Observablen) die Eigenschaft, dass die Operatoren der zugehörigen Observablen einen Kommutator aufweisen, der den Wert ±iħ annimmt. Für zwei komplementäre Operatoren A, B gilt daher:
[A; B] = AB – BA = i ħ

Aufgrund der verallgemeinerten Heisenbergschen Unschärferelation folgt daraus, dass beide Observablen gleichzeitig nicht beliebig genau gemessen werden können, sondern dass für die Varianz ihrer Messung stets gilt: σA · σB > ½ ħ.

Der eine führt die UR auf die Formulierung des Wellenpaketes zurück, der andere auf die Messstörung, der Dritte auf mathematische Gründe (Merkmal der Fourier-T.?), der 4. rein statistisch …

Alle zielen auf die Messbarkeit physikalischer Größen und ich kann eine philosophische Tiefgründigkeit dabei nicht erkennen. Die "Messstörung" ergibt sich auch in der klass. Mechanik, nur verschwindend klein.

Mein Eindruck ist, dass die UR gem. ihrer Bedeutung eher in die Metrologie als in die Philosophie gehört. Die wirkliche Bedeutung der QM liegt m.M.n. in der Superpositionalität, der Zufälligkeit und der Schwierigkeit, die Schrödinger-Glg. auf den Messakt anzuwenden.
Oder ist das völlig daneben?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jul 2022 15:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ich beschränke meine Antwort mal darauf, was ich für ein Mißverständnis der normalen -- ich nenne sie mal "Lehrbuchversion" der Unschärferelation halte. Diese hat nämlich rein gar nichts mit Meßungenauigkeiten oder Störungen des Systems zu tun. (Auch wenn das wohl Heisenbergs ursprüngliche Auffassung war. Dazu gleich mehr.)

Die Unschärfen in und ähnlichen Relationen (Ausnahme: Energie-Zeit-Unschärfe; die bedeutet etwas anderes) beziehen sich alle auf denselben Zustand. Es wird nirgendwo etwas gemessen oder "gestört". Ein Meßgerät wird weder in der Aussage selbst noch in deren Beweis irgendwo erwähnt. Die Unschärfen in dieser Lehrbuchversion sind auch formal immer auf dieselbe Art definiert. (Natürlich gibt es verschiedene Interpretationen des gesamten Formalismus. Aber diese Unterschiede beziehen sich ja nicht nur auf die Unschärfen, sondern auf so ziemlich alles, was man innerhalb der Quantenmechanik ausrechnen kann.)

Es gibt aber neben den "Lehrbuch-Unschärferelationen" noch andere Relationen, die Beziehungen zwischen dem Rauschen von "Meßgeräten" und deren Störung des Meßobjekts ausdrücken und damit scheinbar näher an der ursprünglichen Interpretation von Heisenberg liegen. Diese habe ich noch in keinem Lehrbuch gefunden. Aber beide Größen (Rauschen und Störung) sind wieder präzise und eindeutig über den Formalismus definierbar und die "Meßgeräte", die dort vorkommen sind nichts weiter als normale physikalische Systeme, deren Wechselwirkung mit dem Meßobjekt über die gewöhnliche Schrödingergleichung modelliert wird. (siehe z.B. hier) Es gibt hier also keine spezielle Dynamik für den Meßprozeß und auch sonst nichts geheimnisvolles.

Also, die Unschärferelationen haben nicht direkt etwas mit "Meßbarkeit" zu tun; nicht mal diejenigen, die sich auf das Rauschen von "Meßgeräten" beziehen. Denn das ist nur eine Sprechweise, und die "Meßgeräte" sind immer ganz gewöhnliche physikalische Systeme. Sie gehören also sicher auch nicht in den Bereich der Metrologie.

Ich bin allerdings trotzdem der Ansicht, daß weder die Unschärferelation noch die Quantenmechanik allgemein besondere philosophische Rätsel aufgibt, die man nicht schon von vornherein in die Interpretation des Formalismus hineingesteckt hat.

Das scheint mir vorerst das wichtigste gewesen zu sein. Wir können aber bei Bedarf auch gern auf ein paar andere deiner Punkte zurückkommen.

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Cedric



Anmeldungsdatum: 21.05.2022
Beiträge: 17

Beitrag Cedric Verfasst am: 01. Aug 2022 12:47    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wir können aber bei Bedarf auch gern auf ein paar andere deiner Punkte zurückkommen.

Feiner Zug von dir. Danke. Dann will ich mal sehen, ob ich's einigermaßen auf die Reihe kriege:

Das Problem bestand darin, dass man bei Messungen von Quantenprozessen feststellte, dass für bestimmte Wertepaare die Reihenfolge der Messungen nicht vertauschbar ist und zudem die Messresultate bei einer Komponente umso stärker streuen, je genauer die andere Komponente gemessen wird. Heisenberg suchte die entsprechenden Algorithmen und wurde bei den nicht-vertauschenden Operatoren fündig, die offenbar genau diese Eigenschaft haben oder repräsentieren.

In der QM werden statt klassischer Orts- und Impuls-Koordinaten Wellen-Fkt-en verwendet und Heisenberg verband sie über die Fourier-Transformation miteinander mit der Folge,

1. das man nur Wahrscheinlichkeitsaussagen als Resultat erhält

2. dass sich hieraus die Reziprozität der konjugierten Größen ergibt.

]...............allg.:

f(x) = ... 1/g(k)

Zwischen f und g besteht folgende reziproke Korrelation: Ist f (x) in einem engen Bereich lokalisiert (schmale Gauß-Kurve), so ist die Streuung von g(k) hoch (breite Gauß-Kurve) und umgekehrt entsprechend. Die Bornsche Regel bestimmt die Verteilung der Messwerte.

Die Unschärfe ist allgemein ein Maß für die Abweichung der Messwerte vom Mittelwert.

Die quantenmechanische Unschärferelation gibt eine untere Grenze für das Produkt der Unschärfen zweier Größen an. Diese untere Grenze hängt vom Kommutator der zugehörigen Operatoren ab.



Zwei Observable heißen kommensurabel, wenn sie simultan mit beliebiger Präzision gemessen werden können und inkommensurabel, wenn das nicht der Fall ist.

Inkommensurable Observable heißen komplementär, wenn deren Kommutator den Wert iℏ annimmt.


Heisenberg versteht (später) unter der unvermeidbaren „Störung des Systems“ den Einfluss dieser Fouriertransformation auf den quantenmechanischen Zustand im Ortsraum. Im Experiment wird diese Störung durch die zeitliche Propagation und das Zerfließen der Wellenfunktion zwischen Spalt und Schirm bewirkt.

Die Unschärferelation folgt aus der Geometrie des in der QM verwendeten Hilbertraums sowie den speziellen Eigenschaften der Operatoren bzw. der analogen Eigenschaften der Fouriertransformation. Insofern gilt sie für alle Größen, die über eine derartige Fouriertransformation zusammenhängen (auch für klassische Wellenphänomene).


Fazit

Die Unschärfe ist also eine intrinsische Eigenschaft des Quantenzustands selbst, nicht erst der Effekt einer nicht störungsfreien Messung.

Hab ich's?

Edit:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich bin allerdings trotzdem der Ansicht, daß weder die Unschärferelation noch die Quantenmechanik allgemein besondere philosophische Rätsel aufgibt, die man nicht schon von vornherein in die Interpretation des Formalismus hineingesteckt hat.

Das ist ein interessanter Gedanke. Ich glaube, ich ahne, was du meinst. Hättest du ein Beispiel dazu?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Aug 2022 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:

Edit:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich bin allerdings trotzdem der Ansicht, daß weder die Unschärferelation noch die Quantenmechanik allgemein besondere philosophische Rätsel aufgibt, die man nicht schon von vornherein in die Interpretation des Formalismus hineingesteckt hat.

Das ist ein interessanter Gedanke. Ich glaube, ich ahne, was du meinst. Hättest du ein Beispiel dazu?


Ich denke alle Interpretationsprobleme lassen sich auf das Meßproblem zurückführen. Und das Meßproblem läßt sich wiederum direkt auf den postulierten Zusammenhang zwischen Meßwerten und Eigenwerten von Operatoren zurückführen. Dadurch entsteht das Rätsel, daß man den angeblichen "Meßwerten" nicht direkt Größen zuordnen kann, die sich aus dem tatsächlichen Zustand berechnen lassen, was genau die Frage aufwirft, was der Zustand nun eigentlich real über das System aussagt. Verzichtet man dagegen auf den vagen Begriff "Meßwert" in den Grundpostulaten der Theorie, entsteht dieses Problem erst gar nicht. Der gesuchte Bezug zu Meßwerten muß sich aus der Analyse der quantenmechanischen Dynamik makroskopischer Größen ergeben, eben solchen Größen, deren "Beobachtbarkeit" praktisch außer Frage steht. Dies ist ein physikalisches Problem, kein philosophisches. Es beinhaltet unter anderem die Behandlung des semiklassischen und klassischen Grenzwertes der Theorie. (Diese Fragen tauchen in letzter Zeit über Umwege auch wieder in den Diskussionen zur Interpretation er Quantenmechanik auf.) Und ein solcher Zusammenhang zwischen "Meßwerten" und theoretischen Größen kann auch nicht postuliert werden, sondern ergibt sich, wie immer bei physikalischen Theorien seit Newton, zum Teil aus erfolgreichen Anwendungen der Theorie.

Zitat:

Das Problem bestand darin, dass man bei Messungen von Quantenprozessen feststellte, dass für bestimmte Wertepaare die Reihenfolge der Messungen nicht vertauschbar ist und zudem die Messresultate bei einer Komponente umso stärker streuen, je genauer die andere Komponente gemessen wird. Heisenberg suchte die entsprechenden Algorithmen und wurde bei den nicht-vertauschenden Operatoren fündig, die offenbar genau diese Eigenschaft haben oder repräsentieren.


Nein. Die Unschärferelation hat nichts mit der "Reihenfolge von Messungen" zu tun, sondern mit den Streuungen zweier Größen in ein und demselben Zustand, ob gemessen wird oder nicht. Ich rede hier absichtlich nicht von der "Streuung von Meßwerten" (aus den oben genannten Gründen), sondern einfach von der formal definierbaren Größe . (Andernfalls würden wir nicht mehr über "die" Quantenmechanik reden, sondern bereits über eine mehr oder weniger spezifische Interpretation der Quantenmechanik.)

Was m.E. Heisenbergs Ziel war, habe ich ja schon in meiner ersten Antwort geschrieben. Die Nichtvertauschbarkeit der beteiligten "Observablen" war eher ein Nebenprodukt des Versuchs die Quantisierungsbedingungen zu verstehen, mit denen die "alte Quantenmechanik" gewisse Teilerfolge hatte.

Mir ist im Augenblick nicht ganz klar, ob dich eher die historische Entwicklung interessiert oder die gegenwärtige Form der Quantenmechanik oder eher deren Interpretation. Deswegen weiß ich auch nicht genau welche Art von Antwort für dich am hilfreichsten wären. Wie dir ja sicher bewußt ist, gibt es gegenwärtig sehr unterschiedliche Auffassungen von der Quantenmechanik, und die wenigsten davon dürften exakt mit Heisenbergs eigener Auffassung übereinstimmen.

Vielleicht sollten wir also erstmal genauer definieren worum es dir eigentlich geht. Die Herleitung und die experimentellen Implikationen der Unschärferelation für Ensembles von identisch präparierten Systemen dürften seit knapp 100 Jahren weitgehend Konsens sein. Was ein Zustand über individuelle Systeme aussagt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Aug 2022 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Heisenberg versteht (später) unter der unvermeidbaren „Störung des Systems“ den Einfluss dieser Fouriertransformation auf den quantenmechanischen Zustand im Ortsraum.

Versteht er das so?

Ich halte diesen Bezug für extrem fragwürdig, so wie die ganze Argumentation um die Störung eines Zustandes durch eine Messung und die Unschärfe des Zustandes an sich. Die Quantenmechanik sagt nach der Kopenhagener Auffassung - m.E. inkl. Heisenberg gerade nichts zur Messung selbst - außer dass diese Messung nicht quantenmechanisch beschrieben werden kann und dass sie das System stört. Damit bleibt für mich keine wissenschaftlich überprüfbare Vorhersage übrig.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Im Experiment wird diese Störung durch die zeitliche Propagation und das Zerfließen der Wellenfunktion zwischen Spalt und Schirm bewirkt.

Das halte ich zumindest für irreführend. Diese Propagation ist ja gerade störungsfrei, und sie kann in speziellen Fällen sogar dispersionsfrei sein.

Cedric hat Folgendes geschrieben:
Die Unschärfe ist also eine intrinsische Eigenschaft des Quantenzustands selbst, nicht erst der Effekt einer nicht störungsfreien Messung.

Wobei insbs. du hier vorsichtig sein solltest ;-)

Ich denke, du meinst mit "Quantenzustand" den Hilbertraumzustand, nicht zwingend den Zustand des realen Systems

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Cedric



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Beitrag Cedric Verfasst am: 02. Aug 2022 21:53    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Mir ist im Augenblick nicht ganz klar, ob dich eher die historische Entwicklung interessiert oder die gegenwärtige Form der Quantenmechanik oder eher deren Interpretation. Deswegen weiß ich auch nicht genau welche Art von Antwort für dich am hilfreichsten wären.

Ja, ich merke es auch an deinen Antworten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht sollten wir also erstmal genauer definieren worum es dir eigentlich geht.


Gute Idee! Also, anfangs ging es ja nur um das Referat bezgl. Heisenbergs UR. Nachdem du mir eine "erweiterte Informationsbeschaffung" nahegelegt hattest, habe ich in Fließbachs Quantenmechanik und Nägers & Co's Philosophie der Quantenmechanik gelesen; Damit war ich QM-infiziert und wollte die ganze Theorie - angefangen mit Kopenhagen - endlich wirklich verstehen (Ich glaube nämlich Feynman nicht). Ich habe dann hier d a s wiedergegeben, was ich physikalisch-mathematisch wie verstanden habe, zB. die Axiome der QM mit Kommentaren und hätte mir eine Rückmeldung gewünscht, ob und was ich richtig oder falsch verstanden habe. Dann bin ich wohl zu früh und zu viel auf dem Dualismus herumgeritten und hab selbst den Faden verloren.
Außerdem schreibe ich an einem Buch und da ist es extrem hilfreich, sich einigermaßen gut in der Materie auszukennen.
Was mich manchmal verwirrt ist, dass Ihr über die normalen Lehrbücher hinausgeht. Wo ich Heisenberg erst noch verstehen muss, habt Ihr ihn schon abserviert. ;-)

Kannst du damit 'was anfangen?
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Aug 2022 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

Gut, hier folgen ein paar Kommentare zu deinen Axiomen der Quantenmechanik.

Cedric hat Folgendes geschrieben:

Die Axiome der Quantenmechanik.

1. Ein quantenmechanisches System S wird mathematisch repräsentiert durch den Hilbertraum , sein physkalischer Zustand zur Zeit t durch den Vektor .


Ein quantenmechanisches System wird repräsentiert durch einen Hilbertraum und eine Observablenalgebra. Ich weiß, die Observablen erwähnst du in Axiom 2. Aber sie sind wirklich das wichtigste an der ganzen Sache. Die Algebra der Operatoren unterscheidet physikalisch ein System vom anderen. Von den Hilberträumen ist hingegen einer praktisch so gut wie der andere (abgesehen von der Dimensionen).

Außerdem ist es vielleicht nützlich an der Stelle gleich darauf hinzuweisen, daß die Repräsentation des Zustands als Vektor im Hilbertraum nur eine Idealisierung ist. Derartige Zustände heißen auch "rein". Im allgemeinen muß der Zustand eines Quantensystems ebenfalls durch einen Operator, den sogenannten Dichteoperator, repräsentiert werden. Lehrbücher heben sich diese sogenannten "gemischten Zustände" oft für spätere Kapitel auf. (Ausnahme z.B. Ballentine, Quantum Mechanics: A Modern Development.) Aber in der Realität sind sie eher der Normalfall. Präparation von reinen Zuständen erfordert in der Regel experimentellen Aufwand.

Zitat:

Was offenbar dadurch motiviert ist, dass der Hilbertraum das geeignete Instrumentarium enthält zB. Linearität und damit Superpositionsfähigkeit; Operatoren, wovon einige – die Observablen – reell & beobachtbar sind und Vektoren, die die Zustände der Systeme beschreiben.

Frage: Nach welchem Kriterium wird über „reell / nicht reell“ entschieden?



Normalerweise spricht man nicht von "reellen" Operatoren. Ich bin mir also nicht sicher worauf sich die Frage bezieht. Die Operatoren aus der Observablenalgebra sind normalerweise hermitesch, woraus folgt, daß ihr Spektrum aus reellen Zahlen besteht. Das Wort "beobachtbar" würde ich wie gesagt in den Axiomen erst gar nicht in den Mund nehmen. Das führt m.E. zu nichts gutem.

Zitat:
Gibt es ein Konzept, das die Rolle von Raum & Zeit bzw. Raumzeit festlegt?


Der Raum taucht in der nichtrelativistischen Quantenmechanik als Spektrum des Ortsoperators auf. Die Zeit ist dort, wie in der klassischen Mechanik, nur ein universeller Parameter, der in den Bewegungsgleichungen auftaucht. Das ändert sich natürlich in der relativistischen Quantenfeldtheorie.


Zitat:

2. Eine physikalische Größe A wird repräsentiert durch einen selbstadjungierten (alle reellen Werte besitzenden) Operator A in , seine Eigenwerte a durch das Spektrum σ (A).

Einer der Unterschiede zur klassischen Physik ist, dass die Angabe der klassischen Punkt-Koordinaten r = r (x,y,z) durch Wellen-Gleichungen ersetzt werden, dessen Maxima die Eigenwerte des Operators repräsentieren, aus denen der Messakt nach Zufall einen Eigenwert als Messwert „herausliest“ und alle anderen kollabieren lässt.


Dieser Abschnitt ist völlig unverständlich für mich. Was sind die "Maxima einer Wellengleichung"? Und was sollen sie mit den Eigenwerten zu tun haben? Hier liegt noch irgendein Verständnisproblem vor.

Der zweite Teil des Satzes nimmt im Prinzip das Kollapspostulat (bei dir Axiom 5.) schon vorweg.

Zitat:

Hier scheint das Resultat schon festzustehen, noch bevor gemessen wurde - wenn man der Auffassung ist, dass die Eigenwerte resp. die Schrödinger-Glg. realer Teil der Wirklichkeit sind. Andererseits kann man wohl auch der Auffassung sein, dass nur das gemessene Resultat die Wirklichkeit wiedergibt bzw. erst erzeugt..


Und hier sind wir schon mitten in dem ganzen Interpretationschaos, von dem ich oben meinte, daß es hauptsächlich auf die Identifikation von Eigenwerten mit "Meßwerten" zurückzuführen ist. Eigenwerte eignen sich auch nicht besonders als "reale Teile der Wirklichkeit", weil sie sich nicht eindeutig aus dem Zustand des Systems ergeben. Sie sind einfach nur Eigenschaften der Operatoren und für alle Zustände gleich.

Zitat:

3. Sei der Zustand von S zu Zeit t=0 dann ist der Zustand für alle Zeiten t gegeben durch

Zeitentwicklungsoperator

Hamiltonoperator

Eigenschaften: deterministisch, kontinuierlich, reversibel.
Beschreibt die Dynamik eines Q-Systems; treibende Kraft ist der Hamilton-(Energie-) Operator.



Ja, das stimmt im Prinzip. Treffender ist allerdings "Beschreibt die Dynamik eines einzelnen Teilchens im Potential V".

Die restlichen beiden Punkte 4. und 5. sind eigentlich keine "Axiome" der Quantenmechanik, sondern zum Großteil Interpretationen des Formalismus. Punkt 4. ist die Bornsche Regel für reine Zustände und Punkt 5. ist das berüchtigte Projektionspostulat. Das ist zwar charakteristischer Bestandteil der Kopenhagener Interpretation. Aber es ist besser man verzichtet ganz darauf. (Siehe dazu wieder Ballentines Lehrbuch)

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Cedric



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Beitrag Cedric Verfasst am: 03. Aug 2022 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

Ganz hervorragend! Das schau' ich mir jetzt näher an.
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