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Nichtleiter leiten trotzdem? (Bändermodell)
 
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Isolator
Gast





Beitrag Isolator Verfasst am: 19. Jul 2022 13:29    Titel: Nichtleiter leiten trotzdem? (Bändermodell) Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Wenn man die Bandlücken im Bändermodell bei Nichtleitern überwinden kann, sind diese dann nicht streng genommen ebenfalls Leiter bzw Halbleiter?

Bei Halbleiter geschieht das doch bei einer gewissen Menge an Energie (in Form von Wärme). Wenn man nun genug Energie zuführt (3 eV? ), dann werden doch selbst Luft, Sauerstoff, Holz, Kunststoffe, Glas, etc... leitfähig. Oder?


Meine Ideen:
-
Füsik-Gast
Gast





Beitrag Füsik-Gast Verfasst am: 19. Jul 2022 15:21    Titel: Leitfähigkeit Antworten mit Zitat

"Nichtleiter" im Sinne von Materialien mit unter üblichen Bedingungen geringer elektrischner Leitfähigkeit können ebenfalls zu "Leitern" werden:
"Daher können alle als „Nichtleiter“ bezeichneten Stoffe oder Materialien trotz ihrer Benennung mit ausreichend viel Energie, zum Beispiel bei (sehr) hohen Temperaturen oder durch das Anlegen einer genügend hohen Spannung zum leiten von (höheren bzw. hohen) elektrischen Strömen gebracht werden, wodurch sich diese in elektrische Leiter verwandeln, allerdings oft nur kurzfristig, da vor allem Festkörper dabei häufig irreversibel zerstört werden.." aus Wikipedia(Nichtleiter).

Füsik-Gast.
Isolator
Gast





Beitrag Isolator Verfasst am: 19. Jul 2022 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

Passiert das z.B. in der Luft, wenn es ein Gewitter gibt? Wird die Luft zum Leiter?

Wie kann man das erklären?
Füsik-Gast
Gast





Beitrag Füsik-Gast Verfasst am: 19. Jul 2022 17:22    Titel: Nichtleiter Antworten mit Zitat

Das Bändermodell ist nur auf Festkörper anwendbar.
In Gasen hast du den sprunghaften Anstieg der Leitfähigkeit durch Ionisierung des Gases,da werden die Gasionen dann zu den Ladungsträgern.
Daher besser vorher definieren,was du als "Nichtleiter" verstehst.

Füsik-Gast.
Isolator
Gast





Beitrag Isolator Verfasst am: 19. Jul 2022 17:29    Titel: Antworten mit Zitat

Danke!

Also kann man prinzipiell sagen:


Bei genug Energie könnte z.B. ein Buch elektrischen Strom leiten?

Wie viel Energie wäre hierfür nötig und ist das schon einmal gelungen?
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 20. Jul 2022 09:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Isolator hat Folgendes geschrieben:

Bei genug Energie könnte z.B. ein Buch elektrischen Strom leiten?
Wie viel Energie wäre hierfür nötig und ist das schon einmal gelungen?


Für Papier würde ich das eher bezweifeln. Trockenes Papier ist ein ziemlich guter Nichtleiter. Als ich noch in der Halbleitertechnik gearbeitet habe, haben wir öfter ein Stück Papier unter den zu untersuchenden Wafer gelegt, wenn über den Wafer und das Messgerät irgendwelche Kriechströme abgeleitet wurden.

Das Bändermodell ist ja eigentlich nur für Kristalle gedacht. Insofern würde ich vermuten, dass es sich nicht einfach auf Papier übertragen lässt.

Es gibt jedoch spezielle Keramiken, die bei ausreichend niedrigen Temperaturen sogar supraleitend werden. Das Bändermodell dürfte hier aber wiederum kein geeignetes Beschreibungsmodell sein.


Viele Grüße
Michael
Steffen Bühler
Moderator


Anmeldungsdatum: 13.01.2012
Beiträge: 7246

Beitrag Steffen Bühler Verfasst am: 20. Jul 2022 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Hier wird die Durchschlagsfestigkeit von Papier mit 10 kV/mm angegeben.

Viele Grüße
Steffen
Fragvogel_1



Anmeldungsdatum: 30.03.2022
Beiträge: 73

Beitrag Fragvogel_1 Verfasst am: 20. Jul 2022 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,
normales Papier enthält aber viel Luft im Gefüge, die, beim Anlegen von elektrischen Feldern ionisiert und so den gesamten Strom trägt.
Hier mal ein Video dazu: der Titel ist zwar "Prüfung der elektrischen Durchschlagsfestigkeit", was aber passiert: Die Luft um den Prüfling wird langsam ionisiert, und die gesamte Entladung fließt um das Prüfobjekt herum.

Früher, in der guten alten Zeit, hat man deshalb Papierisolatoren mit Öl getränkt, um die Luft zu entfernen.
Wenn du die Leitfähigkeit nur vom Papier testen willst, brauchst du eine Vakuumkammer.

Grüße
Nobby1



Anmeldungsdatum: 19.08.2019
Beiträge: 1549

Beitrag Nobby1 Verfasst am: 20. Jul 2022 15:56    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bei genug Energie könnte z.B. ein Buch elektrischen Strom leiten?


Nein, man denke an Fahrenheit 451 von Ray Bradbury.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 20. Jul 2022 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Das Bändermodell ist ja eigentlich nur für Kristalle gedacht. Insofern würde ich vermuten, dass es sich nicht einfach auf Papier übertragen lässt.

Jedenfalls nicht direkt.

In Grunde geht es jedoch immer um das selbe, nämlich i) die Struktur der Wellenfunktion - lokalisiert oder delokalisiert - im Potential des Festkörpers und ii) die Besetzungszahl der Zustände abhängig von der Temperatur zu berechnen.

Ein Elektron in einen bestimmten Zustand kann nur dann zur Leitung beitragen, wenn ii) dieser Zustand besetzt ist und wenn i) es sich um einen delokalisierten Zustand handelt.

ML hat Folgendes geschrieben:
Es gibt jedoch spezielle Keramiken, die bei ausreichend niedrigen Temperaturen sogar supraleitend werden. Das Bändermodell dürfte hier aber wiederum kein geeignetes Beschreibungsmodell sein.

Bei der normalen Supraleitung spielt wiederum die Struktur der Wellenfunktionen eine Rolle, die Wechselwirkung der Elektronen durch Photonen und die daraus resultierenden Cooper-Paare, sowie die Bose-Einstein-Kondensationen derselben.

Ein analoger Mechanismus für keramische Hochtemperatursupraleiter ist nicht bekannt.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
PhyMaLehrer



Anmeldungsdatum: 17.10.2010
Beiträge: 1085
Wohnort: Leipzig

Beitrag PhyMaLehrer Verfasst am: 21. Jul 2022 06:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ich erinnere mich an ein Experiment, da waren in Reihe zu einer Glühlampe zwei Metallstäbchen geschaltet, die einander nicht berührten und die mit einem Glasrohr (aber sowas von Nichtleiter!) "überbrückt" waren. Nachdem das Glasrohr mit einem Brenner zum Glühen gebracht wurde, begann auch die Lampe zu leuchten. Der Versuch war so dimensioniert, daß der fließende Strom ausreichte, das Glasrohr und damit auch die Glühlampe am Glühen zu halten.
Fragvogel_1



Anmeldungsdatum: 30.03.2022
Beiträge: 73

Beitrag Fragvogel_1 Verfasst am: 21. Jul 2022 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,
wurde in diesem Experiment auch ohne Glasstab wiederholt, oder mit einer elektrischen Heizung des Glasstabes? Ich würde denken, dass die Flamme des Brenner den Strom leitet.

Grüße
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jul 2022 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

Fragvogel_1 hat Folgendes geschrieben:
Ich würde denken, dass die Flamme des Brenner den Strom leitet.


Davon bin ich auch erst ausgegangen, aber den letzten Satz interpretiere ist so, dass der Stromkreis auch dann geschlossen bleibt, wenn man den Brenner entfernt.
Füsik-Gast
Gast





Beitrag Füsik-Gast Verfasst am: 21. Jul 2022 15:58    Titel: glas Antworten mit Zitat

Fragvogel_1 hat Folgendes geschrieben:
wurde in diesem Experiment auch ohne Glasstab wiederholt, oder mit einer elektrischen Heizung des Glasstabes? Ich würde denken, dass die Flamme des Brenner den Strom leitet.e


Es gibt Versuchsanordnungen mit elektrischer Heizung,aber selbst bei denen mit Gasflamme steigt die Leitfähgikheit erst langsam an,eben mit der Temperatur des Glases.Wäre die Brennerflamme verantwortlich,müßte die Leitfähigkeit sofort auf den späteren Meßwert ansteigen.
Hier liegt einfach die erhöhte Ionenbeweglichkeit im erhitzten Glas vor,nach meiner Kenntnsi eben keine Besetzung von energetisch sonst zu hoch liegenden Bändern.
Die Versuche zeigen auch eine bestehende Leitfähigkeit nach Enfternen der externen Heizquelle,dort dann weiteres Aufheizen des Glases bis zum Schmelzen.

Füsik-Gast.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jul 2022 16:09    Titel: Re: glas Antworten mit Zitat

Füsik-Gast hat Folgendes geschrieben:
aber selbst bei denen mit Gasflamme steigt die Leitfähgikheit erst langsam an,eben mit der Temperatur des Glases.Wäre die Brennerflamme verantwortlich,müßte die Leitfähigkeit sofort auf den späteren Meßwert ansteigen.


Darauf würde ich mich nicht verlassen. Die Leitfähigkeit der Brennerflamme könnte ja durch Substanzen erhöht werden, die aus dem Glas austreten. Dass da war raus kommt, sieht man daran, dass sich die Farbe der Flamme ändert, wenn man sie auf das Glas richtet (üblicherweise von Blau nach Gelb). Dann würde die Leitfähigkeit der Flamme auch mit zunehmender Temperatur des Glases ansteigen.

Sicher ist man tatsächlich nur, wenn keine Flamme im Spiel ist.
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5874

Beitrag Myon Verfasst am: 21. Jul 2022 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hier gibt es ein Video des Versuchs.

Man sieht ziemlich klar, dass die Leitfähigkeit des Glases mit steigender Temperatur zunimmt.
Im Stromkreis sind keine Glühlampen, wie von PhyMaLehrer erwähnt, welche den Strom begrenzen können. Ab einer gewissen Temperatur erhitzt sich das Glas alleine durch den fliessenden Strom immer weiter, bis es schmilzt.

Energiebänder wie ein Halbleiter kann ein amorphes Material wie Glas nicht haben, denn Energiebänder sind ja eine Folge eines gitterperiodischen Potentials. Es wird also so sein wie von Füsik-Gast beschrieben, dass Ionen im Glas den Strom leiten. Siehe auch Festkörperionik.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jul 2022 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
Man sieht ziemlich klar, dass die Leitfähigkeit des Glases mit steigender Temperatur zunimmt.


Naja, ganz so klar ist das nicht. Wie kann man unterscheiden, ob da wirklich das Glas leitet und nicht nur ein Plasma an der Oberfläche?
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5874

Beitrag Myon Verfasst am: 21. Jul 2022 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wie kann man unterscheiden, ob da wirklich das Glas leitet und nicht nur ein Plasma an der Oberfläche?

Gut, sicher kann man alleine aufgrund dieses Versuchs nicht sein. Aber weshalb sollte sich das Glas nach Entfernen der Flamme weiter so stark erwärmen, wenn nicht durch die Joulesche Wärme des Stroms, welcher im Glas selber fliesst?
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jul 2022 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
Aber weshalb sollte sich das Glas nach Entfernen der Flamme weiter so stark erwärmen, wenn nicht durch die Joulesche Wärme des Stroms, welcher im Glas selber fliesst?


Durch die Joulesche Wärme des Stroms, welcher im Plasma an der Oberfläche des Glases fließt. Das wiederum wird vom heißer werdenden Glas mit immer mehr Ionen gespeist. Um diese Möglichkeit auszuschließen, könnte man den Glasstab senkrecht in eine Glasscheibe einlöten. Dann würde man sehen, ob der Strom direkt durch den Glasstab fließt oder einen Umweg über den Rand der Scheibe nimmt.
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