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Ruhe- und relativistische Masse - Seite 2
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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Sep 2020 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
In der 3+1-Betrachtung macht es allerdings in diesem Kontext m.E. durchaus Sinn, von einer "relativistisch-kinetischen Masse" zu sprechen.

Es ist mathematisch möglich, jedoch - meiner Meinung nach - methodisch fragwürdig, da es zu unnötigen Diskussionen und Verwirrung führt und damit letztlich ein tieferes Verständnis behindert oder verzögert.

Das gilt auch für andere Konzepte wie die des Bohrschen Atommodells.

Viel zu häufig wird “Physik” mit “Geschichte der Physik” verwechselt. Zwar ist ein historischer Kontext wichtig, jedoch muss man nicht jede Wendung mitgehen. Wir lernen zum Beispiel Difffentialrechnung und Newtonsche Mechanik auch nicht anhand der detaillierten Ausführen von Newton, sondern anhand einiger grundlegender Ideen sowie einer modernen Darstellung.

Nur bei der “modernen” Physik - die keineswegs modern sondern ca. ein Jahrhundert als ist - meinen manche, man müsse sich an sämtlichen Details der Gedanken von Einstein, Bohr usw. abarbeiten.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Sep 2020 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
Auch Einstein hat mit Vierervektoren gerechnet.


Ist das so? Nach meiner Kenntnis kam die 4-dim Betrachtung erst mit Minkowski endgültig in die physikalischen Theorien.

Ja, aber bereits 1907/08.

https://de.m.wikisource.org/wiki/Die_Grundgleichungen_f%C3%BCr_die_elektromagnetischen_Vorg%C3%A4nge_in_bewegten_K%C3%B6rpern

https://archive.org/details/nachrichten09klasgoog
Die Grundgleichungen für die elektromagnetischen Vorgänge in bewegten Körpern.
Von Hermann Minkowski
Vorgelegt in der Sitzung vom 21. Dezember 1907

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Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 12. Sep 2020 12:42    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
Auch Einstein hat mit Vierervektoren gerechnet.


Ist das so? Nach meiner Kenntnis kam die 4-dim Betrachtung erst mit Minkowski endgültig in die physikalischen Theorien.

Ja, aber bereits 1907/08

https://de.m.wikisource.org/wiki/Die_Grundgleichungen_f%C3%BCr_die_elektromagnetischen_Vorg%C3%A4nge_in_bewegten_K%C3%B6rpern
Die Grundgleichungen für die elektromagnetischen Vorgänge in bewegten Körpern.

https://archive.org/details/nachrichten09klasgoog
Von Hermann Minkowski
Vorgelegt in der Sitzung vom 21. Dezember 1907


Ja, aber erst durch den mathematischen Genius von Minkowski (Studienkollege von Hilbert und Sommerfeld).
Einstein hat bis dahin seine SRT nicht 4-dimensional formuliert, oder?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Sep 2020 12:54    Titel: Antworten mit Zitat

Soweit ich weiß, nein. Minkowski war der erste - und auch seine Formulierung ist ja noch etwas “ausführlich”.

Die Summenkonvention z.B stammt m.W.n. aus der ART, also erst so um 1915.

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Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 12. Sep 2020 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Soweit ich weiß, nein. Minkowski war der erste - und auch seine Formulierung ist ja noch etwas “ausführlich”.

Die Summenkonvention z.B stammt m.W.n. aus der ART, also erst so um 1915.


Ob er der Erste war, sei mal dahingestellt. M.E. hat auch Poincaré schon vorher eine 4-dim Formulierung geschaffen. Aber Einstein hat dies wohl eher nach Minkowski in seine SRT aufgenommen.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 12. Sep 2020 13:58    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
In der 3+1-Betrachtung macht es allerdings in diesem Kontext m.E. durchaus Sinn, von einer "relativistisch-kinetischen Masse" zu sprechen.

Es ist mathematisch möglich, jedoch - meiner Meinung nach - methodisch fragwürdig, da es zu unnötigen Diskussionen und Verwirrung führt und damit letztlich ein tieferes Verständnis behindert oder verzögert.

Das gilt auch für andere Konzepte wie die des Bohrschen Atommodells.

Viel zu häufig wird “Physik” mit “Geschichte der Physik” verwechselt. Zwar ist ein historischer Kontext wichtig, jedoch muss man nicht jede Wendung mitgehen. Wir lernen zum Beispiel Difffentialrechnung und Newtonsche Mechanik auch nicht anhand der detaillierten Ausführen von Newton, sondern anhand einiger grundlegender Ideen sowie einer modernen Darstellung.

Nur bei der “modernen” Physik - die keineswegs modern sondern ca. ein Jahrhundert als ist - meinen manche, man müsse sich an sämtlichen Details der Gedanken von Einstein, Bohr usw. abarbeiten.


Aus einer Perspektive des tieferen Verständnis hast du durchaus Recht. SRT versteht man erst, wenn man es 4-D versteht!
Aber andererseits sind alle physikalische Theorien nur ein Modell der Wirklichkeit. Wenn es dem Verständnis hinreichend ist, ein klassisches (Newtonsches) Modell zu haben, dass relativistisch in bestimmter Hinsicht (kinematisch oder auch einfach dynamisch) erweitert zu werden, so dass man in diesem Kontext relativistische Effekte versteht, so ist das "Modell" der relativistisch-kinetischen Masse auch hinreichend. Es ist eine Frage, welche Abstraktion und welche Anwendungsfälle du dem Betrachter abverlangst. Im schulischen Rahmen wird es vermutlich nicht nötig sein, den 4-dim Kalkül einzuführen. Das erfordert ja auch zusätzlichen Aufwand.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 12. Sep 2020 20:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das gilt auch für andere Konzepte wie die des Bohrschen Atommodells.


Das ist ein unzutreffender Vergleich. Das Bohrsche Atommodell unterscheidet sich sowohl in seinen theoretischen Grundlagen als auch in seinen experimentell überprüfbaren Aussagen vom quantenmechanischen Atommodell. Das ist bei der Verwendung von Dreiervektoren und relativistischer Masse im Rahmen der Relativitätstheorie nicht der Fall. Die sind lediglich ein anderer mathematischer Formalismus zur Beschreibung exakt derselben Physik.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Viel zu häufig wird “Physik” mit “Geschichte der Physik” verwechselt. Zwar ist ein historischer Kontext wichtig, jedoch muss man nicht jede Wendung mitgehen.


Handelt es sich hier wirklich um eine Wendung? Tatsächlich ist es doch eher das Gegenteil - nämlich die geradlinigen Fortführung von wesentlichen Teilen der klassischen Mechanik in die Relativitätstheorie hinein. Und das war auch nicht falsch, sondern einfach nur umständlich. Die Verwendung von Vierervektoren ist zweifellos bequemer (und deshalb zu bevorzugen) führt aber zu denselben Resultaten.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 12. Sep 2020 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Einstein hat bis dahin seine SRT nicht 4-dimensional formuliert, oder?


Er hat Raum und Zeit bereits in seiner ersten Veröffentlichung zur SRT in einen vierdimensionalen Vektor gesteckt (siehe http://users.physik.fu-berlin.de/~kleinert/files/1905_17_891-921.pdf unten auf Seite 989). Tatsächlich gerechnet hat er aber meistens nicht mit Vektoren, sondern mit Skalaren (im mathematischen Sinne und nicht zu verwechseln mit Lorentz-Skalaren), wie z.B. mit den Vektorkomponenten x, y, z und t und dem Betrag v der Geschwindigkeit. Das ist noch umständlicher als die Verwendung von Dreiervektoren, hat aber auch funktioniert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Sep 2020 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Soweit ich weiß, nein. Minkowski war der erste - und auch seine Formulierung ist ja noch etwas “ausführlich”.

Die Summenkonvention z.B stammt m.W.n. aus der ART, also erst so um 1915.


Ob er der Erste war, sei mal dahingestellt. M.E. hat auch Poincaré schon vorher eine 4-dim Formulierung geschaffen. Aber Einstein hat dies wohl eher nach Minkowski in seine SRT aufgenommen.

Man findet dazu Hinweise: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_speziellen_Relativit%C3%A4tstheorie

Ich kenne jedoch keine Originalveröffentlichung - und würde sie mangels Sprachkenntnissen auch nicht verstehen.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Sep 2020 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Aus einer Perspektive des tieferen Verständnis hast du durchaus Recht. SRT versteht man erst, wenn man es 4-D versteht!

Ja, da sind wir und einig

Prost

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Aber andererseits sind alle physikalische Theorien nur ein Modell der Wirklichkeit. Wenn es dem Verständnis hinreichend ist, ein klassisches (Newtonsches) Modell zu haben, dass relativistisch in bestimmter Hinsicht (kinematisch oder auch einfach dynamisch) erweitert zu werden, so dass man in diesem Kontext relativistische Effekte versteht, so ist das "Modell" der relativistisch-kinetischen Masse auch hinreichend. Es ist eine Frage, welche Abstraktion und welche Anwendungsfälle du dem Betrachter abverlangst. Im schulischen Rahmen wird es vermutlich nicht nötig sein, den 4-dim Kalkül einzuführen. Das erfordert ja auch zusätzlichen Aufwand.

Ich denke, die 4-dim. Formulierung erfordert in der Schule zu viel Mathematik. Sie nützt ja erst, wenn du auch die kompakte Notation mittels Matrizen verstehst.

Auf die relativistische Masse kann man jedoch guten Gewissens verzichten; sie liefert nichts, was nicht auch anderweitig genauso einfach darstellbar wäre.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 12. Sep 2020 21:18, insgesamt einmal bearbeitet
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 12. Sep 2020 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, die 4-dim. Formulierung erfordert in der Schule zu viel Mathematik. Sie nützt ja erst, wenn du auch kompakte Nationen mittels Matrizen verstehst.


Zumindest zu meiner Zeit gehörten Matrizen zum Schulstoff und im Grunde braucht man dafür auch nicht viel mehr als die Grundrechenarten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Sep 2020 21:14    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Das gilt auch für andere Konzepte wie die des Bohrschen Atommodells.


Das ist ein unzutreffender Vergleich. Das Bohrsche Atommodell unterscheidet sich sowohl in seinen theoretischen Grundlagen als auch in seinen experimentell überprüfbaren Aussagen vom quantenmechanischen Atommodell. Das ist bei der Verwendung von Dreiervektoren und relativistischer Masse im Rahmen der Relativitätstheorie nicht der Fall. Die sind lediglich ein anderer mathematischer Formalismus zur Beschreibung exakt derselben Physik.

Ich gebe zu, der Umweg bei Bohr ist größer.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
uot;]Viel zu häufig wird “Physik” mit “Geschichte der Physik” verwechselt. Zwar ist ein historischer Kontext wichtig, jedoch muss man nicht jede Wendung mitgehen.


Handelt es sich hier wirklich um eine Wendung? Tatsächlich ist es doch eher das Gegenteil - nämlich die geradlinigen Fortführung von wesentlichen Teilen der klassischen Mechanik in die Relativitätstheorie hinein. Und das war auch nicht falsch, sondern einfach nur umständlich. Die Verwendung von Vierervektoren ist zweifellos bequemer (und deshalb zu bevorzugen) führt aber zu denselben Resultaten.

Aber gerade weil es umständlicher ist und gleichzeitig nichts Neues bringt, könnte man versuchen, hier zu straffen.

Der Physikunterricht am Gymnasium (Leistungskurs) endete zu meiner Zeit mit Atomphysik (Quantenmechanik wurde nur angedeutet) und Kernphysik (qualitativ, mit Ausnahme des Zerfallsgesetzes). Wollen wir uns wirklich mit unnützem Kram aufhalten und die letzten 100 Jahre weiterhin nicht unterrichten??

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 12. Sep 2020 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aber gerade weil es umständlicher ist und gleichzeitig nichts Neues bringt, könnte man versuchen, hier zu straffen.


Warum "könnte" und "versuchen"? Das hat man mit besseren Formalismen wie den Vierervektoren doch schon längst getan.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wollen wir uns wirklich mit unnützem Kram aufhalten und die letzten 100 Jahre weiterhin nicht unterrichten??


Das kommt darauf an. Während es kein Problem darstellen sollte, die spezielle Relativitätstheorie in Schulen zu lehren, dürfte das bei der allgemeinen Relativitätstheorie oder der Quantenmechanik eher nicht funktionieren. Da diese Physik ohne die dafür notwendige Mathematik nicht zu verstehen ist, müsste diese entweder vom Physik-Leistungskurs (vom regulären Unterricht wollen wir mal gar nicht reden) mit vermittelt werden (das würde zu Lasten anderer Inhalte gehen) oder jeder, der so einen Kurs belegt, müsste notwendigerweise auch einen entsprechend gestalteten Mathe-Leistungskurs besuchen (das widerspricht der Grundidee von frei wählbaren Leistungskursen).
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Sep 2020 10:44    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin kein Physiklehrer und befasse mich nicht mit pädagogischen Konzepten. Ich stelle lediglich die Frage, wieso man einerseits die letzten ca. 100 Jahre so ziemlich ausblendet, andererseits jedoch Themen behandelt, die teilweise nutzlos, irreführend oder gar falsch - Bohrsches Atommodell - sind, die jedoch im Gedächtnis hängen bleiben.

Das fällt auch in der RT auf, wenn auch nicht so extrem wie in der Atomphysik.

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Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 14. Sep 2020 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Andererseits (er-)leben wir die 3+1-dimensionale Welt. Und diese wird historisch durch Newton-Galilei beschrieben. Daher stammt auch das Konzept von Masse und Trägheit. Und nur in diesem speziellen Kontext macht es auch Sinn, von einer "relativistisch-kinetischen Masse" zu sprechen (es so zu definieren). Sie beschreibt insofern nur "Modifikationen" zu diesen historischen Konzepten.
3+1 ist nicht gleich 3+1. Wenn wir uns den Zustand der Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt vorstellen, dann frieren wir die Bewegung ein und ersetzen gedanklich die bewegten Objekte durch Objekte in Ruhe. Wir können sie in aller Ruhe betrachten, wägen und vermessen. Entsprechend werden Form und Masse eines Körpers unweigerlich als intrinsische Eigenschaften desselben gesehen.

Das hat überhaupt nichts mit einer 3+1 Beschreibung in der SRT zu tun. Der 3D-Raum ist dort ein dreidimensionaler Schnitt in einer 4D-Raumzeit. Essentiell ist dabei, dass dieser Schnitt tatsächlich infinitesimale Dicke hat, also nur "einen Augenblick" existiert, wodurch die Gleichzeitigkeitsproblematik ins Spiel kommt. Wenn man sich nun wieder den Körper durch einen ruhenden Körper ersetzt denkt, kommen solche Absurditäten wie "Lorentzkontraktion" heraus - man spricht von einem Körper, wie wenn er sich in eine Richtung zusammengezogen hätte. Ob eine solche Zusammenziehung dann real oder nur scheinbar sei, darüber lässt sich dann trefflich jahrzehntelang philosophieren.
Das Problem mit der "vergrößerten Masse" und den "kontrahierten Längen" ist also nicht, dass die Rechnung komplizierter ist. Manchmal ist sie sogar einfacher. Das Problem ist das konzeptuelle Irrenhaus, in dem man damit landet.
Meiner Meinung nach sind relativistische Masse (oder auch veränderte Trägheit, es geht nicht nur um das Wort "Masse"), Längenkontraktion, Zeitdilatation und dergleichen rechnerische Abkürzungen für Profis, die wissen, was sie tun. Didaktisch und konzeptuell sind sie eine einzige Katastrophe.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Sep 2020 15:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Das Problem mit der "vergrößerten Masse" und den "kontrahierten Längen" ist also nicht, dass die Rechnung komplizierter ist. Manchmal ist sie sogar einfacher. Das Problem ist das konzeptuelle Irrenhaus, in dem man damit landet.
Meiner Meinung nach sind relativistische Masse (oder auch veränderte Trägheit, es geht nicht nur um das Wort "Masse"), Längenkontraktion, Zeitdilatation und dergleichen rechnerische Abkürzungen für Profis, die wissen, was sie tun. Didaktisch und konzeptuell sind sie eine einzige Katastrophe.

Erst mal stimme ich absolut zu.

Ich denke, das Problem ist oft in einer didaktisch unsauberen oder verwirrenden Vorgehensweise begründet.

Es ist eben durchaus wichtig, zu unterscheiden, ob von einer skalaren und invarianten Ruhemasse die Rede ist, oder ob man von der Null-Komponente eines Vierervektors spricht.

Analog zur Eigenzeit: die Eigenzeit eines Beobachters ist ein Skalar und ändert sich nicht, wenn man das Bezugssystem oder den Beobachter wechselt. Ein anderer Beobachter hat bzw. misst eben eine andere Eigenzeit, das ändert jedoch nicht die Eigenzeit des ersten Beobachters. Die Verwechslung resultiert daraus, dass man nicht sauber zwischen Eigen- und Koordinatenzeit unterscheidet.

Da dies an sich schon nicht einfach ist, halte ich die Einführung von noch einer Größe und noch einem Begriff für wenig hilfreich; man sollte da eher sparsam sein. Die “relativistische Masse” ist damit schon mal raus.

Bzgl. der Einführung von Eigen- und Koordinatenzeit bin ich ein Fan davon, Eigenzeiten nicht mit Koordinatenzeiten zu identifizieren d.h. einerseits insbs. nicht-inertiale, beschleunigte Beobachter sowie deren Eigenzeiten zu betrachten, und andererseits Koordinatenzeiten als rechnerische Hilfsgrößen aufzufassen.

Längenkontraktrion braucht man m.E. gar nicht, außer um die ohnehin vorhandene Verwirrung noch zu steigern.

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Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 14. Sep 2020 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

@Ich

Was du mit deiner "ruhenden Betrachtung" bewegter Körper erklären willst, verstehe ich nicht.

Aber Ausgangspunkt hierbei ist doch, dass Einstein das Konzept der trägen Masse von Newton erweitert. Bewegte Massen haben danach eine grössere Trägheit als nach Newton, und das kann man auch messen!

Die Frage ist jetzt, wie man diesen Newtonschen Rahmen der Trägheit erweitert.

Zum einen gilt (wohl auch hier) unbestritten nach :



Die Ruhemasse als Maß der Trägheit ist proportional der Ruheenergie. Ein heisserer Körper hat zB. grössere Trägheit als ein kälterer. Oder auch elektromagnetische Energie erhöht die Trägheit einer Masse (verstanden nach Newton). Diese Masse ist Lorentz-invariant.

Ein spezieller Fall ist die relative Bewegung mit Geschwindigkeit V, hier hat eine Masse noch kinetische Energie.
Es lässt sich jetzt argumentieren, dass die zusätzliche Trägheit der kinetischen Energie einer "relativistischen kinetischen Masse" entspricht, konform mit:


Hierzu kann man die "relativistische Trägheitsmasse" definieren:


Diese "relativistische Trägheitsmasse" tritt in Fällen der relativistischen kinetischen Energie und des relativistischen Impulses genau so, nach Einstein, in den modifizierten Formeln (von Newton) auf. Sie lässt sich daher konzeptionell definieren.
Auch in speziellen Fällen der Dynamik (v und F orthogonal) bleibt diese Definition bestehen.
Aber! Allgemeingültig ist sie eben nicht. Um den allgemeingültigen Zusammenhang zu verstehen, muss man die SRT 4-dim kovariant formulieren.

Die Frage ist eben nur, ob eine solche Definition als Modifikation Sinn macht oder nicht, wenn man nicht den vollständigen 4-D Kalkül zur Verfügung hat!?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 14. Sep 2020 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Aber Ausgangspunkt hierbei ist doch, dass Einstein das Konzept der trägen Masse von Newton erweitert. Bewegte Massen haben danach eine grössere Trägheit als nach Newton, und das kann man auch messen!


Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Einstein hat die Beziehung E=m·c² ausschließlich für Ruheenergie und Ruhemasse hergeleitet (siehe
http://myweb.rz.uni-augsburg.de/~eckern/adp/history/einstein-papers/1905_18_639-641.pdf). Für die Gesamtenergie und die relativistische Masse gilt sie zwar auch, aber ich kenne keine Quelle, in der Einstein etwas dazu schreibt. Irgendwann hat er sich sogar explizit gegen die Verwendung der relativistischen Masse ausgesprochen.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Die Frage ist jetzt, wie man diesen Newtonschen Rahmen der Trägheit erweitert.


Dazu musst Du nur die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation ersetzen. Dann ergibt sich die relativistische Masse automatisch.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Hierzu kann man die "relativistische Trägheitsmasse" definieren:


Da muss man nichts definieren. Außer der Lorentz-Transformation kann man alles direkt aus Newtons Principia übernehmen.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Diese "relativistische Trägheitsmasse" tritt in Fällen der relativistischen kinetischen Energie und des relativistischen Impulses genau so, nach Einstein, in den modifizierten Formeln (von Newton) auf.


Außer der Transformation muss man auch nichts modifizieren. Alles bleibt exakt so, wie Newton es festgelegt hat. Einstein hat mit der SRT schließlich keine komplett neue Physik erfunden.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 14. Sep 2020 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Außer der Transformation muss man auch nichts modifizieren. Alles bleibt exakt so, wie Newton es festgelegt hat. Einstein hat mit der SRT schließlich keine komplett neue Physik erfunden.


Ja klar, wie verhält sich denn die Masse unter Lorentztransformationen?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 14. Sep 2020 23:39    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Ja klar, wie verhält sich denn die Masse unter Lorentztransformationen?


Das Transformationsverhalten der Masse, wie sie Newton verwendet hat, kann man mathematisch herleiten. Bei Galilei-Transformation ist sie invariant und mit der Lorentz-Transformation wird sie zur relativistischen Masse.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 14. Sep 2020 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
Ja klar, wie verhält sich denn die Masse unter Lorentztransformationen?


Das Transformationsverhalten der Masse, wie sie Newton verwendet hat, kann man mathematisch herleiten. Bei Galilei-Transformation ist sie invariant und mit der Lorentz-Transformation wird sie zur relativistischen Masse.

Der eine sagt so, der andere so ...

... macht die relativistische Masse aber nicht zu einem sinnvolleren Konzept.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Sep 2020 07:06    Titel: Antworten mit Zitat

Das wesentliche Problem des Begriffs der “relativistischen Masse” ist, dass man unter “Masse” normalerweise die intrinsische Eigenschaft eines Körpers versteht. Eine Vergrößerung der Masse resultiert daraus, dass man etwas “dazu tut”.

Das ist hier aber gerade nicht der Fall.

Die Änderung der “relativistischen Masse” ist gerade keine intrinsische Eigenschaft eines Körpers sondern ein rein kinematisches Phänomen aufgrund der Änderung der Relativbewegung zwischen dem unveränderten Körper und dem Beobachter - und zwar exakt so wie bei der Energie.

Definiert man die kinetische Energie eines Körpers der Ruhemasse m nach Newton sowie nach Einstein, so nimmt diese kinetische Energie aus Sicht eines Beobachters - bzgl. dessen der Körper mit einer Geschwindigkeit v bewegt ist - jeweils mit v zu. Dabei ändert sich nichts am Körper selbst, noch nicht mal zwingend “seine” Geschwindigkeit - ggf. beschleunigt auch der Beobachter, was ebenfalls zu einer Veränderung der kinetische Energie des Körpers aus Sicht des Beobachters führt.

In beiden Fällen - Newton und Einstein - muss die Änderung der kinetischen Energie der kinetische Energie als Phänomen aufgrund der Änderung der Relativgeschwindigkeit verstanden werden. Und in beiden Fällen - Newton und Einstein - muss die Änderung der Masse eines Körpers als Änderung einer intrinsischen Eigenschaft eines Körpers aufgefasst werden.

Der Begriff der “relativistischen Masse” sowie die Erklärung deren Zunahme suggeriert häufig, man würde dem Körper Bewegungsenergie zuführen, wodurch seine Trägheit zunimmt. Das ist Quatsch, denn es kann durchaus auch der Beobachter geeignet beschleunigen, wodurch dem Körper nichts zugeführt wird, sich jedoch dennoch die auf diesen Beobachter bezogene Trägheit des Körpers ändert. Wenn aber dem Körper jedoch Energie zugeführt wird, so nimmt seine Ruhemasse und als direkte Konsequenz seine Trägheit zu - das hat jedoch mit dem ersten Fall nichts zu tun, denn im Falle der Zufuhr thermischer Energie verändert man den Körper tatsächlich.

Der ebenfalls häufig - als Konsequenz- anzutreffende Fehlschluss ist dann, dass ein Körper nicht die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann, weil seine relativistische Masse divergiert. Auch dies ist jedoch eine rein kinematische bzw. geometrische Eigenschaft der Raumzeit, die man alleine damit verstehen kann, dass man versucht, ein Bezugsystem (eines hypothetischen Beobachters) zu konstruieren, bzgl. dessen sich der Körper mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Dies ist unmöglich - und zwar als Folge der Lorentztransformation bzw. der relativistischen Geschwindigkeitsaddition - mithin geometrische, ohne Betrachtung der Dynamik, ohne Impuls- oder Energieübertrag o.ä.

Die “relativistische Masse” eines Körpers ist proportional - in geeigneten Einheiten identisch - zur Gesamtenergie des Körpers. Also besteht überhaupt kein vernünftiger Grund, einen weiteren Begriff einzuführen, der nichts Neues liefert - außer ggf. Verwirrung. Man erklärt alles anhand der Gesamtenergie, man erklärte, dass es sich dabei um die Nullkomponente eines Vierervektors handelt (Schule: ohne die kovariante Schreibweise), und dass die intrinsische und invariante Eigenschaft der Ruhemasse eines Körpers als



folgt.

Wenn sich der Bewegungszustand des Körpers ändert - linke Seite bezogen auf einen Beobachter - so ändert sich nicht die rechte Seite - intrinsische und invariante Eigenschaft des Körpers selbst. Das ist die eigentlich interessante Erkenntnis.

Man vermeidet also die Einführung einer überflüssigen Größe, man vermeidet die beiden o.g. Fehlinterpretationen, man fokussiert auf die beiden wesentlichen Konzepte: 1) invariante Ruhemasse als intrinsische Eigenschaft eines Körpers sowie 2) Energie, Impuls, Trägheit als nicht-intrinsische Eigenschaften des sondern immer bezogen auf einen Beobachter bzw. des durch den Beobachter definierten Bezugsystems. Man muss dann auch nicht erklären, warum sich die eine Masse als Skalar überhaupt nicht, die andere ganz speziell transformiert.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5043

Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Sep 2020 08:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das wesentliche Problem des Begriffs der “relativistischen Masse” ist, dass man unter “Masse” normalerweise die intrinsische Eigenschaft eines Körpers versteht.


Was "man" darunter "normalerweise" versteht, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass die Definitionen und Gesetze, die damit formuliert werden, widerspruchsfrei sind. Das kann man prüfen bzw. im Umkehrschluss daraus die Eigenschaften der Masse ableiten. Legt man dabei die Newtonsche Danymik in ihrer ursprünglichen Form zugrunde und ersetzt die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation, dann führt das zwangsläufig zur relativistischen Masse. Natürlich kann man das Ganze anschließendend mit einem anderen Formalismus und anderen physikalischen Größen neu formulieren um sich das Leben zu erleichtern, aber das ändert nichts daran, dass das, was Newton als "Menge der Materie" bezeichnet hat, in der SRT nicht mehr invariant ist.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Eine Vergrößerung der Masse resultiert daraus, dass man etwas “dazu tut”.


Man tut Energie dazu. Wenn das ein Problem für Dich ist, dann musst Du auch gegen die Ruhemasse zu Felde ziehen. Außerdem müsstest Du dann auch alle anderen Eigenschaften eines Körpers ablehnen, die ebenfalls nicht unveränderlich sind, wie z.B. den Trägheitstensor.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die “relativistische Masse” eines Körpers ist proportional - in geeigneten Einheiten identisch - zur Gesamtenergie des Körpers. Also besteht überhaupt kein vernünftiger Grund, einen weiteren Begriff einzuführen, der nichts Neues liefert - außer ggf. Verwirrung.


Auch das gilt genauso für die Ruhemasse. Sie ist proportional und in geeigneten Einheiten identisch zur Ruheenergie des Körpers. Trotzdem führt niemand einen heiligen Krieg dagegen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Man vermeidet also die Einführung einer überflüssigen Größe


Dazu bräuchte man eine Zeitmaschine.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Sep 2020 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Das wesentliche Problem des Begriffs der “relativistischen Masse” ist, dass man unter “Masse” normalerweise die intrinsische Eigenschaft eines Körpers versteht.

Was "man" darunter "normalerweise" versteht, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass die Definitionen und Gesetze, die damit formuliert werden, widerspruchsfrei sind.

Ui, und ich dachte immer, dass physikalische Gesetze ein physikalisches Verständnis liefern, sinnvoll und praktisch anwendbar und experimentell überprüfbar sowie möglichst bestätigt sein sollen.

Widerspruchsfrei formulieren kann man viel - auch die RT kann man auf diverse Weise umformulieren - für das physikalische Verständnis ist das aber nicht unbedingt förderlich.

Und wenn ich also zwei widerspruchsfreie Konzepte habe, dann nehme ich doch das, was physikalisch sinnvoller ist. Wenn ich mich da so umschaue, gehört die “relativistische Masse” eher nicht dazu ... sagte schon der große Meister selbst, und wer’s gerne nochmal ausführlich von einem promovierten Astrophysiker lesen möchte, gerne:

https://scilogs.spektrum.de/einsteins-kosmos/relativistische-masse-sinn-oder-unsinn/

Aber gut, ich merke mir für die Zukunft, Verständnis ist zweitrangig.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Legt man dabei die Newtonsche Dynamik in ihrer ursprünglichen Form zugrunde und ersetzt die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation, dann führt das zwangsläufig zur relativistischen Masse.

Wenn man sich nur ungeschickt genug anstellt, dann kriegt man das sicher so hin, zwangsläufig ist das nicht.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Eine Vergrößerung der Masse resultiert daraus, dass man etwas “dazu tut”.

Man tut Energie dazu.

Das ist doch Käse.

Wenn ich hier und jetzt beschleunige, dann “tue ich dadurch Energie bei deinem Sofa dazu”? Und vergrößere dadurch dessen “Masse”? Genau das “tue” ich eben nicht.

Ich wechsle hier und jetzt mein Ruhesystem, und dadurch hat dein Sofa bzgl. meines Ruhesystems eine andere kinetische Energie, ohne dass ich bei deinem Sofa etwas “dazu getan” hätte. Das war auch schon bei Newton bzw. Galilei so.

Genau diese Darstellung des “Energie dazu Tuns” ist im Rahmen einer Theorie, die sich mit Relativität befasst, dem Verständnis abträglich ...

... wobei ich den Einwand natürlich zähneknirschend zurückziehe, da ich ja gelernt habe, dass Verständnis zweitrangig sei.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Man vermeidet also die Einführung einer überflüssigen Größe

Dazu bräuchte man eine Zeitmaschine.

Man kann ja zwischendrin mal daran erinnern, dass die Einführung oder Verwendung eines Begriffs keineswegs bereits sinnstiftend ist.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Sep 2020 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ui, und ich dachte immer, dass physikalische Gesetze ein physikalisches Verständnis liefern, sinnvoll und praktisch anwendbar und experimentell überprüfbar sowie möglichst bestätigt sein sollen.


Du bist einen Schritt zu weit. Vor dem Verständnis kommt die Verständigung. Ohne klar definierte Begriffe kann man keine experimentell überprüfbaren Aussagen machen. Wenn diese Definitionen schon widersprüchlich sind (und sei es nur durch eine ungeeignete Interpretation) dann sind es die damit formulierten Aussagen ebenfalls und dann gibt es da auch nichts verstehen.

Zu solchen Begriffen gehört auch die Masse. Dafür bietet Newton eine explizite Definition, die aber für sich allein ziemlich nutzlos ist (das hat er des Öfteren getan - z.B. auch bei der Kraft). Die eigentliche Definition ist implizit gegeben - insbesondere durch die Impulsdefinition und die Newtonschen Axiome. Außer der Impulserhaltung steckt darin keine experimentell überprüfbare Aussage und das ist auch nicht nötig. Sie bilden "nur" die Grundlage für die Formulierung quantitativer und experimentell überprüfbarer Aussagen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und wenn ich also zwei widerspruchsfreie Konzepte habe, dann nehme ich doch das, was physikalisch sinnvoller ist.


Daran hindert Dich auch niemand.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich hier und jetzt beschleunige, dann “tue ich dadurch Energie bei deinem Sofa dazu”? Und vergrößere dadurch dessen “Masse”? Genau das “tue” ich eben nicht.


Natürlich tust Du das nicht. Du änderst damit auch nicht die Energie meines Sofas. Du meinst vermutlich, dass sich die Energie des Sofas in Deinem Ruhesystem ändert. Das liegt daran, dass das kein Inertialsystem ist. Dafür musst Du noch nicht einmal beschleunigen. Es steht schließlich nirgends geschrieben, dass Du nur das Bezugssystem verwenden darfst, in dem Du selbst ruhst. Du kannst Dir einfach irgendeins aussuchen. Und wenn Du von einem Inertialsystem in ein anderes wechselst, das sich gegenüber dem ersten bewegt, dann "ändert" sich die Energie meines Sofas.

Tatsächlich ist das natürlich keine Änderung, sondern nur eine Transformation der Energie von einem Bezugssystem in ein anderes. Innerhalb ein und desselben Bezugssystems bleibt sie unverändert - es sei denn es wird Energie von einem anderen System auf das Sofa übertragen. Wenn Du anfängst, die Energie durch Bezugssystemwechsel zu "ändern", dann führst Du damit beispielsweise auch die Energieerhaltung oder die mechanische Arbeit ad absurdum. Was das dann noch mit physikalischem Verständnis zu tun hat, musst Du mir erst noch erklären.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Man kann ja zwischendrin mal daran erinnern, dass die Einführung oder Verwendung eines Begriffs keineswegs bereits sinnstiftend ist.


Man kann auch mal daran erinnern, dass sich die Nützlichkeit eines Begriffes mit neuen Erkenntnissen ändern kann. Dass ein Massebegriff heute nicht mehr zweckmäßig ist, heißt nicht notwendigerweise, dass er es nie gewesen ist und man ihn deshalb nie hätte einführen dürfen.
Nils Hoppenstedt



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Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 15. Sep 2020 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Widerspruchsfrei formulieren kann man viel - auch die RT kann man auf diverse Weise umformulieren - für das physikalische Verständnis ist das aber nicht unbedingt förderlich.


An dieser Stelle passt ganz gut ein Zitat des theoretischen Physikers Lev B. Okun, der sich in einem Aufsatz in Physics Today ebenfalls mit dem Konzept der Masse auseinander gesetzt hat und auch eine klare Meinung zum Sinn (bzw. Unsinn) der relativistischen Masse hat:

"Every year millions of boys and girls throughout the
world are taught special relativity in such a way that they
miss the essence of the subject. Archaic and confusing
notions are hammered into their heads. It is our duty— the duty of professional physicists—to stop this process."


http://www.hysafe.org/science/KareemChin/PhysicsToday_v42_p31to36.pdf

Dem kann ich mich nur anschließen.

Viele Grüße,
Nils
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Sep 2020 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

@DrStupid -

Du hast geschrieben “man tut Energie dazu”, und dazu bleibe ich dabei, das ist Käse.

Im folgenden bestätigst du sehr konkret, was ich sage: “tue ich dadurch Energie bei deinem Sofa dazu”? Nein! Ich wechsle mein Ruhesystem ... Deswegen ist die Darstellung des “Energie dazu Tuns” offenbar unserer beider Meinung nach nicht sinnvoll.

Rein sprachlich halte ich es schlicht für verwirrend, dass man den Begriff der “relativistischen Masse”, wobei “Masse” mit der “Substanz” und den inneren Eigenschaften des Objektes assoziiert wird, nun gerade nicht mit dieser “Substanz” assoziieren darf, sondern stattdessen mit einer Symmetrietransformation. Insbs. deswegen halte ich den Begriff für irreführend.

Letztlich denken viele im Sinne des “Energie dazu Tuns” im Zuge der Beschleunigung eines Protons in einem Beschleuniger. Es wird dann nicht klar, dass ich die Energie des Objektes auch dadurch “ändern” kann, dass ich selbst in ein anderes Inertialsystem wechsle, so dass die Energie des Objektes bezüglich des neuen Inertialsystems eine andere ist als bzgl. des alten. Hier habe ich jedoch nichts mit dem Objekt oder seiner “Substanz” selbst gemacht, ich habe lediglich mein Bezugsystem gewechselt.

Dies ist m.E. ein zentraler Punkt in der Relativitätstheorie. Und deswegen bevorzuge ich eine sprachlich saubere Trennung zwischen bezugsystemabhängigen Größen (Energie, Impuls, ...) und bezugsystemunabhängigen Größen (insbs. Masse).

“Relativistische Masse” ist daher unnütz. Ob das schon vor 100 Jahren so war, kann ich nicht beurteilen. Heute ist es so, und deswegen kann man heute auf diesen Begriff verzichten.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 15. Sep 2020 16:57, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Sep 2020 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
An dieser Stelle passt ganz gut ein Zitat des theoretischen Physikers Lev B. Okun, der sich in einem Aufsatz in Physics Today ebenfalls mit dem Konzept der Masse auseinander gesetzt hat und auch eine klare Meinung zum Sinn (bzw. Unsinn) der relativistischen Masse hat:

"Every year millions of boys and girls throughout the
world are taught special relativity in such a way that they
miss the essence of the subject. Archaic and confusing
notions are hammered into their heads. It is our duty— the duty of professional physicists—to stop this process."


Prost

It is not good to introduce the concept of the mass M(v) = ... of a moving body for which no clear definition can be given. It is better to introduce no other mass concept than the ’rest mass’ m. Instead of introducing M it is better to mention the expression for the momentum and energy of a body in motion.
(Albert Einstein in letter to Lincoln Barnett, 19 June 1948; quote from L.B. Okun 1989)

For many years it was conventional to enter the discussion of dynamics through derivation of the relativistic mass, that is the mass–velocity relation, and this is probably still the dominant mode in textbooks. More recently, however, it has been increasingly recognized that relativistic mass is a troublesome and dubious concept. [See, for example, Okun 1989] ... The sound and rigorous approach to relativistic dynamics is through direct development of that expression for momentum that ensures conservation of momentum in all frames rather than through relativistic mass.
(A.B. Aarons, 1990)

The concept of "relativistic mass" is subject to misunderstanding. That's why we don't use it. First, it applies the name mass – belonging to the magnitude of a 4-vector – to a very different concept, the time component of a 4-vector. Second, it makes increase of energy of an object with velocity or momentum appear to be connected with some change in internal structure of the object. In reality, the increase of energy with velocity originates not in the object but in the geometric properties of spacetime itself.
(Taylor and Wheeler 1992)

Alle Zitate aus https://en.m.wikipedia.org/wiki/Mass_in_special_relativity

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 15. Sep 2020 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Deswegen ist die Darstellung des “Energie dazu Tuns” offenbar unserer beider Meinung nach nicht sinnvoll.


Du meinst also wirklich, dass solche Dinge wie Energieerhaltung oder mechanische Arbeit nicht sinnvoll sind. Ich hätte nicht gedacht, dass Du in Deinem Feldzug gegen die relativistische Masse so weit gehen würdest. Aber OK, es ist Deine Entscheidung. Erwarte nur nicht, dass ich Dir dahin folge.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und deswegen bevorzuge ich eine sprachlich saubere Trennung zwischen bezugsystemabhängigen Größen (Energie, Impuls, ...) und bezugsystemunabhängigen Größen (insbs. Masse).


Wie sieht es mit der Ruheenergie aus? Die ist bezugssystemunabhängig und die Energie nicht. Gehst Du deshalb auch auf die Barrikaden?

TomS hat Folgendes geschrieben:
“Relativistische Masse” ist daher unnütz. Ob das schon vor 100 Jahren so war, kann ich nicht beurteilen. Heute ist es so, und deswegen kann man heute auf diesen Begriff verzichten.


Niemand hindert Dich daran. Du hörst Dich die ganze Zeit so an, als ob man Dich mit Gewalt dazu zwingen will, die reklativistische Masse zu verwenden. Das tut aber niemand. Hier wurde noch nicht einmal behauptet, dass die Verwendung dieser Größe in der Relativitätstheorie sinnvoll ist.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 15. Sep 2020 22:18    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Deswegen ist die Darstellung des “Energie dazu Tuns” offenbar unserer beider Meinung nach nicht sinnvoll.


Du meinst also wirklich, dass solche Dinge wie Energieerhaltung oder mechanische Arbeit nicht sinnvoll sind.

Das ist doch Käse, was du sagst.

Ich habe oben ganz klar geschrieben, dass für ein und das selbe Objekt ohne Zufuhr von äußerer Energie und ohne Verrichtung von Arbeit zwei unterschiedliche kinetische Energien vorliegen, wenn das Objekt in unterschiedlichen Bezugsystemen betrachtet wird. Dies liefert den kinematischen Rahmen sowie die entsprechende Symmetrietransformation, d.h. Galilei- bzw. Lorentz-Symmetrie.

Und da hier keine Arbeit verrichtet und kein Objekt beschleunigt wird, handelt es sich um eine Fragestellung der Kinematik, nicht der Dynamik.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 16. Sep 2020 01:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich habe oben ganz klar geschrieben, dass für ein und das selbe Objekt ohne Zufuhr von äußerer Energie und ohne Verrichtung von Arbeit zwei unterschiedliche kinetische Energien vorliegen, wenn das Objekt in unterschiedlichen Bezugsystemen betrachtet wird.


Du hast auch das hier geschrieben:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der Begriff der “relativistischen Masse” sowie die Erklärung deren Zunahme suggeriert häufig, man würde dem Körper Bewegungsenergie zuführen, wodurch seine Trägheit zunimmt. Das ist Quatsch, denn es kann durchaus auch der Beobachter geeignet beschleunigen, wodurch dem Körper nichts zugeführt wird, sich jedoch dennoch die auf diesen Beobachter bezogene Trägheit des Körpers ändert.


und das hier:

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Man tut Energie dazu.

Das ist doch Käse.


Eine Änderung der relativistischen Masse (und damit der Energie) ohne Zufuhr von Energie ist eine Verletzung der Energieerhaltung. Wenn Du jetzt zurück ruderst und stattessen nur behauptest, dass sich die Energie eines Körpers durch einen Bezugsystemwechsel nicht ändert, sondern dass er stattessen nur zwei verschiedene Energien in zwei verschiedenen Bezugssystemen hat (was bei einer bezugssystemabhängigen Größe niemanden wirklich überrascht), dann musst Du auch Deine Behauptung bezüglich der trägen Masse zurücknehmen. Wenn Du das nicht tust und weiterhin darauf beharrst, dass die träge Masse ohne Zufuhr von Energie erhöht werden kann, dann widersprichst Du auch weiterhin dem Energierhaltungssatz.
jh8979
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 16. Sep 2020 01:45    Titel: Antworten mit Zitat

Es wird ja immer lächerlicher....
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Sep 2020 07:27    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Es wird ja immer lächerlicher....

So ist das.


1) Objekt mit Ruhemasse m im Bezugsystem 1 = dem eigenen Ruhesystem

Viererimpuls, d.h. Energie E und Impuls p





Dabei natürlich Einheiten c = 1, und damit im Ruhesystem insbs. Ruheenergie ≡ Ruhemasse ≡ invariante Masse ≡ Masse.



Aufgrund der Abwesenheit äußerer Kräfte



gilt natürlich Viererimpuls- und damit Energie- und Impulserhaltung



Außerdem — speziell für DrStupid — die relativistische Masse M, im Ruhesystem natürlich gleich der Ruhemasse, d.h.






2) Das selbe Objekt im Bezugsystem 2 = einem ggü. System 1 mit Relativgeschwindigkeit v bewegten, d.h. Lorentz-transformierten System

Viererimpuls, d.h. Energie und Impuls





Dabei natürlich ebenfalls Viererimpuls- und damit Energie- und Impulserhaltung



Niemand hat dem Objekt Energie zugeführt, es gibt lediglich zwei Beobachter B1 und B2 in den jeweiligen Systemen, die dem Objekt einen bezugsystemabhängigen Viererimpuls zuschreiben; d.h. Kinematik, keine Beschleunigungsvorgänge, keine mechanische Arbeit, ausschließlich kräftefreie Bewegung.

Aber dennoch — speziell für DrStupid — Gesamtenergie ≡ relativistische Masse im System 2






Wir lernen:

Bei Verwendung natürlicher Einheiten sind relativistische Masse und Gesamtenergie identisch; andernfalls sind sie proportional, E = Mc².

M transformiert sich wie die Gesamtenergie, d.h. wie die Nullkomponente eines Vierervektors



Im System 2 hat der selbe Körper demnach - ohne dass ihm Energie durch mechanische Arbeit zugeführt worden wäre - eine andere Trägheit als im System 1.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 16. Sep 2020 08:26    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:




[...]





Ja, genau davon spreche ich. Wie allen Beteiligten von vorn herein bekannt war, ist die relativistische Masse bezugssystemabhängig, aber im Gegensatz zu Deinen obigen Behauptungen ändert sie sich nicht, wenn keine Energie zugeführt wird.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Sep 2020 08:58    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
... aber im Gegensatz zu Deinen obigen Behauptungen ändert sie sich nicht, wenn keine Energie zugeführt wird.

Wie so oft ziehst du dich auf irreführende Zitate und ähnliches zurück, wenn du nicht weiter weißt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das wesentliche Problem des Begriffs der “relativistischen Masse” ist, dass man unter “Masse” normalerweise die intrinsische Eigenschaft eines Körpers versteht. Eine Vergrößerung der Masse resultiert daraus, dass man etwas “dazu tut”.

Das ist hier aber gerade nicht der Fall.

...

Die Änderung der “relativistischen Masse” ist gerade keine intrinsische Eigenschaft eines Körpers sondern ein rein kinematisches Phänomen aufgrund der Änderung der Relativbewegung zwischen dem unveränderten Körper und dem Beobachter.

Definiert man die kinetische Energie eines Körpers der Ruhemasse m nach Newton sowie nach Einstein, so nimmt diese kinetische Energie aus Sicht eines Beobachters - bzgl. dessen der Körper mit einer Geschwindigkeit v bewegt ist - jeweils mit v zu. Dabei ändert sich nichts am Körper selbst ...ggf. beschleunigt auch der Beobachter, was ebenfalls zu einer Veränderung der kinetische Energie des Körpers aus Sicht des Beobachters führt.

... es kann durchaus auch der Beobachter geeignet beschleunigen, wodurch dem Körper nichts zugeführt wird, sich jedoch dennoch die auf diesen Beobachter bezogene Trägheit des Körpers ändert.


Ein Beobachter kann also Energie und Trägheit eines kräftefrei und unbeschleunigten Körpers dadurch ändern, dass er - der Beobachter - selbst beschleunigt. Dadurch ändert er - und auch sonst niemand - irgendetwas an dem weiterhin kräftefrei bewegten Körpers, insbs. tut er an dem Körper nichts dazu!

Das ist die Aussage.

Und es wird schlichtweg grotesk, wenn du jetzt auch noch unterscheiden möchtet, warum genau die relativistische Masse zunimmt:
1) beschleunigt der Körper selbst, z.B. durch einen Stoß? dann habe ich dem Körper kinetische Energie zugeführt
2) beschleunigt der Beobachter, also nicht der Körper? dann habe ich dem Körper nichts zugeführt

Bei (1) könnte man — fälschlicherweise — meinen, man hätte eine intrinsische Eigenschaft des Körpers geändert, mithin seine Substanz, Masse oder sonst etwas. Bei (2) hat man sicher keine intrinsische Eigenschaft des Körpers geändert.

Fakt ist, dass man in keinem der beiden Fälle irgendeine intrinsische Eigenschaft des Körpers geändert hat, sondern lediglich eine Eigenschaft des Körpers relativ zu einem Beobachter bzw. Bezugsystem.

Der Verwendung des Begriffs der “relativistischen Masse” und der Vergrößerung der Trägheit suggeriert, man hätte eine intrinsische Eigenschaft des Körpers geändert. Und da dies offenbar falsch ist, vermeidet man am besten den Sprachgebrauch, der zu dieser Verwirrung führt - mithin den Begriff der “relativistischen Masse”.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 16. Sep 2020 12:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Und es wird schlichtweg grotesk, wenn du jetzt auch noch unterscheiden möchtet, warum genau die relativistische Masse zunimmt:
1) beschleunigt der Körper selbst, z.B. durch einen Stoß? dann habe ich dem Körper kinetische Energie zugeführt
2) beschleunigt der Beobachter, also nicht der Körper? dann habe ich dem Körper nichts zugeführt


Bei (1) wird Energie von einem System auf ein anderes übertragen und bei (2) nicht. Bei (1) wirkt eine Kraft auf den Körper und bei (2) nicht. Das sind physikalisch komplett unterschiedliche Situationen. Es ist grotesk, sie nicht zu unterscheiden. Insbesondere brauchst Du Dich dann nicht darüber beschweren, dass ich Dir vorwerfe der Energieerhaltung zu widersprechen. Genau das tust Du nämlich, wenn Du eine "Änderung" der Energie eines Systems durch einen Bezugsstemwechsel nicht von einer Energieübetragung über die Systemgrenzen unterscheidest. Mit diesem Zaubertrick kannst Du auch die Energie eines abgeschlossenen Systems "ändern". Aber vermutlich wirst Du jetzt wieder behaupten, ich hätte Dich nur irreführend zitiert.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Bei (1) könnte man — fälschlicherweise — meinen, man hätte eine intrinsische Eigenschaft des Körpers geändert, mithin seine Substanz, Masse oder sonst etwas.


Ich kenne niemanden, der das meinen würde. Und wenn es doch jemand tut, dann liegt das Problem bei ihm. Das ist ganz sicher kein Argument gegen die relativistische Masse oder sonst irgendeine physikalische Größe. Wenn man alles abschaffen würde, was von Laien falsch verstanden werden kann, dann gäbe es keine Physik mehr.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Sep 2020 12:44    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Und es wird schlichtweg grotesk, wenn du jetzt auch noch unterscheiden möchtet, warum genau die relativistische Masse zunimmt:
1) beschleunigt der Körper selbst, z.B. durch einen Stoß? dann habe ich dem Körper kinetische Energie zugeführt
2) beschleunigt der Beobachter, also nicht der Körper? dann habe ich dem Körper nichts zugeführt

Bei (1) wird Energie von einem System auf ein anderes übertragen und bei (2) nicht. Bei (1) wirkt eine Kraft auf den Körper und bei (2) nicht.

Nichts anderes schreibe ich.

Allerdings schriebe ich weiter

TomS hat Folgendes geschrieben:
Bei (1) könnte man — fälschlicherweise — meinen, man hätte eine intrinsische Eigenschaft des Körpers geändert, mithin seine Substanz, Masse oder sonst etwas.

worauf ich die lapidare Antwort erhalte

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
... kenne niemanden, der das meinen würde ...

Dazu gerne nochmal der Hinweis auf andere Meinungen

TomS hat Folgendes geschrieben:
... Second, it makes increase of energy of an object with velocity or momentum appear to be connected with some change in internal structure of the object. In reality, the increase of energy with velocity originates not in the object but in the geometric properties of spacetime itself.
(Taylor and Wheeler 1992)

Mehr muss man nicht dazu nun wirklich nicht mehr sagen - außer vielleicht, dass beide im zweiten Satz den gleichen Zaubertrick anführen.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Aber vermutlich wirst Du jetzt wieder behaupten, ich hätte Dich nur irreführend zitiert.

Vermutlich ja ;-)

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Sep 2020 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

Lass' uns mal etwas zaubern ...

Wir betrachten einen konstant beschleunigten Beobachter und führen dazu Rindler-Koordinaten



ein.

Die Geodätengleichung eines kräftefreien, unbeschleunigten, massebehafteten Objektes führt auf



Daraus erhält man die Vierergeschwindigkeit entlang der Geodäte des Objektes sowie insbs. die Null-Komponente



und damit natürlich



für unser kräftefreies, unbeschleunigtes Objekt mit



entlang der Geodäten - aus Sicht eines konstant beschleunigten Rindler-Beobachters.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 16. Sep 2020 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dazu gerne nochmal der Hinweis auf andere Meinungen

TomS hat Folgendes geschrieben:
[i]... [b]Second, it makes increase of energy of an object with velocity or momentum appear to be connected with some change in internal structure of the object. [...]


Dazu gern nochmal meine Meinung: Wer sowas glaubt, muss die Schuld bei sich selbst suchen und nicht bei irgendwelchen physikalischen Größen. Seit wann wird in der Physik Rücksicht darauf genomen, ob irgend ein Konzept Laien verwirren kann? Und dass Physiker so einen Fehler machen, wirst Du mir hoffentlich nicht einreden wollen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir betrachten einen konstant beschleunigten Beobachter und führen dazu Rindler-Koordinaten



ein.


Wenn Du mir damit sagen willst, dass die Unterscheidung zwischen Inertialsystemen und Nicht-Inertialsystemen grotesk ist, dann fällt meine Antwort genauso aus wie oben.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Sep 2020 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Seit wann wird in der Physik Rücksicht darauf genomen, ob irgend ein Konzept Laien verwirren kann?

In der gesamten Diskussion geht es darum, wie man die Ideen der Relativitätstheorie möglichst einfach, geradlinig und ohne unnötige Verwirrung dem interessierten Laien oder Schüler vermittelt. Außerdem geht es darum, die zentralen Konzepte der Theorie bestmöglich zu erklären - Geometrie, Symmetrien und Invarianten. Und nicht zuletzt sollte man einen Blick über den Tellerrand der SRT hin zur ART werfen.

Du kannst das jetzt alles ignorieren und weiterhin deinen 3-Vektor-ich-schreibs-wie-Newton-in-umständlich-Stil pflegen; dann wirst du aber damit leben müssen, dass einige hier darauf hinweisen, dass es auch einfacher, stringenter und weniger verworren funktionieren kann und soll.

Und selbstverständlich werde ich auch weiter darauf hinweisen, wenn du falsch zitierst oder mir Dinge in den Mund legst, die ich nicht gesagt habe:

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wir betrachten einen konstant beschleunigten Beobachter und führen dazu Rindler-Koordinaten



ein.


Wenn Du mir damit sagen willst, dass die Unterscheidung zwischen Inertialsystemen und Nicht-Inertialsystemen grotesk ist, dann fällt meine Antwort genauso aus wie oben.

Letzteres wollte ich nicht sagen - aber es ist natürlich quasi eine Steilvorlage.

Tatsächlich geht es ja in der ART darum, dass diese künstliche Unterscheidung weitgehend irrelevant wird; es werden ganz selbstverständlich nicht-Inertialsysteme verwendet. Daher ist es natürlich sinnvoll, bereits die Erklärungen der SRT so anzugehen, dass sie in der ART noch taugen bzw. nicht zu weiteren Hürden führen.

Im hier konkret diskutierten Kontext wollte ich lediglich zeigen, dass das gemeinhin verwendete Konzept der Erhaltung der Energie eines kräftefreien Objektes nicht in der naiven Art und Weise gilt, wenn man einen beschleunigten Beobachter einführt und die Energie bzgl. dieses Beobachters definiert - ohne dass jedoch das Objekt selbst irgendeinen Effekt erfährt. Das jetzt noch mit relativistischer Masse zu verkomplizieren hilft nicht wirklich weiter ...

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