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Zweite Quantisierung
 
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schnudl
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Anmeldungsdatum: 15.11.2005
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Beitrag schnudl Verfasst am: 09. Aug 2016 14:53    Titel: Zweite Quantisierung Antworten mit Zitat

In meinen bescheidenen Büchern finde ich den Übergang von der ersten zur zweiten Quantisierung immer nur lapidar hingeworfen, indem gesagt wird, die "klassische" Wellenfunktion und ihr kanonischer Impuls würden nun zu Operatoren mit bestimmten Vertauschungsrelationen und einer zeitlichen Entwicklung, die durch die Heisenberggleichung gegeben ist.

Warum kann man so einfach aus Wellenfunktionen Operatoren machen? Mir ist noch unklar, wie sich diese Vorgangsweise rechtfertigen lässt. Fällt das vom Himmel, oder steckt da eine tiefere Begründung dahinter?

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Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen (Goethe)
jh8979
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 09. Aug 2016 18:14    Titel: Re: zweite Quantisierung Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
In meinen bescheidenen Büchern finde ich den Übergang von der ersten zur zweiten Quantisierung immer nur lapidar hingeworfen, indem gesagt wird, die "klassische" Wellenfunktion und ihr kanonischer Impuls würden nun zu Operatoren mit bestimmten Vertauschungsrelationen und einer zeitlichen Entwicklung, die durch die Heisenberggleichung gegeben ist.

Das sind dann allerdings wirklich sehr bescheidene Bücher (aber aus anderen Gründen als Du denkst). Augenzwinkern Erklär ich gleich ausführlicher.
Zitat:

Warum kann man so einfach aus Wellenfunktionen Operatoren machen? Mir ist noch unklar, wie sich diese Vorgangsweise rechtfertigen lässt. Fällt das vom Himmel, oder steckt da eine tiefere Begründung dahinter?

Das Begründungsproblem hast Du schon in dem Übergang von klassischer Physik zur QM: Wieso sollten x und p nicht vertauschen? Darauf gibt es keine Antwort. Es stellt sich nur heraus, das dies eine Theorie liefert, die unsere Welt hervorragend zu beschrieben scheint.

Jetzt zur Deiner Frage: Der Begriff "zweite Quantisierung" ist irreführend und sollte am besten nicht benutzt werden. Es handelt sich schlicht um eine intelligente Art Systeme mit vielen Teilchen zu quantisieren, der insbesondere dann unumgänglich wird, wenn die Teilchenzahl nicht mehr erhalten ist (aber auch vorher schon zB bei der Beschreibung von Festkörpern sehr nützlich ist).

Und diese Art der Quantisierung von Vielteilchensystemen ist eigentlich auch nicht Schroediger-Wellenfunktionen zu nehmen und daraus Operatoren zu machen, sondern Operatoren zu definieren, welche im Hilbertraum alle möglichen Moden besetzen können. Das sieht am Ende zwar genauso aus, ist aber vom Grundgedanken her etwas ganz anderes.
franz



Anmeldungsdatum: 04.04.2009
Beiträge: 11583

Beitrag franz Verfasst am: 09. Aug 2016 19:03    Titel: Re: zweite Quantisierung Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
vom Grundgedanken her etwas ganz anderes.

Das ist auch mein Eindruck beim Blättern in den Uralt-Notizen. Mit Heisenberg begann wohl die radikale Lösung von klassischen Vorstellungen (Wellenfunktion) - quasi durch eine neue, passende Sprache, wo das Schrödingerbild als Spezialfall auftaucht. Nach Bauchgefühl scheint mir dieser Bruch noch radikaler als bei der "Vierer"-Darstellung der Relativitätstheorie.
schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
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Beitrag schnudl Verfasst am: 10. Aug 2016 20:21    Titel: Antworten mit Zitat

Soweit ich gelesen habe (Rebhan, Greiner), ist die Einführung der "zweiten Quantisierung" auf das Schrödingerfeld im Fock-Raum zunächst vollkommen äquivalent (?) zur Formulierung einer Vielteilchenquantenmechanik (für Bosonen oder Fermionen mit entsprechender Symmetrierung).

Die Feld-Operatoren scheinen tatsächlich erst einmal willkürlich definiert zu sein, erfüllen aber nach kurzer Rechnung die Zeitabhängigkeit der Schrödingergleichung.

Gleiches trifft auch auf die relativistischen Wellengleichungen zu, wenn man sie entsprechend quantisiert.

Gehe ich richtig in der Annahme, dass spürbare Effekte der QFT erst ins Spiel kommen, wenn unterschiedliche Felder untereinander wechselwirken und die Teilchenzahl nicht erhalten bleibt?

Was ist eigentlich der "modernste" Zugang zur QFT? Es gibt, habe ich gelesen, ja auch den Pfadintegral Formalismus.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 10. Aug 2016 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Soweit ich gelesen habe (Rebhan, Greiner), ist die Einführung der "zweiten Quantisierung" auf das Schrödingerfeld im Fock-Raum zunächst vollkommen äquivalent (?) zur Formulierung einer Vielteilchenquantenmechanik (für Bosonen oder Fermionen mit entsprechender Symmetrierung).

Muss es Greiner sein?

Ich verstehe einiges nicht. Was meinst du mit Schrödingerfeld? Es handelt sich zunächst um (ziemlich beliebige) klassische Felder, für die man aus den Poissonklammern kanonische Vertauschungsrelationen ableitet; für die entsprechenden Feldoperatoren gilt dann



Daraus werden dann die Vertauschungsrelationen für die Fourierkomponenten abgeleitet, die gerade den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren entsprechen.

Ja, man kann dies auch irgendwie mit Slaterdeterminante-Determinante usw. schreiben, aber das ist von vorvorgestern, bringt keinerlei Erkenntnisgewinn - und man muss nicht jeden Umweg mitmachen.

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Die Feld-Operatoren scheinen tatsächlich erst einmal willkürlich definiert zu sein, erfüllen aber nach kurzer Rechnung die Zeitabhängigkeit der Schrödingergleichung.

Auch das verstehe ich nicht. Die Definition der Feldoperatoren und der Vertauschungsrelationen ist unabhängig von der speziellen Gleichung, die die freien Felder erfüllen; es könnte auch das Dirac- oder das Klein-Gordon-Feld sein.

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Gehe ich richtig in der Annahme, dass spürbare Effekte der QFT erst ins Spiel kommen, wenn unterschiedliche Felder untereinander wechselwirken und die Teilchenzahl nicht erhalten bleibt?

Für freie Felder liefert die QFT tatsächlich wenig Neues. Allerdings steckt in den renormierten (oder einfach normalgeordneten) freien Feldern schon etwas neue Physik, z.B. der Casimireffekt sowie die Hawkingstrahlung.

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Was ist eigentlich der "modernste" Zugang zur QFT? Es gibt, habe ich gelesen, ja auch den Pfadintegral Formalismus.

Fundamental ist und bleibt die kanonische Quantisierung.

Das Pfadintegral ist letztlich dazu äquivalent (wobei es erstens mathematisch nicht wohldefiniert, und zweitens die Äquivalenz von diversen Vereinfachungen abhängt). Es ist in vielen Fällen gerade für die Feynmanregeln und die Störungstheorie praktisch; m.E. wird es aber gerade deswegen überbewertet.

Ein weiterer moderner Zugang ist die axiomatische / algebraische Quantenfeldtheorie (C*-Algebren, Wightman-Axiome, Osterwalder-Schrader-Axiome, ...); dies alles zielt jedoch im Wesentlichen auf mathematische Exaktheit ab und liefert wenig praktisch verwertbare Erkenntnisse.
schnudl
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Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 6979
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Beitrag schnudl Verfasst am: 11. Aug 2016 08:59    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Muss es Greiner sein?


Muss mir das peinlich sein Big Laugh ? Ich habe seine Serie halt zu Hause im Bücherregal. Ich mag ihn deshalb, da er aus meiner Sicht didaktisch vorgeht, alles detailliert durchgerechnet wird und keine mathematischen Fragezeichen stehen bleiben. Wieso ist Greiner eher nicht so empfehlenswert? Was kann man (als Einstiegsliteratur) empfehlen?

Im Folgenden gebe ich nur wieder, was ich gelesen habe:

Zitat:
Ich verstehe einiges nicht. Was meinst du mit Schrödingerfeld?


In beiden von mir zitierten Büchern wird zunächst die klassische Feldtheorie ausgearbeitet und anschließend die kanonischen Vertauschungsrelationen auf exemplarische Felder angewandt. Angefangen wird eben mit dem klassischen Schrödingerfeld ("8.1. Quantisierung des Schrödingerfeldes" im Rebhan).

Zitat:
Die Definition der Feldoperatoren und der Vertauschungsrelationen ist unabhängig von der speziellen Gleichung, die die freien Felder erfüllen; es könnte auch das Dirac- oder das Klein-Gordon-Feld sein.


Ich wollte wissen, was die Bedeutung von Feldoperatoren ist. Eingeführt werden sie durch den lapidaren Satz "Wir machen nun die "Orte" und die "Impulse" zu Heisenberg Operatoren, und verlangen, dass diese den vertrauten Vertauschungsrelationen genügen". Gleichzeitig wird die Heisenberggleichung als Bewegungsgleichung eingefordert.

Obwohl mir ja klar ist, was mit "Ort" und "Impuls" in der Feldtheorie gemeint ist, ist es mir (an dieser Stelle) so gar nicht klar, was der abstrakte Operator bewirkt. Es wird in weiterer Folge eine Entwicklung der Feldoperatoren nach Eigenfunktionen der Feldgleichung (hier z.b. Schrödingergleichung) durchgeführt; dabei sind die zeitlichen Entwicklungskoeffizienten Erzeuger bzw. Vernichter von Teilchen im Zustand i, wodurch der Fock-Raum eingeführt wird. Ganz weit hinten wird dann demonstriert, dass die Wellenfunktionen des Ortsraums durch Anwendung des Feldoperators auf den Vakuumzustand entstehen: Der Feldoperator erzeugt quasi ein Teilchen im Zustand n am Ort x.

Alles in allem zweifle ich ja nicht an der Sinnhaftigkeit der Vorgehensweise, ich sehe nur nicht, was "neu" ist (im Sinne einer Definition oder eines Axioms das man halt hinnehmen muss und das sich im Folgenden für die Beschreibung der Natur bewährt) und was bloß eine elegante Umformulierung schon bekannter Tatsachen darstellt. Der Kern der Frage war: Liefert die Einführung des Feldoperators nun etwas physikalisch neues oder ist es nur eine äquivalente Darstellung bekannter Tatsachen?

Du hast das hiermit beantwortet:

Zitat:
Für freie Felder liefert die QFT tatsächlich wenig Neues. Allerdings steckt in den renormierten (oder einfach normalgeordneten) freien Feldern schon etwas neue Physik, z.B. der Casimireffekt sowie die Hawkingstrahlung.

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jh8979
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 11. Aug 2016 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:

Muss mir das peinlich sein Big Laugh ? Ich habe seine Serie halt zu Hause im Bücherregal. Ich mag ihn deshalb, da er aus meiner Sicht didaktisch vorgeht, alles detailliert durchgerechnet wird und keine mathematischen Fragezeichen stehen bleiben. Wieso ist Greiner eher nicht so empfehlenswert? Was kann man (als Einstiegsliteratur) empfehlen?

Weinberg um QFT zu lernen und
Peskin&Schroeder um das Ausrechnen von Wirkungsquerschnitten zu lernen smile
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Aug 2016 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Schnudl,

zur Einführung der Feldoperatoren nochmal (m)eine kurze Erklärung:

Man geht aus von einem klassischen Feld; in der Elektrodynamik wäre dies das Eichfeld A(x). Dazu bestimmt man den kanonisch konjugierten Impuls; in der Elektrodynamik wäre dies das elektrische Feld E(x). Dazu konstruiert man die Poissonklammern. Bis dahin ist das alles klassische Feldtheorie.

Nun quantisiert man das Feld. Dies kann man in unterschiedlicher Weise „motivieren“, jedoch nicht streng herleiten: am anschaulichsten ist m.E. eine Kette von Oszillatoren, d.h. mittels Federn gekoppelter Massenpunkten. Diese diskreten Freiheitsgrade werden exakt wie in der QM quantisiert. Im Grenzfall eines Kontinuums resultieren die Quantisierungsregeln für ein kontinuierliches Feld (s.o.)

Man führt hier keine neue Regel ein, und die Feldquantisierung ist nicht ad hoc sondern folgt strikt den Regeln der QM. Eine Alternative wäre die Quantisierung eines Feldes auf einem kompakten Raum, z.B. dem 3-Torus. Daraus resultieren strikt herleitbar dieselben Quantisierungsregeln.

Die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren entsprechen zunächst mal den Fourierkomponenten des Feldes im Ortsraum. Die Vertauschungsrelationen für die Feldoperatoren im Ortsraum sowie die Vertauschungsrelationen für die Fourierkomponenten im Impulsraum sind mathematisch streng äquivalent. Die Algebra der Operatoren ist lediglich eine Verallgemeinerung der Quantisierung des harmonischen Oszillators.

Wichtig ist, dass die Bewegungsgleichungen irrelevant für die Quantisierungsvorschrift sind. Man kann jedes beliebige quantenmechanische System wie den harmonischen Oszillator behandeln; z.B. könnte man das Wasserstoffatom ebenfalls in dieser Basis darstellen, was zwar für die Lösung ungeschickt, jedoch mathematisch zulässig wäre. Weder die Heisenbergsche noch die Schrödinger-Bewegungsgleichung sind relevant für die Quantisierung; man verwendet sie allenfalls in das in der Feldtheorie übliche Heisenberg- oder Wechselwirkungsbild; die Quantisierungsvorschrift sowie Vertauschungsrelationen sind jedoch invariant bzgl. eines Wechsels des Bildes.

Letztlich liefert die Feldquantisierung NICHTS fundamental Neues, man muss lediglich den Formalismus der QM von endlich auf abzählbar viele Freiheitsgrade erweitern (natürlich ist ein größerer mathematischer Aufwand erforderlich). Deswegen ist auch der Begriff „zweite Quantisierung“ sinnlos, er ist rein historisch bedingt.

Zurück zu den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren. Da diese letztlich den Regeln der Operatoren für den harmonischen Oszillator entsprechen, können sie direkt und (fast) identisch interpretiert werden. Wichtig ist nur, dass beim Oszillator den Zustand |n> als ein Teilchen im n-ten Niveau interpretiert, während man in der Quantenfeldtheorie



als n Moden im k-ten Zustand interpretiert. Dies resultiert letztlich daraus, dass die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren zunächst den Fourierkomponenten = Amplituden im Impulsraum entsprechen; diese trifft auf den Oszillator natürlich nicht zu.

Ich halte diese Darstellung jedoch auch für überbewertet. Tatsache ist, dass man Basiszustände im Fockraum konstruiert; diese folgen aus der freien Theorie (da die volle Theorie nicht lösbar ist). Nun folgt die Interpretation üblicherweise diesen Basiszuständen für die freie Theorie, aber eigtl. interessiert uns die freie Theorie überhaupt nicht, sondern wir möchten Eigenzustände für die wechselwirkende Theorie berechnen. Dazu verwenden wir die o.g. Konstrukte als mathematische Hilfsmittel, ohne dass sie dadurch physikalisch relevant sein müssen.


Bsp.:
1) in nicht-abelschen Eichtheorien existiert die freie Theorie prinzipbedingt nicht!
2) in Eichtheorien ist ein Einteilchen-Zustand kein physikalischer Zustand (und muss daher nicht interpretiert werden :-)
3) Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren erzeugen (vernichten) keine physikalischen Teilchen, sondern sind lediglich Hilfsmittel
4) Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren erzeugen (vernichten) genau die Moden, die man selbst eingeführt hat; dies sind zwar üblicherweise ebene Wellen, jedoch nicht zwingend (man kann auch distorted waves verwenden, z.B. Eigenzustände der Dirac-Gleichung im Wasserstoffatom zur Berechnung der Lamb-Shift)
5) die Verwendung ebener Wellen steht in einfachen Darstellungen zur Streutheorie im Vordergrund; dies ist jedoch in vielerlei Hinsicht irrelevant oder gar unzureichend (z.B. für gebundenen Zustände, nicht-störungstheoretische Ansätze wie Gittereichtheorie, QCD Vakuum, …, eines der Probleme die mittels Regularisierung gelöst werden müssen, …)
schnudl
Moderator


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Beitrag schnudl Verfasst am: 16. Aug 2016 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

Danke einmal für die Antworten!

Zitat:
Wichtig ist, dass die Bewegungsgleichungen irrelevant für die Quantisierungsvorschrift sind.

Ja, wird aber der kanonische Impuls nicht erst aufgrund der Lagrangedichte als partielle Ableitung dieser nach der ersten Ableitung der Feldgröße definiert? Da die Bewegungsgleichung ja aus der Lagrangedichte hervorgeht, würde dann doch auch der kanonische Impuls auf der konkreten Bewegungsgleichung beruhen - oder verwechsle ich hier Ursache und Wirkung in der Definition? Sobald ich eine Hamiltondichte H(q, p, t) habe, kann ich natürlich Vertauschungsrelationen definieren.

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jh8979
Moderator


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Beitrag jh8979 Verfasst am: 16. Aug 2016 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:

Ja, wird aber der kanonische Impuls nicht erst aufgrund der Lagrangedichte als partielle Ableitung dieser nach der ersten Ableitung der Feldgröße definiert? Da die Bewegungsgleichung ja aus der Lagrangedichte hervorgeht, würde dann doch auch der kanonische Impuls auf der konkreten Bewegungsgleichung beruhen - oder verwechsle ich hier Ursache und Wirkung in der Definition? Sobald ich eine Hamiltondichte H(q, p, t) habe, kann ich natürlich Vertauschungsrelationen definieren.

Ja, das kannst Du so machen. Aber der Punkt ist, dass Du Deine Quantenfeldtheorie nicht durch kanonische Quantisierung aus einer Lagrandichte herleiten musst.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Aug 2016 09:46    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Danke einmal für die Antworten!

Zitat:
Wichtig ist, dass die Bewegungsgleichungen irrelevant für die Quantisierungsvorschrift sind.

Ja, wird aber der kanonische Impuls nicht erst aufgrund der Lagrangedichte als partielle Ableitung dieser nach der ersten Ableitung der Feldgröße definiert? Da die Bewegungsgleichung ja aus der Lagrangedichte hervorgeht, würde dann doch auch der kanonische Impuls auf der konkreten Bewegungsgleichung beruhen - oder verwechsle ich hier Ursache und Wirkung in der Definition? Sobald ich eine Hamiltondichte H(q, p, t) habe, kann ich natürlich Vertauschungsrelationen definieren.

Der kanonische Impuls folgt aus den Termen mit Zeitableitung; weitere Terme in der Lagrangedichte sind für den kanonischen Impuls irrelevant.

Ich meinte jedoch etwas anderes: üblicherweise folgen die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren aus den Feldoperatoren, deren kanonischen Vertauschungsrelationen sowie einer Fouriertransformation. Die kanonischen Vertauschungsrelationen folgen natürlich aus der Lagrangedichte. Aber die Wahl der Fouriertransformation, d.h. dass Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren gerade Quanten für ebene Wellen erzeugen und vernichten ist nicht zwingend. Du kannst letztlich beliebige vollständige Orthonormalsysteme verwenden, d.h. soetwas wie



verziert mit diversen c.c. bzw. h.c u.ä.

Damit erzeugen und vernichten die Operatoren Quanten bzgl. der Basis u_n, die nicht zwingend ebenen Wellen entsprechen muss. Z.B. verwendet man für die Berechnung der Lamb-Shift die Lösungen der Dirac-Gleichung für das Wasserstoffatom, für die Berechnung der Hawkingstrahlung distorted Waves auf einer gekrümmten Raumzeit, in nicht-linearen, effektiven Hadronmodellen distorted Waves für das Pionfeld usw.

Man verwendet eine dem System angepasste Basis (alternativ kann man eine Basistransformation auch mittels Bogoljubov-Transformation darstellen). Die Wahl der Basis ist dabei jedoch nicht durch das System zwingend vorgegeben.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
schnudl
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Beitrag schnudl Verfasst am: 17. Aug 2016 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, das leuchtet mir einmal ein.

Eine neue Frage beim Durchlesen von Peskin-Schroeder wäre die folgende:

In Chapter 2 - Klein Gordon Field, wird auf den Ausdruck



eingegangen. Soweit ist mir klar, wie man darauf kommt. Doch nun folgt eine scheinbar einfache, aber für mich derzeit nicht nachvollziehbare Überlegung:

Für raumartige Abstände (x-y)²<0 kann eine Lorentz-Transformation auf den zweiten Term angewandt werden, bei dem räumlich und zeitlich gespiegelt wird, also



Dadurch heben sich beide Ausdrücke weg und der Kommutator ist Null.

Für zeitartige Abstände ist dies nicht der Fall, da es keine kontinuierliche Transformation gibt, und der Kommutator i.A. daher nicht verschwindet.

Was ich nicht verstehe ist:

1) Es hat ja nichts mit QFT zu tun: aber wieso kann für (x-y)²<0 eine kontinuierliche Transformation gefunden werden und für den anderen Fall (x-y)²>0 nicht? Woraus ergibt sich das in voller Allgemeinheit? Soweit ich weiß, kann bei raumartigen Abständen immer eine L-Transformation gefunden werden, wo die Zeitdifferenz verschwindet. Ich sehe aber leider nicht, wie mir das hier weiterhilft.

2) Warum gilt in der obigen Argumentation (siehe Original als Bild) nur eine kontinuierliche LT? Die Transformationsmatrix



ist ja eindeutig eine zulässige Lorentztransformation. Es wird ja auch gesagt, dass jeder Term separat Lorentz-invariant ist. Ist vielleicht in Wirklichkeit nur eine Invarianz jedes der der beiden Terme bezüglich kontinuierlicher LTs gegeben?



Leider hänge ich hier schon seit einem Tag und habe mich irgendwie verfahren...Kann mir jemand einen Denkanstoß geben? Ich würde das gerne verstehen...

Danke und Grüße,
Michael



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Zuletzt bearbeitet von schnudl am 17. Aug 2016 23:22, insgesamt einmal bearbeitet
jh8979
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 17. Aug 2016 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:

1) Es hat ja nichts mit QFT zu tun, aber wieso kann für (x-y)²<0 eine kontinuierliche Transformation gefunden werden und für den anderen Fall (x-y)²>0 nicht? Woraus ergibt sich das in voller Allgemeinheit? Soweit ich weiß, kann bei raumartigen Abständen immer eine Transformation gefunden werden, wo die Zeitdifferenz verschwindet. Ich sehe aber leider nicht, wie mir das weiterhilft.

2) Warum gilt in der obigen Argumentation (siehe Original als Bild) nur eine kontinuierliche LT? Die Transformationsmatrix



ist ja eindeutig eine zulässige Lorentztransformation.

Peskin ist hier nur an der Zusammenhangskomponente der 1 der Lorentz Gruppe interessiert (also den "proper, orthochronous Lorentz transformations"). Nur für die ist dein Ausdruck Lorentz invariant (siehe z.B. Definition des Invarianten Maßes in (2.40).
schnudl
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Beitrag schnudl Verfasst am: 17. Aug 2016 23:35    Titel: Antworten mit Zitat

Aha. Die Invariante 2.40 wird "bewiesen" indem p' nach p in der Deltafunktion abgeleitet wird (Produktregel für Delta-Funktionen). Kann man sagen, dass diese Argumentation bei nicht kontinuierlichen Transformationen nicht anwendbar ist, da man - ich sage es mal ganz flapsig - die Differenzierung dp'/dp nicht funktioniert?

Und wie ist es mit meiner ersten Frage? Wieso gibt es eine "proper, orthochronous Lorentz transformation" die x in -x abbildet nur für raumartige Abstände?

Danke schon mal!

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jh8979
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 17. Aug 2016 23:39    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Aha. Die Invariante 2.40 wird "bewiesen" indem p' nach p in der Deltafunktion abgeleitet wird (Produktregel für Delta-Funktionen). Kann man sagen, dass diese Argumentation bei nicht kontinuierlichen Transformationen nicht anwendbar ist, da man - ich sage es mal ganz flapsig - die Differenzierung dp'/dp nicht funktioniert?

Das funktioniert schon, aber insbesondere wird da z.B. p0>0 gefordert.
Zitat:

Und wie ist es mit meiner ersten Frage? Wieso gibt es eine "proper, orthochronous Lorentz transformation" die x in -x abbildet nur für raumartige Abstände?

Weil "Zukunft" und "Vergangenheit" (sprich zeitartig mit t>0 und t<0) nicht zusammenhängend sind, der raumartige Bereich hingegen schon.
schnudl
Moderator


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Beitrag schnudl Verfasst am: 17. Aug 2016 23:59    Titel: Antworten mit Zitat

danke einmal.

Ersteres habe ich noch nicht verinnerlicht und muss ich mir noch anschauen.

Die Zweite Antwort ist mir gefühlsmäßig klar, aber wie kann man das zeigen?

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jh8979
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Anmeldungsdatum: 10.07.2012
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 18. Aug 2016 00:05    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:

Die Zweite Antwort ist mir gefühlsmäßig klar, aber wie kann man das zeigen?

Was, dass das eine zusammenhängen ist und das andere nicht? Relativ einfache Mathematik, in einem Fall gibt es einen Weg (der komplett innerhalb der raumartigen Komponente bleibt) der zwei Punkte verbindet, im anderen, zeitartigen Fall nicht (da man den Lichtkegel überqueren muss).
schnudl
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Beitrag schnudl Verfasst am: 18. Aug 2016 10:25    Titel: Antworten mit Zitat

ach so ... jetzt ist es klar LOL Hammer
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