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thermodynamik und gravitation
 
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dulle
Gast





Beitrag dulle Verfasst am: 08. Nov 2013 02:52    Titel: thermodynamik und gravitation Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Folgendes Frage: Gibt Gravitation Energie ab?
Gehen wir von einer kosmischen Gaswolke aus die aufgrund der Gravitation der Masse ihrer Atome immer weiter in sich Zusammenfällt bis sich Druck und Temperatur soweit erhöhen, dass der Fusionsprozess in Gang kommt und ein Stern geboren wird...soweit so klar! Die Frage dabei ist ist Gravitation als Kraft dabei sozusagen der Ursprungspunk der abgebenen Energie oder wird hier Energie umgewandelt?

Allgemeiner gefragt: giebt es ein Verhältnis der Energie die notwendig ist um Masse zu erzeugen (e=mc2) zur Gravitation dieser Masse und wandelt Gravitation diese Energie um? Oder ist die Gravitation sozusagen die Nulllinie der Termodynamik?

Oder in Form der Energiekette: die Energie die ich fürs Tippen verwende <- chemische Lageenergie meines Müslis<-von Pflanzen umgewandelte Sonnenenergie<-Kernfusion im Inneren der Sonne<-???Gravitation als Aktivierungsenergie???+nukleare Lageenergie in Wasserstoffatomen+<-Bewegungsenergie Subatomarer Teilchen<- Energie des Urknalls

Woher kommt die Energie die notwendig ist um 1,989 × 1030 kg Helium auf 15 Millionen Grad Celsius zu erhitzen wie im fall unserer Sonne passiert?


Ich bin nur ein interessierter Laie der die ein oder andere Doku zuviel gesehen hat (oder zu wenig) konnte aber auf die Frage keine konkrete Antwort im Netz finden hoffe unter euch ist jemand der sich damit auskennt



Meine Ideen:
Gravitation ist eine von Energie unabhängige Eigenschaft von Masse die Energie erzeugen kann (Energie kann nicht erzeugt werden!!!....oder?)

Die Gravitation einer Masse wandelt die unvorstellbar hohe Energie aus der sie geschaffen wurde in irgendeiner Form wieder in Energie um? (Masse verliert keine Energie durch ihre Gravitation!!!! oder?)

Irgendetwas außerhalb meines doch sehr begrenzten Fachwissens...(halte ich für sehr wahrscheinlich)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Nov 2013 07:23    Titel: Antworten mit Zitat

Gehen wir das ganze mal etwas allgemeiner an.

"Erhaltene Gesamtenergie in gravitierenden Systemen" erfordert, dass man ...
- "Gesamtenergie" definieren kann
- "Energieerhaltung" definieren kann
- ggf. "gravitative Energie" definieren kann

Interessanterweise ist im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie i.A. alles drei nicht möglich!

Insbs. ist bereits "Gesamtenergie" nicht definierbar, d.h. es existiert zwar der Begriff einer lokalen Energiedichte, nicht jedoch der Energieinhalt eines bestimmten Raumvolumens. Diese lokale Energiedichte ist in einem erweiterten Sinn auch erhalten, nicht jedoch die (i.A. gar nicht mehr definierbare) Gesamtenergie. Bei den Energieformen handelt es sich rein um Energien von Materie und Feldern (im Gravitationsfeld), jedoch nicht um die Energie des Gravitationsfeldes selbst.

Das Problem ist eher mathematisch als physikalisch. Die Physiker können mit der Situation recht gut umgehen, und das ist zwar alles sehr ungewöhnlich, jedoch nicht wirklich schlimm. Insbs. gilt weiterhin, dass die lokale Energiedichte erhalten ist und Energie nicht einfach so aus dem Nichts entstehen kann.

Das Problem existiert insbs. in expandierenden Raumzeiten wie dem beobachteten Universum, da ihm eine Symmetrieeigenschaft bzw. die "Zeitunabhängigkeit" fehlt, die immer Grundvoraussetzung für die Energieerhaltung ist. Hier ist es jedoch so, dass ein bestimmtes Integral über ein Volumen mathatisch gar nicht definiert werden kann (und die Frage nach der Konstanz gar nicht mehr gestellt werden kann).

Einfaches Beispiel ist die kosmologische Rotverschiebung: ein Photon ändert bei seiner Reise durch ein expandierendes Universum seine Frequenz und damit seine Energie, wobei diese Energie überhaupt nicht beobachterunabhängig definierbar ist, und man auch nicht sagen kann, wo die Energie hinverschwindet.

Man kann auch keine "Thermodynamik des Gravitationsfeldes" entwickeln, denn dies setzt nach modernem Verständnis voraus, dass man makroskopische thermodynamische Zustände durch mikroskopische Freiheitsgrade im Sinne der statistischen Mechanik definieren kann. Dazu müsste man jedoch die mikroskopischen Freiheitsgrade des Gravitationsfeldes erst mal kennen. Dies erwartet man sich von einer Theorie der Quantengravitation, die heute jedoch nur in Ansätzen verstanden ist.

Deine Fragen betreffen unmittelbar die aktuelle Grundlagenforschung!

Man versteht heute viele Grenzfälle und Näherungen (ART, Sternentstehung, Expansion des Universums, Quantenfeldtheorien für elektromagnetische Felder u.v.a.m., Hawkingstrahlung mit Temperatur und Entropie von schwarzen Löchern, ...) man hat jedoch keine konsistente, fundamentale und umfassende Theorie, die das alles vereinheitlicht und auf eine solide mathematische Grundlage stellt.

Wenn du willst, kann ich dir einige Links und Arbeiten zukommen lassen, aber leider ist das alles sehr mathematisch und sehr weit fortgeschritten.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
dulle
Gast





Beitrag dulle Verfasst am: 08. Nov 2013 10:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hey Tomms Danke für die schnelle und kompetente Antwort!

etwas naiv gefragt:Wenn hypothetisch zu Beginn alle Atome in dieser Wolke still standen, bei Null Celvin und keine Energie von Außen zugeführt wurde (Strahlung etc), könnte man die Gesamtenergie die dieser Wolke von der Gravitation hinzugeführt wurde doch daraus errechnen welche Energie aufgebracht werden muss um die Temperatur der Atome auf 15 mio Kelvin zu erhöhen? aber ich hab schon die ganze Zeit das Gefühl das ich hier äpfel mit Birnen vermische Big Laugh

Lässt sich sagen das aus reiner Sicht der Termodynamik Gravitaion Energie erzeugt da die zugrunde ligenden Theorien noch nicht vollständig mit einander V3ereinbar sind?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Nov 2013 20:56    Titel: Antworten mit Zitat

dulle hat Folgendes geschrieben:
Wenn hypothetisch zu Beginn alle Atome in dieser Wolke still standen ... könnte man die Gesamtenergie die dieser Wolke von der Gravitation hinzugeführt wurde doch daraus errechnen

In der Newtonschen Mechanik könnte man das berechnen, und man würde dabei feststellen, dass die Atome kinetische Energie gewinnen. Aber in der Newtonschen Mechanik kann man dem Gravitationsfeld selbst keine Energie zuordnen.

In der ART kann man eine Energiedichte ebenfalls berechnen, aber man kann i.A. keine Energie definieren. Man sollte nicht davon sprechen, dass Energie erzeugt wird; der Begriff ist einfach nicht mehr wohldefiniert.

dulle hat Folgendes geschrieben:
Lässt sich sagen das aus reiner Sicht der Termodynamik Gravitaion Energie erzeugt da die zugrunde ligenden Theorien noch nicht vollständig mit einander

Ich würde nicht mit Thermodynamik argumentieren. Es handelt sich nicht um ein physikalisches Problem, sondern um ein rein mathematisches.

Du hast recht, eine vollständige Theorie der relativistischen Thermodynamik existiert nicht, aber das Problem tritt auch ohne Thermodynamik auf.

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Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 08. Nov 2013 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

Was noch nicht beantwortet wurde: die 15 Mio Grad haben nichts mit potentieller Energie zu tun. Das ist einfach die Temperatur, bei der im Sonnenkern Energieerzeugung und -abstrahlung im Gleichgewicht sind. Das hat neben der Gesamtmasse zu tun mit Kernfusionsraten und Opazität und so, beileibe kein einfacher Zusammenhang.
Ohne derartige Prozesse wird alles berechenbarer, Stichworte sind Helmholtz-Zeitskala und Jeans-Kriterium.

Wie Tom schon ausführt, ist der Energiebegriff u.U. etwas schwer zu fassen. Wenn man aber alle Energieformen bilanzieren kann und will, dann findet hier eine Umwnadlung von potentieller in thermische Energie statt.
DrStupid



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Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Nov 2013 22:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dazu müsste man jedoch die mikroskopischen Freiheitsgrade des Gravitationsfeldes erst mal kennen. Dies erwartet man sich von einer Theorie der Quantengravitation, die heute jedoch nur in Ansätzen verstanden ist


... und möglicherweise nie experimentell bestätigt werden kann:

http://www.spektrum.de/alias/gravitonen/entpuppt-sich-die-suche-nach-der-weltformel-als-hirngespinst/1193613
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 09. Nov 2013 09:45    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Dazu müsste man jedoch die mikroskopischen Freiheitsgrade des Gravitationsfeldes erst mal kennen. Dies erwartet man sich von einer Theorie der Quantengravitation, die heute jedoch nur in Ansätzen verstanden ist


... und möglicherweise nie experimentell bestätigt werden kann

Das ist in der Tat ein Problem. Die Forderung nach einer Quantisierung (oder evtl. einer anderweitigen Modifizierung) der ART ergibt sich jedoch zwingend als Konsistenzforderung. Eine friedliche Koexistienz wie in dem Artikel erwähnt ist jedenfalls nicht denkbar.

Ein weiteres Problem ist, dass selbst ein theoretischer Nachweis von Gravitonen irrelevant wäre, denn die eigentliche Kernbotschaft der QG ist, dass sie nicht-störungstheoretische Effekte vorhersagt, und erst deren Nachweis wäre eine experimentelle Bestätigung. Dazu bräuchte man aber starke Gravitationsfelder wie z.B. in einem schwarzen Loch.

Aber das führt jetzt zu weit von der eigentlichen Fragestellung weg.

Ich versuche das mal zusammenzufassen
1) wenn eine flache, statische Raumzeit vorliegt, kann man die Energie der sich darin befindlichen Systeme wie üblich definieren und den Energiesatz anwenden (z.B. bei Sternentstehung); das gilt also im Kleinen:
Ich hat Folgendes geschrieben:
Wenn man aber alle Energieformen bilanzieren kann und will, dann findet hier eine Umwnadlung von potentieller in thermische Energie statt.


2) wenn eine expandierende Raumzeit vorliegt, kann keine "Gesamtenergie" als Energieinhalt eines Raumvolumens mehr definiert werden; als Konsequenz verliert der Energieerhaltungssatz seine Gültigkeit und seine Anwendbarkeit; das gilt im Großen, also insbs. in der Kosmologie

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Beitrag Ich Verfasst am: 11. Nov 2013 08:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
wenn eine expandierende Raumzeit vorliegt, kann keine "Gesamtenergie" als Energieinhalt eines Raumvolumens mehr definiert werden

Doch, kann schon. Und wenn man das tut, dann gilt Energieerhaltung inklusive gravitativer Energie.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Nov 2013 12:07    Titel: Antworten mit Zitat

Du weißt sehr gut, dass der Pseudotensor die Probleme nicht wirklich löst ;-)

Kannst du eine integrale Erhaltungsgröße ableiten?
Kann man diese mit dem Noether-Theorem in Verbindung bringen?
Kann man diese mit der Hamiltonfunktion in Verbindung bringen?

Ein Link weiter: http://en.wikipedia.org/wiki/Cooperstock%27s_energy-localization_hypothesis

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Beitrag Ich Verfasst am: 11. Nov 2013 14:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Du weißt sehr gut, dass der Pseudotensor die Probleme nicht wirklich löst

Kommt drauf an, welche Probleme man hat. Wenn's nur darum geht, wo die Energie beim Kollaps herkommt, reicht das voll und ganz. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es hier um Subtilitäten des Energiebegriffs in der ART ging.

Wenn ich mir den OP anschaue, dann geht es um Umwandlung von Energieformen. Das erste, was man in der Schule zu dem Thema lernt ist tatsächlich die Umwandlung von Lageenergie in kinetische Energie. Da glaube ich kann man guten Gewissens sagen, dass man in der ART im Prinzip mit demselben Bild arbeiten kann, zumindest im hier besprochenen Fall.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Nov 2013 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

Also d.h. man kann die 00-Komponente des LL-Pseudotensordichte integrieren und erhält eine erhaltenen Gesamtenergie, die sich wie die 0-Komponente eines 4er-Vektors transformiert?
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Beitrag Ich Verfasst am: 11. Nov 2013 16:39    Titel: Antworten mit Zitat

Energiedichte und Integration sind natürlich vom KS abhängig. Das Resultat sollte sich dann aber wohl vernünftig transformieren lassen - wobei mir gerade nichts einfällt, wofür man das brauchen könnte.
Ich habe aber noch nie was damit gerechnet, also ohne Gewähr.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 11. Nov 2013 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

na ja, wenn du das für den gewöhnlichen Energie-Impuls-Tensor machst und über ein endliches (!) Volumen integrierst, dann kommt a) nix raus was erhalten ist (weil die Christoffelsymbole in der kovarianten Kontinuitätsgleichung das kaputt machen) und b) kommt nix raus was sich irgendwie vernünftig transformiert. Dazu brauchst du einen Killing-Vektor, aber den hast du i.A. nicht.
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Beitrag Ich Verfasst am: 12. Nov 2013 12:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn dein Integral so definiert ist, dass es z.B. die Ruhemasse eines gebundenen Systems ergibt, dann kannst du das Ergebnis schon sinnvoll transformieren.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 12. Nov 2013 13:09    Titel: Antworten mit Zitat

aber wie definierts du das Integral ???
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Beitrag Ich Verfasst am: 12. Nov 2013 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

Geeignet. Big Laugh

Wie gesagt hab' ich's noch nie gemacht, aber ich könnte mir vorstellen, dass man z.B. ein Sonnensystem großräumig dergestalt ausschneidet, dass es immer im Zentrum des ausgeschnittenen Bereichs bleibt. Und dann soll die Komar-Masse rauskommen, wenn man integriert.

Oder so. grübelnd
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 12. Nov 2013 14:36    Titel: Antworten mit Zitat

Das funktioniert für diverse Konstruktionen wie Komar-Masse etc.

Es funktioniert sicher i.A. nicht für



(man benötigt eine statische Raumzeit mit zeitartigem Killing-Vektor oder eine asymptotisch flache RZ)

Die Frage ist, ob das Integral für den Energie-Impuls-Pseudotensor



sinnvoll definierbar ist. Ich weiß es nicht!!

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