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Gibt es eine maximale Temperatur?
 
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Marielle
Gast





Beitrag Marielle Verfasst am: 06. Okt 2012 09:51    Titel: Gibt es eine maximale Temperatur? Antworten mit Zitat

Ist vielleicht eine sehr blöde Frage, also im Fall der Fälle bitte nicht gemein werden. *duck*

Temperatur hängt ja irgendwie mit der Teilchenbewegung zusammen, und da gibt es ja eine obere Grenze.

Dieser Abschnitt enthält vermutlich garnicht nützliches, also besser nicht lesen, sonst blamier ich mich noch mehr. Allerdings braucht es ja eigene Überlegungen. ^.^'
[[[Mit den Formeln aus wikipedia komme ich leider nicht weiter, da ich nicht weiß ob der natürliche log einer geglättete mittlere Kurve über irgendwas gegen 0 konvergiert. Oder überhaupt weiß was eine geglättete mittlere Kurve ist Hilfe
Ein ähnliches Problem habe ich mit der Formel die irgendwie die Maxwell-Boltzmann-Verteilung benutzt. Es wird nur durch Konstanten geteilt, allerding könnten ja die Zähler gegen unendlich gehen.]]]


Und falls es eine maximale Temperatur gibt, wie hoch wäre sie?

Danke schonmal. Tanzen
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18198

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Okt 2012 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist etwas kompliziert.

Zunächst mal ist Temperatur ja eine Eigenschaft makroskopischer Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht. D.h. eine maximale Temperatur bedeutet, dass irgendetwas mit dieser Definition nicht mehr stimmt bzw. dass diese nicht mehr funktioniert.

Dazu gibt es zwei wesentliche Aussagen.

1) Zunächst mal muss man eine quantenfeldtheoretische Beschreibung nutzen, da i.A. die Zahl der Teilchen (Freiheitsgrade) bei hohen Temperaturen nicht mehr konstant ist. Durch Stöße (Wechselwirkungen) hochenergetischer Teilchen können neue Teilchen entstehen. Z.B. können durch die Kollision zweier Quarks hochenergetischer praktisch beliebig viele neue Quarks und Gluonen entstehen. Diesen Effekten muss man Rechnung tragen. Und genau darin steckt evtl. Die Maximaltemperatur eines bestimmten Systems.

Man beschreibt die Physik eines derartigen Systems mittels eines sogenannten statistischen Operators ρ, in dem im wesentlichen die (vorgegebene) Temperatur T sowie der Hamiltonoperator H steckt, der die Energie sowie die Wechselwirkungen der Teilchen bzw. des Systems beschreibt.

Es gilt



Und daraus lassen sich alle wesentlichen Größen, z.B. die Energie E



des Systems ableiten.

Nun ist es so, dass die entsprechenden Ausdrücke bei der sogenannten Hagedorntemperatur divergieren, also

http://en.wikipedia.org/wiki/Hagedorn_temperature







Zunächst mal würde dies bedeuten, dass man unendlich viel Energie benötigt, um ein endliches System auf diese endliche Temperatur zu bringen und dass diese daher die maximal mögliche Temperatur darstellt. In der Praxis wird es aber so sein, dass die Beschreibung des Systems durch genau diesen Hamiltonoperator H ab einer bestimmten Temperatur versagt.

Die wesentliche Aussage, die da dahintersteckt ist, dass H dann wohl der falsche Operator ist!! D.h. es wird sich im wesentlichen um einen Phasenübergang handeln, ab dem anderen Freiheitsgrade und damit ein anderes H benötigt werden.

Bsp. Wasser: dafür existiert ein Phasenübergang von flüssig nach gasförmig, man darf sich dennoch für beide Phasen vorstellen, dass die wesentlichen Freiheitsgrade die Wassermoleküle sind (diese wären dann sozusagen die Bausteine für den quantenmechanischen Hamiltonoperator). Aber es gibt sicher einen weiteren Phasenübergang, ab dem diese Beschreibung nicht mehr zutrifft, wenn nämlich die Wassermoleküle in ihre einzelnen Atome aufbrechen oder sogar ein Plasma (vollständig ionisierte Wasserstoff- und -sauerstoffatome = Atomkerne + freie Elektronen) vorliegt.

Etwas derartiges erwartet man auch für Theorien wie z.B. die QCD. Die Hagedorntemperatur besagt dann nicht, dass keine höheren Temperaturen existieren, sondern dass oberhalb dieser Theorien eine neue (vereinheitlichte) Theorie verwendet werden muss, die ggf. Auch in anderen Freiheitsgraden zu formulieren ist.

Hätte man heute eine fundamentale und umfassende Theorie aller Wechselwirkungen (einschließlich der Gravitation) und könnte man dafür die Existenz einer sogenannten Hagedorntemperatur beweisen, dann wäre dies tatsächlich die maximale Temperatur.

2) Zum zweiten geht man heute davon aus, dass die Beschreibung eines Systems mittels Quantenfeldtheorien (QED, QCD …) plus klassischer Gravitation im Bereich der sogenannten Planckskala (Plancklänge, Planckenergie, Plancktemperatur, …) zusammenbricht und dass oberhalb dieser Energieskala eine Theorie der Quantengravitation notwendig ist (für die man heute nur Ansätze kennt).

Damit existiert nach heutigem Verständnis eine maximale Plancktemperatur

http://en.wikipedia.org/wiki/Planck_temperature

die aber letztlich nur die Grenzen der Anwendbarkeit bestimmter physikalischer Modelle signalisiert, nicht zwingend tatsächlich eine maximale Temperatur. Um zu wissen, wie es bei und jenseits dieser Temperatur aussieht, benötigt man wie gesagt eine andere, umfassende Theorie, die man heute so (noch) nicht kennt.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18198

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Okt 2012 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

Übrigens hat sich Hagedorn in seinen Berechnungen auf hadronische Theorien konzentriert, allerdings wird der Begriff Hagedorntemperatur auch in anderen Theorien verwendet. Hier ein Beispiel, wie man die Hagedorntemperatur in einer Theorie schwach wechselwirkender Strings berechnet.

http://physics.stackexchange.com/questions/4754/what-happens-in-string-theory-beyond-the-hagedorn-temperature

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Marielle
Gast





Beitrag Marielle Verfasst am: 06. Okt 2012 11:23    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für diese sehr ausführliche Antwort. Thumbs up!
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