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Algebraische Struktur der Zeitentwicklung
 
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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jul 2017 14:42    Titel: Algebraische Struktur der Zeitentwicklung Antworten mit Zitat

Ich versuche eine allgemeine und möglichst schwache axiomatische Formulierung der Zeitentwicklung zu finden. Führend ist dabei die Zeitentwicklung in der Quantenmechanik, Zielsetzung ist jedoch dies allgemeiner zu betrachten.

Ich orientiere mich am Zeitentwicklungsoperator und der Gruppenstruktur, weiche jedoch bewusst von den Gruppenaxiomen ab. Außerdem verzichte ich darauf, die Objekte zu spezifizieren, auf die der "Zeitentwicklungsoperator" wirken soll.


Die zu verwendende algebraische Struktur ist ein Paar (M,*), bestehend aus einer Menge M und einer Abbildung *: M × M → M. Es gelten folgende Axiome
1) die Elemente U aus M sind Funktionen zweier Variablen, d.h. U(t',t)
2) es existiert ein links-neutrales Element E so dass E*U = U für alle U
3) zu jedem U existiert ein links-inverses Element V, so dass V*U = E
4) für t, t' und t˜ gilt die Verknüpfung U(t',t˜) * U(t˜,t) = U(t',t); die rechte Seite U(t',t) ist unabhängig vom gewählten t˜


Im Unterschied zur QM spezifiziere ich nicht die Menge M oder die Form von U; ich fordere nicht, dass beliebige Elemente U multipliziert werden werden können, sondern ich schränke die Multiplikation auf U(t',t˜) und U(t˜,t) mit identischem t˜ ein; ich verzichte auf die Assoziativität.

Außerdem möchte ich mich (noch) nicht festlegen, ob die Zeit t reell und ob U(t',t) glatt in t und t' sein soll.


Fragen:
- führen die o.g. Axiome automatisch auf eine Gruppe?
- wenn ja, wie sieht man das ein?
- wenn nein, was ist die allgemeinste Struktur, die diese Axiome erfüllt

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jul 2017 17:53    Titel: Re: Algebraische Struktur der Zeitentwicklung Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die zu verwendende algebraische Struktur ist ein Paar (M,*), bestehend aus einer Menge M und einer Abbildung *: M × M → M. Es gelten folgende Axiome
1) die Elemente U aus M sind Funktionen zweier Variablen, d.h. U(t',t)
2) es existiert ein links-neutrales Element E so dass E*U = U für alle U
3) zu jedem U existiert ein links-inverses Element V, so dass V*U = E
4) für t, t' und t˜ gilt die Verknüpfung U(t',t˜) * U(t˜,t) = U(t',t); die rechte Seite U(t',t) ist unabhängig vom gewählten t˜


Wenn M eine Menge von Funktionen zweier Variablen ist, dann definiert 4) kein Produkt auf (einer Teilmenge von) M, sondern höchstens das Produkt gewisser Elemente aus dem Wertebereich je eines festen Elements aus M. Willst du wirklich verschiedene Funktionen zweier Veränderlicher und deren Produkte betrachten? Dann müßtest du (U*W)(a,b) etc. definieren.

Ein solches Produkt scheinst du auch in 2) und 3) verwenden zu wollen. Dieses hat aber nicht offensichtlich irgendwas mit dem in 4) zu tun.

Aber normalerweise benötigt man zur Beschreibung der Dynamik eines Systems ja auch nur eine Funktion U, nicht mehrere und deren Produkte untereinander. Jetzt ist aber die Frage, welche Menge soll auf Gruppeneigenschaft untersucht werden? Das ganze Bild von U ist es ja vermutlich nicht. Außerdem, brauchst du für eine vernünftige Dynamik nicht noch sowas wie U(t,t) = E?

Zitat:

Fragen:
- führen die o.g. Axiome automatisch auf eine Gruppe?
- wenn ja, wie sieht man das ein?
- wenn nein, was ist die allgemeinste Struktur, die diese Axiome erfüllt


Was meinst du mit der "allgemeinsten Struktur"?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jul 2017 18:53    Titel: Re: Algebraische Struktur der Zeitentwicklung Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Wenn M eine Menge von Funktionen zweier Variablen ist, dann definiert 4) kein Produkt auf (einer Teilmenge von) M, sondern höchstens das Produkt gewisser Elemente aus dem Wertebereich je eines festen Elements aus M.

Ich bin nicht sicher ob wir uns richtig verstehen.

Ja, mir ist klar, dass ich nicht zwei beliebige U's multiplizieren kann, sondern lediglich solche mit identischem t˜. Dafür möchte ich jedoch sicherstellen, dass das Produkt für feste t,t' jedoch variable t˜ eindeutig ist, d.h.

U(t',t˜) * U(t˜,t) = U(t',t˜˜) * U(t˜˜,t) = ... = U(t',t)

für ein neues U(t',t). Vergleicht man das mit der Multiplikationstabelle einer Gruppe, so bleiben einfach alle anderen Einträge undefiniert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ein solches Produkt scheinst du auch in 2) und 3) verwenden zu wollen. Dieses hat aber nicht offensichtlich irgendwas mit dem in 4) zu tun.

Nicht offensichtlich, aber letztlich muss es natürlich das selbe Produkt sein.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber normalerweise benötigt man zur Beschreibung der Dynamik eines Systems ja auch nur eine Funktion U, nicht mehrere und deren Produkte untereinander.

Nein.

In der QM liegt ein Zeitentwicklungsoperator U(t',t) vor, den du normalerweise als exp[-iH(t'-t)] auffassen darfst. Das ist jedoch keinesfalls der allgemeinste Fall. Z.B. gilt das bereits nicht mehr für zeitabhängiges H, also z.B. QM auf einer expandierenden Mannigfaltigkeit.

Außerdem kann ich die exp[-iH(...)] multiplizieren, um von t nach t˜ und dann nach t' zu gelangen; diese Eigenschaft möchte ich natürlich erhalten. Jedoch benötige ich dazu weder, dass nur noch (t'-t) auftritt, noch die volle Gruppenstruktur, noch die spezielle Darstellung exp[-iH(...)]. Ich benötige lediglich die Multiplikation für identische Zeiten t˜.

Andersherum: es ist physikalisch sinnlos, die Zeitentwicklung zunächst von t nach t˜ zu betrachten, und dann von t˜˜ nach t', wenn nicht t˜ und t˜˜ übereinstimmen. D.h. aber ich benötige streng genommen keine Gruppenstruktur, und damit kann ich diesbzgl. Forderungen abschwächen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Außerdem, brauchst du für eine vernünftige Dynamik nicht noch sowas wie U(t,t) = E?

Ja, natürlich. Das o.g. E muss eindeutig sein, und es muss damit aus naheliegender Gründen

E = U(t,t) = U(t',t') = ... gelten.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was meinst du mit der "allgemeinsten Struktur"?

Nun, wenn ich die Assoziativität fallenlasse, weil sie zwar bequem aber m.E. physikalisch nicht notwendig ist, dann könnte ich z.B. Oktonionen betrachten. Ich benötige das inverse und das neutrale Element, deswegen kommt m.E. keine Halbgruppe o.ä. in Frage. Ein Pseudo-Gruppoid scheidet deswegen auch aus, hat allerdings die interessante Eigenschaft, dass die Verknüpfung nicht mehr für beliebige Elemente gelten muss - so wie oben beschrieben.

Ich lasse also bestimmte nicht-relevante Forderungen fallen und frage mich, auf welche algebraische Struktur die o.g. führen. Evtl. kann man ja zeigen, dass es doch eine Gruppe ist, evtl. auch nicht.

(z.B. genügt die Forderung nach eindeutigem links-inversem bzw. links-neutralem Element zur Definition der Gruppe, da man - ich weiß nicht mehr wie - zeigen kann, dass daraus auch das rechts-inverse bzw. das rechts-neutrale Element folgen und dass diese jeweils übereinstimmen; ich kann also die bekannten Gruppenaxiome aus schwächeren Axiomen ableiten; evtl. funktioniert das ja auch hier, evtl. aber auch nicht)

Fakt ist jedenfalls, dass ich alle Zeitentwicklungen in allen Theorien die ich kenne, auf Gruppen zurückführen kann, obwohl die physikalisch notwendigen Axiome - s.o. - eben gerade nicht die Gruppenaxiome sind' sondern deutlich schwächer. Das finde ich zumindest interessant.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 30. Jul 2017 19:58    Titel: Re: Algebraische Struktur der Zeitentwicklung Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ein solches Produkt scheinst du auch in 2) und 3) verwenden zu wollen. Dieses hat aber nicht offensichtlich irgendwas mit dem in 4) zu tun.

Nicht offensichtlich, aber letztlich muss es natürlich das selbe Produkt sein.


Nein, ich denke wir mißverstehen uns. In 2), 3) scheinst du mehrere Funktionen miteinander zu multiplizieren. In 4) multiplizierst du Elemente aus dem Wertebereich einer Funktion U. Das kann nicht dasselbe Produkt sein.

Die Standarddefinition eines Produkts, wie in 2) und 3) wäre



Dazu müssen natürlich f und g einen gemeinsamen Definitionsbereich haben und Werte in derselben Menge haben, auf der ein entsprechendes Produkt vorliegt, damit die rechte Seite Sinn ergibt. Aber vielleicht meinst du auch etwas anderes in 2) und 3), aber mir ist nicht ganz klar was. Meinst du, es existiert ein E aus dem Wertebereich von U, so daß E*U(a,b)=U(a,b) für alle a,b?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Aber normalerweise benötigt man zur Beschreibung der Dynamik eines Systems ja auch nur eine Funktion U, nicht mehrere und deren Produkte untereinander.

Nein.

In der QM liegt ein Zeitentwicklungsoperator U(t',t) vor, den du normalerweise als exp[-iH(t'-t)] auffassen darfst. Das ist jedoch keinesfalls der allgemeinste Fall. Z.B. gilt das bereits nicht mehr für zeitabhängiges H, also z.B. QM auf einer expandierenden Mannigfaltigkeit.


Das verstehe ich nicht ganz. Wo habe ich denn da zwei Funktionen? Ok, der Zeitentwicklungsoperator hat nicht mehr die Form



sondern



Aber es ist doch nach wie vor eine operatorwertige Funktion von a und b.

Zitat:

Außerm kann ich die exp[-iH(...)] multiplizieren, um von t nach t˜ und dann nach t' zu gelangen; diese Eigenschaft möchte ich natürlich erhalten.


Ok, das klingt so, als meintest du folgendes:

2') Es existiert ein E aus Bild(U), so daß für alle a,b gilt E*U(a,b)
3') Es existiert eine weitere Funktion V, so daß für alle a,b gilt V(a,b)U(a,b)=E.

Stimmt das?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Außerdem, brauchst du für eine vernünftige Dynamik nicht noch sowas wie U(t,t) = E?

Ja, natürlich. Das o.g. E muss eindeutig sein, und es muss damit aus naheliegender Gründen

E = U(t,t) = U(t',t') = ... gelten.


Aus keinem der Axiome folgt m.E. bis jetzt, daß E=U(t,t) ist. Auch nicht wenn E eindeutig ist. Denn alle deine Axiome wären auch von



erfüllt, mit beliebigem invertierbaren A und E=Einheitsmatrix. ( )

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Was meinst du mit der "allgemeinsten Struktur"?

Nun, wenn ich die Assoziativität fallenlasse, weil sie zwar bequem aber m.E. physikalisch nicht notwendig ist, dann könnte ich z.B. Oktonionen betrachten.


Also die Produkte, die du bis jetzt definiert hast, sind m.E. automatisch assoziativ. Für die, die du nicht definiert hast, ist die Frage natürlich bedeutungslos.

Ich verstehe aber immer noch nicht so richtig, wonach du hier genau fragst. Was wäre denn, z.B. die allgemeinste Struktur, die alle Gruppenaxiome erfüllt? Die ganzen Zahlen (Z,+)? Die Menge der Permutationen von n Elementen, von n+1 Elementen, ..?
TomS
Moderator


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Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Jul 2017 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, ich denke wir missverstehen uns.

(2), (3), und (4) kann man m.E. auch wie folgt umschreiben:


U ist die Abbildung einer Menge X auf M; X könnten z.B. die reellen Zahlen sein:





D.h. U ist surjektiv auf M.






D.h. E ist eindeutig, und das links-inverse Element ist zu jedem U ebenfalls eindeutig.




D.h. für die beiden U's existiert die o.g. Verknüpfung.


Damit ist sinnvollerweise






Zu den zwei Funktionen: das ist trivial, die Zeitentwicklung in der QM erfüllt



Genau diese Eigenschaft der beliebigen Faktorisierung benötigt man.


Es geht nicht um die allgemeinste Gruppenstruktur, sondern um die allgemeinste Struktur überhaupt. Ich denke, man könnte z.B. tatsächlich mit Oktonionen arbeiten.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 31. Jul 2017 20:45    Titel: Re: Algebraische Struktur der Zeitentwicklung Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ok, das klingt so, als meintest du folgendes:

2') Es existiert ein E aus Bild(U), so daß für alle a,b gilt E*U(a,b) =U(a,b)
3') Es existiert eine weitere Funktion V, so daß für alle a,b gilt V(a,b)U(a,b)=E.


Ich habe meine Formulierung 2') oben korrigiert. Den hervorgehobenen Teil hatte ich erst vergessen, dadurch ergab es keinen Sinn. Nach deiner letzten Ausführung denke ich aber, daß ich das meiste richtig verstanden hatte: Du betrachtest eine Multiplikation * auf Bild(U).

Ich denke es ist nun klar, daß die Axiome nicht automatisch auf eine Gruppenstruktur für M führen. Einfach deshalb weil * nicht überall definiert ist. Außer E und den Elementen U(a,a) (für den allgemeinen Fall, daß diese nicht gleich sind) kann man keines der Elemente mit sich selbst multiplizieren. Also ist keine Teilmenge von M, die ein mit enthält eine Gruppe, insbesondere nicht M selbst.

(Ich sehe noch zwei mögliche Schlupflöcher, nämlich U(a,b)=U(b,a) und U(a,b) = V(a,b). Die erscheinen mir aber nicht besonders interessant. Sie sind auf jeden Fall aus physikalischer Sicht äußerst pathologisch. Ich denke solche Strukturen sollte eine axiomatische Dynamik nicht erlauben.)


TomS hat Folgendes geschrieben:

Damit ist sinnvollerweise






Was heißt "sinnvollerweise"? Entweder soll es so sein oder nicht. Da es deine Axiome sind, bestimmst du die Regeln. Aus 1) - 4) folgt es nicht.


Zitat:

Zu den zwei Funktionen: das ist trivial, die Zeitentwicklung in der QM erfüllt



Genau diese Eigenschaft der beliebigen Faktorisierung benötigt man.


Ich verstehe schon, was du mit dieser Faktorisierung vorhast. Nur nicht, wo da zwei Funktionen vorkommen.

Zitat:

Es geht nicht um die allgemeinste Gruppenstruktur, sondern um die allgemeinste Struktur überhaupt. Ich denke, man könnte z.B. tatsächlich mit Oktonionen arbeiten.


Ich wollte nur ein anderes Beispiel diskutieren, um mir besser vorstellen zu können, wonach du eigentlich fragst. Mir ist absolut nicht klar, was unter "der allgemeinsten Struktur, die diese Axiome erfüllt" zu verstehen sein könnte. Ich denke mir ist klar, was es bedeutet, daß eine Struktur eine bestimmte Menge von Axiomen erfüllt, aber nicht, wie ich für zwei solcher Strukturen entscheiden sollte, welche "allgemeiner" ist.

Du sagst Oktonionen erfüllen irgendwie deine Axiome für M. Das tun auch bestimmte Mengen von nxn-Matrizen und sicher eine Vielzahl anderer Strukturen. Sind Oktonionen allgemeiner als Matrizen oder Matrizen allgemeiner als Oktonionen? Wie entscheidest du das? Strukturen sind einfach Mengen, wie Z und GL(n,R)..., mit darauf definierten Funktionen, Relationen etc. Es ergibt für mich i.a. keinen Sinn zu fragen, welche von zweien dieser Mengen "allgemeiner" ist als die andere.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 31. Jul 2017 21:18    Titel: Antworten mit Zitat

Ok, freut mich, dass wir uns jetzt verstehen.

Verglichen mit allen mir bekannten Zeitentwicklungen lassen meine Axiome allgemeinere Stukturen zu, da sie einerseits von einer Gruppe erfüllt werden, andererseits jedoch weitere Strukturen zulassen, indem sie die Gruppenaxiome abschwächen.

Die wesentlichen Unterschiede sind, dass ich i) auf die Assoziativität verzichten kann, diese jedoch nicht verbiete, und dass ich ii) zulasse, dass bestimmte Produkte nicht definiert sind, insoweit das physikalisch nicht notwendig bzw. sinnvoll ist.

Der Zeitentwicklungsoperator aus der QM erfüllt meine Axiome; er erfüllt außerdem noch die Assoziativität, und er lässt mathematisch zu, dass physikalisch nicht sinnvolle Produkte gebildet werden.

Darüberhinaus lassen meine Axiome z.B. wg. (i) auch Oktonionen zu, d.h. sie umfassen eine größere Klasse algebraischer Strukturen, d.h. Gruppen sowie weitere Strukturen. Ich frage nun nach der allgemeinsten Struktur.

EDIT

Siehe hier: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Outline_of_algebraic_structures

Zunächst mal sind Gruppen zulässig. Dann sind Loops erlaubt, wobei sich da links- und rechts-inverses Element unterscheiden können, was ich im o.g. Kontext für nicht hilfreich halte. Zuletzt sind Gruppoide zulässig, evtl. können Sie auch noch verallgeneinert werden. Wenn ich eine topologische Struktur in t,t' fordere, dann gelange ich zu soetwas wie Lie-Gruppoiden. Ich stehe da also ziemlich tief im Wald ...
APWBDumbledore
Gast





Beitrag APWBDumbledore Verfasst am: 01. Aug 2017 01:03    Titel: Antworten mit Zitat

TomS, du fragtest ob die Axiome automatisch auf eine Gruppenstruktur führen. Ich denke, die Antwort ist ein unsicheres 'Nein'.
Schau mal hier: www-
m5.ma.tum.de/ foswiki/ pub/ M5/ Allgemeines/ WojciechDybalski/ AQFT1.pdf
Proposition 1.30. Wenn ich mich nicht täusche, erfüllen die U's dort deine Axiome, aber sie sind nicht automatisch eine Gruppe. Allerdings sind die daraus gebildeten V's eine Gruppe.

Die Voraussetzungen dort sind allerdings wesentlich restriktiver als deine Axiome. Bei dir vermisse ich irgendwas, das Homogenität der Zeit ausdrückt. Ohne Homogenität der Zeit wird es aber keine Gruppenstruktur geben (wenn ich richtig verstehe, was du mit Gruppenstruktur meinst).
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Aug 2017 07:18    Titel: Antworten mit Zitat

In 1.29 sowie 1.30 steht "A dynamics ... is a one-parameter group of automorphisms ..." und "suppose that the dynamics is unitarily implemented ...".
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Aug 2017 07:26    Titel: Antworten mit Zitat

APWBDumbledore hat Folgendes geschrieben:
TomS, du fragtest ob die Axiome automatisch auf eine Gruppenstruktur führen. Ich denke, die Antwort ist ein unsicheres 'Nein'.

Ich bin mir inzwischen sicher, dass die Axiome nicht zwingend auf eine Gruppenstruktur führen.

APWBDumbledore hat Folgendes geschrieben:
Die Voraussetzungen dort sind allerdings wesentlich restriktiver als deine Axiome. Bei dir vermisse ich irgendwas, das Homogenität der Zeit ausdrückt.

Das ist Absicht.

APWBDumbledore hat Folgendes geschrieben:
Ohne Homogenität der Zeit wird es aber keine Gruppenstruktur geben.

Das glaube ich nicht.

Bereits in der QM ist der Hamiltonoperator i.A. nicht zeitunabhängig. Der Zeitentwicklungsoperator ist dann nicht darstellbar als U(t'-t) sondern lediglich als U(t',t). Dennoch ist U ein unitären Operator auf einem Hilbertraum und erfüllt die Gruppenaxiome.

Oder übersehe ich etwas?
index_razor



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Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 01. Aug 2017 08:24    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Bereits in der QM ist der Hamiltonoperator i.A. nicht zeitunabhängig. Der Zeitentwicklungsoperator ist dann nicht darstellbar als U(t'-t) sondern lediglich als U(t',t). Dennoch ist U ein unitären Operator auf einem Hilbertraum und erfüllt die Gruppenaxiome.

Oder übersehe ich etwas?


Ja, daß nicht jede Teilmenge einer Gruppe wiederum eine Gruppe bildet. Beachte, daß "U erfüllt die Gruppenaxiome" etwas vage formuliert ist. Wenn die Menge U(a,b) über alle a, b eine Gruppe bilden soll, dann muß für alle Zahlen a,b,c,d ein Paar e, f existieren, so daß U(a,b)U(c,d) = U(e,f).

Edit: quotes repariert.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 01. Aug 2017 09:02, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Aug 2017 08:39    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist nicht vage formuliert, und das ist doch im bestehenden Kontext klar.

Ja, wenn eine Gruppe vorliegt, muss für alle U(a,b)U(c,d) = U(e,f) in dem von dir genannten Sinne existieren, d.h. erstens muss die Multiplikation für beliebige b,c definiert sein, und es muss ein U mit der Darstellung U(e,f) für geeignete e,f existieren.

Das ist der Fall für den Zeitentwicklungsoperator in der QM; oder hast du ein Gegenbeispiel?

Das muss nicht der Fall sein für meine Axiome, denn ich fordere die Existenz von U(e,f) nur für b=c und lasse zu, dass die Multiplikation andernfalls nicht definiert ist, oder dass kein Paar e,f bzw. kein U(e,f) existiert.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Aug 2017 08:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ah, ich denke, ich sehe selbst, was nicht zwingend funktioniert!

Sei



Dann bilden zwar immer noch alle unitären Operatoren auf dem Hilbertraum eine Gruppe, d.h. in diesem Sinne ist die Multiplikation beliebiger U(a,b) und U(c,d) erlaubt und mit einer Gruppenstruktur verträglich. Aber die o.g. Darstellung wird nicht für beliebige Produkte funktionieren, sondern nur unter der Voraussetzung b=c.

Und damit bilden die oben definierten U(t',t) alleine i.A. keine Gruppe.

Danke, die Diskussion hat sehr geholfen.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Aug 2017 19:40    Titel: Antworten mit Zitat

So wie ich das sehe, bilden diese Zeitentwicklungsoperatoren ein Lie-Gruppoid.

Richtig?

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index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 01. Aug 2017 21:22    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
So wie ich das sehe, bilden diese Zeitentwicklungsoperatoren ein Lie-Gruppoid.

Richtig?


Da bin ich überfragt. Ich denke, nach paar Minuten google-Suche, die Menge M=Bild(U) könnte ein Gruppoid sein. Aber wieso "Lie"-Gruppoid? Du hast nicht vorausgesetzt, daß M eine Mannigfaltigkeit ist, und du erwähnst sogar extra, daß U nicht unbedingt glatt sein soll, wodurch der Sinn einer differenzierbaren Struktur auf M ja entfällt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 01. Aug 2017 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

Speziell in der QM - und nur da gilt ja diese spezielle Form der Zeitentwicklungsoperatoren - darf ich von einem Lie-Gruppoid ausgehen. Für die Zeitentwicklung auf symplektischen Mannigfaltigkeit intuitiv auch, aber das muss ich mir noch genauer anschauen.
index_razor



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Beitrag index_razor Verfasst am: 06. Aug 2017 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Für die Zeitentwicklung auf symplektischen Mannigfaltigkeit intuitiv auch, aber das muss ich mir noch genauer anschauen.


Sind die Strukturen, die du suchst nicht ohnehin einfach symplektische Mannigfaltigkeiten? Der Hilbertraum definiert ja auch eine. Deine Familie U(a,b) wäre einfach der Hamiltonsche Fluß.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Aug 2017 00:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Für die Zeitentwicklung auf symplektischen Mannigfaltigkeit intuitiv auch, aber das muss ich mir noch genauer anschauen.


Sind die Strukturen, die du suchst nicht ohnehin einfach symplektische Mannigfaltigkeiten? Der Hilbertraum definiert ja auch eine. Deine Familie U(a,b) wäre einfach der Hamiltonsche Fluß.

Ich suche ja nich ganz die Struktur, auf der die Zeitentwicklung wirkt, sondern die Struktur, die die Zeitentwicklung selbst definiert.

Im Falle der QM bin ich mir bzgl. des Lie-Gruppoids recht sicher, im Fall der klassischen Mechanik muss ich mir das noch näher anschauen.

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Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 09. Aug 2017 21:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich suche ja nich ganz die Struktur, auf der die Zeitentwicklung wirkt, sondern die Struktur, die die Zeitentwicklung selbst definiert.


Wäre das nicht eben gerade der Hamiltonsche Fluß? Die Familie von Abbildungen , für jede Lösung der Hamiltonschen Gleichungen bildet eine Pseudogruppe. Nun ist mir nicht so recht klar, warum Gruppoiden geeignetere Strukturen sein sollten, um abstrakte Dynamiken zu repräsentieren, als Pseudogruppen oder eben spezieller Hamiltonsche Flüsse.

Pseudogruppen sind anscheinend auch Gruppoiden, insofern würdest du sie wahrscheinlich als "weniger allgemein" bezeichnen. Immerhin scheinen Hamiltonsche Flüsse aber allgemein genug zu sein, um sowohl die klassischen Dynamik als auch die Quantendynamik zu beschreiben.

Zitat:

Im Falle der QM bin ich mir bzgl. des Lie-Gruppoids recht sicher, im Fall der klassischen Mechanik muss ich mir das noch näher anschauen.


Auf dieser abstrakten Ebene besteht, soweit ich das erkennen kann, gar kein Unterschied zwischen klassischer und Quantenmechanik.

Ansonsten bin ich noch der Ansicht, daß die Frage, auf welche "Lie-Gruppoid" jetzt die Antwort sein soll, ziemlich unscharf gestellt ist. Lie-Gruppoiden sind genau die Strukturen, die die Axiome von "Lie-Gruppoiden" erfüllen. Deine Axiome sind nicht identisch mit jenen, also frage ich mich, wieso jetzt Lie-Gruppoiden genau die gesuchten Strukturen sein sollten. Wenn du nichts weiter vorgibst, als eine Menge von Axiomen, dann können sich alle Antworten über mögliche Strukturen doch auch nur auf genau diese Axiome beziehen und auf nichts anderes. Auch nicht auf andere algebraische Kategorien, wie Lie-Gruppoiden.

Genauso wenig verstehe ich, warum du genau diese Axiome wählst und nicht irgendwelche anderen. Du sagst du suchst eine "möglichst schwache Axiomatisierung". Das ergibt aber m.E. nur Sinn, wenn du schon vorgibst, welche Art von Struktur die Axiome erfüllen soll. Dann kann man entscheiden welches von zwei möglichen Systemen schwächer ist als das andere. Aber man kann m.E. nicht sowohl die Frage beantworten, welches das schwächste Axiomensystem ist, und gleichzeitig wissen wollen, welches die möglichen Strukturen sind, die es erfüllen.

Alle real-gebräuchlichen Modelle für Dynamiken scheinen jedenfalls deutlich spezifischere Eigenschaften zu haben, als die die du fordern willst.
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