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Fall von Stein und Feder
 
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Schlieps
Gast





Beitrag Schlieps Verfasst am: 20. Jun 2016 01:16    Titel: Fall von Stein und Feder Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo zusammen,

ich möchte eine Frage stellen, die mich schon seit 15 Jahren immer wieder verfolgt. Es geht um das Experiment, bei dem ein Stein (oder anderer schwerer Gegenstand) und eine Feder (entsprechend leichter Gegenstand) zur Erde fallen gelassen werden. Sagen wir, die Objekte haben jeweils 1kg und 1g. Dies wird einmal bei normaler Atmosphere und einmal im luftleeren Raum (Vakuum) durchgeführt. Das Experiment zeigt, dass die Objekte, bei fehlendem Luftwiderstand, gleichzeitig den Boden berühren. Etwas, was ich bei Recherchen auch hier im Physikerboard gefunden habe: http://www.physikerboard.de/topic,6962,-freier-fall-(fallbeschleunigung?).html

Diesen Versuch durfte ich erst kürzlich und gefühlt halbjährlich bei diversen Quizshows im TV neu "bestaunen". Dies stets mit dem Hinweis, dass die Masse keine Rolle spielt.

Ich habe allerdings etwas Bauchschmerzen damit, weil scheinbar niemand dabei die Gravitation des fallenden Objektes beachtet. Da der Stein massereicher ist, müsste dieser doch ein "stärkeres" Gravitationsfeld besitzen, als die Feder. In meinen Augen bedeutet dies, dass der Stein ein kleines Stück die Erde "zu sich zieht" was die Zeit verkürzen sollte, stärker, als die masseärmere Feder in der Lage ist.

Mir ist auch klar, dass dieser Anteil verschwindend gering und möglicherweise nicht messbar ist. Aber ich hatte dabei immer das Gedankenexperiment im Kopf, dass wenn der Stein ein Objekt mit der Masse unseres Mondes wäre, die Auswirkungen deutlich bemerken und die Zeiten bis zur Kontaktaufnahme (bei gleichem Abstand) von der der Feder abweichen würde. Und was im Großen gilt, müsste in gleicher Weise ja auch im Kleinen gelten.

Ich hoffe mir kann hierbei jemand weiterhelfen.




Meine Ideen:
Möglicherweise kann der verlinkte Foreneintrag http://www.physikerboard.de/topic,6962,-freier-fall-(fallbeschleunigung?).html ebenfalls zur Beantwortung meiner Frage weiterhelfen.
yukterez



Anmeldungsdatum: 20.09.2014
Beiträge: 96

Beitrag yukterez Verfasst am: 20. Jun 2016 03:30    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich habe allerdings etwas Bauchschmerzen damit, weil scheinbar niemand dabei die Gravitation des fallenden Objektes beachtet. Da der Stein massereicher ist, müsste dieser doch ein "stärkeres" Gravitationsfeld besitzen, als die Feder. In meinen Augen bedeutet dies, dass der Stein ein kleines Stück die Erde "zu sich zieht" was die Zeit verkürzen sollte, stärker, als die masseärmere Feder in der Lage ist.

Das ist alles berücksichtigt und ändert nichts am Ergebnis, in der Konstellation dass beide aus gleicher Höhe und gleichzeitig fallen gelassen werden stimmt die Aussage auf jeden Fall.

Wenn beide nebeneinander fallen kommt der Boden beiden gleichermaßen entgegen, da er von beider gemeinsamer Masse angezogen wird. Wenn sich der Hammer auf dem Planeten befindet während die Feder auf diesen zufällt zieht die gemeinsame Masse von Hammer und Planet die Feder an, und wenn die Feder sich auf dem Planeten befindet während der Hammer fällt zieht die gemeinsame Masse von Planet und Feder den Hammer an (und umgekehrt). Das m in der Formel für die Gesamtbeschleunigung g_total=Gm/r² setzt sich dann immer aus m1+m2+m3 zusammen.

Wenn du entweder einen Hammer oder eine Feder von woanders herbringst, diese also nicht der Masse der Erde entnehmen musst bevor du sie fallen lässt, dann ziehen Hammer und Planet sich gegenseitig natürlich stärker an als Feder und Planet. Das m in der Formel setzt sich dann entweder aus m1+m2 oder m1+m3 zusammen, wenn m2 größer als m3 ist ist die Beschleunigung zwischen m1 und m2 größer als zwischen m1 und m3.

Hier eine Konstellation wo eine Masse von 500kg und 666.6'kg ohne Anfangsgeschwindigkeit und aus gleichem Abstand auf 1000kg zufallen und gleichzeitig ankommen (die 1000kg bewegen sich zwar mehr in Richtung der 666.6'kg, aber dafür ziehen deren kombinierte Massen die 500kg stärker in deren gemeinsame Richtung, so dass sich das kompensiert)



1000-667-500.gif
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1000-667-500.gif


TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18095

Beitrag TomS Verfasst am: 20. Jun 2016 08:55    Titel: Antworten mit Zitat

Einspruch! So einfach ist das nicht; man muss sehr genau angeben, in welchem Bezugsystem man argumentiert.


Man betrachte dazu die Bewegungsgleichungen eines Systems aus zwei Körpern der Massen m (Stein, Feder) und M (Erde) mit Orten r und R im gemeinsamen Gravitationsfeld. R und r bezeichnen dabei die Orte in einem ortsfesten, nicht mit m oder M mitbewegten Koordinatensystem, z.B. dem Schwerpunktsystem





e bezeichnet den von M zu m weisenden Einheitsvektor.

In der zweiten Gleichung für r erkennt man, dass die Masse m vollständig herausfällt. D.h. dass beliebige Massen m sich in diesem Schwerefeld identisch bewegen, d.h. eine von m unabhängige Beschleunigung erfahren.

In der ersten Gleichung für R erkennt man, dass die Masse M eine Beschleunigung erfährt, die von m abhängig ist.

Wenn man nicht die Bewegung der Masse m in einem ortsfesten und damit von M unabhängigen System betrachtet, sondern ins Bezugsystem des Körpers der Masse M wechselt, muss man natürlich eine entsprechende Koordinatentransformation durchführen. Zunächst ist





wobei der Index m anzeigt, dass die Bewegung R(t) bzgl. variabler Massen m betrachtet wird

Dann ist



d.h. dass aufgrund der kleinen Massenabhängigkeit der Bewegung von M die Relativbewegung von m bzgl. M massenabhängig ist.

Kombiniert man die beiden obigen Gleichungen für die Beschleunigungen, so folgt



d.h. dass aus Sicht eines Beobachters, der bzgl. der Masse M ruht, d.h. mit M auf m zufällt, die kleine Masse m tatsächlich eine winzige von m abhängige Beschleunigung erfährt, d.h. dass schwerere Massen m tatsächlich etwas schneller auf M zufallen.

Der Effekt ist jedoch winzig, denn es tritt das Massenverhältnis von m zu M auf:

TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18095

Beitrag TomS Verfasst am: 20. Jun 2016 10:28    Titel: Antworten mit Zitat

Eine andere Idee, wie man dies nachvollziehen kann, stammt aus dem Energieerhaltungssatz. Man betrachte die selben zwei Körper, frei fallend aus einer Ruhelage (Index 0) mit Geschwindigkeiten V und v.





Auflösen nach V² liefert







Man erkennt wiederum eine m-Abhängigkeit.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18095

Beitrag TomS Verfasst am: 20. Jun 2016 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Weiterführung dieser Idee ist die Berechnung der Zeit T für den freien Fall zweier Massen im gemeinsamen Schwerefeld aus der Ruhelage bis zur Kollision.

Man schreibt die o.g. Energie E um und setzt außerdem die Geschwindigkeit des Schwerpunktes Null. Damit folgt



mit



Auflösen nach der Relativgeschwindigkeit liefert



Damit berechnet sich die Zeit T bis zur Kollision gemäß



Das Integral ist m-unabhängig, im Vorfaktor steckt jedoch wieder die m-Abhängigkeit. D.h. dass die Zeitdauer für den freien Fall von einem festen Abstand bis zur Kollision abhängig ist von der Masse m (bei festgehaltener Masse M)

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Schlieps
Gast





Beitrag Schlieps Verfasst am: 20. Jun 2016 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

vielen lieben Dank an alle, insbesondere TomS.

Möchte nicht behaupten das alles 100% nachvollziehen zu können, aber dass die Masse m als Einflussfaktor stehen bleibt ist ziemlich offensichtlich.

Zeigt, dass mein Bauchgefühl nicht ganz falsch war und kann nun viel besser schlafen ;-).

Nochmal vielen Dank und einen schönen Wochenstart,
Schlieps
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