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Oberflächenspannung von Flüssigkeiten
 
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plomer



Anmeldungsdatum: 22.08.2006
Beiträge: 4

Beitrag plomer Verfasst am: 22. Aug 2006 15:38    Titel: Oberflächenspannung von Flüssigkeiten Antworten mit Zitat

Vielleicht kann mir jemand helfen:
In 99% der Fälle wird die Entstehung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten auf die viel kleineren Adhäsionskräfte des angrenzenden Mediums, verglichen mit den Kohäsionskräften der Flüssigkeit, angegeben. Einzig das Experimentalphysikbuch Bergmann-Schäfer behauptet dass dieser Effekt zu klein wäre, der wirkliche Grund wäre dass die Oberflächennahen Schichten aufgrund von Diffusion ausdünnen würden, dadurch sinkt die Dichte, der mittelere abstand zwischen zwei Molekülen wird größer und nach dem Lenard-Jones-Potential bleibt eine resultinerende anziehende Kraft übrig, welche die Oberfläche unter Spannung setzt. Und via Kräftedreieck kommt man dann auf die nach innen gerichtete Kraft bei einer Oberflächenvergrößerung, gegen die die Moleküle verschoben werden müssen-..
Also: was ist jetzt richtig? Bergmannschäfer hört sich sehr einleuchtend an, nur ist er das einzige Buch (Tipler, Demtröder sagen auch ersteres), derdiese Theorie vertritt...
Danke für eure Tipps!
Gruß Michael
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 22. Aug 2006 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hast du das wirklich wörtlich so aus dem Bergmann-Schäfer? Oder hast du das mit dem Ausdünnen, sinkender Dichte und wachsendem Abstand mit eigenen Worten formuliert?

Kann es sein, dass Bergmann-Schäfer an der Stelle, die du wiedergibst, einfach nur schreibt, dass die Teilchen an der Oberfläche weniger Nachbarmoleküle haben als die im Inneren der Flüssigkeit, und dass diesen Teilchen an der Oberfläche deshalb die anziehende Wirkung dieser fehlenden benachbarten Flüssigkeitsteilchen fehlt, so dass die Teilchen in Oberflächennähe eine resultierende Zugkraft in das Innere der Flüssigkeit hinein erfahren?

Ich habe die Vermutung, dass sich entweder die Aussagen der verschiedenen Bücher, von denen du sprichst, nicht widersprechen, oder dass ich noch nicht recht verstanden habe, welche Aussagen du genau meinst.
plomer



Anmeldungsdatum: 22.08.2006
Beiträge: 4

Beitrag plomer Verfasst am: 10. Nov 2006 12:27    Titel: Antworten mit Zitat

ja, das hab ich genau so ausm bergmannschäfer. was du formuliert hast ist die standarderklärung der anderen bücher. und für eben diesen fall rechnet bergmannschäfer aus dass so nicht stimmen kann...
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 10. Nov 2006 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

Was ich formuliert habe, ist die Aussage von Bergmann-Schäfer, zum Beispiel in Band 1 (Mechanik, Akustik, Wärme), 10. Auflage 1990, Seite 443, erster Absatz. Das ist der erste Absatz im Unterkapitel "71. Oberflächenspannung".

Deshalb wundert es mich, dass du meinst, Bergmann-Schäfer würde ausrechnen, dass das so nicht stimmen kann.

Magst du mal ganz genau sagen, in welchem Buch, in welcher Auflage, auf welcher Seite, an welcher Stelle Bergmann-Schäfer das sagt, was du gelesen hast?

Und vielleicht sogar, falls möglich, diese Stelle mal hier genauer aufschreiben? Dann können wir genauer und konkreter reden und haben eine Chance, herausfinden zu können, ob es sich vielleicht gar nicht um einen Widerspruch handelt.
plomer



Anmeldungsdatum: 22.08.2006
Beiträge: 4

Beitrag plomer Verfasst am: 07. Dez 2006 00:21    Titel: Antworten mit Zitat

Bergmann Schäfer 1. Band 11. Auflage:
Seite 450 (mitte der Seite):
"In vielen Lehrbüchern wird die molekulare Oberflächenenerge $\epsilon§ anschaulich so begründet, als fehltem einem Oberflächenmolekül die Hälft der Bindungen zu den Nachbarn, die ein Molekül im Inneren besitzt. (...)" Dann berechnet er mit obigem Modell $\epsilon§ und kommt zu folgendem Schluss: "Daher ist das Einfahc Bild (...) nciht gnaz richtig. Es berücksichtigt insbesondere nicht die eigentliche Ursache der Oberflächenspannung, nämlich die geringere Dichte der der Moleküle an der Oberfläche im Vergleich zum Inneren. (...) Daher kann dieses Bild auch nciht die lateralen Kräfte $F_{s}$ erklären, ohne die viele Wirkungen der Oberflächenspannung unverständlich wären...
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 14. Dez 2006 01:22    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die genaue Stellenangabe und das Zitat smile

Ich habe mir den Bergmann-Schäfer, Band 1, sowohl in der 11. als auch in der 10. Auflage geholt und im jeweiligen Kapitel zur Oberflächenspannung gelesen.

Mein Eindruck ist der folgende:

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Interpretiert man, wie Bergmann-Schäfer, 11. Auflage, die Erklärung "vieler Lehrbücher" (inclusive Bergmann-Schäfer, 10. Auflage und wohl auch die vorigen Auflagen) sehr anschaulich, dann scheint sie zu besagen, dass die Wechselwirkungsenergie eines Moleküls proportional zu der Anzahl der Moleküle ist, mit denen es wechselwirkt.

Mit dieser Annahme erhält man durch Rechnen wie in Bergmann-Schäfer, 11. Auflage, Werte für die Oberflächenenergie, die um einen Faktor von rund 10 von den gemessenen Werten abweichen.

Aber ich finde, damit unterstellen die Autoren der 11. Auflage des Bergmann-Schäfer diesem Erklärungsmodell eine quantitative Aussage, die es (zum Beispiel in Bergmann-Schäfer, 10. Auflage) so gar nicht formuliert hat:

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So vereinfachend wird das in der Erklärung "vieler Lehrbücher", zum Beispiel in der zehnten Auflage des Bergmann-Schäfer, gar nicht gesagt. Diese Erklärung stellt fest, dass ein Molekül von den anderen Molekülen, die sich innerhalb seiner "Wirkungssphäre" befinden (also von den anderen Molekülen, die nah genug an dem Molekül dran sind, um merklich mit ihm wechselzuwirken), insgesamt angezogen wird und damit eine Absenkung seiner potentiellen Energie erfährt.

Fehlen Moleküle in dieser Wirkungssphäre (wie zum Beispiel für ein Molekül in Oberflächennähe), dann ist die potentielle Energie des Moleküls weniger stark abgesenkt, also hat das Molekül in Oberflächennähe eine höhere Energie als ein Molekül im Inneren der Flüssigkeit.

Damit erklärt das Modell, dass es eine Oberflächenenergie gibt. Wie groß diese Oberflächenenergie ist, hängt davon ab, wie stark sich die Energie eines Moleküls erhöht, wenn einige (bis zu der Hälfte) seiner Wechselwirkungspartner wegfallen. Ich erwarte dafür einen komplizierteren Zusammenhang als die anschauliche Annahme und Vereinfachung, die die 11. Auflage als Grundlage für ihre Rechnung verwendet. Denn ich vermute, wenn man über die Entfernungsverteilung der Moleküle innerhalb der Wirkungssphäre des Moleküls anhand der Lenard-Jones-Potentiale integriert, wird sich ein anderer, realistischerer Wert ergeben.

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Die 11. Auflage des Bergmann-Schäfer bringt einen neuen Erklärungsansatz ins Spiel, der zusätzlich das das Auftreten einer Kraft parallel zur Oberfläche erklären kann.

Ich bin mir sicher, dass dieser Effekt ebenfalls auftritt, und dass es nützlich ist, diesen Effekt zu kennen, um experimentelle Beobachtungen erklären zu können.

Um aber beurteilen zu können, welcher dieser beiden Effekte wichtiger und wesentlicher für die Erklärung des Zustandekommens der Oberflächenspannung ist, finde ich, dass man sowohl das Erklärungsmodell aus der zehnten Auflage ohne die starke Vereinfachung durchrechnen sollte, als auch eine genauere Vergleichsrechnung für den Wert der Oberflächenspannung durchführen sollte, der sich aus dem Erklärungsmodell der elften Auflage ergibt. Die eher grobe Schätzrechnung der Autoren der 11. Auflage auf Seite 447, obere Hälfte, führt auf ein Ergebnis, das um einen Faktor von rund 5 vom zugehörigen Messwert abweicht.

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Zusammenfassend:

Ich finde, dass beide Erklärungen zum Verständnis der Oberflächenspannung beitragen.

Ich finde, dass die Rechnung, aus der die Autoren der 11. Auflage des Bergmann-Schäfer folgern, das Erklärungsmodell der 10. Auflage sei "sicher nicht ganz richtig", von einer etwas grob vereinfachenden Annahme für die konkrete Interpretation dieses Erklärungsmodells ausgeht, und ich vermute, dass sich bei einer genaueren Betrachtung mit diesem Modell ein anderer Wert ergeben könnte.

Ich finde, dass die Erklärung aus der 11. Auflage aussagekräftig für das Zustandekommen der Oberflächenspannung ist, wird in auf Seite 447 mit einer Rechnung begründet, die eine ähnlich grobe Schätzrechnung ist und eine ähnlich große Abweichung zum Vergleichs-Messwert hat wie die Schätzrechnung, anhand derer die Erklärung aus der 10. Auflage beurteilt wird.

Ich finde, ein Vorteil der Erklärung aus der 11. Auflage ist, dass sie zusätzliche Effekte (das Zustandekommen einer Kraft parallel zur Oberfläche) erklären kann. Als erstes Erklärungsmodell für das Zustandekommen der Oberflächenspannung halte ich sie allerdings für komplizierter als die Erklärung aus Auflage 10.

Sollten sich in genaueren Rechnungen beide Erklärungsmodelle als ähnlich aussagekräftig für das Zustandekommen der Oberflächenspannung erweisen, würde ich das Erklärungsmodell der 10. Auflage als erste Erklärung bei der Einführung in das Thema "Oberflächenspannung" vorziehen, weil ich finde, dass es einfacher ist und weniger Detailkenntnisse voraussetzt.
plomer



Anmeldungsdatum: 22.08.2006
Beiträge: 4

Beitrag plomer Verfasst am: 18. Dez 2006 13:10    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst mal vielen Dank für die Zeit die du dir genommen hast!

Bei deinen Erklärungen hast du dich immer auf die potentielle Energie eines Moleküls bezogen; um die spezifischen Oberflächenenergie einzuführen halte ich ebenfalls das "klassische Modell" (im Gegensatz zum Modell der ausgdünnten oberflächennahen Schichten) für geeigneter.

Der Ausgangspunkt für meine Auseinandersetzungmit diesem Thema war, dass ich im Rahmen meiner Zulassungsarbeit einen Praktikumsversuch zur Thematik Flüssigkeiten für Studierende mit Physik als Nebenfach (Biologen, Pharmazeuten und Geowissenschaften) neu geschrieben habe. Und dort wollte ich dem, dem Experiment naheren, Begriff der Oberflächenspannung den Vorzug geben und auf die spezifische Oberflächenenergie soweit wie möglich verzichten.

Mit dem klassischen MOdell kann man nur eine ins Innere der flüssigkeit wirkende Kraft erklären,während eine für eine Oberflächenvergrößerung ntowendige Kraft tangential dazu wirkt.
Ich bin ehrlich gesagt auf diesen didaktischen Fehler erst über die kritische Bermerkung von BergmannSchäfer zur geringeren Dichte aufmerksam geworden...

Deshabl habe ich für meine Arbeit einen neuen Erklärungsansatz für das Entstehen der Oberflächenspannung verfasst, der auch auf den nächsten DPG-Tagungen in Regensburg vorgestellt werden soll.
Falls du Interesse hast, unter
http://www.physik.uni-muenchen.de/studium/praktikum/anleitungen-4std/M1.pdf
findest du die neue Anleitung für den Versuch Flüssigkeiten...

Nochmal vielen Dank!
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