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Inhalte/Gelerntes aus dem Studium vergessen...
 
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Student-Ing.
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Beitrag Student-Ing. Verfasst am: 16. Feb 2022 21:30    Titel: Inhalte/Gelerntes aus dem Studium vergessen... Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hi, ich studiere aktuell in einem Ingenieurswissenschaftlichem Studiengang und mache mir in letzter Zeit einige Sorgen.

Vieles aus der Schulzeit habe ich mittlerweile vergessen und musste es mir erneut beibringen, da ich vor dem Studium noch eine Ausbildung gemacht habe. Das Gleiche fällt mir jetzt in den höheren Semestern auf: Viele Inhalte aus den Grundlagenmodulen habe ich vergessen bzw. kann sie nicht mehr abrufen.
Würde ich jetzt z.B. Mathe 1 schreiben, würde ich das wohl gerade noch hinbekommen. Physik 1 oder Grundlagen der Elektrotechnik, sowie BWL (auswendig lernen) wäre jetzt schon problematisch.

Nun habe ich Sorge, dass ich eines Tages vieles aus dem Studium vergessen haben werde.
Einige sagen, man bräuchte ohnehin nur einen kleinen Teil aus dem Studium.

Dennoch: Ich habe mir u.a. mühsam das Lösen und Diffentialgleichungen beigebracht und viele Stunden meines Lebens mit dem Rechnen, Anwenden und Verstehen verbracht. Es wäre unglaublich Schade, dieses Wissen bzw. diese Fähigkeiten zu verlieren und nicht mehr drauf zu haben. Vor allem in 20-30 Jahren, wenn das Studium sehr lange her ist...

Meine Ideen:
Wie seht ihr das? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
Wieso ist das so?
Habt ihr einen Tipp/Rat für mich?
masterpie



Anmeldungsdatum: 13.11.2019
Beiträge: 408

Beitrag masterpie Verfasst am: 16. Feb 2022 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

Meine persönlichen(!) Erfahrungen - beruhend auch auf etlich Gelesenem - über einen Zeitraum von mehr als 70 Sonnenumkreisungen:

Unser Gehirn ist leistungsfähiger als alle Supercomputer zusammengenommen, aber dennoch keine Maschine. Alles was Du nicht in bestimmten Zeitabständen brauchst, abrufst wirst Du vergessen.

Beim Computer oder besser Computersystemen mit Ausfallsicherungen und und und bleibt die Info im Speicher, solange der Speicher funktioniert und/oder nicht gelöscht oder überschrieben wird. Dennoch ist es eine Herausforderung, Daten über Zeiträume von 10 oder 30 Jahren oder länger zu speichern. Liegt eher nicht am Speicher, sondern am Lese und Dekodierverfahren und der zugehörigen Technik. Das veraltet meist ...

Es gibt zwar Menschen, die sich an alles erinnern können, was sie jemals in ihr Gehirn aufgenommen haben. Doch das ist nicht das normale Verhalten des Gehirns eines gesunden Menschen. Der gesunde Mensch erinnert sich nur an Bruchteile der in seinem Leben aufgenommenen Informationen. Es wird vermutet, dass wir dennoch alles Aufgenommene in unserm Hirn gespeichert haben. Um da ran zu kommen, braucht es allerdings die richtige Assoziation. Die zu finden und zu aktivieren gelingt den Menschen unterschiedlich gut und schnell.

Die in frühesten Jahren gelernte Muttersprache wirst Du Jahrzehnte, meist für immer im Gedächtnis parat haben (Krankheiten lasse ich außen vor). Lesen und Schreiben und einfache Rechenarten ebenfalls. Alles andere merkst Du Dir nur, wenn Du es nahezu täglich verwendest. Das kann einerseits sein, weil Du täglich z.B: Matheaufgaben lösen musst aber auch andererseits, weil Du etwas täglich lernst und wiederholst. Nach einer gewissen Zeit, ist dieses Gedächtnis auch verfügbar, wenn Du es nicht täglich nutzt. Nur wenn Du es über einen sehr langen Zeitraum nicht mehr genutzt hast, ist auch diese Information für Dich nicht mehr erreichbar.

Im Studium habe ich alle üblichen Themen der Mathematik, wie sie Ingenieure brauchen, gelernt und geübt und konnte Differenzialgleichungen lösen, konnte Differenzieren, Integrieren, mit Vektoren und Matrizen operieren und und und. Gebraucht habe ich diesen Teil des Studiums fast überhaupt nicht in den nachfolgenden 40 Arbeitsjahren. Das kann keiner vor oder während des Studiums wissen. Das trifft auch auf etliche andere Themen zu. Aber deshalb war das Studium nicht überflüssig. Es waren ja noch etliche andere Themen, die studiert wurden. Einige davon habe ich dann gebraucht. Neues und Weiterentwickeltes musste ich mir bei Erfordernis aneignen. In Summe hat es gereicht, alle Aufgaben zu bewältigen.

Die Aufgabe eines Studiums ist nicht, Dich zu einem wandelnden Lexikon auszubilden (dafür haben wir heute Dr. Google & Co.) oder zu einem Menschen, der alle zu lösenden Aufgaben seines Lebens schon mal gehört und geübt hat. Ein gewisses Grundwissen wirst Du am Ende des Studiums haben - wenn Du nicht 5 Jahre nur die Beine ausgestreckt und geschlafen hast Thumbs up! - doch viel wichtiger ist, dass Du gelernt hast, wie Du Probleme zu einer Lösung bringen kannst. Reicht das vorhanende Wissen, was brauchst Du noch an Wissen, woher und wie bekommst Du das Wisssen und wie kannst Du Dir es aneignen, dass Du es auch so verstanden hast, das Du es anwenden kannst. Also erforderliche Methoden und Verfahren sind wichtig. Damit kannst Du Dir nach 20 Jahren auch vergessenes Wissen wieder aneignen oder auf den erforderlichen neuesten Stand bringen.

Von manchen Absolventen habe ich zu lesen bekommen, was ich auch selbst so erfahren habe: unmittelbar nach dem Studium hatte ich den Eindruck, gar nichts zu wissen oder alles vergessen zu haben. Das kann schon Panik auslösen ... Big Laugh
Da hilft nur, ruhig bleiben und erst mal durchatmen. Die Vorlesungsnachschriften, die Seminarskripte und erworbenen Bücher sind ja noch vorhanden (also sollten sie eine gewissse Zeit) und man ist sich sicher, das meiste doch schon mal gekonnt oder gewusst zu haben. Na und hoffentlich sind auch Freunde weiter reichbar, mit denen man studiert hatte und mit denen man mal reden kann.

Also einfach den gefundenen Job beginnen ... und nachdenken. Was will man von mir, was soll ich machen und dann überlegen, wie ich es machen könnte oder würde. In meinen Büchern und Unterlagen ggf. nachschauen (zu hause Abends) oder im Internet oder ... oder im Team sich ... Freunde suchen. Mag am Anfang schwer sein (dahr gibt es nicht gleich das ganz große Projekt), aber mit der Zeit läuft es immer besser und manchmal staunt man nach Jahren, dass man sich doch noch erinnert an ... Das ganze nennt man dann Praxiserfahrungen aneignen. Oder wie Firmen gern inserieren: " Suchen jungen Absolventen mit 34 Jahren Praxiserfahrung ...". Prost

Also gelassen bleiben, sich mit den Jahren ein gesundes Selbstvertrauen aneignen und loslegen. Naja und nicht alles glauben was Dir so mancher "Experte" sagt. Gewisse Klischees halten sich offensichtlich ewig. Einfach ignorieren (was Dir nicht passt) und es trotzdem probieren. Verloren hat nur, wer nach dem Hinfallen nicht wiederr aufsteht und weitermacht ...

Wichtig: Nicht vergessen, dass man Mensch ist und nicht die Arbeit alles im Leben ist. Da gibt es noch viele schöne Sachen ...
Alles Gute, Masterpie

_________________
Wir denken zu viel und fühlen zu wenig. (Charlie Chaplin)
Bamamike



Anmeldungsdatum: 12.10.2008
Beiträge: 5
Wohnort: Huntsville, AL USA

Beitrag Bamamike Verfasst am: 26. Feb 2022 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

@Masterpie:
Sehr gut ausgedrückt. Ich bin gerade frischer Ruheständler und kann das nur bestätigen. Das Wissen, welches man nicht mehr benötigt, wird von unserem Gehirn erst tiefer abgelegt und später irgendwann einfach vergessen, um Platz für neue Eindrücke zu schaffen. Für den TE bedeutet das, keine Panik, unseer Studium hat uns doch gezeigt, das wir lernfähig sind und das ist doch der eigentliche Zweck eines Studienganges: Probleme erfassen und lösen können. Ich habe in meinem Beruf nie wieder das Wissen aus meinem Studium benötigt, das Erkennen, Analysieren und Lösen von Problemen allerdings fast täglich. Das Studium ist die Eintrittskarte ins Berufsleben, nicht das Nachschlagewerk. Dem TE weiter viel Erfolg.
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