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Klassische Mechanik
 
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zaphod



Anmeldungsdatum: 22.06.2007
Beiträge: 2

Beitrag zaphod Verfasst am: 22. Jun 2007 16:40    Titel: Klassische Mechanik Antworten mit Zitat

Hi,

Ich studiere eigentlich Mathematik, aber ich möchte aus Interesse mehr über Physik lernen. Und fange dabei mit der Klassischen Mechanik an.
Dazu folgende Fragen:
1. Als Raum nimmt man ja den IR^3 mit Standardmetrik. Aber was genau sind die Objekte, über die in den Newton-Axiomen Aussagen getroffen werden? Punkte im IR^3 oder Teilmengen von IR^3? Wenn das zweite, was nimmt man dann als Position des Objektes im Raum (es kämen ja mehrere Möglichkeiten in Frage)?
Wenn Punkte die grundlegenden Objekte sind, die Masse haben, dann würde ja folgen, dass jeder Körper (als Punktmenge) sich nur aus endlich vielen Objekten zusammensetzen kann oder unendliche Masse hätte (was glaube ich nicht zugelassen ist).
2. Anscheinend setzt man voraus, dass man jedem Objekt zu einem gegebenen Zeitpunkt einen Ort zuweisen kann und dass diese Abbildung immer zweimal differenzierbar ist (sodass man immer eine Beschleunigung zu Verfügung hat). Ist das auch ein Axiom oder folgt das aus einem anderen Axiom?
3. Die Gravitationskraft hat unendliche Ausdehnung und alle Kräfte, die auf ein Objekt zu einem Zeitpunkt einwirken werden vektoriell addiert. Daraus folgt, dass es im ganzen Raum nur endlich viele Objekte geben kann. Richtig?
4. Setzt man voraus, dass die Masse eines Objektes sich nicht mit der Zeit ändert? Die Formeln scheinen das nahezulegen.
5. (Mechanische) Energie und Arbeit. Man definiert kinetische und potenzielle Energie und kann dann zeigen, dass unter gewissen Voraussetzungen (d.h. wenn das Kraftfeld bezüglich dessen man die potenzielle Energie berechnet konservativ ist) die Summe unter Bewegungen gleich bleibt. Soweit scheint der Begriff "Energie" ein praktisches Hilfsmittel zu sein, aber im Prinzip nichts Neues gegenüber den schon eingeführten Begriffen Raum/Zeit/Kraft zu bringen, d.h. alle Aussagen über Energie kann man auch als Aussagen über das Wirken von Kräften im Raum und Zeit formulieren. Ist das allgemein so? Oder gibt es auch (vielleicht in einem erweiterten Begriff) Eigenschaften von Energie, die man axiomatisch voraussetzen muss?
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 23. Jun 2007 03:01    Titel: Re: Klassische Mechanik Antworten mit Zitat

zu 1.: Die drei Newtonschen Grundgesetze der Bewegung, die oft auch als Newtonsche Axiome bezeichnet werden, beziehen sich sowohl auf Massenpunkte (also "Punkte im ") als auch auf ausgedehnte Körper ("Teilmengen von "), deren Translationsbewegung kann man als die Bewegung ihres Schwerpunktes beschreiben.

Zitat:

Wenn Punkte die grundlegenden Objekte sind, die Masse haben, dann würde ja folgen, dass jeder Körper (als Punktmenge) sich nur aus endlich vielen Objekten zusammensetzen kann oder unendliche Masse hätte (was glaube ich nicht zugelassen ist).

Nein, mit dieser theoretischen Folgerung bin ich nicht einverstanden, denn ein Körper könnte sich ja theoretisch aus unendlich vielen Teilen mit Masse zusammensetzen, also mit "unendlich kleiner Masse".

Praktisch wird dir der Physiker sagen: Ein Körper besteht aus endlich vielen Teilen, und diese Teile nennt man Atome smile (Und, wenn du magst, bestehen die Atome dann noch aus Protonen, Neutronen und Elektronen. Die Protonen und die Neutronen dann allerdings noch weiter komplett in ihre Quarks und Gluonen zu zerlegen, ist experimentell nicht möglich.)

Zitat:

2. Anscheinend setzt man voraus, dass man jedem Objekt zu einem gegebenen Zeitpunkt einen Ort zuweisen kann und dass diese Abbildung immer zweimal differenzierbar ist (sodass man immer eine Beschleunigung zu Verfügung hat). Ist das auch ein Axiom oder folgt das aus einem anderen Axiom?

In der Physik kann man bei allen Funktionen, die mit etwas wirklich in der Natur vorhandenem zu tun haben, mit guter Gewissheit davon ausgehen, dass diese Funktionen "weich" genug sind, um stetig und für alle üblichen Zwecke oft genug differenzierbar zu sein. (Selbst die Deltafunktion kann man sich für praktische Anwendungen genausogut in einer ihrer "weichen" Darstellungen für kleines, aber endliches verwenden, solange dieses für den betrachteten Fall klein genug ist.)

Die Annahme der klassischen Mechanik, dass man ein Objekt als Punktteilchen beschreiben kann und diesem Punktteilchen zu jedem Zeitpunkt einen exakten Ort und eine exakte Geschwindigkeit zuschreiben kann, ist empirisch begründet. Sie gilt zwar in der klassischen Mechanik, aber in der Quantenmechanik lässt man diese Annahme fallen.

Zitat:

3. Die Gravitationskraft hat unendliche Ausdehnung und alle Kräfte, die auf ein Objekt zu einem Zeitpunkt einwirken werden vektoriell addiert. Daraus folgt, dass es im ganzen Raum nur endlich viele Objekte geben kann. Richtig?

Mit dieser Folgerung bin ich nicht einverstanden. Welche zusätzlichen Annahmen hast du für diese Folgerung verwendet? Hast du andererseits zum Beispiel berücksichtigt, dass die Stärke der Gravitationskraft proportional zum Quadrat des Abstandes abnimmt?

Zitat:

4. Setzt man voraus, dass die Masse eines Objektes sich nicht mit der Zeit ändert? Die Formeln scheinen das nahezulegen.

In der klassischen Mechanik setzt man das in der Tat voraus. In der Relativitätstheorie hingegen verändert sich aus der Sicht eines nicht beschleunigten Beobachters die Masse eines beschleunigten Objektes mit der Zeit.

zu 5.: Ich würde einfach sagen, die Energie ist was sehr praktisches für den Physiker, denn sie kann in Form von potentieller Energie, kinetischer Energie, Spannenergie einer Feder, Wärmeenergie, ... vorliegen und in vielen Situationen zwischen diesen Energieformen umgewandelt werden. Ich bin mir nicht sicher, ob man die Energie in all diesen Fällen auf das Wirken von Kräften zurückführen kann (Im Beispiel Energietransport in Form von Strahlungsenergie stelle ich mir das zum Beispiel nicht so einfach vor), ich würde aber sagen, dass eine Beschreibung, die versuchen würde, statt Energie nur mit Kräften etc. auszukommen, in vielen Dingen viel zu kompliziert und unpraktisch wäre.

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Ich habe das Gefühl, die Physik ist ganz allgemein viel unaxiomatischer als die Mathematik, denn in der Physik kommt es nicht nur auf die Konsistenz innerhalb einer Theorie sondern genauso auch auch die Übereinstimmung zwischen Theorie und Naturbeobachtung an. Also gibt es oft mehrere Möglichkeiten, welche Aussagen einer Theorie als experimentell gestützte Ausgangspunkte betrachtet und welche anderen Aussagen dann innerhalb dieser Theorie aus ersteren hergeleitet werden können.

Man kann zum Beispiel die klassische Mechanik auch als Grenzfall für kleine Geschwindigkeiten aus der Relativitätstheorie herleiten.
zaphod



Anmeldungsdatum: 22.06.2007
Beiträge: 2

Beitrag zaphod Verfasst am: 24. Jun 2007 01:04    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Antwort, hat mir schon weitergeholfen. Aber einige Fragen sind noch offen.

zu 1. : OK, wenn ich das richtig verstanden habe ist eine Möglichkeit, im Modell nur Massenpunkte zu betrachten und eine andere, immer gewisse Punktmengen zu Körpern zusammenzufassen, sodass kein Punkt zum gleichen Zeitpunkt zu 2 Körpern gehört, der Körper nur als Ganzes eine Masse hat und die Position des Körpers mit der seines Schwerpunktes gleichgesetzt wird. Kräfte könnten dann im zweiten Modell nur auf Körper als Ganzes ausgeübt werden und der Körper bewegt sich immer nur als Ganzes mit feststehender Anordnung der einzelnen Punkte innerhalb des Körpers. Mit dem zweiten Modell könnte man fast genauso leicht rechnen wie mit dem ersten, aber man würde Rotationseffekte nicht berücksichtigen. Aber das will man ja oft tun. Muss man dafür weitere (axiomatische) Voraussetzungen treffen (z.B. "Eine angreifende Kraft zerlegt sich immer so und so in Translation und Rotation"), oder kann man da vielleicht irgendwelche Aussagen herleiten, wenn man sich den Körper in Atome zerlegt denkt und dann die bisherige Mechanik auf die einzelnen Atome anwendet, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es auch Kräfte gibt, die alle diese Atome wieder als ganzen Körper zusammenhängen lassen (oder so ähnlich, ich hoffe du verstehst was ich meine)?
zu 3. : Naja, wenn es unendlich viele Objekte mit Masse gibt, dann wirken auch unendlich viele Gravitationskräfte auf einmal auf jedes dieser Objekte ein und es ist nicht klar, wie man die dann alle vektoriell "addieren" sollte (man könnte die unendliche Reihe nehmen, aber dann müsste man noch zusätzliche Voraussetzungen machen, um sicherzustellen, dass diese immer konvergiert).
Zitat:
Ich habe das Gefühl, die Physik ist ganz allgemein viel unaxiomatischer als die Mathematik, denn in der Physik kommt es nicht nur auf die Konsistenz innerhalb einer Theorie sondern genauso auch auch die Übereinstimmung zwischen Theorie und Naturbeobachtung an. Also gibt es oft mehrere Möglichkeiten, welche Aussagen einer Theorie als experimentell gestützte Ausgangspunkte betrachtet und welche anderen Aussagen dann innerhalb dieser Theorie aus ersteren hergeleitet werden können.

OK, aber ich würde zumindest erwarten, dass bei einer etablierten Theorie, bei der experimentell gesehen keine offenen Fragen mehr da sind, klar ist, wie das genaue mathematische Modell aussieht und dementsprechend auch, welche Axiome als Grundlage dienen. Eine klare, einheitliche Sprache macht doch vieles einfacher smile
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 24. Jun 2007 03:42    Titel: Antworten mit Zitat

zu 1.: Einverstanden, das Zusammenfassen der Massenpunkte zu festen Körpern ergibt das, was man in der Physik als starre Körper bezeichnet. smile

zaphod hat Folgendes geschrieben:
(...) z.B. "Eine angreifende Kraft zerlegt sich immer so und so in Translation und Rotation" (...)

Das ist sogar noch viel einfacher: Aus Impulserhaltung und Drehimpulserhaltung erhält man, dass eine Kraft , die an einem starren Körper angreift, sich gar nicht zerlegt, sondern schlicht beides bewirkt: eine Translationsbeschleunigung des Körpers nach und eine Beschleunigung der Rotationsbewegung des Körpers nach .

zu 3.: Nimm einfach zum Beispiel Teilchen mit Masse und lasse gegen Null gehen, dann hast du insgesamt die endliche Masse und eine endliche resultierende Gewichtskraft. Mathematisch wäre so etwas also jederzeit konstruierbar smile


Zitat:

(...) dass bei einer etablierten Theorie, bei der experimentell gesehen keine offenen Fragen mehr da sind, klar ist, wie das genaue mathematische Modell aussieht und dementsprechend auch, welche Axiome als Grundlage dienen. Eine klare, einheitliche Sprache macht doch vieles einfacher smile

Oh, danke für das Kompliment an die Physik, aber natürlich gibt es in der Physik auch experimentell noch sehr viele offene Fragen. Denn natürlich ist jede physikalische Theorie nur ein Modell der Wirklichkeit. Und Experimente loten stets aufs neue die Grenzen der Anwendbarkeit dieser Modelle aus, um auf neue Effekte stoßen zu können oder zwischen verschiedenen vorgeschlagenen Theorien entscheiden zu können.

Natürlich macht es die Mathematik möglich, die physikalischen Theorien sehr präzise auf den Punkt zu bringen, und natürlich gibt es grundlegende Gedanken über die Funktionsprinzipien der Natur, auf denen die Modellvorstellung einer physikalischen Theorie aufbaut. Diese grundlegenden Gedanken würde ich allerdings lieber nur dann als Axiome bezeichnen wollen, wenn dabei klar bleibt, dass das ganze auf die Natur bezogen gemeint ist.

Denn zum Beispiel enthalten viele Theorien Näherungen, die auf spezielle Anwendungsbereiche bezogen sind. Man kann zum Beispiel sehr wohl die Bewegung eines Körpers als die eines starren Körpers berechnen, und gleichzeitig die Temperatur desselben Körpers als Gitterschwingungen seiner Teilchen beschreiben.
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