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spontane Symmetriebrechung -> unsym. Lagrangedichte?
 
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derBollen



Anmeldungsdatum: 05.09.2009
Beiträge: 78

Beitrag derBollen Verfasst am: 16. Feb 2010 21:30    Titel: spontane Symmetriebrechung -> unsym. Lagrangedichte? Antworten mit Zitat

hi,
ich habe eine frage zur spontanen symmetriebrechung:

gegeben ist eine lagrangedichte (die von einem feld abhängt) und eine transformation unter der diese lagrangedichte invariant ist. das niedrigste energieniveau sei entartet.
wenn ich das feld auf einen frei gewählten grundzustand beziehe und es dann in die gegebene lagrangedichte einsetze, ist überall die rede davon, dass diese auf den gewählten grundzustand bezogene lagrangedichte nicht mehr invariant unter der gegebenen symmetrietransformation ist.
aber ich habe die lagrangedichte ja nicht wirklich verändert, sondern nur auf einen anderen punkt bezogen. wie kann sie da nicht mehr invariant unter der alten symmetrieoperation sein?

gruß bollen
User
Gast





Beitrag User Verfasst am: 17. Feb 2010 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Weil sie symmetrisch zum alten Ursprung war und es i. d. R. nicht zum neuen ist. Seite 7: pauli.uni-muenster. de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ss07/GoldstoneTheorem.pdf
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18015

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Feb 2010 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Betrachten wir doch mal ein ganz einfaches Beispiel, nämlich die Keplerbahn eines Planeten um die Sonne. Die Lagrangefunktion ist invariant unter der Rotationsymmetrie SO(3), d.h. unter Rotationen im dreidimensiopnalen Raum. Nun legt man zur Lösung der Bewegungsgleichungen zunächst eine Bahnebene fest und bricht dadurch die Symmetrie zu einer SO(2), d.h. der Rotationsymmetrie innerhalb der Ebene. Eine spezielle Lösung selbst zeichnet nun eine Richtung aus, z.B. die der großen Halbachse zum Aphel (= zum sonnenfernsten Punkt der Planetenbahn). Nun kannst du z.B. Störungen dieser speziellen Bahn aufgrund des Einflusses andere Planeten berechnen.

Vergleiche das nun mit der Lagrangedichte eine Feldtheorie, z.B. der für den Higgs-Effekt: In der Vakuumlösung (= dem klassischen Grundzustand) wird ein Winkel für das Higgsfeld frei wählbar fixiert. "Frei wählbar" bedeutet, dass man den Winkel beliebig wählen kann (so wie man die Bahnebene frei wählt), "fixiert" bedeutet, dass der Winkel danach eben festgelegt ist (wiederum so wie die Bahnebene).

Die Schwingungen um diesen Grundzustand entsprechen den Störungen der gegebenen Keplerbahn.

Hätte man keinen Higgs-Effekt sondern würden tatsächlich Goldstone-Bosonen auftreten, so würden diese ja genau das Vorliegen einer Symmetrie anzeigen. Die Goldstone-Bosonen entsprechen ja genau den Schwingungen entlang der Symmetrierichtung; sie sind genau deswegen auch masselos.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
derBollen



Anmeldungsdatum: 05.09.2009
Beiträge: 78

Beitrag derBollen Verfasst am: 18. Feb 2010 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

okay, danke, das war alles ziemlich einleuchtend. um mein problem nochmal zu spezifizieren versuche ich es mal mit einem konkreten beispiel
und beziehe mich auf den link vom gast: http://pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ss07/GoldstoneTheorem.pdf

und zwar auf die gleichung (13) aus diesem pdf:
nach
mein problem ist: für mich stellt eben genau die hier gegebene sogenannte "verborgene transformation" die "originale" dar. wenn aber gleichung (13) nicht die ursprüngliche transformation ist, wie sieht sie denn dann aus? etwa so: nach ?
wenn ich so drüber nachdenke würde es ja vielleicht sogar sinn machen, den neuen bezugspunkt als fix unter der transformation anzusehen, denn schließlich transformiert sich ja nur das komplexe feld nach gleichung (7) im pdf, bzw. sein real und sein imaginärteil. ist das so dann richtig?

gruß bollen
derBollen



Anmeldungsdatum: 05.09.2009
Beiträge: 78

Beitrag derBollen Verfasst am: 18. Feb 2010 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

@toms: willst du mit deinem letzten absatz sagen, dass beim higgseffekt die symmetrie in gewisserweise stärker gebrochen wurde, als im goldstonemodell? die masselosen goldstone-bosonen zeigen ja gerade die "verborgene symmetrie" also die symmetrie der lagrangedichte unter gleichung (13) an.
ist so eine "verborgene symmetrie" beim higgseffekt nicht mehr da, weil man die unitäre eichung benutzt (um dem eichboson die masse zu geben)?

gruß bollen
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18015

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Feb 2010 20:41    Titel: Antworten mit Zitat

Also zunächst mal zu der verborgenen Symmetrie (13)

Die Einführung des Vakuumerwartunsgwertes bricht die Symmetrie nicht - unter der Voraussetzung, dass man ihn immer mittransformiert. Erst wenn man ihn fixiert (hier also seine Phase d.h. seinen Imaginärteil Null setzt) bricht man die Symmetrie. In (13) wird ja gezeigt, wie das gesamte Feld einschließlich des Vakuumerwartunsgwertes transformiert wird.

Vergleiche das mit einem System in Rotationssymmetrie in kartesischen Koordinaten: die Rotationsymmetrie ist ebenfalls verborgen, jedoch nicht gebrochen. Sobald du jedoch eine Richtung festhältst und nicht mehr mitrotierst, zeichnest du eine Achse aus und brichst die Symmetrie.

Dann zum Higgs-Effekt. In diesem Fall liegt eine lokale Eichsymmetrie vor, d.h. nach der Einführung eines Vakuumerwartungswertes kannst du trotzdem noch Fluktuationen in den Skalarfeldern durch eine Eichtransformation kompensieren. Letzteres funktioniert im Falle der Goldstone-Bosonen nicht, da schlichtweg keine Eichsymmetrie und kein Eichfeld vorliegen. Die unitäre Eichung "rotiert diese Fluktuationen quasi weg". Anders ausgedrückt ist mit dem Auftreten der U(1) Symmetrie eine Eichsymmetrie verbunden, so dass die entsprechende Phase kein Freiheitsgrad sondern ein Eichparameter ist.

Man zählt dazu die Freiheitsgrade:
ohne Vakuumerwartungswert: masselose Eichfelder = 2 Polarisationen (die anderen zwei sind unphysikalisch und verschwinden wie in der E-Dynamik) + 2 Skalarfelder
mit Vakuumerwartungswert: massive Eichfelder = 3 Polarisationen + 1 Skalarfeld
Die Summe der physikalischen Freiheitsgrade ist also identisch = 4, nur dass einer eben nicht mehr als Skalarfeld sondern als longitudinales Eichboson auftritt.

" ... dass beim higgseffekt die symmetrie in gewisserweise stärker gebrochen wurde ..." => nein, lediglich führt die Eichsymmetrie dazu, dass statt eines Goldstone-Bosons ein massives Eichboson auftritt.

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derBollen



Anmeldungsdatum: 05.09.2009
Beiträge: 78

Beitrag derBollen Verfasst am: 19. Feb 2010 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

okay, ich glaub ich habs kapiert.
ich mache also nochmal eine check-liste für mein hirn:
-unabhängig davon, was für eine symmetrie (globale symmetrie, eichsymmetrie) vorliegt, ist die verborgene symmetrie vorhanden: das ist die symmtrie die den vakuumerwartungswert mittransformiert.
-wenn man den vakuumerwartungswert fixiert, d.h. nicht mittransformiert, "bricht man die symmetrie".
-goldstonebosonen und massive eichfelder sind keine folge von symmetriebrechung, sondern die folge des einführens eines vakuumerwartungswertes.
-die unitäre eichung bricht keine symmetrie, sondern sie rotiert unphysikalische freiheitsgrade weg

ist das so in ordnung?

vielleicht noch abschließend was: dieser ganze krempel kommt ja unter anderem auch im standardmodell der elektroschwachen wechselwirkung vor.
hier wird ja auch durch die fixierung eines endlichen vakuumerwartungswertes die SU(2)xU(1) eichsymmetrie gebrochen. man kann aber zeigen, dass der vakuumerwartungswert invariant unter der U(1) eichsymmetrie der elektromagnetischen wechselwirkung, die eine untergruppe der SU(2)xU(1) ist, ist. da der vakuumerwartungswert also invariant ist, transformiert er sich mit, auch wenn er fixiert ist. damit bleibt die U(1) symmetrie der elektromagnetischen wechselwirkung erhalten. daraus folgt unter anderem die ladungserhaltung und alle sind zufrieden.

langsam wird mir was klar,
vielen dank!
gruß bollen
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18015

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Feb 2010 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

derBollen hat Folgendes geschrieben:
goldstonebosonen und massive eichfelder sind keine folge von symmetriebrechung, sondern die folge des einführens eines vakuumerwartungswertes.
Doch, denn das ist beides das selbe; der Vakuumerwartunsgwert bricht die Symmetrie. Man muss unterscheiden zwischen einem gedachten VEV, den ich mathematisch mittransformieren kann und dem tatsächlichen physikalisch vorliegenden VEV, der eine fixierte Phase hat. Denke an die Planetenbahn: die Idee der Einführung eine Bahnebene bricht die Symmetrie nicht, solange ich eine Transformation zulasse und mir denke, ich könnte ja auch eine andere Bahnebene wählen. In der Realität ist aber eben genau eine bestimmte Bahnebe festgelegt und damit ist die Symmetrie tatsächlich gebrochen.

derBollen hat Folgendes geschrieben:
ist das so in ordnung?
bis auf die eine Anmerkung - ja.

derBollen hat Folgendes geschrieben:
vielleicht noch abschließend was: dieser ganze krempel kommt ja unter anderem auch im standardmodell der elektroschwachen wechselwirkung vor.
Im Falle der SU(2)*U(1) ist das ziemlich verzwickt. Jedenfalls wird nur die SU(2) Symmetrie gebrochen, die U(1) Symmetrie dagegen nie angetastet. Vereinfacht gesprochen wissen die beiden Symmetrien nichts voneinander und die Brechung der einen ist für die andere irrelevant.
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derBollen



Anmeldungsdatum: 05.09.2009
Beiträge: 78

Beitrag derBollen Verfasst am: 20. Feb 2010 18:54    Titel: Antworten mit Zitat

okay, beim ersten punkt hast du definitiv recht! wenn ich den vakuumerwartungswert nicht fixiere, kann man die massen des massiven skalaren feldes (higgsteilchen) und des eichbosons (im higgsmodell) garnich als massen interpretieren (in den massen kommt ja der vakuumerwartungswert vor, und wenn der nicht fixiert ist, wären die massen nicht fixiert).

beim letzten punkt, glaube ich aber, dass die U(1)-symmetrie der schwachen hyperladung auch gebrochen ist, wenn man die SU(2)-symmetrie bricht.

naja, wie auch immer,
vielen dank auf jeden fall, du hast mir sehr geholfen!

gruß bollen
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18015

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Feb 2010 19:09    Titel: Antworten mit Zitat

Im Falle der el-schw. WW wird zunächst die U(1)*SU(2) gemischt und anschließend gebrochen. Du hast recht, man geht von der U(1) der schw. Hyperladung aus. Diese ist später nicht mehr sichtbar. Die Mischung wird durch den Weinberg-Winkel beschrieben. In der physikalischen Symmetrie ist ein "neuer" U(1) Faktor enthalten, der jetzt der el.-mag. WW entspricht; diese ist noch erhalten, d.h. nicht gebrochen, was durch die Masselosigkeit des Photons zum Ausdruck kommt.
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derBollen



Anmeldungsdatum: 05.09.2009
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Beitrag derBollen Verfasst am: 23. Feb 2010 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

alles klar, so in der richtung hab ich das auch im kopf.
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