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Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum"
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Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 04. Feb 2022 12:26    Titel: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Kann es so etwas geben, würde die Physik so etwas zulassen können?
Es wird immer behauptet, die Gravitation oder auch Dunkle Energie / Inflationsenergie würde NICHT die Materie auseinanderdrücken, sondern den darunter liegenden Raum längen bzw. stauchen. Ok, aber wie kann, wenn jetzt Energie - also Gravitation & Dunkle Energie Teilchen-basiert ist - das Graviton so einen Effekt verursachen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist zu fancy formuliert. Kannst du konkreter werden? Sonst wirst du keine vernünftige Antwort erhalten.
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Zeitlos
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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

Ich glaube er meint warum Einstein recht hat und nicht Newton
MBastieK



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Beiträge: 951
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 04. Feb 2022 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube er meint warum Einstein recht hat und nicht Newton

Oder er meint:
Wenn alles teilchen-basiert ist, wie funktionieren dann die Teilchen, die zu gewissen Effekten wie:
- abstossende Wirkung von negativer Energie
- Ausdehnung des Universums
- usw.
führen.

Wenn ich ins blaue raten würde:
Vielleicht macht das Graviton auf lange Entfernung eine Veränderung durch, die die Eigenschaften des Gravitons ändern. Ähnlich der Neutrino-Oszillation.
Oder ne innere Phasen-Verschiebung von eventuellen Sub-Komponenten.

Aber diese spontan-willkürlich Erklärung eckt an sehr vielen Stellen in der Physik an.

Nette Grüsse

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Zuletzt bearbeitet von MBastieK am 04. Feb 2022 15:39, insgesamt einmal bearbeitet
Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

Dann lässt sich das nicht beantworten, es hat doch Niemand ein Graviton gefunden oder die Ursache für die Vakuumenergie?
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
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Beitrag Ich Verfasst am: 04. Feb 2022 16:05    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Es wird immer behauptet, die Gravitation oder auch Dunkle Energie / Inflationsenergie würde NICHT die Materie auseinanderdrücken, sondern den darunter liegenden Raum längen bzw. stauchen.
Diese Behauptung ist Unsinn. Beide Beschreibungen sind nur Interpretationen dessen, was tatsächlich passiert. Wenn man im Gültigkeitsbereich der Newtonschen Gravitation statt der Massendichte die Spur des Energie-Impuls-Tensors einsetzt, dann hat man einfach eine Quelle negativer Gravitation, die Materie auseinanderdrückt. Das funktioniert einwandfrei.
Zitat:
Ok, aber wie kann, wenn jetzt Energie - also Gravitation & Dunkle Energie Teilchen-basiert ist - das Graviton so einen Effekt verursachen?
Ich glaube, da könnte TomS dir einen Vortrag halten über virtuelle Teilchen und was die so alles können - oder eben nicht.
Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 16:34    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Wenn man im Gültigkeitsbereich der Newtonschen Gravitation statt der Massendichte die Spur des Energie-Impuls-Tensors einsetzt, dann hat man einfach eine Quelle negativer Gravitation, die Materie auseinanderdrückt. Das funktioniert einwandfrei.

Sorry aber ich kann auch in den Satz des Pytagoras die Wurzel von einer negativen Zahl ziehen das funktioniert auch, es gibt aber eben keine negativen Längen so einfach isses dann doch auch nicht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
... oder die Ursache für die Vakuumenergie?

Doch.

Es gibt Effekte, die kann man sowohl berechnen als auch messen;
https://en.wikipedia.org/wiki/Casimir_effect

Andere kann kann man berechnen und kennt indirekte experimentelle Belege:
https://en.wikipedia.org/wiki/Vacuum_polarization

Was man nicht versteht, ist der Zusammenhang zwischen der Vakuumenergie der Quantenfeldtheorien und der kosmologischen Konstante (der Dunklen Energie).

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 04. Feb 2022 17:27, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 17:20    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
Wenn man im Gültigkeitsbereich der Newtonschen Gravitation statt der Massendichte die Spur des Energie-Impuls-Tensors einsetzt, dann hat man einfach eine Quelle negativer Gravitation, die Materie auseinanderdrückt. Das funktioniert einwandfrei.

Sorry aber ich kann auch in den Satz des Pytagoras die Wurzel von einer negativen Zahl ziehen das funktioniert auch, es gibt aber eben keine negativen Längen so einfach isses dann doch auch nicht.

Du hast die Mathematik dahinter nicht verstanden. Anstatt dich zu wundern und zu fragen, kritisierst du etwas, was du nicht verstanden hast.

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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 17:37    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Du hast die Mathematik dahinter nicht verstanden. Anstatt dich zu wundern und zu fragen, kritisierst du etwas, was du nicht verstanden hast.

Stimmt hab ich nicht, aber ich kann doch schon aussagen das man sich die Realität nicht immer einfach herbeirrechnen kann auch wenns mathematisch aufgeht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 19:08    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
Stimmt hab ich nicht, aber ich kann doch schon aussagen das man sich die Realität nicht immer einfach herbeirrechnen kann auch wenns mathematisch aufgeht.

Das ist uns allen klar.

Aber wir können eine große Klasse an Phänomenen von den Elementarteilchen bis hin zu Planetensystemen und der Physik von Sternen gut bis teilweise höchst präzise berechnen, völlig neuartige Phänomene vorhersagen und diese teilweise sogar technisch nutzen.

Es ist also das genaue Gegenteil von "Realität herbeirechnen".

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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 19:33    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das ist uns allen klar.

Das ich keine Ahnung habe, ja danke Augenzwinkern

Zitat:

Aber wir können eine große Klasse an Phänomenen von den Elementarteilchen bis hin zu Planetensystemen und der Physik von Sternen gut bis teilweise höchst präzise berechnen, völlig neuartige Phänomene vorhersagen und diese teilweise sogar technisch nutzen.

Es ist also das genaue Gegenteil von "Realität herbeirechnen".

Das stelle ich ja garnicht in Frage, bis jetzt ist viel erreicht worden von Labor Experimenten bis zu den Sternen und sogar bis an den Urknall rann aber bei Anti-Gravitation hört es dann doch einfach auf im Moment. Ansonsten bitte ich dich mir zu verraten wie man das erzeugt oder blockiert dann hab ich den Rest des Lebens ausgesorgt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 19:57    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
... aber bei Anti-Gravitation hört es dann doch einfach auf im Moment.

Wer redet von Antigravitation?

Wir verstehen - seit Einstein - dass Energie, Impuls und Druck die Dynamik der Raumzeit beeinflussen. Wir kennen dazu seit fast 100 Jahren Lösungen der Theorie, die ein expandierendes Universum vorhersagen, wofür es dann einige Jahre später die ersten Belege gab.

Bereits Einstein hat ebenfalls verstanden, dass man die Gleichungen so erweitern kann, dass die Expansion nicht abgebremst sondern beschleunigt wird. Dafür haben wir nun ebenfalls seit einigen Jahrzehnten Hinweise.

Die Erweiterung der Gleichungen besteht in der Einführung eines konstanten Terms - recht simpel. Von Antigravitation ist da keine Rede.

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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 20:20    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wer redet von Antigravitation?

Na Du, als neuartiges Phänomen. Auch ohne das Anti ist die Gravitation nicht verstanden bis heute ergibt sich ein Wiederspruch zwischen Einstein und der Quantenmechanik, wirst du ja auch alles wissen.

Zitat:

Bereits Einstein hat ebenfalls verstanden, dass man die Gleichungen so erweitern kann, dass die Expansion nicht abgebremst sondern beschleunigt wird. Dafür haben wir nun ebenfalls seit einigen Jahrzehnten Hinweise.

Ich kann auch Teilchen mit unendlicher Geschwindigkeit und Energie 0 in Einsteins Gleichungen einsetzen ohne das die explodieren aber deswegen gibt es das noch lange nicht.
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 04. Feb 2022 22:55    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
Wenn man im Gültigkeitsbereich der Newtonschen Gravitation statt der Massendichte die Spur des Energie-Impuls-Tensors einsetzt, dann hat man einfach eine Quelle negativer Gravitation, die Materie auseinanderdrückt. Das funktioniert einwandfrei.

Sorry aber ich kann auch in den Satz des Pytagoras die Wurzel von einer negativen Zahl ziehen das funktioniert auch, es gibt aber eben keine negativen Längen so einfach isses dann doch auch nicht.
Erstens geht es überhaupt nicht darum, ob es nun Dunkle Energie tatsächlich gibt oder nicht. Die Frage ging über "Raumdehnung" durch Gravitonen. Und darauf bezog sich auch meine Antwort: Wenn es dunkle Energie gibt, dann ist ihr Effekt einfach der von abstoßender Gravitation, das kann man auch mit Newton rechnen und muss nicht zwangsweise anfangen, Raum zu dehnen.

Und ja, man kann im Pythagoras die Wurzel von einer negativen Zahl ziehen, und das ist genau das, was eine Lorentzmannigfaltigkeit von einer euklidischen unterscheidet. Und damit kann man die Natur verdammt gut beschreiben, so einfach isses eben doch.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 23:02    Titel: Re: Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Wer redet von Antigravitation?

Na Du, als neuartiges Phänomen.

Du hast das als erstes erwähnt. Wenn du jetzt die Tatsachen verdrehst, dann ist sehr schnell Schluss!

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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Dann schliess ab, so hab ich keine Lust.
Kassiopeija



Anmeldungsdatum: 26.06.2015
Beiträge: 146

Beitrag Kassiopeija Verfasst am: 05. Feb 2022 00:40    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:

Oder er meint:
Wenn alles teilchen-basiert ist, wie funktionieren dann die Teilchen, die zu gewissen Effekten wie:
- abstossende Wirkung von negativer Energie
- Ausdehnung des Universums
- usw.
führen.

Ja so ungefähr.

Es gibt ja schließlich Forderungen seitens der Physik daß die Gravitation Teilchen-basiert sein MUSS, die anderen Grundkräfte sind das ja auch, "Urkraft" usw...

Nehmen wir einfach mal an, es gäbe Teilchen die
- den Raum um sich herum in sich hineinziehen (anziehende Wirkung)
- den Raum um sich herum wegdrücken (abstossende Wirkung)
- weder/noch "neutral"

und jetzt geben wir dieser Wirkung eine gewisse Stärke.... könnte man so auf diese Art die Expansion des Weltalls bzw. die Anziehungskraft der Gravitation realistisch nachsimulieren?

Veranschaulicht, ein einzelnes Graviton würde eine extrem leichte 3-dimensionale Stauchung des Raumes bewirken, diese würde sich wie eine Gravitationswelle ausbreiten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Feb 2022 09:33    Titel: Antworten mit Zitat

Die Vorstellung basiert auf drei gravierenden Missverständnissen:

1) Das Teilchen, also das Graviton, darf man sich nicht als klassisches Teilchen vorstellen. Es handelt sich um die Anregung eines Feldes im Rahmen einer Quantenfeldtheorie - und damit um etwas völlig unanschauliches.

2) Ein einzelnes Graviton bringt diese Effekte nicht hervor, genausowenig wie ein Photon ein makroskopisches Magnetfeld und dessen anziehende oder abstoßende Wirkung, und genausowenig wie ein H2O-Molekül eine Wasseroberfläche. Dies sind kollektive Phänomene, die auf Ebene der einzelnen Anregung so nicht existieren.

3) Die Physiker sind sich ohnehin einig, dass der aus den bekannten Quantenfeldtheorien stammende Ansatz, kollektive Phänomene durch „Austauschteilchen“ zu erklären, im Falle “virtueller Gravitonen” nicht funktioniert *). Dieser Ansatz zur Quantisierung der Gravitation - die sogenannte Störungstheorie, graphisch repräsentiert durch Feynmandiagramme - wurde schon vor Jahrzehnten als Sackgasse erkannt **). In den heutigen Ansätzen zur Quantengravitation gibt es letztlich keine “virtuelle Gravitonen”.

*) Letztlich funktioniert dieser störungstheoretische Ansatz - “Austauschteilchen”, “virtuelle Teilchen”, Feynmandiagramme - bereits für andere kollektive Phänomene wie die Beschreibung von Nukleonen u.a. mittels “virtueller” Quarks und Gluonen in der QCD nicht. Hier kennen wir jedoch andere, nicht-störungstheoretische Methoden, d.h. Quarks und Gluonen als Anregungen der Felder sind der richtige Ansatz, lediglich die Störungstheorie mit “virtuellen” Quarks und Gluonen funktioniert nur eingeschränkt für bestimmte Prozesse wie die Streuung von Teilchen, aber eben nicht für kollektive Phänomene.
**) In der Quantengravitation ist es sogar noch schlimmer, denn der Ansatz mittels Störungstheorie und “virtuellen Gravitonen” funktioniert nie! Bereits die Streuung zweier Gravitonen durch Austausch und “virtueller Gravitonen” führt zu mathematisch unsinnigen Ergebnissen.

In Summe heißt das, dass das “Graviton als Quant des des Gravitationsfeldes” wahrscheinlich völliger Nonsense ist. Wir wissen heute nicht, wie wir das Gravitationsfeld quantisieren sollen; es gibt diverse Ansätze, keiner davon ist wirklich befriedigend. Wir wissen jedoch, wie es nicht funktioniert - siehe oben.

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Zeitlos
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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 05. Feb 2022 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

In Summe heißt das, dass das “Graviton als Quant des des Gravitationsfeldes” wahrscheinlich völliger Nonsense ist. Wir wissen heute nicht, wie wir das Gravitationsfeld quantisieren sollen; es gibt diverse Ansätze, keiner davon ist wirklich befriedigend. Wir wissen jedoch, wie es nicht funktioniert - siehe oben.

Jaja und wenn ich sage Ihr wisst es nicht, sowas da gibts nicht, krieg ich dafür eins drüber, merk ich mir.
MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
Beiträge: 951
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 05. Feb 2022 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Physiker sind sich ohnehin einig, dass der aus den bekannten Quantenfeldtheorien stammende Ansatz, kollektive Phänomene durch „Austauschteilchen“ zu erklären, im Falle “virtueller Gravitonen” nicht funktioniert.
@TomS
Danke für die gesamte Ausführung und die Darstellung des derzeitigen Wissens- bzw. Vermutungs-Standes bezüglich “(virtueller) Gravitonen”.

Nette Grüsse

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index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Feb 2022 10:14    Titel: Antworten mit Zitat

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
MBastieK hat Folgendes geschrieben:

Oder er meint:
Wenn alles teilchen-basiert ist, wie funktionieren dann die Teilchen, die zu gewissen Effekten wie:
- abstossende Wirkung von negativer Energie
- Ausdehnung des Universums
- usw.
führen.

Ja so ungefähr.

Es gibt ja schließlich Forderungen seitens der Physik daß die Gravitation Teilchen-basiert sein MUSS, die anderen Grundkräfte sind das ja auch, "Urkraft" usw...


Ich würde sagen, das genaue Gegenteil ist der Fall. Alle anderen fundamentalen Wechselwirkungen basieren auf Feldern, nicht Teilchen. Wechselwirkungskräfte zwischen Teilchen sind strenggenommen unvereinbar mit der Relativitätstheorie. (Ich weiß, es ging vermutlich nicht um Kräfte zwischen Teilchen, sondern um die Beschreibung der Kräfte selbst mittels "virtuellen" oder "Austauschteilchen", aber die fügen sich auch nur in sehr speziellen Situationen in die Feldtheorie ein. Und Feldtheorie benötigt man in jedem Fall.)

Das Teilchenbild kommt durch die Quantisierung dieser Feldtheorien ins Spiel, allerdings nicht als Eigenschaften wechselwirkender Felder, sondern freier Felder. Sie spielen also hauptsächlich eine Rolle bei der Beschreibung asymptotischer Zustände in Streuexperimenten. Die "virtuellen Teilchen" sind nochmal eine andere Kategorie und haben eigentlich nur den Namen mit normalen Teilchen gemein. Ein fundamentaler Unterschied ist z.B., daß man normalen Teilchen quantenmechanische Zustände zuordnen kann, virtuellen Teilchen nicht. Virtuelle Teilchen stammen aus der Methode der Feynmangraphen zur Berechnung von quantenmechanischen Übergängen, bzw. den daraus resultierenden Wirkungsquerschnitten. Feynmangraphen sind in erster Linie eine Buchhaltungsmethode um die Terme in der Berechnung der Übergangsamplituden zu organisieren und insbesondere nach der "Kleinheit" der Quantenkorrekturen zu ordnen. Virtuelle Teilchen sind nichts anderes als innere Linien, d.h. Verbindungsstücke zwischen zwei Knoten, in einem Feynmangraphen, denen man einen ganz bestimmten Term (je nach Art der Linie) zuordnen kann, den man in der Berechnung benötigt. Eine physikalische Bedeutung hat aber nicht die einzelne Linie, sondern nur der gesamte Graph oder eine Menge solcher Graphen als Näherung für die entsprechende Übergangsamplitude.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Feb 2022 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

**) In der Quantengravitation ist es sogar noch schlimmer, denn der Ansatz mittels Störungstheorie und “virtuellen Gravitonen” funktioniert nie! Bereits die Streuung zweier Gravitonen durch Austausch und “virtueller Gravitonen” führt zu mathematisch unsinnigen Ergebnissen.


Es gibt aber störungstheoretische Rechnung innerhalb der Quantengravitation mit sinnvollen Ergebnissen, u.a. auch die Berechnung von Graviton-Graviton-Streuung auf tree-level von DeWitt, Quantum Theory of Gravity. III. Applications of the Covariant Theory, Gl. (3.19), (3.20). Anscheinend gibt es auch 1-Loop-Rechnungen für denselben Prozeß.

Das sieht für mich so aus, als ob Quantengravitation als effektive Feldtheorie nicht schlechter funktioniert, als andere Quantenfeldtheorien. (Soweit war auch mein Verständnis bisher.) Wie kommst du zu der Aussage, daß diese Rechnungen sinnlos sind?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Feb 2022 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Ab zwei Loops (mit Materie ab ein Loop) ist die Theorie nicht mehr störungstheoretisch renormierbar. Das wird letztlich in allen mir bekannten Quellen als Indiz dafür angesehen, dass sie störungstheoretische Quantisierung von Fluktuationen der Metrik die falschen Freiheitsgrade verwendet (so wie die störungstheoretische Quantisierung von Mesonfeldern ebenfalls die falschen Freiheitsgrade verwendet, wobei wir die richtigen in diesem Fall sogar kennen).

Als effektive Feldtheorie mag eine störungstheoretische Quantisierung funktionieren, allerdings werden dann eben unendlich viele Counterterme benötigt, wenn man sich dem Cutoff (erwartet in der Nähe der Planckmasse) nähert. D.h. aber, die Theorie verliert gerade da ihre Vorhersagekraft, wo man ihre Effekte bzgl. des Eliminierens von Singularitäten verstehen möchte. Sie löst gerade das Problem nicht, zu dessen Lösung man sie konstruiert.

Darüberhinaus gibt es Hinweise (asymptotic Safety), dass möglicherweise eine nicht-störungstheoretisch Quantisierung und Renormierung sinnvoll möglich ist. Dann wäre die Metrik evtl. sogar der richtige Freiheitsgrad, allerdings nicht in Störungstheorie.

Demzufolge halte ich das Graviton - so wie es üblicherweise verstanden wird - für den falschen Ansatz. Ich kenne auch keine Ansätze, die darin die Lösung zur grundsätzlichen Frage der Quantengravitation suchen; man hat sich davon praktisch vollständig verabschiedet.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Feb 2022 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ab zwei Loops (mit Materie ab ein Loop) ist die Theorie nicht mehr störungstheoretisch renormierbar. Das wird letztlich in allen mir bekannten Quellen als Indiz dafür angesehen, dass sie störungstheoretische Quantisierung von Fluktuationen der Metrik die falschen Freiheitsgrade verwendet (so wie die störungstheoretische Quantisierung von Mesonfeldern ebenfalls die falschen Freiheitsgrade verwendet, wobei wir die richtigen in diesem Fall sogar kennen).


Behauptest du denn Rechnungen in chiraler Störungstheorie sind ebenfalls sinnlos?

Daß die Theorie nicht renormierbar ist, ist natürlich klar. Aber das ist m.E. auch keine sinnvolle Forderung an effektive Theorien. Der Punkt ist doch eigentlich, daß die Theorie von vornherein nur störungstheoretisch definiert ist. Aber das gilt auch für die QED. Daß die QED renormierbar ist, bedeutet m.E. nicht viel. Denn es ist ohnehin sinnlos die Störungsreihe bis zu beliebigen Ordnungen auszurechnen. Aber wie auch immer man zur Renomierbarkeit steht, es geht mir eigentlich nur um die Frage ob jede Rechnung in fixer Ordnung sinnlos ist, wie du zu behaupten scheinst, oder nicht. Und das hat mit Renormierbarkeit eigentlich nichts zu tun.

Zitat:

Als effektive Feldtheorie mag eine störungstheoretische Quantisierung funktionieren, allerdings werden dann eben unendlich viele Counterterme benötigt, wenn man sich dem Cutoff (erwartet in der Nähe der Planckmasse) nähert.


Da man ohnehin immer fixe (und niedrige) Ordnungen betrachten muß, sind es ja auch immer nur endlich viele Terme oder nicht? Aber wenn du sagst, sie funktioniert als effektive Theorie, wieso behauptest du dann gleichzeitig Rechnungen in dieser Theorie lieferten mathematisch unsinnige Ergebnisse und Störungsrechnungen würde nie funktionieren?


Zitat:

D.h. aber, die Theorie verliert gerade da ihre Vorhersagekraft, wo man ihre Effekte bzgl. des Eliminierens von Singularitäten verstehen möchte. Sie löst gerade das Problem nicht, zu dessen Lösung man sie konstruiert.


Sie ist nur dazu konstruiert Quantenkorrekturen für Gravitationsphänomene auszurechnen. Und das kann sie eigentlich. Daß sie keine Lösung für die Vereinigung von Quantentheorie und Gravitation darstellt, ist klar. Aber man weiß strenggenommen auch nicht, ob die QED eine Lösung für die Vereinigung von Quantentheorie und Elektromagnetismus ist. Deine Behauptung war aber, daß alle störungstheoretischen Rechnungen in Quantengravitation unsinnig sind. Und das sehe ich immer noch nicht. Eigentlich sind es doch die einzigen Rechnungen, die in dieser Theorie sinnvoll sind. Und sie sind m.E. genauso sinnvoll, wie die meisten QED-Rechnungen und alle Rechnungen in anderen effektiven Theorien.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Feb 2022 11:53    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Behauptest du denn Rechnungen in chiraler Störungstheorie sind ebenfalls sinnlos?

Vor ca. 25 Jahren habe ich lange daran gearbeitet; von daher nein, sie sind nicht sinnlos.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der Punkt ist doch eigentlich, daß die Theorie von vornherein nur störungstheoretisch definiert ist. Aber das gilt auch für die QED.

Der Punkt ist, dass man in der Quantengravitation erkennt, dass die Störungstheorie das Problem, das sie lösen soll, nicht löst. Und mit dem Verwerfen eines störungstheoretischen Ansatzes verwirft man eben auch das (störungstheoretische) Graviton.

(Das ist etwas anders als in der QCD, wo für bestimmte Phänomene ebenfalls die Störungstheorie ebenfalls sinnlos wird, nicht jedoch die Quarks und Gluonen.)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Da man ohnehin immer fixe (und niedrige) Ordnungen betrachten muß, sind es ja auch immer nur endlich viele Terme oder nicht? Aber wenn du sagst, sie funktioniert als effektive Theorie, wieso behauptest du dann gleichzeitig Rechnungen in dieser Theorie lieferten mathematisch unsinnige Ergebnisse und Störungsrechnungen würde nie funktionieren?

Weil die Störungstheorie das Problem, das sie lösen soll, offensichtlich nicht löst.

Im vorliegenden Fall wird z.B. nach einer (beschleunigt) expandierenden Raumzeit gefragt. Ein störungstheoretischer Ansatz muss die klassische expandierende Raumzeit voraussetzen und kann darauf Fluktuationen (Gravitonen) betrachten. D.h. aber, dass die expandierende Raumzeit gerade nicht erklärt wird (genauso wie die Störungstheorie in der QCD nichts zur Existenz von Hadronen zu sagen hat).

Die Raumzeit als kollektives Phänomen hat noch niemand störungstheoretisch mittels Gravitonen verstanden, und niemand glaubt ggw., dass dies möglich ist. AdS/CFT und allgemein Gauge/Gravity Duality erlauben vielleicht einen störungstheoretischen Zugang, jedoch nicht mittels Gravitonen sondern mittels völlig anderer Freiheitsgrade.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sie ist nur dazu konstruiert Quantenkorrekturen für Gravitationsphänomene auszurechnen.

Ja, aber das sehe ich hier nicht als die eigentliche Frage an:

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Es gibt ja schließlich Forderungen seitens der Physik daß die Gravitation Teilchen-basiert sein MUSS … könnte man so auf diese Art die Expansion des Weltalls … realistisch nachsimulieren?

Und genau das funktioniert mittels störungstheoretischer Gravitonen - das wären die einigen teilchenartigen Konzepte im Zusammenhang mit der Gravitation, die mir bekannt sind - nicht.

Und deswegen sehe ich auch keinesfalls, dass die Physik heute behaupten würde, “dass die Gravitation Teilchen-basiert sein muss”. Ich sehe nichts dergleichen. In keiner mir bekannten Theorie wird soetwas auf fundamentaler Ebene angenommen.

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Feb 2022 12:15    Titel: Antworten mit Zitat

Ich wollte eigentlich nur wissen, ob du die Rechnungen in DeWitts Paper als sinnlos bezeichnest oder nicht. Es scheint sich nämlich um genau die Art von Rechnung zu handeln, die du als mathematisch sinnlos bezeichnet hast und die nach deiner Aussage nie funktionieren. Was genau meinst du denn damit?

Deine Behauptung bezog sich konkret auf Graviton-Graviton-Streuung, nicht auf "kollektive Phänomene" oder die Expansion des Weltalls. Genau deshalb finde ich sie so verwunderlich.

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Behauptest du denn Rechnungen in chiraler Störungstheorie sind ebenfalls sinnlos?

Vor ca. 25 Jahren habe ich lange daran gearbeitet; von daher nein, sie sind nicht sinnlos.


Sorry, die Frage war rhetorisch gemeint. Mir ist schon klar, daß du chirale Störungstheorie nicht sinnlos findest. Meine Frage ist, wieso du etwas anderes für die effektive Theorie eines masselosen Spin-2-Feldes behauptest, die m.E. im wesentlichen dieselben Eigenschaften hat. (Zumindest was Renormierbarkeit angeht, was das Kriterium war, das du genannt hast.)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Feb 2022 16:57    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sorry, die Frage war rhetorisch gemeint. Mir ist schon klar, daß du chirale Störungstheorie nicht sinnlos findest.

Schon klar.

In der Zwischenzeit halte ich diese Ansätze übrigens auch zunehmend für überholt. Was wir damals mühsam mit chiralen Modellen hingebastelt haben, wird heute durch die Lattice QCD erledigt oder ist zumindest in Reichweite.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deine Behauptung bezog sich konkret auf Graviton-Graviton-Streuung, nicht auf "kollektive Phänomene" oder die Expansion des Weltalls. Genau deshalb finde ich sie so verwunderlich ... Meine Frage ist, wieso du etwas anderes für die effektive Theorie eines masselosen Spin-2-Feldes behauptest, die m.E. im wesentlichen dieselben Eigenschaften hat.

Weil die Fragestellung eine andere ist.

Mit chiral-effektiven Modellen kann man unmittelbar experimentell überprüfbare Vorhersagen aufstellen.

Mit perturbativen effektiven Modellen zur Quantengravitation lernt man dagegen nichts Interessantes. Dass sie nur effektiv funktionieren, wissen wir. Dass sie nahe der Planckmasse sinnlos werden, wissen wir auch. Dass sie das einzig wirklich experimentell zugängliche Phänomen - die nahezu flache Raumzeit - nicht als kollektives Phänomen beschreiben können, haben wir verstanden.

Dass man ein- oder zwei-loop Graviton-Graviton-Streuung berechnen kann, ist heute völlig irrelevant; das ist besser als "sinnlos", das gebe ich zu. Wir können die Ergebnisse nicht experimentell prüfen, und wir wissen nicht mal, ob die Graviton-Graviton-Streuung überhaupt ein sinnvoller Grenzfall für andere Ansätze ist. Die Stringtheoretiker schauen oft auf die S-Matrix und glauben, dass das Graviton selbst und die Graviton-Graviton-Streuung wichtige Vorhersagen ihrer Theorie wären; unter diesem Blickwinkel sind verschiedenen Zugänge zu den selben Vorhersagen natürlich nicht verkehrt, die Ergebnisse erscheinen aus der Innensicht nicht sinnlos. Es könnte jedoch genauso gut sein, dass die Quantisierung der Metrik ungefähr genauso falsch ist wie die Quantisierung der Navier-Stokes-Gleichungen; dann wären diese Rechnungen ab ein-loop tatsächlich völlig irrelevant, angewandt auf die Natur sogar schlicht falsch.

In der Quantengravitation geht es heute darum, ein grundlegendes Prinzip zu finden, das Quantentheorie und Gravitation zusammenführt. Dabei sind Korrekturen zu Korrekturen zu nicht messbaren Effekten in einer sicher nicht fundamentalen Theorie irgendwie ... sinnlos.

In den Sechzigern sah das anders aus.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 06. Feb 2022 18:01, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Feb 2022 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sorry, die Frage war rhetorisch gemeint. Mir ist schon klar, daß du chirale Störungstheorie nicht sinnlos findest.

Schon klar.

In der Zwischenzeit halte ich diese Ansätze übrigens auch zunehmend für überholt. Was wir damals mühsam mit chiralen Modellen hingebastelt haben, wird heute durch die Lattice QCD erledigt oder ist zumindest in Reichweite.


Das ist eine etwas seltsam klingende Behauptung. Wenn Lattice-Rechnungen heute erst fast so weit sind wie chirale Störungstheorie vor Jahrzehnten schon, wieso bezeichnest du chirale Störungstheorie dann als die mühsame Methode? Was ist denn eigentlich besser an den Lattice-Rechnungen?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deine Behauptung bezog sich konkret auf Graviton-Graviton-Streuung, nicht auf "kollektive Phänomene" oder die Expansion des Weltalls. Genau deshalb finde ich sie so verwunderlich ... Meine Frage ist, wieso du etwas anderes für die effektive Theorie eines masselosen Spin-2-Feldes behauptest, die m.E. im wesentlichen dieselben Eigenschaften hat.

Weil die Fragestellung eine andere ist.


Die Fragestellung der chiralen Störungstheorie ist, wie Niederenergieeffekte der QCD aussehen. Die Fragestellung der effektiven Theorie eines masselosen Spin-2-Feldes ist nach meinem Verständnis wie Niederenergieeffekte der Quantengravitation aussehen. Der Verweis auf die Planck-Skala geht deshalb m.E. völlig am Thema vorbei. Niemand fragt danach wie Pion-Nukleon-Wechselwirkungen an der Planck-Skala aussehen, weil schon die Prämisse recht sinnlos ist. Aber ebenso betrachtet das niemand als Grundlage für die Behauptung, daß die Theorie mathematisch unsinnig ist und nie funktioniert. Du ja offenbar auch nicht. Also scheinst du hier zwei verschiedene Maßstäbe zu verwenden ohne dafür eine gute Rechtfertigung zu haben.

Zitat:

Mit chiral-effektiven Modellen kann man unmittelbar experimentell überprüfbare Vorhersagen aufstellen.

Mit perturbativen effektiven Modellen zur Quantengravitation lernt man dagegen nichts Interessantes.


Woher willst du das denn wissen? Und von welchen Alternativen weißt du heute schon, daß sie etwas Interessanteres liefern? Daß wir an Quanteneffekten der Gravitation experimentell nicht viel überprüfen können, trifft doch auf die Vorhersagen jeder Theorie zu. Das ist kein Argument gegen eine spezielle effektive Quantenfeldtheorie.

Aber gut, ich nehme mal zur Kenntnis, daß du "mathematisch unsinnig" und "funktioniert nie" offenbar zurücknimmst und jetzt nur noch behauptest, die Rechnungen seien uninteressant. Sehe ich das richtig?

Zitat:

In der Quantengravitation geht es heute darum, ein grundlegendes Prinzip zu finden, das Quantentheorie und Gravitation zusammenführt. Dabei sind Korrekturen zu Korrekturen zu nicht messbaren Effekten in einer sicher nicht fundamentalen Theorie irgendwie ... sinnlos.

In den Sechzigern sah das anders aus.


Aus den 60ern stammen soweit ich weiß die frühsten Arbeiten zu dem Thema, nicht die letzten. Die spätesten, die ich bisher gesehen habe, sind aus den 2010ern. (Abgesehen von einer Masterarbeit von 2018.)

Es geht auch sicher nicht nur darum ein grundlegendes Prinzip zur Vereinigung von Gravitation und Quantentheorie zu finden. Das ist ungefähr vergleichbar mit der Behauptung, in der Teilchenphysik ginge es nur um Große Vereinheitlichte Theorien. Es geht auch immer um phänomenologische Modelle, um das Niederenergieverhalten der noch unbekannten fundamentalen Theorien zu parametrisieren. Als solche werden effektive Feldtheorien ja auch gern verwendet. (Wenn sie mathematisch unsinnig wären, könnte man sich das natürlich schenken.) Ob das in diesem Fall erfolgreich sein wird, ist meines Wissens noch nicht entschieden.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Feb 2022 22:17    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn Lattice-Rechnungen heute erst fast so weit sind wie chirale Störungstheorie vor Jahrzehnten schon, wieso bezeichnest du chirale Störungstheorie dann als die mühsame Methode? Was ist denn eigentlich besser an den Lattice-Rechnungen?

Wenn du mal versucht hast, in effektive Mesontheorien mit “pionischen” Solitonen (Skyrmionen) zur Beschreibung von Nukleonen noch Vektormesonen einzubauen, dann weißt du, was mühsam ist. Aber du lernst nichts dabei.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deine Behauptung bezog sich konkret auf Graviton-Graviton-Streuung, nicht auf "kollektive Phänomene" oder die Expansion des Weltalls. Genau deshalb finde ich sie so verwunderlich ... Meine Frage ist, wieso du etwas anderes für die effektive Theorie eines masselosen Spin-2-Feldes behauptest, die m.E. im wesentlichen dieselben Eigenschaften hat.

Die Fragestellung der chiralen Störungstheorie ist, wie Niederenergieeffekte der QCD aussehen. Die Fragestellung der effektiven Theorie eines masselosen Spin-2-Feldes ist nach meinem Verständnis wie Niederenergieeffekte der Quantengravitation aussehen. Der Verweis auf die Planck-Skala geht deshalb m.E. völlig am Thema vorbei.

Jein.

Aus der chiralen Störungstheorie folgt zunächst ein recht gutes Verständnis, welche Rolle effektive Freiheitsgrade im Niederenergiesektor spielen. Man erhält Pion-Nukleon-Streuphasen,, Photo-Pion-Produktion, elektromagnetische Formfaktoren … Man sollte das aber nicht überbewerten, es folgen keine wirklich neuen Vorhersagen (soweit ich mich erinnere auch nicht aus anderen Arbeitsgruppen).

Aber man versteht die wesentlichen Niederenergieeffekte der Gravitation eben gerade nicht auf Basis der Gravitonen. Man lernt nichts über die klassische Raumzeit, die steckt man rein. Man lernt nichts über die Expansion, die steckt man ebenfalls rein. Auch zur kosmologischen Konstanten lernt man nichts. Alles was man lernt ist, Korrekturen zu berechnen, die sich der experimentellen Überprüfung entziehen (und zum UV-Sektor lernt man gar nichts, weil man beliebig viele Counterterme einführen muss).

Also lerne ich aus der chiralen Störungstheorie zumindest einiges, was ich zur Realität in Beziehung setzen kann, aus der perturbativen Quantengravitation dagegen letztlich nichts.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Also scheinst du hier zwei verschiedene Maßstäbe zu verwenden ohne dafür eine gute Rechtfertigung zu haben.

Es geht nicht um die Maßstäbe zur Bewertung der Antworten sondern zunächst um die Fragestellungen.

Eine sinnvolle Fragestellung an die chiral-effektiven Theorien lautet: kann ich - und wie gut kann ich - praktisch messbare Größen berechnen?

Wie lautet denn deiner Meinung nach eine entsprechende Fragestellung an die perturbativen Quantengravitation?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Woher willst du das denn wissen? Und von welchen Alternativen weißt du heute schon, daß sie etwas Interessanteres liefern? Daß wir an Quanteneffekten der Gravitation experimentell nicht viel überprüfen können, trifft doch auf die Vorhersagen jeder Theorie zu.

Natürlich weiß ich das nicht. Aber man muss sich ja schon mal die Karten legen, welche Themen sinnvoll und erfolgversprechend erscheinen. Und da hat sich praktisch jeder - insbs. viele Experten in dem Feld - die Karten gelegt.

Und dass wir an Quanteneffekten der Gravitation experimentell nicht viel überprüfen können, bedeutet doch letztlich, dass Ansätze, die außer nicht messbarer Quanteneffekte nichts liefern, auch zu nichts weiter nützen.

Frage: was - außer nicht überprüfbaren Vorhersagen - könnten denn diese rein perturbativen Ansätze liefern?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber gut, ich nehme mal zur Kenntnis, daß du "mathematisch unsinnig" und "funktioniert nie" offenbar zurücknimmst und jetzt nur noch behauptest, die Rechnungen seien uninteressant. Sehe ich das richtig?

Ich halte sie tatsächlich für uninteressant.

Aber nochmal, meine Kritik ging in eine andere Richtung als das, auf was du hier abzielst:

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Es gibt ja schließlich Forderungen seitens der Physik daß die Gravitation Teilchen-basiert sein MUSS … könnte man so auf diese Art die Expansion des Weltalls … realistisch nachsimulieren?

Nein, diese Forderung vertritt heute praktisch niemand. Und zur Expansion haben derartige Ansätze wohl nichts beizutragen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht auch sicher nicht nur darum ein grundlegendes Prinzip zur Vereinigung von Gravitation und Quantentheorie zu finden. Es geht auch immer um phänomenologische Modelle, um das Niederenergieverhalten der noch unbekannten fundamentalen Theorien zu parametrisieren. Als solche werden effektive Feldtheorien ja auch gern verwendet.

Und was genau lernen wir aus den perturbativen Ansätzen zur Quantengravitation? Gibt es irgend eine wichtige Erkenntnis?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 07. Feb 2022 07:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich halte sie tatsächlich für uninteressant.

Aber nochmal, meine Kritik ging in eine andere Richtung als das, auf was du hier abzielst:


Ich ziele auf nichts anderes ab, als auf eine Klarstellung deiner Aussage oben

TomS hat Folgendes geschrieben:

**) In der Quantengravitation ist es sogar noch schlimmer, denn der Ansatz mittels Störungstheorie und “virtuellen Gravitonen” funktioniert nie! Bereits die Streuung zweier Gravitonen durch Austausch und “virtueller Gravitonen” führt zu mathematisch unsinnigen Ergebnissen.


Es kam zwar nicht so deutlich rüber, wie ich es mir gewünscht hätte, aber im Prinzip hast du ja zugegeben, daß dies eine Fehleinschätzung war. Die Behauptung dieselben Resultate, die du gerade noch für unmöglich erklärt hast, seien uninteressant, halte ich aber für ebenso schlecht begründet. Insbesondere hast du ja die Frage nicht beantwortet, welche alternativen Ansätze denn nach deinen Maßstäben interessantere Ergebnisse vorzuweisen hätten.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht auch sicher nicht nur darum ein grundlegendes Prinzip zur Vereinigung von Gravitation und Quantentheorie zu finden. Es geht auch immer um phänomenologische Modelle, um das Niederenergieverhalten der noch unbekannten fundamentalen Theorien zu parametrisieren. Als solche werden effektive Feldtheorien ja auch gern verwendet.

Und was genau lernen wir aus den perturbativen Ansätzen zur Quantengravitation? Gibt es irgend eine wichtige Erkenntnis?


Eine kurze Zusammenfassung einiger Resultate habe ich in diesem Artikel gefunden: Quantum gravity as a low energy effective field theory.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Feb 2022 08:11    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich ziele auf nichts anderes ab, als auf eine Klarstellung deiner Aussage oben

TomS hat Folgendes geschrieben:

**) In der Quantengravitation ist es sogar noch schlimmer, denn der Ansatz mittels Störungstheorie und “virtuellen Gravitonen” funktioniert nie! Bereits die Streuung zweier Gravitonen durch Austausch und “virtueller Gravitonen” führt zu mathematisch unsinnigen Ergebnissen.

Ok, stattgegeben, streiche das.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Insbesondere hast du ja die Frage nicht beantwortet, welche alternativen Ansätze denn nach deinen Maßstäben interessantere Ergebnisse vorzuweisen hätten.

Das ist eine neue Frage. Können wir im Folgenden gerne darauf eingehen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine kurze Zusammenfassung einiger Resultate habe ich in diesem Artikel gefunden: Quantum gravity as a low energy effective field theory.

Danke.

Ich hatte den Artikel vor Jahren mal überflogen. Wenn man an diesen Ansätzen arbeitet, sind derartige Ergebnisse natürlich interessant.

Meine persönliche Meinung hat sich aber nicht geändert: 1) die Vorhersagen der effektiven Theorie zur Quantengravitation sind nicht experimentell überprüfbar (im Gegensatz zu effektiven Theorien der starken Wechselwirkung); 2) zu interessanten und experimentell zugänglichen Effekten bei niedrigen Energien wie der kosmologischen Konstante oder einer emergenten Raumzeit hat die Theorie ebenfalls nichts zu sagen (im Gegensatz zu effektiven Theorien der starken Wechselwirkung, wo man z.B. Nukleonen recht erfolgreich als kollektive/topologische mesonische Anregungen beschreiben kann); 3) und natürlich liefert die effektive Theorie keine vernünftigen Resultate in der Nähe der Planckmasse (das war zu erwarten).

Deswegen sehe ich wirklich nicht, worin der Sinn dieses Ansatzes besteht. Das ist zwar eine subjektive Meinung, aber damit bin ich sicher nicht alleine.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Feb 2022 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich ziele auf nichts anderes ab, als auf eine Klarstellung deiner Aussage oben

TomS hat Folgendes geschrieben:

**) In der Quantengravitation ist es sogar noch schlimmer, denn der Ansatz mittels Störungstheorie und “virtuellen Gravitonen” funktioniert nie! Bereits die Streuung zweier Gravitonen durch Austausch und “virtueller Gravitonen” führt zu mathematisch unsinnigen Ergebnissen.

Ok, stattgegeben, streiche das.


Ok, danke für die Klarstellung. Dann können wir das abhaken.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Insbesondere hast du ja die Frage nicht beantwortet, welche alternativen Ansätze denn nach deinen Maßstäben interessantere Ergebnisse vorzuweisen hätten.

Das ist eine neue Frage. Können wir im Folgenden gerne darauf eingehen.


Für die Relevanz der effektiven Feldtheorie der Gravitation ist das natürlich die entscheidende Frage. Es sei denn du bezeichnest das gesamte Forschungsgebiet als uninteressant.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine kurze Zusammenfassung einiger Resultate habe ich in diesem Artikel gefunden: Quantum gravity as a low energy effective field theory.

Danke.

Ich hatte den Artikel vor Jahren mal überflogen. Wenn man an diesen Ansätzen arbeitet, sind derartige Ergebnisse natürlich interessant.

Meine persönliche Meinung hat sich aber nicht geändert: 1) die Vorhersagen der effektiven Theorie zur Quantengravitation sind nicht experimentell überprüfbar (im Gegensatz zu effektiven Theorien der starken Wechselwirkung);


Sie sind prinzipiell überprüfbar. Die praktischen Probleme dabei betreffen meines Wissens alle theoretischen Ansätze zur Quantengravitation. Das ist also kein besonders treffendes Argument gegen diese spezielle Theorie.

Der korrekte Vergleich wäre natürlich auch der zwischen verschiedenen Theorien zur Quantengravitation, nicht zwischen der effektiven Feldtheorie der Gravitation und der starken Wechselwirkung. Du kritisierst ja die QCD auch nicht auf der Basis, daß die Vorhersagen der QED bei niedrigen Energien viel leichter zu prüfen sind.

Zitat:

2) zu interessanten und experimentell zugänglichen Effekten bei niedrigen Energien wie der kosmologischen Konstante oder einer emergenten Raumzeit hat die Theorie ebenfalls nichts zu sagen.


Das sind wieder vollkommen willkürlich Maßstäbe. Wieso soll eine Theorie uninteressant sein, nur weil sie nichts zur kosmologischen Konstanten oder zu einer "emergenten Raumzeit" sagt? Fast alle interessanten Theorien tun das nicht.

Objektiv betrachtet macht die effektive Theorie Aussagen zu meßbaren Niederenergieeffekten von Gravitation, die von den Vorhersagen der ART verschieden sind. Das allein sollte sie eigentlich hinreichend interessant machen.

Zitat:

3) und natürlich liefert die effektive Theorie keine vernünftigen Resultate in der Nähe der Planckmasse (das war zu erwarten).


Gerade hast du dich beschwert, daß selbst die Vorhersagen bei geringen Energien kaum experimentell prüfbar sind. Jetzt willst du Aussagen bei der Planck-Skala. Das ist einfach das falsche Kriterium. Wenn es überhaupt eine Chance zur experimentellen Prüfung gibt, dann auf der Skala, wo die effektive Theorie wohldefiniert ist. Genau aus diesem Grund ist sie relevant.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 08. Feb 2022 18:19, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Feb 2022 20:28    Titel: Antworten mit Zitat

Wir drehen uns ein bisschen im Kreis ;-)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wieso soll eine Theorie uninteressant sein, nur weil sie nichts zur kosmologischen Konstanten oder zu einer "emergenten Raumzeit" sagt?
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Gerade hast du dich beschwert, daß selbst die Vorhersagen bei geringen Energien kaum experimentell prüfbar sind. Jetzt willst du Aussagen bei der Planck-Skala.

Du betrachtest diese beiden Regime immer getrennt. Meine Argumentation ist aber eine andere. Die effektive Theorie der Quantengravitation auf Basis einer perturbativen Quantisierung der Metrik
- macht im IR-Bereich zwar einige theoretische jedoch keine praktisch messbare Vorhersagen
- macht im UV-Bereich / nahe der Planckmasse keine vernünftigen Vorhersagen

Sie macht also weder prinzipiell interessante Aussagen im UV-Regime noch testbare Aussagen im IR-Regime. Daher erscheint sie mir persönlich irrelevant.

Wir können es übrigens dabei belassen; ich habe kein Problem damit, dass du das persönlich anders bewertest, ich erhebe da keinen Anspruch auf Objektivität.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Für die Relevanz der effektiven Feldtheorie der Gravitation ist das [welche alternativen Ansätze denn nach deinen Maßstäben interessantere Ergebnisse vorzuweisen hätten] natürlich die entscheidende Frage. Es sei denn du bezeichnest das gesamte Forschungsgebiet als uninteressant.

Nein, das Forschungsgebiet ist natürlich sehr interessant.

Was mir ohne weitere Recherche zu Vorhersagen im IR-Bereich einfällt:

Asymptotic Safety: Die Theorie besagt, dass sowohl die Gravitationskonstante als auch die kosmologische Konstante Gegenstand von Renormierungsgruppengleichungen sind; die Formulierung ist nicht-perturbativ, die Theorie hat vermutlich einen nicht-trivialen UV-Fixpunkt mit endlichen Konstanten; es gibt Hinweise, dass weitere Kopplungskonstanten der Theorie konsistent Null gesetzt werden können und nicht laufen.

Loop Quantum Cosmology: Vorhersagen zum CMB-Winkelspektrum (UV: Big Bounce / Eliminierung von Singularitäten; wobei das m.W.n. umstritten ist)

Causal dynamical triangulation: Hinweise auf deSitter-artige Expansion

Diese Ansätze sollten sollten auch bei der Planck-Skala gültig bleiben.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Feb 2022 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir drehen uns ein bisschen im Kreis ;-)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wieso soll eine Theorie uninteressant sein, nur weil sie nichts zur kosmologischen Konstanten oder zu einer "emergenten Raumzeit" sagt?
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Gerade hast du dich beschwert, daß selbst die Vorhersagen bei geringen Energien kaum experimentell prüfbar sind. Jetzt willst du Aussagen bei der Planck-Skala.

Du betrachtest diese beiden Regime immer getrennt.

Meine Argumentation ist aber eine andere. Die effektive Theorie der Quantengravitation auf Basis einer perturbativen Quantisierung der Metrik
- macht im IR-Bereich zwar einige theoretische jedoch keine praktisch messbare Vorhersagen
- macht im UV-Bereich / nahe der Planckmasse keine vernünftigen Vorhersagen

Sie macht also weder prinzipiell interessante Aussagen im UV-Regime noch testbare Aussagen im IR-Regime.


Sie macht prinzipiell interessante und prinzipiell testbare Aussagen weit unterhalb der Planck-Skala, z.B. wie die Teilchenablenkung im Gravitationsfeld vom Spin abhängt. (Ob dies ein realer Effekt ist, weiß ich natürlich nicht. Aber das weiß ich auch nicht über irgendeine Aussage alternativer Theorien der Quantengravitation. Und ich denke bis jetzt weiß das keiner.)

Du stellst eine falsche Alternative auf: entweder prinzipiell interessant an der Planck-Skala oder praktisch meßbar. Das führt natürlich zu falschen Schlußfolgerungen, selbst wenn du sie als "nicht objektiv" bezeichnest. Das sieht man schon daran, daß "praktisch meßbar" (egal auf welcher Skala) bisher von keiner Theorie der Quantengravitation erfüllt wird. Also spielt es bei der Bewertung schon mal überhaupt keine Rolle. Damit bleibt die künstliche Einschränkung, daß du Aussagen nur als "prinzipiell interessant" betrachtest, wenn sie sich auf die Planck-Skala beziehen. Das ist aber kein vernünftiges Kriterium und du wendest es ja auch nur in diesem speziellen Fall an.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Feb 2022 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du stellst eine falsche Alternative auf: entweder prinzipiell interessant an der Planck-Skala oder praktisch meßbar.

Das schreibe ich so nirgendwo.

Mein Kriterium ist "entweder prinzipiell interessant an der Planck-Skala oder praktisch testbar - oder beides". Man könnte auch anders argumentieren: "wenn schon keine UV-vollständige Theorie, dann wenigstens eine, die im IR-Bereich testbare Vorhersagen macht". Die perturbative Theoreie erfüllt jedenfalls nichts davon.

Auch wenn du den Vergleich nicht magst: eine nicht-UV-vollständige Hadron-Theorie, die im IR-Bereich keine testbaren Vorhersagen macht, wäre für die Tonne. Warum sollte das bei der Quantengravitation anders sein?

(ich ändere meine Meinung, sobald die Vorhersagen in den Bereich der Testbarkeit fallen)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das sieht man schon daran, daß "praktisch meßbar" (egal auf welcher Skala) bisher von keiner Theorie der Quantengravitation erfüllt wird.

Siehe oben: die LQC liefert ebenfalls Quantenkorrekturen zu den Einstein-Gleichungen; sie ist wohl UV-vollständig und sie liefert konkrete Korrekturen zum CMB-Winkelspektrum.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 08. Feb 2022 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du stellst eine falsche Alternative auf: entweder prinzipiell interessant an der Planck-Skala oder praktisch meßbar.

Das schreibe ich so nirgendwo.

Mein Kriterium ist "entweder prinzipiell interessant an der Planck-Skala oder praktisch testbar - oder beides".


Das ist ja nun egal. Mein Argument war ja, daß prinzipiell interessante Vorhersagen auch unterhalb der Planck-Skala existieren und diese genauso gut testbar sind wie die Aussagen der alternativen Theorien. (Zumindest nehme ich letzteres an. So genau kenne ich mich nicht aus.)

Zitat:

Man könnte auch anders argumentieren: "wenn schon keine UV-vollständige Theorie, dann wenigstens eine, die im IR-Bereich testbare Vorhersagen macht". Die perturbative Theoreie erfüllt jedenfalls nichts davon.


Das bleibt dieselbe falsche Alternative. Man könnte genauso gut argumentieren, daß UV-Vollständigkeit völlig egal ist für die Frage, wie interessant die Vorhersagen der Theorie in ihrem Gültigkeitsbereich sind. Tatsächlich erscheint mir das die einzig sinnvolle Ansicht zu sein.

Zitat:

Auch wenn du den Vergleich nicht magst: eine nicht-UV-vollständige Hadron-Theorie, die im IR-Bereich keine testbaren Vorhersagen macht, wäre für die Tonne.

Warum sollte das bei der Quantengravitation anders sein?


Ich behaupte nicht, daß es anders ist. Ich behaupte, daß die Aussagen genauso gut testbar sind, wie die der Alternativen und daß UV-Vollständigkeit in dieser Situation relativ egal ist. (Es ist zwar eine schöne Eigenschaft, aber man erwartet sie eigentlich nicht von einer realistischen QFT. Schon gar nicht ist es eine notwendige Bedingung in irgendeinem relevanten Sinn.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das sieht man schon daran, daß "praktisch meßbar" (egal auf welcher Skala) bisher von keiner Theorie der Quantengravitation erfüllt wird.

Siehe oben: die LQC liefert ebenfalls Quantenkorrekturen zu den Einstein-Gleichungen; sie ist wohl UV-vollständig und sie liefert konkrete Korrekturen zum CMB-Winkelspektrum.


Die effektive Theorie liefert auch alle möglichen konkreten Quantenkorrekturen. (Eine hatte ich eben bereits genannt, aber das ist nicht die einzige.) Wie gesagt, du verwendest Doppelstandards.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Feb 2022 22:45    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Man könnte auch anders argumentieren: "wenn schon keine UV-vollständige Theorie, dann wenigstens eine, die im IR-Bereich testbare Vorhersagen macht". Die perturbative Theoreie erfüllt jedenfalls nichts davon.

Das bleibt dieselbe falsche Alternative.

Das ist deine subjektive Meinung.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man könnte genauso gut argumentieren, daß UV-Vollständigkeit völlig egal ist für die Frage, wie interessant die Vorhersagen der Theorie in ihrem Gültigkeitsbereich sind. Tatsächlich erscheint mir das die einzig sinnvolle Ansicht zu sein.

Man könnte auch argumentieren, dass eine Theorie, die in ihren Gültigkeitsbereich keine praktisch testbare Vorhersagen macht, und deren Gültigkeitsbereich auf einen uninteressanten Bereich limitiert ist, uninteressant ist.

Das ist jedenfalls meine subjektive Meinung.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die effektive Theorie liefert auch alle möglichen konkreten Quantenkorrekturen.

Die LQC liefert nicht „alle möglichen“ Quantenkorrekturen sondern zumindest eine praktisch testbare Korrekturen zum CMB-Winkelspektrum.


Aber nochmal, das war nicht der Punkt.

Kassiopeija hat Folgendes geschrieben:
Es gibt ja schließlich Forderungen seitens der Physik daß die Gravitation Teilchen-basiert sein MUSS … könnte man so auf diese Art die Expansion des Weltalls … realistisch nachsimulieren?

Die störungstheoretische Quantisierung der Metrik ist m.W.n. die einzige Theorie, die in gewisser Weise „teilchenbasiert“ im Sinne einer üblichen Quantenfeldtheorie ist. Da man jedoch weiß, dass sie UV-unvollständig ist, und daher davon ausgeht, dass sie die wesentlichen Probleme der Quantengravitation nicht löst, da sie zudem keine experimentell testbaren Vorhersagen liefert - und da die Experten sicher noch andere Gründe anführen können - erscheint mir dieser Ansatz uninteressant zu sein.

Deswegen gibt es sicher keine Forderungen, dass die Gravitation teilchenbasiert sein muss. Im Gegenteil, es gibt fast ausschließlich Ansätze, in denen die Gravitation explizit nicht teilchenbasiert Sinne einer Quantenfeldtheorie ist.

LQG/LQC/Spinfoams, Strings, AdS/CFT, Causal Dynamical Triangulation,, Asymptotic Safety … halten die Gravitation nicht im Sinne einer Quantenfeldtheorie für perturbativ quantisierbar, und sehen Gravitonen möglicherweise als in einem speziellen Regime als emergente - jedenfalls nicht fundamentale - Freiheitsgrade an.

Fast alle Diskussionen, die ich kenne, drehen sich in wesentlichen um zwei Ziele: eine konsistente UV-vollständige Theorie fundamentaler Freiheitsgrade, und/oder die Vorhersage praktisch beobachtbarer Phänomene.

Und in diesem Kontext ist es wohl wenig vermessen zu behaupten, dass der perturbative Ansatz - weder UV-vollständig noch überprüfbare Vorhersagen - praktisch irrelevant bzw. uninteressant erscheint. Andernfalls würden deutlich mehr Physiker daran arbeiten.

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Zeitlos
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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 09. Feb 2022 00:02    Titel: Antworten mit Zitat

Jajaja ihr zwei könnt das sicher endlos fortführen, Fakt ist jedoch das die Physik in den letzen Jahren null Fortschritt gemacht hat. Es sieht sogar so aus als ob man irgendwelche neuen Theorien entwickelt mit dem Ziel das die nicht überprüfbar sind und deshalb lange bestehen. Muss ja jeder für sich selber wissen was er macht aber ich denke das man die ganze Sache so jedenfals nicht vorranbringt.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Feb 2022 07:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Man könnte auch anders argumentieren: "wenn schon keine UV-vollständige Theorie, dann wenigstens eine, die im IR-Bereich testbare Vorhersagen macht". Die perturbative Theoreie erfüllt jedenfalls nichts davon.

Das bleibt dieselbe falsche Alternative.

Das ist deine subjektive Meinung.


Meine Meinung ist hauptsächlich, daß du deine eigenen Kriterien zur Beurteilung inkonsequent anwendest. Das kann natürlich ein Irrtum sein, aber es ist nicht subjektiv.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man könnte genauso gut argumentieren, daß UV-Vollständigkeit völlig egal ist für die Frage, wie interessant die Vorhersagen der Theorie in ihrem Gültigkeitsbereich sind. Tatsächlich erscheint mir das die einzig sinnvolle Ansicht zu sein.

Man könnte auch argumentieren, dass eine Theorie, die in ihren Gültigkeitsbereich keine praktisch testbare Vorhersagen macht, und deren Gültigkeitsbereich auf einen uninteressanten Bereich limitiert ist, uninteressant ist.


So kann man nur argumentieren, wenn die Voraussetzungen zutreffen. Das ist hier aber soweit ich sehe nicht der Fall. Der Gültigkeitsbereich ist alles andere als uninteressant. Und daß sie praktisch schlechter testbar ist, als ihre Alternativen, hast du bis jetzt nicht mal versucht zu begründen. Es kommt mir auch unwahrscheinlich vor. Prinzipiell besser testbar als in der Form "Bekannte Theorie + Korrekturterme mit Potenzen der inversen Planckmasse" kann es doch eigentlich kaum werden.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die effektive Theorie liefert auch alle möglichen konkreten Quantenkorrekturen.

Die LQC liefert nicht „alle möglichen“ Quantenkorrekturen sondern zumindest eine praktisch testbare Korrekturen zum CMB-Winkelspektrum.


Wieso sind diese Vorhersagen denn praktisch besser testbar? Man kann auch mit der effektiven Feldtheorie Kosmologie betreiben. Welche Vorhersagen das ergibt, weiß ich nicht, aber ich vermute du auch nicht. Oder doch?

Zitat:

Aber nochmal, das war nicht der Punkt.


Nochmal, der Rest ist schon längst abgehakt. Daß es keine Forderung nach "teilchenbasierter" Gravitation gibt, mußt du mir nicht erklären. Ich bestreite auch nicht, daß die effektive Theorie keine sinnvollen Vorhersagen an der Planck-Skala macht. Ich bestreite nur, daß dies die einzigen wären, die interessant sind und daß die anderen Vorhersagen in irgendeinem relevanten Sinn "nicht testbar" sind.

Zitat:

Die störungstheoretische Quantisierung der Metrik ist m.W.n. die einzige Theorie, die in gewisser Weise „teilchenbasiert“ im Sinne einer üblichen Quantenfeldtheorie ist.

[...]

LQG/LQC/Spinfoams, Strings, AdS/CFT, Causal Dynamical Triangulation,, Asymptotic Safety … halten die Gravitation nicht im Sinne einer Quantenfeldtheorie für perturbativ quantisierbar, und sehen Gravitonen möglicherweise als in einem speziellen Regime als emergente - jedenfalls nicht fundamentale - Freiheitsgrade an.


Asymptotic Safety ist doch eine Eigenschaft von Quantenfeldtheorien oder nicht? Gehen die Vorhersagen der "asymptotisch sicheren" Quantengravitation bei niedriegen Energien nicht in die der effektiven QFT über? In dem Fall dürfte sie nach deinem Kriterium doch nicht interessanter sein.
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