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Prinzip der kleinsten Wirkung
 
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Bernd Stein



Anmeldungsdatum: 28.10.2019
Beiträge: 41

Beitrag Bernd Stein Verfasst am: 06. Jul 2020 00:37    Titel: Prinzip der kleinsten Wirkung Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo zusammen,

gem. dem ?Prinzip der kleinsten Wirkung? bewegen sich Teilchen auf solchen Bahnen, für die eine bestimmte Bewertungsgröße, genannt ?Wirkung? kleiner ist, als bei allen anderen Teilchenbahnen (Anfang und Ende der Wegstrecke sind fest). Beispielsweise ist diese Bewertungsgröße genannt ?Wirkung? minimal, wenn geradlinige Bahnen durchlaufen werden. Mathematisch besteht diese Bewertungsgröße ?Wirkung? aus einem Integral über infinitesimal kleine Beträge der sog. Lagrange-Funktion. Diese Funktion ist eine Funktion von Ort, Zeit und Geschwindigkeit. Geschwindigkeit ist jedoch eine Größe, die nur für geradlinige Bahnen definiert ist. Das Ergebnis der Bewertung der Bahnen, dass nämlich eine geradlinige Bahn nur mit einem Minimum der Bewertungsgröße ?Wirkung? realisiert wird, hat in ihren Voraussetzungen schon die Geradlinigkeit von durchlaufenen Bahnen enthalten, nämlich die Voraussetzung, dass überhaupt eine definierte Geschwindigkeit existiert. Die Frage ist, ob die Aussage des ?Prinzips der kleinsten Wirkung? nicht zirkulär ist.



Meine Ideen:
Was denkt ihr ? Macht das Prinzip der kleinsten Wirkung überhaupt eine sinnvolle metaphysische Aussage?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jul 2020 06:41    Titel: Antworten mit Zitat

Wie kommst du darauf, dass Geschwindigkeit nur für geradlinige Bahnen definiert ist?

Haben Autos, Flugzeuge, Planeten ... keine Geschwindigkeit?

Wenn ein Körper eine Bahn im dreidimensionalen Raum durchläuft, die mittels des Ortsvektors beschrieben wird, dann kommt dieser Bahn eine Geschwindigkeit



zu.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Bernd Stein



Anmeldungsdatum: 28.10.2019
Beiträge: 41

Beitrag Bernd Stein Verfasst am: 08. Jul 2020 11:11    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo TomS,

die Geschwindigkeit eines Objektes in einem Punkt auf einer krummlinigen Bahn ergibt sich aus der Tangente an diesem Punkt. Die Tangente ist eine gerade Linie. Die Geschwindigkeit in dem Punkt ist der Quotient aus einem Stück dieser geraden Linie und der Zeit.

Die Geschwindigkeit in jedem Punkt auf einer beliebigen (geradlinigen oder krumm verlaufenden) Bahn ist immer als zurückgelegter Weg pro Zeiteinheit definiert. Der zurückgelegte Weg in dieser Definition muss deshalb geradlinig sein, weil sondt diese Definition keinen Sinn machen würde.

Vielleicht hast du eine andere Definition von Geschwindigkeit. Es geht allerdings hier nur um die Geschwindigkeit als Variable in der Lagrange Funktion.

Grüße Bernd
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jul 2020 12:36    Titel: Antworten mit Zitat

Evtl. verwechselst du zwei Geschwindigkeitsbegriffe.

Die zurückgelegte Strecke pro Zeit entspricht dem Betrag der Bahngeschwindigkeit



letztere entspricht der Ableitung des Ortsvektors



nach der Zeit.

Betrachten wir dazu ein infinitesimale Änderung des zurückgelegten Weges innerhalb eines infinitesimalen Zeitraumes .



Über doppelt auftretende Indizes wird immer summiert, d.h. z.B.



Die Bahnkurve muss dazu keineswegs gerade sein. Die zurückgelegte Strecke S entlang einer beliebigen Bahnkurve C folgt ganz allgemein aus dem Kurvenintegral



Der Rest folgt durch Einsetzen von dS - siehe oben.

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Bernd Stein



Anmeldungsdatum: 28.10.2019
Beiträge: 41

Beitrag Bernd Stein Verfasst am: 08. Jul 2020 18:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo TomS

Gibt es verschiedene Geschwindigkeitsbegriffe, die zu verwechseln wären ? Ist mir nicht bekannt.

Es geht mir auch nicht darum, wie man die Geschwindigkeit ausrechnet. Den Betrag einer Geschwindigkeit auszurechnen, das kann man sicher auf verschiedene Weisen machen. Das Berechnungsverfahren, um die Geschwindigkeit v als Vektor in einem Punkt der Bahn zu bestimmen, sagt nichts darüber aus, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit der physikalische Begriff der Geschwindigkeit überhaupt sinnvoll definiert werden kann.

Um ihn sinnvoll zu definieren, benötige ich einen Zeit- und einen Raumabstand (als Voraussetzung). Bereits diese sind im euklidischen Raum als kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten (Zeit und Raumpunkten) definiert - also als "gerade" Strecken. Geschwindigkeit als physikalischer Fachbegriff ist definiert als Quotient dieser beiden kürzesten Strecken. Im Grenzfall mathematischer Differenzierung streben beide Abstände gegen Null, was ihrer Geradlinigkeit aber keinen Abbruch tut. Denn Geschwindigkeit ist ein Vektor, dargestellt durch einen geraden Pfeil, keinen krummlinigen. Er kann zwar bei krummlinigen Bewegungen eines Objektes in jede beliebige Richtung zeigen, bleibt aber geradlinig. Seine Richtung zeigt in die Richtung der Tangente, die die G e r a d e darstellt, auf der der Streckenabschnitt ds liegt. Der Abstand dt ist sowieso immer der kürzeste Verbindung zwischen zwei Ereignissen auf der Zeitachse.

Damit kann Geschwindigkeit nur definiert werden als Quotient zweier kürzester Abstände.

Wie sonst ? Vielleicht hast Du ja eine andere Definition - würde mich interessieren, welche das ist.

Grüße Bernd
Bernd Stein



Anmeldungsdatum: 28.10.2019
Beiträge: 41

Beitrag Bernd Stein Verfasst am: 08. Jul 2020 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

Hi TomS

ein Kurvenintegral ist - so meine ich - auch nichts anderes als die Summation unendlich vieler unendlich kurzer gerader Strecken ds - wie sonst ?

Auf jeder dieser beliebig kurzen Strecken ist v als Quotient aus den geraden Stücken ds dividiert durch die "geraden" (kürzesten) Strecken dt definiert.

Grüße Bernd
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jul 2020 18:40    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, es gibt zwei Geschwindigkeitsbegriffe, die du nicht sauber trennst, nämlich
1) die vektorielle Bahngeschwindigkeit entlang einer (nicht notwendigerweise geraden) Bahnkurve
2) den skalaren Betrag dieser Bahngeschwindigkeit als Änderung der Streckenlänge pro Zeit entlang dieser Bahnkurve

Steht alles oben.

Zur weiteren Definition der Geschwindigkeit mittels Zeitableitung



benötigst du die Existenz dieses Grenzwertes, d.h. die Differenzierbarkeit der Bahnkurve.

Was genau ist daran jetzt unplausibel?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Jul 2020 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Im Grenzfall mathematischer Differenzierung streben beide Abstände gegen Null, was ihrer Geradlinigkeit aber keinen Abbruch tut. Denn Geschwindigkeit ist ein Vektor, dargestellt durch einen geraden Pfeil, keinen krummlinigen. Er kann zwar bei krummlinigen Bewegungen eines Objektes in jede beliebige Richtung zeigen, bleibt aber geradlinig. Seine Richtung zeigt in die Richtung der Tangente, die die G e r a d e darstellt, auf der der Streckenabschnitt ds liegt.


Das ist leider mal wieder reichlich konfus.

Erst behauptest du, man könne Geschwindigkeiten nur für gerade Bahnen definieren, was offensichtlich nicht stimmt.

Nachdem dies geklärt ist, behauptest du nun etwas völlig anderes, nämlich, daß jeder Geschwindigkeitsvektor eine Gerade definiert, welche die Tangente an die Bahn im Punkt x ist.

Das ist zwar richtig und wird von niemandem bestritten, hat aber mit deiner Ausgangsbehauptung, das Prinzip der kleinsten Wirkung setze die Geradlinigkeit der durchlaufenen Bahn voraus, nichts mehr zu tun.
Bernd Stein



Anmeldungsdatum: 28.10.2019
Beiträge: 41

Beitrag Bernd Stein Verfasst am: 09. Jul 2020 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

Hi TomS,

Warum liegt der vektoriellen Bahngeschwindigkeit ein anderer Geschwindigkeitsbegriff zugrunde als dem Betrag der Geschwindigkeit ?

Das erschließt sich mir nicht.

Ich sehe in Deinen Antworten keinen Widerspruch zu meiner Behauptung, dass Geschwindigkeit als Quotient zweier kürzester Abstände definiert ist. Es muss aus logischen Gründen so sein:

a) anders als durch den Quotient zweier Abstände kann Geschwindigkeit nicht definiert werden
b) es müssen zwei kürzeste Abstände sein, weil andere Abstände beliebige räumliche und zeitliche Abstände sind, deren Quotient dann folgerichtig ebenfalls beliebig wäre.

Die Existenz eines Grenzwertes ds/dt, d.h. die Differenzierbarkeit der Bahnkurve, benötige ich nicht zur Definition der Geschwindigkeit, sondern um ihr einen definierten Betrag zuweisen zu können. Die Definition der Geschwindigkeit hängt doch nicht davon ab, auf welcher Bahn sich das Objekt bewegt, zum Beispiel ob die Bahn gerade, krumm, kontinuierlich ist oder Sprünge macht. Ich habe für den Fall der stetigen Bahn und der mit Sprüngen keine unterschiedliche Definition darüber, was mit Geschwindigkeit gemeint ist. Es ist immer dasselbe damit gemeint: der Quotient eines kürzesten Abstands zwischen zwei Raumpunkten - welcher Abstand sonst ? - und der Zeit, die zum Durchlaufen dieses Abstandes benötigt wird. Anders kann Geschwindigkeit nicht definiert werden, wenn man den Begriff Geschwindigkeit als Fachbegriff zur Kennzeichnung der Dynamik eines Objektes an einem Raumzeitpunkt versteht (und nicht formal als Grenzwert eines mathematischen Verfahrens ohne metaphysische Bedeutung).

Das Prinzip der kleinsten Wirkung besagt (unter anderem), dass bewegte Objekte solche Bahnen durchlaufen, für die die Bewertungsgröße Wirkung am kleinsten (eigentlich extremal) ist, bei fest vorgegebener Westrecke x zwischen den Endpunkten a und b. Die Aussage gilt aber auch für jede Teilstrecke, auch für infinitesimale Teilstrecken dx !

In die Lagrange Funktion geht die Geschwindigkeit als Variable ein. Das bedeutet, dass bei der Bildung der Lagrange Funktion bereits das Durchlaufen kürzester Strecken in der zur Verfügung stehenden Zeit als Faktum eingeflossen ist, als Voraussetzung eben, denn dieses Faktum ist in der Definition der Variablen „Geschwindigkeit“ bereits vorausgesetzt.

Oder anders gesagt: Wenn die Lagrange Funktion von der Geschwindigkeit abhängt, dann besagt das Prinzip der kleinsten Wirkung: es werden immer solche Wege durchlaufen, für die auch eine Geschwindigkeit existiert, die nur deshalb existiert, weil kürzeste Wege durchlaufen werden.

Damit müssen schon deshalb, weil die Geschwindigkeit existiert, immer kürzeste Wege durchlaufen werden, und nicht deshalb, weil die Bewertungsgröße minimal ist.

Damit macht das Prinzip der kleinsten Wirkung eine tautologische Aussage. Planck muss sich wohl geirrt haben, als er das Prinzip der kleinsten Wirkung zum grundlegendsten Prinzip der Physik überhaupt erklärt hat (immerhin nur zum heuristischen Prinzip). Es ist einfach eine nützliche Formel zur Entwicklung von Bewegungsgleichungen auf allen Skalen, mehr nicht, so wie viele andere Formeln auch. Ihr seid aber wahrscheinlich auch dagegen, solche Prinzipien zu verklären, zumal das Prinzip nicht aus Symmetrieüberlegungen abgeleitet werden kann, die je viel mehr Grund legen.

Grüße
Bernd
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 10. Jul 2020 01:01    Titel: Antworten mit Zitat

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Warum liegt der vektoriellen Bahngeschwindigkeit ein anderer Geschwindigkeitsbegriff zugrunde als dem Betrag der Geschwindigkeit ?

Weil das eine ein Vektor und das andere ein Skalar ist.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Die Existenz eines Grenzwertes ds/dt, d.h. die Differenzierbarkeit der Bahnkurve, benötige ich nicht zur Definition der Geschwindigkeit, sondern um ihr einen definierten Betrag zuweisen zu können.

Wie die Formeln oben zeigen geht das Hand in Hand. Ausgangspunkt ist die vektorielle Differenzierbarkeit der Bahnkurve.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Das Prinzip der kleinsten Wirkung besagt (unter anderem), dass bewegte Objekte solche Bahnen durchlaufen, für die die Bewertungsgröße Wirkung am kleinsten (eigentlich extremal) ist, bei fest vorgegebener Wegstrecke x zwischen den Endpunkten a und b.

Nein.

Das Prinzip der kleinsten Wirkung besagt, dass bewegte Objekte solche Bahnen durchlaufen, für die die Bewertungsgröße Wirkung am kleinsten ist, bei fest vorgegebenen Endpunkten a und b, jedoch zunächst beliebiger Bahnkurve C und somit zunächst beliebiger Strecke S[C].

Deine Formulierung des Prinzip der kleinsten Wirkung ist falsch; es beinhaltet keine Bedingung bzgl. vorgegebener Wegstrecke. Evtl. liegt darin die Ursache deiner Verwirrung.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Damit müssen schon deshalb, weil die Geschwindigkeit existiert, immer kürzeste Wege durchlaufen werden, und nicht deshalb, weil die Bewertungsgröße minimal ist.

Nein.

Die Geschwindigkeit existiert für beliebige differenzierbare Wege. Kürzeste Wege sind überhaupt kein Kriterium. Die „Bewertungsgröße Wirkung“ wählt aus allen Wegen den mit extremaler Wirkung aus.

Zusammenfassend:
1) für alle genügend glatte Kurven C existiert der Begriff der Bahngeschwindigkeit
2) unter all diesen Kurven C wird speziell diejenige ausgewählt, für die die Wirkung I[C] minimal ist.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 10. Jul 2020 07:08    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmal zur mathematischen Formulierung:


Die Länge S[C] einer Kurve C lautet



Die Wirkung I[C] für eine Bahnkurve C lautet



Das sind zwei völlig verschiedene mathematische Objekte.

Dabei sind die Orte r_i und die Geschwindigkeiten v_i zunächst unabhängige Variablen, d.h. die Wirkung I[C] unterscheidet Kurven, die die selbe Form haben, jedoch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchlaufen werden, während die Länge S[C] diesbzgl. nicht unterscheidet; Geschwindigkeiten entlang einer Kurve C sind für deren Länge S[C] irrelevant.

Das hat also nichts miteinander zu tun, die Länge S[C] is völlig irrelevant.


Das Prinzip der kleinsten Wirkung — tatsächlich realisierte Bahnkurven C sind gerade solche, für die bei festgehaltenen Endpunkten die Wirkung I[C] extremal wird — besagt nun mathematisch, dass es sich dabei um genau die Bahnkurven C handelt, für die die Variation



verschwindet.

Weder geht in die Definition der Wirkung I[C] einer Bahnkurve C deren Länge S[C] oder deren Form ein, noch wählt das Prinzip der kleinsten Wirkung die Lösungen von aufgrund ihrer Länge oder Form aus. S[C] ist irrelevant, von geraden Bahnkurven ist nie die Rede.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 11. Jul 2020 23:21, insgesamt einmal bearbeitet
Bernd Stein



Anmeldungsdatum: 28.10.2019
Beiträge: 41

Beitrag Bernd Stein Verfasst am: 11. Jul 2020 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo TomS

Leider trifft Deine Argumentation den Punkt nicht, auf den es hier ankommt.

Bei all Deinen langen Erwiderungen setzt Du voraus, dass eine Geschwindigkeit existiert. Ich dachte ich hätte klar gemacht, dass bereits die Existenz einer Geschwindigkeit das Durchlaufen kürzester Strecken impliziert.

Du gehst davon aus, dass eine Geschwindigkeit existiert, ohne zu hinterfragen, was denn die Voraussetzungen sind, damit diese überhaupt existiert. Deine Argumente fußen auf mathematisch-physikalischen Überlegungen. Ich habe aber überhaupt kein Problem mit der Physik oder der Mathematik der Gleichung, auch wenn Du das aus einem schnell nicht ganz zutreffend hingeschriebenen Text zu konstruieren versuchst.

Ich argumentiere nicht auf physikalischer, sondern auf philosophischer Grundlage, nämlich ohne fachspezifische Begriffe rein logisch. Wenn Du meine Behauptung widerlegen willst, mußt Du das auf der logischen Ebene machen, nicht auf der physikalischen, oder auf der Ebene der Interpretation einer Gleichung.

Nochmal zur Verdeutlichung:

Ich frage, was muss gegeben sein, damit man von der Geschwindigkeit eines Objektes sprechen kann, was sind die Voraussetzungen, damit überhaupt ein sinnvoller Begriff von Geschwindigkeit existiert ?

Es muss etwas vorhanden sein, das sich bewegt (ein Teilchen, eine Grenze, allgemein gesagt ein Objekt) und es muss eine Bahn gegeben sein, längs der sich dieses Objekt bewegt. Dann kann man diese Bewegung in einem Bezugssystem beschreiben, indem man die zurückgelegte Wegstrecke durch die dazu benötigte Zeit dividiert. Man benötigt also Abstände, und diese beiden Abstände werden in eine Beziehung gesetzt, nämlich ihr Verhältnis zueinander wird gebildet.

Der eine Abstand ist ein Raumabstand, der andere ein Zeitabstand. Insofern ist die Voraussetzung, dass man bei der Betrachtung einer Situation sinnvoll von Geschwindigkeit eines Objektes in einem Raumzeitpunkt sprechen kann, die, dass zwei Abstände existieren, die man ins Verhältnis setzen kann.

Abstände sind aber nun mal die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten (im euklidischen Raum). Andere Abstände gibt es nicht.

Damit also eine Geschwindigkeit existiert und man sinnvoll von einer solchen sprechen kann, müssen zwei kürzeste Verbindungen zwischen zwei Punkten ins Verhältnis gesetzt werden können. Als Voraussetzung ! Zwei kürzeste Strecken !

Ich kann also nicht argumentieren, Bewegungen in der Natur folgen auf kürzesten Strecken, weil eine Bewertungsgröße minimal ist, die von einer Größe abhängig ist, die für ihre eigene Existenz schon voraussetzt, dass Abstände, also kürzeste Strecken, durchlaufen werden.

Das ist ein logisches Argument. Ich kann nicht etwas schlussfolgern, was ich als Voraussetzung schon in meine Aussage hineingesteckt habe. Ich benutze hier ein philosophisches Argument, um deine Interpretation der Gleichung zu falsifizieren.

Das zu verstehen kann doch nicht allzu schwer sein. Du kannst das mit physikalischen oder mathematischen Argumenten nicht widerlegen. Die Logik geht der Physik und Mathematik nun mal voraus. Du mußt mir schon unlogische Argumentation nachweisen. Formelkram hilft da nicht.

Physikalische statt logische Argumente findest Du in der Quantenphysik, aber die bestätigen meinen Standpunkt. Zwar kannst Du den Ort eines einzelnen Quantenobjektes zu einem Zeitpunkt t1 messen, und auch den Ort zu einem späteren Zeitpunkt t2, die Ortswellenfunktion stellt dann jeweils eine Delta-Funktion oder Distribution dar, aber zwischen den beiden Zeitpunkten t1 und t2 „zerfließt“ die Ortswellenfunktion gaußartig, und wenn Du den Ort zum Zeitpunkt t2 gemessen hast, kannst du nicht sagen, auf welchem Weg oder Bahn das Quantenobjekt dorthin gelangt ist. Es kann der Theorie nach jeden beliebigen Weg genommen haben. Deshalb kannst Du dem Objekt von der Theorie her keine Geschwindigkeit oder Impuls zuordnen. Sind nämlich beliebige Bahnen möglich, hat das Objekt gar keine Geschwindigkeit. Nur wenn die Bahn definiert ist, existiert auch eine Geschwindigkeit. Und Bahnen sind nun mal aneinandergereihte Punkte in infinitesimal kleinen Abständen, also kürzesten Strecken.

Es gibt ja auch keine Geschwindigkeit ohne Bahnpunkt. Und der Betrag der Geschwindigkeit in jedem Punkt x der Bahn wird berechnet, in dem einen infinitesimal kleinen Abstand zwischen zwei Punkten auf der Bahn (einer der Punkte ist x, der Abstand geht im Limes gegen Null) durch den gleichförmig immer kleiner werdenden zugehörigen Zeitabstand teilst. Wo hast Du da ein Problem? An jedem Punkt einer krummen Bahn (solange wie diese definiert ist) existiert eine solche Geschwindigkeit als Quotient zweier Abstände, also zweier kürzester Strecken.

Nochmals: die Mathematik wird von mir nicht in Frage gestellt, aber ihre Interpretation. Ich glaube, dass die Gleichung etwas darüber aussagt, auf welche Weise jedes sich selbst überlassene System einem Gleichgewicht zustrebt, nämlich immer „so nah“ am Gleichgewicht wie möglich. Das jedes physikalische System den kürzesten Weg wählt folgt aber schon unmittelbar aus dem Vorhandensein einer beliebigen Geschwindigkeit !

Grüße Bernd
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jul 2020 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte ich hätte klar gemacht, dass bereits die Existenz einer Geschwindigkeit das Durchlaufen kürzester Strecken impliziert.

Dieses Argument ist falsch.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Du gehst davon aus, dass eine Geschwindigkeit existiert, ohne zu hinterfragen, was denn die Voraussetzungen sind, damit diese überhaupt existiert.

Das habe ich oben geschrieben: die Differenzierbarkeit der Bahnkurve.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Ich argumentiere nicht auf physikalischer, sondern auf philosophischer Grundlage, nämlich ohne fachspezifische Begriffe rein logisch. Wenn Du meine Behauptung widerlegen willst, mußt Du das auf der logischen Ebene machen, nicht auf der physikalischen, oder auf der Ebene der Interpretation einer Gleichung.

Ich sehe nicht, dass du logisch argumentierst. Und du verwendest durchaus fachspezifische Begriffe, jedoch fehlerhaft.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Ich frage, was muss gegeben sein, damit man von der Geschwindigkeit eines Objektes sprechen kann, was sind die Voraussetzungen, damit überhaupt ein sinnvoller Begriff von Geschwindigkeit existiert ?

Die Differenzierbarkeit der Bahnkurve.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Ich kann also nicht argumentieren, Bewegungen in der Natur folgen auf kürzesten Strecken, weil eine Bewertungsgröße minimal ist, die von einer Größe abhängig ist, die für ihre eigene Existenz schon voraussetzt, dass Abstände, also kürzeste Strecken, durchlaufen werden.

Selbst wenn deine zuvor genannten Argumente nicht falsch wären, so ist das letzte irrelevant, denn

niemand argumentiert, Bewegungen in der Natur folgen auf kürzesten Strecken!

Diesen Irrtum deinerseits habe ich im letzten Beitrag ausführlich erklärt. Wenn du das nicht zur Kenntnis nimmst, beenden wir das hiermit.

Bernd Stein hat Folgendes geschrieben:
Ich kann Das ist ein logisches Argument. Ich kann nicht etwas schlussfolgern, was ich als Voraussetzung schon in meine Aussage hineingesteckt habe. Ich benutze hier ein philosophisches Argument, um deine Interpretation der Gleichung zu falsifizieren.

Du argumentierst mit der fehlerhaften Logik, die du selbst konstruiert hast.

Der Rest deines Beitrages ist irrelevant.

In allen deinen Beiträgen sind elementare Fehler oder Missverständnisse enthalten. Dass du die - bisher sehr höflichen und ausführlichen - Korrekturen meinerseits geflissentlich übergehest und dich nicht mit deinen Wissenslücken befasst, und dann aus deinen Missverständnissen heraus auch noch mir logische Fehler vorwirfst, empfinde ich gelinde gesagt als Frechheit.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jul 2020 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

Letzter Versuch zur rein mathematischen Formulierung:

Die Wirkung I[C] für eine Kurve C eines Systems mit Lagrangefunktion L im Konfigurationsraum lautet



Dabei sind



unabhängige Variablen.

Das Prinzip der kleinsten Wirkung besagt, dass die später relevanten Kurven genau diejenigen extremalen Kurven C sind, für die



gilt.

Bisher ist dies reine Mathematik. Die Definitionen der einzelnen Objekte sind unstrittig und etabliert.

Was ist daran falsch oder unlogisch?

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