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Bedeutung von Dekohärenz im measurement problem
 
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Johan
Gast





Beitrag Johan Verfasst am: 16. Feb 2024 11:26    Titel: Bedeutung von Dekohärenz im measurement problem Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Guten Tag,
soweit ich weiß ist Dekohärenz die gängige Beschreibung von dem übergang einer Superposition zu keiner Superposition.
Dekohärenz erklärt somit z.B. warum wir keine Superpositionen in unserem Makrokosmos sehen und weshalb wir solche nicht direkt messen können.
Hinsichtlich des Measurement problems (was m.W.n. die fehlende Verbindung von pre-measurement Formalismus (Schrödinger Evolution) und post-measurement Formalismus (Born Rule) ist), stellt sich mir da die Frage, in wie weit Dekohärenz hier eine Antwort liefert. Liefert Dekohärenz eine Grundlage für eine saubere Beschreibung eines System vom Zustand vor der Messung zu danach? Wenn nein, was fehlt noch?
Außerdem: ist Dekohärenz mit allen gängigen Interpretationen der QM gleichermaßen vereinbar?

Meine Ideen:
Mein konzeptionelles Verständnis von dem Dekohärenz-Prozess ist, dass die Relation der aufsummierten Zustände der Superposition durch Wechselwirkung mit der Umgebung verwischt wird und die "randomisierte" Phasen der beitragenden Teilzustände jegliche Interferenz-Erscheinungen unterdrückt. Ich hoffe soweit ist alles richtig.
Außerdem denke ich mal, dass Dekohärenz z.B. nicht Indeterminsmus begründen kann.

Danke schonmal und lG,
Johan
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Feb 2024 12:29    Titel: Antworten mit Zitat

Gute Frage.

Unter Vernachlässigung diverser mathematischer Feinheiten liefert die Dekohärenz zwischen gemessenem System S, Messgerät M und unbeobachteten Umgebungsfreiheitsgraden E eine reduzierte Dichtematrix der Form



Die Summe läuft dabei über die durch Einselection ausgezeichneten stabilen, wechselweise nicht mehr interferenzfähigen Komponenten entsprechend der klassisch beobachteten Messergebnisse m.

D.h. die Dekohärenz liefert, sofern man die Dynamik lösen kann, eine quantenmechanische Beschreibung des Messprozesses, insbs.
1. eine speziell ausgezeichnete Basis bzgl. derer diese Komponenten vorliegen,
2. d.h. die klassisch beobachteten Zweige
3. die Messergebnisse und ihre statistischen Gewichte

Die Dekohärenz liefert jedoch nicht einen einzigen Zweig, sondern diese dekohärente Überlagerung aller möglichen Zweige; sie erklärt also, warum wir nur einen beobachteten können, jedoch nicht, ob oder warum die nicht-beobachteten Zweige verschwinden.

Die Dekohärenz legt nahe, sowohl auf das ohnehin problematische Kollaps-Postulat zu verzichten, als auch die Bornsche Regel eher als Konsequenz des Formalismus denn als Postulat zu betrachten. Sie löst jedoch nicht das Messproblem, insofern sie nicht erklärt, wieso wir aus allen möglichen immer nur genau ein Messergebnis beobachten. Damit bleibt weiterhin Spielraum für Interpretationen – Many Worlds, Consistent Histories … thermal Interpretation …

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Johan
Gast





Beitrag Johan Verfasst am: 18. Feb 2024 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Danke schonmal, das war sehr hilfreich!

TomS hat Folgendes geschrieben:

als auch die Bornsche Regel eher als Konsequenz des Formalismus denn als Postulat zu betrachten.


Konsequenz von des Deköhernz-Formalismuses oder allg. des qm. Formalismuses a la Gleason?

Ich hatte mich insbesondere gefragt, ob Deköheranz die oft popular-wissenschaftlich diskutierte Rolle des "Beobachters" redundant macht. Aber dies scheint ja nicht wirklich der Fall zu sein, wenn weiterhin ein gewisser Sprung zwischen "was los ist bis wir nachgucken" (Überlagerte Zweige) zu "was wir dann sehen" (ein Zweige) im Formalismus besteht. Insbesondere Delayed-Choice Experimente zeigen ja, dass dieser Sprung nicht einfach durch banale Statistik gelöst werden kann.
Wie ist dazu eigentlich die Auffassung der modernen QM? Sieht man das als informations-theoretisches Problem an, in dem Sinne, dass es einen "informations-verarbeitbaren Akteur" geben muss oder wo sieht/vermutet man die Grenze zwischen ungemessenen System und quantenm. Messprozess?

Danke nochmal.
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