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wam_de
Anmeldungsdatum: 16.06.2016 Beiträge: 3 Wohnort: Hamburg
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wam_de Verfasst am: 16. Jun 2016 15:01 Titel: Freier Fall in ein schwarzes Loch |
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Hallo allerseits,
ich interessiere mich dafür, welche (besonders optischen) Effekte auftreten beim freien Fall in ein schwarzes Loch. Konkretes Beispiel:
Ich befinde mich in weiter Entfernung von einem SL gemeinsam mit drei weiteren Beobachtern : ein Beobachter vor mir, einer hinter mir, und einer neben mir in jeweils dem gleichen Abstand, und wir senden uns regelmäßig (d.h. nach Eigenzeit des jeweiligen Beobachters) Lichtsignale. Nun fallen wir gemeinsam in ein SL, wobei ich mal annehme, daß das SL so groß ist, daß die Gezeitenkräfte erst weit innerhalb des SL unangenehm werden.
Wir ändert sich der Abstand zum voraus- und nacheilenden sowie zum neben mir fliegenden Beobachter und die Lichtsignale gemessen in meinem lokalen Koordinatensystem? Aus Sicht eines ruhenden Beobachters sollte ja die Abstände in Richtung auf das SL zunächst größer und die senkrecht zur Flugrichtung kleiner werden, bis wir uns dann alle am Ereignishorizont treffen. Aber wie sieht die Welt aus meiner Sicht (d.h. des frei fallenden Beobachters) aus?
Ggf steht dazu schon einiges im Thread radiale und transversale Längen in Schwarzschild Koordinaten, aber ich bekomme die Applikation auf meinen Fall nicht hin...
danke!
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Ich
Anmeldungsdatum: 11.05.2006 Beiträge: 913 Wohnort: Mintraching
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Ich Verfasst am: 16. Jun 2016 15:34 Titel: |
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Der ruhende Beobachter sieht eure radialen Abstände nah am EH wieder schrumpfen, weil ihr alle dort "hängenbleibt". Für euch passiert das, was du gesagt hast, wobei erst der vordere und dann der seitliche Beobachter igendwann hinter einem Horizont verschwinden, das heißt ihre Bilder eingefroren und immer stärker rotverschoben sind.
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wam_de
Anmeldungsdatum: 16.06.2016 Beiträge: 3 Wohnort: Hamburg
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wam_de Verfasst am: 16. Jun 2016 15:48 Titel: Freier Fall in ein schwarzes Loch |
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Danke für die Antwort - aber wie berechne ich das?
Ich bin auf der Suche nach einer Formel wie
Längsabstand = f(Eigenzeit) und Querabstand = g(Eigenzeit)....
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Ich
Anmeldungsdatum: 11.05.2006 Beiträge: 913 Wohnort: Mintraching
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Ich Verfasst am: 16. Jun 2016 15:54 Titel: |
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Hab' ich neulich mal probiert und dann abgebrochen. Es geht im Prinzip in erster Näherung, aber mir war das dann zu aufwändig. Vielleicht können Leute, die sich besser auskennen, dir das vorrechnen.
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yukterez
Anmeldungsdatum: 20.09.2014 Beiträge: 96
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yukterez Verfasst am: 16. Jun 2016 19:22 Titel: |
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So eine geschlossene Lösung gibt es nicht nach Eigenzeit, immerhin sind sowohl die Längen für jeden unterschiedlich kontrahiert da sich erstens jeder auf einer anderen Schale und dann auch noch mit einer anderen Geschwindigkeit befindet. Also auch dilatiert jede Eigenzeit unterschiedlich, aus dem selben Grund wie oben. Ich kann dein Szenario aber mal nach Koordinatenzeit in Schalenabständen plotten, dann erhältst du für jeden Koordinatenzeitpunkt 4 Eigenzeiten und 4 Positionen. Es dauert einen Moment bis ich den Plot gerendert und den Code lesbar gemacht habe, gleich gibt's ein Update.
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yukterez
Anmeldungsdatum: 20.09.2014 Beiträge: 96
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yukterez Verfasst am: 16. Jun 2016 19:54 Titel: |
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Eine Schande dass man hier keine Bilder einbinden kann. Daher Plot und Code als Links:
Plot http://org.yukterez.net/4.fall.htm
Code http://org.yukterez.net/4.fall.txt
Alle Längen in GM/c², Zeiten in GM/c³ und Geschwindigkeiten in c. Der radiale Abstand bezeichnet die Schwarzschildkoordinate r.
Zuletzt bearbeitet von yukterez am 16. Jun 2016 20:01, insgesamt einmal bearbeitet |
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jh8979 Moderator
Anmeldungsdatum: 10.07.2012 Beiträge: 8583
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yukterez
Anmeldungsdatum: 20.09.2014 Beiträge: 96
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yukterez Verfasst am: 16. Jun 2016 21:57 Titel: |
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Zitat: | Kann man, aber nur bis zu einer bestimmten Größe |
Wenn 600x600 die Grenze ist sollte die abgespeckte Version funktionieren, die hat nur 400x500 Pixel:
http://org.yukterez.net/4.fall,klein.gif
Edit: anscheinend nicht!
Zitat: | PS: Sehr schöner Mathematica-Code |
Ich hoffe ich hab mich auf die Schnelle nirgends vertippt als ich die Indizes 1 bis 4 vergeben habe, der übersichtlichere Code für nur 1 Testpartikel und ein paar weitere Plots von Orbits um schwarze Löcher finden sich hier.
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jh8979 Moderator
Anmeldungsdatum: 10.07.2012 Beiträge: 8583
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yukterez
Anmeldungsdatum: 20.09.2014 Beiträge: 96
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yukterez Verfasst am: 16. Jun 2016 23:47 Titel: |
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Zitat: | wobei erst der vordere und dann der seitliche Beobachter igendwann hinter einem Horizont verschwinden, das heißt ihre Bilder eingefroren und immer stärker rotverschoben sind. |
Wobei man sicherheitshalber noch dazusagen muss dass dieses irgendwann nicht beim Übertreten des Ereignishorizonts stattfindet, wenn das SL groß genug ist und die Gezeitenkräfte am EH dementsprechend schwach kann man dann bequem auf seine eigenen Füße oder den Nachbarn schauen, egal ob diese vorne, hinten oder auf der Seite sind. Nur für einen stationären Schalenbeobachter mit fixem Abstand zum Schwerpunkt ist die Grenze genau der EH - wobei es in dem Fall egal ist auf welcher Schale r0 der Beobachter sitzt, da es beim Faktor √(1-rs/r0)/√(1-rs/rs) egal ist was man für r0 einsetzt weil dann in jedem Fall durch 0 dividiert wird.
Zitat: | ich interessiere mich dafür, welche (besonders optischen) Effekte auftreten |
In diesen beiden berühmten Videos wird das genau gezeigt:
https://www.youtube.com/watch?v=eI9CvipHl_c
https://www.youtube.com/watch?v=3pAnRKD4raY
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wam_de
Anmeldungsdatum: 16.06.2016 Beiträge: 3 Wohnort: Hamburg
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wam_de Verfasst am: 17. Jun 2016 12:45 Titel: |
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Vielen Dank für die Animation!
Aber wie sieht das aus der Sicht des fallenden Beobachters aus?
Der Vorausfliegende müßte, wie "Ich" schon bemerkt hat, hinter dem EH (aus Sicht des fellenden Beobachters) verschwinden. Ich habe also vor mir einen EH, aber bildet sich auch hinter mir ein EH, d.h. daß ich meinen hinterherfliegenden Partner irgendwann nicht mehr sehe?
Und wie ist das mit meinem "Nachbarn", denn der Abstand verringert sich ja ständig, zumindest aus Sicht des stationären Beobachters - aber wie sieht das für mich aus?
(Zur Vereinfachung gehe ich mal von einem freien Fall in ein Schwarzschild-SL aus...) Gibts da wirklich keine Formel, mit der man die Abstände als Funktion der Eigenzeit errechnen kann?
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Ich
Anmeldungsdatum: 11.05.2006 Beiträge: 913 Wohnort: Mintraching
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Ich Verfasst am: 17. Jun 2016 13:08 Titel: |
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wam_de hat Folgendes geschrieben: | Der Vorausfliegende müßte, wie "Ich" schon bemerkt hat, hinter dem EH (aus Sicht des fellenden Beobachters) verschwinden. | Nein, nicht hinter dem EH, der gilt nur für Licht, das "ins unendliche" entkommen soll.
Es bildet sich voraus ein Horizont, von wo aus einen das Licht nicht mehr erreichen kann. Seine Position hab' ich mal hier ausgerechnet.
Zitat: | Ich habe also vor mir einen EH, aber bildet sich auch hinter mir ein EH, d.h. daß ich meinen hinterherfliegenden Partner irgendwann nicht mehr sehe? | Nein, das ist erst in der Singularität der Fall.
Zitat: | Und wie ist das mit meinem "Nachbarn", denn der Abstand verringert sich ja ständig, zumindest aus Sicht des stationären Beobachters - aber wie sieht das für mich aus? | Weiß ich nicht.
Zitat: | (Zur Vereinfachung gehe ich mal von einem freien Fall in ein Schwarzschild-SL aus...) Gibts da wirklich keine Formel, mit der man die Abstände als Funktion der Eigenzeit errechnen kann? | Ich muss mich korrigieren: was ich seinerzeit ausrechnen wollte war ein "starrer" Stab. Zwei freifallende Objekte sollten schon funktionieren, mit Gullstrand-Painlevé-Koordinaten am besten. Kann ich mir bei Gelegenheit mal anschauen.
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yukterez
Anmeldungsdatum: 20.09.2014 Beiträge: 96
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yukterez Verfasst am: 17. Jun 2016 17:32 Titel: |
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Zitat: | Und wie ist das mit meinem "Nachbarn", denn der Abstand verringert sich ja ständig, zumindest aus Sicht des stationären Beobachters - aber wie sieht das für mich aus? |
Da wird der Abstand zum seitlichen Nachbarn natürlich auch geringer (der Einfallswinkel bleibt wenn man aus der Ruhe startet erhalten und die im Plot gezeigten Schwarzschildkoordinaten sind umfanggetreu), man wird also immer länger und dünner, was spätestens knapp vor der Singularität seinen Gipfel in der Spaghettifizierung findet.
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