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Einfallswinkel ungleich Ausfallswinkel durch Rotation
 
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Boulespieler



Anmeldungsdatum: 10.08.2020
Beiträge: 4

Beitrag Boulespieler Verfasst am: 10. Aug 2020 10:29    Titel: Einfallswinkel ungleich Ausfallswinkel durch Rotation Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Weshalb springt ein rotierender Ball in unterschiedlichen Winkeln vom Boden ab, je nach Rotationsgeschwindigkeit und Richtung der Rotationsachse (waagerecht oder schräg)?

Praxisbeispiele:
1. Man kann einen Ball so vor sich auf den Boden werfen, dass er einem wieder in die Hände zurückspringt, wenn man ihn mit kräftigem "Rückdrall" wirft.
2. Tischtennisspieler verändern den Abprallwinkel des Balles indem sie ihm einen unterschiedlichen "Schnitt" mitgeben.
3. Handballer werfen Aufsetzer so auf den Boden, dass er "ums Eck" ins Tor springt.
4. Wir Boulespieler verkürzen den Rollweg unserer Stahlkugeln, indem wir sie mit kräftigem Rückdrall (Rotation um die waagerechte Achse) werfen. Wie die Handballer können wir unsere hohlen Stahlkugeln (ca. 5mm Wandstärke) auch bis zu 45° "ums Eck"spielen.

Zweiter Ansatz:
Weshalb gibt eine um die Horizontalachse rotierende Kugel beim Aufprall auf den Boden mehr Energie an den Boden ab, als die nicht rotierende Kugel und rollt dadurch nicht mehr so weit? (Bezug Stahlkugel auf Erdboden, also ziemlich unelastischer Stoß)



Meine Ideen:
Meine Idee war, dass ein Kreisel einer Kraft von außen(Stoß beim Aufprall) im Winkel von 90° ausweicht. (Also bei waagerechter Rotationsachse entgegen der Horizontalgeschwindigkeit wirkt.) Als Gegenargument bekam ich, dass die Stoßkraft beim Aufprall nicht versucht die Rotationsachse zu kippen, sondern im Schwerpunkt der Kugel und 90° zur Rotationsachse wirkt, Kreiselgesetze also keine Anwendung finden können.

Mir geht's hier nicht um exakte physikalische Formeln, die mich etwas mehr als 50 Jahre nach dem Abi ohnedies völlig überfordern würden. Ich möchte diese(n) Effek(e) nur gerne von Prinzip her verstehen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand dabei direkt helfen oder einen Tipp geben könnte, wo mir die Frage beantwortet wird.

§:¬) gama
Zerdenker



Anmeldungsdatum: 05.08.2020
Beiträge: 77

Beitrag Zerdenker Verfasst am: 10. Aug 2020 12:56    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo, dann versuche ich das ganze mal ohne Formeln ein wenig zu erklären.

Ein sich bewegender Körper besitzt immer einen Impuls, dreht ein Körper sich bei einer solchen Bewegung um eine Achse besitzt er darüber hinaus einen Drehimpuls. Die Größe und Richtung des Drehimpulses ist abhängig von den Anfangs- und Randbedingungen, sprich aus welchem Material besteht der Ball wie wird der Ball geworfen/geschlagen/gestoßen.

Sobald der Körper auf einen anderen Körper (z.B. Boden) trifft, wirkt eine Reaktionskraft in entgegen gesetzter Richtung, sprich vom Boden auf den Ball (actio = reactio). Es findet also ein Kraftstoß statt, dieser kann je nach Ball/Boden unterschiedlich ausfallen und hängt u.a. von der Elastizität der beiden Körper ab.

Sobald diese äußere Kraft vom Boden auf den Ball wirkt, änder sich seine Bewegungsrichtung, denn der Impuls wird durch diesen Kraftstoß in Größe und Richtung verändert.
Wie stark dieser Kraftstoß ausfällt hängt z.B. von der Reibung zwischen den beiden Körpern und deren Masse ab. Ein Gummiball wie z.B. ein Flummi verändert durch den Drehimpuls seine Bewegung weitaus mehr als eine glatte Reibungsarme Billiardkugel.

Ich hoffe das ist einigermaßen verständlich. smile
Boulespieler



Anmeldungsdatum: 10.08.2020
Beiträge: 4

Beitrag Boulespieler Verfasst am: 10. Aug 2020 15:18    Titel: Kreiselgesetz ja oder nein? Antworten mit Zitat

Danke für die flotte Antwort, zerdenker!
(Ich hatt ein kleines Problemchen mit dem Login)

Doch, das Niveau verstehe ich gut. Dass diverse Parameter Einfluss haben ist gut nachvollziehbar. Die Grundfrage ist für mich noch ungeklärt:
Warum springt die Kugel in eine ganz bestimmte Richtung vom Boden ab, die sich bei sonst identischen Parametern durch Rotationsgeschwindigkeit und Richtung der Rotationsachse (parallel, oder nach links/rechts gegenüber dem Boden geneigt) beeinflussen lässt.
Der Drehimpuls wird also beim Aufprall vollständig oder partiell in einen Richtungsimpuls umgesetzt.
Geschieht das durch Reibung, Verformung und Rückverformung. Wie kommt diese Richtung zu stande, die meiner Erfahrung nach bei horizontaler Rotationsachse genau entgegen der horizontalen Wurfrichtung gerichtet ist.

Ursprünglich erinnterte ich mich dunkel an "Kreiselgesetz": Wirkt von außen eine Kraft auf einen Kreisel, dann weicht er nicht in Kraftrichtung, sondern 90° dazu versezt aus. - Hätte ja prima gepasst, werfe ich mit Rückdrall, dann wirkt diese Kraft von unten nach oben, die Kugel springt also zu mir zurück, wenn der Drehimpuls groß genug ist. - Dann kam das Gegenargument, dieses "Kreiselgesetz" käme nicht zum tragen, wenn diese Stoßkraft nicht versucht, die Rotationsrichtung zu ändern, was nun so stimmen kann oder halt nicht.

Hier mal der "Ball" dessen Verhalten mich besonders interessiert:
In meiner Sportart Pétanque bzw. Boule benutzen wir Stahlhohlkugeln, 700g schwer ø 7,5 cm. Die Wandstärke ca. 5mm, also viel Masse in einer relativ dünnen Schale. Beim Aufprall auf den Boden findet ein ziemlich unelastischer Stoß statt, aus ca. 3m Fallhöhe springt die Kugel gerade mal 3 bis 15 cm hoch, der Großteil der Rotation ist verschwunden.
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 10. Aug 2020 18:26    Titel: Antworten mit Zitat

Es überlagern sich Rotation und Translation.
1. Auf einen rotierenden Ball (Drall) wirkt eine senkrecht zur Flugbahn wirkende Kraft, deren Richtung durch die Drehrichtung bestimmt wird- die Bahn wird :verbogen": Magnus Effekt. Kann beim Fußball beobachtet werden.
2. Im Flug hat der um seinen Schwerpunktt rotierende Ball einen tangentialen und einen in Flugbahn gerichteten translatorischen Geschwindigkeitsvektor.
3. Beim Auftreffen wird der Ball durch den Bodenkontakt kurzzeitig abgebremst und rotiert dadurch nicht mehr um seinen Schwerpunkt, sondern um den Auftreffpunkt je nach Drehrichtung vor oder zurück. Gleichzeitig springt der Ball hoch und hat bei vollelastischem Stoss Richtung und Bahngeschwindigkeit. Diese überlagert sich mit der Drehbewegung und erzeugt einen Geschwindigkeitsvektor der in Richtung und Betrag abweicht.
Boulespieler



Anmeldungsdatum: 10.08.2020
Beiträge: 4

Beitrag Boulespieler Verfasst am: 13. Aug 2020 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

Danke Mathefix!
Das kann ich gut nachvollziehen.
A.T.



Anmeldungsdatum: 06.02.2010
Beiträge: 343

Beitrag A.T. Verfasst am: 14. Aug 2020 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

Mathefix hat Folgendes geschrieben:
Es überlagern sich Rotation und Translation.

Besonders gut sieht man das bei Bällen mit einen hoher Reibung (Flumis):
https://www.youtube.com/watch?v=e-Skl2Z1wkg
https://www.youtube.com/watch?v=MYX5V_Gj-aw

Das ganze wird noch interessanter in 3D:
https://www.youtube.com/watch?v=AfPhuwBItB4
https://www.youtube.com/watch?v=1t1grbgT5pE
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