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Neutrinos beim Beta+-Zerfall
 
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Lorz



Anmeldungsdatum: 18.09.2014
Beiträge: 74

Beitrag Lorz Verfasst am: 27. Feb 2024 19:32    Titel: Neutrinos beim Beta+-Zerfall Antworten mit Zitat

Im Internet finde ich (anscheinend) unterschiedliche Infos zu den beteiligten Teilchen beim -Zerfall



und



Kann mir jemand sagen, was davon korrekt ist?

Meine Überlegung bisher: die zweite Gleichung kann eigentlich nicht sein. Denn ein Proton zerfällt nicht von allein.
Die erste Gleichung kann wahrscheinlich auch nicht stimmen, weil Beta (Minus)-Teilchen keine scharf bestimmte Energie besitzen. Ich vermute dies gilt aus Symmetriegründen auch für Beta (Plus)-Teilchen.
Wenn ich auf beiden Seiten der Gleichung das Neutrino addiere, so stimmt wohl der gesamt Spin nicht mehr.
That's why I'm asking...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18082

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Feb 2024 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

Die zweite Reaktion ist korrekt.

Ja, du hast recht, ein freies Proton zerfällt nicht von alleine. Es kann gar nicht so zerfallen, da Energie und Impuls nicht gleichzeitig erhalten sein können. Aber in einem Atomkern ist der Zerfall möglich (und kommt häufig vor – siehe Nuklidkarte). Umgekehrt ist das freie Neutron instabil, in Kernen dagegen oft stabil.

Die erste Reaktion ist einfach die "Umkehrung" der zweiten, daher möglich. Sie ist jedoch extrem selten, da die Wechselwirkung des Anti-Neutrinos mit dem Quark (im Proton oder Neutron) extrem schwach ist. Das klingt zunächst komisch, weil ja die Umkehrung nicht so schwach ist, ist aber so.

Doch, die Energien von Neutrinos und Anti-Neutrinos können prinzipiell exakt scharf sein. In einem beta-Zerfall ist für das Neutrino eine gewisse Breite der Energie möglich, aber das schließt die Umkehrung der Reaktion nicht aus.

Üblicherweise sind in einem Prozess



alle "Umformungen" ähnlich wie bei Gleichungen erlaubt und daher alle resultierenden Prozesse möglich, wenn auch nicht gleich häufig.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8583

Beitrag jh8979 Verfasst am: 28. Feb 2024 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die zweite Reaktion ist korrekt.
Die erste Reaktion ist einfach die "Umkehrung" der zweiten, daher möglich. Sie ist jedoch extrem selten, da die Wechselwirkung des Anti-Neutrinos mit dem Quark (im Proton oder Neutron) extrem schwach ist. Das klingt zunächst komisch, weil ja die Umkehrung nicht so schwach ist, ist aber so.

Das klingt in der Tat komisch. Das ist doch dieselbe Kopplung. Im Feynmandiagramm nur ein ausgehende in ein eingehendes Teilchen überführen. Hat man deswegen eine extra Unterdrückung (phase space, helicity,..) in diesem Prozess? Ich seh es so spontan jedenfalls nicht...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18082

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Feb 2024 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

M.M.n. ist das nur Phasenraum, da der Vertex selbst identisch ist.
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Lorz



Anmeldungsdatum: 18.09.2014
Beiträge: 74

Beitrag Lorz Verfasst am: 29. Feb 2024 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die zweite Reaktion ist korrekt.

Ja, du hast recht, ein freies Proton zerfällt nicht von alleine. Es kann gar nicht so zerfallen, da Energie und Impuls nicht gleichzeitig erhalten sein können. Aber in einem Atomkern ist der Zerfall möglich (und kommt häufig vor – siehe Nuklidkarte). Umgekehrt ist das freie Neutron instabil, in Kernen dagegen oft stabil.

Die erste Reaktion ist einfach die "Umkehrung" der zweiten, daher möglich. Sie ist jedoch extrem selten, da die Wechselwirkung des Anti-Neutrinos mit dem Quark (im Proton oder Neutron) extrem schwach ist. Das klingt zunächst komisch, weil ja die Umkehrung nicht so schwach ist, ist aber so.

Doch, die Energien von Neutrinos und Anti-Neutrinos können prinzipiell exakt scharf sein. In einem beta-Zerfall ist für das Neutrino eine gewisse Breite der Energie möglich, aber das schließt die Umkehrung der Reaktion nicht aus.

Üblicherweise sind in einem Prozess



alle "Umformungen" ähnlich wie bei Gleichungen erlaubt und daher alle resultierenden Prozesse möglich, wenn auch nicht gleich häufig.


Danke für Deine informative Antwort!
Aber noch mal zur zweiten Gleichung - das Proton braucht dann schon noch Energie oder? Und benötigt es zu dem auch noch andere Stimulation? Also was genau sind die (äußeren) Voraussetzungen für einen Protonenzerfall? Denn von alleine tut es ja nicht zerfallen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18082

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Feb 2024 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

Lorz hat Folgendes geschrieben:
Danke für Deine informative Antwort!

Danke schön.

Lorz hat Folgendes geschrieben:
Aber noch mal zur zweiten Gleichung - das Proton braucht dann schon noch Energie oder? Und benötigt es zu dem auch noch andere Stimulation?

Es ist so ein bisschen wie in der Atomphysik. In dem ursprünglichen Rechnungen von Heisenberg, Pauli und Schrödinger war jeder Zustand des Wasserstoffatoms stabil. Später wurde dann die Methode der Störungstheorie entwickelt, mittels derer man der Zerfall angeregter Zustände in den Grundzustand plus Aussendung eines Photons berechnen konnte.

Ähnlich verhält es sich beim Proton innerhalb des Atomkerns auch. Die Anwesenheit weiterer Nukleonen führt zu Störungen, und sie ermöglicht es sozusagen, dass genügend Energie für den Zerfall zur Verfügung steht.

Letztlich ist das jedoch mit klassischen Begriffen nicht wirklich beschreibbar. Das erkennst du schon daran, dass Protonen in vielen Atomkernen stabil sind und nicht zerfallen.

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Lorz



Anmeldungsdatum: 18.09.2014
Beiträge: 74

Beitrag Lorz Verfasst am: 01. März 2024 09:16    Titel: Antworten mit Zitat

OK, dann müsste doch korrektheithalber in der Gleichung

noch "irgendwas" ergänzt, werden, damit es wenigstens energetisch stimmt, alo


Zur Störungstheorie:
Ich habe mich schon oft gefragt, wie die Zustandsänderung/die Aufenthaltänderung eines Quants stimuliert wird (und die Stimulationsstärke sollte dann mit der Halbwertszeit korrespondieren). Also der Quant müsste ja irgendwie in die anderen Zustände "hineinfühlen" können, um die "Entscheidung zu treffen", dass eine Zustandsänderung erfolgen soll. Wenn die günstigeren Zustände zwar günstiger sind, aber den Quant nicht stimulieren, so sollte er dort bleiben, wo er ist - egal, wie viel ungünstiger sein aktueller Zustand ist.

Anbei noch zwei Fragen:
- Kann ein aus dem Kern getunneltes Alpha-Teilchen auch wieder zurücktunneln?
- Warum wird bei Radionukliden von Zerfall gesprochen? Doch wohl kaum weil das Nuklid diese relativ geringe Änderung im Kern erfährt?! Also beim Beta-Zerfall zerfällt ja nicht das ganze Nuklid. Ist daher der Begriff "Zerfall" gar nicht auf das Nuklid, sondern nur auf das betroffene Nukleon bezogen?


Zuletzt bearbeitet von Lorz am 02. März 2024 22:15, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18082

Beitrag TomS Verfasst am: 01. März 2024 10:47    Titel: Antworten mit Zitat

Lorz hat Folgendes geschrieben:
OK, dann müsste doch korrektheithalber in der Gleichung

noch "irgendwas" ergänzt, werden, damit es wenigstens energetisch stimmt, alo

Da wird per Konvention nur die Reaktion dargestellt. Das "irgendwas" steht dann eben im Text. 😉

In der Kernphysik schreibt man aber korrekt



wobei der Einfluss der Umgebung des Kerns X klar wird.

Lorz hat Folgendes geschrieben:
Zur Störungstheorie:
Ich habe mich schon oft gefragt, wie die Zustandsänderung/die Aufenthaltänderung eines Quants stimuliert wird (und die Stimulationsstärke sollte dann mit der Halbwertszeit korrespondieren). Also der Quant müsste ja irgendwie in die anderen Zustände "hineinfühlen" können, um die "Entscheidung zu treffen", dass eine Zustandsänderung erfolgen soll. Wenn die günstigeren Zustände zwar günstiger sind, aber den Quant nicht stimulieren, so sollte er dort bleiben, wo er ist - egal, wie viel ungünstiger sein aktueller Zustand ist.

Das ist etwas kompliziert. Natürlich kann man mittels Störungstheorie Prozesse betrachten, die sozusagen geeignet stimuliert werden.

Das ist aber nicht der die spannende Fragestellung. Viel interessanter ist der Fall, wenn keine externe Stimulation vorliegt, so wie beim radioaktiven Zerfall eines Atomkerns, oder auch beim Übergang eines Elektrons aus einem angeregten Zustand in den Grundzustand. Die Störung ist dann kein externer Einfluss, sondern eine eher abstrakte mathematische Größe.

Weißt du, was ein Hamilton-Operator ist, und was seine Eigenzustände bedeuten?

Lorz hat Folgendes geschrieben:
Anbei noch zwei Fragen:
- Kann ein aus dem Kern getunneltes Alpha-Teilchen auch wieder zurücktunneln?
- Warum wird bei Radionukliden von Zerfall gesprochen? Doch wohl kaum weil das Nuklid diese relativ geringe Änderung im Kerns erfährt?! Also beim Beta-Zerfall zerfällt ja nicht das ganze Nuklid. Ist daher der Begriff "Zerfall" gar nicht auf das Nuklid, sondern nur auf das betroffene Nukleon bezogen?

Zum Alphateilchen: ja, theoretisch, natürlich schon, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist verschwindend gering, wenn es den Kern einmal wirklich verlassen hat. Solange es dem Kern nicht verlassen hat, bzw. gerade so unterwegs beim Tunneln ist, sind klassische Vorstellungen bzgl. Teilchen ohnehin nicht anwendbar.

Vom Zerfall eines Kernes redet man insbs. deswegen, weil man früher die Bestandteile des Kernes – also Protonen und Neutronen – noch gar nicht kannte. Ist halt eine Frage der Betrachtungsweise.

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