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Zeitverlauf im Schwarzen Loch
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Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
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Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 25. Jul 2022 07:00    Titel: Zeitverlauf im Schwarzen Loch Antworten mit Zitat

Hallo,

ich behaupte, daß es im Schwarzen Loch überhaupt keine Singularität gibt/geben kann weil die Zeit dafür nicht ausreicht. Je tiefer ein Beobachter hineinfällt, desto langsamer schreitet die Zeit voran. Kurz bevor er den Mittelpunkt erreicht, ist das SL bereits verdampft. Man könnte es einem 'swing-by'-Manöver vergleichen, der Ereignis-Horizont selbst wird durch die kumulierte Masse der einfallenden Materie/Energie gebildet. Diese ist nur "quasi-unendlich" (Dichte) aber nicht real unendlich. Der Mittelpunkt des SL ist leer & zeitlos, wobei hier die höchste Gravitation herrscht.

Welche Argumente stehen dieser Theorie entgegen?
TomS
Moderator


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Beiträge: 18079

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Jul 2022 08:14    Titel: Re: Zeitverlauf im Schwarzen Loch Antworten mit Zitat

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Welche Argumente stehen dieser Theorie entgegen?

Den steht entgegen, dass man explizit ausrechnen kann, dass die Behauptungen
Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
je tiefer ein Beobachter hineinfällt, desto langsamer schreitet die Zeit voran. Kurz bevor er den Mittelpunkt erreicht, ist das SL bereits verdampft.

falsch ist.

Siehe z.B. Kapitel 26 hier: http://www.blau.itp.unibe.ch/newlecturesGR.pdf#page563

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 25. Jul 2022 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für den Link, wow da steht eine Menge darin.
Irgendwie bin ich vorher gedanklich auf dem Schlauch gestanden, im Prinzip müsste es sich ja gleich verhalten als außerhalb dem SL, dort wirkt die Gravitation ja genauso auf Zeit & Raum

Ich kann mich nur nicht mit dem "Singularitätsbegriff" abfinden. Es erscheint fehlerhaft, und eine Manifestation einer Rechnung.

Woher will man wissen, daß es wirklich so ist - wurde das experimentell bewiesen? (z.B. im Teilchenbeschleuniger?)

Ist es denkbar, daß sich Energie nicht unendlich komprimieren lässt, aufgrund von nicht-beobachtbaren Eigenschaften, welche erst jenseits der Plank-Skala in Erscheinung treten?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18079

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Jul 2022 16:43    Titel: Antworten mit Zitat

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Ich kann mich nur nicht mit dem "Singularitätsbegriff" abfinden. Es erscheint fehlerhaft, und eine Manifestation einer Rechnung.

Es ist ein mathematisch exakter Beweis.

https://en.wikipedia.org/wiki/Penrose%E2%80%93Hawking_singularity_theorems
https://www.nobelprize.org/prizes/physics/2020/penrose/facts/

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Woher will man wissen, daß es wirklich so ist - wurde das experimentell bewiesen? (z.B. im Teilchenbeschleuniger?)

Nein, das ist natürlich praktisch unmöglich; und es ist sicher ein Problem, wenn theoretische Vorhersagen nicht experimentell überprüfbar sind.

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Ist es denkbar, daß sich Energie nicht unendlich komprimieren lässt, aufgrund von nicht-beobachtbaren Eigenschaften, welche erst jenseits der Plank-Skala in Erscheinung treten?

Natürlich ist das denkbar, und es wird im Rahmen einiger Ansätze zur Quantengravitation untersucht.

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DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 25. Jul 2022 18:33    Titel: Re: Zeitverlauf im Schwarzen Loch Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Siehe z.B. Kapitel 26 hier: http://www.blau.itp.unibe.ch/newlecturesGR.pdf#page563


Wen ich das richtig sehe, dann wird da die Schwarzschildmetrik verwendet. Ist das bei einem verdampfenden Schwarzen Loch zulässig?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18079

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Jul 2022 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Im Außenraum wäre die Vaidya-Metric zu verwenden. Eine Änderung im Innenraum sollte jedoch nicht notwendig sein, da die Hawkingstrahlung ausschließlich ein Effekt der Geometrie des Außenraumes ist.
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Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. Jul 2022 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Außenraum wäre die Vaidya-Metric zu verwenden. Eine Änderung im Innenraum sollte jedoch nicht notwendig sein, da die Hawkingstrahlung ausschließlich ein Effekt der Geometrie des Außenraumes ist.


Die Hawkingtrahlung führt insofern zu einer Änderung des Innenraums, dass dieser immer kleiner wird und irgendwann komplett verschwindet. Die Frage ist, ob der frei fallende Beobachter die Singlularität erreicht, bevor das passiert. Du sagt, das würde Berechnungen widersprechen, verweist dazu aber auf eine Quelle, in der die Verdampfung gar nicht berücksichtigt wird.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 26. Jul 2022 13:21    Titel: Antworten mit Zitat

Die klassischen Rechnungen zur Hawkingstrahlung benutzen eine Schwarzschildmetrik als Hintergrund; angefangen bei Hawking selbst in Particle Creation by Black Holes, Commun. Math. Phys. 43 (1975)

Natürlich weiß man letztlich nicht, ob das zulässig ist. Aber dabei geht es weniger um die korrekte Wahl der Hintergrundmetrik, als das größtenteils fehlende Verständnis der Rückwirkung der Strahlung auf die Metrik.

Davon abgesehen, d.h. berechnet man die Verdampfungsrate auf Basis des Energiestroms in weiter Entfernung vom Horizont, sieht es aber so aus als würden die meisten Schwarzen Löcher (außer sehr kleine) genügend langsam verdampfen, so daß einfallende Körper bequem die Singularität erreichen könnten.

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It is just this lack of connection to a concern with truth -- this indifference to how things really are -- that I regard as of the essence of bullshit. -- Harry G. Frankfurt


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 26. Jul 2022 13:46, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


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Beiträge: 18079

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Jul 2022 13:41    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Außenraum wäre die Vaidya-Metric zu verwenden. Eine Änderung im Innenraum sollte jedoch nicht notwendig sein, da die Hawkingstrahlung ausschließlich ein Effekt der Geometrie des Außenraumes ist.

Die Hawkingstrahlung führt insofern zu einer Änderung des Innenraums, dass dieser immer kleiner wird und irgendwann komplett verschwindet. Die Frage ist, ob der frei fallende Beobachter die Singlularität erreicht, bevor das passiert. Du sagt, das würde Berechnungen widersprechen, verweist dazu aber auf eine Quelle, in der die Verdampfung gar nicht berücksichtigt wird.

Nein, das ist ein Missverständnis.

Bereits Hawking hat in seiner Originalarbeit die adiabatische Näherung einer schwach zeitabhängigen Masse M(t) und damit einer Familie von Schwarzschild-Geometrien betrachtet. Dies beinhaltet also durchaus die Rückwirkung des Verdampfens auf das SL selbst.

Wenn aus Sicht der Außenraumlösung für eine sphärisch-symmetrische Massenverteilung



gilt, dann schrumpft auch der Innenraum.

Das einzige, was dabei vernachlässigt wird, ist die Rückwirkung der exotischen Energie-Impuls-Dichte der ins SL fallenden Hawkingstrahlung auf die Metrik über das o.g. Schrumpfen hinaus; konkret wäre die Innenraumlösung des SLs keine Schwarzschild-Vakuum-Lösung; ich kenne dazu keine Berechnungen.

Nun verhält es sich jedoch so, dass dieser Effekt für makroskopische schwarze Löcher klein ist im Vergleich zu gewöhnlicher Materie, die ins SL fällt. Ich sehe also nicht, dass dieser Effekt etwas am generellen Bild ändert, dass ein makroskopisches SL langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist, während der frei fallende Beobachter die Singularität innerhalb weniger Minuten erreicht. Mir ist nicht bekannt, dass es an diesen semi-quantitativen Argumenten grundlegende Zweifel gäbe.

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Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 26. Jul 2022 20:35    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe also nicht, dass dieser Effekt etwas am generellen Bild ändert, dass ein makroskopisches SL langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist, während der frei fallende Beobachter die Singularität innerhalb weniger Minuten erreicht.


Bist Du sicher, dass die Zeitangaben für denselben Beobachter gelten? Es ist klar, dass das SL für einen außenstehenden Beobachter langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist. Es ist auch unstrittig, dass der frei fallende Beobachter die Singularität in seiner Eigenzeit innerhalb weniger Minuten erreicht (wenn das SL so lange existiert). Aber gibt es auch Berechnungen zur Lebensdauer des SL aus Sicht des frei fallenden Beobachters?
Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 26. Jul 2022 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Wäre es möglich die Beziehung zur Eigenzeit des frei-fallenden Beobachters zur zurückgelegten Wegstreckte, oder meinetwegen dem Ausmaß seiner Beschleunigungsänderung, in einem Diagramm darzustellen, je nachdem wie nah resp. fern er dem Ereignißhorizont kommt, diesen überschreitet und dann das Zentrum erreicht.

Den Weg könnte man entweder linear (als ob von außen betrachtet) oder geodätisch eichen?

Was für eine Art von Darstellung / Linienführung ergäbe sich?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18079

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jul 2022 09:08    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe also nicht, dass dieser Effekt etwas am generellen Bild ändert, dass ein makroskopisches SL langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist, während der frei fallende Beobachter die Singularität innerhalb weniger Minuten erreicht.


Bist Du sicher, dass die Zeitangaben für denselben Beobachter gelten? Es ist klar, dass das SL für einen außenstehenden Beobachter langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist. Es ist auch unstrittig, dass der frei fallende Beobachter die Singularität in seiner Eigenzeit innerhalb weniger Minuten erreicht (wenn das SL so lange existiert). Aber gibt es auch Berechnungen zur Lebensdauer des SL aus Sicht des frei fallenden Beobachters?

Es gibt Lösungen in nicht-singulären Koordinaten; ich sehe nicht, dass es da Anzeichen gäbe, dass das SL sozusagen schneller schrumpft als der Beobachter fällt.

Darüberhinaus steckt in der Frage und in meiner Antwort evtl. noch ein weiterer Denkfehler:

Zitat:
Ich behaupte, daß es im Schwarzen Loch überhaupt keine Singularität gibt/geben kann weil die Zeit dafür nicht ausreicht. Je tiefer ein Beobachter hineinfällt, desto langsamer schreitet die Zeit voran. Kurz bevor er den Mittelpunkt erreicht, ist das SL bereits verdampft.

Zunächst mal ist die Existenz einer Singularität unabhängig von einem Beobachter und dessen Zeit, bzw. der Zeit, die ein weiterer Beobachter diesem frei fallenden Beobachter zuschreibt. Evtl. ist das ein einfacher Denkfehler. Ein im Zuge des Kollapses frei fallender Beobachter fällt exakt mit der kollabierenden = frei fallenden Materie in die zentrale Singularität.

Zum zweiten hängt das "Verdampfen" an der Existenz eines Horizontes, nicht an der Existenz einer Singularität. Die Ausbildung der Singularität ist klassisch unter bestimmten Bedingungen unausweichlich (Hawking-Penrose-Theoreme).

Im Zuge des Kollapses bildet sich ein Horizont, noch "bevor" sich eine Singularität bildet (siehe Bild). Damit setzt auch das Verdampfen bereits "vorher" ein. Ein Ausweg wäre nun, dass durch die Ausbildung des Horizontes und das dadurch bedingte Verdampfen und die Rückwirkung auf die Raumzeit so stark wäre, dass es eben gar nicht zur Ausbildung eines Horizontes kommt (was an die Stelle der Singularität tritt, sei mal dahingestellt). Ich denke nicht, dass es dazu realistische Berechnungen gibt, die dieses Szenario untermauern (obwohl evtl. Hawkings letztes Paper irgendwie in diese Richtung zu gehen scheint). Ich denke auch nicht, dass dies im Rahmen einer semiklassischen Näherung überhaupt möglich ist, denn wenn, dann müsste bereits die Entstehung des Horizontes verhindert werden - und genau das entzieht sich der semiklassischen Näherung.

Ist ein Horizont erst mal entstanden, hängt das Verdampfen gemäß der semiklassischen Näherung ausschließlich von der bereits eingefallenen Materie ab, das Wachsen jedoch von der noch weiter einfallenden Materie. Nun hält uns jedoch niemand davon ab, dass wir die Rate der einfallenden Materie geeignet erhöhen, d.h.



D.h. für genügend massive SLs bzw. genügend viel einfallende Materie wird die Masse des SLs zunehmen; damit kann man m.E. in der semiklassischen Näherung recht einfach einsehen, dass das Entstehen von SLs nicht prinzipiell vermieden werden kann.

Nach allem, was ich lese, geben auch verbesserte Metriken nicht wirklich mehr her, weil sie immer am selben Problem kranken: die Masse M(t) liefert eine instantane und demnach letztlich unphysikalische Änderung der Raumzeit. Ich weiß nicht, ob darüber hinaus Ergebnisse vorliegen.


https://arxiv.org/abs/gr-qc/0506126
Formation and evaporation of non-singular black holes
Sean A. Hayward
Regular (non-singular) space-times are given which describe the formation of a (locally defined) black hole from an initial vacuum region, its quiescence as a static region, and its subsequent evaporation to a vacuum region. The static region is Bardeen-like, supported by finite density and pressures, vanishing rapidly at large radius and behaving as a cosmological constant at small radius. The dynamic regions are Vaidya-like, with ingoing radiation of positive energy flux during collapse and negative energy flux during evaporation, the latter balanced by outgoing radiation of positive energy flux and a surface pressure at a pair creation surface. The black hole consists of a compact space-time region of trapped surfaces, with inner and outer boundaries which join circularly as a single smooth trapping horizon.

https://arxiv.org/abs/2103.08340v3
The Vaidya metric: expected and unexpected traits of evaporating black holes
Julius Piesnack, Klaus Kassner
The ingoing Vaidya metric is introduced as a model for a non-rotating uncharged black hole emitting Hawking radiation. This metric is expected to capture the physics of the spacetime for radial coordinates up to a small multiple (>1) of the Schwarzschild radius. For larger radii, it will give an excellent approximation to the spacetime geometry in the case of astrophysical black holes $(M\ge M_{\astrosun})$, except at extremely large distances from the horizon (exceeding the cosmic particle horizon). In the classroom, the model may serve as a first exploration of non-stationary gravitational fields. Several interesting predictions are developed. First, particles dropped early enough before complete evaporation of the black hole cross its horizon as easily as with an eternal black hole. Second, the Schwarzschild radius takes on the properties of an apparent horizon, and the true event horizon of the black hole is \emph{inside} of it, because light can escape from the shrinking apparent horizon. Third, a particle released from rest close enough to the apparent horizon is strongly repelled and may escape to infinity. An interpretation is given, demonstrating that such a particle would be able to compete, for a short time, in a race with a photon.



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Oppenheimer-Snyder collapse

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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 09:35    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe also nicht, dass dieser Effekt etwas am generellen Bild ändert, dass ein makroskopisches SL langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist, während der frei fallende Beobachter die Singularität innerhalb weniger Minuten erreicht.


Bist Du sicher, dass die Zeitangaben für denselben Beobachter gelten? Es ist klar, dass das SL für einen außenstehenden Beobachter langlebig auf kosmologischen Zeitskalen ist. Es ist auch unstrittig, dass der frei fallende Beobachter die Singularität in seiner Eigenzeit innerhalb weniger Minuten erreicht (wenn das SL so lange existiert). Aber gibt es auch Berechnungen zur Lebensdauer des SL aus Sicht des frei fallenden Beobachters?

Es gibt Lösungen in nicht-singulären Koordinaten; ich sehe nicht, dass es da Anzeichen gäbe, dass das SL sozusagen schneller schrumpft als der Beobachter fällt.


Was soll es überhaupt bedeuten, daß das Schwarze Loch "schneller" schrumpft, als "der" Beobachter reinfällt? Und welcher Beobachter eigentlich? Sobald sich im Verlauf des Kollaps irgendwo in der Raumzeit eine Singularität bildet, gibt es auch irgendwelche Beobachter die hineinfallen. Es spielt gar keine Rolle wie lange sie gefallen sind oder in welcher Eigenzeit man die Lebensdauer des Schwarzen Lochs mißt.

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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jul 2022 10:47    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was soll es überhaupt bedeuten, daß das Schwarze Loch "schneller" schrumpft, als "der" Beobachter reinfällt?

Es existiert ein Ereignishorizont; in nicht-singulären Koordinaten liege dieser bei irgendeiner Koordinate R. In der von Hawking verwendeten adiabatischen Näherung würde man eine Familie von Raumzeiten betrachten, die sich durch den Massenparameter M unterscheiden, d.h. man erhält M(t) und R(t) für eine zeitartige Koordinate t.

Außerdem betrachtet man einen frei fallende Beobachter mit einer Geodäten r(t). Dabei wäre die Geodäte wohl ebenfalls in der adiabatischen Näherung zu berechnen; das habe ich mir noch nicht angesehen, aber nur so macht der Vergleich überhaupt Sinn.

Dann bedeutet "dass das Schwarze Loch schneller schrumpft, als der Beobachter reinfällt" im wesentlichen





und



index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und welcher Beobachter eigentlich?

Irgendein Beobachter, also irgendeine zeitartige Weltlinie. Oder eine Familie zeitartiger Weltlinien. Wahrscheinlich sollte man sich nicht auf Geodäten beschränken.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und welcher Beobachter eigentlich?

Irgendein Beobachter, also irgendeine zeitartige Weltlinie. Oder eine Familie zeitartiger Weltlinien. Wahrscheinlich sollte man sich nicht auf Geodäten beschränken.


Worauf ich hinauswollte:

Wenn das Schwarze Loch komplett verdampft, gibt es zwar mit Sicherheit Beobachter, die an der Singularität "vorbeifallen" (also nicht räumlich, sondern einfach zu spät ankommen). Da muß man nicht viel definieren oder ausrechnen. Es folgt einfach aus der Tatsache, daß es einen Bereich der Raumzeit gibt ohne irgendeine Singularität in irgendeinem Zukunftslichtkegel. Aus diesem Bereich kannst du zeitartige Weltlinien beliebig weit in die Vergangenheit fortsetzen. Einige davon haben , und keine davon landet trivialerweise in der Singularität. Diese Beobachter erreichen, soweit ich sehe, auch nie den Horizont (egal bei welchen Koordinaten der Horizont liegt). Umgekehrt landen alle Beobachter, die den Horizont erreichen, anscheinend in der Singularität. Deswegen u.a. erscheint mir deine Bedingung für "zu schnelles Schrumpfen" nicht sinnvoll. (Oder zumindest gibt es auf dem Schwarzschildhintergrund mit kompletter Zerstrahlung keine Beobachter, die dein Kriterium erfüllen. In anderen Metriken kann das anders sein.)

Jedenfalls gibt es aber ebenso mit Sicherheit Beobachter (also zeitartige Weltlinien), die in die Singularität fallen. Und es ist völlig egal wie lange sie gefallen sind oder wie lange das Schwarze Loch aus Sicht dieser Beobachter existiert hat.

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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jul 2022 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn das Schwarze Loch komplett verdampft, gibt es zwar mit Sicherheit Beobachter, die an der Singularität "vorbeifallen" (also nicht räumlich, sondern einfach zu spät ankommen). Da muß man nicht viel definieren oder ausrechnen. Es folgt einfach aus der Tatsache, daß es einen Bereich der Raumzeit gibt ohne irgendeine Singularität in irgendeinem Zukunftslichtkegel.

Klar.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aus diesem Bereich kannst du zeitartige Weltlinien beliebig weit in die Vergangenheit fortsetzen. Einige davon haben , und keine davon landet trivialerweise in der Singularität. Diese Beobachter erreichen, soweit ich sehe, auch nie den Horizont (egal bei welchen Koordinaten der Horizont liegt).

Auch klar.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Umgekehrt landen alle Beobachter, die den Horizont erreichen, anscheinend in der Singularität. Deswegen u.a. erscheint mir deine Bedingung für "zu schnelles Schrumpfen" nicht sinnvoll. (Oder zumindest gibt es auf dem Schwarzschildhintergrund mit kompletter Zerstrahlung keine Beobachter, die dein Kriterium erfüllen. In anderen Metriken kann das anders sein.)

Nicht klar ;-)

Das erste Problem ist, dass es nicht um "den" Schwarzschildhintergrund geht, sondern um eine Familie von Schwarzschildhintergründen als adiabatischer Näherung für einen echt zeitabhängigen Hintergrund. Das führt möglicherweise zu Artefakten.

Das zweite Problem ist - wie mir gerade auffällt - dass zumindest mein Sprachgebrauch unpräzise bis falsch war. Wenn sich auf einer unendlichen Raumzeit ein frei fallender Beobachter innerhalb eines Ereignishorizontes befindet, dann kann er diesem Ereignishorizontes nicht entkommen, einfach weil das Definition des Ereignishorizontes ist ;-)

Ich denke, ich muss das mal konkret durchrechnen; nur drüber reden reicht nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls gibt es aber ebenso mit Sicherheit Beobachter (also zeitartige Weltlinien), die in die Singularität fallen. Und es ist völlig egal wie lange sie gefallen sind oder wie lange das Schwarze Loch aus Sicht dieser Beobachter existiert hat.

Betrachte doch einfach mal das Innere des Ereignishorizontes der Schwarzschildmetrik für die zentrale Masse M und löse die Geodätengleichung für den freien Fall.

1) Nun betrachte die adiabatische Näherung Hawkings mit abnehmender Masse M(t). Für schwache Zeitabhängigkeit ist die adiabatische Näherung weiterhin sinnvoll, d.h.



Für die Dauer des Sturzes ins Zentrum gilt



Die Frage ist nun, ob es "vernünftige" Geometrien gibt, für die keine Singularität mehr vorliegt, wenn der Beobachter die Radialkoordinate r = 0 erreicht.

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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Umgekehrt landen alle Beobachter, die den Horizont erreichen, anscheinend in der Singularität. Deswegen u.a. erscheint mir deine Bedingung für "zu schnelles Schrumpfen" nicht sinnvoll. (Oder zumindest gibt es auf dem Schwarzschildhintergrund mit kompletter Zerstrahlung keine Beobachter, die dein Kriterium erfüllen. In anderen Metriken kann das anders sein.)

Nicht klar ;-)


Ich beschreibe nur die kausale Struktur des konformen Diagramms in Fig. 5 aus Hawking, Commun. Math. Phys. 43 (1975). Das bezieht sich genau auf die Folge von Schwarzschildmetriken mit quasistationärer Massenänderung, von der du redest. (siehe auch Wald, General Relativity, Kapitel 14.3, Fig. 14.4)

Natürlich ist das nicht der Weisheit letzter Schluß. Wenn man genügend nachbohrt, bleiben wahrscheinlich an jeder Stelle in dem Zerstrahlungsszenario Löcher (Wortspiel nicht beabsichtigt). Und inzwischen wurden wohl auch ein paar alternative Szenarien diskutiert. Wieviel die ändern, weiß ich nicht. Aber welches davon näher an der Wahrheit liegt, dürfte für uns ohnehin unentscheidbar sein.

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls gibt es aber ebenso mit Sicherheit Beobachter (also zeitartige Weltlinien), die in die Singularität fallen. Und es ist völlig egal wie lange sie gefallen sind oder wie lange das Schwarze Loch aus Sicht dieser Beobachter existiert hat.

Betrachte doch einfach mal das Innere des Ereignishorizontes der Schwarzschildmetrik für die zentrale Masse M und löse die Geodätengleichung für den freien Fall.

[...]

Die Frage ist nun, ob es "vernünftige" Geometrien gibt, für die keine Singularität mehr vorliegt, wenn der Beobachter die Radialkoordinate r = 0 erreicht.



Wenn Fig. 5 aus Hawkings Artikel das Szenario einigermaßen korrekt wiedergibt, dann erscheint mir relativ offensichtlich, daß es bei kompletter Zerstrahlung Beobachter gibt, die bei r=0 keine Singularität mehr antreffen und daß es andere Beobachter gibt, die in die Singularität fallen. Und genau die, die in die Singularität fallen, überqueren vorher den Horizont. (Abgesehen höchstens von denen, die auf die nackte Singularität im Ereignis der kompletten Zerstahlung treffen. Aber an der Stelle befindet sich sowieso nur ein großes Fragezeichen.) Wenn du Zweifel an dem Diagramm hast, müßten wir erstmal genauer definieren, welche Kausalstruktur du stattdessen zugrundelegen willst.

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DrStupid



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Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sobald sich im Verlauf des Kollaps irgendwo in der Raumzeit eine Singularität bildet


Aber genau das wird doch oben in Frage gestellt. Wenn man diese Behauptung widerlegen will, dann darf man nicht einfach vom Gegenteil ausgehen, sondern man muss zeigen, dass das Gegenteil gilt.

Wenn ich Kassiopeija richtig verstehe, dann basiert die Idee auf einer in der sich bildenden Sigularität gegen unendlich gehende gravitativen Zeitdilatation. Zumindest weiß ich nicht, wie man die langsamer voranschreitende Zeit sonst interpretieren soll. Das läuft auf die Sicht eines außenstehenden Beobachters hinaus. Das ist bei einem Schwarzen Loch natürlich problematisch, weil so ein Beobachter nicht hinter den Ereignishorizont sehen kann (deshalb meine Frage nach der Sicht des frei fallenden Beobachters). Aber zumindest ist so nachvollziehbar, woher die Idee kommt, dass keine Zeit für die Bildung der Singularität bleibt. Die in der Eigenzeit eines frei fallenden Objektes endliche Dauer bis zum Erreichen der Singularität wird nach dieser Vorstellung für einen außenstehenden Beobachter ins Unendliche gedehnt, während die Lebensdauer des Schwarzen Loches endlich ist.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sobald sich im Verlauf des Kollaps irgendwo in der Raumzeit eine Singularität bildet


Aber genau das wird doch oben in Frage gestellt. Wenn man diese Behauptung widerlegen will, dann darf man nicht einfach vom Gegenteil ausgehen, sondern man muss zeigen, dass das Gegenteil gilt.


Du hast oben in Frage gestellt, ob der frei fallende Beobachter die Singularität erreicht, bevor das Schwarze Loch komplett zerstrahlt ist. Es ist sinnlos zu fragen ob irgendein Beobachter eine Singularität erreicht, die niemals existiert hat. Zur Zeit ist also nicht mal klar, von welchem Szenario du eigentlich sprichst. Im Standardszenario mit vollständiger Zerstrahlung entsteht ein Schwarzes Loch inklusive Singularität, die irgendwann wieder verschwindet. Diese Singularität kann von bestimmten Beobachtern erreicht werden, egal wer welche Lebenszeit des Schwarzen Lochs mißt.

Vielleicht ist es auch denkbar, daß lediglich ein Horizont entsteht ohne Singularität. (EDIT: laut Titel eines der Paper, die TomS oben zitiert, ist dies tatsächlich denkbar. EDIT2: Allerdings habe ich den starken Verdacht, daß sie unter "Schwarzem Loch" etwas völlig anderes verstehen, als es normalerweise der Fall ist. Es gibt dort anscheinend nicht mal einen Ereignishorizont.) In dem Fall wäre Hawking-Strahlung vermutlich immer noch möglich. Aber es hat hier m.E. noch niemand klar genug beschrieben, wie diese alternative Raumzeit überhaupt aussehen soll, um definitive Aussagen über Beobachter darin zu machen (geschweige denn, worauf sich überhaupt die Frage bezieht, wenn es gar keine Singularität gibt).


Zitat:

Wenn ich Kassiopeija richtig verstehe, dann basiert die Idee auf einer in der sich bildenden Sigularität gegen unendlich gehende gravitativen Zeitdilatation. Zumindest weiß ich nicht, wie man die langsamer voranschreitende Zeit sonst interpretieren soll. Das läuft auf die Sicht eines außenstehenden Beobachters hinaus. Das ist bei einem Schwarzen Loch natürlich problematisch, weil so ein Beobachter nicht hinter den Ereignishorizont sehen kann (deshalb meine Frage nach der Sicht des frei fallenden Beobachters). Aber zumindest ist so nachvollziehbar, woher die Idee kommt, dass keine Zeit für die Bildung der Singularität bleibt. Die in der Eigenzeit eines frei fallenden Objektes endliche Dauer bis zum Erreichen der Singularität wird nach dieser Vorstellung für einen außenstehenden Beobachter ins Unendliche gedehnt, während die Lebensdauer des Schwarzen Loches endlich ist.


Daran ist gar nichts nachvollziehbar. Wie TomS bereits festgestellt hat, hängt es nicht vom Beobachter ab, ob sich eine Singularität bildet. Genau so wenig hängt davon ab, ob irgendwelche zeitartigen Geodäten in diese Singularität laufen.

Ich glaube die Frage fällt letztlich in dieselbe Kategorie wie die, ob sich überhaupt je ein Schwarzes Loch bilden kann, wenn die Zeitdilatation relativ zum Horizont unendlich wird. Der Hintergrund für diese und ähnlich Fragen ist genau der, daß in die Koordinaten einer lokalen und unvollständigen Karte zuviel hineininterpretiert wird. Und die Lösung dieser Paradoxien erhält man am leichtesten, indem man sich die globale Struktur der Raumzeit ansieht, die die Information über alle relevanten Ereignisse und deren Kausalstruktur enthält. (Das ist in diesem Fall natürlich mit einer unvermeidbaren Unsicherheit verbunden, weil es überhaupt keine konsistente Theorie der Hawking-Strahlung gibt.)

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 18:58    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es ist sinnlos zu fragen ob irgendein Beobachter eine Singularität erreicht, die niemals existiert hat.


Wenn nicht einmal eine fertige Singularität erreichbar ist, dann kann sie sich auch nicht bilden. In dem Fall könnte man sich den Aufwand ersparen, den Kollaps mit zu betrachten. Aber wenn Du das tun willst, dann halte ich Dich nicht davon ab.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Im Standardszenario mit vollständiger Zerstrahlung entsteht ein Schwarzes Loch inklusive Singularität, die irgendwann wieder verschwindet.


Meinst Du mit "entsteht", dass man von einem fertigen Schwarzen Loch mit Singularität ausgeht oder gibt es komplette Berechungen eines Kollaps mit Hawkingstrahlung in denen irgendwann eine Singularität auftritt?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Diese Singularität kann von bestimmten Beobachtern erreicht werden, egal wer welche Lebenszeit des Schwarzen Lochs mißt.


Um genau solche Berechnungen geht es in meiner Frage. Gibt es die irgendwo?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht ist es auch denkbar, daß lediglich ein Horizont entsteht ohne Singularität. (EDIT: laut Titel eines der Paper, die TomS oben zitiert, ist dies tatsächlich denkbar.)


Das war die ursprüngliche Behauptung von Kassiopeija.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber es hat hier m.E. noch niemand klar genug beschrieben, wie diese alternative Raumzeit überhaupt aussehen soll, um definitive Aussagen über Beobachter darin zu machen (geschweige denn, worauf sich überhaupt die Frage bezieht, wenn es gar keine Singularität gibt).


Deshalb mein Versuch, die Sache zu vereinfachen, indem man von der Existenz der Singularität ausgeht und prüft, ob es Beobachter gibt, die sie erreichen bevor das Loch verdampft.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie TomS bereits festgestellt hat, hängt es nicht vom Beobachter ab, ob sich eine Singularität bildet. Genau so wenig hängt davon ab, ob irgendwelche zeitartigen Geodäten in diese Singularität laufen.


Da hier niemand etwas anderes behauptet hat, gehe ich von einem Missverständnis Deinerseits aus.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Und die Lösung dieser Paradoxien [...]


Hier geht es auch nicht um ein Paradoxon.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 19:09    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es ist sinnlos zu fragen ob irgendein Beobachter eine Singularität erreicht, die niemals existiert hat.


Wenn nicht einmal eine fertige Singularität erreichbar ist,



Wer behauptet sowas? Woraus schließt du das?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Im Standardszenario mit vollständiger Zerstrahlung entsteht ein Schwarzes Loch inklusive Singularität, die irgendwann wieder verschwindet.


Meinst Du mit "entsteht", dass man von einem fertigen Schwarzen Loch mit Singularität ausgeht oder gibt es komplette Berechungen eines Kollaps mit Hawkingstrahlung in denen irgendwann eine Singularität auftritt?


Es gibt keine "kompletten" Berechnungen irgendeiner Art mit Hawkingstrahlung. Man geht von irgendeiner klassischen Hintergrundmetrik aus und definiert darauf eine Quantenfeldtheorie. Hawkings ursprüngliche Rechnung verwendet die sphärische Metrik einer kollabierenden Massenverteilung. In dieser Raumzeit gibt es eine Singularität. Aus dem Energiestrom des Quantenfeldes schließt man dann, daß die Masse des Schwarzen Lochs abnimmt und in der Folge vermutlich die Singularität wieder verschwindet.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Diese Singularität kann von bestimmten Beobachtern erreicht werden, egal wer welche Lebenszeit des Schwarzen Lochs mißt.


Um genau solche Berechnungen geht es in meiner Frage. Gibt es die irgendwo?


Das kann man aus Fig. 5 in Hawkings Paper ablesen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht ist es auch denkbar, daß lediglich ein Horizont entsteht ohne Singularität. (EDIT: laut Titel eines der Paper, die TomS oben zitiert, ist dies tatsächlich denkbar.)


Das war die ursprüngliche Behauptung von Kassiopeija.


Das bezweifle ich. In der ursprünglichen Frage ist von einem Schwarzen Loch mit Ereignishorizont die Rede. Das hat mit dem Paper m.E. nicht viel zu tun. (Der Titel ist m.E. etwas irreführend.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber es hat hier m.E. noch niemand klar genug beschrieben, wie diese alternative Raumzeit überhaupt aussehen soll, um definitive Aussagen über Beobachter darin zu machen (geschweige denn, worauf sich überhaupt die Frage bezieht, wenn es gar keine Singularität gibt).


Deshalb mein Versuch, die Sache zu vereinfachen, indem man von der Existenz der Singularität ausgeht und prüft, ob es Beobachter gibt, die sie erreichen bevor das Loch verdampft.


Ja, die gibt es im Szenario von Hawking.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn nicht einmal eine fertige Singularität erreichbar ist,


Wer behauptet sowas? Woraus schließt du das?


Kann es sein, dass Du das Wort "wenn" übersehen hast?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Hawkings ursprüngliche Rechnung verwendet die sphärische Metrik einer kollabierenden Massenverteilung. In dieser Raumzeit gibt es eine Singularität.


In diesem Rahmen wäre Kassiopeijas Behauptung also vom Tisch.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn nicht einmal eine fertige Singularität erreichbar ist,


Wer behauptet sowas? Woraus schließt du das?


Kann es sein, dass Du das Wort "wenn" übersehen hast?


Nein, aber die Aussage unmittelbar hinter dem "Wenn" ist falsch. Damit ist der komplette "Wenn-Dann"-Satz uninteressant. "Wenn der Mond aus Käse ist..."

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 19:29    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein [...]


Dann sind Deine Fragen gegenstandslos.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 19:30    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein [...]


Dann sind Deine Fragen gegenstandslos.


Ich ging davon aus, daß du sie eventuell für wahr hältst.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 19:31    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Hawkings ursprüngliche Rechnung verwendet die sphärische Metrik einer kollabierenden Massenverteilung. In dieser Raumzeit gibt es eine Singularität.


In diesem Rahmen wäre Kassiopeijas Behauptung also vom Tisch.


Die ursprüngliche Behauptung war, daß die Singularität nicht existiert, weil die "Zeit dafür nicht ausreicht". Ich glaube das ist in keinem Szenario eine sinnvolle Aussage.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich ging davon aus, daß du sie eventuell für wahr hältst.


Ja, eventuell. Ich habe aber weder behauptet, dass es so ist, noch habe ich es aus irgend etwas geschlossen. Ich konnte es einfach nur nicht ausschließen.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich ging davon aus, daß du sie eventuell für wahr hältst.


Ja, eventuell. Ich habe aber weder behauptet, dass es so ist, noch habe ich es aus irgend etwas geschlossen. Ich konnte es einfach nur nicht ausschließen.


Das zeigt, daß du meine Frage hättest ernster nehmen sollen, anstatt sie als "gegenstandslos" abzutun. Eine Singularität ist praktisch darüber definiert, daß es nicht fortsetzbare Geodäten gibt, die sie nach einem endlichen Intervall ihres affinen Parameters erreichen. Es ist zwar möglich, daß es Singularitäten gibt, die von keiner zeitartigen Geodäte erreicht werden können. Aber das scheint ein etwas exotischer Fall zu sein, der kaum etwas mit dieser Diskussion zu tun hat.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine Singularität ist praktisch darüber definiert, daß es nicht fortsetzbare Geodäten gibt, die sie nach einem endlichen Intervall ihres affinen Parameters erreichen.


Singularitäten sind dadurch definiert, dass irgend eine Größe unendlich wird (bzw. nicht definiert ist).
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine Singularität ist praktisch darüber definiert, daß es nicht fortsetzbare Geodäten gibt, die sie nach einem endlichen Intervall ihres affinen Parameters erreichen.


Singularitäten sind dadurch definiert, dass irgend eine Größe unendlich wird (bzw. nicht definiert ist).


Das ist keine rigorose Definition. Aber wenn du willst, betrachte meine Aussage als "notwendige Eigenschaft" einer Singularität. Das reicht für's erste. Ansonsten mach dich gern anderweitig schlau. Ich empfehle Wald, Kapitel 8 und 9.

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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jul 2022 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, wir sind uns einig, dass man die ursprüngliche Frage präzisieren muss.

Einige Vermutungen kann man sicher sofort ausschließen, insbs. 1) die Idee, dass „die Zeit aufgrund der Zeitdilatation nicht ausreicht“; da der Oppenheimer-Snyder-Kollaps in endlicher Eigenzeit des kollabierenden Staubes stattfindet, erreicht ein mit dem Staub frei fallender Beobachter in der selben endlichen Eigenzeit die sich bildende Singularität, d.h. Zeitdilatation spielt überhaupt keine Rolle.

Als zweites könnte man diskutieren, ob ein „Kollaps“ denkbar ist, so dass der Masseverlust durch Strahlung 2) die Bildung einer Singularität vollständig verhindert oder ob 3) diese nach endlicher Zeit wieder verschwindet.

(3) ist nach Hawking der Fall, (2) entspräche wohl am ehesten der ursprünglichen Idee.

Die Existenz der Singularität und des Horizont sind nicht unabhängig. Beide folgen zunächst mittels rein klassischer Berechnungen; letzteren benötigt man im genannten Szenario, damit überhaupt Strahlung auftreten kann. Wenn jedoch Strahlung auftritt, folgert man mittels Hawkings semiklassischer Überlegung, dass die Masse und daher der Horizont schrumpfen; eine explizite Rechnung, in der sich der Kollaps und Strahlung zeitlich überlagern, kenne ich nicht, evtl. gibt das jedoch die Vaidya-Metrik her. Hawkings Rechnung ist für die letzte Phase des Zerstrahlens mit (hypothetischem) Verschwinden der Singularität sicher nicht anwendbar, d.h. selbst wenn es ein derartiges Modell gäbe, würde man es jenseits seiner Gültigkeitsgrenzen anwenden.

Ich denke mal laut …

Zulässig wäre der Kollaps einer Staubschale genügend großer Ausdehnung. Damit folgt die Ausbildung eines Horizontes, sobald die Schale ihren eigenen Schwarzschildradius unterschreitet; die Bildung der Singularität erfolgt jedoch später. Der Außenraum des Horizontes und dessen Ausdehnung ist statisch. Die semiklassische Näherung wäre anwendbar, und man erhielte mittels der adiabatischen Näherung die Rückwirkung des Verdampfens auf die Raumzeit, d.h. das Schrumpfen des Horizontes direkt nach dem Eintreten der Staubschale in den selben. Aus Sicht eines außerhalb der Staubschale befindlichen Beobachters liegt eine Schwarzschild-Geometrie mit zeitabhängigem Massenparameter M(t) vor, d.h. die Masse der weiter kollabierenden Staubschale muss abnehmen. Im Inneren gilt die flache Minkowski-Geometrie.

Bis hierher irgendwelche Kommentare?

Ich sehe nicht, wie ich aus dem Außenraum und M(t) die Zeitabhängigkeit im Innenraum das heißt M(t*) erhalte, da aufgrund der Koordinatensingularität t nicht nach t* fortsetzbar ist; Schwarzschildkoordinaten sind also nutzlos.

Eine explizite Massenabhängigkeit M(t) verletzt die Energieerhaltung, d.h. man muss die Strahlung mit betrachten. Evtl. erfordert dies wiederum die Verwendung der Vaydia-Metrik.

Klingt die Idee sinvoll?

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber wenn du willst, betrachte meine Aussage als "notwendige Eigenschaft" einer Singularität.


Beim klassischen radialen Zweikörperproblem gibt es auch Singularitäten, aber keine nicht fortsetzbaren Geodäten.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Jul 2022 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber wenn du willst, betrachte meine Aussage als "notwendige Eigenschaft" einer Singularität.


Beim klassischen radialen Zweikörperproblem gibt es auch Singularitäten, aber keine nicht fortsetzbaren Geodäten.


Woraus du schließen kannst, daß diese Singularitäten rein gar nichts mit dem Thema zu tun haben, um das es hier geht. Lies Wald Kapitel 9.

P.S. Oder als Einstieg in das Thema vielleicht besser geeignet: dieser Artikel auf Einstein Online.

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Zuletzt bearbeitet von index_razor am 28. Jul 2022 08:12, insgesamt 2-mal bearbeitet
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 27. Jul 2022 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Klingt die Idee sinvoll?


Ja. Es ist zwar nur ein Spezialfall, aber irgendwie muss man das Ganze ja vereinfachen.
Kassiopeija



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Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 28. Jul 2022 11:19    Titel: Antworten mit Zitat

Könnte bitte jemand eine Aussage treffen über die extremen Zustände, welche die Energie/Materie erfährt, welche bereits den Ereignishorizont überschritten hat und nur noch wenig Distanz zum Zentrum hat? Wie verhält es sich mit der Relation der Beschleunigung zur Zeit-Dilatation?

Ja, Dr.Stupid hast mich richtig gedeutet, es tut mir leid wenn ich die Begrifflichkeiten falsch verwende, bin auch nicht studiert darin.

Der gedankliche Ansatz soll die problematische Singalität vermeiden, und im Inneren eines SL eine zentrale hohle Sphäre ultradichter, quasi in der Zeitdilatation feststehender Energie definieren. In der Zeit feststehend in Relation zum Zeitverlauf des Ereignishorizonts. Denn bereits vor der Mitte müsste die Raumkrümmung noch erheblich stärker sein als außen. Sämtliche Parameter gingen "gegen unendlich" bzw. wären "quasi-unendlich" aber die vollständig erreichte Unendlichkeit ist lediglich ein mathematisches bzw. geometrisches Artefakt.

Jetzt ist es so daß die Antimaterie-Partikel der einfallenden Hawkingsstrahlung genauso der Zeitdilatation unterworfen sind.
ABER: Manche davon besitzen annähernd den Impuls=c und eine Bewegungs-Richtung, welche auf das Zentrum direkt zielt. Durch die Raumkrümmung und enormen gravitativen Kräfte erfahren diese Partikel daher noch eine zusätzliche Beschleunigung und bewegen sich nun Rückwärts in der Zeit (Tachyonen). Sie besitzen daher die Fähigkeit, die zeitlich vor ihrer Entstehung eigefallenen Materie zu erreichen bzw. zu überholen.
Das führt dazu, daß die den Ereignishorizont bildende Materie von hinten verdampft noch BEVOR sie letztendlich zur Singularität werden würde.

Allerdings befindet sich dieser Vorgang bei sämtlichen SL (außer den Mikro-SL) noch im Vollzug. Da dort die Zeit im Inneren quasi feststeht. Die quasi unendlich starke Raumkrümmung bewirkt eine quasi unendlich lange Wegstrecke für den frei fallenden Beobachter. Aus diesem Grunde können die Tachyonen sie auch noch erreichen, aber erst in der fernen Zukunft.

Leider ist das alles sehr spekulativ, und die Tachyonen habe ich im Grunde auch rein willkürlich hinzugenommen. Sonst gibt es keine Möglichkeit, die Bildung einer finalen Singularität zu vermeiden. Welche nämlich wiederum die Frage aufwerfen würde, wie bitte die Hawkins-Strahlung die Singularitätsenergie erreichen kann, wenn diese sich in einem unendlichen Fall in einer unendlich-tiefen Raumkrümmung befindet, und das, raumzeitlich dahinter!?
Eine echte Singularität führt per definitionem zum Stop der Zeit, d.h. Unveränderlichkeit, und ist daher irreversibel. Ein durch und durch problematisches Konzept/Artefakt.

Dann möchte ich mich noch für die gute Diskussionskultur hier bedanken, wenn ich selber auch leider nur sehr wenig davon verstehe, ist manches doch zumindest inspirierend.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 28. Jul 2022 12:41    Titel: Antworten mit Zitat

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:

Der gedankliche Ansatz soll die problematische Singalität vermeiden, und im Inneren eines SL eine zentrale hohle Sphäre ultradichter, quasi in der Zeitdilatation feststehender Energie definieren.


Dieser Grundgedanke hängt ziemlich in der Luft, und man kann wenig dazu sagen, außer daß er den klassischen und semiklassischen Modellen (mit Hawkingstrahlung) des Gravitationskollaps widerspricht.

Ich denke dir muß zuerst klar werden, daß die Frage nach der Existenz einer Singularität absolut nichts mit Zeitdilatation zu tun haben kann. Denn Zeitdilatation ist ein rein beobachterabhängiger Effekt. Das Vorliegen einer Singularität hängt aber nicht vom Beobachter ab. Entweder existiert eine Singularität in der Raumzeit oder nicht. Ob Quanteneffekte der Art, die man für Hawkingstrahlung verantwortlich macht die Singularität verhindern können, ist im Prinzip vollkommen unbekannt. Und aus deiner Beschreibung mit Tachyonen etc. werde ich leider auch nicht schlau.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. Jul 2022 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Der gedankliche Ansatz soll die problematische Singalität vermeiden, und im Inneren eines SL eine zentrale hohle Sphäre ultradichter, quasi in der Zeitdilatation feststehender Energie definieren.


Das ist kein Ansatz, den man einfach definieren kann, sondern bestenfalls eine Hypothese, die man prüfen muss.

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
In der Zeit feststehend in Relation zum Zeitverlauf des Ereignishorizonts.


Wie ich oben schon sagte, ist das ein Problem, weil keine Information von innen nach außen geht. Den Zeitverlauf im Inneren aus Sicht des EH zu beschreiben, macht deshalb nicht viel Sinn.

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Jetzt ist es so daß die Antimaterie-Partikel der einfallenden Hawkingsstrahlung genauso der Zeitdilatation unterworfen sind.


Die Geschichte mit Hawking-Strahlung aus Materie-Antimaterie-Paaren ist eine populärwissenschaftliche Simplifizierung, die Du besser vergessen solltest. Das Hineinfallen von Antimaterie ist sogar im Rahmen dieser Vereinfachung falsch. Das einzige, was man allgemeinverständlich formulieren kann, ist die Emission von Strahlung außerhalb des EH und die zusammen mit der Energieerhaltung daraus folgende Verringerung der Masse des SL. Sobald man weiter ins Detail geht, ist es mit der Anschaulichkeit vorbei.

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Durch die Raumkrümmung und enormen gravitativen Kräfte erfahren diese Partikel daher noch eine zusätzliche Beschleunigung und bewegen sich nun Rückwärts in der Zeit (Tachyonen).


Das wäre selbst als Technobabble in einem B-Movie fragwürdig.

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Das führt dazu, daß die den Ereignishorizont bildende Materie von hinten verdampft noch BEVOR sie letztendlich zur Singularität werden würde.


Mal ganz davon abgesehen, dass die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, bringt Dich das nicht weiter. Bei der Annihilation von Materie und Antimaterie bleibt die Energie erhalten. Damit ist dieser Mechanismus zur Beschreibung der Masseabnahme völlig ungeeignet.
Kassiopeija



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Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 29. Jul 2022 03:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich denke dir muß zuerst klar werden, daß die Frage nach der Existenz einer Singularität absolut nichts mit Zeitdilatation zu tun haben kann. Denn Zeitdilatation ist ein rein beobachterabhängiger Effekt. Das Vorliegen einer Singularität hängt aber nicht vom Beobachter ab. Entweder existiert eine Singularität in der Raumzeit oder nicht.

Wenn ich 2 Uhren habe, die eine auf der Erde, die andere im Orbit, werden diese asynchron laufen.
Dieser Effekt wird durch die extremen gravitativen Zustände des SL auf ein denkbares Maximum getrieben. Stimmt dies nicht, daß die Zeit langsamer verläuft je stärker die Raumzeit gekrümmt wird? Wie läuft sie bei unendicher Krümmung (Singularität)?
Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 29. Jul 2022 04:25    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Wie ich oben schon sagte, ist das ein Problem, weil keine Information von innen nach außen geht. Den Zeitverlauf im Inneren aus Sicht des EH zu beschreiben, macht deshalb nicht viel Sinn.

Ja, das ist sehr grenzwissenschaftlich und in meinem Fall vielleicht auch grober Humbug, da ich ja kein Wissenschaftler bin, aber es gibt genauso wissenschaftliche Theorien, die jenseits von dem liegen, was meßbar ist z.B. Quantenchaos, Multiversum, Branen, sterile Energie und auch Dunkle Energie usw die nimmt man als Hilfskonzept dazu, damit man die Rechnungen auf ein richtiges Ergebniß korrigieren kann. Soll aber keine Kritik sein, ich vestehe die Notwendigkeit, und auch die Richtigkeit der Herangehensweise. Und im CERN hat man ja auch Teilchen gefunden, die man durch Rechnungen viel früher postuliert hat.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Die Geschichte mit Hawking-Strahlung aus Materie-Antimaterie-Paaren ist eine populärwissenschaftliche Simplifizierung, die Du besser vergessen solltest. Das Hineinfallen von Antimaterie ist sogar im Rahmen dieser Vereinfachung falsch. Das einzige, was man allgemeinverständlich formulieren kann, ist die Emission von Strahlung außerhalb des EH und die zusammen mit der Energieerhaltung daraus folgende Verringerung der Masse des SL. Sobald man weiter ins Detail geht, ist es mit der Anschaulichkeit vorbei.

Ach so...hmmm... ja, und da wird einfach ein Energieerhalt angenommen trotz der offiziellen Lehrmeinung, welche auf die Existenz einer Singularität verweist. Welche eventuell "unten offen" ist, oder unendlich... der Energieerhalt gilt nur wenn man beweisen kann, daß es sich um ein physikalisch geschlossenes System handelt. Man kann aber dazu genauso lesen, daß die physikalischen Gesetze bei der Singularität nicht mehr gelten und man eine neue Physik benötigt. Außerdem gibt es ja noch das Informations-Paradoxon.

Es gibt gute Gründe warum die Singularität weg muss. In der LQC hat man diesen Bereich extrem stark verdichtet, trotzdem gilt dort noch die Physik.

Es ist halt schwer, etwas zu vergessen, ohne es durch etwas anderes gedanklich zu ersetzen.
Wenn sich Teilchen bilden, müssen sich auch Antiteilchen bilden, das fordert der Energieerhalt auch. Auch die Leptonenzahl, wobei.... was sind das für Teilchen diese Hawkinsstrahlung? Sind das Photonen?
Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
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Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 29. Jul 2022 04:43    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Mal ganz davon abgesehen, dass die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, bringt Dich das nicht weiter. Bei der Annihilation von Materie und Antimaterie bleibt die Energie erhalten. Damit ist dieser Mechanismus zur Beschreibung der Masseabnahme völlig ungeeignet.

Aus der Impuls-Energie-Relation der SRT können gravitativ-wechselwirkende Tachyonen folgen mit negativ-imaginärer Masse. Das Quadrat ihrer Masse ist negativ. Sie können daher die Masse eines SL verringern.
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