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Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 24. Dez 2017 15:12    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="index_razor"]
Das Problem ist, daß die Summe deiner "Übergangswahrscheinlichkeiten" unmöglich 1 ergeben kann und es folglich keine Wahrscheinlichkeiten sind. Das hat nichts damit zu tun, ob ein Eigenzustand von H ist. Der von dir betrachtete Zustand ist doch wohl auch kein Eigenzutsand von H, sonst wäre .
Doch die Summe der Übergangswahrscheinlichkeiten ist 1.

Der Zustand sei gegeben durch

, wobei
die Menge aller Energiezustände ist.
Dann ist
Die Übergangsamplitude in den Zustand phi_n.
Und da psi normiert ist, folgt
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 24. Dez 2017 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, wenn du nur über die Eigenzustände irgendeiner Observablen summierst.

bedeutet, daß die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen irgendeines Eigenwertes in jedem Zustand 1 ist. Das paßt dazu, daß jedes



die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen des n-ten Eigenwertes in diesem Zustand ist.

Es ist inkonsistent mit deiner Behauptung sei die Wahrscheinlichkeit für den Übergang in den n-ten Eigenzustand. Denn du kannst dieselbe Zerlegung bzgl. irgendeiner anderen Basis vornehmen, und die Matrixelemente



mit denjenigen , die mit keinem übereinstimmen, müßten nach deiner Interpretation alle null sein, denn du hast bereits einen kompletten Satz von Übergängen (mit Gesamtwahrscheinlichkeit 1) definiert. Das ist eine offensichtlich absurde Schlußfolgerung.

Also entweder können deine stochastischen Übergänge nur in die Elemente einer bestimmten Basis stattfinden -- aber was bedeuten dann die Matrixlemente bzgl. anderer Basen, und wieso gibt es diese Asymmetrie? Oder diese stochastischen Übergänge sind reine Fiktion.
Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 24. Dez 2017 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Wie berechnest du denn dann die Intensität der Spektrallinien?
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 24. Dez 2017 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Wie berechnest du denn dann die Intensität der Spektrallinien?


Offenbar genauso wie du. Allerdings halte ich das gemessene Spektrum für die Eigenschaft eines Ensembles von Atomen im selben Zustand. Diese Interpretation erfordert keine stochastischen Übergänge in Energieeigenzustände und deshalb erübrigt sich deine Frage, wodurch diese verursacht werden. (Denn sie finden gar nicht statt.)

P.S. zur Untermauerung dieser "statistischen Interpretation" führe dir die Entstehung des Interferenzmusters im Doppelspaltexperiment vor Augen.
Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 24. Dez 2017 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Wie berechnest du denn dann die Intensität der Spektrallinien?


Offenbar genauso wie du. Allerdings halte ich das gemessene Spektrum für die Eigenschaft eines Ensembles von Atomen im selben Zustand. Diese Interpretation erfordert keine stochastischen Übergänge in Energieeigenzustände und deshalb erübrigt sich deine Frage, wodurch diese verursacht werden. (Denn sie finden gar nicht statt.)

P.S. zur Untermauerung dieser "statistischen Interpretation" führe dir die Entstehung des Interferenzmusters im Doppelspaltexperiment vor Augen.

Also haben wir aneinander vorbei geredet weil, du die ensemble Interpretation zugrunde gelegt hast?
Nur wie erklärt man dann Experimente mit nur wenigen Atomen, die durchaus durchführbar sind.
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 24. Dez 2017 20:50    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:

Also haben wir aneinander vorbei geredet weil, du die ensemble Interpretation zugrunde gelegt hast?


Ich glaube nicht. Deine Frage basierte auf einer falschen Interpretation von "Übergangswahrscheinlichkeit". Ich habe nur versucht zu erklären, warum ich denke, daß sie falsch ist und welche Art von Interpretation m.E. richtig ist. Das kann man kaum als Aneinander-vorbei-Reden bezeichnen.

Daß deine Vorstellung von Übergangswahrscheinlichkeit falsch ist, erscheint mir nach wie vor ziemlich offensichtlich. Und ich kann nicht verstehen, warum dich das Problem, daß sie offenbar nur für Übergänge in eine einzige Basis funktioniert, so wenig zu bekümmern scheint.

Zitat:

Nur wie erklärt man dann Experimente mit nur wenigen Atomen, die durchaus durchführbar sind.


Die Anzahl der Atome hat damit gar nichts zu tun. Es geht nur um die Anzahl der Messungen, die man an demselben Zustand machen kann.

Es gibt, denke ich, keine Interpretation, die irgendeine prüfbare Aussage über eine individuelle Messung machen kann. Daher kann keine Interpretation eine prüfbare Aussage über einen Zustand machen, an dem man nur eine Messung durchführen kann.
Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 24. Dez 2017 23:00    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich glaube nicht. Deine Frage basierte auf einer falschen Interpretation von "Übergangswahrscheinlichkeit". Ich habe nur versucht zu erklären, warum ich denke, daß sie falsch ist und welche Art von Interpretation m.E. richtig ist. Das kann man kaum als Aneinander-vorbei-Reden bezeichnen.

Daß deine Vorstellung von Übergangswahrscheinlichkeit falsch ist, erscheint mir nach wie vor ziemlich offensichtlich. Und ich kann nicht verstehen, warum dich das Problem, daß sie offenbar nur für Übergänge in eine einzige Basis funktioniert, so wenig zu bekümmern scheint.



Was ist denn für dich dann eine Übergangswahrscheinlichkeit?
In einem Atom verstehe ich darunter die wahrscheinlichkeit von einem Energiezustand a in einen Energiezustand b. Zum Beispiel von einem |2p> in einen |1s> Zustand.
Ein Übergang von |2s> nach |1s> hat übrigens die Wahrscheinlichkeit 0.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 24. Dez 2017 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wie man allerdings gemäß Everett prüft in welchem Zustand sich das System nun tatsächlich nach der Messung befindet, ist mir alles andere als klar.

Theoretisch durch ein erneutes Interferenzexperiment der weiterbestehenden Zweige. Praktisch natürlich nicht, da die Durchführung durch Dekohärenz unmöglich wird.


Kannst du das etwas konkreter beschreiben? Interferenzexperimente sind meines Wissens praktisch problemlos durchführbar.

Es geht um Interferenz zwischen den weiterbestehenden, makroskopisch verschiedenen Zweigen. Diese sind nun gerade nicht problemlos durchführbar.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Da sie jedoch keine Aussagen über reale Vorgänge in einem einzelnen System erlaubt - sondern auf lediglich gedachte Ensembles verweisen muss - erscheint sie vielen Physikern nicht akzeptabel.

Daß Everett empirisch prüfbare Aussagen über individuelle Systeme machen kann, scheint mir bis jetzt unbelegt zu sein.

Ich habe nicht von empirisch überprüfbaren Aussagen gesprochen (obwohl die o.g. Aussage bzgl. der Interferenz zwischen den weiterbestehenden, makroskopisch verschiedenen Zweigen eine solche wäre).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Da er die statistischen Aussagen der Ensemble-Interpretation offenbar weder postulieren will, noch ableiten kann, weiß ich nicht, welche experimentellen Aussagen er überhaupt noch zuläßt.

Das ist doch Polemik.

Aus der Dekohärenz plus Everett folgen zunächst überprüfbare Aussagen wie die "preferred pointer basis", "decoherence time" etc. Dann existieren Aussagen, die zunächst nicht experimentell überprüfbar sind - und nicht sein wollen - insbs. das Weiterbestehen der makroskopisch verschiedenen Zweige. Denkt man weiter darüber nach, dann ist diese Aussage tatsächlich theoretisch überprüfbar, jedoch leider nicht praktisch. Zuletzt folgt die Aussage bzgl. der Gültigkeit der Bornschen Regel, für die es im Kontext von Everett gute - wenn auch noch nicht vollständig verstande - Ableitungen gibt. Das Programm ist also noch nicht vollständig abgeschlossen, aber zumindest weiter als die Ensemble-Interpretation, die über ein einzelnes System nichts aussagen kann und will, und die Postulate auf nicht existenten Ensembles aufbauen muss.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 25. Dez 2017 08:22, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 24. Dez 2017 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Diese Interpretation erfordert keine stochastischen Übergänge in Energieeigenzustände und deshalb erübrigt sich deine Frage, wodurch diese verursacht werden. (Denn sie finden gar nicht statt.)

Aber sie finden statt!

Oder was sagt denn die Ensemble-Interpretation bzgl. eines einzelnen präparierten Atoms in einer Paul-Falle und einem detektierten Photon, das die passende Energie für den Übergang in den Grundzustand entspricht? In welchem Zustand befindet sich das Atom nach der Ensemble-Interpretation?

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Beitrag index_razor Verfasst am: 25. Dez 2017 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:

Was ist denn für dich dann eine Übergangswahrscheinlichkeit?


Das habe ich doch bereits erklärt. Es handelt sich bei um die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Grundzustandsenergie und des Drehimpulses L=0 im Zustand . Verifizierbar ist dies experimentell durch wiederholte Messung an Systemen in diesem Zustand. Damit ergibt sich keine der Schwierigkeiten, in die du mit deiner Vorstellung von stochastischen Übergängen läufst.

Zitat:

Ein Übergang von |2s> nach |1s> hat übrigens die Wahrscheinlichkeit 0.


Das bedeutet, daß in einem Energie-Eigenzustand mit Sicherheit ein bestimmter Energiewert vorliegt und alle anderen Energiewerte folglich die Wahrscheinlichkeit null besitzen. Das ist die physikalisch-operationale Definition von "Eigenzustand".
Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 25. Dez 2017 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:

Was ist denn für dich dann eine Übergangswahrscheinlichkeit?


Das habe ich doch bereits erklärt. Es handelt sich bei um die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Grundzustandsenergie und des Drehimpulses L=0 im Zustand . Verifizierbar ist dies experimentell durch wiederholte Messung an Systemen in diesem Zustand. Damit ergibt sich keine der Schwierigkeiten, in die du mit deiner Vorstellung von stochastischen Übergängen läufst.


Aber nur, wenn man ein Anhänger der Ensemble Interpretation ist.
Ich frage mich wie dies nach der Kopenhagener Deutung beschrieben wird.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2017 15:13    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich wie dies nach der Kopenhagener Deutung beschrieben wird.

Wir haben in diesem Thread leider diverse Diskussionen vermischt. Evtl. versuchen wir mal einen Neustart.

Wie lautet denn deine letzte Frage?

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Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 25. Dez 2017 17:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich wie dies nach der Kopenhagener Deutung beschrieben wird.

Wir haben in diesem Thread leider diverse Diskussionen vermischt. Evtl. versuchen wir mal einen Neustart.

Wie lautet denn deine letzte Frage?


Gerne.

Es geht um die Anwendung der Störungstheorie.

Betrachten wir dazu als Beispiel ein Wasserstoffatom mit einer kleinen zeitabhängigen periodischen Störung



Jetzt möchte man bspw. die Intensität der Spektrallinie beim Übergang vom 2p in den 1s Zustand berechnen.
Zu diesem Zweck berechnet man die Übergangsamplitude. Gewöhnlich geht man dabei von einem Elektron aus, welches zu einer Zeit t=0 im 2p Zustand sei und sich dann nach Schrödinger entwickelt.

Also habe man nach einer Zeit t den superponierten Zustand
vorliegen.
Nun berechnet man die Wahrscheinlichkeitsamplitude für den Übergang in den 1s Zustand.
Also
Nach Kopenhagen müsste - damit diese Berechnung Sinn ergibt - hier ein Kollaps in den 1s Zustand stattfinden. Wodurch wird dieser Kollaps verursacht? Und warum werden Energiezustände bevorzugt?
Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 25. Dez 2017 17:22    Titel: Antworten mit Zitat

edit
Der Hamiltonoperator ist gegeben durch

Daraus ergibt sich dann ein Zeitentwicklungsoperator und damit nach einer Zeit t der superponierte Zustand

...
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 25. Dez 2017 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Da er die statistischen Aussagen der Ensemble-Interpretation offenbar weder postulieren will, noch ableiten kann, weiß ich nicht, welche experimentellen Aussagen er überhaupt noch zuläßt.

Das ist doch Polemik.


Nein, ist es nicht. Da steht nicht umsonst "weiß ich nicht...".

Ich frage seit einiger Zeit immer mal wieder danach, welche empirisch prüfbaren Aussagen über das individuelle System im Zustand man mit Everett ableiten kann. Letztlich läuft es immer darauf hinaus, wie man im Rahmen der Everettschen Interpretation prüfen kann, welcher Zustand gerade vorliegt.

Meine Behauptung nach wie vor ist, daß die einzig bekannte Methode der Zustandsbestimmung ist, wiederholte Messungen an einem System im Zustand zu machen und das Ergebnis statistisch auszuwerten. Wichtig ist dabei, daß vor jeder Messung derselbe Zustand vorliegt.

Irgendwelche praktisch nicht durchführbaren Experimente interferierender Zweige, oder Aussagen, die "gar nicht empirisch prüfbar sein wollen", tun da einfach nicht viel zur Sache.

Ich frage absichtlich nach empirisch prüfbaren Aussagen, denn ich halte nicht besonders viel von metaphysischen Behauptungen, die keinerlei Rechtfertigung besitzen, außer, daß i) sie widerspruchsfrei möglich sind, ii) der wissenschaftliche Realismus nun mal nicht die Beobachtbarkeit aller Entitäten verlange, und iii) der Positivismus ohnehin vollkommen veraltet ist. Du kannst das gern anders sehen, aber mich interessieren im Augenblick die empirischen Konsequenzen der Everettschen Interpretation mehr, als deren angebliche ontologische Errungenschaften. (Das hat übrigens nichts mit irgendener realismusfeindlichen Einstellung oder mangelnden Ansprüchen an den Realismus wissenschaftlicher Theorien meinerseits zu tun.)

Zur Dekohärenzzeit und ausgezeichneten Zeigerbasis: Meine Probleme mit deiner Behauptung sind folgende:

1) In keinem dieser Fälle wird irgendeine für Everett spezifische Aussage verwendet. Die Auszeichnung der Zeigerbasis ist eine mathematische Konsequenz aus der dreifachen Faktorisierung des Hilbertraums. Diese ist weitgehend willkürlich, aber das ist im gegenwärtigen Kontext nicht das Hauptproblem.

Der Vorgang der Dekohärenz ist eine Folgerung der Schrödingergleichung. Das ganze hat nicht das geringste mit Vielen Welten oder der Behauptung der Zustand beziehe sich auf ein individuelles System zu tun.

Insbesondere kann ich sowohl eine ausgezeichnete Basis als auch Dekohärenz problemlos unter der Annahme ableiten beschreibe ein Ensemble.

2) Betrachten wir die Dekohärenz weiter: Angenommen ich weiß, daß unter Wechselwirkung mit der Umgebung mein System in den Zustand



übergeht. Nun kann ich prinzipiell aus der Schrödingergleichung die Zeit t berechnen, nach der (wenn überhaupt) . Dann weiß ich, nach welcher Zeit sich das System im Zustand



befindet also dekohärent ist. Das ist noch keine empirische Aussage.

Um die Aussage über die Dekohärenzzeit zu prüfen, muß ich empirisch feststellen welcher Zustand nach der Zeit t vorliegt und ob er wirklich dekohärent, also von der Form (1), ist. Damit sind wir wieder bei meiner eingangs gestellten Frage.

Wie verifiziere ich empirisch im Rahmen der Everettschen Interpretation welcher Zustand gerade vorliegt? Welche Art von experimenteller Auswertung muß ich dafür machen?

Den Zustand theoretisch zu bestimmen ist kein prinzipielles Problem: ich löse die Schrödingergleichung. Dazu brauche ich Everett natürlich nicht, denn in der Ensemble-Interpretation gilt ja dieselbe Gleichung. Es geht mir explizit um empirische Prüfung.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 25. Dez 2017 19:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Diese Interpretation erfordert keine stochastischen Übergänge in Energieeigenzustände und deshalb erübrigt sich deine Frage, wodurch diese verursacht werden. (Denn sie finden gar nicht statt.)

Aber sie finden statt!


Nochmal im Klartext: bist du der Ansicht es fänden irgendwelche Zustandsänderungen statt, die nicht durch die Schrödingergleichung beschrieben werden? Bitte nichts darüber, ob man einen nichtrealen Kollaps irgendwie pragmatisch nutzt. Wir reden hier über die absoluten Grundprinzipien der Theorie.

Zitat:

Oder was sagt denn die Ensemble-Interpretation bzgl. eines einzelnen präparierten Atoms in einer Paul-Falle und einem detektierten Photon, das die passende Energie für den Übergang in den Grundzustand entspricht? In welchem Zustand befindet sich das Atom nach der Ensemble-Interpretation?


Du bist offenbar der Ansicht die einzig sinnvolle Antwort sei "im Grundzustand" und daß dies ein Gebot der Energieerhaltung sei. Das ist aber ein Trugschluß. Es kann sich in irgendeiner Superposition befinden, die den Grundzustand (und 1 ein Photon der genannten Energie) als Komponente enthält. Welcher Zustand genau hängt natürlich davon ab, wie das Atom "präpariert" würde.

Ich glaube der Denkfehler steckt schon in der Formulierung "Photon, das die passende Energie für den Übergang in den Grundzustand [besitzt]". Was ist "die passende Energie"? Die Energie des Gesamtsystems ist überhaupt nicht scharf definiert, ansonsten würde es seinen Zustand gar nicht ändern. Deswegen haben die Linien ja auch in der Realität eine Breite größer null, repräsentieren also Photonen mit verschiedenen Energien.
TomS
Moderator


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Beiträge: 17902

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2017 19:51    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich frage absichtlich nach empirisch prüfbaren Aussagen ...

Das habe ich oben bereits geschrieben. Ein theoretisch denkbares jedoch praktisch nicht durchführbares Experiment ist die Interferenz der nach Everett weiterexistierenden makroskopisch verschiedenen Zweige am selben einzelnen System.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Den Zustand theoretisch zu bestimmen ist kein prinzipielles Problem: ich löse die Schrödingergleichung. Dazu brauche ich Everett natürlich nicht, denn in der Ensemble-Interpretation gilt ja dieselbe Gleichung.

Aber sie bedeutet etwas völlig anderes!

Bei Everett handelt es sich um den real existierenden Zustand eines einzelnen Systems, im Falle der Ensemble-Interpretation um ein rein formales Objekt für ein lediglich gedachten Ensemble.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich frage absichtlich nach empirisch prüfbaren Aussagen, denn ich halte nicht besonders viel von metaphysischen Behauptungen, die keinerlei Rechtfertigung besitzen, außer ...

Das halte ich für einen ungeeigneten Startpunkt, wenn du Interpretation der Quantenmechanik diskutieren möchtest. Sie zeichnen sich nunmal dadurch aus, dass sie empirisch (zumindest praktisch) äquivalent sind.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 25. Dez 2017 19:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich frage absichtlich nach empirisch prüfbaren Aussagen ...

Das habe ich oben bereits geschrieben. Ein theoretisch denkbares Experiment ist die Interferenz der nach Everett weiterexistierenden makroskopisch verschiedenen Zweige.


Ich habe dich gebeten das zu konkretisieren. Wie stellst du die Interferenz fest? Welche experimentelle Auswertung machst du dafür?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Den Zustand theoretisch zu bestimmen ist kein prinzipielles Problem: ich löse die Schrödingergleichung. Dazu brauche ich Everett natürlich nicht, denn in der Ensemble-Interpretation gilt ja dieselbe Gleichung.

Aber sie bedeutet etwas völlig anderes! Bei Everett handelt es sich um den real existierenden Zustand eines Systems, im Falle der Ensemble-Interpretation um ein rein formales Objekt für ein gedachten Ensemble.


Das ist mir klar. Darum ging es nicht.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 25. Dez 2017 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich frage absichtlich nach empirisch prüfbaren Aussagen, denn ich halte nicht besonders viel von metaphysischen Behauptungen, die keinerlei Rechtfertigung besitzen, außer ...

Das halte ich für einen ungeeigneten Startpunkt, wenn du Interpretation der Quantenmechanik diskutieren möchtest. Sie zeichnen sich nunmal dadurch aus, dass sie empirisch (zumindest praktisch) äquivalent sind.


Es geht mir um die Klärung der Frage ob sie empirisch äquivalent sind. Mir ist nicht klar, wie man die Behauptungen der MWI empirisch prüft. Insbesondere wenn du nur ein einziges System zur Verfügung hast, dessen Zustand sich nach der Messung ändert.
TomS
Moderator


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Beiträge: 17902

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2017 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal im Klartext: bist du der Ansicht es fänden irgendwelche Zustandsänderungen statt, die nicht durch die Schrödingergleichung beschrieben werden?

Im Kontext (einiger Varianten) der orthodoxen bzw. Kopenhagener Interpretation im Sinne des Kollaps trivialerweise ja. Das kannst du in jedem Lehrbuch nachlesen, und das konnte bis heute niemand empirisch widerlegen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es kann sich in irgendeiner Superposition befinden, die den Grundzustand (und 1 ein Photon der genannten Energie) als Komponente enthält. Welcher Zustand genau hängt natürlich davon ab, wie das Atom "präpariert" würde.

Ein einzelnes Atom befindet sich nach Präparation in 2p und anschließender Emission eines Photons, das zum Übergang nach 1s passt, sicher nicht in irgendeinem Zustand. Andernfalls würde man auch noch weitere nachfolgende Übergänge aus diesem (= irgendeinem) Zustand in den 1s beobachten; tut man aber nicht. Man beobachtet genau einen Übergang und genau ein Photon genau einer (ziemlich) scharf definierten Frequenz.

Ich habe den Eindruck, dass du dich mit der Ensemble-Interpretation irgendwie verrennst.

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TomS
Moderator


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Beiträge: 17902

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2017 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ein theoretisch denkbares Experiment ist die Interferenz der nach Everett weiterexistierenden makroskopisch verschiedenen Zweige.

Ich habe dich gebeten das zu konkretisieren. Wie stellst du die Interferenz fest? Welche experimentelle Auswertung machst du dafür?

Man könnte unmittelbar nach einer Messung einen idealen Spiegel verwenden und die Bewegung aller beteiligten Freiheitsgrade exakt umkehren. Dann müsste sich wieder der Eingangszustand ergeben, was im Widerspruch zu einer Kollaps-Interpretation steht, nach der sich nicht alle Zweige sondern nur der in der Messung realisierte Zweig weiterentwickeln, so dass der Eingangszustand hier nicht angenommen wird.

Aber das ist für die Umgebungsfreiheitsgrade praktisch nicht möglich.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 25. Dez 2017 21:40, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 25. Dez 2017 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Tegmark schlägt hier ein Quantum-Suicide-Experiment vor:

http://xxx.lanl.gov/PS_cache/quant-ph/pdf/9709/9709032v1.pdf

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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 25. Dez 2017 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

@TomS
Kannst du auf meine Frage eingehen?
Mich würde sehr interessieren, was du dazu zu sagen hast.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2017 10:15    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Nach Kopenhagen müsste - damit diese Berechnung Sinn ergibt - hier ein Kollaps in den 1s Zustand stattfinden. Wodurch wird dieser Kollaps verursacht? Und warum werden Energiezustände bevorzugt?

Das von dir genannte Beispiel ist etwas pathologisch, da das gegebene System künstlich ist und man letztlich keine fundamentalen Eigenschaften diskutieren kann. Grund ist, dass überhaupt kein "echtes Photon" eine Rolle spielt, sondern dass ein externes Feld genutzt wird, um den Übergang zu induzieren.

Ich denke, man muss das System im Rahmen der QED diskutieren, um die Problematik vollständig zu verstehen.

In der QED hast du näherungsweise eine Superposition



mit einem Photon, notiert als gamma.

Im Rahmen der Kopenhagener bzw. orthodoxen Interpretation werden Energieeigenzustände dadurch ausgezeichnet, dass für sie die Rechnung praktisch funktioniert, d.h. dass in sehr guter Näherung scharfe Energien gemessen werden und dass Energieeigenzustände zu den Messungen passende Vorhersagen liefern. Eine weitere Begründung liefert Kopenhagen nicht!

Nun musst du aufpassen, dass du den Übergang von 2p in 1s, den die Schrödingergleichung der vollen QED liefert, nicht mit dem Kollaps verwechselst. Die Dynamik des Zustandes gemäß der Schrödingergleichung ist ausreichend, um das Übergangsmatrixelement zu berechnen und daraus die Intensität in Übereinstimmung mit dem Experiment abzuleiten. Das ist eine formale Regel ohne weitere Interpretation; dazu benötigst du keinen Kollaps.

Der Kollaps kommt an anderer Stelle ins Spiel.

Zum einen beobachtest du entweder ein Photon, oder du beobachtest kein Photon. Das ist jedoch nicht das, was der Superpositionszustand dir sagt. Wenn du also sicher bist, dass da ein Photon detektiert (d.h. absorbiert) wurde, dann musst du dem Gesamtsystem (ohne Detektor) den Zustand



zuschreiben. Diese Zuschreibung ist zunächst eine reine Interpretation ohne physikalischen d.h. ohne empirischen Gehalt, denn du beobachtest dieses Atom ja nicht.

Zum zweiten kannst du jedoch am selben Atom eine weitere Beobachtung durchführen, d.h. erneut versuchen, ein Photon zu detektieren. Dies wird jedoch nie stattfinden, d.h. du wirst nie ein zweites Photon - ausgesandt vom selben Atom - detektieren. Wäre das System nach der Emission "tatsächlich" noch im Zustand



so könnte der erste Term zu späteren Zeitpunkten wiederum zu einer nichtverschwindenden Übergangswahrscheinlichkeit führen, d.h.



Dieser Prozess findet jedoch nie statt. Dies ist nur dann erklärbar, wenn nach der Detektion des ersten Photons angenommen wird, dass keine Superposition mehr "existiert", d.h. dass rein mathematisch ein neuer initialer Zustand



vorliegt, denn nur für diesen folgen die korrekten weiteren Beobachtungen, nämlich keine weiteren Photonen.

Ich denke dass für diese - und nur für diese - wiederholten Beobachtungen am selben System ein "Kollaps" notwendig wird; die erste Beobachtung entspricht dann der Präparation für das zweite Experiment.

Der Kollaps sollte als rein formaler Akt für den Zustandsvektor im Rahmen der Mathematik verstanden werden; er kann nicht "real" am Atom selbst und in Übereinstimmung mit der Schrödingergleichung stattfinden; dies ist widersprüchlich.

Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Ensemble-Interpretation für diese wiederholten Beobachtungen am selben System ebenfalls einen Kollaps auf Ebene des Ensembles benötigt.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 26. Dez 2017 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal im Klartext: bist du der Ansicht es fänden irgendwelche Zustandsänderungen statt, die nicht durch die Schrödingergleichung beschrieben werden?

Im Kontext (einiger Varianten) der orthodoxen bzw. Kopenhagener Interpretation im Sinne des Kollaps trivialerweise ja. Das kannst du in jedem Lehrbuch nachlesen, und das konnte bis heute niemand empirisch widerlegen.


Moment, ist es tatsächlich deine Ansicht, daß man empirisch nicht unterscheiden kann, ob sich der Zustand immer gemäß der Schrödingergleichung entwickelt oder ob zwischendurch mal zufällige Kollapse stattfinden?

Daß es mir bis jetzt nicht gelungen ist, dich zu einer einzigen handfesten Aussage über die empirische Zustandsbestimmung zu bewegen, paßt dann natürlich plötzlich gut ins Bild.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Es kann sich in irgendeiner Superposition befinden, die den Grundzustand (und 1 ein Photon der genannten Energie) als Komponente enthält. Welcher Zustand genau hängt natürlich davon ab, wie das Atom "präpariert" würde.

Ein einzelnes Atom befindet sich nach Präparation in 2p und anschließender Emission eines Photons, das zum Übergang nach 1s passt, sicher nicht in irgendeinem Zustand. Andernfalls würde man auch noch weitere nachfolgende Übergänge aus diesem (= irgendeinem) Zustand in den 1s beobachten; tut man aber nicht. Man beobachtet genau einen Übergang und genau ein Photon genau einer (ziemlich) scharf definierten Frequenz.


Ich habe ja nicht behauptet, daß sich das System in "irgendeinem Zustand" befindet. Ich habe behauptet, daß "Messung" eines Photons in der Quantenmechanik bedeutet, daß sich das System in einem Zustand befindet, in dem . Oder, wenn du "Detektion" mit Hilfe eines Photonenzählers darstellen willst, der anfänglich "0" anzeigt und das Photon vernichtet, dann eben .

Wenn vor der Zeit t mal ein 2p-Zustand ohne Photonen vorlag bedeutet das eben



mit . Da das bisher immer genau deine Erklärung des Meßprozesses nach Everett war, überrascht mich schon, daß du das plötzlich kontrovers findest.

Die Quantenmechanik verrät dir nun aber nicht wann ein Photon emittiert wird und wann es detektiert wird. Aber wann auch immer das passiert: Detektion eines Photons präpariert nicht den Grundzustand des Atoms. Stell dir mal vor das Atom befände sich in einem 10 Mrd. Lichtjahre entfernten Stern, der zur Zeit, wenn das Photon eine Photoplatte auf der Erde schwärzt längst zum Neutronenstern geworden ist. Welchen Zustand auch immer die Materie zum Detektionszeitpunkt einnimmt, es ist mit Sicherheit kein 1s-Zustand. Wann soll also diese kollapsartige Präparation genau stattfinden? Findet sie nur statt, wenn ich "rechtzeitig" beobachte und muß in der Zwischenzeit die Schrödingergleichung "außer kraft" bleiben? Oder ensteht nach meiner Beobachtung auf der Erde spontan wieder ein 1s-Atom in einem 10 Mrd. Lichtjahre entfernten Neutronenstern?

Was den Grundzustand tatsächlich präpariert ist eine Wechselwirkung, die bewirkt, daß nach einer gewissen Zeitspanne alle Zustände mit Ausnahme des 1s-Zustands verschwindend geringe Überlebenswahrscheinlichkeiten haben. Das bedeutet für den obigen Zustand



Im Übrigen ist deine Schlußfolgerung falsch, daß es "noch weitere nachfolgende Übergänge" geben müßte. Das würde bedeuten es gibt einen Überlapp mit einem Zustand zu einer späteren Zeit. Das folgt aus keiner meiner Aussagen. Ob man sowas beobachten kann oder nicht, hängt natürlich von Voraussetzungen ab, die du ursprünglich nicht genannt hast, z.B. in welchem Zustand sich das EM-Feld befindet. Du behauptest ja sicher nicht man würde beobachten, daß die Balmerlampe ausgeht, nachdem alle Atome einmal emittiert haben.

Was mich auch wundert: Du scheinst hier ja zu behaupten das Vorliegen des 1s-Zustands folge allein aus deiner Beobachtung des Photons, aber nicht aus der Schrödingergleichung. Nun habe ich dich aber bisher so verstanden, daß laut Everett die Schrödingergleichung und die Wellenfunktion eine vollständige Beschreibung jedes individuellen Systems liefern. Wie kann dieser "vollständigen" Beschreibung denn entgehen, daß sich das System in einem 1s-Zustand befindet?


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 26. Dez 2017 13:34, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 26. Dez 2017 13:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Dieser Prozess findet jedoch nie statt. Dies ist nur dann erklärbar, wenn nach der Detektion des ersten Photons angenommen wird, dass keine Superposition mehr "existiert", d.h. dass rein mathematisch ein neuer initialer Zustand



vorliegt, denn nur für diesen folgen die korrekten weiteren Beobachtungen, nämlich keine weiteren Photonen.


In keinem Zustand der Form wirst du zu irgendeinem Zeitpunkt mehr als ein Photon beobachtet haben können. Dazu ist nicht notwendig, daß nach der Beobachtung, also der Zustandsänderung eines Meßapparats, der Zustand des Atoms in einen 1s-Zustand kollabiert. (Siehe unten.)

Zitat:

Ich denke dass für diese - und nur für diese - wiederholten Beobachtungen am selben System ein "Kollaps" notwendig wird; die erste Beobachtung entspricht dann der Präparation für das zweite Experiment.


Das heißt, für wiederholte Messungen an demselben System reicht Everett nicht?

Zitat:

Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Ensemble-Interpretation für diese wiederholten Beobachtungen am selben System ebenfalls einen Kollaps auf Ebene des Ensembles benötigt.


Nein. Sie beschreibt den Meßvorgang formal genauso wie Everett, d.h. ohne Kollaps. Betrachten wir wieder das Atom, das Photon und den Photondetektor:

Letzterer sei anfänglich im Zustand , das Atom im Zustand . Nehmen wir an, die Detektion finde weit weg vom Atom statt um zu gewährleisten, daß keinerlei Änderung des Atomzustands durch sie verursacht wird. Nach kurzer Zeit ist also das System, sagen wir, im Zustand



Nun gerät das Photon irgendwann in den Detektor, d.h. fängt an mit im zu wechselwirken und seinen Zustand zu beeinflussen. Wie sieht dieser Einfluß aus? Nicht anders als so



d.h. das Photon ist weg und der Detektor hat "1" gezählt, wenn ein Photon da war und "0", wenn nicht. (Ich habe hier angenommen, daß nach der Zeit nichts mehr mit dem Atom passiert, aber das ist nicht unbedingt notwendig.) Aber "wann" fand die Detektion statt? Irgendwann nachdem die Wechselwirkung mit dem Detektor angefangen hat. Genauer kann man das nicht sagen. Und was bedeutet dieser Endzustand in der Ensemble-Interpretation? Er bedeutet, daß in einem Zustand, in welchem mit Wahrscheinlichkeit kein Photon und mit Wahrscheinlichkeit ein Photon vorliegt, ein (ideal zuverlässiger) Photonenzähler mit denselben Wahrscheinlichkeiten "0" bzw. "1" anzeigt -- was für ein Ensemble aus Atomen, Photonen und Detektoren eine absolut sinnvolle Aussage ist.

Der Detektor zeigt zu keiner Zeit "2" an (bzw. zeigt "2" mit Wahrscheinlichkeit null an), obwohl sich das Atom "nach der Messung" im Zustand



befindet. (Das ist übrigens derselbe Zustand, in dem es sich "vor" der Messung, aber "nach" der Emission zur Zeit befand.)
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2017 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal im Klartext: bist du der Ansicht es fänden irgendwelche Zustandsänderungen statt, die nicht durch die Schrödingergleichung beschrieben werden?

Im Kontext (einiger Varianten) der orthodoxen bzw. Kopenhagener Interpretation im Sinne des Kollaps trivialerweise ja. Das kannst du in jedem Lehrbuch nachlesen, und das konnte bis heute niemand empirisch widerlegen.


Moment, ist es tatsächlich deine Ansicht, daß man empirisch nicht unterscheiden kann, ob sich der Zustand immer gemäß der Schrödingergleichung entwickelt oder ob zwischendurch mal zufällige Kollapse stattfinden?

Natürlich, das ist Lehrbuchwissen.

Unterschiedliche Interpretationen – und davon einige mit Kollaps – sind empirisch äquivalent (evtl. existieren theoretische Tests wie für Everett angedeutet).

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Da das bisher immer genau deine Erklärung des Meßprozesses nach Everett war, überrascht mich schon, daß du das plötzlich kontrovers findest.

Es ist natürlich eine Kontroverse, welcher Interpretation man folgt und welcher Bedeutung man den mathematischen Objekten beimisst.

Aber hier war ja nach der Kopenhagener Interpretation gefragt – die durchaus nicht eindeutig und einheitlich verstanden wird – und für die gilt sicher eine andere Erklärung des Messprozesses; genauer: es existiert keine logisch stichhaltige und mit der Schrödingergleichung kompatible Erklärung des Messprozesses selbst. Dennoch ist die Darstellung von Neumanns inklusive Kollaps empirisch richtig.

Also nochmal: insbs. das Thema der Messung sowie allgemein Interpretation und Bedeutung des quantenmechanischen Formalismus sind bis heute kontroverse Themen, zu denen keine allgemein akzeptierte Lösung vorliegt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Quantenmechanik verrät dir nun aber nicht wann ein Photon emittiert wird und wann es detektiert wird. Aber wann auch immer das passiert: Detektion eines Photons präpariert nicht den Grundzustand des Atoms. Stell dir mal vor das Atom befände sich in einem 10 Mrd. Lichtjahre entfernten Stern, der zur Zeit, wenn das Photon eine Photoplatte auf der Erde schwärzt längst zum Neutronenstern geworden ist. Welchen Zustand auch immer die Materie zum Detektionszeitpunkt einnimmt, es ist mit Sicherheit kein 1s-Zustand. Wann soll also diese kollapsartige Präparation genau stattfinden? Findet sie nur statt, wenn ich "rechtzeitig" beobachte und muß in der Zwischenzeit die Schrödingergleichung "außer kraft" bleiben?

Das ist genau die spukhafte und instantane Fernwirkung, die Einstein kritisiert hat. Ja, diese setzt die Schrödingergleichung außer kraft. Ja, diese Interpretation ist hässlich. Einstein u.v.a.m. – uns beide eingeschlossen – haben sie abgelehnt bzw. lehnen sie ab. Everett u.a. haben nicht-Kollaps-Interpretationen entwickelt.

Dennoch – du kannst sie in Lehrbüchern nachlesen, anwenden, und du wirst korrekte Ergebnisse erhalten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Im Übrigen ist deine Schlußfolgerung falsch, daß es "noch weitere nachfolgende Übergänge" geben müßte.

Ist sie nicht.

Wenn nach einer Messung eines Photons in dem o.g. Superpositionszustand kein Kollaps in die 1s-Komponenten erfolgen würde, dann müssten aus dem verbleibenden 2p-Anteil weitere Übergänge und Photonen folgen können. Das ist eine triviale Schlussfolgerung derselben Schrödingergleichung, die vorher erst zum Superpositionszustand geführt hat. Um dieses Problem zu lösen, kann man einfach diesen Kollaps postulieren (das erscheint künstlich, löst aber ein offensichtliches Problem)

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was mich auch wundert: Du scheinst hier ja zu behaupten das Vorliegen des 1s-Zustands folge allein aus deiner Beobachtung des Photons, aber nicht aus der Schrödingergleichung.

Nein, das behaupte ich nicht. Die Möglichkeit, überhaupt ein Photon zu detektieren folgt aus der Schrödingergleichung, die dem ursprünglichen 2p-Zustand sukzessive einen 1s-Zustand beimischt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nun habe ich dich aber bisher so verstanden, daß laut Everett die Schrödingergleichung und die Wellenfunktion eine vollständige Beschreibung jedes individuellen Systems liefern.

Ja, laut Everett.

Aber eben nicht laut Bohr (der m.W.n. nie von Kollaps gesprochen hat), Heisenberg (der die sog. Reduktion der Wellenfunktion eingeführt hat), von Neumann (der dies im Projektionspostulat formalisiert hat) u.a.

Spektrum Akademischer Verlag hat Folgendes geschrieben:
von Neumannsches Projektionspostulat
von J.v. Neumann vor dem Hintergrund der orthodoxen Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Quantenmechanik postulierter Ansatz zur Lösung des quantenmechanischen Messproblems. Demnach besitzt ein quantenmechanisches System zwei Zeitentwicklungen: neben der unitären, durch die Schrödinger-Gleichung beschriebenen Entwicklung zwischen den Messungen induziert die Messung eine Entwicklung, die einen Zustand auf einen seiner Eigenvektoren projiziert.


Von Neumann weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Reduktion der Wellenfunktion unstetig und augenblicklich in der Zeit stattfindet und somit nicht im Rahmen der von Schrödinger vorgeschlagenen linearen Zeitentwicklung beschrieben werden kann.

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Beitrag positive Verfasst am: 26. Dez 2017 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aber hier war ja nach der Kopenhagener Interpretation gefragt – die durchaus nicht eindeutig und einheitlich verstanden wird – und für die gilt sicher eine andere Erklärung des Messprozesses; genauer: es existiert keine logisch stichhaltige und mit der Schrödingergleichung kompatible Erklärung des Messprozesses selbst.

Auch die Schrödingergleichung ist postuliert (laut Wikipedia). Die logische Erklärung ist ja der Messprozeß und der Kollaps, ist genauso logisch wie die Schrödingergleichung ohne Kollaps.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2017 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zur Fragestellung, ob und wann der Zustand



zu einer von Null verschiedenen Wahrscheinlichkeit führt:

Im Rahmen der nicht-rel. QM ist dies immer der Fall.

Wenn also ein einzelnes Atom in diesen Zustand präpariert wird, dann werden wir später - wenn wir nur lange genug warten - ein Photon messen. Wenn wir bereits ein Photon gemessen haben und wenn wir annehmen, dass das Atom weiterhin = nach der Messung durch diesen Zustand beschrieben wird, dann können wir schlussfolgern, dass wir wiederum ein Photon messen können.

Das Problem ist jedoch, dass wir die nicht-rel. QM nicht anwenden dürfen, denn sie erlaubt uns nicht, zwischen Zuständen mit unterschiedlich vielen Photonen zu unterscheiden.

Ich zweifle zwar immer noch an, dass deine stochastische Interpretation immer ohne Kollaps funktioniert. Aber in diesem Fall habe ich im Rahmen der nicht-rel. QM keine Argumente. Und im Rahmen der QED sind die Zustände anhand der Anzahl der Photonen unterscheidbar, und mein Argument greift nicht.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2017 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Auch die Schrödingergleichung ist postuliert (laut Wikipedia). Die logische Erklärung ist ja der Messprozeß und der Kollaps, ist genauso logisch wie die Schrödingergleichung ohne Kollaps.

Wenn es so einfach wäre, dann kannst du deine Reise nach Stockholm im nächsten Winter ja schon buchen :-)

Ernsthaft: ich habe deine Schlussfolgerung wohl nicht wirklich verstanden.

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Beitrag positive Verfasst am: 26. Dez 2017 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ernsthaft: ich habe deine Schlussfolgerung wohl nicht wirklich verstanden.

Es wird ja z.B. versucht die Phänomene bei dem Doppelspaltexperiment logisch zu verstehen und das funktioniert irgendwie nicht so wie es sollte. Da kann man zunächst nur die beiden logischen Schlussfolgerungen ziehen, Kollaps oder kein Kollaps. Inwiefern sollte der Meßprozeß mit der Schrödingergleichung logisch schlüssig bzw. kompatibel sein, wie du sagtest?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2017 20:37    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Es wird ja z.B. versucht die Phänomene bei dem Doppelspaltexperiment logisch zu verstehen und das funktioniert irgendwie nicht so wie es sollte.

Es gibt sehr unterschiedliche Interpretationen bzw. philosophische Sichtweisen. Die Probleme liegen sämtlich auf dieser Ebene; die rein praktische Anwendung ist dagegen seit Jahrzehnten unumstritten und funktioniert perfekt (d.h. es ist kein Fall bekannt, in dem die Anwendung des quantenmechanischen Formalismus zu Vorhersagen geführt hätte, die in einem Experiment falsifiziert worden wären)

positive hat Folgendes geschrieben:
Da kann man zunächst nur die beiden logischen Schlussfolgerungen ziehen, Kollaps oder kein Kollaps.

Tja, sich einfach ist das nicht. Rein praktisch funktionieren beide Sichtweisen, d.h. man kann mathematische Argumente finden, dass z.B. eine Interpretation ohne Kollapspostulat auf etwas führt, das wie ein Kollaps aussieht. Die Frage ist definitiv nicht entschieden.

positive hat Folgendes geschrieben:
Inwiefern sollte der Meßprozeß mit der Schrödingergleichung logisch schlüssig bzw. kompatibel sein, wie du sagtest?

Die Quantenmechanik beschreibt die Dynamik und die Wechselwirkung physikalischer Systeme mittels der Schrödingergleichung. Ein Messprozess ist nun gerade eine derartige Wechselwirkung, also sollte er auch mittels der Schrödingergleichung beschreibbar sein.

Gerade die einfachste und bekannteste "orthodoxe Interpretation", insbs. bekannt durch das Buch von John von Neumann, funktioniert perfekt, enthält jedoch explizit diesen Kollaps und führt daher zwingend zu der Schlussfolgerung, dass zumindest diese Interpretation den Messprozess selbst nicht erklären kann.

Das perfide an der QM ist, dass sie derartige logische Brüche enthält, jedoch trotzdem zu vollständig korrekten Vorhersagen funktioniert.

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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 26. Dez 2017 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Inwiefern sollte der Meßprozeß mit der Schrödingergleichung logisch schlüssig bzw. kompatibel sein, wie du sagtest?


Eine Messapparatur besteht aus vielen Teilchen, die der Schrödingergleichung unterliegen und der Messprozess ist eine Wechselwirkung zwischen dem zu messenden System und der Messapparatur.
Es ist ein logischer Bruch die Messapparatur und den Messvorgang explizit per Postulat aus der unitären Zeitentwicklung auszuklammern.
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Beitrag positive Verfasst am: 26. Dez 2017 23:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ich komme da nicht so ganz mit. Wenn Messaparatur und das zu messende Experiment mit der Schrödingergleichung beschrieben werden, bringt das ja nach wie vor kein vorhersagbares Ergebnis mit sich, da dieses erst mit der Messung endgültig feststeht. Es müsste also wieder eine Messaparatur her, die beides mäße sozusagen, Messaparatur und Experiment, da wäre ich genauso weit wie vorher.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 26. Dez 2017 23:53    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Ich komme da nicht so ganz mit. Wenn Messaparatur und das zu messende Experiment mit der Schrödingergleichung beschrieben werden, bringt das ja nach wie vor kein vorhersagbares Ergebnis mit sich, da dieses erst mit der Messung endgültig feststeht. Es müsste also wieder eine Messaparatur her, die beides mäße sozusagen, Messaparatur und Experiment, da wäre ich genauso weit wie vorher.

Warum sollte Messgerät und Schrödingergleichung nicht zu einer Messung und einem Messwert führen? Im Kontext der Everettschen Interpretation geschieht genau das, wobei jedes prinzipiell erlaubte Messergebnis in einem Zweig auch realisiert ist; über alle Zweige sind alle Messergebnisse realisiert, jedoch sieht jeder Beobachter zweig-lokal immer nur genau ein (sein) Messergebnis.

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Beitrag positive Verfasst am: 27. Dez 2017 00:15    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Warum sollte Messgerät und Schrödingergleichung nicht zu einer Messung und einem Messwert führen? Im Kontext der Everettschen Interpretation geschieht genau das, wobei jedes prinzipiell erlaubte Messergebnis in einem Zweig auch realisiert ist; über alle Zweige sind alle Messergebnisse realisiert, jedoch sieht jeder Beobachter zweig-lokal immer nur genau ein (sein) Messergebnis.

Ich verstehe deine Antwort nicht. Wenn Messgerät und das zu messende Experiment mit der Schrödingergleichung beschrieben werden, dann liegt kein eindeutiges Ergebnis, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit für ein mögliches Ergebnis vor. Bei der Messung gibt es einen eindeutigen Zustand. Warum sollte man sonst noch messen, wenn alle Zustände nach Everetts Interpretation realisiert wären? Welchen Sinn oder Vorteil hätte die Messung noch?
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Dez 2017 00:42    Titel: Antworten mit Zitat

positive hat Folgendes geschrieben:
Wenn Messgerät und das zu messende Experiment mit der Schrödingergleichung beschrieben werden, dann liegt kein eindeutiges Ergebnis, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit für ein mögliches Ergebnis vor.

Nach Everett liegen nicht die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Messergebnisse vor, sondern es liegen tatsächlich alle Messungen und alle Messergebnisse real vor.

positive hat Folgendes geschrieben:
Bei der Messung gibt es einen eindeutigen Zustand.

Der Zustand ist bei Everett tatsächlich eindeutig, aber er umfasst eben alle Messergebnisse, nicht nur eines.

positive hat Folgendes geschrieben:
... wenn alle Zustände nach Everetts Interpretation realisiert wären?

Nicht alle Zustände, alle Messergebnisse

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TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 27. Dez 2017 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nach kurzer Zeit ist also das System, sagen wir, im Zustand



Nun gerät das Photon irgendwann in den Detektor, d.h. fängt an mit im zu wechselwirken und seinen Zustand zu beeinflussen. Wie sieht dieser Einfluß aus? Nicht anders als so


Nee, das U(t_1) wirkt auch auf das Atom. Also



Das Problem ist, dass du für den verbleibenden |2p> Anteil für t > t_1 deine o.g. Argumentation erneut anwenden kannst. Damit erhältst du aus der selben Argumentation wie oben erneut ein Photon und eine Detektion. Aber das ist offensichtlich falsch.

Was verbietet dir, die Argumentation, die für t < t_1 gilt, für t > t_1 erneut anzuwenden? Was spricht dagegen, dem Atom jetzt im Sinne eines Kollapses sicher den Zustand |1s> zuzuschreiben? Dieser Kollaps löst das Problem, dass kein zweites Photon entsteht. Wie löst du dieses Problem ohne Kollaps?

Das hier gewählte Beispiel ist unglücklich, da wir in der nicht-rel. QM kein Photon haben und wir dieses künstliche externe el.-mag. Feld verwenden müssen. Dennoch sehe ich bei deiner Argumentation ein grundsätzliches Problem.

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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Dez 2017 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nochmal im Klartext: bist du der Ansicht es fänden irgendwelche Zustandsänderungen statt, die nicht durch die Schrödingergleichung beschrieben werden?

Im Kontext (einiger Varianten) der orthodoxen bzw. Kopenhagener Interpretation im Sinne des Kollaps trivialerweise ja. Das kannst du in jedem Lehrbuch nachlesen, und das konnte bis heute niemand empirisch widerlegen.


Moment, ist es tatsächlich deine Ansicht, daß man empirisch nicht unterscheiden kann, ob sich der Zustand immer gemäß der Schrödingergleichung entwickelt oder ob zwischendurch mal zufällige Kollapse stattfinden?

Natürlich, das ist Lehrbuchwissen.


Also, ich will nicht ausschließen, daß man innerhalb der Kollaps-Interpretation immer Ausreden finden kann der Art "Wenn der tatsächlich präparierte Zustand nicht zu meinem Postulat paßt, dann war es eben keine richtige Messung". Aber wenn man eine einigermaßen klare Konzeption von Messung, als Wechselwirkung mit einem Detektor zugrunde legt, ist das Kollapspostulat klar widerlegt.

Übrigens, wie sieht dieser Kollaps eigentlich für den Photonendetektor aus, den wir hier diskutiert haben? Nachdem er angesprungen ist, habe ich einen Zustand, der mit Sicherheit kein Photon enthält. Müßte nicht nach der Kollaps-Theorie, angewendet auf eine Messung der Photonenzahl, entweder kein oder ein Photon vorhanden sein? Der Unterschied würde sich doch wohl bemerkbar machen. Warum wirkt der Kollaps nur auf das Atom und nicht auf das Photon?

Und wann fängt eigentlich die Messung an? Wenn ich nach einer Millisekunde auf den Detektor schaue und noch kein Photon registriert wurde, kollabiert dann zurück auf den 2p-Zustand? Und wenn ich das alle Milli- oder Mikrosekunden wiederhole, kollabiert dann jedes mal wieder der Atomzustand? Kann ich also durch permanentes Anschauen des Detektors verhindern, daß ein Photon emittiert wird?

Für mich widerlegt das relativ klar den Kollaps.

Zitat:

Unterschiedliche Interpretationen – und davon einige mit Kollaps – sind empirisch äquivalent (evtl. existieren theoretische Tests wie für Everett angedeutet).


Aus diesem Grund sollte man m.E. Theorien mit und ohne Kollaps auch nicht als verschiedene Interpretationen derselben Theorie ansehen. Es sind vielmehr unterschiedliche Theorien, mit unterschiedlichen, mehr oder weniger sinnvollen, Evolutionsgesetzen für den Zustand.


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Die Quantenmechanik verrät dir nun aber nicht wann ein Photon emittiert wird und wann es detektiert wird. Aber wann auch immer das passiert: Detektion eines Photons präpariert nicht den Grundzustand des Atoms. Stell dir mal vor das Atom befände sich in einem 10 Mrd. Lichtjahre entfernten Stern, der zur Zeit, wenn das Photon eine Photoplatte auf der Erde schwärzt längst zum Neutronenstern geworden ist. Welchen Zustand auch immer die Materie zum Detektionszeitpunkt einnimmt, es ist mit Sicherheit kein 1s-Zustand. Wann soll also diese kollapsartige Präparation genau stattfinden? Findet sie nur statt, wenn ich "rechtzeitig" beobachte und muß in der Zwischenzeit die Schrödingergleichung "außer kraft" bleiben?

Das ist genau die spukhafte und instantane Fernwirkung, die Einstein kritisiert hat. Ja, diese setzt die Schrödingergleichung außer kraft.


Für wie lange? 10 Mrd. Jahre, bis das Photon auf einer irdischen Photoplatte eingetroffen ist? In der Zeit kann sich also kein Neutronenstern bilden. Das ist doch absurd.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Im Übrigen ist deine Schlußfolgerung falsch, daß es "noch weitere nachfolgende Übergänge" geben müßte.

Ist sie nicht.

Wenn nach einer Messung eines Photons in dem o.g. Superpositionszustand kein Kollaps in die 1s-Komponenten erfolgen würde, dann müssten aus dem verbleibenden 2p-Anteil weitere Übergänge und Photonen folgen können. Das ist eine triviale Schlussfolgerung derselben Schrödingergleichung, die vorher erst zum Superpositionszustand geführt hat.


Nein, das stimmt nicht. Aus der Schrödingergleichung folgt [EDIT: "folgt" ist mit äußerster Vorsicht zu genießen; siehe weiteren Verlauf der Diskussion] ein Photon mit einer positiven Wahrscheinlichkeit und zwei Photonen mit Wahrscheinlichkeit null. Es folgt nicht ein Photon und dann ein weiteres. Im Zustand ist immer nur ein Photon.

Wenn du wissen willst wie wahrscheinlich die Emission eines weiteren Photons ist, wenn du bereits früher eins registriert hast, kannst du nicht einfach die Bornsche-Regel nochmal auf denselben Zustand anwenden. Das scheint hier dein Fehler zu sein. Du benötigst die bedingte Wahrscheinlichkeit für das Registrieren eines Photons später, wenn gerade eins detektiert wurde. Dazu kannst du entweder die Messung des ersten Photons als Präparation eines weiteren Zustands betrachten und auf diesen die Bornsche Regel anwenden. Das habe ich im letzten Beitrag getan. Das Ergebnis war, daß nur ein Photon registriert wird, obwohl der Zustand nicht kollabiert war. (Dieses Vorgehen setzt natürlich voraus, daß ich die Funktionsweise des Detektors hinreichend gut idealisieren kann.)

Oder du berechnest für den ursprünglichen Zustand die gemeinsame Wahrscheinlichkeit für "ein Photon jetzt und ein Photon später" und benutzt das Bayessche Theorem. Da "ein Photon jetzt und ein Photon später" ein Spezialfall von "insgesamt mindestens 2 Photonen" ist, und die Wahrscheinlichkeit für letzteres null ist, ist auch die gesuchte bedingte Wahrscheinlichkeit null.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 27. Dez 2017 13:23, insgesamt 2-mal bearbeitet
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 27. Dez 2017 12:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Nach kurzer Zeit ist also das System, sagen wir, im Zustand



Nun gerät das Photon irgendwann in den Detektor, d.h. fängt an mit im zu wechselwirken und seinen Zustand zu beeinflussen. Wie sieht dieser Einfluß aus? Nicht anders als so


Nee, das U(t_1) wirkt auch auf das Atom. Also




Das stimmt, ich schrieb zwar

index_razor hat Folgendes geschrieben:

(Ich habe hier angenommen, daß nach der Zeit nichts mehr mit dem Atom passiert, aber das ist nicht unbedingt notwendig.)


Und diese Annahme ist denke ich auch gerechtfertigt. Aus ihr folgt aber nicht, daß sich die Koeffizienten nicht mehr ändern, sondern daß sie sich nur um Phasenfaktoren ändern. Richtig wäre




An dem Argument ändert sich dadurch aber grundsätzlich nichts. (Siehe aber unten.)

Zitat:

Das Problem ist, dass du für den verbleibenden |2p> Anteil für t > t_1 deine o.g. Argumentation erneut anwenden kannst. Damit erhältst du aus der selben Argumentation wie oben erneut ein Photon und eine Detektion. Aber das ist offensichtlich falsch.

Was verbietet dir, die Argumentation, die für t < t_1 gilt, für t > t_1 erneut anzuwenden?


Daß die Wechselwirkung mit dem EM-Feld aufgehört hat. Wenn das nicht der Fall wäre, kann man ja tatsächlich nicht ausschließen, daß das Atom wieder angeregt wird und ein weiteres Photon emittiert. Ich weiß aber nicht, ob der Endzustand, den wir hier benutzen, nicht einfach viel zu naiv ist. Ich will nur darauf hinaus, daß jede Zustandsänderung durch die Schrödingergleichung beschreibbar sein muß und die Argumente, die den Kollaps notwendig erscheinen lassen, auf falschen Schlußfolgerungen beruhen.

Zitat:

Was spricht dagegen, dem Atom jetzt im Sinne eines Kollapses sicher den Zustand |1s> zuzuschreiben?


Nichts spricht gegen die Zuschreibung eines 1s-Zustands, solange sie zweifelsfrei aus der Schrödingergleichung (oder einer störungstheoretischen Näherung) folgt. Andernfalls spricht dagegen, daß wir keine Evolutionsgesetze brauchen, wenn wir ohnehin jederzeit einen Zustand postulieren können, der uns gerade paßt.


Zitat:

Das hier gewählte Beispiel ist unglücklich, da wir in der nicht-rel. QM kein Photon haben und wir dieses künstliche externe el.-mag. Feld verwenden müssen. Dennoch sehe ich bei deiner Argumentation ein grundsätzliches Problem.


Ich glaube nicht, daß ein grundsätzliches Problem vorliegt.

Ein grundsätzliches Problem würde ich vielmehr darin sehen, daß der Kollaps notwendig wäre um keine falschen Vorhersagen aus der QM zu erhalten. Daraus würde nämlich folgen, daß die durch die Schrödingergleichung beschriebene Zeitentwicklung erwiesenermaßen falsch und der Kollaps richtig ist. Dieser Aspekt der Diskussion sollte dir auch Sorgen machen.

Ich glaube aber, daß du mit deiner Kritik an dem Beispiel recht hast. Wir reden hier viel zu naiv darüber, welchen Zustand die Schrödingergleichung zu welcher Zeit ergibt. Wenn wir dabei einen Fehler machen, kann es natürlich durchaus passieren, daß wir irgendwann mal irgendwas brachial mit dem Kollaps reparieren müssen. Das zeigt aber nicht die Notwendigkeit des Kollaps, sondern nur, daß wir nicht in der Lage sind die Schrödingergleichung zu lösen.

Sollen wir ein anderes Beispiel diskutieren, z.B. Spin-Messung nach Stern-Gerlach? Das dürfte deutlich besser verständlich sein. (Sollten wir aber wohl in einem anderen Thread tun.)
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