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Das Wesentliche in der Quantenmechanik - Seite 2
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Sonnenwind



Anmeldungsdatum: 25.04.2022
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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 08. Mai 2023 11:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich persönlich habe meinen Frieden gefunden mit folgenden Überlegungen:

1) Ab einer gewissen Masse ergibt sich aus der Schrödinger-Newton-Gleichung, dass Objekte keine Interferenz mehr mit sich selbst aufweisen und das schon ab einer Masse von 10^10 atomaren Masseneinheiten.
Ich bezeichne so ein Objekt dann als "klassisches Objekt". Insbesondere ist ein Zeiger eines Messinstruments sicher ein klassisches Objekt.

2) Die Wechselwirkung der Quantenwelt mit der Umgebung (Dissipation und Dekohärenz) bestehend aus klassischen Objekten zusammen mit der de-Broglie-Bohm-Interpretation sollte zu eindeutigen Messergebnissen führen.

Vielleicht findet jemand eine Gleichung für die Interaktion eines Quantenteilchens mit einem klassischen Objekt. Dazu müsste für das klassische Objekt seine Eigengravitation mitmodelliert werden.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Mai 2023 11:34    Titel: Re: Das Wesentliche in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:


Die Relevanz dieser Frage ergibt sich nur aus deinem Postulat. Die klassische Physik postuliert keine Aussagen über "Meßwerte" und hat damit auch nicht das Problem zu definieren, was eine Messung ist.

Mir bereitet es noch immer Unbehagen, dass man in den Postulaten mit Begriffen wie Messwerten etwas benutzt von dem man eigentlich nicht weiß was es ist.


Das sollte es auch. Ich sehe auch keinen Grund dieses Postulat zu verwenden. (Ich wollte nur klarstellen, welche Konsequenzen es hat.) Die Anwendung der Theorie bestimmt was Meßwerte sind, nicht irgendein a-priori-Postulat. Und in den Anwendungen berechnet man praktisch meßbare Funktionen des Zustands um Kontakt zur Empirie herzustellen. Was "praktisch meßbar" ist, ergibt sich aus der physikalischen Analyse der Funktion des Meßapparats, die wiederum eine Anwendung der Theorie darstellt. Siehe auch den Thread über Quantensprünge, mit den Beispielen aus der Quantenoptik.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 12:42    Titel: Re: Das Wesentliche in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe auch keinen Grund dieses Postulat zu verwenden. (Ich wollte nur klarstellen, welche Konsequenzen es hat.) Die Anwendung der Theorie bestimmt was Meßwerte sind, nicht irgendein a-priori-Postulat. Und in den Anwendungen berechnet man praktisch meßbare Funktionen des Zustands um Kontakt zur Empirie herzustellen. Was "praktisch meßbar" ist, ergibt sich aus der physikalischen Analyse der Funktion des Meßapparats, die wiederum eine Anwendung der Theorie darstellt. Siehe auch den Thread über Quantensprünge, mit den Beispielen aus der Quantenoptik.

Das ist genau das, was ich mit
TomS hat Folgendes geschrieben:
Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:


Die Relevanz dieser Frage ergibt sich nur aus deinem Postulat. Die klassische Physik postuliert keine Aussagen über "Meßwerte" und hat damit auch nicht das Problem zu definieren, was eine Messung ist.

Mir bereitet es noch immer Unbehagen, dass man in den Postulaten mit Begriffen wie Messwerten etwas benutzt von dem man eigentlich nicht weiß was es ist.

Da bist du nicht alleine, das geht einigen Physikern so. Die Alternative - die QM auf Postulaten aufzubauen, die zunächst ohne den Begriff der Messung auskommen, und diesen erst später einzuführen bzw. zu entwickeln, ist jedoch nicht ganz einfach und daher alles andere als abgeschlossen.

meinte.

Der Grund derartige Postulate zu verwenden ist dich historisch bedingt. Von Neumann hat sowas vor ca. 90 Jahren mal aufgeschrieben, und es wird in den allermeisten Fällen irgendwie weiter tradiert, obwohl die Probleme bekannt sein sollten.

Umgekehrt kann man aber nicht in einem schönen Lehrbuch nachlesen, wie es denn anders funktioniert, weil dieses "anders" nicht abgeschlossen und allgemein verdaulich darstellbar ist.

Das eine ist problematisch, das andere unfertig.

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Quantumdot
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 08. Mai 2023 13:22    Titel: Re: Das Wesentliche in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Umgekehrt kann man aber nicht in einem schönen Lehrbuch nachlesen, wie es denn anders funktioniert, weil dieses "anders" nicht abgeschlossen und allgemein verdaulich darstellbar ist.

Das eine ist problematisch, das andere unfertig.


Hast du eine gute Quelle in der die Quantenmechanik mit Postulaten aufgebaut wird, die zunächst ohne undefinierte Messbegriffe auskommen?
Ich habe leider kein Lehrbuch dazu gefunden.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

Keine, die nicht eine Klasse spezieller Interpretation der QM einmündet oder eine solche ausschließt.

Evtl. ist das folgende eine einigermaßen konsensfähige Grundlage. Ausgangspunkt war ein Satz reduzierter Axiome, die zur 'Everettschen Formulierung' führen. Die Formulierung der Regeln ist mathematisch einfach gehalten, es existieren Verallgemeinerungen bzw. Präzisierungen ¹.

Kursiv gesetzter Text bezieht sich auf reale Systeme und deren Dynamik, Präparation und Messung, sowie tatsächlich messbare Größen d.h. Observablen sowie deren Messwerte.

Normal gesetzter Text bezieht sich auf rein mathematische Objekte, die die o.g. physikalischen Systeme etc. in gewissem Sinne repräsentieren ².

--------------------

Die folgenden Regeln sind identisch zu den etablierten Regeln ³ der 'orthodoxen Formulierung'

1. Die Beschreibung eines Quantensystems erfolgt im Rahmen eines separablen Hilbertraumes

2. Der Zustand eines einzelnen ⁴ Quantensystems wird vollständig durch einen normierten Vektor ⁵ als Element dieses Hilbertraumes beschrieben.

3. Die Zeitentwicklung eines einzelnen isolierten ⁶ Quantensystems wird durch einen unitären Zeitentwicklungsoperator



mittels



beschrieben; ist dabei der Hamiltonoperator.

Diese Regel ist vollständig äquivalent zur Schrödingergleichung ⁷



4. Eine beobachtbare Größe, d.h. eine Observable eines Quantensystems wird durch eine selbstadjungierten ⁸ Operator repräsentiert, der auf die Zustandsvektoren in wirkt.

--------------------

¹ U.a. für entartete Unterräume, verallgemeinerte Messungen die nicht mittels Projektoren sondern positiver operatorwertiger Wahrscheinlichkeitsmaße (POVM) beschrieben werden, Darstellungen von Zuständen als Strahlen (Rays) bzw. in projektiven Hilberträumen, verallgemeinerte Zustände und Dichteoperatoren, kontinuierliche bzw. distributionswertige Basen, Gelfand Triples bzw. rigged Hilbert spaces. Für eine Einführung sind diese Details oft irrelevant – mit einer Ausnahme, nämlich den kontinuierlichen bzw. distributionswertige Basen für Orts- und Impulsraumdarstellung

² Die Bedeutung des Formalismus und der Repräsentation (ontisch, rein instrumentalistisch etc.) sowie die einzelnen Interpretationen der Quantenmechanik sind hier nicht Gegenstand. Allerdings dienen die Regeln als gemeinsamer Startpunkt für die wesentlichen Interpretationen, wobei diese je nach Interpretation teilweise angepasst werden.

³ Diese etablierten Regeln sind Gegenstand einiger Lehrbücher, z.B. Dirac, Cohen-Tannoudji, Sakurai, Weinberg, Griffiths, …

⁴ In statistischen bzw. Ensemble-Interpretationen wird dies dahingehend modifiziert, dass der Zustandsvektor nicht mehr ein einzelnes System repräsentiert, sondern lediglich ein Ensemble gleichartig präparierter Systeme. Dies spielt im Folgenden keine Rolle

⁵ Präziser ist die Formulierung der Repräsentation mittels einer Äquivalenzklasse mit und dem o.g. normierten Vektor in .
Dies ist automatisch gegeben bei Verwendung projektorwertiger Zustände , insbs. bei der Betrachtung verallgemeinerter Zustände bzw. Dichteoperatoren.

⁶ Für nicht-isolierte Systeme wäre der Hamiltonoperator zeitabhängig; dies spielt im Folgenden keine Rolle.

⁷ Diese Regel gilt im sogenannten Schrödinger-Bild. Es existieren andere, unitär-äquivalente Formulierungen, insbs. das Heisenberg- und das Wechselwirkungsbild, in denen die Zeitentwicklung vollständig oder teilweise von den Zustandsvektoren auf die Operatoren übertragen wird; letzteres spielt im Folgenden keine Rolle.

⁸ Ich bevorzuge die mathematische Bezeichnung ‚selbstadjungiert‘ und die klare Abgrenzung zu ‚symmetrisch‘; im endlich-dimensionalen Fall sind beide Bedeutungen identisch.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 08. Mai 2023 16:56, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 08. Mai 2023 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Keine, die nicht eine Klasse spezieller Interpretation der QM einmündet oder eine solche ausschließt.

und was meinte index razor dann damit, dass man auf solche Postulate, die Messbegriffe beinhalten, verzichten sollte? Was soll man denn sonst machen?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 17:05    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe den letzten Beitrag erweitert; schau dir die Axiome mal an.

Auch die sind in Details nicht unumstritten; so gibt es statistische Interpretationen, denen zufolge nie die Beschreibung eines einzelnen Systems, sondern ausschließlich der eines Ensembles von Systemen vorliegt. Die o.g. mathematischen Regeln sollten jedoch davon unberührt sein.

Die Messung müsste mit dem Formalismus dahingehend in Beziehung gesetzt werden, dass bestimmte mathematische Strukturen auftreten, die mit real beobachteten Messungen geeignet korrelieren. Also "wenn ein bestimmter Erwartungswert ein Maximum in der Variablen x ein Maximum bei x° hat, dann existiert am entsprechenden Ort P° ein Zeigerausschlag, der ..." Wie gesagt, sowas gibt es in deer Physik ansonsten nirgendwo. Newton hat auch kein derartiges Axiom eingeführt, Maxwell nicht, Boltzmann et al. nicht ...

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Mai 2023 18:18    Titel: Re: Das Wesentliche in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Der Grund derartige Postulate zu verwenden ist dich historisch bedingt. Von Neumann hat sowas vor ca. 90 Jahren mal aufgeschrieben, und es wird in den allermeisten Fällen irgendwie weiter tradiert, obwohl die Probleme bekannt sein sollten.

Umgekehrt kann man aber nicht in einem schönen Lehrbuch nachlesen, wie es denn anders funktioniert, weil dieses "anders" nicht abgeschlossen und allgemein verdaulich darstellbar ist.

Das eine ist problematisch, das andere unfertig.


Man muß sich nicht gleich ins Knie schießen, nur weil man keinen Marathon laufen möchte. Durch die Identifikation von Eigenwerten und Meßwerten klärt man, wie man in diesem und anderen Threads sieht, gar nichts. Man verschlimmert nur die Formulierung des Problems, so daß es praktisch unlösbar erscheint.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Mai 2023 18:27    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Keine, die nicht eine Klasse spezieller Interpretation der QM einmündet oder eine solche ausschließt.

und was meinte index razor dann damit, dass man auf solche Postulate, die Messbegriffe beinhalten, verzichten sollte? Was soll man denn sonst machen?


Dasselbe wie in der Theorie klassischen Mechanik: dynamische Modelle formulieren und deren Eigenschaften untersuchen. Was sonst? Damit hat man eine Theorie, die mindestens mal den empirischen Gehalt der klassischen Mechanik hat. (Zumindest sofern man den klassischen Grenzfall im Griff hat.) Das alles beinhaltet auch eine Analyse diverser Modelle für Messungen.

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Beitrag Sonnenwind Verfasst am: 08. Mai 2023 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Könnte man nicht ein klassisches Objekt beschreiben mit einer Wellenfunktion, die nicht mehr dispergiert?

Wenn die Eigengravitation stark genug ist, dann sollte die Welle nicht mehr auseinanderlaufen, z.B. bei einem Fußball. Trotzdem soll eine Wellenfunktion definiert werden, so dass man dieses Objekt mit Quantenobjekten in eine Gleichung packen kann.

Das wäre dann z.B. die Wellenfunktion um den Schwerpunkt .

Damit



und



daraus folgt



und in Schrödingerform:


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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 20:23    Titel: Re: Das Wesentliche in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man muß sich nicht gleich ins Knie schießen, nur weil man keinen Marathon laufen möchte.

???

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Durch die Identifikation von Eigenwerten und Meßwerten klärt man, wie man in diesem und anderen Threads sieht, gar nichts. Man verschlimmert nur die Formulierung des Problems, so daß es praktisch unlösbar erscheint.

Diesen Punkt habe ich explizit weggelassen.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Mai 2023 20:44    Titel: Re: Das Wesentliche in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man muß sich nicht gleich ins Knie schießen, nur weil man keinen Marathon laufen möchte.

???


Damit habe ich auf diese Dilemma angespielt

Zitat:
Umgekehrt kann man aber nicht in einem schönen Lehrbuch nachlesen, wie es denn anders funktioniert, weil dieses "anders" nicht abgeschlossen und allgemein verdaulich darstellbar ist.


Klingt wie: die Alternative ist undurchführbar (zumindest jetzt noch nicht?), deshalb muß man so ein Postulat verwenden. Aber vielleicht hast du etwas anderes gemeint.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Durch die Identifikation von Eigenwerten und Meßwerten klärt man, wie man in diesem und anderen Threads sieht, gar nichts. Man verschlimmert nur die Formulierung des Problems, so daß es praktisch unlösbar erscheint.

Diesen Punkt habe ich explizit weggelassen.


Das ist auch gut so. Ich wollte auch nur darauf hinaus, daß dies möglich ist.

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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dasselbe wie in der Theorie klassischen Mechanik: dynamische Modelle formulieren und deren Eigenschaften untersuchen. Was sonst? Damit hat man eine Theorie, die mindestens mal den empirischen Gehalt der klassischen Mechanik hat. (Zumindest sofern man den klassischen Grenzfall im Griff hat.) Das alles beinhaltet auch eine Analyse diverser Modelle für Messungen.

Nur - wie wir ja schon mehrfach diskutiert hatten - steckt das eben noch in den Kinderschuhen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Klingt wie: die Alternative ist undurchführbar (zumindest jetzt noch nicht?), deshalb muß man so ein Postulat verwenden. Aber vielleicht hast du etwas anderes gemeint.

Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass man die nach unserer beiden Meinung ziemlich verfehlte Idee von Eigenwerten = Messwerten, Kollaps usw. in jedem Lehrbuch findet, während der unserer Ansicht nach sinnvolle Ansatz eben unfertig ist - und wir dies seriöserweise dazusagen sollten.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Mai 2023 21:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dasselbe wie in der Theorie klassischen Mechanik: dynamische Modelle formulieren und deren Eigenschaften untersuchen. Was sonst? Damit hat man eine Theorie, die mindestens mal den empirischen Gehalt der klassischen Mechanik hat. (Zumindest sofern man den klassischen Grenzfall im Griff hat.) Das alles beinhaltet auch eine Analyse diverser Modelle für Messungen.

Nur - wie wir ja schon mehrfach diskutiert hatten - steckt das eben noch in den Kinderschuhen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Klingt wie: die Alternative ist undurchführbar (zumindest jetzt noch nicht?), deshalb muß man so ein Postulat verwenden. Aber vielleicht hast du etwas anderes gemeint.

Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass man die nach unserer beiden Meinung ziemlich verfehlte Idee von Eigenwerten = Messwerten, Kollaps usw. in jedem Lehrbuch findet, während der unserer Ansicht nach sinnvolle Ansatz eben unfertig ist - und wir dies seriöserweise dazusagen sollten.


Ich verstehe nicht was du meinst. Der einzige "Ansatz" von dem ich sprach, ist, nicht zu postulieren, daß Eigenwerte von hermiteschen Operatoren und Meßwerte identisch sind. Was dann übrigbleibt, ist der formale Kern der QM, wie er seit Ewigkeiten praktisch angewendet wird. Ich rede nicht davon das Meßproblem zu lösen. Ich rede nur davon es nicht unnötig zu verschlimmern.

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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der einzige "Ansatz" von dem ich sprach, ist, nicht zu postulieren, daß Eigenwerte von hermiteschen Operatoren und Meßwerte identisch sind. Was dann übrigbleibt ist der formale Kern der QM, wie er seit Ewigkeiten praktisch angewendet wird. Ich rede nicht davon das Meßproblem zu lösen. Ich rede nur davon es nicht unnötig zu verschlimmern.

Nun, der Formalismus, der seit Ewigkeiten angewendet wird, umfasst eben mehr als die oben genannten Axiome und ihre logischen Konsequenzen.

Du musst jemandem, der die Quantenmechanik noch nicht kennt, erklären, wie er einfache konkrete Probleme löst. Ob du die dazu notwendigen Regeln als fundamentale Axiome einführst oder herleitest bleibt sich für die Anwendung gleich. Nur - ohne diese weitere Regeln kann man eben viele Probleme nicht lösen.

Wie führst du also Messwerte und Wahrscheinlichkeiten ein, wenn du a) die dazu üblicherweise verwendeten Postulate ablehnst, jedoch b) diese oder andere Regeln noch nicht ableiten oder anderweitig motivieren kannst? Dazu musst du dir ja irgend etwas überlegt haben.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Mai 2023 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wie führst du also Messwerte und Wahrscheinlichkeiten ein, wenn du a) die dazu üblicherweise verwendeten Postulate ablehnst, jedoch b) diese oder andere Regeln noch nicht ableiten oder anderweitig motivieren kannst? Dazu musst du dir ja irgend etwas überlegt haben.


Meßwerte führe ich gar nicht ein. Ich rede nur, wie in der klassischen Physik auch, von physikalischen Größen. Das sind einfach bildunabhängige Funktionen des Zustands. Einige davon sind meßbar. Und wie man sie mißt zeigen zahlreiche praktische Anwendung der QM. Da muß man nichts postulieren.

Wahrscheinlichkeiten gehören zum formalen Kern der Quantenmechanik.

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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2023 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

Du merkst schon, dass das löchrig ist.

Nimm an, du beobachtest Spektrallinien mit definierten Frequenzen (und Breiten) sowie Intensitäten. Mittels welcher fundamentaler Axiome leitest du die entsprechenden Berechnung her bzw. begründest die Berechnung?

Die von mir o.g. Axiome sind dazu nicht ausreichend.

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Beitrag Quantumdot Verfasst am: 09. Mai 2023 00:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass man die nach unserer beiden Meinung ziemlich verfehlte Idee von Eigenwerten = Messwerten, Kollaps usw. in jedem Lehrbuch findet, während der unserer Ansicht nach sinnvolle Ansatz eben unfertig ist - und wir dies seriöserweise dazusagen sollten.


Wie sähe denn bzgl dieses Dilemmas eine gute Lehrbuchdarstellung aus?
Entweder man benutzt sowas wie Eigenwerte=Messwerte oder aber man muss sich auf etwas beziehen, das unfertig ist. Ich stelle es mir schwierig vor unter diesen Voraussetzungen ein wirklich zufriedenstellendes Lehrbuch zu konzipieren.
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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 06:02    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Lehrbuch i) muss ein - im Vergleich zum o.g. - erweitertes Axiomensystem einführen, und ii) sollte darauf hinweisen, dass bzgl. dieser Erweiterung und der damit einhergehenden Interpretation der Quantenmechanik keine Einigkeit besteht. Leider werden in vielen Fällen die von Neumannschen Postulate eingerührt, ohne auf essentielle Probleme hinzuweisen oder gar Alternativen zu diskutieren.

I found that I was unable to explain the foundations of quantum mechanics in a way that I found entirely satisfactory.



My own conclusion is that today there is no interpretation of quantum mechanics that does not have serious flaws. This view is not universally shared. Indeed, many physicists are satisfied with their own interpretation of quantum mechanics. But different physicists are satisfied with different interpretations. In my view, we ought to take seriously the possibility of finding some more satisfactory other theory, to which quantum mechanics is only a good approximation.
Steven Weinberg

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 07:00    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Du merkst schon, dass das löchrig ist.

Nimm an, du beobachtest Spektrallinien mit definierten Frequenzen (und Breiten) sowie Intensitäten. Mittels welcher fundamentaler Axiome leitest du die entsprechenden Berechnung her bzw. begründest die Berechnung?


Das habe ich im anderen Thread über Quantensprünge angedeutet, und sogar eine Lehrbuchreferenz für eine detaillierte Rechnung angegeben. Daran ist gar nichts löchrig.

Zitat:
Die von mir o.g. Axiome sind dazu nicht ausreichend.


Das habe ich auch nicht bestritten. Ich halte ohnehin nicht viel von solchen Axiomensammlungen, gerade wegen ihrer zweifelhaften Vollständigkeit.

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Zuletzt bearbeitet von index_razor am 09. Mai 2023 07:28, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 07:12    Titel: Antworten mit Zitat

Quantumdot hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass man die nach unserer beiden Meinung ziemlich verfehlte Idee von Eigenwerten = Messwerten, Kollaps usw. in jedem Lehrbuch findet, während der unserer Ansicht nach sinnvolle Ansatz eben unfertig ist - und wir dies seriöserweise dazusagen sollten.


Wie sähe denn bzgl dieses Dilemmas eine gute Lehrbuchdarstellung aus?
Entweder man benutzt sowas wie Eigenwerte=Messwerte oder aber man muss sich auf etwas beziehen, das unfertig ist. Ich stelle es mir schwierig vor unter diesen Voraussetzungen ein wirklich zufriedenstellendes Lehrbuch zu konzipieren.


Was soll denn "unfertig" sein? Dieses Dilemma existiert doch gar nicht. Lehrbücher können sich allein auf den Formalismus beziehen und darin meßbare Größen wie mittlere Energie, Impulsunschärfe, Temperatur, Strahlungsintensitäten, spektrale Verteilungen etc. ausrechnen. Niemand bezweifelt doch, daß alle diese Größen meßbar sind. (Und keine davon ist notwendigerweise ein Eigenwert irgendeines hermiteschen Operators. Zur Temperatur gehört nicht mal ein solcher Operator.)

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 07:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meßwerte führe ich gar nicht ein. Ich rede nur, wie in der klassischen Physik auch, von physikalischen Größen. Das sind einfach bildunabhängige Funktionen des Zustands. Einige davon sind meßbar. Und wie man sie mißt zeigen zahlreiche praktische Anwendung der QM. Da muß man nichts postulieren.

Natürlich muss man Begriffe einführen und irgendetwas postulieren - Netwonsche Axiome, das Prinzip der kleinsten Wirkung …

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was soll denn "unfertig" sein? Dieses Dilemma existiert doch gar nicht. Lehrbücher können sich allein auf den Formalismus beziehen und darin meßbare Größen wie mittlere Energie, Impulsunschärfe, Temperatur, Strahlungsintensitäten, spektrale Verteilungen etc. ausrechnen. Niemand bezweifelt doch, daß alle diese Größen meßbar sind.

Ein Lehrbuch muss erklären, wie man von allgemeingültigen Regeln darauf kommt, bestimmte mathematische Objekte und Berechnungen mit bestimmten Gegebenheiten in der Realität in Beziehung zu setzen.

Also hier habe ich Messgrößen, dort Hilbertraumvektoren und Operatoren. Und jetzt? Wie gelange ich von einem zum anderen? Wer sagt mir, dass und warum ich irgendein Matrixelement irgendeines Operators zu berechnen habe und was das bedeutet? Gibt es dazu ein paar verlässliche und allgemeingültige Grundregeln?

Dass die Quantenmechanik in diesen Sinne unfertig ist, ist eigentlich allen klar (siehe auch Weinberg oben)


Nach den oben von mir oben genannten Axiomen haben wir einen Hilbertraum, Zustände, deren Zeitentwicklung und einen Satz selbstadjungierter Operatoren.

In der Realität haben wir ein System (oder ein Ensemble von Systemen), Messwerte und Wahrscheinlichkeiten (also die relativen Häufigkeit gewisser Messwerte).


Was wir für verschiedene Systeme und Beobachtungen wissen ist, dass

1) die Messwerte für Photonenergien in Spektrallinien den Differenzen von Eigenwerten des Hamiltonoperators H entsprechen





2) die Intensität der Spektrallinien bzw. die Wahrscheinlichkeit aus dem Matrixelement



folgt.

3) die Eigenzustände in gewisser Weise ausgezeichnet sind; wir beobachten nämlich Photonenergien, die (bis auf eine sehr kleine Streuung) genau den Differenzen von Eigenwerten entsprechen - keine anderen Photonenergien.

4) in einem Detektor zur Messung der Photonenergien ausschließlich räumlich lokalisierte Detektorereignisse vorliegen - trotz der im Formalismus der QED verwendeten ebenen Wellen, die über einen unendlichen räumlichen Bereich ausgedehnt sind (Ähnliches gilt für lokalisierte Detektereignisse von Elektronen nach Ionisation).

Ersteres wäre dann



mit einem Photonzustand k im Endzustand.


Die Aufgabenstellung ist in etwa das, was die Physiker in den zwanziger Jahren zu lösen hatten, der Formalismus skizziert das, was bekanntermaßen praktisch funktioniert und was man heute in Vorlesungen zur QM lernt, und die vier Punkte (zusammen mit anderen Erkenntnissen) führten zu den bekannten Regeln der „orthodoxen Interpretation“ der Quantenmechanik, die u.a. von Dirac und von Neumann formalisiert wurden und die insbs. die Bornsche Regel für Wahrscheinlichkeiten und das (an anderen Stellen problematische) von Neumannsche Projektionspostulat umfassen.


Frage bzw. Bitte an dich: Welche konkreten Axiome, Postulate oder Regeln schlägst du vor, aus denen (1) bis (4) folgen bzw. die (1) bis (4) erklären?

Die meisten Lehrbücher berufen sich dabei (teilweise implizit, teilweise schlampig) auf von Neumann. Was ist dein Vorschlag?

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 09. Mai 2023 07:55, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 07:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Welche konkreten Axiome, Postulate oder Regeln schlägst du vor, aus denen (1) bis (4) folgen bzw. die (1) bis (4) erklären?


Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Ich schlage keine Postulate oder Regeln vor. Ich schlage vor die Berechnung der spektralen Verteilung für z.B. spontane Emission in Mandel, Wolf zu studieren. Dort wird nicht verwendet, daß

Zitat:
1) die Messwerte für Photonenergien in Spektrallinien den Differenzen von Eigenwerten des Hamiltonoperators H entsprechen


etc. Diese Rechnung halte ich für ein gutes Beispiel für die Anwendung der Quantenmechanik ohne überflüssige Postulate. Stattdessen konstatieren sie einfach, "In order to derive physical conclusions from these equations we have to calculate expectation values of the appropriate variables in the state under consideration." Und dann legen sie los. Diese "Erwartungswerte" ergeben dann Intensitäten und spektrale Verteilungen, also zweifelsohne "meßbare" Größen.

P.S.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Natürlich muss man Begriffe einführen und irgendetwas postulieren - Netwonsche Axiome, das Prinzip der kleinsten Wirkung …


Man muß nichts über Meßwerte postulieren. Darum ging es. Und das tut die Newtonsche Mechanik auch nicht.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 08:15    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Welche konkreten Axiome, Postulate oder Regeln schlägst du vor, aus denen (1) bis (4) folgen bzw. die (1) bis (4) erklären?


Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Ich schlage keine Postulate oder Regeln vor.

Irgendwas musst du vorschlagen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dort wird nicht verwendet, daß

Zitat:
1) die Messwerte für Photonenergien in Spektrallinien den Differenzen von Eigenwerten des Hamiltonoperators H entsprechen


Ich habe auch nicht gesagt, dass man das verwenden muss, sondern dass man es verwendet hat und bis heute verwendet, weil es in gewisser Weise zutrifft und funktioniert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Diese Rechnung halte ich für ein gutes Beispiel für die Anwendung der Quantenmechanik ohne überflüssige Postulate. Stattdessen konstatieren sie einfach, "In order to derive physical conclusions from these equations we have to calculate expectation values of the appropriate variables in the state under consideration." Und dann legen sie los. Diese "Erwartungswerte" ergeben dann Intensitäten und spektrale Verteilungen, also zweifelsohne "meßbare" Größen.

Und du sagst, dass es keine grundlegenden Regeln gibt??

Was sind die „appropriate variables“? Was ist denn der „state under consideration“?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man muß nichts über Meßwerte postulieren. Darum ging es. Und das tut die Newtonsche Mechanik auch nicht.

Die Newtonsche Mechanik geht implizit und trivialerweise davon aus, dass die Größen x, p und H[x,p] (in einer modernen Formulierung) messbar sind. D.h. die Theorie wird direkt in den Variablen formuliert, die dann auch den Messgrößen entsprechen.

Kannst du eine kurze Zusammenfassung der Grundlagen des von dir genannten Buches geben?

Warum ich das frage? Weil es etablierte, kurze (wenn auch nicht unbedingt gute) Zusammenfassungen von grundlegenden Regeln der Quantenmechanik gibt, und es nach fast 100 Jahren keine sinnvolle Alternative ist, zu sagen, die alten Regeln taugen nichts, aber was anderes haben und brauchen wir nicht …

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 09:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Welche konkreten Axiome, Postulate oder Regeln schlägst du vor, aus denen (1) bis (4) folgen bzw. die (1) bis (4) erklären?


Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Ich schlage keine Postulate oder Regeln vor.

Irgendwas musst du vorschlagen.


Habe ich doch. Ich habe vorgeschlagen aus den üblichen Formulierungen der Quantenmechanik die Identifizierung von Eigenwerten und Meßwerten zu streichen. Du denkst offenbar, daß dann nichts brauchbares mehr übrigbleibt. Ich halte das für einen Irrtum. Der Rest reicht für die Anwendungen der QM vollkommmen aus (um die es in erster Linie in Lehrbüchern gehen sollte), zumindest ist mir keine Ausnahme bewußt. Außerdem ist er sogar klarer und besser definiert als mit Postulaten über "Meßwerte".

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dort wird nicht verwendet, daß

Zitat:
1) die Messwerte für Photonenergien in Spektrallinien den Differenzen von Eigenwerten des Hamiltonoperators H entsprechen


Ich habe auch nicht gesagt, dass man das verwenden muss, sondern dass man es verwendet hat und bis heute verwendet, weil es in gewisser Weise zutrifft und funktioniert.


Du hast mich aber gefragt woraus ich es ableite. Wenn ich es nicht verwenden muß, muß ich es ja auch nicht ableiten.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Diese Rechnung halte ich für ein gutes Beispiel für die Anwendung der Quantenmechanik ohne überflüssige Postulate. Stattdessen konstatieren sie einfach, "In order to derive physical conclusions from these equations we have to calculate expectation values of the appropriate variables in the state under consideration." Und dann legen sie los. Diese "Erwartungswerte" ergeben dann Intensitäten und spektrale Verteilungen, also zweifelsohne "meßbare" Größen.

Und du sagst, dass es keine grundlegenden Regeln gibt??

Was sind die „appropriate variables“? Was ist denn der „state under consideration“?


Die Variablen sind die Operatoren, also hier Energie und Dipolmoment des Atoms und das EM-Feld. Der Zustand ist der Anfangszustand des Systems, also in diesem Fall das Produkt aus einer im Prinzip beliebigen Dichtematrix des Atoms und dem EM-Vakuum.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man muß nichts über Meßwerte postulieren. Darum ging es. Und das tut die Newtonsche Mechanik auch nicht.

Die Newtonsche Mechanik geht implizit und trivialerweise davon aus, dass die Größen x, p und H[x,p] (in einer modernen Formulierung) messbar sind. D.h. die Theorie wird direkt in den Variablen formuliert, die dann auch den Messgrößen entsprechen.


Du kannst auch in der Quantenemechanik davon ausgehen, daß Ort, Impuls und Energie meßbar sind. Zu behaupten, daß jeder Meßwert einem Element des Spektrums der zugehörigen Operatoren entspricht, ist eine Aussage ohne jeglichen physikalischen Gehalt. (Sie ist sogar strengenommen falsch, weil Meßwerte immer eine Unsicherheit haben.)

Zitat:

Kannst du eine kurze Zusammenfassung der Grundlagen des von dir genannten Buches geben?


Sie verwenden einen Hilbertraum und Operatoren, die Feldgleichungen oder gewöhnliche Differentialgleichungen erfüllen. Mehr benötigen sie zumindest nicht.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Habe ich doch. Ich habe vorgeschlagen aus den üblichen Formulierungen der Quantenmechanik die Identifizierung von Eigenwerten und Meßwerten zu streichen.

Nee, hast du nicht, das habe ich in den drei von mir genannten Axiomen getan ;-)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du denkst offenbar, daß dann nichts brauchbares mehr übrigbleibt.

Für sich alleine sind die drei Axiome wertlos, da sie keinen Bezug zwischen Theorie und Experiment herstellen. Deswegen hatte ich dich gebeten, eine Alternative bzw. Ergänzung vorzuschlagen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der Rest reicht für die Anwendungen der QM vollkommmen aus.

Nein.

Nimm bitte meine drei Axiome (über die wir uns ja hoffentlich in sind), und berechne alleine auf dieser Grundlage das beobachtete Spektrum z.B. des Wasserstoffatoms - auf dem Niveau einer Einführung in die Quantenmechanik.

---

Der Rest dient lediglich zur Konkretisierung.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zu behaupten, daß jeder Meßwert einem Element des Spektrums der zugehörigen Operatoren entspricht, ist eine Aussage ohne jeglichen physikalischen Gehalt.

Dieses Postulat habe ich auch nicht verwendet.

Wir wissen aber, dass die Messwerte (Energie der Photonen) in sehr guter Näherung gerade den Differenzen der Eigenwerte entsprechen. Unter der Voraussetzung ausschließlich der drei o.g. Axiome: Warum ist das der Fall? (Von Neumann erklärt das nicht, er postuliert nur etwas, was einen gewissen Zusammenhang damit hat)

Wir wissen, dass sich in sehr vielen Fällen und in sehr guter Näherung ein Eigenwert a



und ein Messwert alpha a entsprechen,



und dass in einem Zustand Psi die Wahrscheinlichkeit für einen Messwert alpha aus der Bornschen Regel



folgt (Auch das erklärt von Neumann nicht)

Unter der Voraussetzung ausschließlich der drei o.g. Axiome: kannst du das erklären? Welche Rolle spielt die Bornsche Regel?

In einem Lehrbuch zur Einführung der Quantenmechanik: was genau schreibst du da? was wäre dazu der wissenschaftliche Konsens, den dir jeder Experte zur Quantenmechanik unterschreibt? welche Regeln gibst du einem Studenten im vierten Semester an die Hand, um das Frequenzspektrum (die Messwerte) und die Intensitäten (letztlich Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Messwerte) zu berechnen?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du denkst offenbar, daß dann nichts brauchbares mehr übrigbleibt.

Für sich alleine sind die drei Axiome wertlos, da sie keinen Bezug zwischen Theorie und Experiment herstellen. Deswegen hatte ich dich gebeten, eine Alternative bzw. Ergänzung vorzuschlagen.


Ich halte aber die Behauptung schon für falsch, eine Alternative sei notwendig ist. Man benötigt: Einen Hilbertraum, eine Observablenalgebra und Feld-/Bewegungsgleichungen. Das sind alles Bestandteile jeder vollständigen Formulierung der QM. Daraus kann man alles für die Anwendung der Theorie relevante ausrechnen. Und genau das machen Mandel, Wolf für das Spektrum der spontanen Emission (und für andere Prozesse).

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der Rest reicht für die Anwendungen der QM vollkommmen aus.

Nein.

Nimm bitte meine drei Axiome (über die wir uns ja hoffentlich in sind), und berechne alleine auf dieser Grundlage das beobachtete Spektrum z.B. des Wasserstoffatoms - auf dem Niveau einer Einführung in die Quantenmechanik.


Alles was ich dazu für notwendig halte, steht im Mandel, Wolf, den ich u.a. genau aus dem Grund zitiert habe, damit ich nicht alles abschreiben muß, was drin steht. Ich sehe keinen Grund genau deine Axiome zu verwenden, die übrigens vermutlich gar nicht ausreichen würden, weil sie keine Dichtematrizen erwähnen, sondern behaupten der komplette Zustand sei durch einen Hilbertraumvektor zu beschreiben.

Alles was Mandel, Wolf tun ist: quantenmechanische Bewegunsgleichungen zu lösen und Erwartungswerte auszurechnen. Und das genügt vollkommen, für ihren und meinen Zweck.

Zitat:

In einem Lehrbuch zur Einführung der Quantenmechanik: was genau schreibst du da?


In meinem Lehrbuch wird eine Observablenalgebra eingeführt, z.B. bestehend aus den Generatoren der Galilei- oder Poincare-Algebra, die auf einem Hilbertraum dargestellt wird. Zustände führe ich als Dichteoperatoren auf dem Hilbertraum ein. Außerdem gibt es (je nach Bild) Bewegunsgleichungen für die Operatoren oder Zustände und zugeöhrige bildunabhängige Bewegungsgleichunen für die "physikalischen Größen" wie etc. Einige dieser Größen sind meßbar. Zur Not beschreibe ich (wie z.B. Mandel Wolf) wie eine quantenmechanische Messung des elektromagnetischen Feldes aussieht, indem ich ein Modell eines Photodetektors löse.

P.S.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wir wissen, dass sich in sehr vielen Fällen und in sehr guter Näherung ein Eigenwert a



und ein Messwert alpha a entsprechen,


Nein, das wissen wir eigentlich nicht. Wir wissen nur, daß die Verteilung vieler Meßwerte näherungsweise den "Übergangswahrscheinlichkeiten" des aktuellen Zustands entspricht. Was -- und ob überhaupt etwas -- ein einzelner Meßwert mit den Eigenschaften des Systems zu tun hat, wissen wir nicht. Das ist das Meßproblem, um das es mir wie gesagt, gar nicht geht. Aus diesem Grund können wir genaue Messungen eben oft nur an einer großen Menge identischer Systeme durchführen. Erst die Größen, die wir aus diesem Ensemble erhalten, verdienen dann den Namen "Meßgrößen". Sie erfordern aber kein spezielles Postulat.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich halte aber die Behauptung schon für falsch, eine Alternative sei notwendig ist. Man benötigt: Einen Hilbertraum, eine Observablenalgebra und Feld-/Bewegungsgleichungen.

Nein, das ist nicht ausreichend, denn ...
index_razor hat Folgendes geschrieben:
... alles was Mandel, Wolf tun ist [ist] quantenmechanische Bewegunsgleichungen zu lösen und Erwartungswerte auszurechnen.

Also benötigst du weitere Regeln, Prinzipien, die dir sagen, dass du Matrixelemente ausrechnen sollst - wenn du das deinen Studenten nicht sagst, werden sie nicht von alleine damit anfangen - und was diese physikalisch bedeuten - also z.B. "Erwartungswerte im Rahmen von Messungen".

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zur Not beschreibe ich (wie z.B. Mandel Wolf) wie eine quantenmechanische Messung des elektromagnetischen Feldes aussieht, indem ich ein Modell eines Photodetektors löse.

Es geht um eine kompakte Darstellung der Grundlagen der Quantenmechanik. Wie mir scheint, setzt das von dir zitierte Buch aber diverse Annahmen implizit voraus.



P.S.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir wissen, dass sich in sehr vielen Fällen und in sehr guter Näherung ein Eigenwert a



und ein Messwert alpha a entsprechen,


Nein, das wissen wir eigentlich nicht.

Doch, das wissen wir schon.

Wenn wir ein Atom in einer Paul-Falle präparieren, dann ist das in sehr guter Näherung und je Atom der Fall.

Ich halte aus zwei Gründen nun nichts von einem entsprechenden Postulat, erstens weil es nichts erklärt, und zweitens, weil es nur in Spezialfällen gilt. Trotzdem sollte man diese experimentelle Erkenntnis ja theoretisch erklären können.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 09. Mai 2023 13:09, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich halte aber die Behauptung schon für falsch, eine Alternative sei notwendig ist. Man benötigt: Einen Hilbertraum, eine Observablenalgebra und Feld-/Bewegungsgleichungen.

Nein, das ist nicht ausreichend, denn
index_razor hat Folgendes geschrieben:
... alles was Mandel, Wolf tun ist [ist] quantenmechanische Bewegunsgleichungen zu lösen und Erwartungswerte auszurechnen.

Also benötigst du weitere Regeln, Prinzipien, die dir sagen, dass du Matrixelemete ausrechnen sollst und was diese bedeuten - also z.B. "Erwartunsgwerte"


Ja, und in der klassischen Mechanik benötige ich die "Regel", daß ich Phasenraumfunktionen ausrechnen "soll". Beides sind einfach formale Größen innerhalb der jeweiligen Theorie. Natürlich muß ich irgendwelche davon ausrechnen, wenn ich die Eigenschaften meines Modells analysieren will, und letztlich empirische Aussagen ableiten möchte.

Übrigens weiter oben hatte ich das sogar noch verallgemeinert zu "bildunabhängigen Funktionen des Zustands". Das umfaßt nicht nur Erwartungswerte und ist fast vollkommen analog zur klassischen Physik (außer, daß es dort ohnehin keine Bilder gibt.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir wissen, dass sich in sehr vielen Fällen und in sehr guter Näherung ein Eigenwert a



und ein Messwert alpha a entsprechen,


Nein, das wissen wir eigentlich nicht.

Doch, das wissen wir schon.

Wenn wir ein Atom in einer Paul-Falle präparieren, dann ist das in sehr guter Näherung und je Atom der Fall.


Was hat das jetzt mit der Behauptung zu tun ein einzelner Meßwert entspräche einem Eigenwert? Ich behaupte immer noch, daß diese Aussage ohne jeglichen physikalischen Gehalt ist und wir allein deshalb schon nicht wissen, daß sie stimmt.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ja, und in der klassischen Mechanik benötige ich die "Regel", daß ich Phasenraumfunktionen ausrechnen "soll". Beides sind einfach formale Größen innerhalb der jeweiligen Theorie. Natürlich muß ich irgendwelche davon ausrechnen, wenn ich die Eigenschaften meines Modells analysieren will, und letztlich empirische Aussagen ableiten möchte.

Und natürlich gehört es in ein Lehrbuch, das zu erklären.


Die Postulate nach von Neumann mögen in Teilen hochproblematisch sein, aber sie leisten das, was man von jeder physikalischen Theorie erwartet: sie stellt den Kontakt zur Realität her.

Die drei genannten Axiome für sich sind physikalisch völlig wertlos und bedürfen einer Ergänzung (von der du meinst, sie sei z.B. in dem von dir genannten Buch zu finden).

Schau, ich traue mir zu, die fundamentalen Prinzipien der klassischen Mechanik auf einer DIN A4 Seite aufzuschreiben. Ich traue mir das auch für die orthodoxe Formulierung der Quantenmechanik zu. Wenn wir beide einhellig der Meinung sind, dass diese orthodoxe Formulierung zumindest in Teilen nutzlos bis falsch ist, dann darf man doch die Frage stellen, was an die Stelle dieser DIN A4 Seite treten soll.

Meine Behauptung ist lediglich, dass dies heute unklar ist, dass diesbzgl. kein Konsens vorliegt. Und du bestätigst mir das, sonst könntest du mir ja eine Quelle nennen, die das liefert - und müsstest nicht hoffen, dass ich aus einem Spezialwerk schon das richtige herausfinden werde.

Wie erklärst du in einer Einstiegsvorlesung den Studenten, mittels welcher Methoden und Formeln sie wie und warum z.B. im Falle des Wasserstoffatoms die Messergebnisse für das Lichtspektrum berechnen können? Und wie formulierst du einige knappe allgemeine Prinzipien, die für möglichst viele Quantensysteme gelten?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 13:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ja, und in der klassischen Mechanik benötige ich die "Regel", daß ich Phasenraumfunktionen ausrechnen "soll". Beides sind einfach formale Größen innerhalb der jeweiligen Theorie. Natürlich muß ich irgendwelche davon ausrechnen, wenn ich die Eigenschaften meines Modells analysieren will, und letztlich empirische Aussagen ableiten möchte.

Und natürlich gehört es in ein Lehrbuch, das zu erklären.

Die Postulate nach von Neumann mögen in Teilen hochproblematisch sein, aber sie leisten das, was man von jeder physikalischen Theorie erwartet: sie stellt den Kontakt zur Realität her.

Die drei genannten Axiome für sich sind physikalisch völlig wertlos und bedürfen einer Ergänzung (von der du meinst, sie sei z.B. in dem von dir genannten Buch zu finden).


Nein, ich habe nicht behauptet, daß dort wesentlich mehr zu finden sei (ausgenommen die Verallgemeinerung von Zuständen mittels Dichtematrizen). Im Gegenteil, ich habe behauptet, mehr als dort verwendet wird, wird auch nicht benötigt. Irgendein Gebot wie "Du sollst Erwartungswerte ausrechnen" habe ich nirgendwo gesehen. Aber vielleicht steht es ja irgendwo. Es ist ein ziemlich dickes Buch.


TomS hat Folgendes geschrieben:

Wie erklärst du in einer Einstiegsvorlesung den Studenten, mittels welcher Methoden und Formeln sie wie und warum z.B. im Falle des Wasserstoffatoms die Messergebnisse für das Lichtspektrum berechnen können? Und wie formulierst du einige knappe allgemeine Prinzipien, die für möglichst viele Quantensysteme gelten?


Das ist bereits beantwortet, hier und im anderen Thread. Falls dazu konkrete Fragen bestehen, kann ich gern versuchen sie zu beantworten. Aber in der Allgemeinheit, in der die Frage gestellt ist, gibt es m.E. nichts wesentliches mehr dazu zu sagen.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

Also du magst diese eine Seite nicht schreiben, wie ich sehe ;-)
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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Also du magst diese eine Seite nicht schreiben, wie ich sehe ;-)


Ich habe oben m.E. weit weniger Platz dazu benötigt:

Zitat:

In meinem Lehrbuch wird eine Observablenalgebra eingeführt, z.B. bestehend aus den Generatoren der Galilei- oder Poincare-Algebra, die auf einem Hilbertraum dargestellt wird. Zustände führe ich als Dichteoperatoren auf dem Hilbertraum ein. Außerdem gibt es (je nach Bild) Bewegunsgleichungen für die Operatoren oder Zustände und zugeöhrige bildunabhängige Bewegungsgleichunen für die "physikalischen Größen" wie etc. Einige dieser Größen sind meßbar. Zur Not beschreibe ich (wie z.B. Mandel Wolf) wie eine quantenmechanische Messung des elektromagnetischen Feldes aussieht, indem ich ein Modell eines Photodetektors löse.


Ich weiß nicht was, daran "unklar", nicht konsensfähig oder "unfertig" sein sollte. Ich sehe auch nicht für welche Anwendungen der QM es nicht ausreichen sollte. Und du hast m.E. keine solche Anwendung genannt. (Ich sehe allerdings sehr wohl, daß es das Meßproblem nicht löst. Aber das versuche ich auch nicht.)

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zustände führe ich als Dichteoperatoren auf dem Hilbertraum ein. Außerdem gibt es (je nach Bild) Bewegunsgleichungen für die Operatoren oder Zustände und zugeöhrige bildunabhängige Bewegungsgleichunen für die "physikalischen Größen" wie etc.

Wir wissen, dass bei atomaren Übergängen ein diskretes Frequenzspektrum vorliegt.

Wir setzen im Falle des H-Atoms einen reinen Energie-Eigenzustand an, d.h.



und betrachten



Wie erhalte ich im Fall eines einzelnen Atoms die Information, dass immer genau eine (näherungsweise scharfe) Frequenz gemessen wird? Welchen Operator setze ich für T ein?

Fällt das für dich unter
index_razor hat Folgendes geschrieben:
… ich sehe allerdings sehr wohl, daß es das Meßproblem nicht löst.

oder schränkst du die Gültigkeit der QM von vornherein auf Ensembles ein? Oder würdest du stattdessen in T einen Projektor auf genau einen Zielzustand einführen?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 15:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wie erhalte ich im Fall eines einzelnen Atoms die Information, dass immer genau eine (näherungsweise scharfe) Frequenz gemessen wird? Welchen Operator setze ich für T ein?


Die Autokorrelationsfunktion des elektrischen Feldes am Ort x des Detektors. Wie Mandel Wolf zeigen, ergibt sich aus dem Modell für ein "Atom" mit einem angeregten Zustand, das sie betrachten, eine spektrale Verteilung der Form



mit Peak in der Nähe der Energiedifferenz des atomaren Übergangs verschoben um den Lamb-Shift . Die Breite hängt mit dem Matrixelement des atomaren Dipolmoments zwischen dem angeregten und dem Grundzustand zusammen.

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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, aber ich muss meine Frage wohl nochmal präzisieren.

Um über ein einzelnes Atom bzw. einen einzelnen Übergang reden zu können, muss man die o.g. Summe über n' l' und m' loswerden.

Mich interessiert dazu eine rein quantenmechanische oder quantenfeldtheoretische Betrachtung (ohne ein künstliches, klassisches elektromagnetisches Feld). Ist das Gegenstand dieser Rechnung? Also QED? Und folgt daraus diese Korrelationsfunktion ohne Integral über omega?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Mai 2023 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Um über ein einzelnes Atom bzw. einen einzelnen Übergang reden zu können, muss man die o.g. Summe über n' l' und m' loswerden.


Die Spur wird über eine komplette Basis ausgeführt. Das Ergebnis hängt gar nicht von irgendwelchen Quantenzahlen ab. (Allerdings betrachten Mandel, Wolf ohnehin nur ein nichtentartetes Zwei-Zustands-System.)

EDIT: Ich glaube ich habe dich mißverstanden. Deine Summe über (lmn)' verschwindet sowieso, wenn du einen reinen Zustand betrachtest. Also verstehe ich nicht ganz, wovon du hier redest. Dein T(nlm) ist einfach



Zitat:

Mich interessiert dazu eine rein quantenmechanische oder quantenfeldtheoretische Betrachtung (ohne ein künstliches, klassisches elektromagnetisches Feld). Ist das Gegenstand dieser Rechnung? Also QED?


Ja, ist kein klassisches Feld, sondern ein Operator.

Zitat:

Und folgt daraus diese Korrelationsfunktion ohne Integral über omega?


??? Die spektrale Verteilung ist die Fouriertransformierte der Korrelationsfunktion


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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Mai 2023 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
EDIT: Ich glaube ich habe dich mißverstanden …

Klar, du hast recht, ich hatte einen Knoten im Hirn.


Meine Frage dreht sich eigentlich nur darum, wie ich aus Ausdrücken der Form



die Frequenzen, Auswahlregeln etc. erhalte (wenn wir mal ansetzen, dass wir die Energien der Zustände = Energieniveaus sowieso nicht direkt messen).

Ich denke, dass die Spurbildung alleine nicht ausreicht, sondern dass ganz allgemein Matrixelemente betrachtet werden müssen. Aber evtl. meinst du das ja mit deinem „etc.“.

Zitat:
... für die "physikalischen Größen" wie etc.


Dabei bleibt eine letzte Frage: Setzt man voraus, dass der Übergang in genau einen Zielzustand aus einer gewissen Menge definierter Zustände erfolgt, dann kann ich für diese Menge definierter Zustände die Auswahlregeln ermitteln. Implizit nimmt man in der orthodoxen Formulierung an, dass ein Energieeigenwert gemessen wird und deswegen auch ein Energieeigenzustand vorliegt. Die Zielzustände sind also implizit durch das Projektionspostulat festgelegt. Lässt man diese Annahme fallen, bleibt die Frage, welche Zielzustände auftreten, d.h.
1) wie ermittle ich die Menge der prinzipiell möglichen Zielzustände? und
2) wie legt die Dynamik daraus den genau einen Zielzustand je Einzelmessung fest?

Ich denke, (2) ist für dich ein Aspekt des Messproblems.

Zu (1) am Beispiel des H-Atoms, präpariert im Zustand



(l, m lasse ich der Übersichtlichkeit halber weg).

Spontane Emission führt auf die Menge möglicher Zielzustände



In der orthodoxen Interpretation legt „Energiemessung + Projektionspostulat“ dagegen fest, dass keine Superposition vorliegt, d.h.



(mir ist klar, dass für eine sinnvolle Behandlung des Problems auch das Messgerät betrachtet werden muss; ich wähle diese Notation nur der Kürze und Übersichtlichkeit halber)

Ohne die Annahme von Neumanns sind Superpositionen als Zielzustände denkbar, die wir jedoch experimentell nicht beobachten.

Analog gestaltet sich das z.B. beim Zerfall instabiler Teilchen mit verschiedenen Zerfallskanälen.

Ist auch (1) für dich ein Teilaspekt des Messproblems?

D.h. sagst du - wie in unserer Diskussion zur thermal Interpretation - für diese Fragen (1) und (2) können keine allgemeinen Axiome oder Postulate formuliert werden, sondern die Antworten folgen tatsächlich aus je System zu betrachtenden Matrixelementen, Korrelationsfunktionen etc.?

Das wäre zunächst OK, allerdings fehlt mir dennoch eine Art übergeordnetes Prinzip. Ich weiß, dass jeder Detektor letztlich lokalisierte Detektor-Events erzeugt, d.h. dass experimentell nie Superpositionen von Ortszuständen und "räumlich verschmierte Elektronen" gemessen werden; ich weiß, dass immer Teilchen entsprechend der Eigenzustände (Wigner-Klassifikation) detektiert werden, nie Superpositionen von Teilchen bzw. Zerfallskanälen. Ein diesbzgl. Postulat erklärt natürlich gar nichts, aber dennoch scheint es da eine Art universell gültigen Mechanismus zu geben (die Dekohärenz leistet dies zum Teil; müssen wir hier alles nicht vertiefen)

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Beitrag index_razor Verfasst am: 10. Mai 2023 08:50    Titel: Antworten mit Zitat

Ich glaube ich muß nochmal auf konzeptioneller Ebene erklären, was genau berechnet wird und wie. Deine Fragen scheinen teilweise auf falschen Annahmen zu basieren.

Es geht um eine nichtperturbative Behandlung der Wechselwirkung zwischen dem elektromagnetischem Feld und einem Atom. Dafür werden die gekoppelten Heisenberggleichungen für Feld und Atom gelöst. Dies ergibt einen Feldoperator . Da sie hauptsächlich an der emittierten Strahlung interessiert sind, betrachten sie nur die Fernfeldnäherung und erhalten für die quantenmechanische Version des Felds eines oszillierenden Dipols. Alle Eigenschaften der beobachteten Strahlung folgen im Prinzip aus diesem Operator und dem "state under consideration", des betrachteten Systems. Insbesondere kann man die Autokorrelationsfunktion (eine "appropriate variable") und daraus mittels Fouriertransformation die spektrale Verteilung der vom Atom emittierten Strahlung berechnen. Das ist, soweit ich es verstehe, völlig analog zum klassischen Vorgehen, nur hat man es eben mit Operatoren auf einem Hilbertraum zu tun, anstatt mit klassischen Feldern.

Es wird zu keiner Zeit etwas anderes verwendet als die deterministischen Bewegungsgleichungen der Quantentheorie. Es gibt also auch nicht mehrere mögliche Endzustände, sondern nur einen einzigen, bzw., da sie im Heisenbergbild rechnen, bleibt es zu jeder Zeit derselbe Zustand. Im Falle der spontanen Emission ist . Und kann natürlich ein beliebiger Superpositionszustand sein.

In die Kopplung, und damit die Gleichungen für das Feld, geht natürlich auch das atomare Dipolmoment und damit die Existenz diverser Auswahlregeln ein. (Das sieht man, denke ich, am deutlichsten in der Modenzerlegung des zeitabhängigen Feldes, in die Produkte aus Polarisationsvektor und atomaren Dipolmoment eingehen.)

An dieser Stelle wird überhaupt nicht das Meßgerät betrachtet. Es wird gar nicht hinterfragt (warum auch?), daß man die Intensität und spektrale Verteilung elektromagnetischer Strahlung irgendwie messen kann. Auch das Meßproblem, was für mich nur die Frage nach der Detektorantwort betrifft, spielt also keine Rolle. (An anderer Stelle analysieren sie allerdings auch Photodetektion, als physikalischen Prozeß der Absorption von Strahlung durch ein Quantensystem. Interessanterweise muß dafür das Feld gar nicht quantisiert sein, sondern nur der Detektor.)

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Mai 2023 14:48    Titel: Antworten mit Zitat

Danke. Das macht vieles klarer, aber es beantwortet meine Frage nicht. Das liegt aber wohl daran, dass sie sie missverständlich gestellt habe.

Unter Voraussetzung der o.g. Axiome zu Hilbertraum, Zustand als Hilbertraumvektor und unitärere Zeitentwicklung: Betrachten wir den Zerfall eines instabilen Teilchens mit mehreren Zerfallskanälen, z.B.




A) Woraus konkret folgen Auswahlregeln für den Zielzustand?

Meine Antwort - vergiss den Käse oben: aus der unitären Zeitenwicklung, d.h.




B) Woraus folgen die tatsächlich realisierten Zielzustände?

Theoretisch denkbar sind Superpositionen, je Zerfall tatsächlich realisiert wird jedoch nur entweder der erste oder der zweite Zerfallskanal.

In der Quantenmechanik argumentiert man u.a. mit Zeigerzuständen im Rahmen der Dekohärenz. Ob dieser Mechanismus ausreichend ist sei dahingestellt; es handelt sich jedenfalls um einen je System bzw. Prozess zu untersuchender dynamischen Effekt, d.h. dies folgt nicht aus einem allgemeinen Axiom oder einem Postulat (Kollaps).


C) Woraus folgt der je einzelnem Zerfall eindeutig realisierte Zielzustand?

Die Dekohärenz leistet dies sicher nicht; ansonsten ähnlich (B) zu untersuchen je einzelnem System - oder doch "viele Welten"; siehe auch unsere Diskussion zur thermal Interpretation.

Ist das nach wie vor deine Sichtweise?


Was mir weiterhin fehlt ist eine Ergänzung der o.g. drei Axiome um ein Prinzip, das ähnlich wie die Bornsche Regel einen Wahrscheinlichkeitsbegriff einführt. Wie würdest du dieses Prinzip formulieren?

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