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Stimmt das, was Veritasium über Elektrizität erzählt?
 
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Renzkar



Anmeldungsdatum: 03.02.2022
Beiträge: 1

Beitrag Renzkar Verfasst am: 03. Feb 2022 04:33    Titel: Stimmt das, was Veritasium über Elektrizität erzählt? Antworten mit Zitat

Hey, also vor einiger Zeit hat Veritasium das Video "The Big Misconception About Electricity" hochgeladen und es gab dann auch echt viel Diskussion und Videos über das Thema. Ich bin derzeit Chemiestudent und hab dort 2 Semester Physik studiert und für mich war dies was erzählt wurde teils komplett "neu"/"unbekannt". Ich kenn nur und wir haben auch nur die "klassische" Sicht der Elektrizität besprochen. Nachdem ich mir jetzt auch einiges zu dem Thema angeschaut hab, bin ich etwas verwirrt und wollte mal fragen wie ihr das Thema seht, bzw, was den der "wahre" Stand der Dinge ist.

Quelle des Videos: https://www.youtube.com/watch?v=bHIhgxav9LY
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Feb 2022 08:44    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, das ist im wesentlichen zutreffend.

Der Strom im Leiter verläuft axial, das resultierende Magnetfeld also kreisförmig um die Stromrichtung. Im Leiter herrscht ein axiales elektrisches Feld, der Poynting-Vektor ist radial, dieser Energietransport entspricht der vernichteten Energie. Außerhalb des Leiter herrscht ein radiales elektrisches Feld aufgrund der Oberflächenladung, der Poynting-Vektor ist nun axial, dieser Energietransport entspricht der tatsächlich entlang des Leiters transportierten Energie.

Das außerhalb des Leiters resultierende elektromagnetische Feld entspricht (im Falle von Wechselstrom) im Wesentlichen dem Nahfeld, d.h. es findet keine direkte Energieübertragung über abgestrahlte elektromagnetische Wellen statt, sondern eine gerichtete Energieübertragung praktisch ausschließlich entlang des Leiters.

Man kann sich das mittels der Kombination von (relativistisch formuliertem) Ohmschen Gesetz) und Maxwellgleichungen klar machen - habe ich im Detail auch noch vor mir ;-)

Mit der Schlussfolgerung bin ich aber nicht einverstanden. Zum einen ist 1/c keine Zeit - gemeint ist 1 Meter / c - und zum anderen erfolgt der dominante Energiefluss entlang des Drahtes, d.h. die Zeit sollte sich aus L/c (mit L der für dieses Problem charakteristischen Länge entlang des Drahtes) ergeben; der direkte Energiefluss unabhängig vom Draht ist klein. Allerdings kann man das wahrscheinlich nur mittels konkreter Rechnungen wirklich beantworten.

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urgestein
Gast





Beitrag urgestein Verfasst am: 03. Feb 2022 16:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Man kann sich das mittels der Kombination von (relativistisch formuliertem) Ohmschen Gesetz) und Maxwellgleichungen klar machen - habe ich im Detail auch noch vor mir ;-)

Jackson? welches Kapitel
Muss man bei der Sache überhaupt von misconception sprechen? Es sind ja schließlich immer noch Ladungen in einem el. Feld. Die "modernere" Erklärung setzt wohl etwas grundlegender an?!
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Feb 2022 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

urgestein hat Folgendes geschrieben:
Muss man bei der Sache überhaupt von misconception sprechen? Es sind ja schließlich immer noch Ladungen in einem el. Feld. Die "modernere" Erklärung setzt wohl etwas grundlegender an?!

Die Ladungen erklären nicht den Energiefluss, wie man im Falle von Wechselstrom unmittelbar erkennt.

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Ich



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Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 03. Feb 2022 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Wurde sie mittlerweile zufriedenstellend entschieden?
Mein Bauchgefühl (Ich kann's nicht rechnen und hab' auch kaum Intuition): Beim Einschalten kann man 1m/c irgendetwas messen am Ort der Lampe, aber sie brennt noch nicht. Das passiert erst nach ungefähr einer Sekunde oder wie lang auch immer der Leiter war.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Feb 2022 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Mein Bauchgefühl (Ich kann's nicht rechnen und hab' auch kaum Intuition): Beim Einschalten kann man 1m/c irgendetwas messen am Ort der Lampe, aber sie brennt noch nicht. Das passiert erst nach ungefähr einer Sekunde oder wie lang auch immer der Leiter war.

Das ist auch meine Intuition.

Der Grund ist folgender:

Wenn sich das elektromagnetische Feld (fast) nur entlang des Leiters ausbreitet, dann ist die Sache eh klar: maßgeblich ist die Länge des Leiters.

Wenn sich das elektromagnetische Feld dagegen auch direkt ausbreitet, dann ist eine Art Abstrahlung notwendig; diese kann nur über eine Art Antenne erfolgen, und das wäre der Leiter; eine sehr kurze Antenne führt aber zu sehr geringer Strahlungsleistung, zu der „falschen“ Frequenz, und bei Gleichstrom ohnehin zu überhaupt keinem Wechselfeld mit Dipolcharakter. Deswegen benötigt man eine genügend lange Antenne, und damit ist wieder die Länge des Leiters entscheidend.

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MBastieK



Anmeldungsdatum: 06.10.2012
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Beitrag MBastieK Verfasst am: 03. Feb 2022 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Etwas ulkige aber auch ausreichend professionelle Analyse von Veritasiums Video:
https://www.youtube.com/watch?v=iph500cPK28

Nette Grüsse

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Intelligenz ist die Fähigkeit der (temporären) Anpassung.
jh8979
Moderator


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Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 03. Feb 2022 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

Die Beantwortung der Frage ist doch irrelevant (egal in welche Richtung). Der Punkt des Videos ist doch, dass die Energie nicht von Elektronen an der Lampe "abgegeben" wird. Ich denke dies ist eine große didaktische Reduktion, die viele (Lehrer) machen, obwohl es eigentlich falsch ist. Und glaube, dass die meisten (Lehrer) dies auch nicht wissen (, bevor sie dieses Video gesehen haben).

Die Frage welche der Antwort stimmt, mit welchen hypothetischen Voraussetzungen, lenkt nur unnötig ab.

PS: Veritasium ist tatsächlich eine der wenigen Videoquellen bei YouTube, die ich uneingeschränkt Schülern/Studenten empfehlen kann.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Feb 2022 22:59    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Die Frage welche der Antwort stimmt … lenkt nur unnötig ab.

Jein.

Die Klärung des Mechanismus ist sicher wichtig.

Aber wenn der Mechanismen letztlich auf um den Draht lokalisiertem Energietransport beruht, dann wäre wiederum eine Einschaltzeit von 1m/c extrem erklärungsbedürftig.

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ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 03. Feb 2022 23:50    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Ich hat Folgendes geschrieben:
Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Wurde sie mittlerweile zufriedenstellend entschieden?
Mein Bauchgefühl (Ich kann's nicht rechnen und hab' auch kaum Intuition): Beim Einschalten kann man 1m/c irgendetwas messen am Ort der Lampe, aber sie brennt noch nicht. Das passiert erst nach ungefähr einer Sekunde oder wie lang auch immer der Leiter war.

M. E. lässt sich das Problem mit der Theorie der langen Leitungen (Wellenleitung) lösen. Alles andere ist murks (Kirchoff) oder zu kompliziert (Maxwell).

Im Bild sieht man eine Skizze der Feldverteilung zum Anschaltzeitpunkt.
In dem Moment, in dem man den Stromkreis schließt, erzeugt man m. E. im mittleren Leiterabschnitt (sowohl oben bei den +, als auch unten bei den -) einen Stromfluss.

Die Lampe geht deshalb sofort an, weil so eine Doppelleitung im Prinzip die Aneinanderreihung vieler R', L', G', C'-Glieder ist. Eine solche Kombination kennzeichnet einen Leitungsabschnitt der differentiellen Länge dx.

https://de.wikipedia.org/wiki/Leitungstheorie#/media/Datei:Leitungsbelag.svg

(L': Induktivität pro Länge; R': ohmscher Widertand pro Länge; G': paralleler Leitwert pro Länge, C': Kapazität pro Länge.
Idealisierung für uns: R'=0, G'=0.)

Der Stromkreis wird über die C'-Elemente geschlossen. Daher muss das Stromsignal nicht erst bis zum Leitungsende laufen, wenn wir den Schalter umlegen. Der Stromkreis wird vielmehr sofort kapazitiv geschlossen.

Wie aber jetzt die Anfangsstromstärke ist, weiß ich nicht. Ich gehe stark davon aus, dass sie sich von der Endstromstärke unterscheidet und dass die Wellenimpedanz mit drin steckt. Vielleicht sowas wie U/(R*Z) oder U/(R+1/2 Z) mit der Wellenimpedanz Z. Ich muss darüber aber nochmal nachdenken.

GcC, hast Du da keine Ahnung von?


Viele Grüße
Michael



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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 06:22    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
In dem Moment, in dem man den Stromkreis schließt, erzeugt man m. E. im mittleren Leiterabschnitt … einen Stromfluss.

Das Schließen des Schalters kann sich nicht instantan entlang des Leiters auswirken.

ML hat Folgendes geschrieben:
M. E. lässt sich das Problem mit der Theorie der langen Leitungen (Wellenleitung) lösen. Alles andere ist murks (Kirchoff) oder zu kompliziert (Maxwell).

Die Leitungsgleichung betrachtet aber genau den Effekt nicht, der für den Energietransport verantwortlich ist. Selbst wenn sie zum korrekten Ergebnis führt, hätte man dieses nicht wirklich verstanden.

Da wir von Effekten sprechen, die sich mit Lichtgeschwindigkeiten ausbreiten, und da wir a priori nicht wissen, ob sie (im Wesentlichen) nur entlang des Leiters propagieren oder nicht, kommt man m.E. um die Maxwellschen Gleichungen plus das relativistische Ohmsche Gesetz nicht herum.

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curious
Gast





Beitrag curious Verfasst am: 04. Feb 2022 07:04    Titel: Antworten mit Zitat

MBastieK hat Folgendes geschrieben:
Hallo!

Etwas ulkige aber auch ausreichend professionelle Analyse von Veritasiums Video:
youtube.com/watch?v=iph500cPK28


ja, darin wird auch ein wenig auf diesen Punkt eingegangen:

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Der Punkt des Videos ist doch, dass die Energie nicht von Elektronen an der Lampe "abgegeben" wird. Ich denke dies ist eine große didaktische Reduktion, die viele (Lehrer) machen, obwohl es eigentlich falsch ist.


Es wird bezüglich der "Falschheit" der Kettenveranschaulichung für Wechselstrom, weil ja dann Energie hin und her fließen müsste, das Beispiel mit der Säge, die auch beim Zurückziehen Energie auf ein Stück Holz überträgt, angeführt, und es wird auf den Widerspruch in der Behauptung hingewiesen, dass der Energietransport nicht durch die Bewegung von Elektronen im Leiter geschieht aber die Felder, die dann die Energie transportierten, von der Bewegung der Elektronen im Leiter erzeugt werden.
Wie wird denn die Energie an der Lampe abgegeben?
Kann man eine Glühwendel oder eine LED ohne Elektronen Leuchten bringen?

auch dies:

ML hat Folgendes geschrieben:

Die Lampe geht deshalb sofort an, weil so eine Doppelleitung im Prinzip die Aneinanderreihung vieler R', L', G', C'-Glieder ist. Eine solche Kombination kennzeichnet einen Leitungsabschnitt der differentiellen Länge dx.

de.wikipedia.org/wiki/Leitungstheorie#/media/Datei:Leitungsbelag.svg

(L': Induktivität pro Länge; R': ohmscher Widertand pro Länge; G': paralleler Leitwert pro Länge, C': Kapazität pro Länge.
Idealisierung für uns: R'=0, G'=0.)

Der Stromkreis wird über die C'-Elemente geschlossen. Daher muss das Stromsignal nicht erst bis zum Leitungsende laufen, wenn wir den Schalter umlegen. Der Stromkreis wird vielmehr sofort kapazitiv geschlossen.


Wird angesprochen und eine gröbere (nicht differentielle) Simulationsrechnung für wenige Kilometer gemacht und auch auf die Artefakte bei der nicht differenziellen Betrachtung eingegangen.
Also auch IMO ein durchaus sehenswertes Video. (ich hab es auf geringere Geschwindigkeit gestellt, um mitzukommen).
Das Fazit am Anfang und Ende:

Das Ganze sei ein "Trick", indem Derek Muller als Voraussetzung nennt, dass jeglicher Strom die Lampe zu Leuchten bringt.
Also auch der geringe Strom, der durch das Feld zwischen Batterie und Lampe erzeugt wird.
Aber unter dieser Bedingung würde diese Lampe schon bei geöffnetem Schalter aufgrund eines nicht verschwindenden Leckstroms leuchten...
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 04. Feb 2022 09:17    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Die Beantwortung der Frage ist doch irrelevant (egal in welche Richtung). Der Punkt des Videos ist doch, dass die Energie nicht von Elektronen an der Lampe "abgegeben" wird. Ich denke dies ist eine große didaktische Reduktion, die viele (Lehrer) machen, obwohl es eigentlich falsch ist. Und glaube, dass die meisten (Lehrer) dies auch nicht wissen (, bevor sie dieses Video gesehen haben).

Die Frage welche der Antwort stimmt, mit welchen hypothetischen Voraussetzungen, lenkt nur unnötig ab.
Das sehe ich nicht so, und das wird in dem anderen Video (danke an MBastieK) auch schön relativiert. Insbesondere die Energieabgabe an die Lampe funktioniert bei allen mir bekannten elektrischen Leuchtmitteln über die Elektronen. Ich weiß auch nicht, ob es so viel besser ist, zu sagen, die Elektronen sind's nicht sondern die Felder. Auch die Felder brauchen Elektronen.

Und, zweitens, genau die Beantwortung der Frage finde ich am interessantesten. Das lenkt nicht vom Wesentlichen ab, sondern kommt auf den Punkt: Wenn die Lampe wirklich sofort angeht - also mit statischer Leistung, nicht irgendwelche dynamischen Hochfrequenzgeschichten mit geringer Leistung - dann habe ich den Anteil der Felder an der Geschichte tatsächlich nicht verstanden. Und darin bestünde (für mich) dann auch die didaktische Leistung des Videos.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 04. Feb 2022 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Tom,

TomS hat Folgendes geschrieben:
ML hat Folgendes geschrieben:
In dem Moment, in dem man den Stromkreis schließt, erzeugt man m. E. im mittleren Leiterabschnitt … einen Stromfluss.

Das Schließen des Schalters kann sich nicht instantan entlang des Leiters auswirken.

Ja, richtig. Das muss es auch nicht. Beachte, dass wir im Anschaltmoment keine Gleichstromverhältnisse betrachten, sondern einen transienten Vorgang. Wir betrachten am Schaltpunkt eine Sprungfunktion. Das ist Wechselstrom mit vielen Frequenzen.
Die dabei auftretenden Stromkreise werden über die Leitungskapazitäten geschlossen. Die Stromstärke ist nicht überall entlang des Leiters konstant. Genau das beschreibt doch die Leitungstheorie.
Ich schaue mal, ob ich die Leitungstheorie näherungsweise durch ein Spice-Modell ersetzen kann -- dann könnten wir uns mal anschauen, was passieren müsste.

Zitat:

ML hat Folgendes geschrieben:
M. E. lässt sich das Problem mit der Theorie der langen Leitungen (Wellenleitung) lösen. Alles andere ist murks (Kirchoff) oder zu kompliziert (Maxwell).

Die Leitungsgleichung betrachtet aber genau den Effekt nicht, der für den Energietransport verantwortlich ist. Selbst wenn sie zum korrekten Ergebnis führt, hätte man dieses nicht wirklich verstanden.

Die Leitungsgleichungen spricht von Spannungswellen (E-Feld) und Stromwellen (B-Feld). Wenn ich die Spannungs- und Stromwellen kenne, die entlang der Leitung laufen, kann ich mir den Rest erschließen.

Zitat:

Da wir von Effekten sprechen, die sich mit Lichtgeschwindigkeiten ausbreiten, und da wir a priori nicht wissen, ob sie (im Wesentlichen) nur entlang des Leiters propagieren oder nicht, kommt man m.E. um die Maxwellschen Gleichungen plus das relativistische Ohmsche Gesetz nicht herum.

Wozu willst Du das relativistische Ohm'sche Gesetz nutzen? Der Leiter bewegt sich doch nicht, und die Ladungen bewegen sich mit typischen Driftgeschwindigkeiten von µm/s oder mm/s.


Viele Grüße
Michael
Kurt



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Beitrag Kurt Verfasst am: 04. Feb 2022 12:03    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:

Wozu willst Du das relativistische Ohm'sche Gesetz nutzen? Der Leiter bewegt sich doch nicht, und die Ladungen bewegen sich mit typischen Driftgeschwindigkeiten von µm/s oder mm/s.


Solange man sich an Ladungen festhält und die Annahme von Feldern nicht fallengelassen wird sind die Erklärung nicht realkonform.


Kurt

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 12:22    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
ML hat Folgendes geschrieben:
M. E. lässt sich das Problem mit der Theorie der langen Leitungen (Wellenleitung) lösen. Alles andere ist murks (Kirchoff) oder zu kompliziert (Maxwell).

Die Leitungsgleichung betrachtet aber genau den Effekt nicht, der für den Energietransport verantwortlich ist. Selbst wenn sie zum korrekten Ergebnis führt, hätte man dieses nicht wirklich verstanden.

Die Leitungsgleichungen spricht von Spannungswellen (E-Feld) und Stromwellen (B-Feld). Wenn ich die Spannungs- und Stromwellen kenne, die entlang der Leitung laufen, kann ich mir den Rest erschließen.

Du behauptest, dass die Leitungsgleichungen das korrekte Ergebnis (für Strom und Spannung) liefern. Ich behaupte, dass man den Energietransport im elektromagnetischen Feld damit nicht modelliert, weil die Leitungsgleichungen kein elektromagnetisches Feld enthalten. Das ist zunächst kein Widerspruch.

Die Leitungsgleichungen sind ein effektives Modell, das bestimmte Phänomene erfasst (Ströme, Spannungen), andere nicht (elektromagnetisches Felder). Das effektive Modell kann die nicht modellierten Phänomene nicht erklären, es kann höchstens einige ihrer Effekte implizit berücksichtigen. Umgekehrt kann nur das fundamentale Modell das effektive Modell erklären.

Konkret: der Energietransport über große Entfernungen findet im Falle von Wechselstrom ausschließlich im elektromagnetischen Feld (insbs. entlang des Leiters) statt. Im Falle des Wechselstroms erkennt man, dass die Elektronen keine Energie über makroskopische Distanzen transportieren. Der Strom deponiert jedoch lokal Energie, die durch „Reibung“ im Leiter als Wärme frei wird. Diese lokal aus der kinetischen Energie der Elektronen entnommen Wärme wird nicht durch einen Energietransport der Elektronen selbst nachgeliefert, sondern durch den Energietransport im elektromagnetischen Feld. Das ist der Kerngedanke, und das kann die Leitungstheorie nicht erklären.

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Da wir von Effekten sprechen, die sich mit Lichtgeschwindigkeiten ausbreiten, und da wir a priori nicht wissen, ob sie (im Wesentlichen) nur entlang des Leiters propagieren oder nicht, kommt man m.E. um die Maxwellschen Gleichungen plus das relativistische Ohmsche Gesetz nicht herum.

Wozu willst Du das relativistische Ohm'sche Gesetz nutzen? Der Leiter bewegt sich doch nicht, und die Ladungen bewegen sich mit typischen Driftgeschwindigkeiten von µm/s oder mm/s.

Die Driftgeschwindigkeit ist für den vorliegenden Fall ziemlich irrelevant.

Wir betrachten ein Problem einschließlich elektromagnetischer Wellen, d.h. es ist zunächst sinnvoll, das Problem relativistisch zu formulieren.

Wenn wir z.B. den Einschaltvorgang betrachten, dann wäre es interessant, die Geschwindigkeit der resultierenden Flanke der Stromstärke entlang des Drahtes zu berechnen.

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Zeitlos
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Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 14:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Konkret: der Energietransport über große Entfernungen findet im Falle von Wechselstrom ausschließlich im elektromagnetischen Feld (insbs. entlang des Leiters) statt. Im Falle des Wechselstroms erkennt man, dass die Elektronen keine Energie über makroskopische Distanzen transportieren. Der Strom deponiert jedoch lokal Energie, die durch „Reibung“ im Leiter als Wärme frei wird. Diese lokal aus der kinetischen Energie der Elektronen entnommen Wärme wird nicht durch einen Energietransport der Elektronen selbst nachgeliefert, sondern durch den Energietransport im elektromagnetischen Feld. Das ist der Kerngedanke, und das kann die Leitungstheorie nicht erklären.

Das verstehe ich nicht wenn die Wärme lokal entnommen wird wird ja der Leiter auf der gesamten Länge warm, das Feld jedoch nimmt den direkten Weg.
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 15:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hast du das Video gesehen?

Jedes Elektron im Drahtes bewegt sich im Bereich Millimeter bis Zentimeter mit 50 Hz hin und her. D.h. es transportiert keine Energie über mehr als diese Strecke. Im zeitlichen Mittel ist der Energietransport durch die Elektronen Null.

Da da die Elektronen jedoch Energie an den Draht abgeben, muss diese ja irgendwie nachgeliefert werden; und das funktioniert über den Energietransport im elektromagnetischen Feld entlang des Drahtes.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 04. Feb 2022 16:13, insgesamt einmal bearbeitet
Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 16:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Hast du das Video gesehen?

Jedes Elektron im Drahtes bewegt sich im Bereich Millimeter bis Zentimeter mit 50 Hz hin und her. D.h. es transportiert keine Energie über mehr als diese Strecke. Im zeitlichen ist der Energietransport durch die Elektronen Null.

Da da die Elektronen jedoch Energie an den Draht abgeben, muss diese ja irgendwie nachgeliefert werden; und das funktioniert über den Energietransport im elektromagnetischen Feld entlang des Drahtes.


Ja ich hatte das schon vor einiger Zeit angeschaut, im Video war auch von Leitung ohne Wiederstand die Rede also da dürfte sich auch nichts erwärmen dann aber wenn das ist wie du sagst das Feld entlang des Drahtes die Energie nachliefert dann ist ja wieder mit Verzögerung auch das em Feld ist doch Lichtgeschwindigkeit?
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
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Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 04. Feb 2022 16:17    Titel: Antworten mit Zitat

Mal eine Frage an alle, die ausreichend Plan von Elektrotechnik haben: In dem zweiten Video kam's nicht ganz raus, da war die Rede von der halben Versorgungsspannung, die da nach 1m/c anliegen können sollen und so.
Aber wenn ich eine Lampe habe, die z.B. 110 V und 1 A braucht, und ich schalte die 110 V an, dann fängt die doch nicht sofort an zu leuchten, oder? Wegen mir liegen da rechnerisch kurz eine Million Volt an wegen dem unendlich schnellen Einschalten, und weil alles mögliche hin- und herreflektiert wird, aber man liefert doch nie und nimmer stetige 110 W. Oder liege ich da total daneben?
Kurt



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Wohnort: Bayern

Beitrag Kurt Verfasst am: 04. Feb 2022 16:31    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Aber wenn ich eine Lampe habe, die z.B. 110 V und 1 A braucht, und ich schalte die 110 V an, dann fängt die doch nicht sofort an zu leuchten, oder?


Doch, und zwar dann wenn es einen direkten Weg von der Quelle zur Lampe geht, das muss keine Stromleitung sein, ein "Kondensator" dazwischen machts auch.
Heisst: irgendeine Strecke die den kurzen Weg nimmt.
Soll die Lampe längerfristig brennen dann geht der Weg über die lange Leitung (bei DC) mit entsprechneder verzögerung.
Verhindere den direkten Weg dann bleibt nur noch der lange Weg übrig und die Lampe geht erst an wenn dieser überwunden ist.

Kurt

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
... im Video war auch von Leitung ohne Wiederstand die Rede also da dürfte sich auch nichts erwärmen

Das ist ein Schwachpunkt des Videos.

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
... dann aber wenn das ist wie du sagst das Feld entlang des Drahtes die Energie nachliefert ...

Das sagt ja schon das Video, und das ist unstrittig.

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
... dann ist ja wieder mit Verzögerung auch das em Feld ist doch Lichtgeschwindigkeit?

Auch die Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes mit Lichtgeschwindigkeit ist zunächst unstrittig.

Aber es bleiben noch ein offener Punkt: erfolgt der maßgebliche Energietransport im Feld nur entlang des Drahtes - wir hier meinen "ja"; oder insbs. auch "quer zu Draht" - sagt das Video.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Mal eine Frage an alle, die ausreichend Plan von Elektrotechnik haben: In dem zweiten Video kam's nicht ganz raus, da war die Rede von der halben Versorgungsspannung, die da nach 1m/c anliegen können sollen und so.
Aber wenn ich eine Lampe habe, die z.B. 110 V und 1 A braucht, und ich schalte die 110 V an, dann fängt die doch nicht sofort an zu leuchten, oder? Wegen mir liegen da rechnerisch kurz eine Million Volt an wegen dem unendlich schnellen Einschalten, und weil alles mögliche hin- und herreflektiert wird, aber man liefert doch nie und nimmer stetige 110 W. Oder liege ich da total daneben?

Nee, du hast völlig recht.

Zum ersten herrscht nicht im gesamten Draht instantan ein konstantes elektrisches Feld, das muss sich erst ausbreiten. Zum zweiten hast du nicht instantan einen homogenen Strom, sondern es gibt natürlich eine Einschaltverzögerung, die durch den Draht läuft (und zwar nicht mit Lichtgeschwindigkeit).

Aber das alles blendet der Video-Man komplett aus.

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Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aber es bleiben noch ein offener Punkt: erfolgt der maßgebliche Energietransport im Feld nur entlang des Drahtes - wir hier meinen "ja"; oder insbs. auch "quer zu Draht" - sagt das Video.


Ja genau, selbst wenn der Draht keinen Wiederstand hat also erzeugt er ja ein Magnetfeld und das brauch Energie, die Frage is ob die Lampe schon vorher leuchtet oder erst wenn das Feld den ganzen Draht entlang aufgebaut is.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 04. Feb 2022 17:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zeitlos hat Folgendes geschrieben:
Ja genau, selbst wenn der Draht keinen Wiederstand hat also erzeugt er ja ein Magnetfeld und das brauch Energie, die Frage is ob die Lampe schon vorher leuchtet oder erst wenn das Feld den ganzen Draht entlang aufgebaut is.


Die Idee ist ja, dass die Energie nicht komplett den Draht entlang laufen muss, sondern auch auch direkt den kurzen Weg direkt von der Batterie zur Lampe nimmt. Und es wurde hier ja schon mehrfach darauf hingewiesen, dass dieser Weg zwar existiert, dass die so übertragene Energie aber viel zu klein ist, um die Lampe leuchten zu lassen. Der Draht an der Batterie wirkt als Sender und der an der Lampe als Empfänger. Die Erfahrung lehrt, dass da bei Gleichstrom nicht allzu viel ankommt. Die Energie, die die Lampe zum Leuchten bringt, muss den langen Weg nehmen.

Im Grunde wird in dem Video behauptet, dass die Lampe auch dann leuchtet, wenn der Draht auf der Seite des Schalters in 1,5 ls Entfernung durchgeschnitten wurde. Davon könnte sie erst erfahren, wenn das Signal vom Schalter hin und wieder zurück ist. Aber angeblich leuchtet sie dann ja schon.
Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

Das das ohne Draht funktioniert ist klar, sonst gäbs ja kein Radio. Wollte nicht auch Tesla die ganze Welt drahtlos mit Strom versorgen?
Aber dazubrächte er ja wenigtens eine Antenne an der Baterrie oder nicht.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 04. Feb 2022 18:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Tom,

Zitat:

Die Leitungsgleichungen sind ein effektives Modell, das bestimmte Phänomene erfasst (Ströme, Spannungen), andere nicht (elektromagnetisches Felder). Das effektive Modell kann die nicht modellierten Phänomene nicht erklären, es kann höchstens einige ihrer Effekte implizit berücksichtigen. Umgekehrt kann nur das fundamentale Modell das effektive Modell erklären.

Prinzipiell hast Du ja recht. Aber ich vermute fast, dass wir unter Leitungstheorie etwas anderes verstehen. Ich verstehe darunter die Theorie der Wellenausbreitung entlang von Leitungen, die sich mit der Telegraphengleichung beschreiben lässt.

Natürlich sind dabei Vereinfachungen im Vergleich zum Maxwell-Wohlfühl-Paket enthalten, aber insbesondere Ausbreitungsphänomene und Latenzen entlang der Leitungen lassen sich damit gut vorhersagen.

Ich muss mal schauen, ob ich irgendwo Zugang zu einer Comsol-Lizenz bekommen kann. Dann könnte ich auch mal das ganze Feld simulieren.

Zitat:

Konkret: der Energietransport über große Entfernungen findet im Falle von Wechselstrom ausschließlich im elektromagnetischen Feld (insbs. entlang des Leiters) statt. Im Falle des Wechselstroms erkennt man, dass die Elektronen keine Energie über makroskopische Distanzen transportieren.
Der Strom deponiert jedoch lokal Energie, die durch „Reibung“ im Leiter als Wärme frei wird. Diese lokal aus der kinetischen Energie der Elektronen entnommen Wärme wird nicht durch einen Energietransport der Elektronen selbst nachgeliefert, sondern durch den Energietransport im elektromagnetischen Feld. Das ist der Kerngedanke, und das kann die Leitungstheorie nicht erklären.

Ja, da sind wir aber eh einer Meinung. Alles energetisch Relevante spielt sich dort ab, wo die Energie ist, und das ist nun mal außerhalb der Leiter.
Formal sieht man das daran, dass der Poyntingvektor wegen im elektrischen Leiter und wegen im magnetischen Leiter/Trafokern näherungsweise null ist.
Wenn man sich das bisschen Restfeld im elektrischen/magnetischen Leiter anschaut, bemerkt man, dass die Richtung in den Leiter hinein zeigt. Das, was im leitenden Material an Rest-Poyntingvektor da ist, beschreibt folglich die Verlustleistung vom Feld ins Material hinein. Nur im Hinblick auf die Verlustleistung im Material haben Elektronen irgendwas zu suchen.

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Da wir von Effekten sprechen, die sich mit Lichtgeschwindigkeiten ausbreiten, und da wir a priori nicht wissen, ob sie (im Wesentlichen) nur entlang des Leiters propagieren oder nicht, kommt man m.E. um die Maxwellschen Gleichungen plus das relativistische Ohmsche Gesetz nicht herum.

Wozu willst Du das relativistische Ohm'sche Gesetz nutzen? Der Leiter bewegt sich doch nicht, und die Ladungen bewegen sich mit typischen Driftgeschwindigkeiten von µm/s oder mm/s.

Die Driftgeschwindigkeit ist für den vorliegenden Fall ziemlich irrelevant.
[/quote]
J eben. Deshalb frage ich ja, weshalb Du nehmen willst, wenn ohnehin gleich null ist. Aber gut. Es ist ja kein Fehler, die allgemeine Gleichung anzusetzen und dann zu merken, dass man einen bestimmten Term nicht braucht.

Zitat:

Wenn wir z.B. den Einschaltvorgang betrachten, dann wäre es interessant, die Geschwindigkeit der resultierenden Flanke der Stromstärke entlang des Drahtes zu berechnen.

Ja, da stimme ich zu. Und wehe, es kommt nicht c heraus. smile


Viele Grüße
Michael
TomS
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Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 19:03    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Aber ich vermute fast, dass wir unter Leitungstheorie etwas anderes verstehen. Ich verstehe darunter die Theorie der Wellenausbreitung entlang von Leitungen, die sich mit der Telegraphengleichung beschreiben lässt.

Ich kenne die Telegraphengleichung für Strom und Spannung im Leiter, nicht für elektromagnetische Felder in der Umgebung des Leiters.

ML hat Folgendes geschrieben:
Das, was im leitenden Material an Rest-Poyntingvektor da ist, beschreibt folglich die Verlustleistung vom Feld ins Material hinein.

Genau.

ML hat Folgendes geschrieben:
Es ist ja kein Fehler, die allgemeine Gleichung anzusetzen und dann zu merken, dass man einen bestimmten Term nicht braucht.

So hatte ich mir das gedacht.

ML hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir z.B. den Einschaltvorgang betrachten, dann wäre es interessant, die Geschwindigkeit der resultierenden Flanke der Stromstärke entlang des Drahtes zu berechnen.

Ja, da stimme ich zu. Und wehe, es kommt nicht c heraus. :)[/quote]
Ich hätte jetzt erwartet, dass da nicht c rauskommt.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
ML



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Beitrag ML Verfasst am: 04. Feb 2022 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Tom,

Zitat:

Ich kenne die Telegraphengleichung für Strom und Spannung im Leiter, nicht für elektromagnetische Felder in der Umgebung des Leiters.

Gemeint sind die Strome IM Leiter (an der jeweiligen Stelle) und die Spannung ZWISCHEN den beiden Leitern einer Doppeldrahtanordnung.
Der Strom lässt auf das B-Feld zurückschließen, die Spannung auf das E-Feld zwischen den Leitern.
Es ist aber klar, dass die Telegraphengleichung eine starke Vereinfachung beinhaltet, die aber durchaus die zeitlichen Abläufe (wann kommt die Reflexion vom Leitungsende zurück) richtig wiedergibt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich hätte jetzt erwartet, dass da nicht c rauskommt.

Ich denke schon, dass da c rauskommt. (Wir reden doch vom verlustlosen Leiter?)

Wenn die Drähte mit einem Isolator ummantelt sind, kommt die Lichtgeschwindigkeit in diesem Material heraus. Im Koaxkabel sind das typischerweise ca. 2/3 c. Im Modell wird das mit dem sog. Verkürzungsfaktor modelliert.

Besonders große Geometrieabhängigkeiten von c würde ich nicht vermuten.


Viele Grüße
Michael


Zuletzt bearbeitet von ML am 04. Feb 2022 21:06, insgesamt einmal bearbeitet
ML



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Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 04. Feb 2022 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aber es bleiben noch ein offener Punkt: erfolgt der maßgebliche Energietransport im Feld nur entlang des Drahtes - wir hier meinen "ja"; oder insbs. auch "quer zu Draht" - sagt das Video.


ich glaube, darauf habe ich eine Antwort:

Wir stellen uns eine Doppeldrahtanordnung mit Gleichstrom vor, die weit von Quelle und Verbraucher entfernt ist. Dann gilt innerhalb des Drahtes in Längsrichtung idealtypisch E=0, und die E-Feldlinien zeigen senkrecht vom einen Draht zum anderen.
In diesem Fall ist aufgrund des Vektorproduktes klar, dass in der Luft zwischen den Drähten nicht parallel zu E sein kann.


Wenn wir nun auf einem kleinen Stück des Weges den Draht durch unseren Lastwiderstand ersetzen, ändert sich die Feldverteilung. Innerhalb des Lastwiderstandes gibt es nämlich aufgrund des Ohm'schen Gesetzes eine relevante E-Feldkomponente in Längsrichtung.
Das führt dazu, dass auch das E-Feld zwischen den Leitern lokal eine Komponente in Längsrichtung (nicht Ausbreitungsrichtung) bekommt. Dies führt über den Poyntingvektor dann zu einem Energietransport vom Feld in dieses Leiterstück quer zur Längsrichtung.


Also:
Die Energieausbreitung erfolgt entlang des verlustlosen Doppeldrahtleiters parallel zum Leiter, beim Lastwiderstand aber auch quer dazu.


Viele Grüße
Michael


Zuletzt bearbeitet von ML am 05. Feb 2022 06:13, insgesamt einmal bearbeitet
Zeitlos
Gast





Beitrag Zeitlos Verfasst am: 04. Feb 2022 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:

Also:
Die Energieausbreitung erfolgt entlang des verlustlosen Doppeldrahtleiters parallel zum Leiter, beim Lastwiderstand aber auch quer dazu.

Ist bestimmt ne dumme Frage aber woher weiss denn die Energie von dem Lastwiederstand vorher schon als es durch den Leiter sich bis dort ausgebreitet hat?
TomS
Moderator


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Beiträge: 18078

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2022 23:12    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Es ist aber klar, dass die Telegraphengleichung eine starke Vereinfachung beinhaltet, die aber durchaus die zeitlichen Abläufe richtig wiedergibt.

Zustimmung.

ML hat Folgendes geschrieben:
Ich denke schon, dass da c rauskommt. (Wir reden doch vom verlustlosen Leiter?)

Ich hatte tatsächlich an einen parallelen Leiter gedacht (der Idealfall aus dem Video ist evtl. an einigen Stellen irreführend)

ML hat Folgendes geschrieben:
Die Energieausbreitung erfolgt entlang des verlustlosen Doppeldrahtleiters parallel zum Leiter, beim Lastwiderstand aber auch quer dazu.

Dann ist die Schlussfolgerung im Video zum idealen Leiter falsch. Und mit Lastwiderstand bleibt es bei einer rein qualitativen Aussage - „auch“.

Das Video ist gut, aber an einigen entscheidenden Stellen wirklich irreführend.

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ML



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Beitrag ML Verfasst am: 05. Feb 2022 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

TomS hat Folgendes geschrieben:

Dann ist die Schlussfolgerung im Video zum idealen Leiter falsch. Und mit Lastwiderstand bleibt es bei einer rein qualitativen Aussage - „auch“.


Ich gehe heute Abend nochmal drauf ein (habe noch Terminaufgaben zu erledigen).

Meines Erachtens fließt innerhalb einer Zeit, die deutlich größer ist als ein Strom mit der Stromstärke:


Dieser verändert sich durch die Reflexionen am Leiterende dann im Sekundentakt bis zum Endwert von


Am Ende des Videos ist ganz kurz ein Plot zu sehen, der für mich so aussieht, als hätten die Leute in einer Modellschaltung (mit kürzeren Armen) die Zusammenhänge in LT-Spice (also einer Schaltungssimulation) modelliert.


Viele Grüße
Michael


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curious
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Beitrag curious Verfasst am: 06. Feb 2022 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:

Wenn wir nun auf einem kleinen Stück des Weges den Draht durch unseren Lastwiderstand ersetzen, ändert sich die Feldverteilung. Innerhalb des Lastwiderstandes gibt es nämlich aufgrund des Ohm'schen Gesetzes eine relevante E-Feldkomponente in Längsrichtung.
Das führt dazu, dass auch das E-Feld zwischen den Leitern lokal eine Komponente in Längsrichtung (nicht Ausbreitungsrichtung) bekommt. Dies führt über den Poyntingvektor dann zu einem Energietransport vom Feld in dieses Leiterstück quer zur Längsrichtung.


Also:
Die Energieausbreitung erfolgt entlang des verlustlosen Doppeldrahtleiters parallel zum Leiter, beim Lastwiderstand aber auch quer dazu.



Der Lastwiderstand ist die Lampe?
Bei der Batterie gibt es ja auch eine E-Feld-Komponente in Feldrichtung, und damit - sobald Ladungen bewegt werden- einen Energiefluss quer zur Batterie? (Veritatsium-Video ca. 7:36)
curious
Gast





Beitrag curious Verfasst am: 06. Feb 2022 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

curious hat Folgendes geschrieben:

Bei der Batterie gibt es ja auch eine E-Feld-Komponente in Feldrichtung,


Korrektur: ich meinte "in Längsrichtung"
ML



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Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 07. Feb 2022 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

curious hat Folgendes geschrieben:

Der Lastwiderstand ist die Lampe?

Ja.

Zitat:

Bei der Batterie gibt es ja auch eine E-Feld-Komponente in Feldrichtung, und damit - sobald Ladungen bewegt werden- einen Energiefluss quer zur Batterie? (Veritatsium-Video ca. 7:36)

Es gibt einen Energiefluss aus der Energie raus ins Feld und von dort in den Lastwiderstand rein. So muss es sein.

Leider kriege ich die Simulation nicht wie gewünscht hin. Das Simulationsprogramm meldet Fehler, ich weiß aber nicht, was an Angaben fehlt.


Viele Grüße
Michael
Kurt



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Beitrag Kurt Verfasst am: 07. Feb 2022 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:

Leider kriege ich die Simulation nicht wie gewünscht hin. Das Simulationsprogramm meldet Fehler, ich weiß aber nicht, was an Angaben fehlt.

Ev. die Schaltung für die rote Linie.
Bei der scheint es sich um eine Konstantstromschaltung zu handeln die einen Kondensator in einzelnen Schritten lädt (und dabei die Lampenmimik in Gang setzt).


Kurt

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