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Krümmung des Raumes
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Tueffel



Anmeldungsdatum: 26.12.2014
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Beitrag Tueffel Verfasst am: 02. Jan 2015 15:34    Titel: Krümmung des Raumes Antworten mit Zitat

Ein Gedankenexperiment: Oberhalb der Erde befindet sich eine lange Landebahn. Sie folgt nicht der Krümmung der Erdoberfläche. Sie ist gerade. Wenn wir eine Kugel an ein Ende der Bahn legen, rollt sie zur Mitte. Nun denken wir uns statt der Landebahn einfach eine gerade Linie im Raum. Wenn wir eine Wasserwaage auf dieser Linie entlang schieben und die Ergebnisse in eine Grafik übertragen, dann erhalten wir eine gekrümmte nach oben offene Linie. Dürfen wir deshalb annehmen, dass der 3-dimensionale Raum in der Nähe der Erde (einer Masse M) gekrümmt ist?
Felix86



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Beitrag Felix86 Verfasst am: 02. Jan 2015 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Warum rollt die Kugel in die Mitte der Landebahn?
Warum soll die Grafik eine krumme Linie zeigen, wenn ich eine Wasserwage auf einer geraden Linie verschiebe?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jan 2015 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Skizze wäre gut
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Tueffel



Anmeldungsdatum: 26.12.2014
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Beitrag Tueffel Verfasst am: 02. Jan 2015 19:03    Titel: Antworten mit Zitat

Skizze wäre gut - klar; aber wie kriege ich sie hier rein? Ich versuchs mal so. Von den Enden der Landebahn bis zur Mitte besteht ein Gefälle, weil die Mitte unten ist (dem Erdmittelpunkt näher) und die Enden sind oben. Deshalb auch das Messergebnis mit der Wasserwaage. Aber Krümmung des 3D Raumes?
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 02. Jan 2015 19:20    Titel: Antworten mit Zitat

Du darfst schon annehmen, daß der Raum in der Nähe der Erde gekrümmt ist. Ob dein Gedankenexperiment in der Hinsicht schlüssig ist, ist sicherlich eine andere Frage.
Felix86



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Beitrag Felix86 Verfasst am: 02. Jan 2015 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

Kann es sein, dass du ein Modell zur Beschreibung der Gravitation (Krümmung der Raumzeit durch Massen) als tatsächlich existierendes Phänomen ansiehst?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jan 2015 20:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, die Kugel rollt entlang der Ebene hinab. Das kann man im Rahmen der Newtonschen Mechanik auch ohne Raumzeitkrümmung erklären.

Die Raumzeitkrümmung im Rahmen der ART ist eine wesentlich kompliziertere Angelegenheit, die du so einfach nicht veranschaulichen kannst.

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Tueffel



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Beitrag Tueffel Verfasst am: 03. Jan 2015 09:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hatte nicht die Absicht, mit meinem einfachen Gedankenexperiment die Krümmung der Raum-Zeit aus der ART zu veranschaulichen. Ich glaube auch nicht, dass es möglich überhapt möglich ist, dieses mathematische Gebilde anschaulich in Bildern darzustellen auch wenn es in der Literatur, im Fernsehen usw. immer wieder versucht wird. Mir geht es allein um ein Beispiel im Rahmen der Newtonschen Mechanik bzw. klassischer nicht-relativistischer Feldtheorien im 3-dimensionalen Raum und darum, ob man sich auch diesen Raum in der Nähe einer Masse gekrümmt vorstellen darf, wenn man es so will. Dass das nicht unbedingt nötig ist, ist völlig klar. Ich denke darin sind wir einig.
Aber vielleicht ist das Gedankenexperiment ja geeignet, Lernenden (nicht Physikstudenten oder gar Experten) die Wirkung der Gravitation zu veranschaulichen. Ich halte es jedenfalls für geeignet und interessant - mehr nicht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jan 2015 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
Ich hatte nicht die Absicht, mit meinem einfachen Gedankenexperiment die Krümmung der Raum-Zeit aus der ART zu veranschaulichen. Ich glaube auch nicht, dass es möglich überhapt möglich ist, dieses mathematische Gebilde anschaulich in Bildern darzustellen auch wenn es in der Literatur, im Fernsehen usw. immer wieder versucht wird.

Ja, es funktioniert immer nur mit (teilweise großen und irreführenden) Einschränkungen, insbs. weil nicht nur der Raum sondern eben die Raumzeit gekrümmt sind.

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
mir geht es allein um ein Beispiel im Rahmen der Newtonschen Mechanik bzw. klassischer nicht-relativistischer Feldtheorien im 3-dimensionalen Raum und darum, ob man sich auch diesen Raum in der Nähe einer Masse gekrümmt vorstellen darf, wenn man es so will.

Ich denke nicht, dass das mathematisch so einfach möglich ist.

Die klassische, nicht-relativistische Mechanik wird zunächst auf einem flachen, euklidischen Raum definiert; man kann sie auch explizit auf gekrümmten Räumen konstruieren, z.B. für die Bewegung eines Teilchens auf einer Kugeloberfläche, aber das ist im Falle des von dir gewählten Gravitationsfeldes nicht der Fall und muss erst künstlich eingeführt werden. Nun könnte man folgendes tun: man betrachtet die Bewegung von Körpern in einem Gravitationsfeld in einer gewählten Bahnebene. Diese Bahnebene bildet man bijektiv auf eine Kugeloberfläche ab und untersucht dieses neue System. Das ist sicher zulässig, aber wenig anschaulich (und evtl. nicht mal mathematisch nützlich). Das Problem ist, dass diese Abbildung nicht isometrisch ist, d.h. dass sich Abstände ändern (klar, die unendliche Ebene wird auf die endliche Kugelfläche abgebildet). Man könnte andere, unendlich ausgedehnte, gekrümmte Räume benutzen, aber auch hier stellt sich die Frage nach Anschaulichkeit und Nutzen.

Ich schau mir das mal an.

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Jan 2015 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
Mir geht es allein um ein Beispiel im Rahmen der Newtonschen Mechanik bzw. klassischer nicht-relativistischer Feldtheorien im 3-dimensionalen Raum und darum, ob man sich auch diesen Raum in der Nähe einer Masse gekrümmt vorstellen darf, wenn man es so will.


Der Zusammenhang zwischen Krümmung und Gravitation beruht auf dem Äquivalenzprinzip. Die Bahnen von Testteilchen im Gravitationsfeld sind unabhängig von deren Eigenschaften und eignen sich folglich zur Definition von Geodäten in der Raumzeit. Die Menge der Geodäten definiert (eindeutig, glaube ich) einen torsionsfreien affinen Zusammenhang und damit ein Krümmungsmaß. Da das Äquivalenzprinzip in der Newtonschen Mechanik ebenso gilt, funktioniert das dort genauso und führt auf eine gekrümmte Raumzeit, deren Krümmungstensor von der Massendichte abhängt. Der absolute Raum ist aber in der Newtonschen Gravitationstheorie immer flach.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jan 2015 14:56    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Tueffel hat Folgendes geschrieben:
mir geht es allein um ein Beispiel im Rahmen der Newtonschen Mechanik bzw. klassischer nicht-relativistischer Feldtheorien im 3-dimensionalen Raum und darum, ob man sich auch diesen Raum in der Nähe einer Masse gekrümmt vorstellen darf, wenn man es so will.

Die klassische, nicht-relativistische Mechanik wird zunächst auf einem flachen, euklidischen Raum definiert; man kann sie auch explizit auf gekrümmten Räumen konstruieren, z.B. für die Bewegung eines Teilchens auf einer Kugeloberfläche, aber das ist im Falle des von dir gewählten Gravitationsfeldes nicht der Fall und muss erst künstlich eingeführt werden. Nun könnte man folgendes tun: man betrachtet die Bewegung von Körpern in einem Gravitationsfeld in einer gewählten Bahnebene. Diese Bahnebene bildet man bijektiv auf eine Kugeloberfläche ab und untersucht dieses neue System.

Ich hab’ das wie versprochen mal durchgerechnet; das Ergebnis ist mathematisch umständlich, wenig erhellend, um m.E. physikalisch nutzlos.

Zusammenfassung: Man nutzt die stereographische Projektion, um ein Problem in der Ebene auf ein Problem auf der Sphäre abzubilden. Letztere ist intrinsisch gekrümmt. Übersetzt man nun die Bewegungsgleichungen (einfacher: die Lagrangefunktion) von der Ebene auf die Sphäre, so werden „Krümmungsterme“ induziert. Diese induzierten Krümmungsterme entsprechen nicht den intrinsischen Krümmungstermen für ein freies Teilchen auf der Sphäre. Dies alles ist ein reiner Artefakt der stereographischen Projektion, nicht der Kraft bzw. des Potentials, in dem sich das Teilchen bewegt, denn die induzierten Terme sind unabhängig (!) vom Potential, d.h. u.a. auch für V = 0 vorhanden. Der Potentialterm sowie die Orbits werden durch die Abbildung nicht vereinfacht, d.h. alles was man erhält ist eine Verkomplizierung des ursprünglichen Problems!

******

Nun kann man sich allgemein überlegen, dass dies ganz allgemein nicht funktionieren kann: Wir betrachten ein System in der Ebene mit Koordinaten (x,y,) mit Lagrangefunktion



Die Idee ist ja nun, dies auf eine andere 2-dim., intrinsisch gekrümmte Mannigfaltigkeit abzubilden. Dabei soll das Potential V verschwinden (bzw. konstant werden) und in eine Krümmung überführt werden. Die neue Lagrangefunktion lautet dann



Behauptung: Dies ist unmöglich!

Beweis: Um das zu zeigen benutze ich (für den einfachsten Fall eines Radialpotentials) die Jacobi-Matrix J der gesuchten bijektiven Abbildung von (x,y) nach (u,v). Die Abbildung erfülle



Dann gilt



und somit



Die Jacobi-Determinante verschwindet identisch, d.h. es existiert keine bijektive Abbildung, die das Potential V(r) in eine Konstante überführt. Und damit existiert keine gekrümmte 2-dim. Mannigfaltigkeit, auf der das Keplerproblem alleine durch eine intrinsische Krümmung formulierbar wäre.

q.e.d.

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TomS
Moderator


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Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jan 2015 15:01    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Menge der Geodäten definiert (eindeutig, glaube ich) einen torsionsfreien affinen Zusammenhang und damit ein Krümmungsmaß.

In der Newtonschen Mechanik sind die Lösungen der Bewegungsgleichungen keine Geodäten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der absolute Raum ist aber in der Newtonschen Gravitationstheorie immer flach.

Und damit sind seine Geodäten Geraden, die ein allgemeines Problem der Newtonschen Mechanik nicht lösen.

Deine Idee ist ja, ein Problem der Newtonschen Mechanik auf eine andere Mannigfaltigkeit M' zu übersetzen, so dass dieses (mathematisch äquivalente) Problem auf der neuen Mannigfaltigkeit M' Geodäten als Lösungen hat. Schau dir doch mal meine Argumentation an, warum bereits die Übersetzung eines einfachen Problems nicht funktionieren kann. Oder anders gefragt: wo ist mein Denkfehler?

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Tueffel



Anmeldungsdatum: 26.12.2014
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Beitrag Tueffel Verfasst am: 03. Jan 2015 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

Ich vermute, dur siehst das hier etwas zu kompliziert. Der Zusammenhang zwischen der Krümmung der Gravitation beruht auf der Wirkung der Gravitation. TomS hat ja völlig recht. Wie soll man sich bloss einen durch Gravitation gekrümmten Raum vorstellen oder gar bildlich darstellen, wo doch schon die Vorstellung von der Krümmung einer einzigen gedachten Linie uns Schwierigkeiten bereitet?. Wieviel unvergleichlich schwieriger muss dann erst die Vorstellung von oder gar die grafische Darstellung einer durch die Wirkung der Gravitation gekrümmten Raum-Zeit sein? Deshalb halte ich die vielen schönen Bildchen in den Medien, mit denen das immer wieder versucht wird, eher für irreführend, als dass sie zum Verständnis des mathematischen Apparates der Theorie beitragen könnten.
Übrigens: Eine gedachte gerade Linie ist gerade. Ob wir sie gerade oder krumm messen hängt von der Messmethode und dem Messgerät ab. Mit dem Auge messen wir sie gerade und mit der Wasserwaage krumm. Wenn ein Maurer eine lange Wand gemauert und immer mit der Wasserwaage gemessen hat, dann kann er sagen: "Die Wand ist gerade". Genau besehen folgt sie in ihrem Höhenverlauf jedoch der Erdkrümmung und ist waagerecht und keineswegs gerade. Was hat das mit dem Äquivalenzprinzip zu tun?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Jan 2015 15:31    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Menge der Geodäten definiert (eindeutig, glaube ich) einen torsionsfreien affinen Zusammenhang und damit ein Krümmungsmaß.

In der Newtonschen Mechanik sind die Lösungen der Bewegungsgleichungen keine Geodäten.


Doch. Ich spreche von Geodäten in der Raumzeit, nicht im Raum.

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Der absolute Raum ist aber in der Newtonschen Gravitationstheorie immer flach.

Und damit sind seine Geodäten Geraden, die ein allgemeines Problem der Newtonschen Mechanik nicht lösen.


Ja, die des absoluten Raumes sind Geraden. Die der Raumzeit aber nicht. Die Geodäten des Raumes sind folglich auch nicht die Projektionen der Geodäten der Raumzeit. Ist auch nicht verwunderlich, denn die Raumzeit bei Newton hat ja keine Metrik, der absolute Raum aber schon.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Deine Idee ist ja, ein Problem der Newtonschen Mechanik auf eine andere Mannigfaltigkeit M' zu übersetzen, so dass dieses (mathematisch äquivalente) Problem auf der neuen Mannigfaltigkeit M' Geodäten als Lösungen hat. Schau dir doch mal meine Argumentation an, warum bereits die Übersetzung eines einfachen Problems nicht funktionieren kann. Oder anders gefragt: wo ist mein Denkfehler?


Ich weiß nicht. Ich glaube du hast mich mißverstanden. Ich will kein Problem der Newtonschen Mechanik auf eine andere Mannigfaltigkeit übertragen. Ich betrachte die Newtonshe Raumzeit als gekrümmte Mannigfaltigkeit. Das ist übrigens nicht meine Idee, sondern schon lange bekannt. Ursprünglich stammt das glaube ich von Erich Kretschmann aus seinen Überlegungen über die Bedeutung von "allgemeiner Kovarianz" in der Physik allgemein. Ein Kapitel zu dem Thema findest du im MTW.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 03. Jan 2015 16:05, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 03. Jan 2015 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
Ich vermute, dur siehst das hier etwas zu kompliziert. Der Zusammenhang zwischen der Krümmung der Gravitation beruht auf der Wirkung der Gravitation.


Ja, und diese Wirkung ist derart, daß die Bahnen von Testteilchen nur von ihrer Anfangsposition und Geschwindigkeit, aber keinen sonstigen Eigenschaften abhängen. Das ist das Äquivalenzprinzip. Und dieses ist die Basis für die Deutung von Teilchenbahnen als Geodäten der Raumzeit.

Zitat:

TomS hat ja völlig recht. Wie soll man sich bloss einen durch Gravitation gekrümmten Raum vorstellen oder gar bildlich darstellen, wo doch schon die Vorstellung von der Krümmung einer einzigen gedachten Linie uns Schwierigkeiten bereitet?.


Ich habe keine besonderen Probleme bei der Vorstellung gekrümmter Kurven oder Flächen. Bei höherdimensionalen Objekten wird es schwieriger, aber ich glaube das liegt an der Anzahl der Dimensionen, nicht so sehr an der Krümmung selbst.

Zitat:
Was hat das mit dem Äquivalenzprinzip zu tun?


Ja, eben. Nichts. Deswegen weiß ich auch nicht, wozu dein Gedankenexperiment gut sein soll. Die einzige Krümmung die bei der Gravitation eine Rolle spielt, ist die, die Bahnkurven (in der Raumzeit) von Testteilchen zu Geodäten macht. Diese läßt aber den absoluten Raum der Newtonschen Mechanik flach.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jan 2015 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

OK, tatsächlich sehr interessant. Ich mache mir mal die Mühe, die wesentlichen Gleichungen der Newtonschen Theorie in kovarianter Schreibweise zusammenzufassen (s. MTW, Kap. 12)

Zunächst haben wir das Potential phi sowie die daraus folgenden Bewegungsgleichungen



Das Potential phi folgt aus der Massendichte rho gemäß der Laplace-Gleichung



Nun führen wir folgenden Zusammenhang Gamma, Krümmungstensor sowie Ricci-Tensor ein (ich gebe nur die nicht-verschwindenden Terme an)







Damit lässt sich die Bewegungsgleichung mittels eines affinen Parameters lambda





als Geodätengleichung mit Parameter lambda schreiben



Jede raumartige 3-dim. Untermannigfaltigkeit ist global flach, da



Die Raumzeit ist jedoch innerhalb von Masseansammlungen gekrümmt, da dort



Die Krümmung der Raumzeit verschwindet aber offensichtlich im Vakuum, denn dort gilt



Betrachten wir den einfachsten Fall des Newtonschen Gravitationspotentials einer punktförmigen Masse. Für dieses Problem ist die Massendichte an der Stelle des Massenpunktes delta-distributionsartig divergent, ansonsten identisch Null. D.h. die "punktierte" Newtonsche Raumzeit ist global flach. Dies gilt auch für eine Ansammlung von Massenpunkten. Zusammenfassend: für eine Ansammlung von Massenpunkten i=1..n ist die n-fach punktierte Raumzeit global flach.

@index_razor: danke für den interessanten Hinweis

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Tueffel



Anmeldungsdatum: 26.12.2014
Beiträge: 143

Beitrag Tueffel Verfasst am: 04. Jan 2015 08:45    Titel: Antworten mit Zitat

@index razor, wozu sind Gedankenexperimente gut? Ganz so drastisch wie du sehe ich das in diesem Fall nicht. Stell dir einmal vor, wir hätten keine Gravitation. "Da oben" legt einer den Schalter um und schaltet auf "Aus": Bums - und unser ganzes schönes Universum wäre weg - denke ich.l
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jan 2015 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Raumzeit ist jedoch innerhalb von Masseansammlungen gekrümmt, da dort



Die Krümmung der Raumzeit verschwindet aber offensichtlich im Vakuum, denn dort gilt



[...]

Zusammenfassend: für eine Ansammlung von Massenpunkten i=1..n ist die n-fach punktierte Raumzeit global flach.


Vorsicht. Es verschwindet dort, glaube ich, nur der Ricci-Tensor. Die Situation ist analog zu Vakuumlösungen der Einsteingleichungen. Diese haben verschwindenden Einstein-Tensor, können aber trotzdem gekrümmt sein. Gezeitenkräfte etc. gibt es ja auch im Vakuum in der Nähe von Punktmassen. In der Newtonschen Theorie müßte der Krümmungstensor also eigentlich in diesem Fall Komponenten

haben. (Wenn die RZ global flach wäre, würde ja dein Einwand wieder greifen und alle Bahnkurven wären Geraden.) Ich habe den MTW gerade nicht zur Hand, aber dort wird, wenn ich mich richtig erinnere, die "geodesic deviation" in einem beliebigen Potential ausgerechnet und mit dem Krümmungstensor verknüpft. Im Ergebnis müssen irgendwie die zweiten Ableitungen des Potentials vorkommen, unabhängig von der Massendichte an dem Ort.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2015 10:49    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Vorsicht. Es verschwindet dort, glaube ich, nur der Ricci-Tensor. Die Situation ist analog zu Vakuumlösungen der Einsteingleichungen. ...

OK, Danke, wieder richtig.

Ich korrigiere das oben: die punktierte RZ ist global Ricci-flach.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jan 2015 10:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
@index razor, wozu sind Gedankenexperimente gut? Ganz so drastisch wie du sehe ich das in diesem Fall nicht.


Ich habe mich falsch ausgedrückt. Natürlich ist mir klar, wozu Gedankenexperimente prinzipiell gut sind. Auch dein Experiment ist gut zum Nachdenken über den Zusammenhang von Krümmung und Gravitation. (Mich zumindest hat es ja genau dazu veranlaßt.) Ich denke nur, daß es in die Irre führt, wenn du auf Basis Deiner Überlegungen auf die Raumkrümmung in der Nähe von Massen schließt. Der Grund ist, daß die Phänomene, die du beschreibst auch in der Newtonschen Mechanik existieren, der Raum dort aber flach ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2015 10:58    Titel: Antworten mit Zitat

Frage: laut MTW wird auf der Newtonschen RZ keine Metrik definiert; aber das kann dich nicht sein, sonst könnte man keine Tensoren verjüngen; also wie lautet die Metrik?
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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jan 2015 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Frage: laut MTW wird auf der Newtonschen RZ keine Metrik definiert; aber das kann dich nicht sein, sonst könnte man keine Tensoren verjüngen; also wie lautet die Metrik?


Du kannst nur jeweils einen ko- mit einem kontravarianten Index verjüngen, z.B.

Etwas anderes machen MTW hoffentlich da nicht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2015 11:21    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, klar, aber das bedeutet, dass es eine Metrik gibt, oder?

Ich würde mal auf



tippen, wobei f das Potential phi enthält und für phi=0 zu f=1 wird. Ich probier' das spaßeshalber mal aus.

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
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Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jan 2015 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ja, klar, aber das bedeutet, dass es eine Metrik gibt, oder?

Ich würde mal auf



tippen, wobei f das Potential phi enthält und für phi=0 zu f=1 wird. Ich probier' das spaßeshalber mal aus.


Nein, Überschieben von kovariantem und kontravariantem Index erfordert keine Metrik. Es gibt ja ein natürliches Skalarprodukt zwischen Tangential- und Kotangentialbündel. Eine Metrik brauchst du nur, um Indizes zu heben oder zu senken, also für einen Isomorphismus zwischen Tangentialraum und Kotangentialraum, z.B. wenn du aus dem Ricci-Tensor (mit zwei kovarianten Indizes!) einen Skalar machen willst

Dort geht ja explizit die Metrik ein. Für

brauchst du sie nicht.

In der Newtonschen RZ wäre das auch gar nicht so schön. Schließlich würde sich diese Metrik nicht mit der des absoluten Raumes vertragen. (Ich erinnere mich auch dunkel an eine Aufgabe im MTW, wo man zeigen sollte, daß keine Metrik in der Newtonschen RZ existieren kann, mit der der affine Zusammenhang verträglich ist. Vielleicht stehen da noch ein paar Hinweise dazu.)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2015 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Eine Metrik brauchst du nur, um Indizes zu heben oder zu senken, also für einen Isomorphismus zwischen Tangentialraum und Kotangentialraum, z.B. wenn du aus dem Ricci-Tensor (mit zwei kovarianten Indizes!) einen Skalar machen willst

Dort geht ja explizit die Metrik ein. Für

brauchst du sie nicht.

OK, guter Punkt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich erinnere mich auch dunkel an eine Aufgabe im MTW, wo man zeigen sollte, daß keine Metrik in der Newtonschen RZ existieren kann, mit der der affine Zusammenhang verträglich ist. Vielleicht stehen da noch ein paar Hinweise dazu.

Genau das hätte ich als erstes versucht: Ansatz für g und daraus Gamma berechnen.

Das bedeutet, dass die Newtonsche RZ keine Riemannsche Mannigfaltigkeit ist. Da muss man aufpassen, was überhaupt noch gilt ...

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Tueffel



Anmeldungsdatum: 26.12.2014
Beiträge: 143

Beitrag Tueffel Verfasst am: 04. Jan 2015 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

Darf ich noch einmal nachfragen? Der uns umgebende Raum ist doch völlig unabhängig davon, mit welcher Theorie wir die Bewegung eines Objektes in diesem Raum beschreiben und verändert sich auch nicht durch unterschiedliche Beschreibungen - oder?
Wenn wir mit Hilfe eines mathematischen Apparates einen n-dimensionalen Raum (gekrümmte Raumzeit, tordiert, etc.) konstruieren um zu gültigen Ergebnissen zu kommen, dann heisst das doch sicher nicht, dass er auch tatsächlich so struktuiert ist - oder?
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 04. Jan 2015 16:44    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein, Überschieben von kovariantem und kontravariantem Index erfordert keine Metrik. Es gibt ja ein natürliches Skalarprodukt zwischen Tangential- und Kotangentialbündel. Eine Metrik brauchst du nur, um Indizes zu heben oder zu senken, also für einen Isomorphismus zwischen Tangentialraum und Kotangentialraum


Ich habe passiv etwas mitgelesen. Darf ich kurz fragen, wie dieses natürliche Skalarprodukt zwischen Tangentialbündel und Kotangentialbündel aussehen soll bzw. was das überhaupt sein soll?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jan 2015 16:56    Titel: Antworten mit Zitat

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
Darf ich noch einmal nachfragen? Der uns umgebende Raum ist doch völlig unabhängig davon, mit welcher Theorie wir die Bewegung eines Objektes in diesem Raum beschreiben und verändert sich auch nicht durch unterschiedliche Beschreibungen - oder?

Ja.

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir mit Hilfe eines mathematischen Apparates einen n-dimensionalen Raum (gekrümmte Raumzeit, tordiert, etc.) konstruieren um zu gültigen Ergebnissen zu kommen, dann heisst das doch sicher nicht, dass er auch tatsächlich so struktuiert ist - oder?

Was heißt "tatsächlich so strukturiert"? Wir haben auf den ersten Blick verschiedene, jedoch mathematisch äquivalente Beschreibungen. Ich würde nicht sagen, dass eine dieser Beschreibungen irgendwie in bzw. durch die Realität besonders ausgezeichnet ist.

EDIT: allenfalls durch Konventionen, Einfachheit o.ä.

Sätze wie "die Raumzeit ist gekrümmt", sollten eher lauten: "wir beschreiben unser Universum u.a. mittels eines mathematischen Modells, in dem die Raumzeit als 4-dim., gekrümmte Mannigfaltigkeit repräsentiert wird".

Anmerkung: in der ART verwendet man die Riemannsche Geometrie mit Krümmung ohne Torsion; man kann zeigen, dass dies mathematisch äquivalent zum Fernparallelismus ist, der die Weitzenböck-Geometrie ohne Krümmung und mit Torsion verwendet:

http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_f03.html

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 04. Jan 2015 17:32, insgesamt einmal bearbeitet
Tueffel



Anmeldungsdatum: 26.12.2014
Beiträge: 143

Beitrag Tueffel Verfasst am: 04. Jan 2015 17:30    Titel: Antworten mit Zitat

Das macht mich schon etwas zufriedener.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 04. Jan 2015 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:

Ich habe passiv etwas mitgelesen. Darf ich kurz fragen, wie dieses natürliche Skalarprodukt zwischen Tangentialbündel und Kotangentialbündel aussehen soll bzw. was das überhaupt sein soll?


Genauer gesagt geht es um die Familie von Abbildungen, die für und gemäß

entlang jeder Faser der beiden Bündel ein entsprechendes bilineares, nicht-entartetes Produkt definiert.
Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
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Beitrag Brillant Verfasst am: 06. Jan 2015 01:52    Titel: Re: Krümmung des Raumes Antworten mit Zitat

Tueffel hat Folgendes geschrieben:
Oberhalb der Erde befindet sich eine lange Landebahn. Sie folgt nicht der Krümmung der Erdoberfläche. Sie ist gerade.


Da ist ja schon das erste Problem. Was bedeutet "gerade"? Wie willst du das bestimmen?

Touchiert ein Lichtstrahl "gerade" die Erdoberfläche? Wohl kaum. Die Athmosphäre lenkt ihn ab und vielleicht auch die Masse der Erde. Was aber könnte "gerader" sein als ein Lichtstrahl?
Tueffel



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Beitrag Tueffel Verfasst am: 06. Jan 2015 11:48    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist doch nur eine Gedankenexperiment. Ich will die Landebahn doch nicht bauen. Ansonsten hast du wohl recht, und Baufirmen arbeiten inzwischen auch längst mit Laser.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jan 2015 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

D.h. für dich sind "Lichtstrahlen" die Definition von Geraden, richtig?
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Tueffel



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Beitrag Tueffel Verfasst am: 06. Jan 2015 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

Unter bestimmten Voruassetzungen (die in dem Gedankenexperiment gegebe n sind) sicher ja; aber wie die allgemein gültige Definition einer Geraden über alle Theorien und Rahmenbedingungen hinweg lautet, weiß ich nicht, habe aber auch noch nicht darüber nachgedacht
E=mc²



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Beitrag E=mc² Verfasst am: 06. Jan 2015 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

@Tueffel: Meinst du, dass die Vorraussetzungen in diesem Gedankenexperiment erfüllt sind? Natürlich sind Lichtstrahlen auf der Erde in guter Näherung geraden.

Aber durch Massen werden Lichtstrahlen gekrümmt, eben weil die Raumzeit gekrümmt wird. Daher ist eine Definition einer Gerade über Lichtstrahlen in einer Diskussion über die Krümmung des Raumes problematisch.
Tueffel



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Beitrag Tueffel Verfasst am: 06. Jan 2015 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

Nun, ich denke schon, dass die Voraussetzungen in meinem Gedankenexperiment und bei der Benutzung von Lasermessgeräten durch Baufirmen erfüllt sind. Ansonsten hast du selbstverständlich recht.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Jan 2015 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn man eine Verallgemeinerung des Begriffs "Gerade" in gekrümmten Räumen definieren möchte, muss man sich mit der nicht-euklidischen Geometrie auseinandersetzen. Eine "Gerade" hat im euklidschen, flachen Raum zwei wesentliche Eigenschaften: 1) sie ist gerade, und 2) sie ist zwischen zwei gegebenen Punkten die kürzeste Verbindung.

In der Einsteinschen ART verwenden wir eine 4-dim. Geometrie der Raumzeit, d.h. wir verallgemeinern im Folgenden den Begriff "Gerade" nicht im 3-dim. sondern im 4-dim. Raum.

In der Einsteinschen ART verwenden wir eine spezielle Version der nicht-euklidschen Theorie, nämlich die Riemannsche. In dieser speziellen Geometrie fallen die beiden Eigenschaften (1) und (2) zusammen, da die Raumzeit zwar gekrümmt, jedoch torsionsfrei ist. Die Verallgemeinerung einer Geradengleichung heißt Geodätengleichung (für eine 2-dim. Fläche wie eine Kugel kann man sich das sehr einfach veranschaulichen; eine Geodäte entspricht einem Großkreis). Wichtig ist, dass diese Geodäten der Verallgemeinerung von Geraden in der Raumzeit entsprechen, nicht im Raum. D.h. auch, dass uns diese Geodäten im Raum nicht gerade erscheinen!

Die Geodätengleichung ist nun genau die Gleichung, die die kräftefreie Bewegung eines masselosen oder massebehafteten Objekts in der ART beschreibt, also den freien Fall. In einer gekrümmten Raumzeit folgen diese Objekte also Geodäten. Im 3-dim. Raum sehen wir die "Projektionen" dieser Geodäten. Die Wurfparabel eines Körpers im Schwerefeld, der Orbit eines Planeten um die Sonne, oder ein Lichtstrahl sind Beispiele für Geodäten in der gekrümmten Raumzeit, also verallgemeinerte Geraden.

E=mc² hat Folgendes geschrieben:
Aber durch Massen werden Lichtstrahlen gekrümmt, eben weil die Raumzeit gekrümmt wird. Daher ist eine Definition einer Gerade über Lichtstrahlen in einer Diskussion über die Krümmung des Raumes problematisch.

Wie gesagt: Lichtstrahlen entsprechen exakt der Verallgemeinerung von Geraden in einer gekrümmten Raumzeit.

Es existiert eine Erweiterung der Riemannschen Geometrie, die sog. Riemann-Cartan-Geometrie. In dieser ist auch Torsion zulässig. Die physikalische Theorie, in der diese Geometrie verwendet wird, heißt Einstein-Cartan-Theorie Die Quelle der Torsion sind Spin-Dichten (die der Krümmung sind Energie-Impuls-Druck-Dichten). Hier fallen kürzeste und geradeste Kurven nicht mehr zusammen. Eine wesentliche Eigenschaft der Torsion ist, dass sie im Vakuum verschwindet, dass sie also außerhalb von Materie Null ist; die sog. EC-Theorie ist experimentell von der ART nicht zu unterscheiden, da wir keine makroskopischen Spindichten kennen, und da im Vakuum keine experimentellen Unterschiede messbar sind.

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E=mc²



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Beitrag E=mc² Verfasst am: 06. Jan 2015 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

Was ich sagen wolle (jetzt nach den Informationen aus deinem letzten Post kann ich es in bessere Worte fassen) war:

Man kann, dass was man landläufig als Gerade bezeichnet eben nicht über den Weg eines Lichtstrahles definieren, weil dieser Weg eine Geodäte in der RZ ist, dessen Projektion in den 3-dimm. Raum eben keine Gerade sein muss.

Im Alltag ist das nicht von Bedeutung, weil die Krümmung der RZ in der Nähe der Erde nur gering ist, sodass die Projektionen dieser Geodäten nahezu Geraden sind. Aber dann wenn man den Begriff Gerade für eine Diskussion über gekrümmte Räume definieren will, ist das problematisch.

Kann man das so stehen lassen?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Jan 2015 00:01    Titel: Antworten mit Zitat

Ja.

Wobei du es dir zu kompliziert machst. Die Projektion in den 3-dim. Raum spielt in der ART keine große Rolle.

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Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 07. Jan 2015 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Deshalb ist die "lange Landebahn" jedenfalls keine Gerade im Sinne der ART, denn sie repräsentiert keine Geodäte.
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