RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Frage bez. Grundlage von Wellen
 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik
Autor Nachricht
Lukas the brain



Anmeldungsdatum: 27.08.2008
Beiträge: 2

Beitrag Lukas the brain Verfasst am: 27. Aug 2008 20:28    Titel: Frage bez. Grundlage von Wellen Antworten mit Zitat

Moin,

also erstmal Servus an alle, ich bin 16 Jahre alt, komme aus Nordbayern und interessiere mich für Physik.

Nun zu meiner Frage:

wir haben gerade Wellen in Physik dran. Wir haben gelernt, dass Wellen Energie aber keinen Materie transportieren können.

Dazu hat der Lehrer folgendes Beispiel gebracht, um die ganze Sache verständlicher zu machen:

Wir haben nen See, keine Strömung und keinen Wind. Jetzt kicken wir so einen aufblasbaren Wasserball auf den See. Anschließend erzeugen wir durch gezielten Steinwurf Wellen, mit der Absicht den Ball an das Ufer zu treiben.

Allerdings funktioniert das auf Grund der oben genannten Eigenschaften der Wellen nicht, da der Ball immer an der gleichen Stelle verhaart und nur duch die Wellen hoch und runter bewegt wird.


Nun kam ich mit dem Einwand, dass Surfer bzw Wellenreiter auch nicht nur auf des Wasserfläche verhaaren, sondern durch die Wellen vorwärts bewegt werden, da sie sich auf der Vorderseite der Welle aufhalten und so quasi wie Skifahrer nach "unten" fahren, was allerdings auf Grund der Vorwärtsbewegung nicht gelingt, wodurch der Sufer auch nach vorne "transportiert" wird.

Nun frage ich mich, warum sich die Sachlage des Surfers nicht auch auf den Ball anwenden lässt und dieser quasi versucht auf der Vorderseite der Welle nach unten zu rollen wodurch abermals eine Vorwärtsbewegung entsteht.

Ich hoffe ihr könnt mir sagen, warum es sich mit dem Ball nicht so verhält und bitte euch zu beachte, dass mein Problem theoretische Natur ist.

Ich danke euch.

Gruß

Lukas
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 28. Aug 2008 16:39    Titel: Antworten mit Zitat

Einverstanden, Wellenreiten ist natürlich ein Trick, die Energie einer Welle in eine kräftige Vorwärtsbewegung des Wellenreiters umzuwandeln.

Aber ich würde sagen, das Experiment deines Lehrers ist ziemlich gut geeignet, um den Energietransport ohne Massentransport der Wasserwellen zu veranschaulichen. Denn die durch die in den Teich geworfenen Steine erzeugten Wasserwellen sind bestimmt viel zu klein zum Wellenreiten, und so ein Wasserball ist sicher ein denkbar schlechter Wellenreiter. Denn er ist sehr leicht (sehr kleine Gewichtskraft im Vergleich zum Surfer) und sehr groß (große Kontaktfläche zum Wasser, also "klebt" er durch die Adhäsionskräfte am Wasser und schwimmt viel mehr, anstatt anzufangen, die Vorderseite des Wellenberges hinunterzurollen oder hinunterzugleiten. )

========================================

Genaugenommen würde ich das "Wasserwellen transportieren keine Masse" so formulieren:

In einer Wasserwelle bewegen sich die Wasserteilchen hin und her, werden aber dadurch nicht insgesamt alle in eine Richtung transportiert.

Es geht bei dieser Aussage also nicht vorrangig darum, ob die Wasserwelle andere Materie transportieren kann (mit Wellensurftricks geht das natürlich sehr wohl), sondern ob sich die Wasserteilchen selbst insgesamt von der Stelle bewegen.

Wenn nun das Experiment mit dem Wasserball im Teich zeigt, dass man es nicht schafft, den Wasserball merklich zu bewegen, dann hat man damit beobachtet, dass sich die Wasserteilchen an der Oberfläche nur hin- und herbewegen, aber nicht insgesamt in eine Richtung transportiert werden. Der Wasserball soll dabei also nicht so sehr selbst die bewegte Masse sein, sondern eher ein Probekörper, der anzeigt, wie sich die Wasserteilchen an der Oberfläche bewegen.

===================================

Für Interessierte:

Wenn man genau hinschaut, dann findet man doch eine Chance, den Wasserball mit den Steinchen-Wellen auf dem Teich zu transportieren, wenn auch längst nicht so schnell wie einen Wellenreiter. Das liegt an einem nichtlinearen Effekt namens Stokes-Drift. Was das ist, und warum das nicht der Feststellung zuwiderläuft, dass die Wasserteilchen in einer Wasserwelle nicht alle insgesamt in eine Richtung transportiert werden, würde ich versuchen, in drei Punkten zusammenzufassen:

1) Lineare Theorie: Wasserteilchen auf Kreisbahnen

Wasserwellen sind eine spannende Sache und mathematisch um so komplizierter, je genauer man hinschaut. Um sie zu beschreiben, gibt es viele Näherungsmethoden. Die wohl einfachste Näherung ist die einer linearen Theorie, in der die Wasserwellen zum Beispiel sinusförmig sind, und in der die Wasserteilchen der Welle sich auf Kreisbahnen bewegen. Siehe dazu das Bild oben auf Seite 54 in

http://www.sotere.uni-osnabrueck.de/Lehre/skript/windwasserwellen.pdf

und das animierte gif

http://www.kettering.edu/~drussell/Demos/waves/water.gif

und die Simulation

http://www.physik.ph-ludwigsburg.de/spezial/wellen/kleine_progr/wasser_jar.html

Der Vorteil dieser Näherung ist, dass man das so relativ einfach rechnen kann, und dass man gut sieht, wie sich die Wasserteilchen nur hin- und herwegen können, und trotzdem dabei Energie transportieren können. Ein Nachteil dieser Näherung ist, dass sie nicht zeigt, welche spannenden Sachen passieren können, wenn man nichtlineare Eigenschaften der Wasserwellen mit berücksichtigt.

2) Nichtlineare Theorie nach Stokes, Stokes-Drift

Eine Näherung, die Nichtlinearitäten mit berücksichtigt, ist die Theorie nach Stokes, (die mit einer Reihenentwicklung bis zu Termen zweiter Ordnung arbeitet). Mit dieser Näherung bekommt man ein Verhalten wie in folgendem Wikipedia-Bild gezeigt:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Deep_water_wave.gif

Vorteil dieser Näherung: Man sieht, dass die Wasserteilchen oben an der Oberfläche sich nicht nur hin- und herbewegen, sondern zusätzlich dabei in Wellenausbreitungsrichtung driften können (Stokes-Drift).

Nachteil dieser Näherung: Man mit dieser Näherungsmethode nicht, dass dabei gleichzeitig unten Wasserteilchen in die entgegengesetzte Richtung driften, so dass, wenn man alle Wasserteilchen zusammen betrachtet, wieder kein Nettotransport stattfindet. Denn während oben Teilchen vorwärts driften, driften unten Teilchen rückwärts, so dass insgesamt der Gesamtimpuls aller Wasserteilchen der Welle null bleibt. Vergleiche dazu folgendes Zitat (3) ):

3) Zitat aus dem Ozeanografie-Lehrbuch-Kapitel

http://oceanworld.tamu.edu/resources/ocng_textbook/chapter16/chapter16_02.htm

Zitat:

Wave Momentum
The concept of wave momentum has caused considerable confusion (McIntyre, 1981). In general, waves do not have momentum, a mass flux, but they do have a momentum flux. This is true for waves on the sea surface. Ursell (1950) showed that ocean swell on a rotating Earth has no mass transport. His proof seems to contradict the usual textbook discussions of steep, non-linear waves such as Stokes waves. Water particles in a Stokes wave move along paths that are nearly circular, but the paths fail to close, and the particles move slowly in the direction of wave propagation. This is a mass transport, and the phenomen[on] is called Stokes drift. But the forward transport near the surface is balanced by an equal transport in the opposite direction at depth, and there is no net mass flux.


==============================

Damit haben wir nun gesehen, dass mit dem "kein Massentransport" die Bewegung aller Wasserteilchen insgesamt in der Welle gemeint ist.

Wenn es trotzdem nebenbei Spaß macht, sich besonders kräftige Wellen-Wasserball-Beförderungsmethoden auszudenken, dann hätte ich folgenden Vorschlag:

Man gehe an einen Surferstrand mit schönen hohen Wellen, und zwar in die Entfernung vom Strand, in der sich die Wellen bereits brechen. Und da lege man den Wasserball hinein, der wird bestimmt kräftig mitgerissen (die Auftriebskraft wirkt dann als Vortriebskraft, und nach oben kann er nicht raus, weil da auch Wasser ist) smile (Natürlich ist so eine sich brechende Welle wohl nicht mehr eine Welle, wie sie oben gemeint ist (mit Hin- und Herbewegung der Wasserteilchen), sondern in dem Sinne vielleicht eher schon eine "kaputtgegangene" oder eine "gerade kaputtgehende Welle" Augenzwinkern )
Lukas the brain



Anmeldungsdatum: 27.08.2008
Beiträge: 2

Beitrag Lukas the brain Verfasst am: 28. Aug 2008 17:55    Titel: Antworten mit Zitat

Moin,

danke für deine Antwort. Ich denke ich habe es verstanden.

Ich habe auch selber noch etwas weiter rechachiert und bin darauf auf folgendes Phänomen gestoßen: die Landau Dämpfung

http://de.wikipedia.org/wiki/Landau-D%C3%A4mpfung

Kann es sein, dass das das Prinzip des Surfers ist?

Vielen Dank

Lukas
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 28. Aug 2008 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

Einverstanden, das ist dasselbe Prinzip vom Energieaustausch zwischen Wellenreiter und Welle wie beim Surfer smile

Mit Bildlein findet man die Landau-Dämpfung in der englischsprachigen Wikipedia:

http://en.wikipedia.org/wiki/Landau_damping

Surfer, die sehr viel schneller oder sehr viel langsamer sind als die Welle, tauschen mit der Welle netto keine Energie aus. Surfer, die ein kleines bisschen schneller sind als die Welle, fahren hinten auf einen Wellenberg auf und führen der Welle Energie zu, während sie gebremst werden; Surfer, die ein kleines bisschen langsamer sind als die Welle, werden von der Vorderseite eines Wellenberges erfasst und beschleunigt und entziehen dabei der Welle Energie. Wenn nun auf dem Wasser mehr Surfer sind, die ein kleines bisschen langsamer sind als die Welle, als Surfer, die ein kleines bisschen schneller als die Welle sind, dann wird der Welle mehr Energie entzogen als zugeführt, und die Welle wird gedämpft. (Die Reibung, die die Surfer beim Fahren auf ebener Wasseroberfläche eigentlich bremsen würde, denkt man sich bei diesem Vergleich weg und vernachlässigt sie.)

Das ist das Funktionsprinzip der Landau-Dämpfung in Plasmen. Dabei sind Dichtewellen geladener Teilchen (zum Beispiel Elektronen) die Wasserwellen, und im Plasma umherschwirrende geladene Teilchen (ebenfalls zum Beispiel Elektronen) die Surfer.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Mechanik