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Kuriosität der Thermodynamik (?)
 
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Dalton



Anmeldungsdatum: 19.12.2007
Beiträge: 45

Beitrag Dalton Verfasst am: 19. Dez 2007 16:53    Titel: Kuriosität der Thermodynamik (?) Antworten mit Zitat

Hallo,

anhand zahlreicher Quellen habe ich folgenden Text zusammengestellt, der das Phänomen des Verflüssigen von Eis bei Zugabe von Salz behandelt.

Zitat:
Kochsalz ist chemisch gesehen Natriumchlorid und enthält, da es ein Salz ist, Ionen, die durch elektrische Ströme zusammengehalten werden.
Mischt man die beiden nun so verflüssigen sich die beiden. Dies geschieht, weil das Salz, dessen Ionen zusammenhaften, bestrebt ist, sich im Eiswasser zu lösen. Dieses Wasser liegt als dünne Wasserschicht auf dem Eis. Um sich in diesem Wasser zu lösen, wird Energie benötigt, die die ionische Bindung des Natriumchlorids löst (Gitterenergie). Diese Gitterenerige wird aus der Umgebung, also den Wasserteilchen und Salzteilchen, in Form von Wärme entzogen. Nachdem sich das Kochsalz schließlich aufgelöst hat bildet sich eine neue Wasserschicht auf der Oberfläche des Eises. Hierzu muss den oberen Wassereisteilchen Energie in Form von Schmelzwärme zugeführt werden, um die Bewegungen und Schwingungen der Teilchen zu erhöhen und somit einen Aggregatzustandswechsel einzuleiten. Auch diese Energie (Hydratationsenergie) stammt aus dem Eis, in Form von Wärme. Die Abkühlung der Lösung findet infolge der Abnahme der inneren Energie von den Natriumchlorid-Teilchen und Wassereisteilchen. Damit ist auch begründet, weshalb sich beide Mischungspartner breiartig verflüssigen: Das Eis, weil seine Oberfläche zu Wasser wird, das Salz, da es im Wasser löst. Das Mischen von Kochsalz und Eis ist also ein endothermer Vorgang, weil Energie – hier in Form von Wärme – aufgenommen wird"


Erst im Nachhinein ist ein kritischer Gedanke dazu in Sinn gekommen:
Widerspricht diese von vielen Physikern angenomme Begründung nicht dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik (Wärme fließt selbständig vom Körper mit höherer Temperatur zum Körper mit niedrigeren Temperatur)?
Anscheinend wird Schmelzewärme, die zum Verflüssigen des Eises notwenidg ist, aus der kinetischen Eigenbewegung des Eises selbst entzogen; Wärme fließt schließlich nicht vom "wärmeren" Körper zum "kälteren".

Ein anderes Beispiel ist der Lösungsvorgang. Am Beispiel des Wärmekissens, einem latenten Wärmespeicher, wird dies besonders anschaulich: Bei der Aktivierung des Handwärmes kristallisiert gelöstes Natriumacetat aus; diese Energie stammt beim Reaktivierungsvorgang aus aus der ursprünglich zugeführten Energie. Trotzdem kühlt sich das Wärmekissen ab (niedrige Temperatur) und setzt thermische Energie beim Aktivieren erneut frei (höhere Temperatur)! Ebenfalls Anlass den 2. Hauptsatz kritisch zu betrachten.

Meiner Meinung handelt es sich entweder um falsche Begründungen oder um mangelndes Wissen meinerseits, welches mir den 2. Hauptsatz der Wärmelehre hinsichtlich der genannten Erscheinungen so kurios erscheinen lässt.

Wie sind meine Gedankengänge zu erklären?
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 20. Dez 2007 00:01    Titel: Antworten mit Zitat

Mit deinen experimentellen Beispielen und den Erklärungen dazu bin ich einverstanden: Ein Körper braucht sich nicht zu erwärmen, während er Wärme aufnimmt. Er kann statt dessen dabei unter bestimmten Umständen auch schmelzen oder in Lösung gehen.

(Alle diese drei Fälle haben übrigens gemeinsam, dass die Teilchen des Körpers sich nach der Wärmeaufnahme freier bewegen können: Sie zappeln kräftiger bzw. sind aus einem Kristallgitter befreit worden. Man sagt: Die Entropie des Systems hat dabei zugenommen.)

Aber schau noch einmal genauer hin: Widerspricht das der Formulierung des zweiten Hauptsatzes, die du nennst? In keinem dieser drei Fälle geht Wärme von einem kälteren zu einem wärmeren Körper über. Der schmelzende (Eis-Salz-Mischung, die schmilzt) bzw. sich lösende (Natriumacetat im Wärmekissen, das z. B. in kochendem Wasser mit Wärmeenergie "aufgeladen" wird) Körper kühlt vielmehr die wärmere (oder gleich warme) Umgebung, indem er Wärme aus ihr abzieht.
Dalton



Anmeldungsdatum: 19.12.2007
Beiträge: 45

Beitrag Dalton Verfasst am: 20. Dez 2007 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

dermarkus hat Folgendes geschrieben:

(Alle diese drei Fälle haben übrigens gemeinsam, dass die Teilchen des Körpers sich nach der Wärmeaufnahme freier bewegen können: Sie zappeln kräftiger bzw. sind aus einem Kristallgitter befreit worden. Man sagt: Die Entropie des Systems hat dabei zugenommen.)

Beim Herstellen des Eis-Salz-Gemisches wohl eine Erscheinung, die auf die Brownsche Molekularbewegung zurückgeführt werden kann.

dermarkus hat Folgendes geschrieben:

Aber schau noch einmal genauer hin: Widerspricht das der Formulierung des zweiten Hauptsatzes, die du nennst? In keinem dieser drei Fälle geht Wärme von einem kälteren zu einem wärmeren Körper über. Der schmelzende bzw. sich lösende Körper kühlt vielmehr die wärmere (oder gleich warme) Umgebung, indem er Wärme aus ihr abzieht.

Ich führe meine Überlegungen insbesondere zu dem Eis-Salz-Kältegemisch einmal aus. Betrachten wir das Eisstückchen, welches durch die Zugabe von Salz bestrebt ist, seine äußerste Schicht zu Schmelzen. Dieser dünnen Wasserschicht wird nun Energie zugeführt. Diese muss aus einem Körper kommen, der ein höheres Enegieniveau hat, der also wärmer sein muss. Nun ist die Zone im Inneren des Eiswürfels nicht wärmer als die Außenschicht. Wäre dies der Fall, dann gebe es überhaupt keinen Anlass zur Kritik.
Das Innere ist letzendlich jedoch kälter* - trotzdem wird Energie aus den Eigenbewegungen der Eismoleküle entzogen und in Form von thermischer Energie an die Außenfläche übertragen.
Nun ist vielleicht ersichtlicher, warum ich den Eindruck bekomme, dass bei der Herstellung einer Kältemischung thermische Energie von einem Körper mit höherer Temperatur auf einen "kälteren" Körper übertragen wird.
Für mich, hast du dies auch in deinem Beitrag genannt (siehe Dickgedrucktes): Wärme wird entzogen (--> Wärmeübertragung) - jedoch vom thermo-energetisch gesehenen niedrigeren Niveau zum höheren Niveau.

* Hätten "Inneres und Äußeres" die gleiche Temperatur, dann würde das System thermodynamisch ausgeglichen sein (-> keine Wärmeübertragung).
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 20. Dez 2007 23:54    Titel: Antworten mit Zitat

Dalton hat Folgendes geschrieben:
dermarkus hat Folgendes geschrieben:

(Alle diese drei Fälle haben übrigens gemeinsam, dass die Teilchen des Körpers sich nach der Wärmeaufnahme freier bewegen können: Sie zappeln kräftiger bzw. sind aus einem Kristallgitter befreit worden. Man sagt: Die Entropie des Systems hat dabei zugenommen.)

Beim Herstellen des Eis-Salz-Gemisches wohl eine Erscheinung, die auf die Brownsche Molekularbewegung zurückgeführt werden kann.

Da bin ich noch nicht ganz einverstanden: Wenn sich ein Körper erwärmt, dann zappeln seine Teilchen in der Tat mehr, das heißt, die Brownsche Molekularbewegung wird stärker.

Aber bei der Kältemischung aus Eis und Salz zappeln die Teilchen, die sich nach dem Schmelzen im Salzwasser befinden, nicht mehr als vorher im Kristallgitter. Denn das Salzwasser ist ja nicht wärmer als das Eis-Salz-Gemisch vorher: Nach dem Schmelzen hat das Salzwasser, wie das verbliebene Eis-Salz-Gemisch auch, eine niedrigere Temperatur als das Eis-Salz-Gemisch vorher, also zappeln die Teilchen im Salzwasser sogar weniger als vor dem Schmelzen, die Brownsche Molekularbewegung der Teilchen ist weniger intensiv als zuvor.

Beim Schmelzen nimmt etwas anderes zu: Die Anzahl der möglichen Zustände, die die Teilchen einnehmen können. Im Kristallgitter müssen sie alle brav an ihrem Platz sitzen, nach dem Schmelzen im Salzwasser können sie frei und ungebunden jeden Ort innerhalb der Flüssigkeit besuchen. Was hier also zunimmt, ist nicht die Brownsche Molekularbewegung, sondern die Zahl der möglichen Zustände, die zur Verfügung stehen. Auch das ist eine Entropiezunahme.

Zitat:

Ich führe meine Überlegungen insbesondere zu dem Eis-Salz-Kältegemisch einmal aus. Betrachten wir das Eisstückchen, welches durch die Zugabe von Salz bestrebt ist, seine äußerste Schicht zu Schmelzen.

Einverstanden, im Konkreten sehen wir das leichter.

Zitat:

Dieser dünnen Wasserschicht wird nun Energie zugeführt.

Bist du dir auch bei näherer Betrachtung noch sicher mit dieser Aussage? Ich meine, hier sind wir schon beim springenden Punkt angelangt.

Das, was hier Energie aufnimmt, ist das Kristallgitter des Eiskristalls, insbesondere die Bindungen zwischen den Eismolekülen, die beim Schmelzen gelöst werden (Schmelzen braucht Energie). Was Energie abgibt, ist die Umgebung beziehungsweise, soweit schon vorhanden, die Salzlösung (= Salzwasserschicht) außendran, sowie der Eiskristall selbst, denn die werden alle kälter.

[Außerdem gibt die Salzlösung bei ihrer Entstehung Energie ab, das ist die sogenannte Solvatationsenergie, die frei wird, wenn das Salz in Lösung geht und sich die polaren Wassermoleküle um die geladenen Salzionen herum lagern.]

Hier wird also thermische Energie (die von außen und/oder aus dem Eiskristall selbst kommt, das Kältegemisch kühlt sich selbst und seine Umgebung ab) [und Solvatationsenergie aus dem Lösungsvorgang des Salzes im Wasser] verwendet, um die Bindungen des Eiskristalls aufzubrechen.

Wir sehen: Der Eiskristall holt die Energie, die er zum Schmelzen benötigt, von außen und aus seiner eigenen thermischen Energie; er gibt beim Schmelzen keine Energie nach außen ab.
Dalton



Anmeldungsdatum: 19.12.2007
Beiträge: 45

Beitrag Dalton Verfasst am: 21. Dez 2007 22:21    Titel: Antworten mit Zitat

1.
dermarkus hat Folgendes geschrieben:

Aber bei der Kältemischung aus Eis und Salz zappeln die Teilchen, die sich nach dem Schmelzen im Salzwasser befinden, nicht mehr als vorher im Kristallgitter. Denn das Salzwasser ist ja nicht wärmer als das Eis-Salz-Gemisch vorher: Nach dem Schmelzen hat das Salzwasser, wie das verbliebene Eis-Salz-Gemisch auch, eine niedrigere Temperatur als das Eis-Salz-Gemisch vorher, also zappeln die Teilchen im Salzwasser sogar weniger als vor dem Schmelzen, die Brownsche Molekularbewegung der Teilchen ist weniger intensiv als zuvor.

Ist das nicht eine Angelegenheit der Betrachtung? Die Eigenbewegungen der Salzteilchen werden sicherlich nicht zunehmen - in diesem Punkt stimme ich vollkommen mit dir überein. Bezieht man sich jedoch auf die insbesondere im äußeren Teil des Eisstückes befindlichen "Eisteilchen" so kann man doch nach der Erklärung in Beitrag 1 dieses Themas sagen, dass die Brownsche Molekularbewegung dieser zunimmt (da sie Energie aufnehmen)

dermarkus hat Folgendes geschrieben:

Beim Schmelzen nimmt etwas anderes zu: Die Anzahl der möglichen Zustände, die die Teilchen einnehmen können. Im Kristallgitter müssen sie alle brav an ihrem Platz sitzen, nach dem Schmelzen im Salzwasser können sie frei und ungebunden jeden Ort innerhalb der Flüssigkeit besuchen. Was hier also zunimmt, ist nicht die Brownsche Molekularbewegung, sondern die Zahl der möglichen Zustände, die zur Verfügung stehen. Auch das ist eine Entropiezunahme.

Hiermit beziehst du dich aber wieder auf die Salzionen. Die Teilchen des Wassers im festen Aggregatszustand haben diese Option wohl nicht.

2.
dermarkus hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Dieser dünnen Wasserschicht wird nun Energie zugeführt.

Bist du dir auch bei näherer Betrachtung noch sicher mit dieser Aussage? Ich meine, hier sind wir schon beim springenden Punkt angelangt.

Auch wenn meine Aussage etwas ungenau formuliert wurde, verstehe ich nicht, warum hier ein springender Punkt sein sollte. Weiter unten beschreibst du doch, dass Energie (Solvationsenergie, Eiskristall) aus der Umgebung aufgenommen wird.

dermarkus hat Folgendes geschrieben:

Das, was hier Energie aufnimmt, ist das Kristallgitter des Eiskristalls, insbesondere die Bindungen zwischen den Eismolekülen, die beim Schmelzen gelöst werden (Schmelzen braucht Energie). Was Energie abgibt, ist die Umgebung beziehungsweise, soweit schon vorhanden, die Salzlösung (= Salzwasserschicht) außendran, sowie der Eiskristall selbst, denn die werden alle kälter. [Außerdem gibt die Salzlösung bei ihrer Entstehung Energie ab, das ist die sogenannte Solvatationsenergie, die frei wird, wenn das Salz in Lösung geht und sich die polaren Wassermoleküle um die geladenen Salzionen herum lagern.]

Hier wird also thermische Energie (die von außen und/oder aus dem Eiskristall selbst kommt, das Kältegemisch kühlt sich selbst und seine Umgebung ab) [und Solvatationsenergie aus dem Lösungsvorgang des Salzes im Wasser] verwendet, um die Bindungen des Eiskristalls aufzubrechen.

Wir sehen: Der Eiskristall holt die Energie, die er zum Schmelzen benötigt, von außen und aus seiner eigenen thermischen Energie; er gibt beim Schmelzen keine Energie nach außen ab.

Absolut korrekt, allerdings klärt dies meine Einwende nicht.
Der Kern meiner Kritik ist das dickgedruckte Zitat. Es findet schließlich eine Wärmeübertragung statt (Innere Energie des Eiskristalls --> Innere Energie der Eisoberfläche; =Wärmeübertragung). Doch diese erfolgt aus dem "kälteren" Innern des Eiskristalls in die entweder gleich warme oder "wärmere" Eisoberfläche. Siehe auch mein letzter Beitrag:

Zitat:
"Dieser dünnen Wasserschicht wird nun Energie zugeführt". Diese muss aus einem Körper kommen, der ein höheres Enegieniveau hat, der also wärmer sein muss. Nun ist die Zone im Inneren des Eiswürfels nicht wärmer als die Außenschicht. Wäre dies der Fall, dann gebe es überhaupt keinen Anlass zur Kritik.
Das Innere ist letzendlich jedoch kälter* - trotzdem wird Energie aus den Eigenbewegungen der Eismoleküle entzogen und in Form von thermischer Energie an die Außenfläche übertragen.
Nun ist vielleicht ersichtlicher, warum ich den Eindruck bekomme, dass bei der Herstellung einer Kältemischung thermische Energie von einem Körper mit höherer Temperatur auf einen "kälteren" Körper übertragen wird.
Für mich, hast du dies auch in deinem Beitrag genannt (siehe Dickgedrucktes): Wärme wird entzogen (--> Wärmeübertragung) - jedoch vom thermo-energetisch gesehenen niedrigeren Niveau zum höheren Niveau.

* Hätten "Inneres und Äußeres" die gleiche Temperatur, dann würde das System thermodynamisch ausgeglichen sein (-> keine Wärmeübertragung).
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 22. Dez 2007 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

Dalton hat Folgendes geschrieben:
1.
Bezieht man sich jedoch auf die insbesondere im äußeren Teil des Eisstückes befindlichen "Eisteilchen" so kann man doch nach der Erklärung in Beitrag 1 dieses Themas sagen, dass die Brownsche Molekularbewegung dieser zunimmt (da sie Energie aufnehmen)

Nein, ihre Brownsche Molekularbewegung nimmt beim Schmelzen sogar ab, da ihre thermische Energie abnimmt, weil ein Teil der thermischen Energie der Teilchen zum Schmelzen verbraucht wird:

Die H2O-Moleküle (= die insbesondere im äußeren Teil des Eisstückes befindlichen "Eisteilchen") verwenden also ihre eigene thermische Energie dafür, um sich von den anderen H2O-Molekülen im Eiskristall loszureißen. Dieser Prozess ist kein Energietransport von einem Teilchen zum anderen, sondern eine Energieumwandlung: thermische Energie wird in chemische Energie umgewandelt, denn Energie aus der Zappelbewegung des Teilchens wird dafür verbraucht, die Bindung zwischen diesem Teilchen und den anderen Teilchen im Kristall zu lösen. Nach diesem Schmelzvorgang sind die H2O-Moleküle also ärmer an thermischer Energie, zappeln weniger und sind damit kälter geworden.

Zitat:

dermarkus hat Folgendes geschrieben:

Beim Schmelzen nimmt etwas anderes zu: Die Anzahl der möglichen Zustände, die die Teilchen einnehmen können. [...] Auch das ist eine Entropiezunahme.

Hiermit beziehst du dich aber wieder auf die Salzionen. Die Teilchen des Wassers im festen Aggregatszustand haben diese Option wohl nicht.

Ich beziehe mich hier auch auf die H2O-Moleküle, die beim Schmelzen aus dem Eiskristall in den flüssigen Zustand wechseln.

2.
Zitat:

[...] dass Energie (Solvationsenergie, Eiskristall) aus der Umgebung aufgenommen wird.

Vielleicht habe ich da unübersichtlicherweise zu viel auf einmal versucht zu betrachten: Das Salzwasser nimmt die Solvatationsenergie nicht aus der Umgebung auf, sondern setzt sie "aus seinem Inneren" frei beim Zusammenlagern der Salzionen und Wasserteilchen.

Energie, die beim Zusammenlagern von Teilchen freigesetzt wird (also beim Gefrieren von Wasser zu Eis, oder beim Lösen von Salz in Wasser), stammt nicht von außerhalb. Sondern von innerhalb, nämlich aus dem Bilden von Bindungen zwischen den Teilchen.

Die Energie, die für das Trennen von Teilchen nötig ist (also beim Schmelzen von Eis zu Wasser), wird also genaugenommen nicht den Teilchen selbst zugeführt, sondern den Bindungen zwischen diesen Teilchen, um die Bindungen zu lösen.

Die Bindungen zwischen den Teilchen sind also ein "Energieloch", das sich bildet, wenn sich Teilchen zusammenlagern und eine Bindung eingehen, und das wieder aufgefüllt werden muss, um die Teilchen wieder voneinander zu trennen und die Bindung zu lösen. Man sagt deshalb: "Die Bindungen haben die Bindungsenergie " und gibt dieser Bindungsenergie ein negatives Vorzeichen.

Zitat:

Nun ist die Zone im Inneren des Eiswürfels nicht wärmer als die Außenschicht. [...]
Das Innere ist letzendlich jedoch kälter

In Wirklichkeit ist es andersherum: Die Außenschicht aus geschmolzenem Salzwasser ist kälter als das noch nicht geschmolzene Innere des Eiswürfels. Denn eben dort, in dieser Außenschicht, wird beim Schmelzen Kälte erzeugt, indem thermische Energie für das Schmelzen verbraucht wird.

Machen wir uns das noch einmal klar, indem wir diese Außenschicht isoliert betrachten, also ganz ohne Energieaustausch mit der äußeren Umgebung, und ohne Energieaustausch mit dem Eis, das nicht schmilzt und fest bleibt.

Wir haben also Eis mit Salz bei einer Ausgangstemperatur . Sowohl die H2O-Moleküle als auch die Salzionen haben also eine thermische Energie (und zappeln mit ihrer Brownschen Molekularbewegung), die dieser Temperatur entspricht, und sind in ihren Kristallen (Eiskristall und Salzkristall) gebunden. Nun schmilzt das gesamte Eis in unserem betrachteten System, und die gesamten Salzkristalle werden zersetzt. Die Energie, die dabei nötig ist, um die Bindungen aufzubrechen, wird der Zappelbewegung der Teilchen entnommen. Die thermische Energie der Teilchen (H2O-Moleküle und Salzionen) nimmt ab, während die "Energielöcher" zwischen den Teilchen aufgefüllt werden. (Es wird also thermische Energie der Teilchen in diesen Löchern "versenkt") Nach dem Schmelzen zappeln die Teilchen also WENIGER als zuvor, folglich sind sie kälter geworden (ihre Temperatur ist nun mit ), ohne dass Energie nach außen abgegeben worden ist.

(Die Solvatationsenergie ändert nichts entscheidendes an dieser Abkühlung, da beim Aneinanderlagern der Salzionen und Wassermoleküle im Salzwasser weniger thermische Energie freigesetzt wird als beim Aufbrechen der Bindungen im Eiskristall und Salzkristall "versenkt" wird. Denn die Kristallbindungen sind stärker als die Bindungen in der Salzlösung.)

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Wir sehen also, die kälteste Stelle bei der ganzen Sache ist immer das frisch geschmolzene Salzwasser, denn dort wird beim Schmelzen thermische Energie "vernichtet", indem sie in den Energielöchern der Bindungen versenkt wird. Dort wird also "die Kälte erzeugt".

Betrachten wir nun wieder den großen, ungeschmolzenen Eiswürfel im Innern mit dazu, so ist das Innere des Eiswürfels stets wärmer als das frisch geschmolzene Salzwasser an der Oberfläche des Eiswürfels.

Du siehst also, wenn man sauber zwischen thermischer Energie und anderen Energieformen (insbesondere dem, was wir oben als chemische Energie oder, mit negativem Vorzeichen, als Bindungsenergie kennengelernt haben) unterscheidet, sieht man auch hier, dass die Wärmeenergie ganz normal vom Ort höherer Temperatur zum Ort niedrigerer Temperatur fließt und nicht umgekehrt.
Dalton



Anmeldungsdatum: 19.12.2007
Beiträge: 45

Beitrag Dalton Verfasst am: 23. Dez 2007 22:09    Titel: Antworten mit Zitat

@dermarkus
Vielen Dank erstmal für deine detaillierte Antwort und den Willen, mein Wissen im Fach Physik zu erweitern. Augenzwinkern

1. Zur Brownschen Molekularbewegung: Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Temperatur (innere Energie) eines Körpers mit der Brownschen Molekularbewegung dieses Stoffes proportional ist und dementspechend vom Aggregatszustand abhängig ist. Daher fällt es mir schwer anzunehmen, dass die Eismoleküle nach dem Schmelzvorgang, also dem Eintreten in einem Aggregatszustand, in dem die Teilchenbewegung normalerweise höher ist, kälter sein soll.
Was ist dazu zu sagen?

2. Die Herstellung eines Kältegemisches wäre also nur bei einer Temperatur möglich. Richtig?

3. Zuvor hatte ich einen falschen Eindruck von Wärmetransport. Ich bin davon ausgegangen, dass sich die innere Energie eines Körpers nur erhöhen kann, wenn von außen ein Körper mit höherer Temperatur infolge dieses Temperaturunterschiedes thermische Energie abgibt.
Nun ist mit klar, dass ebenfalls durch die Energieform Bindungsenergie, eine Zunahme der inneren Energie erfolgen kann.
Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik gilt also für zwei Systeme und regelt den Wärmetransport dieser beiden. Ein einzelner Körper kann sich also auch unabhängig von einem zweiten System erwärmen und das ist schließlich der für mein Verständnis relevante Punkt.

4. Neben der Herstellung eines Kältegemisches hatte ich zu Beginn dieses Threads den Lösungsvorgang bezogen auf ein Wärmekissen angesprochen. Auch hier hat mich die entscheidene Einsicht, dass der 2. Hautpsatz der Wärmelehre nur den Energietransport zwischen zweien Systemen regelt, weitergebracht.
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 29. Dez 2007 13:14    Titel: Antworten mit Zitat

Dalton hat Folgendes geschrieben:

1. Zur Brownschen Molekularbewegung: Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Temperatur (innere Energie) eines Körpers mit der Brownschen Molekularbewegung dieses Stoffes proportional ist und dementspechend vom Aggregatszustand abhängig ist.

Dein Gespür ist richtig, dass daran etwas noch nicht so ganz exakt sein kann:

* Temperatur und innere Energie eines Körpers sind nicht immer proportional zueinander. Zum Beispiel eben bei einem Phasenübergang, sagen wir, bei einem reinen Eiswürfel (ganz ohne Salz) der Temperatur 0°C, der durch Zuführen von Wärmeenergie schmilzt und damit zu Wasser der Temperatur 0°C wird: Da bleibt die Temperatur konstant, und doch nimmt gleichzeitig die innere Energie zu (es wird Energie, die sogenannte Schmelzwärme zugeführt).

(Die Temperatur hingegen ist in der Tat ziemlich eng an die Brownsche Molekularbewegung gekoppelt: Mit der Vorstellung "Höhere Temperatur bedeutet stärkere Brownsche Molekularbewegung" hat man glaube ich ein sehr gutes Bild von der Sache. Mit "proportional zu" wäre ich dabei noch ein bisschen vorsichtig, denn genaugenommen bedeutet eine höhere Temperatur eine höhere mittlere Energie pro Freiheitsgrad (die ist gleich ), und das bedeutet, dass die Gerade im Diagramm "Energie der Brownschen Molekularbewegung aufgetragen über der Temperatur" an den Stellen zu einer gekrümmten Linie werden kann, an denen sich die Anzahl der angeregten Freiheitsgrade ändert.)

Zitat:

2. Die Herstellung eines Kältegemisches wäre also nur bei einer Temperatur möglich. Richtig?

Ich glaube, deine Grundüberlegung, die dahinter steckt, ist richtig smile Ich würde die Bedingung sogar noch etwas allgemeiner formulieren: Für ein Kältegemisch braucht man Salz und H2O im festen Zustand. (Denn eben der Schmelzvorgang schluckt die thermische Energie und erzeugt die Kälte, die wir haben wollen.) Damit das H2O im festen Zustand vorliegt, also zum Beispiel als Eis oder als Schnee, muss es (bei normalem Druck) eine Temperatur haben, die höchstens 0°C beträgt, denn sonst läge es ja schon in Form von Wasser vor.

Wenn ich nun die Kältemischung mal etwas flapsig als "Salz-Eis" bezeichne, dann sehen wir folgendes: Der Schmelzpunkt von "Salz-Eis" liegt deutlich unter 0°C, und hängt von dem Salz ab, das man verwendet. Zum Beispiel liegt er bei bei Kochsalz bei ca. -20°C. Das heißt, wir haben am Anfang unseres Experimentes "Salz-Eis" im festem Zustand bei zum Beispiel 0°C oder knapp 0°C, das deutlich wärmer ist als sein Schmelzpunkt. Das ist natürlich kein stabiler Zustand, also schmilzt es und kühlt sich dabei ab.

Diese Überlegung bringt uns auf die Idee, dass etwas ganz analoges passieren müsste, wenn wir es, diesmal ganz ohne Salz, schaffen würden, irgendwie festes Eis herzustellen, das eine Temperatur größer als 0°C hat, also zum Beispiel reines, festes Eis bei 5°C (vielleicht geht so etwas ja, indem man das "warme Eis" unter hohem Druck herstellt und dann diesen Überdruck schnell genug abbaut). Dann hätten wir reines, festes Eis, das wärmer ist als sein Schmelzpunkt, das wird dann natürlich auch schmelzen und sich selbst dabei abkühlen.

zu 3. und 4. :
Zitat:

Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik gilt also für zwei Systeme und regelt den Wärmetransport dieser beiden. [...]
die entscheidene Einsicht, dass der 2. Hautpsatz der Wärmelehre nur den Energietransport zwischen zweien Systemen regelt

Einverstanden smile Ich würde es vielleicht noch ein bisschen genauer formulieren wollen: Die zwei verschiedenen Körper brauchst du für die oben von dir genannte Aussage des zweiten Hauptsatzes
Dalton hat Folgendes geschrieben:
2. Hauptsatz der Thermodynamik (Wärme fließt selbständig vom Körper mit höherer Temperatur zum Körper mit niedrigeren Temperatur)

Andere Aussagen des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik beziehen sich auch auf andere Situationen, in denen man nicht zwei verschiedene Körper vorliegen hat. Siehe zum Beispiel

http://de.wikipedia.org/wiki/Thermodynamik#Zusammenfassung_der_Aussagen_des_zweiten_Hauptsatzes

Der zweite Hauptsatz ist also noch deutlich allgemeiner als du ihn bisher kennengelernt hast; wenn ich mal versuche seine Kernaussage etwas flapsig und vielleicht etwas unscharf mit möglichst wenig Fachwörtern zu umreißen, dann würde ich ihn vielleicht zum Beispiel so formulieren: "Energie ist bestrebt, sich möglichst gleichmäßig zu verteilen."
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