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Entstehung der Gravitationskraft durch die Raumzeitkrümmung
 
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Physikbegeisterter
Gast





Beitrag Physikbegeisterter Verfasst am: 11. Dez 2017 21:03    Titel: Entstehung der Gravitationskraft durch die Raumzeitkrümmung Antworten mit Zitat

Hallo liebe Physiker!

Ich arbeite mich momentan in die Einstein'sche Relativitätstheorie ein.
Meine Frage vorab:
Wenn die Raumzeit durch die Anwesenheit einer Masse gekrümmt wird, wie erzeugt dies denn genau die Anziehungskraft zwischen diesem Körper und einem anderen (Test-)Körper, genauer, warum bewegen sich die Körper auf einander zu? Wie kann die gekrümmte Raumzeit eine Kraft hervorrufen?

Dieser Punkt wird meiner Meinung nach überhaupt nicht erklärt, zumindest nicht in der populärwissenschaftlichen Literatur. Auch die wunderbaren Vorträge von Herrn Gaßner und Herrn Lesch halten sich diesbezüglich bedeckt.
Zusätzlich gibt es ein bekanntes Erklärungsmodell, dass genau in Bezug auf meine Frage viel Verwirrung stiftet, ohne dass es jemand bemerkt. Kurz zu diesem Erklärungsmodell:
Ein gespanntes Betttuch, in das eine schwere Kugel gelegt wird, krümmt das Betttuch. Wenn man sich vorstellt, dass die Raumzeit dem Betttuch entspreche, rollt eine kleinere Kugel in den gebildeten Trichter hinein. Aber genau hier ist das Problem: Die Kugel rollt ja nur zu der größeren Kugel im Betttuch-Trichter, weil unten wiederrum die Erdanziehung wirkt! Man erklärt mit diesem Anschauungsmodell eben nicht die Kraft, die durch die Raumzeit-Krümmung erzeugt wird.

Viele Grüße
jh8979
Moderator


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Beitrag jh8979 Verfasst am: 11. Dez 2017 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

tja ...


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Physikbegeisterter
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Beitrag Physikbegeisterter Verfasst am: 11. Dez 2017 22:51    Titel: Antworten mit Zitat

Netter Cartoon,

er bringt es auf den Punkt.

Aber im Ernst: Erklärt die allgemeine Relativitätstheorie die Gravitationskraft nicht, sondern beschreibt sie wiederum nur? Wie erklärt die heutge Physik das Zustandekommen dieser Gravitionskraft?

Viele Gruß
Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 11. Dez 2017 23:05    Titel: Antworten mit Zitat

Sind denn andere Kräfte erklärt? Etwa die elektrostatische oder magnetische Anziehung / Abstoßung?
Physikbegeisterter
Gast





Beitrag Physikbegeisterter Verfasst am: 11. Dez 2017 23:14    Titel: Antworten mit Zitat

Es geht mir nicht darum, zu erklären, was eine Kraft ist oder woraus die Gravitationskraft besteht. Ich möchte gerne wissen, WIE die Raumzeit-Krümmung eine Kraft erzeugt.
Wie erzeugt die Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit eine Kraft im dreidimensionalem Raum?

Viele Grüße
jh8979
Moderator


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Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 11. Dez 2017 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Physikbegeisterter hat Folgendes geschrieben:
Erklärt die allgemeine Relativitätstheorie die Gravitationskraft nicht, sondern beschreibt sie wiederum nur? Wie erklärt die heutge Physik das Zustandekommen dieser Gravitionskraft?

Jede physikalische Theorie beschreibt "nur" was wir messen. In der ART taucht keine Gravitationskraft mehr auf. Die Objekte bewegen sich rein nach der Geometrie der Raumzeit.
Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 11. Dez 2017 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

Die Gravitations"kraft" wirkt ja proportional zur Masse. Also eine Eisenkugel von 2 kg wird doppelt so stark angezogen wie eine von 1 kg. Ist jetzt die Raumkrümmung um diese beiden Kugeln so unterschiedlich?

Bemerkenswerterweise "fallen" Körper unterschiedlicher Masse gleichschnell auf einen deutlich größeren - wie muss man sich das vorstellen? - in die Krümmung hinein. Das heißt, die Trägheit ist auch proportional zur Masse.

Ist das eher Zufall oder ein physikalisches Gesetz?
Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 12. Dez 2017 00:04    Titel: Antworten mit Zitat

Ich möchte nicht den Faden verwässern, aber zu den (mir) nicht erklärten Phänomenen gehört auch die Richtungsstabilität von Kreisel-Achsen.

Woher "weiß" ein Kreisel, dessen Achse beim Start auf den Polarstern zeigte, wo sich dieser Stern trotz drehender Erde und Seegang zur Zeit befindet?

Das gilt ja auch für Satelliten auf dem Weg zu anderen Galaxien, ist also unabhängig von der Erddrehung.

Krümmt oder streckt sich der Raum, hat er Richtungsinformationen, mit der sich ein Kreisel beim Start synchronisiert?
max_doering



Anmeldungsdatum: 13.03.2011
Beiträge: 50

Beitrag max_doering Verfasst am: 12. Dez 2017 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Meine ART-Vorlesung ist schon einer Weile her und meine Kenntnisse daher vielleicht etwas eingerostet, ich werde es dennoch versuchen, verständlich und richtig zu erklären Augenzwinkern !

Zunächst müssen wir verstehen was eine Kraft ist! Physiker benutzen Kräfte um zu rechtfertigen, dass sich Körper nicht auf der kürzesten Strecke zwischen zwei Punkten in der Raumzeit bewegen. Diese Strecken nennt man auch Geodäten. Für einen unbeschleunigten Beobachter im unegekrümmten Raum sind diese Geodäten Geraden, auf denen sich Körper mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. (Das wusste schon Newton Augenzwinkern )
Stellen wir uns einen Beobachter auf einem sich drehenden Karussell vor, der einen Ball von einem Punkt auf dem Rand des kreisförmigen Karussells auf die gegenüberliegende Seite werfen möchte.
Ein aussenstehender und mit dem Karussell ruhender Beobachter wird feststellen, dass sich der Ball geradlinig, gleichförmig von einem Ende zum anderen bewegt, (Vergessen wir für einen Moment die Gravitation) während sich der Beobachter auf dem Karussell weiter dreht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass keine Kräfte auf den Ball wirken können.
Der Beobachter auf dem Karussell befindet sich in einem mitrotierenden Bezugssystem, für ihn sieht die Bahn des Balls nicht aus wie eine Gerade. Er kommt zu dem Ergebnis, dass auf den Ball eine Kraft wirken muss! (Das ist zumindest die klassische Art, das Problem zu lösen)

Es gibt, aber noch eine Art, den Sachverhalt zu beschreiben. Statt zu behaupten, der Körper bewege sich aufgrund einer Kraft abweichend der Geodäte, könnte man der Ansicht sein, dass die Geodäte im rotierenden Bezugssystem eine andere sei, dass also die Rotation des Bezugssystems die Geodäte beinflusst, sozusagen das Maß für Abstände in der Raumzeit ändert und damit "den Raum krümmt". Das ist eben der Ansatz der Allgemeinen Relativitätstheorie!

Statt zu behaupten, der Körper bewege sich auf gekrümmten Bahnen durch den Raum, die sich durch eine Kraft erklären ließen, behauptet man, der Körper bewege sich auf "geradlinigen" (also geodätischen) Bahnen durch einen gekrümmten Raum. Im Falle der ART wird die Krümmung duch Massen verursacht. Man könnte auch das Karussell auf gleiche Art beschreiben! Dann würde die "Krümmung" durch die Rotation verursacht werden.

Es macht also meiner Meinung nach keinen Sinn zu Fragen, wie die Raumkrümmung eine Kraft erzeugt. Vielmehr handelt es sich um 2 verschiedenen Arten der Beschreibung des Phänomens Gravitation!

Viele Grüße,
Max Döring
Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 12. Dez 2017 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

max_doering hat Folgendes geschrieben:
Physiker benutzen Kräfte um zu rechtfertigen, dass sich Körper nicht auf der kürzesten Strecke zwischen zwei Punkten in der Raumzeit bewegen. Diese Strecken nennt man auch Geodäten.
Geo = Erde?

Um eine Gravitationslinse herum beschreiben Lichtstrahlen Bögen, müssten also länger unterwegs sein zum Bebachter, als wenn die Gravitationslinse nicht da wäre. Heisst das nun, dass die "gebogenen" Strahlen damit dem Beobachter eine weitere Entfernung der Lichtquelle vorgaukeln?

Oder gereicht die "Kraft" der Gravitationslinse bzw. die "Eigenschaft" des um sie gekrümmten Raumes auch dazu, den ankommenden Strahl zu beschleunigen und bei Entfernung wieder zu bremsen auf Lichtgeschwindigkeit? Also sowas wie Swing-By?

Die Antwort kann wohl nur spekulativ sein, nachstellen und messen geht ja nicht.
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 12. Dez 2017 16:04    Titel: Antworten mit Zitat

Die ART erklärt die Gravitationskraft als Trägheitskraft, also eine Scheinkraft. Also: Bei genauem Hinsehen gibt es gar keine Gravitationskraft. Es ist vielmehr so, dass der Erdboden nach oben beschleunigt ist und deswegen eine Kraft auf alle Körper ausübt, die darauf liegen. Das ist dieselbe Situation wie auf der Innenseite eines rotierenden Zylinders, wo eine mysteriöse Fliehkraft alle Dinge auf den Boden drückt: Bei näherer Betrachtung wird klar, dass es da gar keine echte Fliehkraft gibt, sondern der Zylindermantel nach innen beschleunigt und deswegen eine Kraft auf alle darauf befindlichen Körper ausübt.

Raumzeitkrümmung braucht man dafür noch nicht, rotierende Zylinder funktionieren auch in flacher Raumzeit. Man braucht Raumzeitkrümmung, um zu erklären, wie z.B. zwei gegenüberliegende Punkte auf der Erdoberfläche entgegengesetzt beschleunigen und dennoch immer gleichen Abstand haben können. Das geht in flacher Raumzeit sicher nicht.

Zum Gummituch: Es geht gar nicht ums "nach unten rollen", sondern darum, gekrümmte Geodäten zu erklären. Das funktioniert mit einer Delle genauso wie einem Hügel, der nach oben aus dem Tuch ragt. Die Idee ist, auf so eine gekrümmte Fläche ein Spielzeugauto ohne Lenkung zu setzen, das eigentlich nur geradeaus fahren kann. Auf der krummen Fläche fährt es trotzdem eine Kurve, obwohl niemand lenkt. Die Analogie ist, dass unbeschleunigte Körper in gekrümmter Raumzeit eine Kurve fliegen, obwohl da keine Kraft ist, die sie ablenkt.
max_doering



Anmeldungsdatum: 13.03.2011
Beiträge: 50

Beitrag max_doering Verfasst am: 13. Dez 2017 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:
Geo = Erde?

Ja, Geo steht für Erde. Ich vermute, dass der Begriff aus der Vermessung stammt. Im verallgemeinerten mathematischen Sinne hat es aber nicht zwangsweise etwas mit der Erde zu tun! Geodäten verbinden Punkte auf kürzestem Wege. Bspw. auf einer Kugel, einem flachen Blatt Papier oder eben auch in der 4D-Raumzeit. Wenn du dir Flugrouten von Flugzeugen auf einer Landkarte anschaust, wirst du feststellen, dass diese nicht als Geraden auf der Karte erscheinen. Das liegt daran, dass die Karte eine krumme Kugeloberfläche in die flache Ebene abbildet. Dann sind die Geodäten eben keine Geraden mehr!

Zitat:
Um eine Gravitationslinse herum beschreiben Lichtstrahlen Bögen, müssten also länger unterwegs sein zum Bebachter, als wenn die Gravitationslinse nicht da wäre. Heisst das nun, dass die "gebogenen" Strahlen damit dem Beobachter eine weitere Entfernung der Lichtquelle vorgaukeln?


Was meinst du mit "länger unterwegs"? Licht bewegt sich immer mit Lichtgeschwindigkeit, legt einen bestimmten Weg also immer in der selben Zeit zurück, wobei das Maß für Strecken und Zeit in der ART vom Ort abhängen kann und durch Massen beinflusst wird.

Zitat:
Oder gereicht die "Kraft" der Gravitationslinse bzw. die "Eigenschaft" des um sie gekrümmten Raumes auch dazu, den ankommenden Strahl zu beschleunigen und bei Entfernung wieder zu bremsen auf Lichtgeschwindigkeit? Also sowas wie Swing-By?

Die Antwort kann wohl nur spekulativ sein, nachstellen und messen geht ja nicht.


Die Antwort ist in sofern nicht spekulativ, als dass sie wohl die Fundamente der theoretischen Physik sprengen würde, wenn man sie mit Ja beantworten würde Augenzwinkern . Die Lichtgeschwindigkeit ist, nach allem was wir bis heute gemessen haben, die obere Schranke für Informationsübertragung im Universum. Eine beschleunigung von Licht ist daher undenkbar.

Ich finde, die Situation lässt sich leichter verdeutlichen, wenn man die Situation nicht an Licht, sondern einer bewegten Testmasse, die an einer großen Masse (also z.B. deiner Gravitationslinse) vorbeifliegt, erläutert! Die Länge der Strecke zwischen zwei Punkten in der Raumzeit, die die Testmasse passiert, ist hierfür nämlich proportional zur sogenannten Eigenzeit. Das ist die Zeit, die eine Uhr anzeigen würde, die gemeinsam mit der bewegten Masse reist! Das bedeutet: Bewegt sich der Körper auf einer Geodäte (ist also der Weg zwischen zwei Raumzeit-Punkten minimal), ist die Eigenzeit minimal. Wahrscheinlich kennst du den Effekt der gravitativen Zeitdilatation, dass also Uhren in der Nähe schwerer Objekte langsamer gehen. Die Bahn der bewegten Masse wird also deshalb zur schweren Masse hin gekrümmt, weil in ihrer Nähe die Zeit langsamer vergeht. Der optimale Weg ist also immer ein Wechselspiel aus räumlicher Distanz und "Geschwindigkeit" der Zeit, und die Natur findet hierbei immer das Optimum!
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 17:55    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:
Um eine Gravitationslinse herum beschreiben Lichtstrahlen Bögen, müssten also länger unterwegs sein zum Bebachter, als wenn die Gravitationslinse nicht da wäre.

In drei Dimensionen erscheinen die Lichtstrahlen gekrümmt. In vier Dimensionen entsprechen diese Lichtstrahlen (sowie auch andere Bahnkurven wie z.B. die Ellipsen der Planetenbahnen) mathematisch kürzestmöglichen und zugleich geradesten Verbindung zweier Punkte (Lichtquelle und Beobachter).

Lokal betrachtet bewegt sich Licht dabei immer mit Lichtgeschwindigkeit.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
protolus



Anmeldungsdatum: 13.12.2018
Beiträge: 1

Beitrag protolus Verfasst am: 13. Dez 2018 22:27    Titel: Protolus Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

Ihr habt irgendwie die Frage von Physikbegeisterter nicht richtig verstanden.

Das mit den Geodäten und so weiter ist ja gut und schön. Seine Frage lautet aber letztendlich: Wie erzeugt die Raumzeitkrümmung eine Beschleunigung in Richtung Erd- (Masse) mittelpunkt. Eine Raumstation im Erdorbit folgt einer Kreisbahn. Eine Masse auf einer Kreisbahn muss ständig zum Mittelpunkt des Kreises hin beschleunigt werden. Also: Durch welchen Mechanissmus wird eine Masse durch eine Raumzeitkrümmung beschleunigt?

Da gibt es eine Erklärung (Gleichung). Hat was mit der Ladung eines Elektrons zu tun. Habe das vor einiger Zeit mal im Internet recherchiert. Bin gerade dabei, das wiederzufinden.
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