RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Inertialsysteme - Seite 4
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6  Weiter 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik
Autor Nachricht
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 00:11    Titel: Antworten mit Zitat

Alles ruht relativ zu sich selbst; dein letztes Statement ist letztlich trivial.

Ich denke außerdem, Newton hätte mir zugestimmt, dass eine Bewegung dieses Raumes schlicht nicht definiert ist. Das ist etwas anderes, als dass der Raum nicht bewegt ist.

Um davon wegzukommen, wolkige Begriffe zu diskutieren, habe ich den obigen Beitrag erstellt. Dabei wird klar, dass es offensichtlich schlicht unnötig ist, so etwas wie „die Bewegung des absoluten Raumes“ überhaupt zu diskutieren; und das ist auch gut so.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. März 2021 00:31    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke außerdem, Newton hätte mir zugestimmt, dass eine Bewegung dieses Raumes schlicht nicht definiert ist.


Alles was er dazu schreibt, spricht dagegen. Deshalb ist es notwendig die verschiedenen Bedeutungen des Begriffes "absoluter Raum" voneinander abzugrenzen oder den Begriff komplett zu vermeiden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 06:52    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
... oder den Begriff komplett zu vermeiden.

Das ist das beste. Und deswegen ziehe ich den o.g. formalen Zugang vor, da die Begriffe zwar abstrakter, jedoch präzise definiert sind. Prosa klingt anschaulich, führt jedoch offenbar nicht zu mehr Klarheit.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. März 2021 07:29    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie gesagt, ich meine nichts anderes als einen dreidimensionalen euklidischen Raum.


Das zeigt, dass meine Nachfrage notwendig war. Newtons absoluter Raum ist nicht nur Euklidisch (das sind auch seine relativen Räume) sondern obendrein absolut ruhend.


Ich verstehe nun nicht, ob dein Einwand darin besteht, daß ich einen anderen Begriff als Newton verwende oder denselben. Meine absoluten Räume bewegen sich jedenfalls auch nicht. Ich sehe es so wie TomS: ein "unbeweglicher Raum" ist einfach ein Raum. Was soll sich da auch bewegen? Was Newton hier meint, ist für mich nicht ganz verständlich. Ich könnte mir vorstellen, daß er tatsächlich meint, daß man innerhalb dieses Raumes den Begriff von absoluter Ruhe definieren kann. Das ist natürlich der Fall, aber doch kein schlagender Einwand in dieser Diskussion. (Wenn es einer wäre, wäre ich nicht mehr davon betroffen als Newton.)

Wenn man dies jedenfalls vermeiden will, dann macht man es so wie Arnold und führt einen eigenen euklidischen Raum zu jedem Zeitpunkt t ein. Das ist zwar mit wenig technischem Aufwand verbunden. Aber ich sah bis jetzt auch keinen besonderen Grund dies zu tun. Meine obige Definition von "geradlinig gleichförmiger Bewegung" würde sich dann minimal ändern:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Eine Kurve im absoluten Raum beschreibt eine geradlinig gleichförmige Bewegung wenn


Aus "Kurve P(t) im absoluten Raum" wird "Schnitt P(t) in der Raumzeit". Der Rest bleibt unverändert. Mein Punkt war ja an der Stelle lediglich, daß der Begriff Inertialsystem nicht vorausgesetzt wird. Und das ist auch weiterhin der Fall.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
So einen gibt es in jeder Formulierung (oft sogar viele davon) und er ist für alle Beobachter derselbe.


Auch Newtons absoluter Raum ist für alle Beobachter derselbe. Aber er ist experimentell nicht von den relativen Räumen zu unterscheiden.


Das ist klar, und ich habe nichts gegenteiliges behauptet. (Ich wollte nur darauf hinweisen, daß ich ihn wegen dieser Eigenschaft allein als "absolut" bezeichnet habe. Das hat offenbar zu einem Mißverständnis geführt.)

Aber in meiner Formulierung gilt trotz allem das Relativitätsprinzip ebenfalls. Man kann absolute Ruhe also auch nicht mit mechanischen Experimenten feststellen. Das ist doch das wichtigste. Man kann dann noch einen Schritt weitergehen und diese Symmetrie in der Struktur der Raumzeit selbst widerspiegeln. Dazu muß man lediglich den Begriff der "Gleichortigkeit" zu verschiedenen Zeiten fallen lassen, was ohne Probleme möglich ist.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 07. März 2021 10:34, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. März 2021 08:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:


Außerdem existiert eine (absolute) Abstandsfunktion



je Untermenge [p].


Die Abstandsfunktion muß nach R abbilden. Ansonsten ist es bis hierhin ungefähr dieselbe Definition wie bei Arnold. Man muß noch dazu sagen, daß d durch ein Skalarprodukt auf V induziert wird, damit man auch wirklich eine euklidische Struktur hat.

Zitat:

Formal kann man für t sowie d jeweils eine Metrik auf dem dadurch definierten 1- bzw. 3-dim. Unterraum ansetzen.


t und d sind aber auf beide auf V definiert. t ist deshalb keine Metrik, weil ja gerade aus t(v) = 0 nicht v = 0 folgt.

Zitat:

Am Beispiel des rotierenden Koordinatensystems: natürlich gelten für ein System, in dem Energie- und Impulserhaltung vorliegen, diese Erhaltungssätze auch bei Verwendung des rotierenden Koordinatensystems; dieses bricht natürlich keine Symmetrie des Systems selbst.


Ja, ganz genau. Bei der Impulserhaltung muß man allerdings berücksichtigen, daß man irgendeinen Bezugskörper benötigt. Wenn jetzt P(s), Q(s) zwei Kurven auf A sind (t(P(s) - Q(s)) = 0, für alle absoluten Zeiten s) und P ein Teilchen der Masse m beschreibt, dann würde ich den Impuls von P relativ zu Q definieren



Die Impulsänderung wäre



Wenn das Teilchen kräftefrei ist, verschwindet der erste Term . Aber der zweite Term verschwindet auch nur, wenn der Bezugsskörper geradlinig gleichförmig bewegt ist.

Läßt man Q noch orthogonale Koordinatenachsen mitführen, mit denen zusammen er ein Bezugsystem S definiert, so gilt in der Notation meiner vorigen Beiträge für ein kräftefreies Teilchen



also



Die linke Seite verschwindet genau, wenn bzgl. S



wenn also "naive" Impulserhaltung gilt. Und dies ist genau dann der Fall, wenn , d.h. S ein Inertialsystem ist. Diese Bedingung mag praktisch relevant sein um Inertialsysteme zu erkennen. "Naiv" nenne ich sie nur deshalb, weil



nicht die Form eines Erhaltungssatzes hat. Eine solche Form wäre



aber dies gilt, wie du sagst, unabhängig von der Drehung der Achsen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 08:24    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn man dies jedenfalls vermeiden will, dann macht man es so wie Arnold und führt einen eigenen euklidischen Raum zu jedem Zeitpunkt t ein. Das ist zwar mit wenig technischem Aufwand verbunden. Aber ich sah bis jetzt auch keinen besonderen Grund dies zu tun.

Das ist im wesentlichen das, was ich oben skizziert habe.

In der Newtonschen Mechanik sehe ich das so wie du, es ist nicht wirklich notwendig, das zu tun. Allerdings kann es sinnvoll sein, wenn man den Anschluss zur RT herstellen möchte.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 08:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst mal danke an index_razor.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Abstandsfunktion muß nach R abbilden.

Stimmt natürlich, korrigiert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man muß noch dazu sagen, daß d durch ein Skalarprodukt auf V induziert wird, damit man auch wirklich eine euklidische Struktur hat.

M.M.n. auf einem 3-dim. Unterraum der Äquivalenzklasse bzgl. t; d.h. d(p,q) ist nicht definiert, wenn nicht p ~ q, d.h. wenn nicht t(p-q) = 0.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
t und d sind aber auf beide auf V definiert. t ist deshalb keine Metrik, weil ja gerade aus t(v) = 0 nicht v = 0 folgt.

Du hast recht, es ist keine Metrik auf V. MTW fummelt das nach meiner Erinnerung in separate Metriken auf den Unterräumen auseinander. Ist hier aber irrelevant und kann gestrichen werden.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ansonsten ist es bis hierhin ungefähr dieselbe Definition wie bei Arnold.

Aus meiner Erinnerung der Mechanik-Vorlesung.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Abstandsfun
Zitat:

Am Beispiel des rotierenden Koordinatensystems: natürlich gelten für ein System, in dem Energie- und Impulserhaltung vorliegen, diese Erhaltungssätze auch bei Verwendung des rotierenden Koordinatensystems; dieses bricht natürlich keine Symmetrie des Systems selbst.


Ja, ganz genau. Bei der Impulserhaltung muß man allerdings berücksichtigen, daß man irgendeinen Bezugskörper benötigt. Wenn jetzt P(s), Q(s) zwei Kurven auf A sind (t(P(s) - Q(s)) = 0, für alle absoluten Zeiten s) und P ein Teilchen der Masse m beschreibt, dann würde ich den Impuls von P relativ zu Q definieren



Die Impulsänderung wäre



Wenn das Teilchen kräftefrei ist, verschwindet der erste Term . Aber der zweite Term verschwindet auch nur, wenn der Bezugsskörper geradlinig gleichförmig bewegt ist.

Soweit ich mich erinnere, muss man das mit dem Bezugskörper gerade nicht durchführen, sondern kann bzgl. des zuvor definierten Inertialsystems argumentieren. Das läuft aber natürlich auf‘s selbe raus, da der Bezugskörper ja eine gleichförmige Bewegung hat, die eben in Aut(G) liegt.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. März 2021 09:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zunächst mal danke an index_razor.


Ich danke dir auch für die Bemühungen um Klärung der Grundlagen. Mehr versuche ich letztlich auch gar nicht zu erreichen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man muß noch dazu sagen, daß d durch ein Skalarprodukt auf V induziert wird, damit man auch wirklich eine euklidische Struktur hat.

M.M.n. auf einem 3-dim. Unterraum der Äquivalenzklasse bzgl. t; d.h. d(p,q) ist nicht definiert, wenn nicht p ~ q, d.h. wenn nicht t(p-q) = 0.


Ja, stimmt natürlich. Also das Skalarprodukt ist nur auf dem Kern von t definiert.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Am Beispiel des rotierenden Koordinatensystems: natürlich gelten für ein System, in dem Energie- und Impulserhaltung vorliegen, diese Erhaltungssätze auch bei Verwendung des rotierenden Koordinatensystems; dieses bricht natürlich keine Symmetrie des Systems selbst.


Ja, ganz genau. Bei der Impulserhaltung muß man allerdings berücksichtigen, daß man irgendeinen Bezugskörper benötigt. Wenn jetzt P(s), Q(s) zwei Kurven auf A sind (t(P(s) - Q(s)) = 0, für alle absoluten Zeiten s) und P ein Teilchen der Masse m beschreibt, dann würde ich den Impuls von P relativ zu Q definieren



Die Impulsänderung wäre



Wenn das Teilchen kräftefrei ist, verschwindet der erste Term . Aber der zweite Term verschwindet auch nur, wenn der Bezugsskörper geradlinig gleichförmig bewegt ist.

Soweit ich mich erinnere, muss man das mit dem Bezugskörper gerade nicht durchführen, sondern kann bzgl. des zuvor definierten Inertialsystems argumentieren.


Ich mache es eher umgekehrt. Ich definiere Bezugsysteme mittels Kurven in der Raumzeit (="Bezugskörper", die den Ursprung beschreiben) und drei angehefteten orthogonalen Einheitsvektoren. Daraus ergibt sich die Definition von Inertialsystem als recht trivialer Spezialfall. Die gesamte Dynamik, Erhaltungssätze etc. will ich absichtlich möglichst ohne Bezug auf Inertialsysteme formulieren, auch um klarzustellen, daß die dynamischen Grundgesetze nicht logisch vom Begriff einer ausgezeichneten Klasse von Bezugssystemen abhängen. Vielmehr wird diese Klasse durch Eigenschaften (Symmetrien) der Grundgesetze festgelegt.

Auch relative Größen will ich mit einem Minimum an Zusatzstruktur definieren. Die meisten davon sind einfach solche, deren Definition noch einen Bezugskörper (oder "Beobachter") benötigt, z.B. wäre der räumliche Vektor aus meinem vorigen Beitrag



nichts anderes als die Relativgeschwindigkeit von P in Bezug auf Q. (Bei der Gelegenheit sei nochmal betont, daß keine absoluten Geschwindigkeiten mehr existieren, da selbst keine räumlichen Vektoren sind, also nicht so wie aus dem Kern von t stammen.) Das macht die Definition des Impulses m.E. recht natürlich, auch wenn Q keine Trägheitsbewegung ausführt und folglich nicht Ursprung eines Inertialsystems ist.

In der SRT gehe ich da inzwischen ganz ähnlich vor. Wenn wir beim Beispiel der Relativgeschwindigkeit bleiben, dann wird



im Minkowskiraum zu



mit dem Minkowskiprodukt der beiden 4er-Geschwindigkeiten und aus dem "space slice" von Q, d.h. . (Diese "relative" Bedingung ersetzt die "absolute" aus der Newtonschen Raumzeit.) Der 3er-Impuls von P relativ zu Q wäre folglich einfach



in perfekter geometrischer Analogie zur Situation in der Newtonschen Raumzeit.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. März 2021 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Nein, das ist er nicht.


Doch, ist er. Newton schreibt:

"Absolute space, in its own nature, without regard to anything external, remains always similar and immovable."


In meiner Übersetzung heißt es übrigens "...always remains homogeneous and immovable."

Ist zwar vermutlich gerade nicht besonders wichtig. Aber es illustriert m.E. ein grundlegendes Problem damit Newton als unfehlbare Autorität in Diskussionen über theoretische Mechanik anzuführen. Das Original ist einfach zu alt und zu lateinisch. Ist jetzt "homogeneous" dasselbe wie "similar" oder etwas anders? ("Homogen" verstehe ich in diesem Zusammenhang, "similar" nicht.) Was war "wirklich" gemeint und woher sollen wir das wissen? Und wollen wir wirklich solche Probleme klären, bevor wir sachlich über Mechanik diskutieren können?

Ich finde es nicht prinzipiell uninteressant die Principia zu analysieren, aber ich würde es auf jeden Fall von einer inhaltlichen Diskussion über theoretische Mechanik trennen. Als ich gestern versucht habe Newtons Auffassung vom "absoluten Raum" zu verstehen, hing ich bestimmt eine halbe Stunde bei der Diskussion über "places" und "positions" fest. Und am Ende war ich nicht mal sicher, ob das überhaupt wichtig ist.

P.S: Gerade noch gesehen: in deiner Übersetzung heißt es wahrscheinlich an einigen Stellen statt "positions" auch noch "situations", an anderen steht dann doch wieder "positions", wie in meiner Übersetzung. Mit dem Ansatz benötigt man wahrscheinlich erstmal ein Linguistikstudium.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde die wesentlichen Punkte gerne in diesem FAQ-Beitrag zusammenfassen. Für den nächsten Abschnitt kriege ich aber nicht mehr alles aus der Erinnerung zusammen. Daher bitte um Rückmeldung.

https://www.physikerboard.de/topic,63975,-faq---newtonsche-mechanik%2C-inertialsysteme%2C-galileiinvarianz.html

Die Newtonsche Mechanik folgt aus zwei wesentlichen Prinzipien:

A. Dem Galileischen Relativitätsprinzip
B. Dem zweiten Newtonschen Gesetz

Daraus folgen insbs. das erste und das dritte Newtonsche Gesetz.

B ist klar - s.o.

A würde ich salopp wie folgt formulieren: Die physikalischen Gesetze, Systeme und Lösungen der Newtonschen Mechanik sind invariant unter den o.g. Galilei-Transformationen.

D.h. zunächst trägt der o.g. Galileische Koordinatenraum die Galilei-Gruppe als Symmetriegruppe Aut(G). Dann können alle Gesetze so formuliert werden, dass insbs. keine Abhängigkeiten von Koordinatensystemen existieren, da sämtliche relevante physikalischen Entitäten wie physikalische Systeme, Kräfte und Trajektorien mit Äquivalenzklassen bzgl. Aut(G) assoziiert werden können. Insbs. gilt unter den Voraussetzungen,
i) dass das betrachtete System die Galilei-Invarianz nicht bricht, sowie
ii) dass eine Trajektorien x(t) das zweite Newtonsche Gesetz erfüllt:
Eine beliebige Galilei-Transformation überführt diese Lösung x(t) in eine äquivalente Lösung y(t) des selben Systems, d.h. x(t) und y(t) können physikalisch identifiziert werden.

Ist das präzise genug formuliert?

Wie formuliert man dies strikt mathematisch mittels des Galileischen Raumes anstelle des Koordinatenraumes?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ist zwar vermutlich gerade nicht besonders wichtig. Aber es illustriert m.E. ein grundlegendes Problem damit Newton als unfehlbare Autorität in Diskussionen über theoretische Mechanik anzuführen ... Mit dem Ansatz benötigt man wahrscheinlich erstmal ein Linguistikstudium.

Sicher, genau das ist das Problem.

Das Schicksal teilt Newton auch mit Einstein und Heisenberg. In all diesen Fällen muss man unterscheiden, ob man die Entwicklung der Newtonschen Mechanik / der Relativitätstheorie / der Quantenmechanik verstehen möchte, oder deren moderne, präzise und nützliche Formulierung. Allen drei genannten Physiker gebührt höchster Respekt, die jeweiligen Theorien entworfen und entwickelt zu haben; vollendet haben sie sie nicht. Daher halte ich den Ansatz, ausschließlich die Entwicklungen nachzuzeichnen, um zum Ergebnis zu gelangen, für didaktisch völlig verfehlt. Niemand an der Uni zieht seine Vorlesungen so auf - höchsten die erste Stunde - kein Englischlehrer startet zu Zeiten von König Artus, nur der Physikunterricht kann‘s nicht lassen - und packt teilweise noch inhaltlich unpräzise und verwirrende Darstellungen oben drauf.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 07. März 2021 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ist das präzise genug formuliert?

Wie formuliert man dies strikt mathematisch mittels des Galileischen Raumes anstelle des Koordinatenraumes?


Ich denke vielmehr als die Notation zu ändern, ist dazu gar nicht nötig. Du hast ja die Bewegungsgleichungen mittels einer Funktion



formuliert. Stattdessen können wir auch für jedes Teilchen eine Kopie von anlegen und



definieren, mit der Eigenschaft (komponentenweise). Die Kraft muß selbstverständlich ein räumlicher Vektor sein, da für alle s und deshalb .

Eine Galileitransformation ist dann einfach eine Abbildung und die Invarianzbedingung an f lautet



Anmerkung: u muß hier ein räumlicher Vektor sein. Von den "Geschwindigkeiten" im Kraftgesetz ist dies aber nicht gefordert. Diese müssen ja für eine Bahnkurve durch ersetzt werden. Es muß also f auf dem Teilraum von V definiert sein, für dessen Elemente gilt. (Dies wiederum zeigt, daß der natürliche "Lebensraum" von f eigentlich nicht das komplette Tangentialbündel TA, sondern der Raum der 1-Jets von Schnitten auf A ist, wie man es für Differentialgleichungen der Ordnung 2 pro Komponente auch erwartet.)

Die Forderung nach Galileiinvarianz (GI) wird aber ergeben, daß f nur von den Differenzen abhängen kann. Und dies sind räumliche Vektoren. (Ebenso wird folgen, daß f nur von Differenzen der Positionen abhängen kann.) Das Kraftgesetz f besitzt also eine Darstellung in Form von Ortsvektordifferenzen und Relativgeschwindigkeiten, genau wie man es in elementaren Darstellungen postulieren würde.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

Danke.

Einiges ist mir klar, insbs. letzteres muss für f gelten, andernfalls wären die Bewegungsgleichungen nicht Galilei-kovariant.

Einiges schaut irgendwie zu kompliziert aus.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 07. März 2021 16:16    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Das widerspricht anscheinend Qubits Auffassung weiter oben:

Qubit hat Folgendes geschrieben:

Okay, offenbar denkst du da an "absolute Bewegungen" in einem "absolutem Raum".
Das halte ich aber für eine "gefährliche" Vorstellung, und das ist auch nicht Inhalt der Physik von Newton-Galilei.


Zitat: "Absolute motion is the change of position of a body from one absolute place to another; relative motion is the change of position from one relative place to another." (Cohen, I. Bernard, et al. The Principia: Mathematical Principles of Natural Philosophy.)

Selbst wenn Newton etwas völlig anderes im Sinn hatte als ich, es stimmt offenbar nicht, daß absolute Bewegung nicht zum Inhalt der Newtonschen Physik gehört.


"Absolute Bewegungen" und "absoluter Raum" sind nicht identisch.
Es gibt eine Klasse von Bezugssystemen, in der gelten Trägheitssatz und Galileiinvarianz, sie sind prinzipiell gleichwertig (Relativitätsprinzip). Zwischen absoluter Ruhe und gleichförmiger Relativbewegung kann prinzipiell nicht unterschieden werden, das Newtonsche Kraftgesetz ist hier "kovariant" gültig. Eine besondere Rolle spielen da nun beschleunigte Bezugssysteme, da (in diesem Rahmen) der Trägheitssatz und Galileiinvarianz nicht gelten. Die Beschleunigungen treten so in der Newtonschen Physik "absolut" gegen den Raum auf. ("Newtons Eimer").
Prinzipiell kann (und muss) man den Rahmen natürlich ändern, damit er auch über den mechanischen Rahmen hinausgeht (zB. Inertialsysteme in der Elektrodynamik). Soll das hier das Ziel sein?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 07. März 2021 16:30    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Soll das hier das Ziel sein?

Mein Ziel war lediglich, etwas Ordnung aus dem Chaos herauszudestillieren, diese geheimnisvollen Inertialsysteme zu entzaubern und stattdessen ein Invarianzprinzip zu diskutieren.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. März 2021 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
In meiner Übersetzung heißt es übrigens "...always remains homogeneous and immovable."


Im Original heißt es

"Spatium absolutum natura sua absq; relatione ad externum quodvis semper manet similare & immobile"

[siehe http://cudl.lib.cam.ac.uk/view/PR-ADV-B-00039-00001/33]

Das kann man als "homogen" lesen (an jedem Ort gleich). Es könnte aber auch "isotrop" heißen (in jeder Richtung gleich) oder unveränderlich (zu jeder Zeit gleich). Möglichwerweise ist auch alles gleichzeitig gemeint.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber es illustriert m.E. ein grundlegendes Problem damit Newton als unfehlbare Autorität in Diskussionen über theoretische Mechanik anzuführen.


Das war ja mein Problem. Den Begriff "absoluter Raum" könnte man als Referenz auf Newton lesen. Deshalb meine Frage. Aber das ist jetzt ja geklärt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was war "wirklich" gemeint und woher sollen wir das wissen?


Das kann man dem Kontext entnehmen. Newton ist da ziemlich weitschweifig und führt eine Reihe von Beispielen an. Dieser Abschnitt der Principia ist ziemlich ermüdend. Meiner Meinung nach kann man sich das ersparen weil es überholt ist. Was wir heute verwenden, entspricht am ehesten dem, was Newton als relative Räume bezeichnet.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Als ich gestern versucht habe Newtons Auffassung vom "absoluten Raum" zu verstehen, hing ich bestimmt eine halbe Stunde bei der Diskussion über "places" und "positions" fest.


Wenn ich es richtig verstehe, dann bezeichnet "position" den Ort, an dem sich ein Körper befindet und "place" den Raum, den er einnimmt. Das eine ist also ein Punkt im Raum und das andere ein Teilvolumen des Raumes.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. März 2021 10:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Danke.

Einiges ist mir klar, insbs. letzteres muss für f gelten, andernfalls wären die Bewegungsgleichungen nicht Galilei-kovariant.

Einiges schaut irgendwie zu kompliziert aus.


Inwiefern ist es zu kompliziert?

Der Hauptunterschied zu deiner Formulierung auf G besteht, soweit ich sehe, darin, daß A und V jeweils im Vergleich zu eine Dimension "zuviel" haben. Deswegen gibt es die beiden Zusatzbedingungen und .

Die ersten beiden Bedingungen bedeuten, daß Kraft und Beschleunigung räumliche Vektoren sind. Das ist zugleich die theoretische Begründung dafür, daß sie, anschaulich gesprochen, "absolute" Größen sind: Zu jedem Zeitpunkt sind sich alle Beobachter über ihre Orientierung und Länge im Raum einig.

Die Bedingung bedeutet, daß die Parametrisierung von quasi dem Verlauf der absoluten Zeit entspricht, d.h. . Man könnte in Anlehnung an Newtons Terminologie sagen, daß die durch die Bewegung von gemessene "relative" Zeit bis auf die Wahl des Nullpunkts mit der absoluten Zeit übereinstimmt. ("Relative [...] time is any sensible and external measure [...] of duration by means of motion;")

Wegen der Affinität der ganzen Raumzeit kann man es sich natürlich auch von vornherein einfacher machen: wir wählen irgendeine Kurve Q(s) mit den Eigenschaften und . Sie bedeuten zusammen, daß Q geradlinig-gleichförmig durch die Raumzeit verläuft.

Q beschreibt also gemäß dem 1. Axiom einen Bezugskörper, der eine Trägheitsbewegung ausführt. Auf diesen Körper beziehen wir nun alle Freiheitsgrade, d.h. wir definieren räumliche Vektoren , so daß und .

Damit schreiben wir nun das Kraftgesetz in der Form



Eine Konsequenz aus der Galileinvarianz ist nun, daß unabhängig von und , also dem gewählten Bezugsskörper, ist und insbesondere auch nur von den Differenzen der Ortsvektoren und den Relativgeschwindigkeiten der Teilchen abhängt. (Die Tatsache, daß Q selbst eine Trägheitsbewegung ausführt, ist hier natürlich i.a. relevant.)


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 08. März 2021 14:34, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. März 2021 14:11    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
In meiner Übersetzung heißt es übrigens "...always remains homogeneous and immovable."


Im Original heißt es

"Spatium absolutum natura sua absq; relatione ad externum quodvis semper manet similare & immobile"

[siehe http://cudl.lib.cam.ac.uk/view/PR-ADV-B-00039-00001/33]

Das kann man als "homogen" lesen (an jedem Ort gleich). Es könnte aber auch "isotrop" heißen (in jeder Richtung gleich) oder unveränderlich (zu jeder Zeit gleich). Möglichwerweise ist auch alles gleichzeitig gemeint.


Ok, das ist interessant. Besonders die letzte Bedingung: Wenn man "zu jeder Zeit gleich" als "identisch" liest, dann entspricht das wohl im Prinzip meiner ursprünglichen Verwendung des Begriffs, d.h. es gibt genau einen euklidischen Raum und darin spielt sich alles ab. Insbesondere können wir darin absolute Ruhe definieren. Wenn "gleich" lediglich "isomorph" bedeutet, dann können wir es auch so interpretieren, wie Arnold: wir schichten jeweils verschiedene euklidische Räume übereinander und definieren nur, wieviel Zeit zwischen ihnen liegt, aber nicht wie weit oder ob sie gegeneinander verschoben sind. (In beiden Varianten sind Homogenität und Isotropie ja implizit.)

Newton kann nicht die zweite Variante im Sinn gehabt haben, sonst hätte er nicht definiert, was absolute Bewegung und Ruhe ist. Trotzdem erscheinen mir beide Lesarten sinnvoll und praktisch. Eine dritte scheint sich gerade nicht anzubieten.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was war "wirklich" gemeint und woher sollen wir das wissen?


Das kann man dem Kontext entnehmen. Newton ist da ziemlich weitschweifig und führt eine Reihe von Beispielen an.


Aber selbst in diesem Kontext schlägst du ja noch mehr als eine Bedeutung vor. Oder verstehe ich dich falsch?

Zitat:

Dieser Abschnitt der Principia ist ziemlich ermüdend. Meiner Meinung nach kann man sich das ersparen weil es überholt ist. Was wir heute verwenden, entspricht am ehesten dem, was Newton als relative Räume bezeichnet.


Nach meinem Verständnis ergeben sich die "relativen Räume" im Prinzip daraus, daß man Punkte (z.B. Positionen von Körpern) im absoluten Raum zueinander in Beziehung setzt. ("Relative space is any movable measure [...] of this absolute space; such a measure [...] is determined by our senses from the situation of the space with respect to bodies [...]"). Da es "movable measures" sein können, ist natürlich explizit erlaubt, daß die Bezugspunkte sich mit der Zeit ändern können, also z.B. der Bewegung von Bezugskörpern folgen.

Das bedeutet in moderner Sprechweise handelt es sich um die Tangentialräume an Kurven im euklidischen Raum, also m.a.W. um euklidische Vektorräume. Die meisten Texte formulieren die Newtonsche Mechanik ja mehr oder weniger in Form von Vektoridentitäten. Insofern paßt meine Interpretation ja anscheinend ganz gut auf das, "was wir heute verwenden".


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Als ich gestern versucht habe Newtons Auffassung vom "absoluten Raum" zu verstehen, hing ich bestimmt eine halbe Stunde bei der Diskussion über "places" und "positions" fest.


Wenn ich es richtig verstehe, dann bezeichnet "position" den Ort, an dem sich ein Körper befindet und "place" den Raum, den er einnimmt. Das eine ist also ein Punkt im Raum und das andere ein Teilvolumen des Raumes.


Ja, so ungefähr habe ich das auch verstanden. Gestolpert bin ich besonders über die Aussage, daß "positions" Attribute von "places" sein sollen. Aber ich glaube, das soll nur heißen, daß sie eher "qualitative" als "quantitative" Größen sind und man ihnen also kein "Maß" zuordnen kann oder sowas in der Art. Das paßt auch dazu, daß "positions" einfach Orte sind, und steht im Gegensatz zu den "places", die ja dann z.B. ein Volumen als quantitatives Maß besitzen. Aber ich glaube immer mehr, daß dies keine große Rolle spielt.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. März 2021 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Insbesondere können wir darin absolute Ruhe definieren.


Ich verstehe Newton so, dass er absolute Ruhe nicht definiert, sondern als einen realen Zustand ansieht. Er spricht ja nicht nur von absoluter Ruhe und Bewegung ("Quies & Motus abſoluti") sondern auch von wahrer Ruhe ("quies vera") oder wahrer und absoluter Bewegung ("verus & abſolutus corporis motus"). Außerdem schreibt er z.B., dass es irgendwo in den weit entfernten Regionen der Fixstere oder darüber hinaus Körper geben könnte, die sich in absoluter Ruhe befinden. Das klingt nicht nach etwas, das wir per Definition festlegen, sondern eher nach objektiver Realität.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das paßt auch dazu, daß "positions" einfach Orte sind, und steht im Gegensatz zu den "places", die ja dann z.B. ein Volumen als quantitatives Maß besitzen. Aber ich glaube immer mehr, daß dies keine große Rolle spielt.


Es spielt schon eine Rolle, ob man es z.B. mit Massepunkten oder Körpern mit Volumen zu tun hat. Häufig kann man sich einen Körper in guter Näherung in seinem Scherpunkt konzentriert vorstellen (diese spezielle "position" wäre bei homogener Masseverteilung in der Tat ein Attribut des "place"), aber manchmal geht das auch nicht (z.B. wenn man die Abplattung der Erde berechnen will).
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. März 2021 18:04    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Insbesondere können wir darin absolute Ruhe definieren.


Ich verstehe Newton so, dass er absolute Ruhe nicht definiert, sondern als einen realen Zustand ansieht. Er spricht ja nicht nur von absoluter Ruhe und Bewegung ("Quies & Motus abſoluti") sondern auch von wahrer Ruhe ("quies vera") oder wahrer und absoluter Bewegung ("verus & abſolutus corporis motus"). Außerdem schreibt er z.B., dass es irgendwo in den weit entfernten Regionen der Fixstere oder darüber hinaus Körper geben könnte, die sich in absoluter Ruhe befinden. Das klingt nicht nach etwas, das wir per Definition festlegen, sondern eher nach objektiver Realität.


Das sehe ich ganz genauso. Ich meinte er definiert in der Aussage

"Absolute motion is the change of position of a body from one absolute place to another; relative motion is the change of position from one relative place to another."

nur das theoretische Konzept der "absoluten Bewegung" unter Verwendung der zuvor eingeführten Begriffe absoluter Raum, Place und Position innerhalb seiner Theorie. Das ist möglich, wenn der absolute Raum zu allen Zeiten identisch ("similare") ist. Im Gegensatz dazu ist in Arnolds Definition das Konzept der absoluten Bewegung unmöglich zu definieren, obwohl die Euklidischen Räume dort auch nicht lediglich "relative Räume" nach meiner Auffassung sind (d.h. keine euklidischen Vektorräume).

Ich meine aber nicht, daß wir per Definition festlegen können, welche Körper wir als absolut ruhend ansehen. Ich denke auch, daß Newton es als objektive Tatsache ansieht, ob sich ein Körper absolut bewegt oder nicht, auch wenn wir beide Fälle nicht immer experimentell unterscheiden können.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das paßt auch dazu, daß "positions" einfach Orte sind, und steht im Gegensatz zu den "places", die ja dann z.B. ein Volumen als quantitatives Maß besitzen. Aber ich glaube immer mehr, daß dies keine große Rolle spielt.


Es spielt schon eine Rolle, ob man es z.B. mit Massepunkten oder Körpern mit Volumen zu tun hat.


Der Unterschied zwischen Massenpunkten und voluminösen Körpern spielt natürlich schon eine Rolle. Aber ich könnte ja genauso gut sagen "Diese Menge von Punkten (positions) im Raum nimmt dies oder das Volumen ein". (Daß Newton dies nicht so definiert hat, ist aber natürlich nicht weiter verwunderlich.)

Unwichtig erscheint mir also lediglich die Charakterisierung von Positionen als "Attribute" von Gebieten im Raum ohne "quantity" etc. Was das bedeuten soll, verstehe ich auch immer noch nicht so richtig.

Zitat:

Häufig kann man sich einen Körper in guter Näherung in seinem Scherpunkt konzentriert vorstellen (diese spezielle "position" wäre bei homogener Masseverteilung in der Tat ein Attribut des "place"), aber manchmal geht das auch nicht (z.B. wenn man die Abplattung der Erde berechnen will).


Ja, daß der Schwerpunkt gemeint sein könnte, kam mir tatsächlich auch in den Sinn.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 08. März 2021 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

Meine Meinung, dass dies etwas kompliziert sei, war keine Kritik an dir. Es ist schlicht so, dass die 4-dim. Formulierung nicht zu einer Vereinfachung führt (was auch nicht zu erwarten war).

Ich würde gerne nochmal darauf zurückkommen:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Hilfreich ist es m.E. den Unterschied zwischen



und



zu begreifen, der anscheinend auch dir nicht ganz geläufig ist.

Beide Gleichungen werden explizit oder implizit als 2. Newtonsches Axiom bezeichnet.

Um das etwas weiter auszuführen: Ich bin der Meinung, daß man nur die erste Gleichung als 2. Newtonsches Axiom bezeichnen sollte. Denn sie ist allgemeingültig und läßt sich, wie jede Beziehung zwischen Vektoren, in jedem beliebigen Koordinatensystem auswerten. Die zweite Gleichung ist lediglich ein Spezialfall der ersten, der für Inertialsysteme gilt. Ebenso läßt sich aus der ersten Gleichung (N2) die allgemeingültige Beziehung



ableiten, die für beliebig bewegte Achsen gilt, bzgl. deren die Ableitung definiert ist.

Der Vorteil ist hier also, daß man eine allgemeingültige Gleichung



als Axiom verwendet, aus der alles andere folgt, inklusive Scheinkräfte. Das finde ich ziemlich einleuchtend.

Es ist hingegen nicht nur aus logischen Gründen äußerst zweifelhaft ein "Axiom" zu verwenden, das lediglich ein Spezialfall für Inertialsysteme ist und daraus dann eine Bewegungsgleichung (N2') für Nichtinertialsysteme abzuleiten, die man angeblich daran erkennt, daß das ursprüngliche "Axiom" (S) in ihnen nicht gilt.

Du kommst dennoch nicht darum herum, Inertialsysteme auszuzeichnen.

Du kannst nicht (N2) als zweites Newtonsches Gesetz einführen, ohne die für die Galilei-Invarianz notwendige Bedingung an die Kraft F zu stellen. Aber die Bedingungen für die Kraft formulierst du am einfachsten in Inertialsystemen.

D.h. nun nicht, dass du (S) als zweites Newtonsches Gesetz ausschließlich in Inertialsystemen formulieren sollst, natürlich ist (N2') zulässig und sinnvoll.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 08:56    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Meine Meinung, dass dies etwas kompliziert sei, war keine Kritik an dir.


So habe ich es auch nicht aufgefaßt.

Zitat:

Es ist schlicht so, dass die 4-dim. Formulierung nicht zu einer Vereinfachung führt (was auch nicht zu erwarten war).


Nein, das ist nicht zu erwarten. Es haben sich ja eigentlich zwei mögliche kovariante Formulierungen herausgestellt, die auf unterschiedlichen Auffassungen des absoluten Raums beruhen:

1) Der absolute Raum ist euklidisch und zu allen Zeiten identisch. (Newton)

und die schwächere Formulierung

2) Der absolute Raum zur Zeit t ist euklidisch und zu allen Zeiten sind die Räume zueinander isomorph. (Arnold, et al.)

Die zweite(4dimensionale) Formulierung dient nur dazu, den Begriff der absoluten Bewegung zu vermeiden. Unbedingt notwendig ist das aber nicht.


Zitat:

Ich würde gerne nochmal darauf zurückkommen:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Hilfreich ist es m.E. den Unterschied zwischen



und



zu begreifen, der anscheinend auch dir nicht ganz geläufig ist.

Beide Gleichungen werden explizit oder implizit als 2. Newtonsches Axiom bezeichnet.

Um das etwas weiter auszuführen: Ich bin der Meinung, daß man nur die erste Gleichung als 2. Newtonsches Axiom bezeichnen sollte. Denn sie ist allgemeingültig und läßt sich, wie jede Beziehung zwischen Vektoren, in jedem beliebigen Koordinatensystem auswerten. Die zweite Gleichung ist lediglich ein Spezialfall der ersten, der für Inertialsysteme gilt. Ebenso läßt sich aus der ersten Gleichung (N2) die allgemeingültige Beziehung



ableiten, die für beliebig bewegte Achsen gilt, bzgl. deren die Ableitung definiert ist.

Der Vorteil ist hier also, daß man eine allgemeingültige Gleichung



als Axiom verwendet, aus der alles andere folgt, inklusive Scheinkräfte. Das finde ich ziemlich einleuchtend.

Es ist hingegen nicht nur aus logischen Gründen äußerst zweifelhaft ein "Axiom" zu verwenden, das lediglich ein Spezialfall für Inertialsysteme ist und daraus dann eine Bewegungsgleichung (N2') für Nichtinertialsysteme abzuleiten, die man angeblich daran erkennt, daß das ursprüngliche "Axiom" (S) in ihnen nicht gilt.

Du kommst dennoch nicht darum herum, Inertialsysteme auszuzeichnen.


Inertialsysteme sind Bezugssysteme mit sehr speziellen Eigenschaften



In diesem Sinne sind sie vor anderen Systemen "ausgezeichnet". Bei meiner Formulierung der Dynamik muß ich sie aber an keiner Stelle erwähnen. Ich muß sie nicht mal erwähnen, um Galileiinvarianz zu definieren.

Zitat:

Du kannst nicht (N2) als zweites Newtonsches Gesetz einführen, ohne die für die Galilei-Invarianz notwendige Bedingung an die Kraft F zu stellen.


Doch, das kann ich. Und das will ich sogar. Es hindert mich nichts daran inhomogene, zeitabhängige oder geschwindigkeitsabhängige Kraftgesetze aufzustellen um zum Beispiel externe Felder oder Reibung zu modellieren.

Das Relativitätsprinzip ist zwar von großer physikalischer Bedeutung. Und in der Newtonschen Mechanik erläutert man es am besten mittels der Forderung nach Galileiinvarianz der Kraftfelder und ihren Konsequenzen. Aber alle nichtinvarianten Kraftfelder in der Theorie zu verbieten, ist unpraktisch und unnötig.

Zitat:

Aber die Bedingungen für die Kraft formulierst du am einfachsten in Inertialsystemen.


Nein, einfacher ist das überhaupt nicht. Eine Bedingung der Form



ist doch einfach genug. Hier verwende ich aber keine Inertialsysteme, sondern nur Kurven und Vektoren.

Inertialsysteme benötige ich nur, wenn ich die Gleichung auf abbilden will. Aber das ist für viele Probleme nicht mal nötig, z.B. Fall mit Luftwiderstand:



Ansatz:



Da stehen nur Objekte aus (oder je nach Vorliebe). Dies ist auch gleichzeitig ein Beispiel für ein nicht-galilieiinvariantes Kraftgesetz .

Zitat:

D.h. nun nicht, dass du (S) als zweites Newtonsches Gesetz ausschließlich in Inertialsystemen formulieren sollst, natürlich ist (N2') zulässig und sinnvoll.


Mißverständnis? (S) ist eine Gl., die nur in Inertialsystemen gilt. Das 2. Axiom ist die davon verschiedene Gleichung



(N2) und (N2') sind äquivalent und gelten beide für alle Systeme S mit unbeschleunigtem Ursprung. (Ansonsten kommt noch ein Term auf die rechte Seite von (N2'). Meine frühere Notation hat leider nicht gut zwischen Punkten und Ortsvektoren unterschieden, weil ich damals noch alles auf feste Punkte im absoluten Raum bezogen habe.) Die S-Unabhängigkeit ist manifest in (N2). Die einzelnen Terme in (N2') hängen zwar von S ab, die Abhängigkeit hebt sich aber in der gesamten Gleichung heraus.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 09. März 2021 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine Bedingung der Form



ist doch einfach genug. Hier verwende ich aber keine Inertialsysteme, sondern nur Kurven und Vektoren.

Inertialsysteme benötige ich nur, wenn ich die Gleichung auf abbilden will. Aber das ist für viele Probleme nicht mal nötig, z.B. Fall mit Luftwiderstand:



Ansatz:



Da stehen nur Objekte aus (oder je nach Vorliebe). Dies ist auch gleichzeitig ein Beispiel für ein nicht-galilieiinvariantes Kraftgesetz .


Das Problem tritt nicht auf, wenn Du die Galilei-Invarianz nicht für die Kräfte, sondern für die Bewegungsgleichungen forderst. Im Falle des Luftwiderstandes genügt es aber schon, das Kraftgesetz für die Wechselwirkung mit der Luft korrekt zu formulieren - nämlich unter Berücksichtigung der Windgeschwindigkeit.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 10:57    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine Bedingung der Form



ist doch einfach genug. Hier verwende ich aber keine Inertialsysteme, sondern nur Kurven und Vektoren.

Inertialsysteme benötige ich nur, wenn ich die Gleichung auf abbilden will. Aber das ist für viele Probleme nicht mal nötig, z.B. Fall mit Luftwiderstand:



Ansatz:



Da stehen nur Objekte aus (oder je nach Vorliebe). Dies ist auch gleichzeitig ein Beispiel für ein nicht-galilieiinvariantes Kraftgesetz .


Das Problem tritt nicht auf, wenn Du die Galilei-Invarianz nicht für die Kräfte, sondern für die Bewegungsgleichungen forderst.


Ich sehe es ja gar nicht als Problem. Die Invarianz für die Bewegungsgleichung zu fordern, ändert aber nichts. Denn das ist genau was ich tue.

Die Bewegungsgleichung für ein einzelnes Teilchen im externen Kraftfeld lautet . Galileitransformation liefert .

Damit für jede Lösung auch eine Lösung der Ausgangsgleichung ist, muß also gelten



Externe Kräfte dürfen also höchstens von der Zeit abhängen, sonst verletzten sie die Galileiinvarianz der Bewegungsgleichungen. (Invarianz unter der vollen Galileigruppe erfordert sogar für externe Kräfte.)

Zitat:

Im Falle des Luftwiderstandes genügt es aber schon, das Kraftgesetz für die Wechselwirkung mit der Luft korrekt zu formulieren - nämlich unter Berücksichtigung der Windgeschwindigkeit.


Das stimmt, auf fundamentalerer Ebene kann ich Galileiinvarianz natürlich immer gewährleisten. Die Behauptung von TomS war aber: "Du kannst nicht (N2) als zweites Newtonsches Gesetz einführen, ohne die für die Galilei-Invarianz notwendige Bedingung an die Kraft F zu stellen." Ich kann es aber sehr wohl, und im Rahmen konkreter mechanischer Modelle kann das auch durchaus sinnvoll sein.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 09. März 2021 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das stimmt, auf fundamentalerer Ebene kann ich Galileiinvarianz natürlich immer gewährleisten.


Im Rahmen der Newtonschen Mechanik musst Du das sogar. Die Gesamtkraft laut zweitem Axiom setzt sich additiv aus Teilkräften zusammen, die jeweils dem dritten Axiom genügen müssen. Da Du die Masse von vorn herein als konstant annimmst, sollte die Galilei-Invarianz damit immer gewährleistet sein und der Fall, den Du oben konstruiert hast, dürfte gar nicht vorkommen.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das stimmt, auf fundamentalerer Ebene kann ich Galileiinvarianz natürlich immer gewährleisten.


Im Rahmen der Newtonschen Mechanik musst Du das sogar.


Auf fundamentaler Ebene vielleicht. Aber auf dieser Ebene modelliere ich nicht immer. Jedenfalls kann die Gl. auch ein brauchbares mechanisches Modell sein, wenn sie nicht galileiinvariant ist. Ich sehe immer noch nicht was dagegen sprechen soll. Sie wird ja in der nicht-invarianten Form dauernd verwendet.

Zitat:

Die Gesamtkraft laut zweitem Axiom setzt sich additiv aus Teilkräften zusammen, die jeweils dem dritten Axiom genügen müssen. Da Du die Masse von vorn herein als konstant annimmst, sollte die Galilei-Invarianz damit immer gewährleistet sein und der Fall, den Du oben konstruiert hast, dürfte gar nicht vorkommen.


Die Bewegungsgleichung ist nicht galileiinvariant, obwohl die Masse m=1 konstant ist. Die einzige galileiinvariante Bewegungsgleichung für ein einzelnes Teilchen ist . Das dritte Axiom kommt hier gar nicht zum Zug, weil ich explizit nur ein einziges Teilchen modelliere. Ich verstehe deine Behauptung nicht.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 09. März 2021 12:56    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Bewegungsgleichung ist nicht galileiinvariant, obwohl die Masse m=1 konstant ist.


Das liegt daran, dass Du sie für ein ausgezeichnetes Bezugssystem formuliert hast - nämlich für das Ruhesystem der Luft. Wenn man damit kein Problem hat, dann kann man das natürlich tun. Aber Du hast hier bisher den Eindruck vermittelt, dass Du das vermeiden und alles möglichst bezugssystemunabhängig formulieren willst.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die einzige galileiinvariante Bewegungsgleichung für ein einzelnes Teilchen ist .


Ist nicht auch Galilei-invartiant?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das dritte Axiom kommt hier gar nicht zum Zug, weil ich explizit nur ein einziges Teilchen modelliere.


Das dritte Axiom kommt bei Newton immer zum Zug und mit einem einzigen Teilchen führt es zwangsläufig zu . Du meinst vermutlich, dass Du andere Teilchen und/oder das dritte Axiom ignorierst.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 09. März 2021 15:12    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Auf fundamentaler Ebene vielleicht. Aber auf dieser Ebene modelliere ich nicht immer. Jedenfalls kann die Gl. auch ein brauchbares mechanisches Modell sein, wenn sie nicht galileiinvariant ist. Ich sehe immer noch nicht was dagegen sprechen soll. Sie wird ja in der nicht-invarianten Form dauernd verwendet.


Was dagegen spricht sind zB. die Erhaltungssätze.
In der klassischen Mechanik sind solche Systeme abgeschlossen bzgl. Galilei-Transformationen, es sind also gerade die Systeme, die auch galileiinvariant sind, das sind die "Inertialsysteme".
Auch wenn du m.E. nicht mit Arnold übereinstimmst, was du irgendwie behauptest, ist das aber durchaus ein interessanter Weg, die klassischen Newtonschen Prinzipien in einem neuen Rahmen zu fassen.
Du und v.a. TomS wart da schon auf gutem Wege.
Ihr spracht von einem affinen Raum, in dem in der Newtonschen Mechanik die Galilei-Gruppe die affinen Abbildungen sind (Gerade auf Geraden, usw.), also eine "Geometrisierung" im Sinne Kleins. Du sprachst von einer positiv-definiten symmetrischen Bilinearform, die eine Metrik, eine "Galilei-Struktur" induziert, einen Euklidischen Raum definiert, in dem die Maße beschrieben werden.
Das ist durchaus ein Konzept, das sich m.E. verallgemeinern lässt, so dass die "Newtonschen Axiome" als Grenzfall in einem übergeordneten Rahmen betrachtet werden können. Dieser Grenzfall sollte ja unabhängig von Newtons Konzeption von (absoluten) Raum und Zeit begründbar sein.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 09. März 2021 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

@index_razor -

Ich denke, wir sind uns da einig. Die Punkte, die du ansprichst, gelten ja insbs. bzgl. externer Kräfte; diese brechen jedoch die Galilei-Invarianz explizit. Meine Überlegung galt zunächst für Kräfte zwischen Körpern, wobei die Galilei-Invarianz erhalten bleibt.

Wir können m.E. grundsätzlich von Galilei-Invarianz ausgehen und die von dir genannten Beispiele als sinnvolle Grenzfälle modellieren.
Bsp. Gravitation: zwei Körper der Masse m und M, Grenzübergang m/M gegen Null, kleine Fallhöhe h/r << 1, F=mg.
Bsp. Reibung: ein Körper der Masse M in einem Medium aus N Körpern der Masse m, ...

Ich will diese pragmatischen Ansätze für konkrete Probleme nicht verbieten, jedoch bei der Diskussion der fundamentalen Axiome außen vor lassen.

Ich muss natürlich nicht prüfen, ob eine Kraft die Galilei-Invarianz erfüllt, wenn ich sie aus einer Näherung erhalten habe, die die Invarianz bricht. Ich muss jedoch prinzipiell in der Lage sein, zu prüfen, ob eine Kraft die Galilei-Invarianz respektiert. Und dabei lande ich eben bei den Bedingungen
- sie hängt nicht explizit von der Zeit ab
- sie hängt nur von den Relativkoordinaten der Körper ab
- sie hängt nur von den Relativgeschwindigkeiten der Körper ab
- sie transformiert als Vektor unter Rotationen
Und das ist per Konstruktion in einem Inertialsystem vergleichsweise einfach.

Nimm an, ich gebe dir einen komplizierten Ausdruck für eine Kraft F. Möglicherweise kann ich beweisen, dass es eine ebenfalls komplizierte Trajektorie gibt, die ein nicht-Inertialsystem definiert, bei dessen Nutzung ich gerade F erhalte. Damit ist dieses F eine in diesem Sinne zulässige Kraft.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 09. März 2021 16:25    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Ihr spracht von einem affinen Raum, in dem in der Newtonschen Mechanik die Galilei-Gruppe die affinen Abbildungen sind (Gerade auf Geraden, usw.), also eine "Geometrisierung" im Sinne Kleins. Du sprachst von einer positiv-definiten symmetrischen Bilinearform, die eine Metrik, eine "Galilei-Struktur" induziert, einen Euklidischen Raum definiert, in dem die Maße beschrieben werden.
Das ist durchaus ein Konzept, das sich m.E. verallgemeinern lässt, so dass die "Newtonschen Axiome" als Grenzfall in einem übergeordneten Rahmen betrachtet werden können. Dieser Grenzfall sollte ja unabhängig von Newtons Konzeption von (absoluten) Raum und Zeit begründbar sein.

Ich habe das ja in dem FAQ skizziert.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Bewegungsgleichung ist nicht galileiinvariant, obwohl die Masse m=1 konstant ist.


Das liegt daran, dass Du sie für ein ausgezeichnetes Bezugssystem formuliert hast - nämlich für das Ruhesystem der Luft. Wenn man damit kein Problem hat, dann kann man das natürlich tun. Aber Du hast hier bisher den Eindruck vermittelt, dass Du das vermeiden und alles möglichst bezugssystemunabhängig formulieren willst.


Umgekehrt: die Symmetrien der Gleichung sind unabhängig vom Bezugssystem, genau wie die Gleichung selbst. Es handelt sich ja einfach um eine Beziehung zwischen Vektoren im euklidischen Raum.

(Allerdings hast du insofern recht, als meine Bewegungsgleichung in der 4dimensionalen Formulierung keinen Schnitt durch die Raumzeit definiert, da . Um das zu reparieren muß man einen konstanten 4er-Vektor einführen, der sozusagen die 4er-Windgeschwindigkeit darstellt. Allerdings macht dessen Anwesenheit allein die Gleichung auch nicht galilei-invariant.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die einzige galileiinvariante Bewegungsgleichung für ein einzelnes Teilchen ist .


Ist nicht auch Galilei-invartiant?


Sie ist invariant unter Boosts, aber nicht unter der vollen Galileigruppe. Invarianz unter Drehung R führt ja auf die Bedingung . Das Problem hat die Gleichung oben auch noch, wenn ich die Windbewegung modelliere.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das dritte Axiom kommt hier gar nicht zum Zug, weil ich explizit nur ein einziges Teilchen modelliere.


Das dritte Axiom kommt bei Newton immer zum Zug und mit einem einzigen Teilchen führt es zwangsläufig zu . Du meinst vermutlich, dass Du andere Teilchen und/oder das dritte Axiom ignorierst.


So ungefähr. Ich ignoriere die Bewegungsgleichungen der anderen Teilchen und modelliere ihren Einfluß auf das System in Form eines Geschwindigkeitsabhängigen Kraftgesetzes. Da die anderen Teilchen in meinem Modell keine Bewegungsgleichungen haben, gibt es natürlich auch keine Gegenkraft.

Wie würdest du denn eigentlich die Bewegungsgleichung



konform zum 3. Axiom umschreiben?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Auf fundamentaler Ebene vielleicht. Aber auf dieser Ebene modelliere ich nicht immer. Jedenfalls kann die Gl. auch ein brauchbares mechanisches Modell sein, wenn sie nicht galileiinvariant ist. Ich sehe immer noch nicht was dagegen sprechen soll. Sie wird ja in der nicht-invarianten Form dauernd verwendet.


Was dagegen spricht sind zB. die Erhaltungssätze.


Wir verwenden dauernd Gleichungen, die den klassischen Erhaltungssätzen widersprechen, z.B. verstößt gegen die Impulserhaltung in Richtung . Dagegen spricht überhaupt nichts. Oder berücksichtigst du bei der Berechnung der Wurfparabel die Erdbewegung immer mit?


Zitat:
Auch wenn du m.E. nicht mit Arnold übereinstimmst, was du irgendwie behauptest, ist das aber durchaus ein interessanter Weg, die klassischen Newtonschen Prinzipien in einem neuen Rahmen zu fassen.


Was genau stimmt nicht mit Arnold überein?

Zitat:

Das ist durchaus ein Konzept, das sich m.E. verallgemeinern lässt, so dass die "Newtonschen Axiome" als Grenzfall in einem übergeordneten Rahmen betrachtet werden können. Dieser Grenzfall sollte ja unabhängig von Newtons Konzeption von (absoluten) Raum und Zeit begründbar sein.


Warum sollte man das verallgemeinern? Ich wollte nur eine kovariante Formulierung der Newtonschen Mechanik diskutieren, nichts allgemeineres.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
@index_razor -

Ich denke, wir sind uns da einig. Die Punkte, die du ansprichst, gelten ja insbs. bzgl. externer Kräfte; diese brechen jedoch die Galilei-Invarianz explizit. Meine Überlegung galt zunächst für Kräfte zwischen Körpern, wobei die Galilei-Invarianz erhalten bleibt.



Ich glaube auch, daß wir uns eigentlich einig sind. Ich finde es nur praktisch die Frage nach den Symmetrien der Bewegungsgleichungen unabhängig von ihrer kovarianten Formulierung zu behandeln, eben weil ich in konkreten Problemen nicht immer das ganze Universum mitmodellieren will, nur um allen Symmetrien zu genügen. Und ein theoretisches Problem stellt das ganze ja nicht dar.

Zitat:

Ich muss natürlich nicht prüfen, ob eine Kraft die Galilei-Invarianz erfüllt, wenn ich sie aus einer Näherung erhalten habe, die die Invarianz bricht. Ich muss jedoch prinzipiell in der Lage sein, zu prüfen, ob eine Kraft die Galilei-Invarianz respektiert. Und dabei lande ich eben bei den Bedingungen
- sie hängt nicht explizit von der Zeit ab
- sie hängt nur von den Relativkoordinaten der Körper ab
- sie hängt nur von den Relativgeschwindigkeiten der Körper ab
- sie transformiert als Vektor unter Rotationen
Und das ist per Konstruktion in einem Inertialsystem vergleichsweise einfach.

Nimm an, ich gebe dir einen komplizierten Ausdruck für eine Kraft F. Möglicherweise kann ich beweisen, dass es eine ebenfalls komplizierte Trajektorie gibt, die ein nicht-Inertialsystem definiert, bei dessen Nutzung ich gerade F erhalte. Damit ist dieses F eine in diesem Sinne zulässige Kraft.


Wenn du mir nur die Komponenten von F gibst, mußt du mir ja dazusagen in welchem System sie gelten sollen. Dafür mußt du mir die Bewegung des Ursprungs und der Achsen vorgeben damit ich mir den Vektor selbst wieder zusammensetzen kann. Wenn du mir stattdessen den Ausdruck für den Vektor gegeben hättest, wäre es vermutlich trivial zu entscheiden ob er nur von Orts- und Geschwindigkeitsdifferenzen abhängt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 09. März 2021 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

In einem Inertialsystem Ja, denn da muss für die Körper i = 1,2,... eben ein Ausdruck der Form



stehen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
In einem Inertialsystem Ja, denn da muss für die Körper i = 1,2,... eben ein Ausdruck der Form



stehen.


Meine Kraftgesetze sind vektorwertige Funktionen auf . Entweder hängen sie nur von Orts- und Geschwindigkeitsdifferenzen ab oder von absoluten Orten in und absoluten Geschwindigkeiten aus . Zum Beispiel das Gravitationsgesetz lautet



Benötige ich jetzt ein Inertialsystem (oder irgendein anderes System) um zu entscheiden, daß es nur von der Differenz der beiden Orte A und B und von keinen Geschwindigkeiten abhängt?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 09. März 2021 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Invarianz unter Drehung R führt ja auf die Bedingung .


Müsste die Drehung nicht auf beiden Seiten der Gleichung stehen? Von einer bezugssystemunabhängigen Bewegungsgleichung würde ich erwarten und bei Rotation gilt und .

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich ignoriere die Bewegungsgleichungen der anderen Teilchen und modelliere ihren Einfluß auf das System in Form eines Geschwindigkeitsabhängigen Kraftgesetzes.


Das Kraftgesetz hängt von den Wechselwirkungen mit diesen anderen Teilchen und dadurch von deren Bewegungsgleichungen ab. Wenn Du das ignorierst, dann geht das Transformationsverhalten derjenigen Größen verloren, von denen die Kraft abhängt. Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, die einzelnen Wechselwirkung mit anderen Teilchen durch die Wirkung eines Kraftfelds zu ersetzen. Aber wenn das ganze bezugssystemunabhängig sein soll, dann darf dabei das Transformationsverhalten nicht verloren gehen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie würdest du denn eigentlich die Bewegungsgleichung



konform zum 3. Axiom umschreiben?




mit der Relativgeschwindigkeit



Wenn Du weg lässt, weil es in einem speziellen Bezugssystem Null ist, dann gilt die Gleichung zwar noch in diesem Bezugssystem, aber nicht mehr in allen anderen, weil das entsprechende Transformationsverhalten mit aus der Gleichung verschwindet.


Zuletzt bearbeitet von DrStupid am 09. März 2021 18:15, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 09. März 2021 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Benötige ich jetzt ein Inertialsystem (oder irgendein anderes System) um zu entscheiden, daß es nur von der Differenz der beiden Orte A und B und von keinen Geschwindigkeiten abhängt?

Dafür nicht ;-)

Aber nimm’ die bekannte Gleichung im rotierenden oder allgemein beschleunigten Bezugssystem. Wie zeigst du deren Galilei-Invarianz, wenn du nicht weißt, dass du sie mittels zeitabhängiger Transformationen hergeleitet hast?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 18:34    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Invarianz unter Drehung R führt ja auf die Bedingung .


Müsste die Drehung nicht auf beiden Seiten der Gleichung stehen? Von einer bezugssystemunabhängigen Bewegungsgleichung würde ich erwarten und bei Rotation gilt und .


Da kommt nirgendwo ein Wechsel des Bezugssystems vor. Die Drehung ist eine aktive Transformation der abhängigen Variablen der Gleichung, die auf leben. Das bedeutet (streng genommen wirkt auf Punkte nicht dieselbe Abbildung wie auf Vektoren, aber das spielt keine Rolle)



Wenn dies eine Symmetrietransformation sein soll, dann muß sie Lösungen auf Lösungen abbilden, d.h. wenn gilt, muß folgen . Die rechte Seite hängt weder von noch von ab, also




Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich ignoriere die Bewegungsgleichungen der anderen Teilchen und modelliere ihren Einfluß auf das System in Form eines Geschwindigkeitsabhängigen Kraftgesetzes.


Das Kraftgesetz hängt von den Wechselwirkungen mit diesen anderen Teilchen und dadurch von deren Bewegungsgleichungen ab. Wenn Du das ignorierst, dann geht das Transformationsverhalten derjenigen Größen verloren, von denen die Kraft abhängt.


Ja, genau. Das ist auch Absicht. Nicht die Symmetrie zu zerstören, aber die Freiheitsgrade zu reduzieren. Mit der geringeren Symmetrie muß ich dann natürlich leben. Dadurch ändert sich aber nichts an der allgemeinen Kovarianz der Gleichung.

Zitat:

Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, die einzelnen Wechselwirkung mit anderen Teilchen durch die Wirkung eines Kraftfeld zu ersetzen. Aber wenn das ganze bezugssystemunabhängig sein soll, dann darf dabei das Transformationsverhalten nicht verloren gehen.


Doch das darf es. Die Symmetrien eines Teilsystems dürfen geringer sein, als die Symmetrien des Gesamtsystems. Das ändert nichts an der Unabhängigkeit vom Bezugssystem.

Ein Kreis ist invariant unter Drehungen um den Ursprung. Ein Halbkreis nicht. Trotzdem bleibt ein Halbkreis ein Halbkreis, auch wenn ich krummlinige Koordinaten verwende. Ob alle seine Punkte denselben Abstand zu einem Zentrum haben, hat nämlich nichts mit der Wahl des Koordinatensystems zu tun. Du vermischt zwei vollkommen verschiedene Dinge: Symmetrie und allgemeine Kovarianz.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie würdest du denn eigentlich die Bewegungsgleichung



konform zum 3. Axiom umschreiben?




mit der Relativgeschwindigkeit




Daran kann ich doch nicht erkennen, ob das dritte Axiom erfüllt ist.

Zitat:

Wenn Du weg lässt, weil es in einem speziellen Bezugssystem Null ist, dann gilt die Gleichung zwar noch in diesem Bezugssystem, aber nicht mehr in allen anderen, weil das entsprechende Transformationsverhalten mit aus der Gleichung verschwindet.


Ja, wenn. Das war aber nicht mein Vorgehen. Ich postuliere eine kovariante Gleichung, der eine bestimmte Symmetrie fehlt. Das ist alles.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. März 2021 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Benötige ich jetzt ein Inertialsystem (oder irgendein anderes System) um zu entscheiden, daß es nur von der Differenz der beiden Orte A und B und von keinen Geschwindigkeiten abhängt?

Dafür nicht ;-)

Aber nimm’ die bekannte Gleichung im rotierenden oder allgemein beschleunigten Bezugssystem.


Warum darf ich eigentlich nicht die Gleichung in der bezugssystemunabhängigen Form nehmen?

Zitat:

Wie zeigst du deren Galilei-Invarianz, wenn du nicht weißt, dass du sie mittels zeitabhängiger Transformationen hergeleitet hast?


Was sind denn das für seltsame Voraussetzungen? Wieso soll ich nicht wissen, wie ich sie hergeleitet habe? Und wenn ich das nicht mehr weiß, woher soll ich dann noch wissen, ob es eine galilei-invariante Gleichung in einem Nichtinertialsystem oder eine nicht-galileiinvariante Gleichung in einem Inertialsystem ist?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 09. März 2021 19:53    Titel: Antworten mit Zitat

Nehmen wir die Bewegungsgleichung



Beschreibt diese Gleichung ein Galilei-invariantes System? Unter welchen Bedingungen? Wie prüfst du das?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik