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Ruhe- und relativistische Masse - Seite 3
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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 16. Sep 2020 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
In der gesamten Diskussion geht es darum, wie man die Ideen der Relativitätstheorie möglichst einfach, geradlinig und ohne unnötige Verwirrung dem interessierten Laien oder Schüler vermittelt.


Es mag sein, dass es Dir darum geht, aber ich bin hier um über etwas ganz anderes zu diskutieren - nämlich wo die relativistische Masse herkommt, was sie ist und was sie nicht ist und wie man sie korrekt anwendet, wenn man es tut. Ich diskutiere hier nicht darüber, ob es sinnvoll ist, das zu tun. Wozu auch? Wir sind uns doch alle darüber einig sind, dass das nicht der Fall ist.

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn Du mir damit sagen willst, dass die Unterscheidung zwischen Inertialsystemen und Nicht-Inertialsystemen grotesk ist, dann fällt meine Antwort genauso aus wie oben.

Letzteres wollte ich nicht sagen


Du hast Dich explizit auf das bezogen, was ich einen Beitrag zuvor als Zaubertrick bezeichnet habe - nämlich die Änderung der Energie eines abgeschlossenen Systems durch Bezugssystemwechsel. Außerdem ist der ganze Beitrag nur ein konkretes Beispiel, für das, was Du zuvor mit Punkt (2) zusammengefasst hast. Du hast nichts inhaltliches hinzugefügt oder zurück genommen. Die ursprüngliche Behauptung, dass es absurd wäre diese Situation von einer Energieänderung durch mechansiche Arbeit zu unterscheiden, stand damit immer noch im Raum - nur diesmal mit Bezug auf ein konkretes Nicht-Inertialsystem. Wenn das nicht Deine Absicht war, dann solltest Du Dich klaerer ausdrücken.

Um ganz sicher zu gehen, frage ich jetzt noch einmal konkret: Bist Du noch immer der Meinung, dass es absurd ist zwischen Energieänderungen durch Bezugssystemwechsel und durch physikalische Wechselwirkungen unterscheiden?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Tatsächlich geht es ja in der ART darum, dass diese künstliche Unterscheidung weitgehend irrelevant wird;


In der ART schon, aber nicht hier. Hier geht es darum, dass es einen Unterschied macht, ob man die Energie eines Systems nur zwischen Bezugssystemen transformiert oder durch Energieaustausch mit anderen Systemen verändert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 16. Sep 2020 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Du hast Dich explizit auf das bezogen, was ich einen Beitrag zuvor als Zaubertrick bezeichnet habe - nämlich die Änderung der Energie eines abgeschlossenen Systems durch Bezugssystemwechsel ...

... Um ganz sicher zu gehen, frage ich jetzt noch einmal konkret: Bist Du noch immer der Meinung, dass es absurd ist zwischen Energieänderungen durch Bezugssystemwechsel und durch physikalische Wechselwirkungen unterscheiden?

... In der ART schon, aber nicht hier.

Fangen wir mit letzterem an: doch, auch darum geht es, denn es ist ziemlich sinnlos, SRT so zu diskutieren, dass man nicht nahtlos zur ART übergehen kann; warum sollte man bewusst in eine Sackgasse laufen, wenn man ohne Not Konventionen und Konzepte nutzen kann, die auch in der ART tragen?


Dann weiter zur Frage der Unterscheidung: kinematisch spielt das tatsächlich keine Rolle!

Wir betrachten das o.g. kräftefreie Objekt mit 4er-Geschwindigkeit u in der flachen Minkowski-Raumzeit. Außerdem betrachten wir einen konstant-beschleunigten Rindler-Beobachter mit 4er-Geschwindigkeit U.

Die Gesamtenergie E eines Objektes der Masse m mit 4er-Impuls



folgt aus



bezüglich eines Beobachers mit



also bezüglich dessen Ruhesystems (das kann auch mitbewegt beschleunigt sein).

Man verallgemeinert dies gemäß



wobei der letzte Term die koordinatenfreie Projektion von u auf U bezeichnet. Klar ist das nur eine Notation, aber sie zeigt klar den invarianten Charakter der Messgröße unter Wechsel eines Koordinatensystems - zu unterscheiden vom Wechsel des Beobachter U.

D.h. die Gesamtenergie E eines Objektes mit 4er-Geschwindigkeit u bzgl. eines Beobachters mit 4er-Geschwindigkeit U folgt aus der (lokalen) Projektion des Tangentialeinheitsvektors u der Weltlinie des Objektes auf den Tangentialeinheitsvektor U der Weltlinie des Beobachters.

Diese Definition ist rein geometrisch vollständig symmetrisch in u und U, d.h. die Aussage

die Gesamtenergie E eines Beobachters mit 4er-Geschwindigkeit U bzgl. eines Objektes mit 4er-Geschwindigkeit u folgt aus der (lokalen) Projektion des Tangentialeinheitsvektors U der Weltlinie des Beobachters auf den Tangentialeinheitsvektor u der Weltlinie des Objektes

ist vollständig äquivalent.

Nun ist z.B. das eine Objekt beschleunigt, nicht jedoch der Beobachter, oder umgekehrt der Beobachter ist beschleunigt und das Objekt nicht. Das ist geometrisch irrelevant - und zwar bereits in der SRT, nicht erst in der ART. Was wir jetzt noch benötigen ist die invariante Masse des jeweils betrachteten Objektes bzw. Beobachters - als Proportionalitätsfaktor.

Zusammenfassend: die invariante, skalare Observable “Energie” eines Objektes mit 4er-Geschwindigkeit u bzgl. eines Beobachters mit 4er-Geschwindigkeit U - oder umgekehrt - folgt aus



Soviel zum kinematischen Rahmen der SRT - und der ART, im Falle von Punktteilchen.


Natürlich ist mir klar, dass es einen Unterschied macht, ob eine Rakete mittels ihres Antriebs beschleunigt, oder ob eine Schar hypothetischer, durch Lorentztransformation verknüpfter Beobachter ihr unterschiedliche Geschwindigkeiten zuschreiben. Das ist jedoch eine Frage der Dynamik, nicht des kinematischen Rahmens - die o.g. Gleichungen werden dadurch nicht tangiert. Und bisher haben wir auch über nichts anderes gesprochen.

Wenn nun eine Kraft und damit eine Beschleunigung eines Objektes eine Rolle spielt, betrachten wir die Bewegungsgleichung



bzw.





wobei die letzte Form in der ART gilt.

Das wäre letztlich der Rahmen für die Dynamik der SRT - letztlich auch der ART im Falle von Punktteilchen.


Der “Zaubertrick” ist natürlich nur im Rahmen der Kinematik sinnvoll. Im Falle der expliziten Betrachtung von Kräften - im Rahmen der ART nicht-gravitativer Wechselwirkungen - macht es natürlich einen Unterschied, ob eine Beschleunigung durch externe Kräfte verursacht wird, oder ob man das selbe Objekt lediglich aus unterschiedlichen Bezugsystemen betrachtet.

Nur, in beiden Fällen ist die relativistische Masse - und um die ging es die ganze Zeit - weder notwendig noch hilfreich. In beiden Fällen ändert nichts und niemand die intrinsischen Eigenschaften des Objekts, lediglich seine Eigenschaften relativ zu einem Bezugsystem.

Insofern teile ich die Meinung von Taylor und Wheeler - zusammen mit vielen anderen Physikern.

Auch lesenswert: https://profmattstrassler.com/articles-and-posts/particle-physics-basics/mass-energy-matter-etc/more-on-mass/the-two-definitions-of-mass-and-why-i-use-only-one/

Die beiden o.g. genannten Gleichungen (1) und (2) sind durch Angabe der konkreten invarianten Masse der betrachteten Objekte zu ergänzen - nicht durch die relativistische Masse; letztere hat in diesem recht knappen, jedoch ausreichendem mathematischen Formalismus keinen Platz.


Ich hoffe, damit sind die Fragen geklärt.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
... ich bin hier um über etwas ganz anderes zu diskutieren - nämlich wo die relativistische Masse herkommt, was sie ist und was sie nicht ist und wie man sie korrekt anwendet, wenn man es tut. Ich diskutiere hier nicht darüber, ob es sinnvoll ist, das zu tun. Wozu auch? Wir sind uns doch alle darüber einig sind, dass das nicht der Fall ist.

Wenn wir uns einig sind, dass es nicht sinnvoll ist, “relativistische Masse” zu verwenden, dann frage ich mich, wozu wir noch darüber diskutieren sollten, was sie ist und wie man sie korrekt anwendet. Dabei ist mathematisch-korrekt gar nicht so sehr die Frage, sondern sprachlich- bzw. semantisch-korrekt. Die Konsequenz liegt doch auf der Hand: man wendet sie nicht an ;-)

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 09:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Fangen wir mit letzterem an: doch, auch darum geht es, denn es ist ziemlich sinnlos, SRT so zu diskutieren, dass man nicht nahtlos zur ART übergehen kann; warum sollte bewusst in eine Sackgasse laufen?


Auch da bist Du schon wieder einen Schritt zu weit. Die relativistische Masse ist nicht dazu da, von der SRT in die ART überzugehen, sondern sie resultiert aus dem Übergang von der klassischen Mechanik zur SRT.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der “Zaubertrick” ist natürlich nur im Rahmen der Kinematik sinnvoll. Im Falle der expliziten Betrachtung von Kräften - im Rahmen der ART nicht-gravitativer Wechselwirkungen - macht es natürlich einen Unterschied, ob eine Beschleunigung durch externe Kräfte verursacht wird, oder ob man das selbe Objekt lediglich aus unterschiedlichen Bezugsystemen betrachtet.


Da bin ich aber beruhigt. Jetzt musst Du nur noch verstehen, dass die relativistische Masse aus der Dynamik stammt. Zumindest die Herleitungen, die mit bekannt sind, basieren alle auf Wechselwirkungen zwischen Körpern. Es macht keinen Sinn, diese Größe rein kinematisch zu betrachten.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur, in beiden Fällen ist die relativistische Masse - und um die ging es die ganze Zeit - weder notwendig noch hilfreich.


Das hat auch niemand behauptet.

TomS hat Folgendes geschrieben:
In beiden Fällen ändert nichts und niemand die intrinsischen Eigenschaften des Objekts, lediglich seine Eigenschaften relativ zu einem Bezugsystem.


Kann sein, muss aber nicht. Natürlich kann eine Änderung der relativistischen Masse auch aus einer Änderung intrinsischer Eigenschaften eines Körpers resultieren. Sie ist schließlich äquivalent zur Gesamtenergie welche auch die Ruhenergie beinhaltet.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir uns einig sind, dass es nicht sinnvoll ist, “relativistische Masse” zu verwenden, dann frage ich mich, wozu wir noch darüber diskutieren sollten, was sie ist und wie man sie korrekt anwendet.


Weil sie nun einmal da ist und früher verwendet wurde. Zumindest aus wissenschaftshistorischer Sicht ist sie weiterhin interessant und man braucht sie auch, um alte Publikationen zu verstehen, in denen sie auftaucht. Da nützt es nicht viel, wenn man nur weiß, dass sie heute obsolet ist.

Anscheinend bist Du ausschließlich daran interessiert, möglichst effizient zu arbeiten. Dagegen ist nichts einzuwenden, aber es hat den Nebeneffekt, dass Du nicht nachvollziehen kannst, wenn andere etwas diskutieren, was alles andere als praktisch ist. Die haben einfach andere Prioritäten. Sowas kann Dir überall begegnen - nicht nur in der Physik. Z.B. gibt es Mauerer, die in ihrer Freizeit nach Guédelon gehen, um dabei zu helfen, eine mittelalterliche Burg mit mittelalterlichen Methoden zu bauen - obwohl (und manchmal vielleicht gerade weil) heute sowohl die Burgen als auch die Methoden obsolet sind. Sie machen das aus Spaß an der Sache und weil sie verstehen wollen, wie man sowas früher gemacht hat. Dabei ist nicht zu befürchten, dass sie dabei irgendwie "verdorben" werden. Im Gegenteil - wenn der Maurer wochenlang Mörtel nur mit einer Schaufel gemischt hat, dann wird er seinen Zementmischer umso mehr zu schätzen wissen. Und das ist nur ein Beispiel von unzähligen. Wenn Du darauf achtest, dann wirst Du überall Leute sehen, die scheinbar sinnlose Dinge tun, wie z.B. Kartoffeln per Hand anzubauen, obwohl das im Vergleich zur modernen Landwirtschaft hoffnungslos ineffektiv ist. Das ist einfach so. Du wirst es nicht ändern können.
Qubyte
Gast





Beitrag Qubyte Verfasst am: 17. Sep 2020 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Weil sie nun einmal da ist und früher verwendet wurde. Zumindest aus wissenschaftshistorischer Sicht ist sie weiterhin interessant und man braucht sie auch, um alte Publikationen zu verstehen, in denen sie auftaucht.


Nur so am Rande:

Rindler verwendet sie übrigens in seinen Lehrbuüchern auch. smile
Qubyte
Gast





Beitrag Qubyte Verfasst am: 17. Sep 2020 10:23    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Natürlich kann eine Änderung der relativistischen Masse auch aus einer Änderung intrinsischer Eigenschaften eines Körpers resultieren. Sie ist schließlich äquivalent zur Gesamtenergie welche auch die Ruhenergie beinhaltet.


Ich halte densubstantiellen MAssebegriff (~Stoffmenge) für viel obsoleter.
Die Masse zB. eines Protons kommt im Wesentlichen nicht von Quarks, sondern Wechselwirkungsenergie von Gluonen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Qubyte hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Weil sie nun einmal da ist und früher verwendet wurde. Zumindest aus wissenschaftshistorischer Sicht ist sie weiterhin interessant und man braucht sie auch, um alte Publikationen zu verstehen, in denen sie auftaucht.

Nur so am Rande:

Rindler verwendet sie übrigens in seinen Lehrbuüchern auch. smile

Feynman auch - jeder macht Fehler Tanzen

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 10:39    Titel: Antworten mit Zitat

Qubyte hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Natürlich kann eine Änderung der relativistischen Masse auch aus einer Änderung intrinsischer Eigenschaften eines Körpers resultieren. Sie ist schließlich äquivalent zur Gesamtenergie welche auch die Ruhenergie beinhaltet.

Ih halte den substantiellen Massebegriff (~Stoffmenge) für viel obsoleter.
Die Masse zB. eines Protons kommt im Wesentlichen nicht von Quarks, sondern Wechselwirkungsenergie von Gluonen.

Masse, Stoff und Substanz sollte man nicht verwechseln.

“Stoff” und “Stoffmenge” stammen insbs. aus der Chemie, wo man letztlich Massen einzelner Kügelchen addiert.

“Substanz” ist - zumindest philosophisch - weiter zu fassen und geht noch nicht mit “Masse” oder gar “Kügelchen” einher.

Ich gebe dir natürlich Recht, ich sehe nur gerade ein Problem: mir fällt kein Begriff ein, der einerseits das gesamte Spektrum umfasst (Materie, Felder, Energie, ...) und andererseits noch nicht irgendwie vorbelastet ist.

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DrStupid



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Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
“Stoff” und “Stoffmenge” stammen insbs. aus der Chemie, wo man letztlich Massen einzelner Kügelchen addiert.


Tatsächlich addiert man nicht ihre Massen, sondern man zählt sie nur. Und es müssen auch kein Kügelchen sein. Man kann z.B. auch die Anzahl von Defektelektronen als Stoffmenge angeben, obwohl sie gar nicht da sind.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich gebe dir natürlich Recht, ich sehe nur gerade ein Problem: mir fällt kein Begriff ein, der einerseits das gesamte Spektrum umfasst (Materie, Felder, Energie, ...) und andererseits noch nicht irgendwie vorbelastet ist.


Das Problem erübrigt sich, wenn man sich abgewöhnt, von einem Begriff auf seine Bedeutung zu schließen, bzw. anzunehmen, dass Begriffe, die ähnlich klingen auch eine ähnliche Bedeutung haben müssen. Die relativistische Geschwindigkeitsaddition ist z.B. keine Addition, relativistische Masse ist etwas anderes als Masse und Zitronenfalter falten keine Zitronen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Fangen wir mit letzterem an: doch, auch darum geht es, denn es ist ziemlich sinnlos, SRT so zu diskutieren, dass man nicht nahtlos zur ART übergehen kann; warum sollte bewusst in eine Sackgasse laufen?

Auch da bist Du schon wieder einen Schritt zu weit. Die relativistische Masse ist nicht dazu da, von der SRT in die ART überzugehen, sondern sie resultiert aus dem Übergang von der klassischen Mechanik zur SRT.

Ist mir bekannt.

Nur: warum soll ich mich mit einem Begriff abgeben - und andere damit belasten, der in der SRT wenig bringt außer Verwirrung, und der in der ART keine Verwendung findet??

Das ist letztlich nur vorausschauend.

Rest s.u. *)

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Zumindest die Herleitungen, die mit bekannt sind, basieren alle auf Wechselwirkungen zwischen Körpern. Es macht keinen Sinn, diese Größe rein kinematisch zu betrachten.

Was die Herleitungen ja noch nicht für die weitere Verwendung wertvoll macht.

Letzteres sehe ich so auch nicht. Wir messen z.B. die Energie von Photonen aus der kosmischen Hintergrundstrahlung. Dabei kommen exakt die o.g. Konzepte - ohne jegliche Kraft - zur Anwendung.

Sollen wir da jetzt auch eine relativistische Photonenmasse einführen? Oder Kräfte? Oder dürfen wir weiter über die Energie von Photonen und der kosmischen Hintergrundstrahlung reden?

Rest s.u. *)

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir uns einig sind, dass es nicht sinnvoll ist, “relativistische Masse” zu verwenden, dann frage ich mich, wozu wir noch darüber diskutieren sollten, was sie ist und wie man sie korrekt anwendet.

Weil sie nun einmal da ist und früher verwendet wurde.

Ach Gott, was früher alles verwendet wurde.

Rest s.u. *)

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Zumindest aus wissenschaftshistorischer Sicht ist sie weiterhin interessant und man braucht sie auch, um alte Publikationen zu verstehen, in denen sie auftaucht. Da nützt es nicht viel, wenn man nur weiß, dass sie heute obsolet ist.

Letzteres mag sein, aber dann setze ich eben Prioritäten. Nicht alles, was man in alten Publikationen findet, muss man auch gleich erklären.

Rest s.u. *)

Und wissenschaftshistorisch? Ist dieses Konzept wirklich prägend für die Physik des 20. Jahrhunderts gewesen? Oder ist es nur eine bedauerliche Randnotiz?

*) So, jetzt zum Rest

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Anscheinend bist Du ausschließlich daran interessiert, möglichst effizient zu arbeiten.

Zunächst ja, das ist die Priorität.

Und das hat einen ganz einfachen Grund: die Physik ist im Kern kompliziert genug, als dass ich sie mit historischem und verwirrenden Ballast überfrachten möchte, bevor der Kern verstanden ist.

D.h. historische Konzepte kommen entweder später zur Sprache - Prio 2 - oder gezielt zum Einsatz, wenn sie auf einen Fehler, eine Bruch, eine Unvollständigkeit hinweisen, die man verstanden haben muss, um den nun folgenden Paradigmenwechsel zu verstehen.

Historische Konzepte sind kein Selbstzweck (ich habe Deutsch gelernt, ohne vorher Mittelhochdeutsch sprechen zu müssen; ich durfte gleich mit einem modernen Auto fahren, nicht mit einer Pferdedroschke; und ich habe nie mit Epizyklen gerechnet)

Deswegen betrachtet man kurz die Epizyklen, um zu verstehen, dass sie ersten nicht logisch ausgezeichnet, zweitens unpraktisch und drittens überholt sind. Dann gehe ich aber in die Diskussion mit der klaren Botschaft, dass jetzt etwas besprochen wird, was man später nicht brauchen wird und brauchen kann; insbs. rechnet man nicht mit Epizyklen.

Gleiches gilt für die Quantenmechanik: man zeigt kurz die Bohrsche Quantisierung, nur um sofort zu erklären, dass sie ausschließlich für wasserstoffartige Atome phänomenologisch zu vernünftige Ergebnissen führt, in allen anderen Fällen versagt, und insbs. die Stabilität der Atome nicht erklären kann - was die Quantenmechanik übrigens auch nicht wirklich kann, aber das ist ein anderes Thema.

Und in der RT formuliert man kurz die Ableitung im Rahmen des 3er-Vektor-Formalismus, um möglichst zügig zu 4er-Vektoren überzugehen. Die "relativistische Masse" fällt m.E. durch's Raster, weil sie nichts nützt und auch historisch nicht wichtig ist.

Wenn - d.h. falls und sobald - der Kern verstanden ist, kann man ein paar Randnotizen der Geschichte aufgreifen:

"Relativistische Masse"? Werdet ihr in diversen Büchern finden, führt oft zur Verwirrung, nicht alles glauben was ihr lest, falls ihr's doch mal braucht, gerne dort oder dort nachschlagen (ich denke, Feynman macht hier keine groben Schnitzer, ich werde das nochmal nachlesen).

"Zwillingsparadoxon"? Klingt nach einem großen Mysterium, sowohl das "Paradoxon" als auch einige angebliche "Lösungen" beruhen teilweise auf sprachlich unsauberer Formulierung und Missverständnissen, Rest dito.

...

Zu alten Methoden? Habe ich an sich nichts dagegen, kommt eben auf den Kontext und die Prioritäten an. Beruflich hatte ich früher mit NTP, SNTP, PTP usw. zu tun, privat habe ich einige Automatik- und Handaufzugsuhren.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich gebe dir natürlich Recht, ich sehe nur gerade ein Problem: mir fällt kein Begriff ein, der einerseits das gesamte Spektrum umfasst (Materie, Felder, Energie, ...) und andererseits noch nicht irgendwie vorbelastet ist.

Das Problem erübrigt sich, wenn man sich abgewöhnt, von einem Begriff auf seine Bedeutung zu schließen, bzw. anzunehmen, dass Begriffe, die ähnlich klingen auch eine ähnliche Bedeutung haben müssen. Die relativistische Geschwindigkeitsaddition ist z.B. keine Addition, relativistische Masse ist etwas anderes als Masse und Zitronenfalter falten keine Zitronen.

Da hast du zwar recht, aber du hast es eben mit Menschen zu tun, die mit bestimmten Begriffen bestimmten Bedeutungen assoziieren - ob dir das nun recht ist oder nicht.

Daher sollte man bei der Einführung von Begriffen sehr vorsichtig sein - und zwar in zweierlei Hinsicht:
1) benötige ich wirklich einen neuen bzw. zusätzlichen Begriff?
2) wenn ja, handelt es sich um einen geeigneten Begriff, der zur Klärung beiträgt und keine Verwirrung stiftet?

Die Antwort bzgl. der "relativistischen Masse" kennst du
1) nein; Gesamtenergie reicht aus
2) nein; i) man verwendet den selben Begriff "Masse" einmal für die invariante Masse = eine skalare Größe, ein anderes mal die Nullkomponente eines Vierervektors; ii) oft wird mit Masse eine intrinsische Eigenschaft eines Körpers assoziiert, während im Fall der "relativistischen Masse" eine ausschließlich relationale und damit nicht-intrinsische Eigenschaft gemeint ist.

Darüber kannst du ja mal mit Pädagogen diskutieren - das ist nicht gleichbedeutend mit Physikern, die unterrichten, und schon gar nicht mit Leuten, die Lehrpläne schreiben.

Bei der Gelegenheit wirst du natürlich noch diversen anderen Käse finden ;-)

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nur: warum soll ich mich mit einem Begriff abgeben - und andere damit belasten, der in der SRT wenig bringt außer Verwirrung, und der in der ART keine Verwendung findet??


Die Frage ist gegenstandslos. Niemand behauptet, dass Du das sollst.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir messen z.B. die Energie von Photonen aus der kosmischen Hintergrundstrahlung. Dabei kommen exakt die o.g. Konzepte - ohne jegliche Kraft - zur Anwendung.


Bevor wir hier eine weitere Büchse der Pandora öffnen, indem wir über Kräfte auf Photonen reden, ersetze ich die Photonen der kosmischen Hintergrundstrahlung durch Teilchen der kosmischen Strahlung – und ob es glaubst oder nicht – da sagt man nicht einfach, die haben so eine hohe Energie, weil sie sich relativ zu uns so schnell bewegen, sondern man zerbricht sich den Kopf darüber, durch welche Prozesse sie zu dieser Energie gekommen sind.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sollen wir da jetzt auch eine relativistische Photonenmasse einführen? Oder Kräfte?


Das braucht man nicht. Anstelle von Kräften genügen auch Kraftstöße (damit hat auch Newton argumentiert) und damit kann man Photonen über den Strahlungsdruck eine relativistische Masse zuordnen, die dann auch wieder äquivalent zur Energie ist, wie es sich gehört.

Es gibt hier aber ein völlig anderes Problem. Die Diskussion von Photonen im Zusammenhang mit einem klassischen Massebegriff wird zwangsläufig zu einer klassischen Lichttheorie abschweifen (am ehesten zur Korpuskulartheorie). Im Gegensatz zur Verwendung der relativistischen Masse in der SRT, die lediglich unpraktisch ist, sind klassische Lichttheorien aber physikalisch falsch. (Dasselbe Problem hätten wir auch, wenn Du die Gravitation ins Spiel bringen würdest.) Den Köder werde ich nicht schlucken.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Letzteres mag sein, aber dann setze ich eben Prioritäten.


Das kannst Du gern tun. Du kannst aber nicht verlangen, dass alle anderen immer und überall dieselben Prioritäten haben.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Und wissenschaftshistorisch? Ist dieses Konzept wirklich prägend für die Physik des 20. Jahrhunderts gewesen? Oder ist es nur eine bedauerliche Randnotiz?


Es ist ein Konzept des 17. Jahrhunderts und es war bis Anfang des 20. Jahrhunderts außerordentlich nützlich – solange, bis die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation abgelöst wurde, was sich so ungünstig auf das Transformationsverhalten des klassischen Massebegriffes ausgewirkt hat, dass er durch einen neuen Massebegriff ersetzt wurde.


Auf den Rest muss ich nicht weiter eingehen, weil er nur Deine persönlichen Prioritäten widerspiegelt und über persönliche Vorlieben lohnt es sich nicht zu diskutieren.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 12:42    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Daher sollte man bei der Einführung von Begriffen sehr vorsichtig sein - und zwar in zweierlei Hinsicht:
1) benötige ich wirklich einen neuen bzw. zusätzlichen Begriff?
2) wenn ja, handelt es sich um einen geeigneten Begriff, der zur Klärung beiträgt und keine Verwirrung stiftet?

Die Antwort bzgl. der "relativistischen Masse" kennst du
1) nein; Gesamtenergie reicht aus
2) nein; i) man verwendet den selben Begriff "Masse" einmal für die invariante Masse = eine skalare Größe, ein anderes mal die Nullkomponente eines Vierervektors; ii) oft wird mit Masse eine intrinsische Eigenschaft eines Körpers assoziiert, während im Fall der "relativistischen Masse" eine ausschließlich relationale und damit nicht-intrinsische Eigenschaft gemeint ist.


Als der Massebegriff, über den wir hier reden, eingeführt wurde, gab es noch keine Masse-Energie-Äquivalenz oder Vierervektoren und ursprünglich war das auch noch eine intrinsische Eigenschaft. Als Newton dieses Konzept eingeführt hat, konnte er nicht ahnen, dass man irgendwann eine andere Transformation verwenden wird, für die es alles andere als optimal ist. Und als man das Jahrhunderte später erkannte, hat es auch noch eine Weile gedauert, das Problem mit neuen Formalismen in den Begriff zu bekommen. Bis dahin hat man das Konzept beibehalten und ihm lediglich einen neuen Namen gegeben. Heute wird gern so getan, als wäre nicht nur dieser Name, sondern das gesamte Konzept in dieser Übergangszeit eigens für die Relativitätstheorie neu erfunden worden. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Es war schon lange vorher da und wurde eigens für die Relativitätstheorie durch ein anderes abgelöst.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die relativistische Geschwindigkeitsaddition ist z.B. keine Addition.

Zumindest in einer 1+1 - dimensionalen Minkowski-Raumzeit ist sie das ;-)

Die relativistische Geschwindigkeitsaddition ist abgeschlossen, es existiert ein eindeutiges neutrales sowie ein eindeutiges inverses Element, und sie ist kommutativ sowie assoziativ. Außerdem kann sie durch die Abbildung



bijektiv auf die reellen Zahlen und deren Addition



abgebildet werden.

Damit liegt ein Gruppenisomorphismus vor, d.h. die beiden mathematischen Strukturen in



sind bis auf "Umbenennung der Elemente" mittels der Bijektion psi identisch.

[Im hier diskutierten Kontext gebe ich dir aber natürlich recht: Man darf dies nicht überbewerten, da die Übertragung der Gruppeneigenschaft auf eine 3+1 - dimensionale Raumzeit fehlschlägt. Zwar ist die gewöhnliche Vektoraddition im R³ kommutativ und assoziativ, die relativistische Geschwindigkeitsaddition ist es jedoch nicht. In der SRT sollte die relativistische Geschwindigkeitsaddition besser mittels der Boosts aus der eigentlichen orthochronen Lorentz-Gruppe dargestellt werden; Boosts bilden jedoch keine Untergruppe, d.h. man kommt nicht umhin, die vollständige orthochrone Lorentz-Gruppe in der (1/2,1/2) d.h. 4er-Vektor-Darstellung zu betrachten.]

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 17. Sep 2020 16:00, insgesamt 9-mal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Das braucht man nicht. Anstelle von Kräften genügen auch Kraftstöße (damit hat auch Newton argumentiert) und damit kann man Photonen über den Strahlungsdruck eine relativistische Masse zuordnen, die dann auch wieder äquivalent zur Energie ist, wie es sich gehört.

Wenn ich Zeit habe, werde ich bei MTW, Weinberg usw. danach suchen ... oder nennst du mir eine Quelle, wo das so dargestellt ist?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zur Verwendung der relativistischen Masse in der SRT, die lediglich unpraktisch ist ...

Nun, für Photonen versagt die Definition



Also ein Begriff für massebehaftete und masselose Teilchen, und eine bekannte Definition, die jedoch für Photonen fehlschlägt ...

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Und wissenschaftshistorisch? Ist dieses Konzept wirklich prägend für die Physik des 20. Jahrhunderts gewesen? Oder ist es nur eine bedauerliche Randnotiz?

Es ist ein Konzept des 17. Jahrhunderts und es war bis Anfang des 20. Jahrhunderts außerordentlich nützlich – solange, bis die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation abgelöst wurde, was sich so ungünstig auf das Transformationsverhalten des klassischen Massebegriffes ausgewirkt hat, dass er durch einen neuen Massebegriff ersetzt wurde.[/quote]
Die relativistische Masse war ein Konzept des 17. Jahrhunderts?

EDIT: Ich habe gerade deine zweiten Beitrag gelesen. Hast du dazu eine Quelle?

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 17. Sep 2020 13:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Es ist ein Konzept des 17. Jahrhunderts und es war bis Anfang des 20. Jahrhunderts außerordentlich nützlich – solange, bis die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation abgelöst wurde, was sich so ungünstig auf das Transformationsverhalten des klassischen Massebegriffes ausgewirkt hat, dass er durch einen neuen Massebegriff ersetzt wurde.

Die relativistische Masse war ein Konzept des 17. Jahrhunderts?


Darüber habe ich auch erst gestutzt. Aber wenn ich DrStupid richtig verstehe, meint er ungefähr folgendes: Die "Newtonsche Masse", also das besagte Konzept des 17. Jahrhunderts, ist genau als das m definiert, welches ich benötige, damit (unter den üblichen Bedingungen und mit der üblichen Definition von v) eine Erhaltungsgröße wird.

In der relativistischen Mechanik ist diese Erhaltungsgröße. Folglich ist das relativistische Analogon der "Newtonschen Masse".

Ich sehe allerdings keinen Grund warum man "Newtonsche Masse" nicht ebenso als das m definieren kann, mit dem die Bewegungsgleichung



gilt. Mit diesem Ausgangspunkt würden wir in der relativistischen Mechanik eher bei den Konzepten "longitudinaler" und "transversaler" Masse als den Entsprechungen der "Newtonschen Masse" landen.

Ich glaube, die Frage nach dem "korrekten" relativistischen Gegenstück der Newtonschen Masse ist einfach bedeutungslos. Da gibt es nichts zu identifizieren. Es gibt nur bestimmte Zusammenhänge zwischen verschiedenen wohldefinierten Größen im nichtrelativistischen Grenzfall.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Sep 2020 14:43    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe allerdings keinen Grund warum man "Newtonsche Masse" nicht ebenso als das m definieren kann, mit dem die Bewegungsgleichung



gilt. Mit diesem Ausgangspunkt würden wir in der relativistischen Mechanik eher bei den Konzepten "longitudinaler" und "transversaler" Masse als den Entsprechungen der "Newtonschen Masse" landen.

Und mit



- mit p,u,F 4er-Vektoren - landet man formal bei der invarianten Masse.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube, die Frage nach dem "korrekten" relativistischen Gegenstück der Newtonschen Masse ist einfach bedeutungslos. Da gibt es nichts zu identifizieren. Es gibt nur bestimmte Zusammenhänge zwischen verschiedenen wohldefinierten Größen im nichtrelativistischen Grenzfall.

Das sehe ich ähnlich.

Ich denke, es kann streng genommen gar kein korrektes Gegenstück geben, denn dies würde auf eine mathematischen oder phänomenologischen Äquivalenz bzw. Isomorphie hinauslaufen.

Da diese offenbar nicht gegeben sind, ist es zumeist sinnlos, aus zwei dem Wesen nach verschiedenen Theorien einen singulären Aspekt herauszugreifen, um diesen herum die erste in die zweite Theorie zu evolvieren und diesen Aspekt dann als “korrekt” herauszustellen. Warum grade diesen?

Das mag historisch oder als Denkansatz in manchen Fällen so gewesen sein - siehe z.B. die Lorentzkontraktion oder die Lichtquantenhypothese - aber in der Essenz konnte man es eben nicht durchhalten - deswegen wesensverschieden.

Aber die “relativistische Masse” war nun sicher nicht der Leitgedanke, anhand dessen Einstein seine Theorie entwickelt hat. Es ist - auch in der Rückschau - gerade nicht das singuläre Konzept, um das herum man beide Theorien entwickeln könnte. Und es ist ganz offenbar eben keineswegs eindeutig, wie welche Gleichungen “korrekt” oder doch zumindest sinnvoll übersetzt werden.


Ich denke, ein zentraler Aspekt einer dem Wesen nach neuen Theorie - nach Kuhn verbunden mit einem Paradigmenwechsel - ist gerade, dass gewisse Konzepte nicht mehr fortgeführt werden können, zumindest nicht ohne große und fortdauernde Schmerzen. Man erkennt jedoch oft erst in der Rückschau die “Trägheit” eines Begriffs, der Darstellung oder auch der Community. Liest man Einsteins Arbeiten von 1905 und vergleicht mit späteren Veröffentlichungen, so stellt man fest, dass auch er Zeit benötigt hat, um seine “Sprache” von Altlasten zu bereinigen. Das lag in seinem Zugang zu seiner Theorie begründet, die - bis auf elementare Postulate - eher induktiv war. Gleiches gilt für die Quantenmechanik, bei der insbs. Dirac und von Neumann “aufgeräumt” haben.

Ich habe früher bei der Betreuung von Studenten immer wieder festgestellt, wie mühsam es ist, diesem historischen Weg zu folgen. Gerade bei Einstein ist jedes Argument und jeder Halbsatz extrem durchdacht; es ist sehr schwierig, diesen Weg gründlich und sachlich richtig zu gehen - und es ist aus zweierlei Gründen auch unnötig: Erstens haben wir inzwischen einen schlankeren und einfacheren Zugang, und zweitens liefert das Nachvollziehen der ursprünglichen Argumentationslinie oft nicht mehr Einsicht in die Theorie selbst, als vielmehr die Einsicht in die Schwierigkeiten bei ihrem Entwurf. Letzteres ist jedoch nicht unbedingt das Ziel einer Hinführung zu einer neuen Theorie.

Das ist letztlich der Grund, warum ich bereit hin, den historischen Zugang zu verwerfen und eine Theorie - zunächst - von ihrer modernen Darstellung her zu denken und zu vermitteln.

Gerade wenn ein Paradigmenwechsel vorliegt, sollte dieser explizit als Bruch - sprachlich und mathematisch - sichtbar gemacht werden. Dadurch wird unmittelbar einsichtig, dass es so eben nicht weitergeht. Andernfalls verschleppt man alte Konzepte, was den Zugang erschwert, da man als Schüler oder Student an zwei Fronten gleichzeitig kämpft: dem Erlernen des Neuen und dem Überbordwerfen des Alten - was einen andererseits weiterhin angeboten wird. Das meinte ich oben mit großen und fortdauernden Schmerzen.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
oder nennst du mir eine Quelle, wo das so dargestellt ist?


Zur Verwendung von Kraftstößen anstelle von Kräften kann ich Newtons Principia empfehlen – speziell den Teil mit den experimentellen Belegen für die Impulserhaltung:

Hier das entsprechende Kapitel ("Scholium") Original: http://cudl.lib.cam.ac.uk/view/PR-ADV-B-00039-00001/62

Und hier die englische Übersetzung des kompletten Teils über die Bewegsungsgesetze:
https://en.wikisource.org/wiki/The_Mathematical_Principles_of_Natural_Philosophy_(1846)/Axioms,_or_Laws_of_Motion

Kurz zusammengefasst spricht er dort über Experimente mit Pendeln verschiedener Länge, Masse und mechanischer Eigenschaften, die miteinander kollidieren und abprallen. Dabei stellt man fest, dass die Änderungen der Impulse der beiden Pendel im Rahmen der Messgenauigkeit immer umgekehrt gleich groß sind:

"Thus trying the thing with pendulums of ten feet, in unequal as well as equal bodies, and making the bodies to concur after a descent through large spaces, as of 8, 12, or 16 feet, I found always, without an error of 3 inches, that when the bodies concurred together directly, equal changes towards the contrary parts were produced in their motions, and, of consequence, that the action and reaction were always equal."

(Hervorhebung von mir)

Etwas Ähnliches kann man auch mit Licht machen, indem man es von einem Spiegel "abprallen" lässt. Mit einem hinreichend empfindlichen Experiment lässt sich dabei die Impulsänderung des Spiegels messen. Damit kennt man dann auch die Impulsänderung des Lichtes, die gemäß actio=reactio umgekehrt gleich groß sein muss. Dann braucht man nur noch die Lichtgeschwindigkeit und die Newtonsche Impulsdefinition um das zu berechnen, was Newton als "Menge der Materie" bezeichnet hat.

Nehmen wir mal an, ein Spiegel wird mit Licht der Energie E beschossen und das Experiment so gestaltet, dass es vollständig und mit derselben Energie reflektiert wird. Am Spiegel wird dabei die Impulsänderung



gemessen. Dann muss die Impulsänderung der Strahlung nach den Newtonschen Axiomen (bzw. der Impulserhaltung die da drin steckt) betragen. Das Licht hat vor der Reflexion den Impuls . Da sich das reflektierte Licht außer durch die Richtung in keiner Weise vom eingestrahlten Licht unterscheidet muss sein Impuls denselben Betrag haben. Damit hat es den Impuls . Die Impulsänderung des Lichtes beträgt also



Mit der Newtonschen Impulsdefinition lässt sich daraus die Menge der Materie (das q steht für "quantity of matter", um Verwechslungen mit der Masse vorzubeugen) des Lichtes berechnen:



TomS hat Folgendes geschrieben:
Nun, für Photonen versagt die Definition



Das ist zwar das, was üblicherweise als relativistische Masse bezeichnet wird, aber es ist keine Definition.

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Es ist ein Konzept des 17. Jahrhunderts […]

Hast du dazu eine Quelle?


Ja, aber die ist leider etwas umfangreich und sehr schwer zu lesen (selbst in der Übersetzung):

http://cudl.lib.cam.ac.uk/view/PR-ADV-B-00039-00001/1

Ich kann Dir vorrechnen, wie sich aus dem darin verwendeten Massebegriff die relativistische Masse ergibt, wenn man die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation ersetzt. Meine Herleitung ist allerdings auch nicht gerade kurz. Es würde eine Weile dauern die ganzen Gleichungen aufzuschreiben.


Zuletzt bearbeitet von DrStupid am 17. Sep 2020 20:31, insgesamt 2-mal bearbeitet
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 17. Sep 2020 20:28    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber wenn ich DrStupid richtig verstehe, meint er ungefähr folgendes: Die "Newtonsche Masse", also das besagte Konzept des 17. Jahrhunderts, ist genau als das m definiert, welches ich benötige, damit (unter den üblichen Bedingungen und mit der üblichen Definition von v) eine Erhaltungsgröße wird.


Im Prinzip schon. Ich rechne zwar nicht direkt mit der Impulserhaltung, sondern mit den Newtonschen Axiomen und es kommen noch ein paar mehr Bedingungen dazu (z.B. Isotropie und Relativitätsprinzip) aber es läuft am Ende auf dasselbe hinaus.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe allerdings keinen Grund warum man "Newtonsche Masse" nicht ebenso als das m definieren kann, mit dem die Bewegungsgleichung



gilt.


Da Newton das so nicht festgelegt hat, wäre das keine "Newtonsche Masse" mehr. Soweit ich weiß stammt die Gleichung F=m·a von Euler. Wenn man das also unbedingt tun will, dann sollte man das Ergebnis entsprechend als "Eulersche Masse" bezeichnen.
Qubyte
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Beitrag Qubyte Verfasst am: 17. Sep 2020 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

Akzeptiert man



und

betrachtet nun als Modifikation zu Newton (mit zu bestimmender relativistischer Masse m_rel)

((



))

dann folgt zum einen aus ((.)):



und weiter aus (*):



also mit ((.)):

DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 18. Sep 2020 08:37    Titel: Antworten mit Zitat

Qubyte hat Folgendes geschrieben:
Akzeptiert man



und

betrachtet nun als Modifikation zu Newton (mit zu bestimmender relativistischer Masse m_rel)

((



))


...dann hätte TomS vollkommen Recht mit seiner Kritik, dass eine solche Modifikation und das daraus resultierende Ergebnis keinen praktischen Nutzen hat. Tatsächlich läuft es genau umgekehrt: Es wird zunächst nichts modifiziert, neudefiniert oder zusätzlich angenommen, sondern genau das verwendet, was Newton bereits 1686 festgelegt hat. Damit kommt man zur relativistischen Masse und den relativistischen Gleichungen für Impuls und Kraft (und über die mechanische Arbeit auch zur Energie). Allerdings stellt man dann fest, dass das nicht mehr annähernd so praktisch ist wie in der klassischen Mechanik, weil all diese Größen jetzt ein hässliches Transformationsverhalten an den Tag legen. Erst daraus ergeben sich dann die Modifikationen zu Newton, um sich das Leben zu erleichtern. Die ändern jedoch nichts an den experimentell überprüfbaren Aussagen. Der neue Formalismus mit Ruhemasse und Vierervektoren bleibt äquivalent zum alten Formalismus mit Newtons Massebegriff und Dreiervektoren. Er ist in der SRT "nur" praktischer in der Handhabung und ermöglicht den Übergang zur ART.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Sep 2020 09:02    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe allerdings keinen Grund warum man "Newtonsche Masse" nicht ebenso als das m definieren kann, mit dem die Bewegungsgleichung



gilt.


Da Newton das so nicht festgelegt hat, wäre das keine "Newtonsche Masse" mehr. Soweit ich weiß stammt die Gleichung F=m·a von Euler. Wenn man das also unbedingt tun will, dann sollte man das Ergebnis entsprechend als "Eulersche Masse" bezeichnen.


Ich dachte mir schon, daß es letztlich auf Semantik hinausläuft. Allerdings bezeichnen wir die Gleichung normalerweise auch nicht als "2. Eulersches Axiom", sondern ganz ahistorisch als "2. Newtonsches Axiom". Ich denke das muß man hinnehmen, wenn es einem in erster Linie um erfolgreiche Verständigung geht.

Tatsächlich ist das, was man heute "Newtonsche Mechanik" nennt, ja kaum etwas anderes als diese Differentialgleichung erweitert um ein paar konkrete Kraftgesetze und Zwangskräfte. In dieser Theorie gibt es im wesentlichen ein Konzept von Masse, das sowohl in als auch in und noch einer Menge anderer Gleichungen auftaucht.

Somit erscheint deine Identifizierung von mit dem "Newtonschen Massenbegriff" nicht gerade zwingend.
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 18. Sep 2020 09:27    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Da diese offenbar nicht gegeben sind, ist es zumeist sinnlos, aus zwei dem Wesen nach verschiedenen Theorien einen singulären Aspekt herauszugreifen, um diesen herum die erste in die zweite Theorie zu evolvieren und diesen Aspekt dann als “korrekt” herauszustellen. Warum grade diesen?


Es geht hier nicht einfach um irgendeinen singulären Aspekt, sondern um die Grundlagen der Newtonschen Dynamik, wie er sie in seinen Definitionen (https://en.wikisource.org/wiki/The_Mathematical_Principles_of_Natural_Philosophy_(1846)/Definitions) und Bewegungsgesetzen (https://en.wikisource.org/wiki/The_Mathematical_Principles_of_Natural_Philosophy_(1846)/Axioms,_or_Laws_of_Motion) formuliert hat. Und die werden auch nicht einfach als korrekt herausgestellt (schon gar nicht in Anführungszeichen). Sie sind korrekt, da sie in sich widerspruchsfrei sind und mit der Impulserhaltung nur eine experimentell überprüfbare Aussage erhalten, die in beiden Theorien Bestand hat.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aber die “relativistische Masse” war nun sicher nicht der Leitgedanke, anhand dessen Einstein seine Theorie entwickelt hat.


Natürlich nicht. Bei der Einführung der SRT ging es ihm um die Kinematik und nicht um die Dynamik. Die erwähnt er dabei gar nicht.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, ein zentraler Aspekt einer dem Wesen nach neuen Theorie - nach Kuhn verbunden mit einem Paradigmenwechsel - ist gerade, dass gewisse Konzepte nicht mehr fortgeführt werden können, zumindest nicht ohne große und fortdauernde Schmerzen.


Es gibt Konzepte in der Newtonschen Physik, die in der Relativitätstheorie tatsächlich nicht mehr fortgeführt werden können (z.B. sein Gravitationsgesetz). Die Grundlagen der Newtonschen Dynamik (siehe oben) gehören aber nicht dazu. Die Vorstellung, mit der Einführung der SRT hätte Einstein praktisch aus dem Nichts eine völlig neue Physik erfunden ist genauso verbreitet wie falsch. Die Naturwissenschaft entwickelt sich nicht in großen Sprüngen, sondern in kleinen Schritten. In seiner Publikation von 1905 ändert Einstein nur einen einzigen Aspekt – nämlich die Transformation. Alles andere blieb davon zunächst unberührt.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Sep 2020 09:56    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aber die “relativistische Masse” war nun sicher nicht der Leitgedanke, anhand dessen Einstein seine Theorie entwickelt hat.


Natürlich nicht. Bei der Einführung der SRT ging es ihm um die Kinematik und nicht um die Dynamik. Die erwähnt er dabei gar nicht.


Das stimmt nicht. Die Dynamik kommt bereits im Titel seiner ersten Veröffentlichung zur Relativitätstheorie vor. Es gibt darin einen kinematischen und einen dynamischen Teil. Letzterer enthält auch einen Abschnitt über die Dynamik eines langsam beschleunigten Elektrons, in dem übrigens auf Basis der Gleichung

"Massenzahl x Beschleunigungszahl = Kraftzahl"

die beiden Begriffe longitudinale und transversale Masse abgeleitet werden. Einstein zieht daraus aber nicht den Schluß, daß dies die "korrekten" Entsprechungen der Newtonschen Masse innerhalb seiner neuen Dynamik sind, sondern lediglich, "daß man bei der Vergleichung verschiedener Theorien der Bewegung des Elektrons sehr vorsichtig verfahren muß."

Ich bin nicht sicher, was genau er damit meint. Aber es klingt so als könne er (abgesehen vom Bezug auf Kuhn natürlich) ungefähr dasselbe gemeint haben wie TomS.
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 18. Sep 2020 09:58    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte mir schon, daß es letztlich auf Semantik hinausläuft.


Der Unterschied zwischen F=dp/dt und F=m·a ist keineswegs semantisch.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Allerdings bezeichnen wir die Gleichung normalerweise auch nicht als "2. Eulersches Axiom", sondern ganz ahistorisch als "2. Newtonsches Axiom".


Die Bezeichnung "2. Eulersches Axiom" ist bereits für etwas völlig anderes reserviert und kann deshalb nicht mehr für F=m·a verwendet werden. Außerdem macht es in der klassischen Mechanik zumindest bei geschlossenen Systemen keinen Unterschied, ob man das 2. Newtonsche Axiom in seiner vollständigen Form F=dp/dt oder in der Vereinfachung F=m·a verwendet. Deshalb hat es sich eingebürgert auch letzteres als 2. Newtonsche Axiom zu bezeichnen. Aber spätestens beim Übergang zur SRT kann man sich diese Nachlässigkeit nicht mehr leisten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
In dieser Theorie gibt es im wesentlichen ein Konzept von Masse, das sowohl in als auch in und noch einer Menge anderer Gleichungen auftaucht.


Du musst schon unterscheiden, welche diese Gleichungen Definitionen sind und welche daraus unter welchen Bedingungen hergeleitet wurden. Die Gleichung F=m·a ergibt sich beispielsweise aus den Definitionen p:=m·v und F:=dp/dt unter der Bedingung dm/dt=0. Wenn diese Bedingungn nicht erfüllt ist, dann darf sie nicht verwendet werden. Die Definitionenen, aus denen sie hergeleitet wurde, bleiben davon unberührt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Somit erscheint deine Identifizierung von mit dem "Newtonschen Massenbegriff" nicht gerade zwingend.


Wenn man sich nicht an Newton hält, dann darf man natürlich nicht erwarten, dass am Ende noch etwas Newtonsches herauskommt.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Sep 2020 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Da diese offenbar nicht gegeben sind, ist es zumeist sinnlos, aus zwei dem Wesen nach verschiedenen Theorien einen singulären Aspekt herauszugreifen, um diesen herum die erste in die zweite Theorie zu evolvieren und diesen Aspekt dann als “korrekt” herauszustellen. Warum grade diesen?

Es geht hier nicht einfach um irgendeinen singulären Aspekt ...

Doch, es geht hier um den Begriff der Masse.

Ich schreibe aber gerade, dass ein derartiger singulärer Ansatz eben nicht funktioniert.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, ein zentraler Aspekt einer dem Wesen nach neuen Theorie - nach Kuhn verbunden mit einem Paradigmenwechsel - ist gerade, dass gewisse Konzepte nicht mehr fortgeführt werden können, zumindest nicht ohne große und fortdauernde Schmerzen.

... Die Vorstellung, mit der Einführung der SRT hätte Einstein praktisch aus dem Nichts eine völlig neue Physik erfunden ist genauso verbreitet wie falsch.

Genau das habe ich auch nicht gesagt.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Naturwissenschaft entwickelt sich nicht in großen Sprüngen, sondern in kleinen Schritten.

Das ist normalerweise der Fall, bzw. mag so erscheinen, wenn man einzelne Arbeiten betrachtet, jedoch nicht für wissenschaftliche Revolution im Ganzen. Der Schritt zum Newtonschen Weltbild ist eben kein kleiner Schritt sondern ein große Sprung, mindestens genauso Einsteins RT, und wohl am deutlichsten ausgeprägt die Quantenmechanik.

Ich denke, dass wir beide hier völlig unterschiedliche Sichtweisen haben. Ich sehe dich sozusagen als einen “Bewahrer”, der möglichst an etablierten Konzepten festhält, während ich diese gerne aufgebe, wenn sie als untauglich oder unpraktisch erscheinen. Das ist übrigens keine Wertung.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 18. Sep 2020 10:54, insgesamt 5-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Sep 2020 10:20    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte mir schon, daß es letztlich auf Semantik hinausläuft.


Der Unterschied zwischen F=dp/dt und F=m·a ist keineswegs semantisch.


Doch, das ist er. Beide Gleichungen sind äquivalent, denn m ist eine Konstante. Deine offenen Systeme kann man trotzdem innerhalb dieser Theorie behandeln indem einfach Masse über die Grenzen irgendeines Kontrollvolumens transportiert wird.

Daß du seit je um diesen trivialen Unterschied so ein Brimborium machst, dürfte natürlich zu Kommunikationsproblemen mit Physikern führen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Allerdings bezeichnen wir die Gleichung normalerweise auch nicht als "2. Eulersches Axiom", sondern ganz ahistorisch als "2. Newtonsches Axiom".


Die Bezeichnung "2. Eulersches Axiom" ist bereits für etwas völlig anderes reserviert und kann deshalb nicht mehr für F=m·a verwendet werden.


Das ist nicht der Grund. Man benennt es nach Newton egal von wem es stammt. Ganz einfach aus dem Grund, daß die Theorie die dabei rauskommt identisch mit der von Newton ist.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
In dieser Theorie gibt es im wesentlichen ein Konzept von Masse, das sowohl in als auch in und noch einer Menge anderer Gleichungen auftaucht.


Du musst schon unterscheiden, welche diese Gleichungen Definitionen sind und welche daraus unter welchen Bedingungen hergeleitet wurden.


Ich unterscheide das ja auch. F(x,v,t,...) = ma ist keine Definition, sondern eine Bewegungsgleichung (=Differentialgleichung). m ist lediglich implizit durch diese und alle unabhängigen Gleichungen, in denen es ebenfalls vorkommt, definiert.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Somit erscheint deine Identifizierung von mit dem "Newtonschen Massenbegriff" nicht gerade zwingend.


Wenn man sich nicht an Newton hält, dann darf man natürlich nicht erwarten, dass am Ende noch etwas Newtonsches herauskommt.


Ich wundere mich nicht, nenne aber die Theorie, die ich gerade skizziert habe, trotzdem "Newtonsch", auch wenn Newton selbst sie anders formuliert hat.

P.S.:

Zitat:

Außerdem macht es in der klassischen Mechanik zumindest bei geschlossenen Systemen keinen Unterschied, ob man das 2. Newtonsche Axiom in seiner vollständigen Form F=dp/dt oder in der Vereinfachung F=m·a verwendet. Deshalb hat es sich eingebürgert auch letzteres als 2. Newtonsche Axiom zu bezeichnen. Aber spätestens beim Übergang zur SRT kann man sich diese Nachlässigkeit nicht mehr leisten.


Offensichtlich begeht Einstein genau diese Nachlässigkeit aber in "Zur Elektrodynamik bewegter Körper". Dort verwendet er ja F=ma.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 18. Sep 2020 10:32, insgesamt 3-mal bearbeitet
Qubyte
Gast





Beitrag Qubyte Verfasst am: 18. Sep 2020 10:25    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Qubyte hat Folgendes geschrieben:

((



))


... dass eine solche Modifikation und das daraus resultierende Ergebnis keinen praktischen Nutzen hat


Der Nutzen von ((.)) liegt darin, dass sie empirisch überprüfbar sind und auch getestet wurden. Ihr Nutzen in der 3+1 Physik liegt darin, dass sie zB. die Trägheit der Energie erklären können oder auch die Energieäquivalenz der Ruhemasse.
Die Lorentztrafos als solche haben freilich noch mehr Implikationen, um die Newtonsche Physik zu erweitern. Es geht ja erstmal nur um diesen speziellen Aspekt.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 18. Sep 2020 10:49    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
... es wird zunächst nichts modifiziert, neudefiniert oder zusätzlich angenommen, sondern genau das verwendet, was Newton bereits 1686 festgelegt hat. Damit kommt man zur relativistischen Masse und den relativistischen Gleichungen für Impuls und Kraft.

Soweit mir bekannt ist, ist das - zumindest was Einstein betrifft - falsch.

Einstein gelangt zur longitudinalen sowie transversalen Masse, nicht zur relativistischen Masse.

Die erste Erwähnung letzterer stammt wohl von Lewis & Tolman, 1909

https://www.jstor.org/stable/pdf/20022495.pdf
The Principle of Relativity, and Non-Newtonian Mechanics

Der Zusammenhang wird für die Energie abgeleitet. Die Interpretation für die Masse ist möglich, jedoch nicht zwingend. Kraft und Beschleunigung spielen bei der Herleitung keine Rolle, ein Rückgriff auf Konzepte Newtons wird nicht verwendet.

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DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 18. Sep 2020 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Doch, es geht hier um den Begriff der Masse.


Nur hier in dieser Diskussion. Zur Newtonschen Dynamik gehören auch andere Größen, wie z.B. der Impuls und die Kraft, die auch ihr Transformationsverhalten ändern. Es macht überhaupt keinen Sinn, das Thema allein auf den klassischen Massebegriff reduzieren zu wollen.

Wenn man unbedingt will, dann kann man ihn auch ganz umgehen (indem man beispielsweise ganz allgemein nach einer Erhaltungsgröße p(v) sucht) und kommt trotzdem zu denselben Resultaten. Ich beziehe mich nur auf Newton, damit ich ihn im Zweifelsfall (z.B. F=dp/dt vs. F=m·a) direkt zitieren kann.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, dass wir beide hier völlig unterschiedliche Sichtweisen haben. Ich sehe dich sozusagen als einen “Bewahrer”, der möglichst an etablierten Konzepten festhält, während ich diese gerne aufgebe, wenn sie als untauglich oder unpraktisch erscheinen.


Das verstehst Du falsch. Ich gebe lediglich die historische Entwicklung wieder. Als Einstein 1905 die "Zur Elektrodynamik bewegter Körper" veröffentlich hat, gab es nur die etablierten Konzepte. Die Frage, ob man daran festhält oder nicht, stellte sich also gar nicht erst. Es hat Jahre gedauert, Alternativen zu entwickeln. Und selbst die sind nicht vom Himmel gefallen, sondern auf Grundlage der alten Konzepte entwickelt worden.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Einstein gelangt zur longitudinalen sowie transversalen Masse, nicht zur relativistischen Masse.


Nein, er gelangt nicht dazu, sondern er zeigt, dass man dazu gelangt, wenn man von F=m·a ausgeht. Siehe dazu auch meine Antwort an index_razor.
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 18. Sep 2020 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Beide Gleichungen sind äquivalent, denn m ist eine Konstante.


Für offene Systeme ist das schlichtweg falsch und für geschlossene Systeme gilt das nur in der klassischen Mechanik. Es wird nirgends explizit festgelegt, dass die Menge der Materie invariant zu sein hat. Das wäre auch eine sehr schlechte Idee, weil sich das bereits implizit aus anderen Bedingungen ergibt, zu denen unter anderem auch die Galilei-Transformation gehört. Eine zusätzliche Festlegung des Transformationsverhaltens würde zu einer Überdefinition führen. Das ist im besten Fall überflüssig.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deine offenen Systeme kann man trotzdem innerhalb dieser Theorie behandeln indem einfach Masse über die Grenzen irgendeines Kontrollvolumens transportiert wird.


Dass "einfach Masse über die Grenzen irgendeines Kontrollvolumens transportiert wird" ist das wesentliche Merkmal eines offener Systeme. Damit sind sie noch lange nicht "behandelt".

Das Problem mit offenen Systemen und F=m·a besteht darin, dass die Newtonschen Axiome damit keine Impulserhaltung mehr beinhalten, was sie laut Newton aber sollen. Das führt auch dazu, dass man den konvektiven Impulstransfer, den man zuvor künstlich aus dem zweiten Axiom entfernt hat, anschließend wieder künstlich einbauen muss. Das funktioniert zwar und wird auch so gemacht, ist aber völlig unnötig.

TomS hat weiter oben Fragen formuliert, die man sich stellen soll, wenn man neue Begriffe einführt. Das funktioniert hier ähnlich: Braucht man wirklich eine neue oder zusätzliche Version des 2. Axioms und handelt es sich um eine geeignete Gleichung, der zur Klärung beiträgt und keine Verwirrung stiftet?

Bei geschlossenen Systemen innerhalb der klassischen Mechanik lautet die Antwort Ja. Mit der vollständigen Version F=dp/dt schleppt man immer den Term v·dm/dt mit, der bei konstanter Masse grundsätzlich Null und damit überflüssig ist. Deshalb ist es unter diesen Bedingungen sinnvoll, von vorn herein die vereinfachte Form F=m·a zu verwenden. Man darf sich nur nicht so sehr daran gewöhnen, dass man sie auch außerhalb ihres Gültigkeitsbereiches verwendet.

Bei offenen Systemen oder außerhalb der klassischen Mechanik ist die Antwort aber eindeutig Nein. Da führt die Entfernung des Terms v·dm/dt zu Fehlern, die man durch zusätzliche Änderungen wieder korrigieren muss. Das ist weder einfacher, noch trägt es zu einem besseren Verständnis.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Man benennt es nach Newton egal von wem es stammt. Ganz einfach aus dem Grund, daß die Theorie die dabei rauskommt identisch mit der von Newton ist.


Das ist offensichtlich nicht der Fall.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich unterscheide das ja auch. F(x,v,t,...) = ma ist keine Definition, sondern eine Bewegungsgleichung (=Differentialgleichung).


Dann ist doch klar, das es nicht Newtons zweites Axiom sein. Das ist nämlich keine Bewegungsgleichung, sondern die quantitative Definition der Kraft. Um daraus eine Bewegungsgleichung zu machen, braucht man zusätzlich ein Kraftgesetz.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
m ist lediglich implizit durch diese und alle unabhängigen Gleichungen, in denen es ebenfalls vorkommt, definiert.


Und genau diese implizite Definition führt in der klassischen Mechanik zur Invarianz und in der SRT zur relativistischen Masse.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Offensichtlich begeht Einstein genau diese Nachlässigkeit aber in "Zur Elektrodynamik bewegter Körper". Dort verwendet er ja F=ma.


Dort verwendet er diese Beziehung ausdrücklich mit dem Ziel, die longitudinale und transversale Masse herzuleiten:

Zitat:
Wir fragen nun in Anlehnung an die übliche Betrachtungsweise nach der „longitudinalen“ und „transversalen“ Masse des bewegten Elektrons.


Nach der Herleitung schreibt er dann:

Zitat:
Natürlich würde man bei anderer Definition der Kraft und der Beschleunigung andere Zahlen für die Masse erhalten; man sieht daraus, dass man bei der Vergleichung verschiedener Theorien der Bewegung des Elektrons sehr vorsichtig verfahren muss.


Offensichtlich war ihm klar, dass die "übliche Betrachtungsweise" hier unangebracht ist und die Herleitung ist eher als Beispiel dafür zu verstehen, wie man es nicht machen soll.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Sep 2020 16:24    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Beide Gleichungen sind äquivalent, denn m ist eine Konstante.


Für offene Systeme ist das schlichtweg falsch


Nein, mein "System" ist eine Menge von Massenpunkten, die die Bewegungsgleichungen mit konstantem erfüllen.

Dein "System" ist ein fixes Volumen V(t), das eine variable Anzahl dieser Massenpunkte enthält. Nur in diesem Sinne ist die Größe



zeitabhängig. Der Unterschied ist nur semantisch.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Deine offenen Systeme kann man trotzdem innerhalb dieser Theorie behandeln indem einfach Masse über die Grenzen irgendeines Kontrollvolumens transportiert wird.


Dass "einfach Masse über die Grenzen irgendeines Kontrollvolumens transportiert wird" ist das wesentliche Merkmal eines offener Systeme. Damit sind sie noch lange nicht "behandelt".


Nein, dafür muß man die Bewegungsgleichungen lösen und ein V(t) definieren oder eine Heuristik anwenden, die äquivalent zu dieser Lösung ist. Ich schrieb "kann man behandeln".

Zitat:

Das Problem mit offenen Systemen und F=m·a besteht darin, dass die Newtonschen Axiome damit keine Impulserhaltung mehr beinhalten, was sie laut Newton aber sollen. Das führt auch dazu, dass man den konvektiven Impulstransfer, den man zuvor künstlich aus dem zweiten Axiom entfernt hat, anschließend wieder künstlich einbauen muss. Das funktioniert zwar und wird auch so gemacht, ist aber völlig unnötig.


Es geht nur darum, daß es möglich ist und daß das Resultat identisch mit der Theorie ist, die Newton publiziert hat. Damit ist es "die Newtonsche Mechanik". Ob du das ganze unnötig oder künstlich findest, tut eigentlich nichts zur Sache. Daß "es so gemacht wird", ist genau mein Punkt. Verständigung über Newtonsche Mechanik findet nämlich heutzutage eher mit Leuten statt, die Mechanik aus Büchern kennen, die entweder in diesem oder dem vorigen Jahrhundert geschrieben wurden und deswegen auch berücksichtigen was seit Newton publiziert wurde, anstatt lediglich jedes Wort der Principia auf die Goldwaage zu legen.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich unterscheide das ja auch. F(x,v,t,...) = ma ist keine Definition, sondern eine Bewegungsgleichung (=Differentialgleichung).


Dann ist doch klar, das es nicht Newtons zweites Axiom sein. Das ist nämlich keine Bewegungsgleichung, sondern die quantitative Definition der Kraft. Um daraus eine Bewegungsgleichung zu machen, braucht man zusätzlich ein Kraftgesetz.


Wie ich oben bereits schrieb: "Allerdings bezeichnen wir die Gleichung normalerweise [...] ganz ahistorisch als "2. Newtonsches Axiom".

[...]

Tatsächlich ist das, was man heute "Newtonsche Mechanik" nennt, ja kaum etwas anderes als diese Differentialgleichung erweitert um ein paar konkrete Kraftgesetze und Zwangskräfte."


Ich hatte gehofft das sei hinreichend klar. Wenn nicht dann nochmal so: Das 2. Newtonsche Axiom ist nach heutiger Auffassung die Behauptung, daß eine Funktion F von den Orten und Geschwindigkeiten der Teilchen und eine Eigenschaft m der Teilchen existiert, so daß die Gleichung ma = F zu allen Zeiten gilt. Um daraus eine konkrete Bewegungsgleichung zu machen, benötigt man eines der konkreten Kraftgesetze, von denen ich ebenfalls sprach. Eine davon unabhängige "quantitative Definition der Kraft" benötigt man nicht.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
m ist lediglich implizit durch diese und alle unabhängigen Gleichungen, in denen es ebenfalls vorkommt, definiert.


Und genau diese implizite Definition führt in der klassischen Mechanik zur Invarianz und in der SRT zur relativistischen Masse.


Nicht zwangsläufig. F=ma führt auf transversale und longitudinale Masse, wie Einstein zeigt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Offensichtlich begeht Einstein genau diese Nachlässigkeit aber in "Zur Elektrodynamik bewegter Körper". Dort verwendet er ja F=ma.


Dort verwendet er diese Beziehung ausdrücklich mit dem Ziel, die longitudinale und transversale Masse herzuleiten:

Zitat:
Wir fragen nun in Anlehnung an die übliche Betrachtungsweise nach der „longitudinalen“ und „transversalen“ Masse des bewegten Elektrons.


Nach der Herleitung schreibt er dann:

Zitat:
Natürlich würde man bei anderer Definition der Kraft und der Beschleunigung andere Zahlen für die Masse erhalten; man sieht daraus, dass man bei der Vergleichung verschiedener Theorien der Bewegung des Elektrons sehr vorsichtig verfahren muss.


Offensichtlich war ihm klar, dass die "übliche Betrachtungsweise" hier unangebracht ist und die Herleitung ist eher als Beispiel dafür zu verstehen, wie man es nicht machen soll.


Klar, es gehört ja auch zum guten wissenschaftlichen Stil in die zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften gedachten Artikel nur die falschen Herleitungen zu schreiben und die korrekten den Lesern als Übung zu überlassen.

Plausibler ist, daß Einstein hier ein Ergebnis herleiten wollte (in der Tat, das wird wohl sein Ziel gewesen sein), das er für relevant und korrekt gehalten hat. Ihm scheint aber klar gewesen zu sein, daß die Übertragung von Konzepten aus der alten auf die neue Theorie immer mit einer gewissen Willkür verbunden ist. Dies führt dann zu solchen semantischen Scheinproblemen, wie dem, was wir hier diskutieren: Welche Größen bezeichnen wir nun "wirklich" als "Kraft", "Masse" und "Beschleunigung"? Aber zu mehr führt es nicht. Da fällt man einmal eine Entscheidung oder man führt einfach ganz neue Begriffe ein. Damit ist das Problem dann gelöst.
Qubyte
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Beitrag Qubyte Verfasst am: 18. Sep 2020 21:04    Titel: Antworten mit Zitat

Letzten Endes ist es doch eine Frage, welches Modell man zur Naturbeschreibung wählt:

In der Modifikation zur Newtonschen Physik tritt der Korrekturfaktor auf.

Und in der 3+1 Formulierung der Physik hat er einen ganz anderen Ursprung als in der 4-dim kovarianten Formulierung. Da hängt er mit der Eigenzeit zusammen (ein Konzept, was in 3D keinen Sinn macht). In der 4D-Formulierung tritt er zB. bei der kinematischen Grösse der Geschwindigkeit auf, und da ist ist dann der Impuls nichts weiteres als die Multiplikation mit
In 3+1 muss dieser Faktor aber anders interpretiert werden, zB. als Trägheit von Energie. Worauf man sich also letztlich einigen muss, ist, in welchem Modell man die Natiur beschreibt. Letztlich spricht auch mehr für das 4D-Modell, aber beides ist genauso letztlich legitim.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Sep 2020 10:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ihm scheint aber klar gewesen zu sein, daß die Übertragung von Konzepten aus der alten auf die neue Theorie immer mit einer gewissen Willkür verbunden ist. Dies führt dann zu solchen semantischen Scheinproblemen, wie dem, was wir hier diskutieren: Welche Größen bezeichnen wir nun "wirklich" als "Kraft", "Masse" und "Beschleunigung"? Aber zu mehr führt es nicht. Da fällt man einmal eine Entscheidung oder man führt einfach ganz neue Begriffe ein. Damit ist das Problem dann gelöst.

Das ist der springende Punkt.

Eine physikalische Theorie hat - auch wenn die Instrumentalisten wieder aufheulen werden - zwei Ebenen: 1) Experimente, zuerst das Identifizieren von wichtigen Experimenten, der Vorhersage d.h. Berechnung der Ergebnisse etc.; 2) Erklärungen

Einstein war in wesentlichen von (2) getrieben. Während dies in seinen frühen Arbeiten noch nicht so klar wurde, da beides oft Hand in Hand ging, stellte es sich als offensichtlich heraus, als im Falle der Quantenmechanik (1) zwar perfekt funktionierte, (2) jedoch völlig unbefriedigend war.

Und (2) bewegt sich nun mal auch auf der semantischen Ebene.

Ich denke, dass moderne Formulierungen einer Theorie nicht ausschließlich bei (1) ansetzen, weil effizientere Werkzeuge benötigt werden (Lagrange- und Hamiltonformalismus als Beispiel für die Newtonsche Mechanik), sondern dass sie eben auch bessere, d.h. transparentere Erklärungen liefern. Dazu ist oft die Weiterentwicklung der Sprache notwendig, d.h. sowohl die Einführung von Begriffen die Verschiebung von Bedeutungen, als auch ein anderer Formalismus (z.B. Minkowskiraum, Tensoralgebra), was dann (1) und (2) umfasst. Dies führt dann zu einem tieferen Verständnis, was in der theoretischen Physik die Aufdeckung zugrundeliegender (mathematischer) Strukturen sowie die tatsächliche Weiterentwicklung bedeutet.

Insofern ist der historisierende Blick auf eine Theorie eben genau das - historisch; und der “moderne” Blick nicht nur der effizientere sondern auch der mit dem tieferen Verständnis im Sinne von (2).

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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Sep 2020 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

Qubyte hat Folgendes geschrieben:
... hängt er mit der Eigenzeit zusammen (ein Konzept, was in 3D keinen Sinn macht).

Die Eigenzeit ist sehr wohl sinnvoll, denn sie stellt entlang einer beliebigen Weltlinie C gemäß



eine invariante Messgröße dar. Das ist sie auch bei der 3D-Betrachtung.

Der Blick darauf wird lediglich verstellt, wenn ausschließlich inertiale Beobachter diskutiert und die mit diesen verknüpften Koordinatenzeiten als Eigenzeiten bezeichnet. Letzteres entspricht natürlich dem Spezialfall



im Ruhesystem eines inertialen Beobachters mit Koordinaten (t,x).

Diese Herangehensweise - 3-dim. Formalismus, Lorentz-Trf. zwischen Bezugsystemen, Koordinatenzeit - ist genau deswegen hinderlich, weil er zu Trugschlüssen führt
- “Koordinatenzeit = Eigenzeit”
- Zwillingsparadoxon inkl. misslungener Auflösungen
- SRT nicht auf beschleunigte Bewegungen anwendbar
die bei einem tieferen Verständnis im Wege stehen.

Im Grunde handelt es sich um einen ähnlichen Missgriff wie im Falle der relativistischen Masse. Zwar kann man dies hier nicht an einem einzigen Begriff festmachen, jedoch ist das Muster dasselbe: festhalten an Erklärungen, die den Blick auf die wesentlichen Strukturen und Erklärungen der Theorie verstellen.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 19. Sep 2020 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein, mein "System" ist eine Menge von Massenpunkten, die die Bewegungsgleichungen mit konstantem erfüllen.

Dein "System" ist ein fixes Volumen V(t), das eine variable Anzahl dieser Massenpunkte enthält. Nur in diesem Sinne ist die Größe



zeitabhängig.


dp/dt = m·a gilt hier nur für die geschlossenen Teilsysteme, also die einzelnen Massepunkte, aber nicht für das offene Gesamtsystem über dessen Grenzen sich die Massepunkte bewegen können. Deine Behauptung bleibt also falsch.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht nur darum, daß es möglich ist und daß das Resultat identisch mit der Theorie ist, die Newton publiziert hat.


Bei der resultierenden Kraft gibt es zwischen der Theorie, die Newton publiziert hat und der Version von Euler einen Unterschied von v·dm/dt. Das ist bei offenen Systemen also nicht identisch. Wenn Du das nicht selbst erkennst, dann kann ich Dir auch nicht helfen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
F=ma führt auf transversale und longitudinale Masse, wie Einstein zeigt.


Davon abgesehen, dass das nur gilt, wenn die Kraft senkrecht oder parallel zur Geschwindigkeit wirkt, widerspricht das Ergebnis den Bedingungen, aus denen es hergeleitet wird. Das zweite Newtonsche Axiom lässt sich nur bei konstanter Masse zu F=m·a vereinfachen. Die daraus resultierende "Masse" ist hier aber nicht konstant. Die Verwendung dieser Gleichung ist demnach unzulässig. Stattdessen muss das zweite Axiom in der vollständigen Form F=dp/dt verwendet werden, die auch für veränderliche Masse gültig ist.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Plausibler ist, daß Einstein hier ein Ergebnis herleiten wollte (in der Tat, das wird wohl sein Ziel gewesen sein), das er für relevant und korrekt gehalten hat.


Dafür sehe ich keinen Hinweis. Fakt ist, dass andere dieses Ergebnis damals für relevant und korrekt gehalten haben und es gehört zum guten wissenschaftlichen Stil in dem zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften gedachten Artikel auf den aktuellen Stand der Forschung einzugehen. Das gilt auch dann, wenn man selbst anderer Meinung ist.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Sep 2020 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
dp/dt = m·a gilt hier nur für die geschlossenen Teilsysteme, also die einzelnen Massepunkte, aber nicht für das offene Gesamtsystem über dessen Grenzen sich die Massepunkte bewegen können.

Wenn die Massenpunkte bekannt sind, wieso sollte man dann die Grenzen des Systems unsinnig festlegen?

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Beitrag Qubyte Verfasst am: 19. Sep 2020 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

"Offene Systeme" machen durchaus auch klassisch Sinn:

ZB. verdampfender Meteorit, kondensierender Flüssigkeitstropfen, erc.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 19. Sep 2020 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

Keine Frage.

Nur, wenn du die Mechanik von punktförmigen Körpern betrachtest - nichts anderes tut Einstein 1905, dann legst du das System als Gesamtheit aller Massenpunkte fest - unabhängig von ihrer Position, nicht als begrenztes Volumen.

Natürlich ist die RT in dieser Form nicht abgeschlossen, z.B. fehlen noch die Theorie der starren Körper sowie die Hydrodynamik, aber das war auch nicht das Ziel.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 19. Sep 2020 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nein, mein "System" ist eine Menge von Massenpunkten, die die Bewegungsgleichungen mit konstantem erfüllen.

Dein "System" ist ein fixes Volumen V(t), das eine variable Anzahl dieser Massenpunkte enthält. Nur in diesem Sinne ist die Größe



zeitabhängig.


dp/dt = m·a gilt hier nur für die geschlossenen Teilsysteme, also die einzelnen Massepunkte, aber nicht für das offene Gesamtsystem über dessen Grenzen sich die Massepunkte bewegen können. Deine Behauptung bleibt also falsch.


Nein, das "p" in meiner Behauptung, für das gilt, bezieht sich gerade nicht nicht auf ein Volumen V(t), sondern eben nur auf diese Massenpunkte. Deine Schlußfolgerung ist also das einzige, das hier falsch bleibt.

Um dir das klar zu machen, habe ich ja extra darauf hingewiesen, wie man offene Systeme behandeln würde.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es geht nur darum, daß es möglich ist und daß das Resultat identisch mit der Theorie ist, die Newton publiziert hat.


Bei der resultierenden Kraft gibt es zwischen der Theorie, die Newton publiziert hat und der Version von Euler einen Unterschied von v·dm/dt. Das ist bei offenen Systemen also nicht identisch. Wenn Du das nicht selbst erkennst, dann kann ich Dir auch nicht helfen.


Wenn man die Version von Euler richtig anwendet, kommt auch das richtige raus. Ich bin mir nicht sicher, ob du das wirklich nicht erkennst oder nur aus Prinzip widersprichst. Inzwischen müßte sogar einigermaßen offensichtlich sein, wie man für offene Systeme auf Basis des "Eulerschen Axioms" F=ma für Teilchen mit konstanter Masse herleitet. Damit wäre klar, daß es sich hier um keinerlei Einschränkung handelt und folglich -- um mal wieder auf das Thema zu kommen -- F=ma eine ebenso geeignete Grundlage für eine Erweiterung des Newtonschen Massenbegriffs auf die Relativitätstheorie wäre.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
F=ma führt auf transversale und longitudinale Masse, wie Einstein zeigt.


Davon abgesehen, dass das nur gilt, wenn die Kraft senkrecht oder parallel zur Geschwindigkeit wirkt, ...


...was überhaupt keine Einschränkung ist, weil jeder Beschleunigungsvektor in eine parallele und senkrechte Komponente bzgl. der Geschwindigkeit zerlegbar ist. Sehen wir also von diesem irrelevanten Einwand ab.

Zitat:

... widerspricht das Ergebnis den Bedingungen, aus denen es hergeleitet wird.


Das merken wir uns mal für später.

Zitat:

Stattdessen muss das zweite Axiom in der vollständigen Form F=dp/dt verwendet werden, die auch für veränderliche Masse gültig ist.


Muß es nicht. Es muß lediglich eine korrekte Bewegungsgleichung für ein langsam bewegtes Elektron verwendet werden. Und von dieser geht Einstein aus. Der Rest hängt nur noch davon ab, wie man "Kraft", "Masse" und "Beschleunigung" definiert, was vergleichsweise irrelevant ist. Genau darauf weist Einstein hin.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Plausibler ist, daß Einstein hier ein Ergebnis herleiten wollte (in der Tat, das wird wohl sein Ziel gewesen sein), das er für relevant und korrekt gehalten hat.


Dafür sehe ich keinen Hinweis. Fakt ist, dass andere dieses Ergebnis damals für relevant und korrekt gehalten haben und es gehört zum guten wissenschaftlichen Stil in dem zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften gedachten Artikel auf den aktuellen Stand der Forschung einzugehen. Das gilt auch dann, wenn man selbst anderer Meinung ist.


Komische Logik. Offenbar warst du etwas irritiert, daß Einstein in seinem Artikel nicht nur dynamische Probleme "erwähnt", sondern auch eines seiner Resultate gerade nicht das ist, was du dir gewünscht hättest. Deswegen erfindest du jetzt die Ausrede, daß er genau an dieser Stelle mal zeigen wollte, wie es nicht geht und vermißt folgerichtig Hinweise auf das Gegenteil. (Ich frage mich, wie so ein Hinweis ausgesehen hätte. Hätte da stehen müssen: "Bitte glaubt mir, daß ich es ernst meine.") Gleichzeitig behauptest du oben sogar, Einstein wäre nicht nur absichtlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen, sondern daß sein Ergebnis sogar diesen Voraussetzungen widerspricht. Was war also hier seine Absicht? Wollte er seinen Kollegen mal zeigen wo man mit falschen Voraussetzungen landet, wenn man unterwegs noch ein paar logische Patzer einbaut? Das ist doch alles so absurd, daß du es selbst nicht glaubst.

Wenn Einstein hier der Meinung gewesen wäre, daß abgesehen von den verwendeten Definitionen, über die man streiten kann, mit dem Ergebnis etwas nicht stimmt, dann hättest du Hinweise darauf im Artikel gefunden. Hast du aber nicht.
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