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Relativitätstheorie: welche Zeiten sind Observable?
 
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17900

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Okt 2021 07:06    Titel: Relativitätstheorie: welche Zeiten sind Observable? Antworten mit Zitat

Es geht um diese Frage aus dem parallelen Thread zum Zwillingsparadoxon:

"Was zeigt die Erduhr im Inertialsystem des zurückkehrenden Zwillings unmittelbar nach Abschluss dessen Wendemanövers an?"

M.M.n. liegt keine Observable vor:

Beim Raumzeitpunkt des Wendemanövers des zurückkehrenden Zwillings liegt der gefragte Raumzeitpunkt auf der Weltlinie der Erduhr auf der Gleichzeitigkeitshyperfläche des zurückkehrenden Zwillings, damit außerhalb seines Vergangenheitslichkegels und ist deshalb für ihn nicht beobachtbar.

An einem späteren Raumzeitpunkt, zu dem des Lichtsignal ausgehend von dem gefragten Raumzeitpunkt den zurückkehrenden Zwilling erreicht und damit beobachtbar wird, kann dieser den gefragte Raumzeitpunkt nicht durch Beobachtung bestimmen, da er keine Kenntnis über die Weltlinie der Erduhr hat und diese aus den Lichtsignalen auch nicht rekonstruieren kann. Damit funktioniert zwar die Beobachtung, jedoch nicht die Zuordnung zum nicht ermittelbaren Raumzeitpunkt auf der Weltlinie der Erduhr auf der früheren Gleichzeitigkeitshyperfläche. Der zurückkehrende Zwilling weiß nicht, welche der beobachteten Zeitanzeigen die gefragte ist.

Die Zuordnung ist mittels Zusatzannahmen möglich:

Rekonstruktion der Weltlinie der Erduhr und damit des gefragten Raumzeitpunktes auf der Gleichzeitigkeitshyperfläche auf Basis der Lichtsignale inklusive deren Rotverschiebung. Ich denke nicht, ob dies für beliebige Beobachtungen möglich ist.

Rekonstruktion der Weltlinie der Erduhr durch spätere Befragung des Zwillings auf der Erde zu dessen Weltlinie.

Was mich dabei stört ist, dass Ereignisse außerhalb des eigenen Vergangenheitslichkegels zu Observablen werden.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 28. Okt 2021 12:21    Titel: Re: Relativitätstheorie: welche Zeiten sind Observable? Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Beim Raumzeitpunkt des Wendemanövers des zurückkehrenden Zwillings liegt der gefragte Raumzeitpunkt auf der Weltlinie der Erduhr auf der Gleichzeitigkeitshyperfläche des zurückkehrenden Zwillings, damit außerhalb seines Vergangenheitslichkegels und ist deshalb für ihn nicht beobachtbar.


Ja, für IHN ist es nicht beobachtbar. Aber man könnte ja im IS des rückkehrenden Zwillings einen dritten Beobachter so positionieren, dass dieser sich zum Zeitpunkt der Wende gerade exakt am Ort der Erde befindet. Dieser liest dann die Uhr einfach ab und teilt dann später das Ergebnis seinen Kollegen mit.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Was mich dabei stört ist, dass Ereignisse außerhalb des eigenen Vergangenheitslichkegels zu Observablen werden.


Und ich verstehe nicht, seit wann es in der Physik wichtig ist, WER eine Messung macht.

-Nils

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Ihr da Ohm macht doch Watt ihr Volt!
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17900

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Okt 2021 13:21    Titel: Re: Relativitätstheorie: welche Zeiten sind Observable? Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Beim Raumzeitpunkt des Wendemanövers des zurückkehrenden Zwillings liegt der gefragte Raumzeitpunkt auf der Weltlinie der Erduhr auf der Gleichzeitigkeitshyperfläche des zurückkehrenden Zwillings, damit außerhalb seines Vergangenheitslichkegels und ist deshalb für ihn nicht beobachtbar.


Ja, für IHN ist es nicht beobachtbar. Aber man könnte ja im IS des rückkehrenden Zwillings einen dritten Beobachter so positionieren, dass dieser sich zum Zeitpunkt der Wende gerade exakt am Ort der Erde befindet.

Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Woher soll dieser dritten Beobachter wissen, wann und wo der zurückkehrende Zwilling umkehrt und in welchem Inertialsystem dieser sich befindet; das muss er voraussetzen.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 28. Okt 2021 13:57    Titel: Re: Relativitätstheorie: welche Zeiten sind Observable? Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Woher soll dieser dritten Beobachter wissen, wann und wo der zurückkehrende Zwilling umkehrt und in welchem Inertialsystem dieser sich befindet; das muss er voraussetzen.


Das kann man bestimmten, indem man das Experiment etwas modifiziert: statt einem (punktförmigen) Raumschiff, das die Erde verlässt und irgendwann umkehrt, stellt man sich zwei unfassbar lange Züge vor: Zug1 fährt mit 0.8c von der Erde weg und Zug2 fährt in die entgegengesetzte Richtung, ebenfalls mit 0.8c. In den Zügen sind im Abstand von 1m Beobachter mit untereinander synchronisierten Uhren entlang der gesamten Zuglänge verteilt. Immer wenn ein Beobachter an der Erde vorbeifährt, liest er die Erduhr ab und trägt die abgelesene Zeit ins Logbuch ein.

Das Experiment läuft dann so ab: Der reisende Zwilling springt in Zug1, fährt eine zeitlang mit, steigt dann irgendwann in Zug2 um und fährt wieder zurück zur Erde.

Dann kommt die Auswertung:
Am Ende der Reise schaut man im Logbuch von Zug2, wann der Zwilling an Bord gekommen ist, sucht sich dann den Beobachter heraus, der zu diesem Zeitpunkt gerade an der Erde vorbeigeflogen ist und schaut nach, welche Erduhrzeit dieser Beobachter notiert hat.

Ich weiß, das ist ein ziemlich komplexes Szenario, aber es ging ja um die Frage, ob man die besagte Uhrzeit überhaupt experimentell bestimmen kann.

Viele Grüße,
Nils

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17900

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Okt 2021 15:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, man kann das grundsätzlich sogar sehr einfach bestimmen.

Jeder Zwilling schreibt entsprechend seiner Uhr alle Beschleunigungsmanöver mit. Anschließend treffen sich beide, werten die Protokolle aus und berechnen, welche Zeitanzeige auf einer bestimmten Gleichzeitigkeitshyperfläche vorlag.

Die Frage ist, ob das noch eine sinnvolle Messung dessen ist, was du beschrieben hast. Es ist m.E. eine Berechnung dessen, was du beschrieben hast, auf Basis anderer Messungen.

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Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 28. Okt 2021 15:14    Titel: Antworten mit Zitat

Mir ist die Fragestellung nicht klar. Bei solchen relativistischen Szenarien gehört es ja mehr oder minder prinzipbedingt dazu, dass die Beteiligten während der Ausführung voneinander nichts wissen können. Deswegen denkt man sich den Ablauf als vorgeplant und exakt ausgeführt, und die Auswertung kommt hinterher, wenn man alles weiß. Dann ist prinzipiell jeder Koordinatenwert eines jeden IS eine Observable, weil die Koordniaten ja eine schöne operationale Definition haben.

Wenn es eher wörtlich um Beobachtung geht, dann ist z.B. klar, dass nie irgendwelche Uhrenanzeigen springen oder so. Dann zählt der Vergangenheitslichtkegel.

Also was ist gemeint?
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 28. Okt 2021 15:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Jeder Zwilling schreibt entsprechend seiner Uhr alle Beschleunigungsmanöver mit. Anschließend treffen sich beide, werten die Protokolle aus und berechnen, welche Zeitanzeige auf einer bestimmten Gleichzeitigkeitshyperfläche vorlag.


Ja, das geht natürlich auch (setzt aber halt voraus, dass die entsprechenden Formeln aus der RT bekannt sind; bei der oben beschriebenen Methode muss man das nicht voraussetzen).

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Frage ist, ob das noch eine sinnvolle Messung dessen ist, was du beschrieben hast. Es ist m.E. eine Berechnung dessen, was du beschrieben hast, auf Basis anderer Messungen.


Ob man das nun "Messung", "Berechnung" oder allgemein "Bestimmung" nennt, ist mir eigentlich egal. Es ging doch in anderem Thread darum, ob die Frage nach besagter Uhrzeit überhaupt sinnvoll ist. Und ich finde halt schon, da man sie experimentell ermitteln kann und damit die Theorie überprüfen kann. Mehr wollte ich ja gar nicht sagen.

Viele Grüße,
Nils

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