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Stromfluss in der Fläche
 
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Icewind



Anmeldungsdatum: 16.01.2005
Beiträge: 121
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Beitrag Icewind Verfasst am: 24. Jan 2018 12:27    Titel: Stromfluss in der Fläche Antworten mit Zitat

Hallo,


Ich habe eine Frage zum Stromfluss in einer dünnen Schicht.

Es gibt ein (relativ schlecht leitendes) Material mit Breite b und Höhe h wie in der Skizze. Die Dicke des Materials ist d und sehr viel kleiner als die Breite und Höhe.

Zwischen den roten Punkten legt man eine Spannung an. Wie hoch ist der Strom I, der fließt?

Spezifischer Widerstand ist

In meinem Fall wäre

,
und


Aber dass wäre nur anwendbar, wenn die Spannung an der gesamten Ober- und Unterseite der dünnen Schicht angelegt werden. Da die Spannung punktuell angelegt wird, ist die Formel vermutlich nicht direkt anwendbar. Hat jemand eine Idee?


Beste Grüße



Skizze.gif
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schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 6979
Wohnort: Wien

Beitrag schnudl Verfasst am: 24. Jan 2018 15:01    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist nicht ganz einfach, denn der Stromfluss ist nicht homogen.

Jedenfalls gilt



Und weil



und



führt das auf



Diese Gleichung muss man zweidimensional lösen, wobei die Randbedingungen sind:

1)

Potenzlal am oberen und unteren Kontakt vorgegeben:





und

2.) kein Stromfluss durch die Ränder (außer bei A, B)



entlang der oberen und unteren Begrenzung, sowie



entlang der linken und rechten Begrenzung.

Ein auf die Geometrie zugeschnittener Separationsansatz sollte hier zum Ziel führen.

Die Näherungslösung für nicht zu kleines h/b ist natürlich evident...

_________________
Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen (Goethe)
Icewind



Anmeldungsdatum: 16.01.2005
Beiträge: 121
Wohnort: Oberbayern

Beitrag Icewind Verfasst am: 24. Jan 2018 16:12    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, das klingt schonmal gut.

Wenn ich dich richtig verstanden hab, dann muss man


lösen mit dem Separationsansatz


und den Randbedingungen.

Aber wie sehen die ,y und z aus?
Meine Idee wäre .
Die Potentiale in x und y Richtung nehmen von der Mitte aus ab, aber wie? Exponentiell?

Beste Grüße
schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 6979
Wohnort: Wien

Beitrag schnudl Verfasst am: 24. Jan 2018 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

Icewind hat Folgendes geschrieben:
Danke, das klingt schonmal gut.

Wenn ich dich richtig verstanden hab, dann muss man


lösen mit dem Separationsansatz


und den Randbedingungen.

Aber wie sehen die ,y und z aus?
Meine Idee wäre .
Die Potentiale in x und y Richtung nehmen von der Mitte aus ab, aber wie? Exponentiell?

Beste Grüße



Du musst den Ansatz natürlich in die DG einsetzen um zu sehen, was du für Funktionen nehmen darfst!


Ich würde es mit





probieren. Die und müssen natürlich eine Bedingung erfülllen. Ist jetzt aber nur zwischen Tür und Angel.

_________________
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schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 6979
Wohnort: Wien

Beitrag schnudl Verfasst am: 28. Jan 2018 02:13    Titel: Antworten mit Zitat

Nachdem ich hier lange herumgrübelte, weiß ich nun, wie man das Randwertproblem lösen kann:

Es handelt sich ja um ein Neumann Randwertproblem für die Laplacegleichung, wo auf der Umrandung vorgegeben ist, dass kein Strom den Rand der Fläche verlassen darf. In anderen Worten: der Gradient des Potenzials an den Rändern der Fläche verschwindet.

Oben und unten hat man innerhalb der Kontur einen positiven bzw. negativen Einspeisepunkt für den Strom, was Dirac'schen Punktquellen entspricht.

Um die Randbedingungen einzuhalten kann man die Methode der Spiegelladungen verwenden, wie dies aus der Elektrostatik bekannt ist. Damit die Normalableitung verschwindet, wird jede vorhandene Punktquelle an den vier Seitenflächen (=Symmetrieachsen) gespiegelt - aber ohne das Vozeichen zu tauschen - das wäre bei einer Dirichlet Bedingung.

Es ist sinnvoll, zunächst anzunehmen, dass die Quellen und Senken ganz leicht innerhalb liegen und nicht direkt auf dem Rand. Somit werden die Quellen gleich auf die andere Seite gespiegelt - im Grenzfall kann man diese nahe beieinander liegenden Quellen dann zu einer Doppelquelle vereinen.

Die Doppelquelle wird sodann an der anderen Achse gespiegelt. Dies wiederholt sich horizontal und vertikal, bis der gesamte 2D-Raum mit Spiegelquellen in einem Gitter befüllt ist. Es wechseln sich in der y Richtung Reihen mit positiven und negativen Quellen ab.

Die Einheitszelle der Kontur wird somit vertikal und horizontal zu einem Punktgitter vervielfältigt.

Nun muss man nur noch für jeden Aufpunkt die Summe der Potenziale aller positiven und negativen Quellen aufsummieren.

Da dieser Ansatz nach einer klassischen Foriertransformation schreit, könnte man wahrscheinlich auch in den k-Raum transformieren und das Problem dort lösen. Ich habe das aber nicht probiert.

Das folgende Python Programm führt die Rechnung für die 40x40=1600 nächstgelegenen Elementarzellen aus (insgesamt 3600 Quellen). Das Raster ist 200*200 Punkte; es werden daher insgesamt 3600*200*200 = 128 Mio Einzelberechnungen durchgeführt.

Es war für mich total überraschend, dass dieses ganz simple Programm das erwartete Verhalten in weniger als drei Sekunden liefert. Man sieht, dass entlang der Stromflussrichtung das Potenzial fast linear absinkt, und es an den Einspeisungen (Dirac-Deltafunktion) zu entsprechenden Überhöhungen kommt.

Das Äquipotenzialbild zeigt, dass die Randbedingungen eingehalten werden.

Es ist nun ein ganz leichtes Spiel, statt einer Punkteinspeisung eine flächige Einspeisung zu nehmen, welcher der in etwa kreisförmigen Kontur an den Rändern entspricht. Somit kann der Gesamtwiderstand einer solchen Geometrie anhand der Äquipotenzialflächen simpel berechnet werden.

Klar wird aber schon jetzt, dass bei sehr dünnen Kontaktierungen der überwiegende Spannungsabfall an der Kontaktstelle entsteht.

Falls es jemanden interessiert: Python 3.6.1

Code:

'''
Stromfluss durch eine rechteckige Platte
'''

from mpl_toolkits.mplot3d import Axes3D
import matplotlib.pyplot as plt
from matplotlib import cm
from matplotlib.ticker import LinearLocator, FormatStrFormatter
import numpy as np

def phi_source(x, y):
   phi = 0*x
   for ix in range(-20, 21):
      for iy in range(-20, 21):
         xq = ix*2
         yq = iy*4 + 1
         phi = phi + 1/np.sqrt((x-xq)**2+(y-yq)**2)   
   return phi

def phi_sink(x, y):
   phi = 0*x
   for ix in range(-20, 21):
      for iy in range(-20, 21):
         xq = ix*2
         yq = iy*4 - 1
         phi = phi - 1/np.sqrt((x-xq)**2+(y-yq)**2)
   return phi
         
fig = plt.figure()
ax = fig.gca(projection='3d')

# Make data.

X = np.arange(-0.99, 0.99, 0.01)
Y = np.arange(-0.99, 0.99, 0.01)
X, Y = np.meshgrid(X, Y)

Z = phi_source(X, Y) + phi_sink(X, Y)

plt.figure()
CS = plt.contour(X, Y, Z, 500)
#plt.clabel(CS, inline=1, fontsize=3)
plt.title('Äquipotenziallinien')


# Plot the surface.
#surf = ax.plot_surface(X, Y, Z, cmap=cm.coolwarm, linewidth=40, antialiased=False, vmin=-1, vmax=1)

#surf = ax.plot_surface(X, Y, Z, rstride=1, cstride=1, color="white", shade=False, edgecolor="blue")

# Plot a basic wireframe.
ax.plot_wireframe(X, Y, Z)

# Customize the z axis.
ax.set_zlim(-40, 40)
ax.zaxis.set_major_locator(LinearLocator(10))
ax.zaxis.set_major_formatter(FormatStrFormatter('%.02f'))

# Add a color bar which maps values to colors.
#fig.colorbar(surf, shrink=0.5, aspect=5)

plt.show()



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Icewind



Anmeldungsdatum: 16.01.2005
Beiträge: 121
Wohnort: Oberbayern

Beitrag Icewind Verfasst am: 31. Jan 2018 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo schnudl,

danke für die ausführliche Antwort. Ich will ja nicht undankbar erscheinen, aber die Berechnung des Gesamtwiderstands, die für die Berechnung des fließenden Stroms notwendig ist, erschließt sich mir noch nicht.

"Somit kann der Gesamtwiderstand einer solchen Geometrie anhand der Äquipotenzialflächen simpel berechnet werden. "

Beste Grüße
schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 6979
Wohnort: Wien

Beitrag schnudl Verfasst am: 31. Jan 2018 18:33    Titel: Antworten mit Zitat

Aus den Äquipotenziallinien kann man die Spannung ablesen, wenn man sie mit anzeigt. Damit du das machen kannst, habe ich die das Programm mitgegeben.

Im Bild siehst Du, was ich meine:

Wenn du einen Kontakt an die Flächen mit +1.2V und -1.2V platzierst, dann hast du beim vorgegebenen Strom I eine Spannungsdifferenz von 2.4V.

Nun habe ich die Simulation aber mit Quellstärke 1 und Leitfähigkeit 1 erstellt. Es ging ja einmal um den prinzipiellen Stromfluss.

Nun kannst du umskalieren:

Du musst alle Werte an den Potenziallinien mit dem Faktor skalieren. Dann hast Du die Spannungen für deine Geometrie und einem Strom I.

Du kannst das Programm auch so modifizieren, dass du die Dicke und Leitfähigkeit als Parameter eingehen lässt und bekommst dann die richtigen Spannungen.

Je kleiner Der Kontakt, um so kreisförmiger wird die Äquipotenzialfläche, sodass man nur einen geringen Fehler macht.



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