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Aufteilung Drehmoment bei zwei angetriebenen Achsen
 
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pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 16. Jan 2022 12:42    Titel: Aufteilung Drehmoment bei zwei angetriebenen Achsen Antworten mit Zitat

Hallo,
ich habe eine Frage zur Aufteilung von Drehmomenten bzw. Kräften an einer starren Achse. Zerbreche mir schon Tage den Kopf über eine eigentlich einfache Sache.

Hintergrund war ein Interesse zur Funktionalität von Differentialen in einem Fahrzeug.
Hier liest man oft die Aussage: Bei einem gesperrten Differential erhalten alle Räder das gleiche Drehmoment.

Das wollte ich nachvollziehen. Skizzen kommen unten, sind selbst erstellt.
Angenommen es gibt je ein Differential in der Vorder- und Hinterachse (also zwischen dem linken und rechten Rad), und ein Zentraldifferenzial (also zwischen Vorder und Hinterachse).

Alle Differenziale sind mechanisch 100% gesperrt. Damit müssen alle Räder die gleiche Drehzahl haben, soweit klar. Wenn nun der Schwerpunkt genau mittig liegt kann ich auch nachvollziehen, dass alle Räder 1/4 des Motormoments erhalten und gleichermaßen Kraft auf die Straße ausüben.
Alle Räder sollen Traktion haben, also die Haftreibung ist hoch genug um die resultierenden Kräfte auf die Straße zu übertragen.
M_Motor=M_RadVL+M_RadVR+M_RadHL+M_RadHR. (Summe der Momente muss 0 sein).

Ich weiß dass das Moment auch abhängt vom Radius am Rad. Da alle Räder identisch sind vernachlässige ich das, es geht mir nur um die Verhältnisse wie es sich aufteilt. Ebenso vernachlässige ich dass die Räder auch eine Trägheit haben (Rotation).


1) Wenn der Schwerpunkt des Fahrzeugs nun in der Längsachse nicht mehr mittig liegt, sondern nach hinten versetzt ist (siehe Skizze), wie verteilt sich dann das Drehmoment? Meine Vermutung ist nun, dass die hinteren Räder mehr Drehmoment erhalten müssten und dass sie eine größere Kraft auf die Straße ausüben als die vorderen. Der Motor "sieht" ja an seiner Welle nur einen Widerstand als Gesamtlast für ihn. Mich interessiert aber was dann an den angetriebenen Rädern passiert, wieviel Kraft diese jeweils auf die Straße ausüben.

Jedoch weiß ich nicht wie ich mir das aufzeichnen und darstellen kann.
Imaginär hatte ich jetzt das Auto in vier Massen zerteilt und diese den angetriebenen Rädern zugeordnet. Da sich alle 4 Teile bei Längsbeschleunigung gleichmäßig bewegen müssen (alle sind über die Achse mit der Karosserie verbunden) hätte ich dann gesagt dass die notwendige Kraft - und damit das Drehmoment - an der Hinterachse höher sein muss, da die übertragene Kraft auf die Straße mit F_RadHL+F_RadHR höher sein muss als vorne für F_RadVL und F_RadVR (Alle Massen, damit die Gesamtmasse des Fahrzeugs werden identisch beschleunigt, jedoch ist der Anteil der Masse hinten höher).
Jedoch weiß ich nicht ob das so korrekt gedacht ist und wie ich das darstellen oder mit Formeln belegen kann. Und es widerspricht der Beschreibung "Alle Räder erhalten das gleiche Moment" - was aber in einigen Artikeln vielleicht auch zu salopp und vereinfacht gesagt wird.

Skizze: Skizze_zu_1.png
https://www.physikerboard.de/files/skizze_zu_1_106.png


Ich habe dann versucht das auf ein Minimalbeispiel zu reduzieren.
Dazu auch eine Skizze. Bitte seht mir die einfache Zeichnung nach. Die Zahnräder sollen perfekt und verlustfrei ineinander greifen.
Ich habe ein Zahnrad, welches durch das Motoreingangsmoment M_Motor angetrieben wird. Hiermit auch eine Eingangsleistung 2*PI*M_Motor*n.
Dann zwei Zahnräder als Abtriebe M_AchseVorne und M_AchseHinten (das soll die Vorder- und Hinterachse darstellen, dort sind dann Räder zum übertragen der Kraft auf die Straße). Der Motor kann ja nicht "wissen", wie sich das Eingangsdrehmoment in die Ausgangsmomente aufteilt. Und von der Energieerhaltung könnte sich das Eingangsmoment ja beliebig zwischen M_AchseVorne und M_AchseHinten aufteilen solang die Summe gleich bleibt. Am Ende wird immer die gesamte Fahrzeugmasse beschleunigt und die Drehzahl ist überall konstant. Aber wie verteilen sich die Drehmomente und damit die auf die Straße übertragenen Kräfte durch die Räder wenn sich der Schwerpunkt ändert?
Gleichmäßig auf beide Achsen oder abhängig des Anteils der jeweiligen Achslast?

Skizze: Minimalproblem_Skizze_1.png
https://www.physikerboard.de/files/minimalproblem_skizze_1_485.png

Hier wäre ich sehr dankbar wenn ihr mir helfen könntet wie sich die Momente aufteilen, welche Kräfte damit durch die Räder auf die Straße ausgeübt werden und wie das erklärt werden kann.

2) Der Schwerpunkt sei wieder mittig. Nun habe ich mich gefragt, welche Momente an den Rädern wirken, wenn beispielsweise das Rad vorne rechts keine Kraft mehr übertragen kann (Haftreibungskoeffizient nähert sich 0, also Rad in der Luft oder auf Glatteis). Damit Kraft auf die Straße F_VR=0 damit auch das Moment 0?
Nach meiner Überlegung oben liegt auf der Vorderachse die Hälfte der Fahrzeugmasse, das heißt 50% des Eingangsmoments wirkt nun über das Rad vorne links auf die Straße. Es übernimmt quasi den Teil des rechten Rads mit. Für die Räder hinten links und rechts werden weiter je 25% des Eingangsmoments übertragen. Ist das korrekt oder liege ich hier falsch?

Skizze: Skizze_zu_2.png
https://www.physikerboard.de/files/skizze_zu_2_187.png

Würde mich sehr freuen wenn ihr mir helfen könntet, ich komme aus dem grübeln nicht raus.
Danke schon im Voraus!



Skizze_zu_2.png
 Beschreibung:
Skizze zu Frage 2)
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Skizze_zu_2.png



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Skizze_zu_1.png
 Beschreibung:
Skizze zu Frage 1)

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Frankx



Anmeldungsdatum: 04.03.2015
Beiträge: 982

Beitrag Frankx Verfasst am: 17. Jan 2022 09:25    Titel: Antworten mit Zitat

Bei gesperrten Differenzialen sollte imho folgendes gelten:

Je nach Schwerpunktlage ergibt sich für jedes Rad eine eigene Auflagekraft.
(Bei 4 Rädern wäre das System eigentlich überbestimmt. Man muss hier also die Einfederung der Federbeine mit berücksichtigen, sofern die Schwerpunktlage keine Symmetrie zur Fahrzeugachse hat.)

Verknüpft mit dem jeweiligen Reibfaktor ergibt sich an jedem Rad eine Vortriebskraft und damit über den Radius ein entsprechendes Drehmoment.

Die Drehmomente für jedes Rad sind also nicht gleich, die Drehzahl aber schon.

.
pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 17. Jan 2022 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Frankx hat Folgendes geschrieben:
Bei gesperrten Differenzialen sollte imho folgendes gelten:

Je nach Schwerpunktlage ergibt sich für jedes Rad eine eigene Auflagekraft.
(Bei 4 Rädern wäre das System eigentlich überbestimmt. Man muss hier also die Einfederung der Federbeine mit berücksichtigen, sofern die Schwerpunktlage keine Symmetrie zur Fahrzeugachse hat.)

Verknüpft mit dem jeweiligen Reibfaktor ergibt sich an jedem Rad eine Vortriebskraft und damit über den Radius ein entsprechendes Drehmoment.

Die Drehmomente für jedes Rad sind also nicht gleich, die Drehzahl aber schon.

.

Danke für die Antwort, das ist soweit auch meine Vermutung. Aber ich kann mir nicht erklären, warum/wie das System in diese Aufteilung gelangt.

Der vordere Teil der Welle treibt die Vorderachse an, damit setzt sich aber das Fahrzeug in Bewegung und gleichzeitig wird durch diese Bewegung auch die Hinterachse über die Räder gedreht. Das geht auch wenn ich die mittlere Welle nach hinten gedankenlich unterbreche (dann wäre es ein reiner Frontantrieb).

Genauso aber auch andersrum: Der hintere Teil der Welle treibt die Hinterachse an. Damit bewegt sich aber das Fahrzeug und damit auch wieder die Vorderachse. Wieso stellt sich hier die Lastaufteilung dann so ein?

Bei einem offenen Differential kann ich es nachvollziehen, aber bei dieser starren Verbindung nicht.
Frankx



Anmeldungsdatum: 04.03.2015
Beiträge: 982

Beitrag Frankx Verfasst am: 18. Jan 2022 08:03    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Wieso stellt sich hier die Lastaufteilung dann so ein?


Für das Gesamtsystem, wie auch für die einzelnen Stränge muss jeweils gelten, dass die Summe aller Momente = Null ist.
Daneben gibt es noch Zwangsbedingungen, z.b. die Drehzahl in allen Strängen ist gleich.

Wenn ein Rad also z.B. in der Luft hängt und keinen Kontakt zum Boden hat, dann ist für diesen Strang das Moment = 0, aber die Drehzahl entspricht trotzdem den anderen Rädern.

Darüber hinaus ist das System, wenn man unterschiedliche Haftbedingungen nicht berücksichtigt, überbestimmt.

Würde man z.B. einen Wagen an Stelle von Rädern auf Zahnräder setzen, die jeweils auf Zahnstangen abrollen, dann lässt sich nicht sagen, welches Moment an welchem Rad wirkt, weil dann winzige Toleranzen in der Geometrie und Steifigkeit entscheiden, über welche Räder gerade der Vortrieb erfolgt. Man könnte natürlich vereinfacht sagen, dass dann alle 4 Räder den gleichen Anteil leisten. Die Lage des Schwerpunktes hat dabei aber keinen Einfluss.

Setzt man aber die Reibungsbedingungen Rad/Untergrund als maßgeblich an, dann beeinflusst die Lage des Schwerpunktes (neben den jeweiligen Reibzahlen) die Reibbedingungen und damit die Anteile der Momente.

Das ist auch der Grund, weshalb bei rutschigem Untergrund das Differential gesperrt wird, weil dann im Zweifelsfall auch nur 1 Rad mit Haftung genügt, um noch Vortrieb zu erzeugen.


.
hansguckindieluft



Anmeldungsdatum: 23.12.2014
Beiträge: 1212

Beitrag hansguckindieluft Verfasst am: 18. Jan 2022 08:40    Titel: Antworten mit Zitat

zur Info:
https://www.techniker-forum.de/thema/aufteilung-drehmoment-bei-gesperrtem-differential.126483/
pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 18. Jan 2022 08:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ja ich habe diese Frage in diesen beiden Foren (in keinen anderen!) erstellt. Falls das unerwünscht war entschuldige ich mich.
pyro



Anmeldungsdatum: 15.01.2022
Beiträge: 11

Beitrag pyro Verfasst am: 18. Jan 2022 09:13    Titel: Antworten mit Zitat

Frankx hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Wieso stellt sich hier die Lastaufteilung dann so ein?

Darüber hinaus ist das System, wenn man unterschiedliche Haftbedingungen nicht berücksichtigt, überbestimmt.

Würde man z.B. einen Wagen an Stelle von Rädern auf Zahnräder setzen, die jeweils auf Zahnstangen abrollen, dann lässt sich nicht sagen, welches Moment an welchem Rad wirkt, weil dann winzige Toleranzen in der Geometrie und Steifigkeit entscheiden, über welche Räder gerade der Vortrieb erfolgt. Man könnte natürlich vereinfacht sagen, dass dann alle 4 Räder den gleichen Anteil leisten. Die Lage des Schwerpunktes hat dabei aber keinen Einfluss.

.

Vielen Dank für deine Antwort!
Genau das war der Punkt, an dem ich hing, bzw. bei dem ich mir gedacht habe: es sieht nicht abhängig vom Schwerpunkt aus, aber es kann sich doch nicht zufällig einstellen. So ist es aber für mich schlüssig also es bestätigt diese Überlegung.

Frankx hat Folgendes geschrieben:

Das ist auch der Grund, weshalb bei rutschigem Untergrund das Differential gesperrt wird, weil dann im Zweifelsfall auch nur 1 Rad mit Haftung genügt, um noch Vortrieb zu erzeugen.

Ja, in dem Fall ist es dann auch wieder eindeutig, an welcher Stelle das Moment noch wirkt (überhaupt wirken kann).
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