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Entropie und zweiter Hauptsatz
 
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Gigaz



Anmeldungsdatum: 18.01.2011
Beiträge: 8

Beitrag Gigaz Verfasst am: 18. Jan 2011 22:09    Titel: Entropie und zweiter Hauptsatz Antworten mit Zitat

Um mich vorzustellen und das Diskussionsniveau festzulegen: Ich bin ein freundlicher Physikstudent, neuntes Semester mit Spezialisierung auf Theorie Hammer .


Ich stelle mir grade zwei Fragen zum Thema Entropie/Zweiter Hauptsatz:

1. Ist die Aussage [dS/dt >= 0 im Abgeschlossenen System] auf Basis der Quantenmechanik bewiesen?

2. Falls die Antwort Nein lautet - gibt es ein Konzept für ein Perpetuum Mobile, welches "Neue" Physik benötigt? Wenn man das Vakuum in negative und positive Energie aufspalten könnte, dann wäre der zweite Hauptsatz hinfällig. Kann man aber auch ohne diese Forderung eine neue Kraft bzw. Wechselwirkung auf Teilchenebene konstruieren, die einerseits die Gesamtenergie erhält und auch sonst möglichst viele gutartige Eigenschaften hat, aber nebenbei auch ein Perpetuum Mobile zweiter Art erlaubt?

Vielleicht hat ja mal jemand was dazu gelesen. grübelnd
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Jan 2011 22:31    Titel: Antworten mit Zitat

Zu 1.: Intuitiv würde ich sagen, ja. Die qm Definition der Entropie erfolgt über die Spur des Logarithmus des Dichteoperators; dessen Zeitentwicklung in einem abgechlossenen System ist unitär, die Entropie damit konstant.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Gigaz



Anmeldungsdatum: 18.01.2011
Beiträge: 8

Beitrag Gigaz Verfasst am: 18. Jan 2011 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zu 1.: Intuitiv würde ich sagen, ja. Die qm Definition der Entropie erfolgt über die Spur des Logarithmus des Dichteoperators; dessen Zeitentwicklung in einem abgechlossenen System ist unitär, die Entropie damit konstant.


So einfach kann es nicht sein. Im abgeschlossenen System kann die Entropie schließlich immer noch wachsen. Außerdem braucht man für einen nützlichen Dichteoperator das praktisch unbeweisbare Postulat, dass alle Zustände gleich wahrscheinlich sind.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Jan 2011 23:16    Titel: Antworten mit Zitat

Gigaz hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube, an deiner Herleitung ist irgendwas faul. S[U(t)*p(0)*U+(t)] ist nur dann gleich S[p(0)], wenn U und p vertauschbar sind. Aber warum sollten sie?




oder wie soll die Funktion des Dichteoperators sonst definiert sein, wenn nicht über eine Potenzreihe (deren Existenz man irgendwie auf Basis des Spektralsatzes beweisen kann). Nun ist aber


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Zuletzt bearbeitet von TomS am 19. Jan 2011 01:02, insgesamt einmal bearbeitet
Gigaz



Anmeldungsdatum: 18.01.2011
Beiträge: 8

Beitrag Gigaz Verfasst am: 18. Jan 2011 23:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wo liegt meine unzulässige Annahme oder Verallgemeinerung?


Meine Frage zielt nicht auf Gleichgewichtszustände ab. Das ganze Konzept der mikrokanonischen Gesamtheit und der Boltzmannschen Entropiedefinition ist überhaupt nur auf Gleichgewichtszustände anwendbar. Du wirst mir sicher zustimmen, dass die Entropie eines abgeschlossenen Systems sehr wohl zunehmen kann. Aber mit deiner Ableitung wäre sie immer konstant. Aber warum nimmt die Entropie nicht manchmal auch ab?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jan 2011 00:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ich setze doch überhaupt kein mikrokanonischen oder kanonisches Ensemble an, sondern einen ganz allgemeinen Dichteoperator, und damit die Neumann Entropie. Die Zeitentwicklung des Dichteoperators ist dann durch die Von-Neumann-Gleichung gegeben und - daraus ergibt sich dS/dt = 0.

Ich muss da nochmal drüber schlafen ...

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Gigaz



Anmeldungsdatum: 18.01.2011
Beiträge: 8

Beitrag Gigaz Verfasst am: 19. Jan 2011 00:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich setze doch überhaupt kein mikrokanonischen oder kanonisches Ensemble an, sondern einen ganz allgemeinen Dichteoperator, und damit die Neumann Entropie. Die Zeitentwicklung des Dichteoperators ist dann durch die Von-Neumann-Gleichung gegeben und - daraus ergibt sich dS/dt = 0.

Ich muss da nochmal drüber schlafen ...


Ich vielleicht auch Big Laugh
Ich glaube, an deiner Herleitung ist irgendwas faul. S[U(t)*p(0)*U+(t)] ist nur dann gleich S[p(0)], wenn U und p vertauschbar sind. Aber warum sollten sie? Unitäre Zeitentwicklung heißt ansonsten nur, dass der Dichteoperator normiert bleibt.
In meinen Thermodynamik-Aufzeichnungen wurde mir beigebracht, dass man zuerst annimmt, dass man sich im Gleichgewicht befindet. Dort ist jede Zeitentwicklung von Erwartungswerten abgeklungen, also muss auch dp/dt=0 sein.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jan 2011 01:17    Titel: Antworten mit Zitat

So, irgendwie habe ich jetzt den alten Post editiert und verhunzt. Sh...

Also hier mein Argument:



oder wie soll die Funktion des Dichteoperators sonst definiert sein, wenn nicht über eine Potenzreihe (deren Existenz man irgendwie auf Basis des Spektralsatzes beweisen kann). Nun ist aber



und damit ist die Spur invariant unter U (gilt für alle U, nicht nur Zeitentwicklung)

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jan 2011 07:44    Titel: Antworten mit Zitat

Nehmen wir einen beliebigen Dichteoperator



in der Energiebasis und berechnen die Zeitentwickung mittels



Dann ist offensichtlich



D.h. nur für eine nicht-unitäre Zeitentwicklung, n der die Wahrscheinlichkeiten (für einen Energieeigenzustand n) selbst von t abhängen, kann eine Zunahme der Entropie erfolgen. Klassisch wäre das ein Nicht-Gleichgewichtszustand, der entsprechend präpariert wurde.

Wie man dann zeigen soll, dass nicht dS/dt < 0, weiß ich nicht.

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Gigaz



Anmeldungsdatum: 18.01.2011
Beiträge: 8

Beitrag Gigaz Verfasst am: 19. Jan 2011 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe ein, dass unitäre Operatoren angewendet auf einen Zustand (bzw. den Zeitentwicklungs-Operator) die Entropie des Systems nicht ändern.
Aber darauf will ich ja gar nicht hinaus. Es gibt offenbar Prozesse, bei denen sich die Entropie eines abgeschlossenen Systems ändert, was im Allgemeinen sicher daran liegt, dass sich der Hamiltonoperator ändert und dann U nicht mehr unitär sein muss.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jan 2011 12:15    Titel: Antworten mit Zitat

Gut, also bzgl. der unitären Zeitentwicklung sind wir uns einig. Im folgenden änderst du dann die Grundlagen.

Ich denke aber, dass du eigentlich keinen zeitabhängigen Hamiltonoperator eines abgeschlossenen Systems betrachten willst (was wäre denn ein Beispiel dafür?), sondern ein offenes bzw. verschränktes Subsystem, Dissipation, Dekohärenz, Coarse Graining, ... betrachten möchtest (wobei der Gesamt-Hamiltonian weiterhin zeitunabhängig und das Gesamtsystem weiterhin abgeschlossen ist).

Wenn das so ist, dann gilt die von-Neumann Gleichung nicht mehr. Dann musst du dir z.B. die Lindblad-Gleichung anschauen, reduzierte Dichteoperatoren etc.

http://en.wikipedia.org/wiki/Lindblad_equation
http://en.wikipedia.org/wiki/Reduced_density_matrix#Reduced_density_matrices

(wir können da gerne weiter diskutieren, interessiert mich auch, weiß ich wenig drüber)

Ich habe folgende Aussagen gefunden:
- für unitäre Zeitentwicklung kann dS/dt = 0 in der QM streng hergeleitet werden
- i.A. kann jedoch dS/dt < 0 bisher nicht beweisbar ausgeschlossen werden

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 19. Jan 2011 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

Nach etwas suchen habe ich die Begriffe "quantum dynamical semigroup" und "Linblad operator" gefunden.
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