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Bremsen beim Auto
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manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 07. März 2020 10:04    Titel: Bremsen beim Auto Antworten mit Zitat

Hallo,

ich bin dabei (aus Eigeninteresse) zu modellieren und zu berechnen wie die Bremskraft beim Auto übertragen wird. Dabei habe ich zunächst angenommen, dass eine Reibungskraft F1, die an der Bremsscheibe mit Radius r1 wirkt, direkt zu einer Reibungskraft F2 zwischen Reifen und Boden führt (r2), wobei die Momente gleich sind, also F1*r1=F2*r2. Nun bin ich mir sicher, dass ich das eigentlich nicht machen dürfte. Der Reifen hat ja ein Trägheitsmoment I und muss auch verzögern (Rotation), deshalb müsste folgendes gelten:
F1*r1+I*alpha=F2*r2, wobei alpha die Winkelbeschleunigung ist. Nun habe ich leider keine Idee, wie ich F2 noch durch F1 (und weiteres) ausdrücken kann, da mir unbekannt ist, wie man auf alpha kommt. Hat da jemand eine Idee?

Ich habe irgendwie die Befürchtung, dass ich da eine Differentialgleichung für das ganze Auto lösen muss...

Interessant ist allemal, dass in Büchern stets F1*r1=f2*r2 verwendet wird, obwohl teilweise auch diese Trägheitsmoment in anderen Kapiteln vorkommt. Habe ich vielleicht doch einen Denkfehler?

Danke und LG
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 07. März 2020 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Was genau ist Deine Frage?
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 07. März 2020 14:11    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst ist grundsätzlich nach eurer Meinung gefragt - ob ich das Trägheitsmoment überhaupt berücksichtigen muss oder ob ich hier bereits einen Denkfehler habe.

Dann würde mich interessieren, wie ich F2 durch bekanntes ausdrücken kann - und ob das womöglich durch eine Differentialgleichung gemacht werden muss.

LG
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 07. März 2020 14:40    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

vielleicht hilft ja folgender Denkansatz: Beim Bremsen wirken zwei Kräfte auf das Rad: Zum einem die von der Straße auf den Reifen übertragene Haftkraft Fh und zum anderen die von den Bremsbacken übertragene Reibungskraft Fr. Die Haftkraft ist die einzige äußere Kraft, die auf das System wirkt. Nach Newtons 2. Axiom ist sie also gleich der Bremsbeschleunigung des Fahrzeugs:

Fh = ma

Außerdem bewirken die beiden Kräfte ein Drehmoment auf das Rad. Die Haftkraft bewirkt ein antreibendes Drehmoment Fh*r2 (dass es antreibend ist, erkennt man z.B. daran, dass ein zunächst rutschendes Rad sich allmählich in Bewegungsrichtung zu drehen beginnt). Die Reibungskraft bewirkt dagegen ein bremsendes Drehmoment Fr*r1. Die Differenz der beiden Drehmoment ergibt schließlich eine Änderung der Winkelgeschwindigkeit des Rades:

Fr*r1 - Fh*r2= I*dw/dt

Und schließlich gilt noch der Zusammenhang:

a = r2*dw/dt

Mit diesen Gleichung kann jetzt z.B. die Reibungskraft als Funktion der Bremsbeschleunigung ausdrücken.

Viele Grüße,
Nils
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 07. März 2020 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Nils,

vielen Dank für die tolle Antwort. Diese Gedanken habe ich mir bereits gemacht. Das Problem ist nur, dass ich die Bremsbeschleunigung nicht kenne. Gehen wir davon aus, dass man mit dem Auto fährt und dann bremst, wirken ja wieder Luftreibung, Rollreibung und die Bremskraft durchs bremsen verzögernd und verursachen diese Beschleunigung a. Kann ich nun irgendwie berechnen, wie groß F2 ist, ohne a messen zu müssen - also a wiederum als Funktion der auftretenden Kräfte oder der Ausgangsgeschwindigkeit schreiben?
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 07. März 2020 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

Also du kennst weder die Bremsbeschleunigung noch die Bremskraft?

Dann wird es natürlich schwierig irgendwas zu berechnen...
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 07. März 2020 15:26    Titel: Antworten mit Zitat

Was ich weiß sind Gewichtskraft, Bremskraft an der Bremsscheibe und diverse Abmessungen.

Die Haftkraft hätte ich aus einem Momentengleichgewicht um den Schwerpunkt und ein Kräftegleichgewicht bestimmt, ins Momentengleichgewicht spielt blöderweise aber wieder die Trägheit der Räder hinein denke ich...
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 07. März 2020 15:33    Titel: Antworten mit Zitat

Und was möchtest du gerne berechnen?
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 07. März 2020 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

F2 oder die Normalkraft auf das Rad zum Beispiel.

Irgendwie muss da wohl eine Differentialgleichung her...
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 07. März 2020 16:00    Titel: Antworten mit Zitat

Annahmen: Kein Blockieren der Bremse/Räder, Rollreibung und Rotationsenergie der Räder berücksichtigt, Luftwiderstand unberücksichtigt.

Bremskraft als Funktion des Bremswegs.

Ich würde es über die Energieerhaltung berechnen:

1.Energie des Autos

I_R = Massenträgheitsmoment eines Rads



2. Bremsenergie

r_B = Radius Bremsscheibe
R = Anzahl Räder
N_B = Anzahl Umdrehungen Bremsscheibe bis Stiilstand



3. EES





Bremsweg

r_R = Radius Rad



Bremskraft



sind leicht zu ermitteln.


Zuletzt bearbeitet von Mathefix am 07. März 2020 18:24, insgesamt 3-mal bearbeitet
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 07. März 2020 16:10    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
F2 oder die Normalkraft auf das Rad zum Beispiel.


Ok, also wir hatten:

F2 = ma


F1*r1 - F2*r2= I*dw/dt


a = r2*dw/dt

(ich hab jetzt mal deine Bezeichnungen für die Kräfte übernommen). Kombiniert man diese Gleichungen erhält man:



Über F2 = N*µ könnte man damit dann auch die Normalkraft N ausrechnen.

Viele Grüße,
Nils
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
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Beitrag Mathefix Verfasst am: 07. März 2020 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

Schau Dir meinen Beitrag an.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 07. März 2020 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

Mathefix hat Folgendes geschrieben:




Hmm... der letzte Term sieht aus wie eine Reibarbeit. Nimmst du nicht an, dass die Rollbewegung schlupffrei ist?

Nils
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 08. März 2020 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Mathefix hat Folgendes geschrieben:




Hmm... der letzte Term sieht aus wie eine Reibarbeit. Nimmst du nicht an, dass die Rollbewegung schlupffrei ist?

Nils


Hallo Nils,

bei dem letzten Term handelt es sich um die Arbeit durch schlupffreie Rollreibung. Lt. Annahmen tritt keine Gleitreibung auf, da das Blockieren der Bremse/Räder ausgeschlossen wird.

Bei Interesse kann ich noch den Luftwiderstand berücksichtigen.

Schönen Sonntach

mathefix


Zuletzt bearbeitet von Mathefix am 08. März 2020 11:20, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 08. März 2020 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Mathefix,

Du meinst so eine Art Walkarbeit? Ok, ich hatte in meinem Ansatz angenommen, dass die Verformung der Reifen im wesentlichen elastisch ist, sodass dadurch verursachte Energieverluste vernachlässigt werden können.

Schönen Sonntag,
Nils
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 08. März 2020 11:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

vielen Dank für eure Beiträge. Damit konnte ich mein Problem nun lösen!

Wenn ich jedoch die Ursachen für eine Verzögerung ein bisschen genauer betrachte, bedingen sowohl Luftreibung, als auch Rollreibung, Gewichtskraft (schiefe Ebene) und Bremskräfte an allen Reifen den Term m*a.
Damit kann zwar schlussendlich a ausdrücken, jedoch wird das eine heillose Rechnerei. Naja, zumindest weiß ich jetzt wie es läuft. Da werde ich wohl (der Einfachkeit halber) auf Luftwiderstand und Rollreibung verzichten Big Laugh

Vielen Dank nochmal für eure Hilfe.
LG
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 08. März 2020 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

vielen Dank für eure Beiträge. Damit konnte ich mein Problem nun lösen!

Wenn ich jedoch die Ursachen für eine Verzögerung ein bisschen genauer betrachte, bedingen sowohl Luftreibung, als auch Rollreibung, Gewichtskraft (schiefe Ebene) und Bremskräfte an allen Reifen den Term m*a.
Damit kann zwar schlussendlich a ausdrücken, jedoch wird das eine heillose Rechnerei. Naja, zumindest weiß ich jetzt wie es läuft. Da werde ich wohl (der Einfachkeit halber) auf Luftwiderstand und Rollreibung verzichten Big Laugh

Vielen Dank nochmal für eure Hilfe.
LG


Freut mich, dass wir Dir helfen konnten.

Die Berücksichtigung der Rollreibung ist, wie Du sehen kannst, nicht aufwendig.

Energie des Luftwiderstands







Bei konstanter Verzögerung a





a kannst Du über den Bremsweg bestimmen:







Auch mit Luftwiderstand keine heillose Rechnerei.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 10:55    Titel: Re: Bremsen beim Auto Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Interessant ist allemal, dass in Büchern stets F1*r1=f2*r2 verwendet wird, obwohl teilweise auch diese Trägheitsmoment in anderen Kapiteln vorkommt. Habe ich vielleicht doch einen Denkfehler?


Hallo Manuel,

ich hab jetzt auch mal ein paar Skripte konsultiert und du hast Recht, es wird überall die Formel

F1*r1=f2*r2

verwendet. Meiner Meinung nach müsste dagegen gelten:

F1*r1 - f2*r2 = I*dw/dt

was für vernachlässigbar kleines Drehmoment I in obere Gleichung übergeht. Aber so ganz sicher bin ich nun selbst nicht mehr. Vielleicht übersehe ich ja was.

Wie sieht es denn bei dir aus? Siehst du mittlerweile klarer?

Viele Grüße,
Nils
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 09. März 2020 14:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Nils,

Du liegst völlig richtig!

Mit dem EES komme ich auf folgendes Ergebnis:















qed

In der Praxis ist die Rotationsenergie der Räder im Vergleich zur kinetischen Energie des Autos sehr gering und wird deshalb vernachlässigt.

Ich habe mich immer darüber geärgert, wenn bei Formeln nicht die gemachten Annahmen aufgeführt wurden.

Gruss

mathefix
hansguckindieluft



Anmeldungsdatum: 23.12.2014
Beiträge: 1212

Beitrag hansguckindieluft Verfasst am: 09. März 2020 15:54    Titel: Antworten mit Zitat

Mathefix hat Folgendes geschrieben:

In der Praxis ist die Rotationsenergie der Räder im Vergleich zur kinetischen Energie des Autos sehr gering und wird deshalb vernachlässigt.

In der Kraftfahrzeugtechnik wird auch oft einfach mit einem "Drehmassenzuschlagsfaktor" gerechnet.
Beim Beschleunigen müssen ja nicht nur die Räder in Rotation versetzt werden, sondern auch alle anderen drehenden Teile (im Motor, Getriebe, diverse Wellen, etc.). Der genaue Wert ist dann sogar vom gewählten Gang abhängig.
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

finde ich toll, dass das Thema bei euch so großen Anklang findet und ich gebe Mathefix recht. Nirgends wird begründet, dass das Trägheitsmoment (respektive die Masse der Reifen) vernachlässigt werden darf. Ich bin mir aber zu 100% sicher, dass man es aus präziser, physikalischer Sicht berücksichtigen muss. Es muss schließlich ein Drehmoment wirken, welches das Rad abbremst!) Würde das vermeintliche F1*r1=F2*r2 gelten, gäbe es nie ein Drehmoment auf ein Rad!

Ich habe mich dazu entschlossen zu begründen, warum das Trägheitsmoment vernachlässigt werden darf und es nicht zu berücksichtigen. Das Problem ist, dass beim Ansatz FL+FR+FB+I*alpha=ma (wenn FL die Luftreibung ist, FR die Rollreibung und FB die Bremskraft durch den Untergrund) in der Luftreibung die Geschwindigkeit vorkommt. Das bedeutet, man kann a nur durch Lösen einer Differentialgleichung ausdrücken kann oder man nimmt v als konstant an während der Beschleunigung und geht von einer zu großen Luftreibung aus)

Das Trägheitsmoment nicht zu berücksichtigen macht bei kleinen Beschleunigungen Sinn (da das Drehmoment durch die Rollreibung dann wesentlich größer ist) und ebenso bei starkem Abbremsen (da das Drehmoment durch die Bremskraft wesentlich größer ist). Auch im Hinblick auf die Trägheit ist m*a wesentlich größer als I*a/r. Lediglich im Fall dazwischen (nicht zu geringe Beschleunigung und nicht zu große) macht es Sinn das Trägheitsmoment zu berücksichtigen. Hierbei ist aber bereits bei moderaten Bremskräften das "Bremsmoment" wesentlich größer. Demnach existiert der Zwischenbereich praktisch nicht - hierzu habe ich die Luftreibung als konstant angenommen und a (wie oben angedeutet) ausgedrückt. Dann kann man das Drehmoment das aus dem Trägheitsmoment herrührt als Funktion des Bremsmomentes schreiben. Der Plot verrät dann, dass das Bremsmoment bereits bei 1/10 der maximalen Bremskraft DEUTLICH größer ist (Faktor 10).

Das Einzige was mir noch nicht (ganz) klar ist, betrifft die Auswirkung der Drehimpulsänderung. Wenn das Fahrzeug bremst, so gibt es eine Gewichtsverlagerung auf die Vorderachse (hier wird meist ein dynamisches Gleichgewicht betrachtet). Inwiefern die Drehimpulsänderung der Räder Einfluss darauf haben kann ich nicht einschätzen. Alles was ich weiß ist ja ein Drehmoment um den Aufhängepunkt der Radachse, und nicht um den Schwerpunkt des Fahrzeugs...

Die Schwierigkeit in der Begründung, dass man das Trägheitsmoment vernachlässigen darf liegt meiner Meinung nach in der Gesamtdynamik des Systems und, dass manche Begründungen einfach nicht ausreichen. "Die Rotationsenergie ist vergleichsweise klein" sagt mir beispielsweise sehr undeutlich, wie sich das auf Kräftegleichgewichte oder Beschleunigungen auswirkt.

LG
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 17:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Mathefix,

Mathefix hat Folgendes geschrieben:





Vielen Dank für die Antwort! Freut mich, dass man über die Energiebetrachtung zum selben Ergebnis kommt! (kleiner Hinweis am Rande: man kann die Rechnung noch etwas abkürzen, indem man die Gleichung nach der Zeit ableitet, w = 2pi*dN/dt verwendet und durch w teilt). Aber wo ist denn die kinetische Energie des Fahrzeugs geblieben?


Mathefix hat Folgendes geschrieben:

Ich habe mich immer darüber geärgert, wenn bei Formeln nicht die gemachten Annahmen aufgeführt wurden.


Ja, außerdem ist es verdammt schwer hier überhaupt passende Literatur im Netz zu finden. Wenn man nach "Drehmoment Bremsen" googelt, kommen nur irgendwelche Tuning- und Bastler-Foren.... böse

Viele Grüße,
Nils
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Das Problem ist, dass beim Ansatz FL+FR+FB+I*alpha=ma (wenn FL die Luftreibung ist, FR die Rollreibung und FB die Bremskraft durch den Untergrund) in der Luftreibung die Geschwindigkeit vorkommt.
LG


Den Ansatz verstehe ich nicht... wofür steht denn alpha?
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 17:40    Titel: Antworten mit Zitat

Alpha ist dein dw/dt.
Ich betrachte dabei alle Kräfte, die beschleunigend wirken. Jetzt fällt mir gerade auf... darf ich die Kräfte so ansetzen? Also mit =m*a? Oder berücksichtige ich hiermit wiederum kein Trägheitsmoment?

Wie würdet ihr denn begründen, dass das Trägheitsmoment vernachlässigt werden kann? Das ist beim Auto womöglich noch egal, aber wie sieht es beim Überschlagen eines Motorrads aus? Da muss das Drehmoment doch einen Einfluss haben?


Zuletzt bearbeitet von manuel459 am 09. März 2020 17:50, insgesamt 2-mal bearbeitet
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
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Beitrag Mathefix Verfasst am: 09. März 2020 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Hallo Mathefix,

Mathefix hat Folgendes geschrieben:





Vielen Dank für die Antwort! Freut mich, dass man über die Energiebetrachtung zum selben Ergebnis kommt! (kleiner Hinweis am Rande: man kann die Rechnung noch etwas abkürzen, indem man die Gleichung nach der Zeit ableitet, w = 2pi*dN/dt verwendet und durch w teilt). Aber wo ist denn die kinetische Energie des Fahrzeugs geblieben?


Mathefix hat Folgendes geschrieben:

Ich habe mich immer darüber geärgert, wenn bei Formeln nicht die gemachten Annahmen aufgeführt wurden.


Ja, außerdem ist es verdammt schwer hier überhaupt passende Literatur im Netz zu finden. Wenn man nach "Drehmoment Bremsen" googelt, kommen nur irgendwelche Tuning- und Bastler-Foren.... böse

Viele Grüße,
Nils



Die kinetische Energie des Fahrzeugs habe ich deswegen nicht berücksichtigt, da ich nur das Abbremsen einer rotierenden Scheibe betrachtet habe - wie in Deiner Momentengleichung.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ja ok, macht Sinn! Danke und Grüße!
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
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Beitrag Mathefix Verfasst am: 09. März 2020 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Das Problem ist, dass beim Ansatz FL+FR+FB+I*alpha=ma (wenn FL die Luftreibung ist, FR die Rollreibung und FB die Bremskraft durch den Untergrund) in der Luftreibung die Geschwindigkeit vorkommt.
LG


Den Ansatz verstehe ich nicht... wofür steht denn alpha?


Alpha steht für idie Winkelbeschleunigung.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

Mathefix hat Folgendes geschrieben:
Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Das Problem ist, dass beim Ansatz FL+FR+FB+I*alpha=ma (wenn FL die Luftreibung ist, FR die Rollreibung und FB die Bremskraft durch den Untergrund) in der Luftreibung die Geschwindigkeit vorkommt.
LG


Den Ansatz verstehe ich nicht... wofür steht denn alpha?


Alpha steht für idie Winkelbeschleunigung.


Aber dann passt das schon von den Einheiten nicht. I*alpha wäre ein Drehmoment, die anderen Terme sind Kräfte.
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Mathefix hat Folgendes geschrieben:
Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Das Problem ist, dass beim Ansatz FL+FR+FB+I*alpha=ma (wenn FL die Luftreibung ist, FR die Rollreibung und FB die Bremskraft durch den Untergrund) in der Luftreibung die Geschwindigkeit vorkommt.
LG


Den Ansatz verstehe ich nicht... wofür steht denn alpha?


Alpha steht für idie Winkelbeschleunigung.


Aber dann passt das schon von den Einheiten nicht. I*alpha wäre ein Drehmoment, die anderen Terme sind Kräfte.


Stimmt! Sorry! Denkt euch das I*alpha da raus. Das hat da nichts zu suchen und war ein grober Tippfehler.
Ich möchte damit auch kurz auf meinen vorigen Post aufmerksam machen (der womöglich bei den ganzen zu gleich abgeschickten Beiträgen untergegangen ist).

LG
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 09. März 2020 18:08    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:

Die Schwierigkeit in der Begründung, dass man das Trägheitsmoment vernachlässigen darf liegt meiner Meinung nach in der Gesamtdynamik des Systems und, dass manche Begründungen einfach nicht ausreichen. "Die Rotationsenergie ist vergleichsweise klein" sagt mir beispielsweise sehr undeutlich, wie sich das auf Kräftegleichgewichte oder Beschleunigungen auswirkt.


Um eine halbwegs realistische Beschreibung der Bremsdynamik eines Fahrzeugs zu betrachten, kommst du m.E. nicht umhin, alle relevanten Kräfte und Drehmomente am Fahrzeug zu beachten.
So sind zB. die Normalkräfte der Reibungskräfte abhängig vom Bremsvorgang (sie "reagieren" auf die Bremsmomente). Du bekommst mithin auch ein Drehmoment um den Schwerpunkt des Fahrzeugs.
Die Reibungskräfte an den Rädern sind somit auch abhängig von der Gesamtmasse, dem Achsenabstand und der Schwerpunktshöhe (Beladung).

Man betrachte ein idealisiertes Modell mit:
Gesamtmasse M
Achsenabstand l
Schwerpunktslage l/2, h

Setzt man nun voraus, dass eine Bremskraft mit einer Bremsbeschleunigung b am Fahrzeug wirkt, indem die Bremswirkung an der Hinterachse angreift, so erhält man für die Normalkräfte auf die Räder der Achsen (Index v,N und h,N) folgende Kräfte- und Momentgleichgewichte:







Hieraus folgt für die Normalkräfte auf die Räder:





Zuletzt bearbeitet von Qubit am 09. März 2020 18:34, insgesamt einmal bearbeitet
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 18:32    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Qubit,

damit hast du aber das Trägheitsmoment der Räder vernachlässigt. Die Frage ist aber gerade, wie man dieses korrekt berücksichtigt.

LG
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 18:45    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:

Stimmt! Sorry! Denkt euch das I*alpha da raus. Das hat da nichts zu suchen und war ein grober Tippfehler.
Ich möchte damit auch kurz auf meinen vorigen Post aufmerksam machen (der womöglich bei den ganzen zu gleich abgeschickten Beiträgen untergegangen ist).
LG


Also mein Ansatz wäre jetzt folgender:

Berücksichtigung:
- Trägheitsmoment der Räder
- Luftwiderstand
- Rollreibung
- Steigung (Bergauf-Fahrt)


Die Beschleunigung des Fahrzeugs erfüllt das 2. Newtonsche Axiom:

m*a = -(4*Ft + 4*Frr + Fl + Fh)

m: Gesamtmasse des Fahrzeugs
a: Beschleunigung
Ft: Traktionskraft zwischen Straße und Rad aufgrund des Bremsvorgangs (dies ist letztendlich die Haftkraft zwischen Rad und Straße)
Frr: Kraft aufgrund der Rollreibung
Fh: Hangabtriebskraft

Der Faktor 4 ergibt sich aus den Zahl der Räder
Hier stehen außerdem die Beträge der Kräfte (alle Kräfte wirken bremsend), die Beschleunigung ist also negativ.

Betrachtet man dagegen ein einzelnes Rad, so ergibt die Drehmomentbilanz:

I*dw/dt = R*Ft + R*Frr - r*Fr

w: Winkelgeschwindigkeit des Rades
R: Radradius
r: Abstand Bremsbacke zur Achse

Zusammen mit a = R*w müsste man damit doch alle Effekte zusammen haben.

Viele Grüße,
Nils
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die Beschleunigung des Fahrzeugs erfüllt das 2. Newtonsche Axiom:

m*a = -(4*Ft + 4*Frr + Fl + Fh)


Tut sie das? Falls ja, so wären die Probleme tatsächlich gelöst.

Mich verwirrt Folgendes: Das 2. Newtonsche Gesetz beschreibt mehr oder minder ja auch die Trägheit des Systems (das ist ja das m*a). Jetzt hat man aber hier zusätzlich noch eine Trägheit in Folge des Trägheitsmomentes der Räder. Diese Idee meinerseits mag falsch sein und ich wäre froh um Korrektur. Darf man Summe der Kräfte = m*a ansetzen?

Der Themenbereich scheint als "bicycle and motorcycle dynamics" bekannt zu sein. Unter https://en.wikipedia.org/wiki/Bicycle_and_motorcycle_dynamics findet man viele interessante Links. Die meisten beschäftigen sich damit, dass ein Fahrrad von selbst fahren kann. Von Trägheitsmomenten der Räder habe ich dort aber auch noch nichts gefunden...[/list]
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5867
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 09. März 2020 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Nils,
bei den Reibkräften ist die Anzahl der Räder (Faktor 4) irrelevant.
Gruss
mathefix
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 09. März 2020 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Hi Qubit,

damit hast du aber das Trägheitsmoment der Räder vernachlässigt. Die Frage ist aber gerade, wie man dieses korrekt berücksichtigt.

LG


Wenn du die gesamte Bremsdynamik des Fahrzeugs betrachtest, so wirken sich die Bremsmomente auch auf das gesamte Fahrzeug aus (innere Drehmomente).

Betrachtest du nur ein einzelnes, isoliertes Rad als Modell, so gilt das, was schon Nils angemerkt hat.
Im Schwerpunktssystem:



mit
A: Antriebsmoment
B: Bremsmoment
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 19:09    Titel: Antworten mit Zitat

Angenommen ich betrachte das gesamte Fahrzeug in einem dynamischen Gleichgewicht, um die Radlasten zu bestimmen. Dann betrachtet man die Summe aller Kräfte und die Summe aller Drehmomente (um den Schwerpunkt). Wie kommen da die inneren Drehmomente (herrührend vom Trägheitsmoment der Räder) vor?

Ich kann es nicht hinschreiben.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 09. März 2020 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Beschleunigung des Fahrzeugs erfüllt das 2. Newtonsche Axiom:

m*a = -(4*Ft + 4*Frr + Fl + Fh)


Tut sie das? Falls ja, so wären die Probleme tatsächlich gelöst.



Ach Mist, du hast natürlich Recht!

Ok, kürzen wir mal alle Kräfte in der Klammer mit F ab, so gilt wegen der Energieerhaltung:

d/dt (4*0.5*I*w^2 + 0.5*m*v^2) = - F*v

Die Durchführung der Ableitung führt dann nach Benutzung von v = R*w und Division durch v auf:

(4*I/R^2 + m) * a = -F

Jetzt sollte es aber stimmen.

Nils
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 09. März 2020 19:26    Titel: Antworten mit Zitat

manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Angenommen ich betrachte das gesamte Fahrzeug in einem dynamischen Gleichgewicht, um die Radlasten zu bestimmen. Dann betrachtet man die Summe aller Kräfte und die Summe aller Drehmomente (um den Schwerpunkt). Wie kommen da die inneren Drehmomente (herrührend vom Trägheitsmoment der Räder) vor?

Ich kann es nicht hinschreiben.


Solange die Räder beim Bremsen rollen, kannst du für die Bremsbeachleunigung ansetzen:



Dies verwendest du nun in den obigen Gleichungen für die Bremsdynamik.
manuel459



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Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 19:28    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Beschleunigung des Fahrzeugs erfüllt das 2. Newtonsche Axiom:

m*a = -(4*Ft + 4*Frr + Fl + Fh)


Tut sie das? Falls ja, so wären die Probleme tatsächlich gelöst.



Ach Mist, du hast natürlich Recht!

Ok, kürzen wir mal alle Kräfte in der Klammer mit F ab, so gilt wegen der Energieerhaltung:

d/dt (4*0.5*I*w^2 + 0.5*m*v^2) = - F*v

Die Durchführung der Ableitung führt dann nach Benutzung von v = R*w und Division durch v auf:

(4*I/R^2 + m) * a = -F

Jetzt sollte es aber stimmen.

Nils


Tolle Überlegung! Jetzt müsste es wirklich passen. Genügt denn dann bereits hier auf einen Blick die Aussage: 4I/R^2 <<m dafür, dass man das Trägheitsmoment vernachlässigen darf? Irgendwie bin ich mir da immer noch nicht sicher. Angenommen ich schaue mir die Summe aller Momente an, wenn es um ein Kippen des Fahrzeugs über die Vorderachse geht. Wie wirkt sich das aus dem Trägheitsmoment folgende Drehmoment um die Rotationsachse der Räder nun aus ? (jetzt wird ja plötzlich ein anderes Drehzentrum betrachtet - nämlich der Auflagepunkt der Vorderräder mit dem Boden)
manuel459



Anmeldungsdatum: 11.10.2016
Beiträge: 263

Beitrag manuel459 Verfasst am: 09. März 2020 19:29    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
manuel459 hat Folgendes geschrieben:
Angenommen ich betrachte das gesamte Fahrzeug in einem dynamischen Gleichgewicht, um die Radlasten zu bestimmen. Dann betrachtet man die Summe aller Kräfte und die Summe aller Drehmomente (um den Schwerpunkt). Wie kommen da die inneren Drehmomente (herrührend vom Trägheitsmoment der Räder) vor?

Ich kann es nicht hinschreiben.


Solange die Räder beim Bremsen rollen, kannst du für die Bremsbeachleunigung ansetzen:



Dies verwendest du nun in den obigen Gleichungen für die Bremsdynamik.



okay vielen Dank! Bedeutet das, dass solange die Räder rollen, man in der Gleichgewichtsbedingung "Summe aller Drehmomente (bei dir um v)" die Trägheitsmomente und ihre Drehmomente nicht berücksichtigen muss?


Zuletzt bearbeitet von manuel459 am 09. März 2020 20:08, insgesamt einmal bearbeitet
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