RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Teilchen mit der Eigenschaft "Negativer Raum" - Seite 2
Gehe zu Seite Zurück  1, 2 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Quantenphysik
Autor Nachricht
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 09. Feb 2022 10:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wieso sind diese Vorhersagen [Korrekturen zum CMB-Winkelspektrum] denn praktisch besser testbar?

Weil man sie messen kann ;-)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man kann auch mit der effektiven Feldtheorie Kosmologie betreiben. Welche Vorhersagen das ergibt, weiß ich nicht, aber ich vermute du auch nicht.

Dazu muss ich weiter suchen; ich bisher nichts dazu gefunden.

Bei der LQC kenne ich die o.g. Vorhersage zum CMB-Winkelspektrum.

Aus der Asymptotic Safety folgen ebenfalls Aussagen zu Dichtefluktuationen im frühen Universum; welche konkreten Vorhersagen zur CMB folgen, weiß ich nicht. Die AS liefert m.W.n. weitere Modifikationen, die auf einen modifizierten Newtonschen Grenzfall hinweisen; das wäre dann vergleichbar mit der "MOND-Hypothese" zu Rotationskurven von Galaxien; auch dazu muss ich nachlesen. Unter der Annahme, dass die Asymptotic Safety zutreffend und das Standardmodell bzgl. der Teilchen vollständig ist, folgt außerdem eine Aussage zum erlaubten Bereich der Higgsmasse. Zur Inflation gibt es ein Paper von Weinberg.

https://arxiv.org/abs/hep-th/0410117
https://arxiv.org/abs/0912.0208
https://arxiv.org/abs/0911.3165




index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal, der Rest ist schon längst abgehakt. Daß es keine Forderung nach "teilchenbasierter" Gravitation gibt, mußt du mir nicht erklären. Ich bestreite auch nicht, daß die effektive Theorie keine sinnvollen Vorhersagen an der Planck-Skala macht. Ich bestreite nur, daß dies die einzigen wären, die interessant sind und daß die anderen Vorhersagen in irgendeinem relevanten Sinn "nicht testbar" sind.

Ok, verstanden. Sehe ich zwar anders, aber das müssen wir jetzt nicht zigfach wiederholen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Asymptotic Safety ist doch eine Eigenschaft von Quantenfeldtheorien oder nicht? Gehen die Vorhersagen der "asymptotisch sicheren" Quantengravitation bei niedriegen Energien nicht in die der effektiven QFT über?

Nach meinem Verständnis startet der Ansatz der Asymptotic Safety im IR-Regime ja gerade nicht mit G = 0 sondern mit G = G_Newton. D.h. eine Trajektorie mit G = 0 im IR-Limes wäre nach der AS eine "andere Theorie im Parameterraum". Ich weiß nicht, wie beides zusammenpassen soll, kann das aber nicht ich im Detail beurteilen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 10. Feb 2022 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Bei der LQC kenne ich die o.g. Vorhersage zum CMB-Winkelspektrum.

Die mir leider nach der Lektüre von Bojowalds Artikeln wenig zuverlässig erscheint:

https://arxiv.org/abs/2106.02481
Cosmic tangle: Loop quantum cosmology and CMB anomalies
Martin Bojowald
Loop quantum cosmology is a conflicted field in which exuberant claims of observability coexist with serious objections against the conceptual and physical viability of its current formulations. This contribution presents a non-technical case study of the recent claim that loop quantum cosmology might alleviate anomalies in observations of the cosmic microwave background.

https://arxiv.org/abs/2002.05703
Critical evaluation of common claims in loop quantum cosmology
Martin Bojowald
A large number of models have been analyzed in loop quantum cosmology, using mainly minisuperspace constructions and perturbations. At the same time, general physics principles from effective field theory and covariance have often been ignored. A consistent introduction of these ingredients requires substantial modifications of existing scenarios. As a consequence, none of the broader claims made mainly by the Ashtekar school --- such as the genericness of bounces with astonishingly semiclassical dynamics, robustness with respect to quantization ambiguities, the realization of covariance, and the relevance of certain technical results for potential observations --- hold up to scrutiny. Several useful lessons for a sustainable version of quantum cosmology can be drawn from this outcome.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Feb 2022 12:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wieso sind diese Vorhersagen [Korrekturen zum CMB-Winkelspektrum] denn praktisch besser testbar?

Weil man sie messen kann ;-)


Und die Vorhersagen der effektiven Theorie kann man schlechter messen? Wie kommst du darauf? Vielleicht mal eine etwas allgemeinere Frage: Du scheinst ja nicht prinzipiell auszuschließen, daß Niederenergieeffekte der Gravitation mittels Quantenfeldtheorie beschreibbar sind. Es erscheint mir dann aber, insbesondere mit dem Hinweis auf Meßbarkeit, absolut widersprüchlich, gerade die Untersuchung dieser Quantenfeldtheorie als uninteressant einzuschätzen. Wenn überhaupt irgendwelche Quanteneffekte praktisch meßbar sind, dann doch die bei niedrigen Energien. Und das müssen dann auch genau die Effekte sein, die von irgendeiner effektiven Quantenfeldtheorie vorhergesagt werden. Andere kann es doch unter der Voraussetzung gar nicht geben. Die Parametrisierung dieser Effekte ist genau der Grund (oder ein Grund) warum man effektive Feldtheorien überhaupt untersucht, nicht nur im Bereich der Quantengravitation. Genau aus der Vermessung dieser Parameter erhofft man sich Information über die Hochenergiedynamik. Die Untersuchung effektiver Theorien ist nur dann unsinnig, wenn ausgeschlossen ist, daß Gravitation unterhalb irgendeiner Skala in eine Quantenfeldtheorie übergeht. Aber das weiß man eben nicht. Ich denke aber es ist alles andere als unwahrscheinlich, daß es so ist. Und deswegen ist es sinnvoll, diese Theorien zu untersuchen.


Zitat:
Die AS liefert m.W.n. weitere Modifikationen, die auf einen modifizierten Newtonschen Grenzfall hinweisen; das wäre dann vergleichbar mit der "MOND-Hypothese" zu Rotationskurven von Galaxien; auch dazu muss ich nachlesen. Unter der Annahme, dass die Asymptotic Safety zutreffend und das Standardmodell bzgl. der Teilchen vollständig ist, folgt außerdem eine Aussage zum erlaubten Bereich der Higgsmasse. Zur Inflation gibt es ein Paper von Weinberg.


Ich verstehe immer noch nicht, worauf du mit Asymptotic Safety eigentlich hinauswillst. Für mich widerlegt diese Option eigentlich fast alle deine Behauptungen. Weinberg hat genau mit dem Ansatz angefangen, den du die ganze Zeit als wertlos abtust. Asymptotic Safety ist nach meinem Verständnis lediglich eine hypothetische Lösung für genau die Probleme im UV-Regime, die du monierst und zwar auf Basis einer QFT. Aber es gibt meines Wissens keinen Grund zu der Annahme, daß zumindest der Niederenergiebereich nicht durch eine Quantenfeldtheorie beschreibbar ist. Und das ist genau die Art von Theorie, von der du nichts wissen willst.

Und wenn Gravitation nicht auf irgendeiner Skala eine Quantenfeldtheorie ist, worauf bezieht sich dann die Asymptotic Safety?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Asymptotic Safety ist doch eine Eigenschaft von Quantenfeldtheorien oder nicht? Gehen die Vorhersagen der "asymptotisch sicheren" Quantengravitation bei niedriegen Energien nicht in die der effektiven QFT über?

Nach meinem Verständnis startet der der Ansatz der Asymptotic Safety im IR-Regime ja gerade nicht mit G = 0 sondern mit G = G_Newton.


Wie? Wer startet denn mit G=0? Die ganzen Niederenergietheoreme der effektiven Feldtheorie enthalten die ganz normale Newtonsche Gravitationskonstante (auch bekannt unter der umständlichen Bezeichnung "inverse Planckmasse zum Quadrat".) Wenn das alles null wäre (bzw. die Planckmasse unendlich), gäbe es überhaupt keinen Effekt mehr, nicht mal einen korrekten klassischen Grenzfall.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Feb 2022 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Bei der LQC kenne ich die o.g. Vorhersage zum CMB-Winkelspektrum.

Die mir leider nach der Lektüre von Bojowalds Artikeln wenig zuverlässig erscheint:


Danke für die Artikel. Das klingt aber sehr ernüchternd. Damit stehen wir in Bezug auf das Testbarkeitskriterium eigentlich wieder am Anfang der Diskussion.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Feb 2022 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst ja nicht prinzipiell auszuschließen, daß Niederenergieeffekte der Gravitation mittels Quantenfeldtheorie beschreibbar sind.

Ich verstehe immer noch nicht, worauf du mit Asymptotic Safety eigentlich hinauswillst. Für mich widerlegt diese Option eigentlich fast alle deine Behauptungen. Weinberg hat genau mit dem Ansatz angefangen, den du die ganze Zeit als wertlos abtust.

Aber es gibt meines Wissens keinen Grund zu der Annahme, daß zumindest der Niederenergiebereich nicht durch eine Quantenfeldtheorie beschreibbar ist. Und das ist genau die Art von Theorie, von der du nichts wissen willst.

Ich hatte konkret von einer perturtbativen Quantenfeldtheorie gesprochen, die ich im Falle der Gravitation für ziemlich sinnlos halte:

Zitat:
Mit perturbativen effektiven Modellen zur Quantengravitation lernt man dagegen nichts Interessantes.

Also lerne ich aus der chiralen Störungstheorie zumindest einiges, was ich zur Realität in Beziehung setzen kann, aus der perturbativen Quantengravitation dagegen letztlich nichts.

Was - außer nicht überprüfbaren Vorhersagen - könnten denn diese rein perturbativen Ansätze liefern?

Meine Argumentation ist aber eine andere. Die effektive Theorie der Quantengravitation auf Basis einer perturbativen Quantisierung der Metrik
- macht im IR-Bereich zwar einige theoretische jedoch keine praktisch messbare Vorhersagen
- macht im UV-Bereich / nahe der Planckmasse keine vernünftigen Vorhersagen

Und in diesem Kontext ist es wohl wenig vermessen zu behaupten, dass der perturbative Ansatz - weder UV-vollständig noch überprüfbare Vorhersagen - praktisch irrelevant bzw. uninteressant erscheint.

Im vorliegenden Fall wird z.B. nach einer (beschleunigt) expandierenden Raumzeit gefragt. Ein störungstheoretischer Ansatz muss die klassische expandierende Raumzeit voraussetzen und kann darauf Fluktuationen (Gravitonen) betrachten. D.h. aber, dass die expandierende Raumzeit gerade nicht erklärt wird (genauso wie die Störungstheorie in der QCD nichts zur Existenz von Hadronen zu sagen hat).
Die Raumzeit als kollektives Phänomen hat noch niemand störungstheoretisch mittels Gravitonen verstanden, und niemand glaubt ggw., dass dies möglich ist. AdS/CFT und allgemein Gauge/Gravity Duality erlauben vielleicht einen störungstheoretischen Zugang, jedoch nicht mittels Gravitonen sondern mittels völlig anderer Freiheitsgrade.

Und genau das funktioniert mittels störungstheoretischer Gravitonen - das wären die einigen teilchenartigen Konzepte im Zusammenhang mit der Gravitation, die mir bekannt sind - nicht.

...


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie? Wer startet denn mit G=0? Die ganzen Niederenergietheoreme der effektiven Feldtheorie, enthalten die ganz normale Newtonsche Gravitationskonstante (auch bekannt unter der umständlichen Bezeichnung "inverse Planckmasse zum Quadrat".) Wenn das alles null wäre (bzw. die Planckmasse unendlich), gäbe es überhaupt keinen Effekt mehr, nicht mal einen korrekten klassischen Grenzfall.

Das ist auch in etwa der Punkt.

Die Quantengravitation ist nicht perturbativ renormierbar, d.h. dass unendlich viele Kopplungskonstanten erforderlich sind, um ultraviolette Divergenzen zu absorbieren, da in jeder Loop-Ordnung neue Counterterme auftreten. Das grundlegende Problem ist der UV-Cutoff, der so ins Unendliche verschoben wird, dass eine wechselwirkende und bei endlichen Energieskalen sinnvolle d.h. endliche Quantenfeldtheorie zurückbleibt.

Ich denke, mittels der Wilsonschen RG-Methode kann man das Problem wie folgt zusammenfassen:

Der Kontinuumslimes entspricht einem RG-Fluss der effektiven Wirkung aus einem UV-Fixpunkt entlang relevanter Richtungen (Lösungen der RG-Gleichung am Fixpunkt). Im perturbativen Fall ist der einzige Fixpunkt der Gaußsche Punkt der freien Theorie. Wenn man die Einstein-Hilbert-Wirkung in kleinen Fluktuationen entwickelt, resultieren aus den (unendliche vielen) Wechselwirkungstermen ausschließlich irrelevante Operatoren. Der einzige perturbative Kontinuumslimes ist also derjenige mit freien Gravitonen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 11. Feb 2022 13:55, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Feb 2022 13:55    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Danke für die Artikel. Das klingt aber sehr ernüchternd. Damit stehen wir in Bezug auf das Testbarkeitskriterium eigentlich wieder am Anfang der Diskussion.

Gerne.

Na ja, ich hatte ja eher argumentiert, dass der perturbative Ansatz an sich Käse ist - ohne auf andere Ansätze einzugehen. Ich denke, die Diskussion sollten wir beenden, weil wir uns da eh nur im Kreis drehen (und weil die einzigen Experten, die das beurteilen können, gerade diejenigen sind, die den Ansatz nicht für sinnlos halten, sonst würden sie nicht daran arbeiten ;-)

Bzgl. praktischer Testbarkeit denke ich immer noch, dass der perturbative Ansatz nichts taugt, weil er keine Korrekturen produzieren kann, die praktisch messbar wären. Daher benötigt man einen nicht-perturbativen Ansatz mit möglicherweise nicht-perturbativen Effekten.

Gut, die LQC scheidet möglicherweise auch aus. Bojowald - und der sollte es als führender Experte auf dem Gebiet wissen - kritisiert nicht nur offene Punkte der LQC, sondern er sieht diese offenen Punkte tatsächlich genau bei den hier relevanten Vorhersagen. Und seine Argumente sind jetzt keine Kleinigkeiten, die man so einfach reparieren könnte; das klingt schon fast ruinös.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Feb 2022 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du scheinst ja nicht prinzipiell auszuschließen, daß Niederenergieeffekte der Gravitation mittels Quantenfeldtheorie beschreibbar sind.

...

Ich verstehe immer noch nicht, worauf du mit Asymptotic Safety eigentlich hinauswillst. Für mich widerlegt diese Option eigentlich fast alle deine Behauptungen. Weinberg hat genau mit dem Ansatz angefangen, den du die ganze Zeit als wertlos abtust.

Aber es gibt meines Wissens keinen Grund zu der Annahme, daß zumindest der Niederenergiebereich nicht durch eine Quantenfeldtheorie beschreibbar ist. Und das ist genau die Art von Theorie, von der du nichts wissen willst.

Ich hatte konkret von der rein perturtbativen Quantenfeldtheorie gesprochen.


Was soll denn das sein? Bisher dachte ich du meinst damit nichtrenormierbare Theorien (unten sieht es wieder so aus, als meintest du das auch). Diese Eigenschaft ist aber vollkommen irrelevant. Denn niemand hat je behauptet, daß die fundamentale Theorie der Gravitation eine QFT ist. Es geht nur um das wohldefnierte Niederenergieverhalten dieser Theorie.

Abgesehen davon sind alle mir bekannten realistischen Quantenfeldtheorien "perturbative" Theorien in dem Sinne, daß sie lediglich über eine Störungsreihe und Fockdarstellungen definiert sind, die nur im Rahmen nichtrigoroser Regularisierungsprozeduren Sinn ergeben und ansonsten unklar ist, ob überhaupt eine zugrundeliegende Quantentheorie existiert.

Zitat:

Zitat:
Mit perturbativen effektiven Modellen zur Quantengravitation lernt man dagegen nichts Interessantes

[etc.]

...



Warum wiederholst du das alles? Ich werde daraus nicht schlauer als beim ersten Mal.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie? Wer startet denn mit G=0? Die ganzen Niederenergietheoreme der effektiven Feldtheorie, enthalten die ganz normale Newtonsche Gravitationskonstante (auch bekannt unter der umständlichen Bezeichnung "inverse Planckmasse zum Quadrat".) Wenn das alles null wäre (bzw. die Planckmasse unendlich), gäbe es überhaupt keinen Effekt mehr, nicht mal einen korrekten klassischen Grenzfall.

Das ist auch in etwa der Punkt.


Was ist der Punkt? Wer startet mit G=0? Soweit ich weiß niemand. Welche Relevanz hatte also dieser Einwand? Ich fürchte ich kann dir nicht folgen.

Zitat:

Die Quantengravitation ist nicht perturbativ renormierbar, d.h. dass unendlich viele Kopplungskonstanten erforderlich sind, um ultraviolette Divergenzen zu absorbieren, da in jeder Loop-Ordnung neue Counterterme auftreten.


Das hatten wir doch schon. Das ist irrelevant. Auf einer fixen Skala gibt es nur endlich viele, die überhaupt eine quantitative Rolle spielen, weil alle anderen mit immer größer werdenden Potenzen der Planckmasse unterdrückt sind.

Du kannst das komplette Standardmodell ebenfalls als effektive Theorie ansehen, mit der Zusatzbedingung, daß bestimmte Kopplungsparameter exakt null sind. Ob sie aber wirklich null sind oder nur unmeßbar klein, macht für die praktische Prüfbarkeit der Vorhersagen keinen Unterschied. Es ist aber ein himmelweiter Unterschied in Bezug auf die Renormierbarkeit der Theorie. Daraus folgt, daß Renormierbarkeit hier keine Rolle spielt.

Zitat:

Das grundlegende Problem ist der UV-Cutoff, der so ins Unendliche verschoben wird, dass eine wechselwirkende und bei endlichen Energieskalen sinnvolle d.h. endliche Quantenfeldtheorie zurückbleibt.


Nein, das wird er nicht. Er wird auf die Planckmasse festgelegt. Ihn unendlich zu setzen wäre ziemlich absurd. (Das siehst du leicht, wenn du in den Niederenergietheoremen setzt. Dann bleibt nämlich nichts mehr übrig.) Und auch mit endlicher Planckmasse ergibt die effektive QFT störungstheoretisch Sinn. Und mehr Sinn ergibt das Standardmodell auch nicht.

Zitat:

Ich denke, mittels der Wilsonschen RG-Methode kann man das Problem wie folgt zusammenfassen:

Der Kontinuumslimes entspricht einem RG-Fluss der effektiven Wirkung aus einem UV-Fixpunkt entlang relevanter Richtungen (Lösungen der RG-Gleichung am Fixpunkt).


Ja, und daraus ergibt sich nichts anderes als eine Menge von Parametersätzen bei niedrigen Energien für eine effektive Quantenfeldtheorie. Jede davon definiert eine asymptotisch sichere QFT.

Zitat:

Im perturbativen Fall ist der einzige Fixpunkt der Gaußsche Punkt der freien Theorie.


Diese Aussage ergibt keinen Sinn für mich. Was soll das heißen "im perturbativen Fall"?

Zitat:

Wenn man die Einstein-Hilbert-Wirkung in kleinen Fluktuationen entwickelt, resultieren aus den (unendliche vielen) Wechselwirkungstermen ausschließlich irrelevante Operatoren. Der einzige perturbative Kontinuumslimes ist also derjenige mit freien Gravitonen.


Man weiß doch gar nicht wie die Renormierungsgruppengleichungen für Quantengravitation exakt aussehen. Dein Argument würde genauso auf die QED zutreffen (bzw. für das Standardmodell mit einem einzelnen Higgs). Die Theorie ist nicht asymptotisch frei, und störungstheoretisch sieht es so aus, als ob die Kopplungen bei endlicher Skala gegen unendlich laufen. Wenn das nicht lediglich ein störungstheoretisches Artefakt ist, wäre die einzig wohldefinierte Quantenfeldtheorie des EM-Feldes die freie Theorie. Das ist doch ein bekanntes Problem der Quantentrivialität. Wie die Lösung aussieht, weiß man nicht sicher, erst recht nicht für die Quantengravitation. Deswegen allein ist asymptotic safety doch hier überhaupt eine Option. Und aus demselben Grund ist das kein Argument gegen eine effektive QFT des Gravitationsfeldes.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Feb 2022 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Danke für die Artikel. Das klingt aber sehr ernüchternd. Damit stehen wir in Bezug auf das Testbarkeitskriterium eigentlich wieder am Anfang der Diskussion.

Gerne.

Na ja, ich hatte ja eher argumentiert, dass der perturbative Ansatz an sich Käse ist - ohne auf andere Ansätze einzugehen.


Ich weiß, so hast du ja auch argumentiert. Aber deine Argumente treffen auf so gut wie alles zu, was man mit Quantenfeldtheorien machen kann. Deswegen glaube ich, daß es hier nicht um irgendwelche esoterischen Punkte geht, die speziell mit Quantengravitation zu tun haben.

Zitat:

Bzgl. praktischer Testbarkeit denke ich immer noch, dass der perturbative Ansatz nichts taugt, weil er keine Korrekturen produzieren kann, die praktisch messbar wären.


Aber wieso denn kann? Das sieht nach einem prinzipiellen Argument aus. Ich versuche die ganze Zeit herauszufinden, welches das sein könnte. Aber ich werde einfach nicht so recht schlau daraus.

Zitat:

Gut, die LQC scheidet möglicherweise auch aus. Bojowald - und der sollte es als führender Experte auf dem Gebiet wissen - kritisiert nicht nur offene Punkte der LQC, sondern er sieht diese offenen Punkte tatsächlich genau bei den hier relevanten Vorhersagen. Und seine Argumente sind jetzt keine Kleinigkeiten, die man so einfach reparieren könnte; das klingt schon fast ruinös.


Hm, interessant. Ich verstehe so wenig von LQC, daß ich nicht weiß ob ich seine Gegenargumente verstehen kann. Und wenn sie korrekt sind, lohnt es sich ja vielleicht gar nicht irgendwas besser zu verstehen. Dieselbe Einstellung hatte ich bisher immer zur Stringtheorie.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Feb 2022 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich hatte konkret von der rein perturtbativen Quantenfeldtheorie gesprochen.

Was soll denn das sein? Bisher dachte ich du meinst damit nichtrenormierbare Theorien.

Ich hatte seitenweise „nicht perturbativ“ bzw. „nicht perturbativ renormierbar“ geschrieben.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… niemand hat je behauptet, daß die fundamentale Theorie der Gravitation eine QFT ist.

Weinbergs Hypothese der Asymptotic Safety besagt genau das: eine nicht-perturbativ renormierbare, UV-vollständige Quantenfeldtheorie.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht nur um das wohldefinierte Niederenergieverhalten dieser Theorie.

Bei der Asymptotic Safety nicht nur darum.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Abgesehen davon sind alle mir bekannten realistischen Quantenfeldtheorien "perturbative" Theorien in dem Sinne, daß sie lediglich über eine Störungsreihe und Fockdarstellungen definiert sind, die nur im Rahmen nichtrigoroser Regularisierungsprozeduren Sinn ergeben und ansonsten unklar ist, ob überhaupt eine zugrundeliegende Quantentheorie existiert.

Die Gittereichetheorie der QCD ist nichtperturbativ formuliert.

Diverse SUSY-Theorien können nicht-perturbativ definiert und teilweise gelöst werden (Witten).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Warum wiederholst du das alles? Ich werde daraus nicht schlauer als beim ersten Mal.

Meine Kritik richtet sich gegen den perturbativen Ansatz. Ich weiß nicht, wie oft ich „perturbativ“ schreiben muss, damit du verstehst, dass er ausschließlich um „perturbativ“ geht ;-)

Zitat:
Was ist der Punkt? Wer startet mit G=0? Soweit ich weiß niemand. Welche Relevanz hatte also dieser Einwand?

Siehe folgendes.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das (Die Quantengravitation ist nicht perturbativ renormierbar) hatten wir doch schon. Das ist irrelevant.

Nein, ist es nicht. Siehe folgendes.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich denke, mittels der Wilsonschen RG-Methode kann man das Problem wie folgt zusammenfassen … Der einzige perturbative Kontinuumslimes ist also derjenige mit freien Gravitonen.

Man weiß doch gar nicht wie die Renormierungsgruppengleichungen für Quantengravitation exakt aussehen.

So wie ich das Wilsonsche / Weinbergsche Argument verstanden habe, ist es unabhängig von den Details.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deswegen allein ist asymptotic safety doch hier überhaupt eine Option. Und aus demselben Grund ist das kein Argument gegen eine effektive QFT des Gravitationsfeldes.

Es ist – wenn es zutrifft – ein Argument dafür, dass G > 0 sinnlos ist, weil G > 0 nicht dem IR-Fixpunkt entspricht.

Es handelt sich – so habe ich das Argument verstanden – um einen prinzipiellen Einwand gegen die Störungstheorie. Wenn das Argument mit dem nicht-trivialen UV-Fixpunkt zutrifft, und wenn nur G = 0 ein IR-Fixpunkt ist, was eben aus prinzipiellen Gründen und nicht aus den Details folgt, dann ist eine Theorie mit G > 0 im IR einfach sinnlos, G = 0 wäre die einzig zutreffende, jedoch natürlich freie Theorie.

Bevor wir hier weiter diskutieren, lass‘ uns dieses Thema mal bei Weinberg et al. nachprüfen

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 12. Feb 2022 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich hatte konkret von der rein perturtbativen Quantenfeldtheorie gesprochen.

Was soll denn das sein? Bisher dachte ich du meinst damit nichtrenormierbare Theorien.

Ich hatte seitenweise „nicht perturbativ“ bzw. „nicht perturbativ renormierbar“ geschrieben.


Das weiß ich. Und? Ich hatte von Anfang an geschrieben, warum ich diese Eigenschaft für unwichtig halte.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… niemand hat je behauptet, daß die fundamentale Theorie der Gravitation eine QFT ist.

Weinbergs Hypothese der Asymptotic Safety besagt genau das: eine nicht-perturbativ renormierbare, UV-vollständige Quantenfeldtheorie.


Nein, das ist nicht "genau das". Wenn es eine asymptotisch sichere QFT für Gravitation gibt, impliziert das noch lange nicht, daß die fundamentale Gravitationstheorie eine Quantenfeldtheorie ist (obwohl es natürlich möglich ist). Die Theorie könnte auch jenseits der Planck-Skala oder irgendeiner anderen endlichen Skala schlicht falsch sein.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht nur um das wohldefinierte Niederenergieverhalten dieser Theorie.

Bei der Asymptotic Safety nicht nur darum.


Das weiß ich. Ich rede von der effektiven Theorie. Ich setze lediglich nicht voraus, daß es eine QFT der Gravitation gibt, die auf allen Skalen sinnvoll ist. Das muß ich nämlich nicht.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Abgesehen davon sind alle mir bekannten realistischen Quantenfeldtheorien "perturbative" Theorien in dem Sinne, daß sie lediglich über eine Störungsreihe und Fockdarstellungen definiert sind, die nur im Rahmen nichtrigoroser Regularisierungsprozeduren Sinn ergeben und ansonsten unklar ist, ob überhaupt eine zugrundeliegende Quantentheorie existiert.

Die Gittereichetheorie der QCD ist nichtperturbativ formuliert.


Gittereichtheorie ist eine Regularisierungsprozedur. Ich rede von der Definition einer poincareinvarianten Quantenfeldtheorie.

Zitat:

Diverse SUSY-Theorien können nicht-perturbativ definiert und teilweise gelöst werden (Witten).


Nicht in 3+1 Dimensionen und mit Wechselwirkungen. Aus diesem Grunde sprach ich von "realistischen" Quantenfeldtheorien, wie dem Standardmodell.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Warum wiederholst du das alles? Ich werde daraus nicht schlauer als beim ersten Mal.

Meine Kritik richtet sich gegen den perturbativen Ansatz. Ich weiß nicht, wie oft ich „perturbativ“ schreiben muss, damit du verstehst, dass er ausschließlich um „perturbativ“ geht ;-)


Daß sich deine Kritik in irgendeiner Weise gegen Störungstheorie richtet, habe ich schon gemerkt. Was ich nicht verstehe, ist, worin genau deine Kritik besteht. Deswegen bringt es auch nichts ganz oft das Wort "perturbativ" zu schreiben.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich denke, mittels der Wilsonschen RG-Methode kann man das Problem wie folgt zusammenfassen … Der einzige perturbative Kontinuumslimes ist also derjenige mit freien Gravitonen.

Man weiß doch gar nicht wie die Renormierungsgruppengleichungen für Quantengravitation exakt aussehen.

So wie ich das Wilsonsche / Weinbergsche Argument verstanden habe, ist es unabhängig von den Details.


Ich rede auch nicht von "Details". Ich meine ob die Renormierungsgruppengleichung störungstheoretisch auf Basis der effektiven Theorie berechnet wird. Dann kommt natürlich aller Wahrscheinlichkeit nach etwas unphysikalisches an der UV-Skala heraus. Das gilt aber wie gesagt auch für das Standardmodell und es ist deshalb kein Argument gegen die effektive Theorie, deren Ergebnisse ohnehin nicht dazu gedacht sind, beliebig hoch extrapoliert zu werden.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deswegen allein ist asymptotic safety doch hier überhaupt eine Option. Und aus demselben Grund ist das kein Argument gegen eine effektive QFT des Gravitationsfeldes.

Es ist – wenn es zutrifft – ein Argument dafür, dass G > 0 sinnlos ist, weil G > 0 nicht dem IR-Fixpunkt entspricht.

Es handelt sich – so habe ich das Argument verstanden – um einen prinzipiellen Einwand gegen die Störungstheorie. Wenn das Argument mit dem nicht-trivialen UV-Fixpunkt zutrifft, und wenn nur G = 0 ein IR-Fixpunkt ist, was eben aus prinzipiellen Gründen und nicht aus den Details folgt, dann ist eine Theorie mit G > 0 im IR einfach sinnlos, G = 0 wäre die einzig zutreffende, jedoch natürlich freie Theorie.


Ich komme absolut nicht dahinter, was du hier behauptest. Erstens ist G>0 ein Fakt, nicht sinnlos, schließlich beobachten wir Gravitation. Also gilt auch in jeder sinnvollen Niederenergietheorie der Gravitation G>0.

Wenn ich eine asymptotisch sichere QFT habe, dann habe ich auch eine sinnvolle Theorie bei der Skala . Ich muß ja nur die Lösungen, die aufwärts zum UV-Fixpunkt konvergieren, zurückverfolgen. Das definiert dann einen Satz effektiver Theorien, von denen du die ganze Zeit behauptest, daß sie alle Käse sind. Mindestens eine (oder vielleicht sogar alle) muß aber natürlich ergeben, ansonsten ist schon die asymptotisch sichere Theorie Käse. Das hieße aber nur, daß das Asymptotic-Safety-Programm gescheitert ist. Die effektive Theorie, von der ich rede hat G>0 und ist trotzdem sinnvoll. Das scheinst du einfach ignorieren zu wollen.

Zitat:
Bevor wir hier weiter diskutieren, lass‘ uns dieses Thema mal bei Weinberg et al. nachprüfen


Ja, gerne. Kannst du eine präzise Frage formulieren, die wir als erstes entscheiden sollen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Feb 2022 10:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das weiß ich. Und? Ich hatte von Anfang an geschrieben, warum ich diese Eigenschaft [nicht perturbativ renormierbar] für unwichtig halte.

Ich versuch’s nochmal: Ich persönlich halte die perturbative Quantengravitation für letztlich sinnlos,
a) da sie innerhalb ihres Gültigkeitsbereiches keine praktisch testbaren Vorhersagen macht und
b) im UV-Regime / starke Krümmung / Singularitäten / Horizonte, wo man die wesentlichen Probleme einer Quantisierung der Gravitation sieht bzw. neue Erkenntnisse erwartet, ohnehin zusammenbricht.

(Die AS kann natürlich genauso scheitern. Sie scheint auch im expliziten Widerspruch zur Bekenstein-Hawking-Entropie, AdS/CFT etc. zu stehen, da gemäß AS die Entropie nicht mit der Oberfläche sondern dem Volumen skaliert. Es gibt natürlich diverse weitere offene Fragen).

Lange Rede, kurzer Sinn, es gibt Quantenfeldtheorien mit Regimen, in denen eine perturbative Betrachtung völlig sinnlos ist (siehe das IR-Regime der QCD). Und die überwiegende Mehrheit der Physiker ist der Meinung, dass das für die Quantengravitation ebenfalls zutrifft (im Gegensatz zur QCD im UV-Regime).

Da wir aber nicht quantitativ testen und entscheiden können, ob dieser Ansatz überhaupt sinnvoll ist, bleibt es bei subjektiven Meinungen, wie zum Beispiel dieser:

“Attempts to quantize gravity ignoring the topological possibilities and simply drawing Feynman diagrams around flat space have not been very successful. It seems to me that the fault lies not with the pure gravity or supergravity theories themselves but with the uncritical application of perturbation theory to them. In classical relativity we have found that perturbation theory has only limited range of validity. One cannot describe a black hole as a perturbation around flat space. Yet this is what writing down a string of Feynman diagrams amounts to.”
[37] G. Gibbons and S. Hawking. Euclidean Quantum Gravity, 1993


index_razor hat Folgendes geschrieben:
Kannst du eine präzise Frage formulieren, die wir als erstes entscheiden sollen?

Ein Phänomen bei schwacher Krümmung wären die Hawkingstrahlung und die Bekenstein-Hawking-Entropie bzw. Vorhersagen zu Korrekturen am Horizont sowie asymptotisch, d.h. lokal im IR-Regime und damit im Gültigkeitsbereich einer perturbativen Theorie der Quantengravitation.

Was sagt eine perturbative Theorie der Quantengravitation dazu? Wie sieht die Korrektur der Hawkingstrahlung asymptotisch aus? die Wie formuliert man einen derartiger Ansatz lokal bei Anwesenheit von Horizonten? Wie sieht z.B. der Propagator aus?


Den Rest zu QCD, Gittereichtheorie, Wightman-Axiomen etc. kommentiere ich erst mal nicht; wir sind da zwar nicht unbedingt einer Meinung, jedoch wahrscheinlich nicht fundamental; außerdem das ist in diesem Kontext hier ziemlich irrelevant.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 08:10    Titel: Antworten mit Zitat

Zur Idee, warum ich diese Frage stelle.

Die Hawkingstrahlung hat im lichtartig Unendlichen ein Leistungsspektrum



Nun wissen wir, dass die Hawkingstrahlung aus einem Bereich nahe des Ereignishorizontes stammt. Die Blauverschiebung des o.g. Spektrums für einen am Radius r lokalisierten, stationären Beobachter beträgt



wobei u die Vierergeschwindigkeiten und k die Viererimpulse bezeichnen. Am Radius r gilt



d.h. der (am Horizont divergente) auftretende Vorfaktor ist ein kinematischer Effekt und letztlich der speziellen Wahl des stationären Beobachters geschuldet.

Während dieser also die Frequenz bzw. das Spektrum





beobachtet, sieht ein geeignet frei fallender Beobachter am selben Radius eine dopplerverschobene Frequenz bzw. ein Spektrum





Damit ist das Problem der Blauverschiebung der Hawkingstrahlung mit sogenannten „transplanckian modes“ in ein Problem überführt worden, das in einem geeigneten frei fallenden Bezugsystem und innerhalb eines gewissen Raumbereiches nahe des Horizontes ausschließlich im IR-Regime betrachtet werden kann.

Damit fällt es theoretisch in den Gültigkeitsbereich der perturbativen Formulierung der Quantengravitation. Die Erwartungshaltung wäre also, dass sie geeignete Quantenkorrekturen zu Hawkings Berechnung liefert und die Unitarität restauriert - bzw. geeignete Aussagen dazu macht. Ich kenne allerdings keine derartigen Aussagen, ich lese stattdessen, dass niemand eine Erklärung bzw. Lösung für das Problem der Hawkingstrahlung hat, und dass dieses „IR/UV mixing“ eng mit den Problemen einer lokalen Quantenfeldtheorie zu tun hat (dass man z.B. in AdS/CFT Korrekturen zur Lokalität und eine Restaurierung der Unitarität im Bulk erwartet, dass man ganz generell eine nicht-perturbative Formulierung benötigt ...).

Wie auch immer, ich erwarte natürlich nicht, dass die perturbative Formulierung der Quantengravitation dieses Problem löst. Ich will lediglich darauf hinaus, dass sie in diesem Fall nicht im UV- sondern im IR-Regime versagt - schwache Krümmung, kleine Energien, schwach gekoppelte oder sogar freie Felder - also in einem Bereich, wo sie als effektive Feldtheorie der QG gültig sein sollte. Entweder ist sie gültig, dann muss sie die Unitarität restaurieren, was sie nicht leistet, oder die Unitarität ist tatsächlich verletzt, dann kann auch eine streng unitäre Quantenfeldtheorie nicht gültig sein. Beide Optionen führen also dazu, die perturbative Formulierung bzw. eine so gewonnene effektive Feldtheorie auch im IR-Regime in Frage zu stellen. Und damit bin ich wieder bei meiner Schlussfolgerung, dass ich sie für uninteressant halte.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das weiß ich. Und? Ich hatte von Anfang an geschrieben, warum ich diese Eigenschaft [nicht perturbativ renormierbar] für unwichtig halte.

Ich versuch’s nochmal: Ich persönlich halte die perturbative Quantengravitation für letztlich sinnlos,
a) da sie innerhalb ihres Gültigkeitsbereiches keine praktisch testbaren Vorhersagen macht und
b) im UV-Regime / starke Krümmung / Singularitäten / Horizonte, wo man die wesentlichen Probleme einer Quantisierung der Gravitation sieht bzw. neue Erkenntnisse erwartet, ohnehin zusammenbricht.


Welche Gründe du anführst, weiß ich ja mittlerweile. Deine Schlußfolgerungen daraus in Bezug auf effektive Quantengravitation sind allerdings nicht gerade konsistent mit deiner Haltung zur Asymptotic Safety. Nur darin sehe ich eigentlich noch Klärungsbedarf. Von der effektiven Theorie kannst du ansonsten natürlich halten was du willst. Meinetwegen mußt du dafür nicht mal gute Gründe haben.

Zitat:

Lange Rede, kurzer Sinn, es gibt Quantenfeldtheorien mit Regimen, in denen eine perturbative Betrachtung völlig sinnlos ist (siehe das IR-Regime der QCD). Und die überwiegende Mehrheit der Physiker ist der Meinung, dass das für die Quantengravitation ebenfalls zutrifft (im Gegensatz zur QCD im UV-Regime).


Die QCD-Störungstheorie bricht im IR-Bereich zusammen, weil die Kopplungen dort divergieren. Genau das ist bei der Quantengravitation nicht der Fall. Die dimensionslosen Kopplungen sind per Annahme alle O(1). Die Terme höherer Ordnung sind also mit Potenzen der Planckmasse unterdrückt. Genau aus diesem Grund ist Störungstheorie sinnvoll, wenn auch für dich persönlich aus irgendwelchen Gründen uninteressant. Dein QCD-Vergleich ergibt daher nicht viel Sinn.

(Es tut zwar eigentlich nichts weiter zur Sache. Aber daß die überwiegende Mehrheit der Physiker deine Meinung teilt, perturbative Quantengravitation sei "vollkommen sinnlos", halte ich für pure Phantasie. Die überwiegende Mehrheit der Physiker hat sich, so wie wir beide, nie eingehend mit dem Thema beschäftigt. Und ich will zu ihren Gunsten annehmen, daß die überwiegende Mehrheit keine besonders starke Meinung zu Themen vertritt, von denen sie keine Ahnung hat.)

Zitat:

Da wir aber nicht quantitativ testen und entscheiden können, ob dieser Ansatz überhaupt sinnvoll ist, bleibt es bei subjektiven Meinungen, wie zum Beispiel dieser:

“Attempts to quantize gravity ignoring the topological possibilities and simply drawing Feynman diagrams around flat space have not been very successful. It seems to me that the fault lies not with the pure gravity or supergravity theories themselves but with the uncritical application of perturbation theory to them. In classical relativity we have found that perturbation theory has only limited range of validity. One cannot describe a black hole as a perturbation around flat space. Yet this is what writing down a string of Feynman diagrams amounts to.”
[37] G. Gibbons and S. Hawking. Euclidean Quantum Gravity, 1993


Ich sehe da eigentlich keinen Zusammenhang zu deinen Behauptungen oder dem Reviewartikel, den ich weiter oben zitiert habe.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Kannst du eine präzise Frage formulieren, die wir als erstes entscheiden sollen?

Ein Phänomen bei schwacher Krümmung wären die Hawkingstrahlung und die Bekenstein-Hawking-Entropie bzw. Vorhersagen zu Korrekturen am Horizont sowie asymptotisch, d.h. lokal im IR-Regime und damit im Gültigkeitsbereich einer perturbativen Theorie der Quantengravitation.

Was sagt eine perturbative Theorie der Quantengravitation dazu? Wie sieht die Korrektur der Hawkingstrahlung asymptotisch aus? die Wie formuliert man einen derartiger Ansatz lokal bei Anwesenheit von Horizonten? Wie sieht z.B. der Propagator aus?


Das weiß ich nicht. Ich habe mich vor dieser Diskussion gar nicht mit Quantengravitation beschäftigt. Ich habe bis jetzt auch nichts konkretes zur Quantengravitation auf der Schwarzschildmetrik gefunden.

Zitat:

Den Rest zu QCD, Gittereichtheorie, Wightman-Axiomen etc. kommentiere ich erst mal nicht; wir sind da zwar nicht unbedingt einer Meinung, jedoch wahrscheinlich nicht fundamental; außerdem das ist in diesem Kontext hier ziemlich irrelevant.


Das sehe ich auch so. Auf diese Tangente sind wir auch nur geraten, weil ich wissen wollte, was du mit dem "perturbativen Ansatz" meinst.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 16:39    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Welche Gründe du anführst, weiß ich ja mittlerweile. Deine Schlußfolgerungen daraus in Bezug auf effektive Quantengravitation sind allerdings nicht gerade konsistent mit deiner Haltung zur Asymptotic Safety.

Die AS löst sicher auch nicht alle Probleme; wenn das holographische Prinzip zutrifft, dann das von mir skizzierte zur Hawkingstrahlung auch nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die QCD-Störungstheorie bricht im IR-Bereich zusammen, weil die Kopplungen dort divergieren. Genau das ist bei der Quantengravitation nicht der Fall.

Die Kopplung divergiert scheinbar dann, wenn man Störungstheorie verwendet; in der Gittereichtheorie bleibt sie endlich. Ansonsten Zustimmung.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… daß die überwiegende Mehrheit der Physiker deine Meinung teilt, perturbative Quantengravitation sei "vollkommen sinnlos", halte ich für pure Phantasie.

Lass’ mich das präzisieren, nämlich dass von den Physikern, die sich mit Quantengravitation befassen, die überwiegende Mehrheit die Meinung vertritt, perturbative Quantengravitation sei nicht zielführend; demzufolge arbeitet auch kaum niemand daran .

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ein Phänomen bei schwacher Krümmung wären die Hawkingstrahlung und die Bekenstein-Hawking-Entropie bzw. Vorhersagen zu Korrekturen am Horizont sowie asymptotisch, d.h. lokal im IR-Regime und damit im Gültigkeitsbereich einer perturbativen Theorie der Quantengravitation.

Was sagt eine perturbative Theorie der Quantengravitation dazu? Wie sieht die Korrektur der Hawkingstrahlung asymptotisch aus? die Wie formuliert man einen derartiger Ansatz lokal bei Anwesenheit von Horizonten? Wie sieht z.B. der Propagator aus?

Das weiß ich nicht. Ich habe mich vor dieser Diskussion gar nicht mit Quantengravitation beschäftigt.

Siehe das folgende Argument, warum ich denke, dass der perturbativer Ansatz ausgehend von kleinen Fluktuationen auf einer festen Hintergrundmetrik, ins Leere läuft.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 14. Feb 2022 16:48, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Damit fällt es theoretisch in den Gültigkeitsbereich der perturbativen Formulierung der Quantengravitation. Die Erwartungshaltung wäre also, dass sie geeignete Quantenkorrekturen zu Hawkings Berechnung liefert und die Unitarität restauriert - bzw. geeignete Aussagen dazu macht.


Ich würde eigentlich naiv erwarten, daß sich nichts ändert, außer, daß sich unter den Feldern, die wir quantisieren noch ein masseloses Spin-2-Feld befindet, das an den Energie-Impuls-Tensor der anderen Felder koppelt.


Zitat:

Wie auch immer, ich erwarte natürlich nicht, dass die perturbative Formulierung der Quantengravitation dieses Problem löst. Ich will lediglich darauf hinaus, dass sie in diesem Fall nicht im UV- sondern im IR-Regime versagt - schwache Krümmung, kleine Energien, schwach gekoppelte oder sogar freie Felder - also in einem Bereich, wo sie als effektive Feldtheorie der QG gültig sein sollte. Entweder ist sie gültig, dann muss sie die Unitarität restaurieren, was sie nicht leistet, oder die Unitarität ist tatsächlich verletzt, dann kann auch eine streng unitäre Quantenfeldtheorie nicht gültig sein. Beide Optionen führen also dazu, die perturbative Formulierung bzw. eine so gewonnene effektive Feldtheorie auch im IR-Regime in Frage zu stellen. Und damit bin ich wieder bei meiner Schlussfolgerung, dass ich sie für uninteressant halte.


Das Information-Loss-Problem existiert auch ohne Quantisierung des Gravitationsfeldes, also "versagt" dort in diesem Sinne jede Quantenfeldtheorie. Aber natürlich stellst du sie deswegen nicht alle in Frage, sondern forderst lieber von der Quantengravitation das Wunder zu vollbringen, das Problem für alle zu lösen, um überhaupt ernst genommen zu werden.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 17:00    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Welche Gründe du anführst, weiß ich ja mittlerweile. Deine Schlußfolgerungen daraus in Bezug auf effektive Quantengravitation sind allerdings nicht gerade konsistent mit deiner Haltung zur Asymptotic Safety.

Die AS löst sicher auch nicht alle Probleme;


Wenn die Hypothese zutrifft, dann existiert eine sinnvolle effektive Quantenfeldtheorie im IR-Regime. Du kannst also nicht behaupten alle diese Theorien seien sinnlos, und gleichzeitig Asymptotic Safety für eine mögliche Option halten. Das ist doch widersprüchlich.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die QCD-Störungstheorie bricht im IR-Bereich zusammen, weil die Kopplungen dort divergieren. Genau das ist bei der Quantengravitation nicht der Fall.

Die Kopplung divergieren jedoch nur dann, wenn man Störungstheorie ansetzt; in der Gittereichtheorie bleibt sie endlich. Ansonsten Zustimmung.


Ich meinte auch nur, daß sie zu groß werden, nicht daß sie wirklich unendlich werden. Dann bricht die Störungstheorie zusammen (natürlich auch die Störungstheoretische Berechnung der laufenden Kopplungsparameter).

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… daß die überwiegende Mehrheit der Physiker deine Meinung teilt, perturbative Quantengravitation sei "vollkommen sinnlos", halte ich für pure Phantasie.

Lass’ mich das präzisieren, nämlich dass von den Physikern, die sich mit Quantengravitation befassen, die überwiegende Mehrheit die Meinung vertritt, perturbative Quantengravitation sei nicht zielführend; demzufolge arbeitet auch kaum niemand daran.


Das meint dann aber die überwiegende Mehrheit dieser Physiker zu fast jedem Ansatz. (Außer wenn die überwiegende Mehrheit einem einzigen Ansatz folgt.)

Außerdem, worauf willst du eigentlich hinaus? Mir ist vollkommen egal ob irgendein Ansatz zur Quantengravitation Popularitätswettbewerbe gewinnt. Mich interessiert, welche Eigenschaften die Theorie hat, nicht ob andere sie interessant genug finden, um ihr ihre Karriere zu widmen. (Derart interessant finde ich sie nämlich, nebenbei gesagt, auch nicht.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ein Phänomen bei schwacher Krümmung wären die Hawkingstrahlung und die Bekenstein-Hawking-Entropie bzw. Vorhersagen zu Korrekturen am Horizont sowie asymptotisch, d.h. lokal im IR-Regime und damit im Gültigkeitsbereich einer perturbativen Theorie der Quantengravitation.

Was sagt eine perturbative Theorie der Quantengravitation dazu? Wie sieht die Korrektur der Hawkingstrahlung asymptotisch aus? die Wie formuliert man einen derartiger Ansatz lokal bei Anwesenheit von Horizonten? Wie sieht z.B. der Propagator aus?

Das weiß ich nicht. Ich habe mich vor dieser Diskussion gar nicht mit Quantengravitation beschäftigt.

Siehe das folgende Argument, warum ich denke, dass der perturbativer Ansatz ausgehend von kleinen Fluktuationen auf einer festen Hintergrundmetrik, ins Leere läuft.


Ich halte das nicht für besonders überzeugend.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 17:01    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Damit fällt es theoretisch in den Gültigkeitsbereich der perturbativen Formulierung der Quantengravitation. Die Erwartungshaltung wäre also, dass sie geeignete Quantenkorrekturen zu Hawkings Berechnung liefert und die Unitarität restauriert - bzw. geeignete Aussagen dazu macht.

Ich würde eigentlich naiv erwarten, daß sich nichts ändert, außer, daß sich unter den Feldern, die wir quantisieren noch ein masseloses Spin-2-Feld befindet, das an den Energie-Impuls-Tensor der anderen Felder koppelt.

Ich auch.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wie auch immer, ich erwarte natürlich nicht, dass die perturbative Formulierung der Quantengravitation dieses Problem löst. Ich will lediglich darauf hinaus, dass sie in diesem Fall nicht im UV- sondern im IR-Regime versagt - schwache Krümmung, kleine Energien, schwach gekoppelte oder sogar freie Felder - also in einem Bereich, wo sie als effektive Feldtheorie der QG gültig sein sollte. Entweder ist sie gültig, dann muss sie die Unitarität restaurieren, was sie nicht leistet, oder die Unitarität ist tatsächlich verletzt, dann kann auch eine streng unitäre Quantenfeldtheorie nicht gültig sein. Beide Optionen führen also dazu, die perturbative Formulierung bzw. eine so gewonnene effektive Feldtheorie auch im IR-Regime in Frage zu stellen. Und damit bin ich wieder bei meiner Schlussfolgerung, dass ich sie für uninteressant halte.

Das Information-Loss-Problem existiert auch ohne Quantisierung des Gravitationsfeldes, also "versagt" dort in diesem Sinne jede Quantenfeldtheorie.

Ja.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber natürlich stellst du sie deswegen nicht alle in Frage, sondern forderst lieber von der Quantengravitation das Wunder zu vollbringen, das Problem für alle zu lösen, um überhaupt ernst genommen zu werden.

Nein.

Zum ersten ist das kein "Wunder", sondern schlicht ein Kernproblem, dessen Lösung man von einer Theorie der Quantengravitation erwartet. Anders gesagt, es gibt kaum einen anderen Grund als diesen, sich überhaut mit Quantengravitation zu befassen.

Ich zeige nur folgendes: Du behauptest, eine perturbative Quantenfeldtheorie der Gravitation sei im IR-Regime vernünftig. Ich skizziere ein Beispiel, dass eine solche Theorie jedoch bereits im IR versagt, nicht erst im UV; sie ist also sogar im IR sinnlos. Dabei geht es noch nicht einmal darum, dass die Theorie das Problem löst, es wäre schon ein Fortschritt, wenn die Theorie für sich alleine konsistent wäre; sie ist aber als Quantenfeldtheorie inkonsistent, wenn sie die Unitarität verletzt.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 14. Feb 2022 17:21, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du kannst also nicht behaupten alle diese Theorien seien sinnlos, und gleichzeitig Asymptotic Safety für eine mögliche Option halten. Das ist doch widersprüchlich.

Nein, denn die AS funktioniert nur dann sicher nicht, wenn das Holographische Prinzip richtig ist. Andernfalls halte ich sie zumindest heute für eine mögliche Alternative.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Außerdem, worauf willst du eigentlich hinaus? Mir ist vollkommen egal ob irgendein Ansatz zur Quantengravitation Popularitätswettbewerbe gewinnt. Mich interessiert, welche Eigenschaften die Theorie hat ...

Mich auch.

Und deswegen halte ich die Theorie - wie gesagt - für sinnlos.

Ich verweise nur deswegen auf Experten, weil du denen evtl. mehr glaubst als mir. Ok, du glaubst ihnen auch nicht ...

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ein Phänomen bei schwacher Krümmung wären die Hawkingstrahlung und die Bekenstein-Hawking-Entropie bzw. Vorhersagen zu Korrekturen am Horizont sowie asymptotisch, d.h. lokal im IR-Regime und damit im Gültigkeitsbereich einer perturbativen Theorie der Quantengravitation.

Was sagt eine perturbative Theorie der Quantengravitation dazu? Wie sieht die Korrektur der Hawkingstrahlung asymptotisch aus? die Wie formuliert man einen derartiger Ansatz lokal bei Anwesenheit von Horizonten? Wie sieht z.B. der Propagator aus?

Das weiß ich nicht. Ich habe mich vor dieser Diskussion gar nicht mit Quantengravitation beschäftigt.

Siehe das folgende Argument, warum ich denke, dass der perturbativer Ansatz ausgehend von kleinen Fluktuationen auf einer festen Hintergrundmetrik, ins Leere läuft.

Ich halte das nicht für besonders überzeugend.

Ok, du fragst nach einem Beispiel, welches Problem eine Theorie der Quantengravitation denn lösen sollte. Ich zeige dir eines der zentralen Probleme, das sogar in den theoretisch avisierten Gültigkeitsbereich fällt, wobei die Theorie jedoch wieder zu nichts führt. Aber das gefällt dir nicht.

Ehrlich, das ist wenig produktiv.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Damit fällt es theoretisch in den Gültigkeitsbereich der perturbativen Formulierung der Quantengravitation. Die Erwartungshaltung wäre also, dass sie geeignete Quantenkorrekturen zu Hawkings Berechnung liefert und die Unitarität restauriert - bzw. geeignete Aussagen dazu macht.

Ich würde eigentlich naiv erwarten, daß sich nichts ändert, außer, daß sich unter den Feldern, die wir quantisieren noch ein masseloses Spin-2-Feld befindet, das an den Energie-Impuls-Tensor der anderen Felder koppelt.

Ich auch.


Du schriebst die Erwartungshaltung wäre eine Restauration der Unitarität.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber natürlich stellst du sie deswegen nicht alle in Frage, sondern forderst lieber von der Quantengravitation das Wunder zu vollbringen, das Problem für alle zu lösen, um überhaupt ernst genommen zu werden.

Nein.

Zum ersten ist das kein "Wunder",


Es wäre nach meinem Verständnis ein Wunder, wenn ein masseloses Spin-2-Feld das Information-Loss-Problem löst.

Zitat:

sondern schlicht ein Kernproblem, dessen Lösung man von einer Theorie der Quantengravitation erwartet. Anders gesagt, es gibt kaum einen anderen Grund als diesen, sich überhaut mit Quantengravitation zu befassen.


Schon wieder eine vollkommen übertriebene Behauptung über die Gründe anderer sich mit irgendeinem Thema zu beschäftigen.

Zitat:

Ich zeige nur folgendes: Du behauptest, eine perturbative Quantenfeldtheorie der Gravitation sei im IR-Regime vernünftig.


Ich behaupte nur, daß sie genauso vernünftig ist, wie jede andere Quantenfeldtheorie unter denselben Bedingungen.

Zitat:

Ich skizziere ein Beispiel, dass eine solche Theorie jedoch bereits im IR versagt, nicht erst im UV; sie ist also sogar im IR sinnlos.


Und in diesem Beispiel versagen nach deinem Kriterium alle auf dieselbe Art. Also zeigt es gar nichts interessantes.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 14. Feb 2022 17:33, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du kannst also nicht behaupten alle diese Theorien seien sinnlos, und gleichzeitig Asymptotic Safety für eine mögliche Option halten. Das ist doch widersprüchlich.

Nein, denn die AS funktioniert nur dann sicher nicht, wenn das Holographische Prinzip richtig ist. Andernfalls halte ich sie zumindest heute für eine mögliche Alternative.


Sie definiert aber eine effektive Theorie bei niedrigen Energien. Genau die Art von Theorien, die du als sinnlos und uninteressant abtust. Kannst du mir das erklären?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Außerdem, worauf willst du eigentlich hinaus? Mir ist vollkommen egal ob irgendein Ansatz zur Quantengravitation Popularitätswettbewerbe gewinnt. Mich interessiert, welche Eigenschaften die Theorie hat ...

Mich auch.

Und deswegen halte ich die Theorie - wie gesagt - für sinnlos.

Ich verweise nur deswegen auf Experten, weil du denen evtl. mehr glaubst als mir. Ok, du glaubst ihnen auch nicht ...


Was soll ich ihnen glauben? Hawking und Gibbons habe ich jedes Wort geglaubt. Und weiter?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ein Phänomen bei schwacher Krümmung wären die Hawkingstrahlung und die Bekenstein-Hawking-Entropie bzw. Vorhersagen zu Korrekturen am Horizont sowie asymptotisch, d.h. lokal im IR-Regime und damit im Gültigkeitsbereich einer perturbativen Theorie der Quantengravitation.

Was sagt eine perturbative Theorie der Quantengravitation dazu? Wie sieht die Korrektur der Hawkingstrahlung asymptotisch aus? die Wie formuliert man einen derartiger Ansatz lokal bei Anwesenheit von Horizonten? Wie sieht z.B. der Propagator aus?

Das weiß ich nicht. Ich habe mich vor dieser Diskussion gar nicht mit Quantengravitation beschäftigt.

Siehe das folgende Argument, warum ich denke, dass der perturbativer Ansatz ausgehend von kleinen Fluktuationen auf einer festen Hintergrundmetrik, ins Leere läuft.

Ich halte das nicht für besonders überzeugend.

Ok, du fragst nach einem Beispiel, welches Problem eine Theorie der Quantengravitation denn lösen sollte.


Danach habe ich nicht gefragt. Du wolltest irgendwas bei Weinberg et al. nachprüfen. Ich habe nur gefragt, was genau du nachprüfen wolltest.

Zitat:

Ich zeige dir eines der zentralen Probleme, das sogar in den theoretisch avisierten Gültigkeitsbereich fällt, wobei die Theorie jedoch wieder zu nichts führt. Aber das gefällt dir nicht.


Wie kommst du darauf? Ich kann dazu lediglich nicht mehr sagen, als ich bereits getan habe, nämlich fast nichts. Ich schließe aus der Situation nur nicht, daß die Theorie sinnlos oder uninteressant ist. Ich glaube das ist es, was dir nicht gefällt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

Also wenn du die Anforderungen an eine Theorie der Quantengravitation soweit herunterschraubst, dass sie in fast keinem Bereich funktioniert, d.h. fast immer versagen darf, und trotzdem für dich noch sinnvoll ist ...

Der Ansatz versagt sicher im UV, ist wie oben beschrieben noch nicht mal im IR konsistent da nicht unitär, beides sogar ohne Kopplung an Materiefelder ...

Sorry, wenn dich das zufriedenstellt ... ich kann das nicht mehr ernst nehmen.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Also wenn du die Anforderungen an eine Theorie der Quantengravitation soweit herunterschraubst, dass sie in fast keinem Bereich funktioniert, d.h. fast immer versagen darf, und trotzdem für dich noch sinnvoll ist ...


Sinnvoll finde ich sie, wenn sie sinnvolle Resultate produziert. Das tut sie. Daß sie in fast keinem Bereich funktioniert, ist natürlich Unsinn.

Zitat:

Der Ansatz versagt sicher im UV, ist wie oben beschrieben noch nicht mal im IR konsistent da nicht unitär, beides sogar ohne Kopplung an Materiefelder ...

Sorry, wenn dich das zufriedenstellt ... ich kann das nicht mehr ernst nehmen.


Mich stellt das genauso wenig zufrieden, wie Quantenfeldtheorie auf gekrümmten Raumzeiten im allgemeinen. Aber eben auch nicht weniger. Wenn du mich nicht ernst nimmst, weil ich versuche einheitliche Standards konsequent anzuwenden, anstatt nach Rationalisierungen für meine vorgefaßte Meinung zu suchen, kann ich aber gut damit leben.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn du mich nicht ernst nimmst, weil ich versuche einheitliche Standards konsequent anzuwenden, anstatt nach Rationalisierungen für meine vorgefaßte Meinung zu suchen, kann ich aber gut damit leben.

Ich nehme dich normalerweise sehr ernst, aber in dem Fall eher nicht.

Du behauptest, die Theorie sei im IR sinnvoll, ich zeige, dass sie dort inkonsistent ist, und du erklärst mir, mein Beispiel sei nicht relevant. Ist ein bisschen wie bei Hase und der Igel, und dazu hab ich nunmal keine Lust.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sinnvoll finde ich sie, wenn sie sinnvolle Resultate produziert. Das tut sie.

Erstens ist das zirkulär, und zweitens kann ich nicht glauben, dass du eine Theorie, die im IR bei niedriger Energie, schwacher Krümmung und gekoppelt an ein ansonsten freies Skalarfeldtheorie die Unitarität verletzt, noch im für sinnvoll halten kannst.

Was ist an einer komplizierten Theorie sinnvoll, wenn sie genauso versagt wie eine einfachere?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 14. Feb 2022 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn du mich nicht ernst nimmst, weil ich versuche einheitliche Standards konsequent anzuwenden, anstatt nach Rationalisierungen für meine vorgefaßte Meinung zu suchen, kann ich aber gut damit leben.

Ich nehme dich normalerweise sehr ernst, aber in dem Fall eher nicht.


Du nimmst nicht mal alle Experten ernst. Nur die, die vermeintlich sagen, was du hören willst.

Zitat:

Du behauptest, die Theorie sei im IR sinnvoll, ich zeige, dass sie dort inkonsistent ist, und du erklärst mir, mein Beispiel sei nicht relevant.


Nochmal, ich behaupte nur, daß sie genauso sinnvoll ist, wie jede andere Quantenfeldtheorie unter denselben Bedingungen. Deswegen ist dein Beispiel ganz offensichtlich irrelevant. (Ich habe ja nicht bestritten, daß die Theorie inkonsistent ist. Ich sagte alle sind es nach demselben Kriterium.)

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Sinnvoll finde ich sie, wenn sie sinnvolle Resultate produziert. Das tut sie.

Erstens ist das zirkulär,


Nein, ich kann mir ja die Resultate einfach ansehen. Die sind genauso sinnvoll wie die anderer effektiver Quantenfeldtheorien.

Zitat:

und zweitens kann ich nicht glauben, dass du eine Theorie, die im IR bei niedriger Energie, schwacher Krümmung und gekoppelt an ein ansonsten freies Skalarfeldtheorie die Unitarität verletzt, noch im für sinnvoll halten kannst.


Das Skalarfeld allein verletzt doch schon die Unitärität. Ich erwarte lediglich nicht, daß das Gravitationsfeld etwas daran ändert. Wenn ich solche Theorie nicht ernst nehmen würde, müßte ich auch Hawking-Strahlung und Information Loss nicht ernst nehmen. Ich verwende lediglich dieselben Standards.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du nimmst nicht mal alle Experten ernst. Nur die, die vermeintlich sagen, was du hören willst.

Ich kann eine Meinung durchaus ernst nehmen, ohne sie zu teilen. Und ich muss nicht allem hinterherlaufen, sondern kann mir eine eigene Meinung bilden.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal, ich behaupte nur, daß sie genauso sinnvoll ist, wie jede andere Quantenfeldtheorie unter denselben Bedingungen. Deswegen ist dein Beispiel ganz offensichtlich irrelevant.

Mit anderen Quantenfeldtheorien kann ich unter anderen Bedingungen relevante Physik betreiben und habe wesentliche Anwendungen; mit dieser Formulierung der Quantengravitation kann ich das unter keiner Bedingung nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das Skalarfeld allein verletzt doch schon die Unitärität. Ich erwarte lediglich nicht, daß das Gravitationsfeld etwas daran ändert.

Warum soll ich dann eine deutlich kompliziertere Theorie betrachten, wenn sie keine wesentlichen Problem löst?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich solche Theorie nicht ernst nehmen würde, müßte ich auch Hawking-Strahlung und Information Loss nicht ernst nehmen.

Natürlich nimmt man die Hawking-Strahlung ernst, sie weist auf ein essentielles Problem hin, das seit inzwischen ca. 50 Jahren letztlich nicht verstanden ist. Was hilft eine Theorie - ein halbes Jahrhundert später- die zu der Lösung des Problems nichts beiträgt?

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Feb 2022 23:05    Titel: Antworten mit Zitat

quote="index_razor"]Es geht nur um das wohldefinierte Niederenergieverhalten dieser Theorie … Und auch mit endlicher Planckmasse ergibt die effektive QFT störungstheoretisch Sinn.[/quote]
Ich denke, wenn wir die subjektiven Bewertungen außen vor lassen, können wir uns zumindest darauf einigen, dass der störungstheoretische Ansatz der Quantengravitation noch weiter eingeschränkt ist als nur durch das UV-Verhalten; auch im IR-Regime folgt aus der Theorie offenbar eine Verletzung der Unitarität, d.h. man kann nicht immer von einem wohldefinierten Niederenergieverhalten sprechen.

Nun kann es sein, dass dies a) entweder tatsächlich zutrifft, oder dass dies b) nicht zutrifft.

a) Wenn es tatsächlich zutrifft, dann wäre es als Ergebnis einer derartigen Quantenfeldtheorie ein sehr merkwürdiges Ergebnis; jedenfalls ist es bisherig nicht verstanden.
B) Wenn es nicht zutrifft, dann wäre diese Quantenfeldtheorie diesbezüglich schlicht falsch.

In beiden Fällen lernt man nichts über eine Lösung des Problems. Die Schlussfolgerung, weitere Einschränkungen bzgl. der Gültigkeit bzw. Konsistenz vorzunehmen, erscheint also naheliegend. Im vorliegenden Fall müsste man wohl Raumzeiten mit Horizonten ausschließen (wobei Horizonte noch näher zu spezifizieren wären; z.B. ist ein Rindlerhorizont nicht per se problematisch).

Nehmen wir also an, dass bestimmte Klassen von Raumzeiten auszuschließen wären, z.B. Schwarzschild, Kerr … de Sitter. Nun wissen wir aber aus den Hawking-Penrose-Theoremen, dass „fast alle“ Raumzeiten unter ziemlich normalen Voraussetzungen derartige Singularitäten entwickeln. Demzufolge sollte man evtl. eher Bereiche der Raumzeit ausschließen, die Horizonte enthalten oder entwickeln werden. Dies führt aber letztlich dazu, dass zum Beispiel das Konzept der S-Matrix - im strengen Sinne - verloren geht.

Man gelangt also zu der Schlussfolgerung, dass Quantenfeldtheorien zur Gravitation bzgl. dieser Art Problemstellung prinzipiell nicht weiterhelfen und eine Lösung möglicherweise nicht in diesem theoretischen Rahmen zu erwarten ist. Das gilt m.E. sicher für rein perturbative Ansätze mit festem Raumzeit-Hintergrund, möglicherweise nicht für nicht-perturbativ formulierte Quantenfeldtheorien.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 15. Feb 2022 06:14, insgesamt 2-mal bearbeitet
Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 15. Feb 2022 02:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Man gelangt also zu der Schlussfolgerung, dass Quantenfeldtheorien zur Gravitation bzgl. dieser Art Problemstellung nicht wirklich weiterhelfen und eine Lösung möglicherweise nicht in diesem theoretischen Rahmen zu erwarten ist.

Nein wirklich, ist das so TomS? Ich möchte keineswegs überheblich rüberkommen aber ist es nicht genau das was ich immer gesagt habe, ihr wisst es nicht und rechnet euch irgendwelche abstrusen Theorien herbei die sowieso niemand wiederlegen/beweisen kann?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Feb 2022 06:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Du nimmst nicht mal alle Experten ernst. Nur die, die vermeintlich sagen, was du hören willst.

Ich kann eine Meinung durchaus ernst nehmen, ohne sie zu teilen. Und ich muss nicht allem hinterherlaufen, sondern kann mir eine eigene Meinung bilden.


Sieh an. Von mir erwartest du aber, daß ich dir und deinen Experten glaube.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal, ich behaupte nur, daß sie genauso sinnvoll ist, wie jede andere Quantenfeldtheorie unter denselben Bedingungen. Deswegen ist dein Beispiel ganz offensichtlich irrelevant.

Mit anderen Quantenfeldtheorien kann ich unter anderen Bedingungen relevante Physik betreiben und habe wesentliche Anwendungen; mit dieser Formulierung der Quantengravitation kann ich das unter keiner Bedingung nicht.


Doch das kann man. Man kann z.B. die Realisierbarkeit des Asymptotic-Safety-Programms genauer untersuchen. Siehe z.B. hier

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Das Skalarfeld allein verletzt doch schon die Unitärität. Ich erwarte lediglich nicht, daß das Gravitationsfeld etwas daran ändert.

Warum soll ich dann eine deutlich kompliziertere Theorie betrachten, wenn sie keine wesentlichen Problem löst?


Weil sie interessante Eigenschaften der Gravitation bei niedrigen Energien impliziert. (Siehe z.B. den Reviewartikel weiter oben.)


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich solche Theorie nicht ernst nehmen würde, müßte ich auch Hawking-Strahlung und Information Loss nicht ernst nehmen.

Natürlich nimmt man die Hawking-Strahlung ernst, sie weist auf ein essentielles Problem hin, das seit inzwischen ca. 50 Jahren letztlich nicht verstanden ist. Was hilft eine Theorie - ein halbes Jahrhundert später- die zu der Lösung des Problems nichts beiträgt?


So wenig wie alle anderen Theorien. Nur folgt daraus nicht viel.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Feb 2022 06:29    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht nur um das wohldefinierte Niederenergieverhalten dieser Theorie … Und auch mit endlicher Planckmasse ergibt die effektive QFT störungstheoretisch Sinn.

Ich denke, wenn wir die subjektiven Bewertungen außen vor lassen, können wir uns zumindest darauf einigen, dass der störungstheoretische Ansatz der Quantengravitation noch weiter eingeschränkt ist als nur durch das UV-Verhalten;


Wir können uns darauf einigen, daß sie im Prinzip genau so weit eingeschränkt ist, wie jede andere effektive Quantenfeldtheorie und daß ihre Vorhersagen nicht schlechter testbar sind, als die anderer Theorien der Quantengravitation. Letzteres liegt daran, daß die Gravitation eine schwache Kraft ist und Quanteneffekte der Gravitation noch schwächer sind. (Das sieht man übrigens auch sehr gut an der Form der Niederenergietheoreme.) Es ist also ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation, und dies einem speziellen theoretischem Zugang vorzuwerfen, ist absurd.

Zitat:

[...]
Man gelangt also zu der Schlussfolgerung, dass Quantenfeldtheorien zur Gravitation bzgl. dieser Art Problemstellung prinzipiell nicht weiterhelfen und eine Lösung möglicherweise nicht in diesem theoretischen Rahmen zu erwarten ist.


Man gelangt zu der Schlußfolgerung, daß das auf alle Quantenfeldtheorien zutrifft. Keines deiner Argumente hat irgendwas speziell mit Quantengravitation zu tun. Trotzdem greifst du in deiner Schlußfolgerung speziell die Quantengravitation heraus.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 15. Feb 2022 06:44, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Feb 2022 06:44    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Von mir erwartest du aber, daß ich dir und deinen Experten glaube.

Ich erwarte keineswegs, dass du mir glaubst, lediglich, dass du meine Meinung ernst nimmst.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man kann z.B. die Realisierbarkeit des Asymptotic-Safety-Programms genauer untersuchen. Siehe z.B. hier

Danke, guter Punkt, auf den Artikel bin ich gestern auch gestoßen. Ich suche noch nach Antworten seitens der Asymptotic-Safety-Community. Die Einwände sind ja teilweise so offensichtlich, dass ich mir nicht vorstellen kann, es gäbe keine Antworten dazu.

Du hast recht, viele Experten gehen davon aus, dass Ansätze zur Quantengravitation die Ergebnisse der Störungstheorie IR-Regime reproduzieren müssen. Also ja, für andere quantenfeldtheoretische Ansätze ist das ein relevanter Konsistenzcheck.

Ich gebe jedoch zwei Dinge zu bedenken:
1) „das IR-Regime“ ist sicher zu weit gefasst, wie das Argument der Hawkingstrahlung zeigt; es bedarf nochmals weiterer Einschränkungen
2) wenn die Gravitation selbst ein emergentes Phänomen ist, d.h. die Metrik kein fundamentaler Freiheitsgrad, dann ist ausschließlich der klassische Grenzfall relevant; Korrekturen aus der Störungstheorie jenseits der Einstein-Hilbert-Wirkung wären dann sinnlos (so wie Quantenkorrekturen zu den Navier-Stokes-Gleichungen)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Weil sie interessante Eigenschaften der Gravitation bei niedrigen Energien impliziert.

Die für sich alleine aufgrund fehlender Testbarkeit irrelevant sind.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Natürlich nimmt man die Hawking-Strahlung ernst, sie weist auf ein essentielles Problem hin, das seit inzwischen ca. 50 Jahren letztlich nicht verstanden ist. Was hilft eine Theorie - ein halbes Jahrhundert später- die zu der Lösung des Problems nichts beiträgt?

So wenig wie alle anderen Theorien. Nur folgt daraus nicht viel.

Viele Physiker argumentieren, dass daraus folgt, dass keine Art von Quantenfeldtheorie geeignet ist, das Problem der Quantengravitation zu lösen (das ist natürlich kein rigoroses Argument).

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Feb 2022 06:59    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Von mir erwartest du aber, daß ich dir und deinen Experten glaube.

Ich erwarte keineswegs, dass du mir glaubst, lediglich, dass du meine Meinung ernst nimmst.


Dann erwartest du offenbar von mir mehr als von dir selbst:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sorry, wenn dich das zufriedenstellt ... ich kann das nicht mehr ernst nehmen.


Zitat:

Ich gebe jedoch zwei Dinge zu bedenken:
1) „das IR-Regime“ ist sicher zu weit gefasst, wie das Argument der Hawkingstrahlung zeigt; es bedarf nochmals weiterer Einschränkungen


Das bezweifle ich doch gar nicht. Aber genauso wenig, wie wir die Quantentheorie eines skalaren Feldes wegen Information Loss wegschmeißen, müssen wir dies für eine Quantentheorie eines masselosen Spin-2-Feldes tun.

Zitat:

2) wenn die Gravitation selbst ein emergentes Phänomen ist, d.h. die Metrik kein fundamentaler Freiheitsgrad, dann ist ausschließlich der klassische Grenzfall relevant; Korrekturen aus der Störungstheorie jenseits der Einstein-Hilbert-Wirkung wären dann sinnlos (so wie Quantenkorrekturen zu den Navier-Stokes-Gleichungen)


Das ist möglich, aber woher soll man das wissen ohne die Theorien zu untersuchen und wenn möglich zu testen?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Weil sie interessante Eigenschaften der Gravitation bei niedrigen Energien impliziert.

Die für sich alleine aufgrund fehlender Testbarkeit irrelevant sind.


Genau diese Ansicht finde ich absurd. Daß Quantengravitationseffekte schwer testbar sind, liegt in der Natur der Sache und ist nicht Schuld eines speziellen theoretischen Zugangs.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Natürlich nimmt man die Hawking-Strahlung ernst, sie weist auf ein essentielles Problem hin, das seit inzwischen ca. 50 Jahren letztlich nicht verstanden ist. Was hilft eine Theorie - ein halbes Jahrhundert später- die zu der Lösung des Problems nichts beiträgt?

So wenig wie alle anderen Theorien. Nur folgt daraus nicht viel.

Viele Physiker argumentieren, dass daraus folgt, dass keine Art von Quantenfeldtheorie geeignet ist, das Problem der Quantengravitation zu lösen (das ist natürlich kein rigoroses Argument).


Ich schrieb bereits ganz zu Anfang, daß ich eine effektive Quantenfeldtheorie nicht für eine Lösung dieses Problems ansehe. Das hat aber so gut wie gar nichts damit zu tun ob ich sie für sinnlos oder uninteressant halte. (Ich erwarte von einer interessanten Theorie keinsewegs, daß sie jedes interessante Problem löst.)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Feb 2022 07:12    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wir können uns darauf einigen, daß sie im Prinzip genau so weit eingeschränkt ist, wie jede andere effektive Quantenfeldtheorie und daß ihre Vorhersagen nicht schlechter testbar sind, als die anderer Theorien der Quantengravitation. Letzteres liegt daran, daß die Gravitation eine schwache Kraft ist und Quanteneffekte der Gravitation noch schwächer sind. (Das sieht man übrigens auch sehr gut an der Form der Niederenergietheoreme.) Es ist also ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation, und dies einem speziellen theoretischem Zugang vorzuwerfen, ist absurd.

Solange in die von dir verlinkte Kritik an der Asymptotic Safety nicht gründlich gelesen habe, bleibe ich erst mal dabei, dass es bei meiner Kritik an diesem perturbativen Zugang bleibt.

Ob das ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation ist, sei mal dahingestellt. Dazu müsste man jede realistischen Theorie der Quantengravitation kennen.

Ob die Asymptotic Safety ähnliche oder andere Probleme hat, ist noch zu klären. Der wichtigste Schritt wäre, zu sehen, was die Asymptotic Safety zu Horizonten und der Hawkingstrahlung zu sagen hat, ob sie da vernünftige Ergebnisse liefern kann.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man gelangt zu der Schlußfolgerung, daß das auf alle Quantenfeldtheorien zutrifft. Keines deiner Argumente hat irgendwas speziell mit Quantengravitation zu tun. Trotzdem greifst du in deiner Schlußfolgerung speziell die Quantengravitation heraus.

Der Grund ist offensichtlich. Keine andere Quantenfeldtheorie will die Gravitation beschreiben, also ist das auch für keine andere Quantenfeldtheorie der Maßstab.

Ich greife deswegen speziell die Quantengravitation heraus, weil sie dazu da ist, insbs. diese Probleme zu lösen - eine konsistente Erklärung und Lösung von Problemen im Umfeld von Singularitäten und Horizonten der ART, d.h. letztlich eine konsistente Zusammenführung von Quantenphysik und Raumzeitgeometrie. Ich sehe keine andere Zielsetzung für die Quantengravitation. Ein Ansatz zu einer Theorie der Quantengravitation, der dazu nichts beiträgt, ist in meinen Augen sehr wenig wert, während du ihn für sich betrachtet als interessant ansiehst.

Ich denke, das ist ein Kern unseres Dissenses, und das sind letztlich persönliche Prioritäten. Und ja, ich kann deine Meinung dazu ernst nehmen, auch wenn ich sie nicht teile. Sorry für die Wortwahl.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Feb 2022 07:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wir können uns darauf einigen, daß sie im Prinzip genau so weit eingeschränkt ist, wie jede andere effektive Quantenfeldtheorie und daß ihre Vorhersagen nicht schlechter testbar sind, als die anderer Theorien der Quantengravitation. Letzteres liegt daran, daß die Gravitation eine schwache Kraft ist und Quanteneffekte der Gravitation noch schwächer sind. (Das sieht man übrigens auch sehr gut an der Form der Niederenergietheoreme.) Es ist also ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation, und dies einem speziellen theoretischem Zugang vorzuwerfen, ist absurd.

Solange in die von dir verlinkte Kritik an der Asymptotic Safety nicht gründlich gelesen habe, bleibe ich erst mal dabei, dass es bei meiner Kritik an diesem perturbativen Zugang bleibt.


Das hat doch mit der Kritik an AS gar nichts zu tun.

Zitat:

Ob das ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation ist, sei mal dahingestellt. Dazu müsste man jede realistischen Theorie der Quantengravitation kennen.


Wie gesagt, es liegt eher in der Natur der Sache.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man gelangt zu der Schlußfolgerung, daß das auf alle Quantenfeldtheorien zutrifft. Keines deiner Argumente hat irgendwas speziell mit Quantengravitation zu tun. Trotzdem greifst du in deiner Schlußfolgerung speziell die Quantengravitation heraus.

Der Grund ist offensichtlich. Keine andere Quantenfeldtheorie will die Gravitation beschreiben, also ist das auch für keine andere Quantenfeldtheorie der Maßstab.


Wenn ich das EM-Feld beschreiben will, sind die genannten Probleme und Inkonsistenzen aber nicht weniger gravierend.

Zitat:

Ich greife deswegen speziell die Quantengravitation heraus, weil sie dazu da ist, insbs. diese Probleme zu lösen - eine konsistente Erklärung und Lösung von Problemen im Umfeld von Singularitäten und Horizonten der ART, d.h. letztlich eine konsistente Zusammenführung von Quantenphysik und Raumzeitgeometrie. Ich sehe keine andere Zielsetzung für die Quantengravitation. Ein Ansatz, der dazu nichts beiträgt, ist wenig wert.


Wenn man die falschen Maßstäbe anlegt, ist alles nichts wert. Alles auf die Komplettlösung eines extrem schwierigen Problems zu reduzieren, ist irrational. Solche Probleme löst man nicht in einem Schritt, sondern indem man viele, viel kleinere Probleme löst. Dabei kann man mit einer ganz einfachen Fragestellung anfangen, wie z.B. der nach dem Wirkungsquerschnitt von Graviton-Graviton-Streuung.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Feb 2022 08:40    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ob das ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation ist, sei mal dahingestellt. Dazu müsste man jede realistischen Theorie der Quantengravitation kennen.

Wie gesagt, es liegt eher in der Natur der Sache.

Dann habe ich dein Argument wohl nicht verstanden. Kannst du das nochmal anders darstellen?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich das EM-Feld beschreiben will, sind die genannten Probleme und Inkonsistenzen aber nicht weniger gravierend.

Doch, weil ich eine für viele andere Phänomene gut funktionierende Theorie habe.

Vergleichbar wäre eher die Intention, nach Messungen mit Schwingkreisen und Antennen eine Theorie des EM-Feldes zu entwickeln, festzustellen, dass sie genau dafür nicht funktioniert, sie jedoch dennoch für interessant zu halten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn man die falschen Maßstäbe anlegt …

Meinst du hättest die richtigen? Haben dann alle Physiker, die ähnliche Maßstäbe anlegen, die falsche Entscheidung getroffen?

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Alles auf die Komplettlösung eines extrem schwierigen Problems zu reduzieren, ist irrational.

Es geht nicht um die Komplettlösung, sondern um mögliche Weg dahin. Und diesen einen halte ich für sehr wenig erfolgversprechend.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… wie z.B. der nach dem Wirkungsquerschnitt von Graviton-Graviton-Streuung.

Ob dieses isolierte Problem eine entscheidende Wegmarke ist, kann man erst rückblickend bewerten. Wenn der erste Testfall - Gravitonen in einer Schwarzschildraumzeit - keinen Schritt vorwärts weist, darf man schon an der Sinnhaftigkeit zweifeln.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Feb 2022 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ob das ein notwendiges Merkmal jeder realistischen Theorie der Quantengravitation ist, sei mal dahingestellt. Dazu müsste man jede realistischen Theorie der Quantengravitation kennen.

Wie gesagt, es liegt eher in der Natur der Sache.

Dann habe ich dein Argument wohl nicht verstanden. Kannst du das nochmal anders darstellen?


Gravitationseffekte auf einer fixen Skala haben eine Stärke der Ordnung G. Auf der Größenordnung unserer normalen Maßstäbe ist das bereits winzig klein. Quantenkorrekturen sind von der Größenordnung . Das ist auf derselben Skala nochmal viel kleiner.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich das EM-Feld beschreiben will, sind die genannten Probleme und Inkonsistenzen aber nicht weniger gravierend.

Doch, weil ich eine für viele andere Phänomene gut funktionierende Theorie habe.

Vergleichbar wäre eher die Intention, nach Messungen mit Schwingkreisen und Antennen eine Theorie des EM-Feldes zu entwickeln, festzustellen, dass sie genau dafür nicht funktioniert, sie jedoch dennoch für interessant zu halten.


Du reduzierst schon wieder alles auf ein einziges Ziel. Die effektive Quantenfeldtheorie der Gravitation wurde nicht dazu konstruiert, eine konsistente Vereinigung von Quantentheorie und Gravitation zu liefern, sondern lediglich dazu Quantenkorrekturen zu Gravitationsphänomenen zu berechnen. Das ist in einigen Fällen sinnvoll. In anderen ist es genauso sinnlos, wie Quantenkorrekturen zum EM-Feld auszurechnen, nämlich z.B. bei der Entstehung von Horizonten.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn man die falschen Maßstäbe anlegt …

Meinst du hättest die richtigen? Haben dann alle Physiker, die ähnliche Maßstäbe anlegen, die falsche Entscheidung getroffen?


Du pendelst von einem absurden Extrem ins andere. Entweder ist die Theorie total wertlos oder jeder muß ihr seine gesamte Karriere widmen. Ich habe dieselbe Entscheidung getroffen, wie alle anderen Physiker, die nicht auf dem Gebiet der effektiven Quantengravitation forschen. Deswegen halte ich sie noch lange nicht für absolut wertlos, sondern im Gegenteil für recht interessant. Die meisten Menschen denken einfach nicht in solchen Extremen wie du.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Alles auf die Komplettlösung eines extrem schwierigen Problems zu reduzieren, ist irrational.

Es geht nicht um die Komplettlösung, sondern um mögliche Weg dahin. Und diesen einen halte ich für sehr wenig erfolgversprechend.


Es gibt keine halbkonsistente Theorie. Entweder ist sie konsistent oder nicht. Dein eigenes Kriterium zwingt dich hier zu Extremurteilen. Und sofort demonstrierst du wieder, daß du keineswegs bereit bist im Falle der Quantengravitation sinnvolle gegen sinnlose Ergebnisse abzuwägen (anders als z.B. in der QED). Die Lösung muß hier komplett sein, ansonsten ist alles nichts wert. Wenn Information Loss nicht das Problem wäre, wäre es irgendwas anderes.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… wie z.B. der nach dem Wirkungsquerschnitt von Graviton-Graviton-Streuung.

Ob dieses isolierte Problem eine entscheidende Wegmarke ist, kann man erst rückblickend bewerten. Wenn der erste Testfall - Gravitonen in einer Schwarzschildraumzeit - keinen Schritt vorwärts weist, darf man schon an der Sinnhaftigkeit zweifeln.


Das ist genauso wenig der "erste Testfall", wie Hawkingstrahlung der erste Testfall für QED ist. Quantenkorrekturen kann man auch fern von Horizonten berechnen. Und Graviton-Graviton-Streuung ist natürlich in jedem Fall nur ein winziges Puzzleteil für ein schwieriges Problem.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Quantenphysik