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Frage zu Grundkräften und Gravitation
 
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Petrus Pan
Gast





Beitrag Petrus Pan Verfasst am: 04. Jun 2012 23:48    Titel: Frage zu Grundkräften und Gravitation Antworten mit Zitat

Hallo leute,
ich habe mal eine vll etwas dumme frage : nach einstein ist die gravitation ja eine eigenschaft des raumes, versursacht duch die in ihm enthaltene Materie (oder so ähnlich). Also ist die Gravitation ja ansich keine Wirkende Kraft. Gehen die Wissenschaflter vll von der falschen Annahme aus, dass die Gravitation eine Grundkfraft ist. Vll kann man deshalb die Gravitation nicht ins Standartmodell einbauen?
sagt bitte gleich wenn ich unsinn rede Big Laugh
aber was meint ihr dazu?
Danke schonmal
Uriezzo



Anmeldungsdatum: 15.09.2011
Beiträge: 281
Wohnort: Großostheim

Beitrag Uriezzo Verfasst am: 05. Jun 2012 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

Die Frage ist alles andere als dumm und sie ist auch nicht ganz so einfach zu beantworten. Genau genommen kann ich nämlich beide Auffassungen mit einigem Recht vertreten:

Einerseits kann ich sagen, dass nach Einstein die Schwerkraft keine Kraft im eigentlichen Sinne mehr ist, sondern eine Scheinkraft, abhängig von der Wahl des Koordinatensystems: Die Körper folgen Geodäten, solange keine Kräfte (z.B. die elektromagnetische Kraft) auf sie wirken.

Auf der anderen Seite treten aber auch in Einsteins Gravitationstheorie Phänomene auf, die typisch für Kräfte und Wechselwirkungen sind: So kann ein System aus Massen in bestimmten Fällen Energie abstrahlen, ähnlich wie beschleunigte Ladungen Energie abstrahlen. Zwar wurden Gravitationswellen selbst in diesem Zusammenhang noch nicht nachgewiesen, wohl aber die Energieabstrahlung: Es gibt da ein Doppelsternsystem, in dem man dieses Phänomen beonbachtet hat.

Also lassen sich beide Ansätze rechtfertigen.
Im Vorgehen nach dem Standardmodell gehen die Physiker einfach davon aus, dass sie die bisherigen Kräfte recht gut verstanden haben und starten nun den Versuch, die Gravitation analog zu behandeln. Dieser Ansatz ist im Prinzip gar nicht blöd. Wenn etwas drei Mal gut funktioniert hat, wieso es nicht ein viertes Mal versuchen? Auch ist dieser Ansatz zunächst einigermaßen lohnenswert: Ich komme auf Spin 2 Austauschteilchen, ich kann recht gut die rein anziehende Kraft der Gravitation erklären. Feynman hat in seinem Buch "Feynman Lectures on Gravitation" diesen Ansatz vertreten und beschrieben. Am Ende ist dieser Ansatz allerdings bisher immer gescheitert: Es ist nicht so ohne weiteres möglich, eine Quantenfeldtheorie der Gravitation zu basteln aus diversen Gründen (fehlende Renormierbarkeit, Hintergrundunabhängigkeit etc).

Es gibt dann noch die Versuche über die Stringtheorie und die Quantengravitation , die - grob gesehen - beide analog verlaufen, die Gravitation also ebenfalls als 4. Kraft sehen.
Einen Ansatz, der die Gravitation nicht als Kraft auf der gleichen Grundlage wie die anderen 3 Kräfte behandelt, ist mir bisher nicht bekannt. Ich glaube, Einstein hat gegen Ende seiner Laufbahn ein wenig an so etwas herumgebastelt, aber ohne Erfolg.
Smeargol
Gast





Beitrag Smeargol Verfasst am: 08. Jun 2012 20:57    Titel: Antworten mit Zitat

Hey Physiker,
Kennt vll jmd anders theorien welche die gravitation nicht als 4. grundkraft ansieht?
LG
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Jun 2012 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Smeargol hat Folgendes geschrieben:
Kennt vll jmd anders theorien welche die gravitation nicht als 4. grundkraft ansieht?


Mir fallen da nur ART und die Stringtheorien ein. In allen anderen etablierten Theorien ist die Gravitation eine Kraft.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 10. Jun 2012 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Mir fallen da nur ART und die Stringtheorien ein. In allen anderen etablierten Theorien ist die Gravitation eine Kraft.

In der Stringtheorie ist die Gravitation eine "Kraft" wie alle anderen Wechselwirkungen auch. Sie wird im einfachsten (perturbativen) Fall als Austausch einer quantisierten Schwingung des Strings, des sogenannten Gravitons beschrieben.

Hier ein Ansatz, in dem die Gravitation als emergentes Phänomen beschrieben wird: http://en.wikipedia.org/wiki/Entropic_gravity Ich kenne den aktuellen Status dieses Forschungsprogramms nicht; es scheint mir darum wieder etwas ruhiger geworden zu sein.

Insgs. ist zu sagen, dass der Ansatz, die Gravitation als Wechselwirkung zu beschreiben nicht von vorneherein verkehrt ist. Die aktuellen Forschungsprogramme wie Stringtheorie und Schleifenquantengravitation deuten darauf hin, dass man die ungewöhnlichen (geometrischen) Eigenschaften (insbs. Diffeomorphismeninvarianz) der ART durchaus wie "verallgemeinerte Eichtheorien" beschreiben kann, dass eine konsistente Quantisiertung möglich ist und dass man in einem gewissen Limes auch wieder die bekannte ART als Näherung ableiten kann.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 10. Jun 2012 15:27    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
In der Stringtheorie ist die Gravitation eine "Kraft" wie alle anderen Wechselwirkungen auch.


Genau das meinte ich. Sie ist eine "Kraft" aber keine Kraft.
Uriezzo



Anmeldungsdatum: 15.09.2011
Beiträge: 281
Wohnort: Großostheim

Beitrag Uriezzo Verfasst am: 10. Jun 2012 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
... und dass man in einem gewissen Limes auch wieder die bekannte ART als Näherung ableiten kann.


Hast Du da Literaturstellen dazu? Ich bin bisher davon ausgegangen, dass man die ART nicht so ohne weiteres als Niedrigenergienäherung aus Stringtheorien ableiten kann. Allerdings bin ich sicherlich auch kein Experte, was Stringtheorien anbelangt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2012 07:37    Titel: Antworten mit Zitat

Uriezzo hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
... und dass man in einem gewissen Limes auch wieder die bekannte ART als Näherung ableiten kann.


Hast Du da Literaturstellen dazu? Ich bin bisher davon ausgegangen, dass man die ART nicht so ohne weiteres als Niedrigenergienäherung aus Stringtheorien ableiten kann.

Das solltest du in jedem guten Buch über Stringtheorie nachlesen können, z.B. Green-Schwarz-Witten oder Polchinski.

Die Herleitung der Einstein-Gleichungen erfolgt als Konsistenzbedingung an die perturbative Formulierung der (2-dim. Worldsheet) Stringtheorie für eine (zunächst beliebige) 10-dim. Hintergrundgeometrie, definiert durch einen Metrik-Tensor.

Die Worldsheet-Geometrie des Strings muss aus Konsistenzgründen (Anomalienfreiheit) konform invariant sein. Konforme Invarianz gilt trivialerweise klassisch, muss jedoch auch in der quantisierten Theorie gewährleistet sein. Formal erhält man aus der Kopplung des String-Worldsheets an die (händisch definierte) Hintergrundgeometrie sozusagen Kopplungskonstanten; wie in einer Quantenfeldtheorie sind diese Kopplungskonstanten Energie- d.h. Skalenabhängig; dies wird im Rahmen von Renormierungsgruppengleichungen mittels sogenannter Beta-Funktionen codiert. Interessanterweise findet man nun, dass die Beta-Funktionen der Worldsheet-Stringtheorie auf einer bestimmten Hintergrundgeometrie gerade den Komponenten des Ricci-Tensors der Hintergrundgeometrie entsprechen. Skaleninvarianz, d.h. Energieunabhängigkeit (als eine Folge der konformen Invarianz) bedeutet nun gerade Verschwinden der Beta-Funktionen, also Verschwinden des Ricci-Tensors = Ricci-Flachheit. Damit liegt aber gerade eine Lösung der Vakuum-Einsteingleichungen vor.

Nachteile der oben dargestellten Methode:
1) sie gilt nur für die perturbative Formulierung der Superstringtheorie
2) insbs. ist sie hintergrundabhängig, d.h. sie gilt immer nur „je Hintergrund“; damit gibt es im strengen Sinne auch gar nicht „die Stringtheorie“ sondern nur jeweils eine je Hintergrund (das sind die berühmten 10^500 oder mehr Stringtheorien)
3) diese perturbative Formulierung ist nur bis zu einer endlichen Ordnung überhaupt mathematisch definiert (das Pfadintegralmaß ist nur bis zu endlicher Ordnung konstruierbar), d.h. es ist u.a. nicht beweisbar, dass das Verschwinden der Beta-Funktionen (Anomalienfreiheit) in einer Ordnung auch das Verschwinden in höheren Ordnungen garantiert (in QFTs wie dem Standardmodell weiß man, dass das Verschwinden einer Anomalie in erster Störungstheorie Ordnung das Verschwinden in allen Ordnungen nach sich zieht).

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TomS
Moderator


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Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2012 08:07    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
In der Stringtheorie ist die Gravitation eine "Kraft" wie alle anderen Wechselwirkungen auch.


Genau das meinte ich. Sie ist eine "Kraft" aber keine Kraft.

Ich denke, dazu muss man sich die mathematisch Formulierung der Stringtheorie näher ansehen.

Im Rahmen der Störungstheorie - und nur da ist die Gravitation als solche überhaupt isolierbar - unterscheidet sich die Gravitation in nichts von anderen Wechselwirkungen, die die Stringtheorie produziert. Es handelt sich um den Austausch quantisierter Strings (Gravitonen) analog zu anderen Austauschteilchen (Photonen, ...). Im Rahmen einer geeigneten Näherung kann man aus der Stringtheorie eine Supergravitationstheorie ableiten, in der Gravitonen völlig analog zu anderen Austauschteilchen existieren. Insofern bringt die Stringtheorie tatsächlich nichts Neues.

Tatsächlich erwartet man natürlich, dass eine über die Störungstheorie und die damit verbundene Hintergrundabhängigkeit (die zentrale Schwachstelle der Theorie) hinausgehende, einheitliche und fundamentale Formulierung der Theorie existiert. In diesem Rahmen könnte man dann neu darüber nachdenken, was Gravitation (oder allgemein eine WW) im Rahmen der Stringtheorie wirklich bedeutet. Allerdings ist diese Formulierung bisher nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

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Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 11. Jun 2012 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Sie ist eine "Kraft" aber keine Kraft.

Ich denke, dazu muss man sich die mathematisch Formulierung der Stringtheorie näher ansehen.


Um zu klären, worum es sich bei der Gravitation im Rahmen der String-Theorie konkret handelt wird man das wohl tun müssen. Aber um zu klären, was sie nicht ist, genügt vielleicht schon, dass die Grundidee der Stringtheorien die Geometrisierung aller Wechselwirkungen nach dem Vorbild der ART ist. In Gegensatz dazu wäre die Loop-Quantengravitation die Quantisierung aller Wechselwirkungen nach dem Vorbild der Quantenmechanik. Allerdings scheinen sich die beiden Ansätze in der Mitte zu treffen, so dass sich das Ganze am Ende vielleicht doch nicht so sehr vereinfachen lässt.
franz



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Beitrag franz Verfasst am: 11. Jun 2012 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Beim mitlesenden Laien entsteht der Eindruck, daß die klassische Relativitätstheorie nach wie vor (gewissermaßen) das "Standbein" der Kosmologie ist und hier viele "Spielbeine" zu bewundern sind. Darf man das so schlicht ausdrücken? grübelnd
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 12. Jun 2012 07:38    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Aber um zu klären, was sie nicht ist, genügt vielleicht schon, dass die Grundidee der Stringtheorien die Geometrisierung aller Wechselwirkungen nach dem Vorbild der ART ist.
Zunächst stimme ich dir da natürlich zu.

Es zeigt sich aber, dass die Stringtheorie diesem Anspruch (noch) nicht gerecht wird, da sie eben keine umfassende Geometrisierung erreicht, sondern tatsächlich in verschiedene Theorien - jeweils eine je Hintergrundmetrik - zerfällt. Diese Hintergrundmetrik ist üblicherweise statisch, für einen dynamischen (zeitabhängigen) Hintergrund ist die Quantisierung m.W.n. i.A. nicht konsistent durchführbar. Das Problem ist nun nicht, dass man aus rein praktischen Gründen eine Quantisierung des Strings "auf" einem Hintergrund durchführt, sondern dass dies prinzipiell gar nicht anders möglich zu sein scheint bzw. dass eben eine hintergrundunabhängige und universell gültige Formulierung "der Stringtheorie" nicht zu existieren scheint.

Solange sich dieser Status nicht grundlegend ändert kann man auch zu Fragen der Gravitation (die nach dem Bild der ART mit einer Hintergrundmetrik eigtl. unverträglich ist) keine präzisen Aussagen machen.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
In Gegensatz dazu wäre die Loop-Quantengravitation die Quantisierung aller Wechselwirkungen nach dem Vorbild der Quantenmechanik.
Nun, wohl nicht aller WWs sondern zunächst mal "nur" der Gravitation.

In der Formulierung der Loop-Variablen ergibt sich eine vollständige Geometrisierung (mittels der Ashtekar-Variablen als Eichtheorie über einem Faserbündel) sowie eine hintergrundunabhängige und nicht-perturbative (!) Quantisierung. Über die Implementierung der Diffeomorphismeninvarianz erhält man die heute gebräuchlichen Spin-Netzwerke und damit letztlich eine "Algebraisierung".

Allerdings ist da das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen, da im Zuge der kanonischen Quantisierung der Hamiltonoperator H bzw. im Zuge der Pfadintegralquantisierung bestimmte sogenannte "second-class Constraints" noch nicht verstanden sind. D.h. die korrekte Quantisierung der Theorie ist (auch nach 25 Jahren) nicht endgültig geklärt.

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Uriezzo



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Beitrag Uriezzo Verfasst am: 12. Jun 2012 08:21    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Aber um zu klären, was sie nicht ist, genügt vielleicht schon, dass die Grundidee der Stringtheorien die Geometrisierung aller Wechselwirkungen nach dem Vorbild der ART ist.


Das musst Du mir jetzt mal erklären. Mein Verständnis war immer - wie gesagt ich bin kein Experte in Stringtheorie und habe mich nur am Rande damit beschäftigt- dass die Grundidee der Stringtheorie ist - ich formuliere es ganz banal - von klassisch punktgleichen Teilchen zu Strings überzugehen und mal zu schauen, wie die Wechselwirkungen und Quantenfeldtheorien damit aussehen würden und vor allem zu sehen, ob sich die Schwierigkeiten der Quantisierung der Gravitation damit erledigen würden.
Die Hintergrundraumzeit bleibt dabei - zunächst - unberührt. Das ändert sich natürlich später dann bei der Ausformulierung der Theorie. Aber der Ansatz und die Grundidee haben doch damit nichts zu tun. Demnach wäre die Stringtheorie aber eher mit den Quantenfeldtheorien verwandt als mit der ART.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 12. Jun 2012 08:25    Titel: Antworten mit Zitat

Uriezzo hat Folgendes geschrieben:
Demnach wäre die Stringtheorie aber eher mit den Quantenfeldtheorien verwandt als mit der ART.

In ihrer heutigen Formulierung (s.o.) ist genau das der Fall.

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