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Magnetismus bei Eisen Grundzustand?
 
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willyengland



Anmeldungsdatum: 01.05.2016
Beiträge: 676

Beitrag willyengland Verfasst am: 27. Aug 2021 13:19    Titel: Magnetismus bei Eisen Grundzustand? Antworten mit Zitat

In einem englischen Forum stand in einem Nebensatz, dass bei Eisen der magnetische Zustand der "Grundzustand" sei und das Entmagnetisieren Energie kostet.
Wie ist das genau zu verstehen?
Es werden ja nicht alle Autos mit der Zeit zu Stabmagneten. Das kann wohl nur eine schwache Grundmagnetisierung sein, aber nicht eine komplette, sonst wäre ja im Grund alles Eisen stark magnetisch.
Was genau ist dieser "Grundzustand"?
Kann man das irgendwie quantifizieren?
Wird Eisen mit der Zeit von selbst magnetisch? Wie stark?

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Gruß Willy
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Aug 2021 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

Im Grundzustand sind tatsächlich alle Elementarmagnete parallel ausgerichtet.

Das Umklappen eines Elementarmagneten führt zu einer erhöhten Wechselwirkungsenergie mit allen seinen Nachbarn; diese Energie kann z.B. aus der Umgebung d.h. einem Wärmebad stammen.

Hat man einen gewissen Bereich, innerhalb dessen alle Elementarmagnete anders ausgerichtet sind als im Rest des Materials, untereinander jedoch wieder parallel, so führt dies zu einer erhöhten Wechselwirkungsenergie an den Rändern des Bereiches, wo verschiedenen Ausrichtungen aneinander stoßen.

Stell dir ein zweidimensionales, quadratisches Gitter vor, an dessen Gitterpunkten Elementarmagnete sitzen. Einen davon umzuklappen erhöht die Wechselwirkungsenergie mit dessen vier Nachbarn. Einen weiteren irgendwo anders umzuklappen erhöht wiederum die Wechselwirkungsenergie mit vier weiteren Nachbarn; jedoch einen benachbarten des zuerst umgeklappten zusätzlich umzuklappen erhöht die Wechselwirkungsenergie mit drei weiteren Nachbarn, senkt jedoch die Wechselwirkungsenergie zum zuerst umgeklappten wieder ab.

Wenn also Energie aus einem Wärmebad mit Temperatur > Null zur Verfügung steht, um Elementarmagnete anders auszurichten, so wird dies eher nicht für einzelne verstreute Magnete geschehen, sondern für gesamte Bereiche. Diese Bereiche - sogenannte Weiss-Bezirke - findet man sowohl rechnerisch als auch experimentell. D.h. dass im mikoskopischen Bereich auf der Mikro- oder Nanometerskala Bereiche identischer Ausrichtung existieren - hier liegt tatsächlich Magnetisierung vor - während sich auf der makroskopischen Skala die Magnetisierung aufgrund vieler untereinander unterschiedlich ausgerichteter Bereiche statistisch aufhebt. Unterhalb einer sogenannten kritischen Temperatur liegt dann in Summe eine Magnetisierung vor, oberhalb dieser kritischen Temperatur ist das Material nicht magnetisiert; man spricht von einem so genannten Phasenübergang.

Die Physik des Ferromagnetismus einschließlich der Weiss-Bezirke sowie des Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung und des Phasenübergangs zwischen der ferromagnetischen und der ungeordneten Phase kann anhand des sehr einfachen Ising-Modells anschaulich dargestellt werden. Realistische Aussagen sind damit jedoch kaum möglich, dazu werden quantenmechanische Modelle benötigt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ising-Modell



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Schmu



Anmeldungsdatum: 23.06.2021
Beiträge: 112

Beitrag Schmu Verfasst am: 27. Aug 2021 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

Soweit ich weiss richtet sich Lava beim Erstarren an dem Magnetfeld der Erde aus. Daher kann man auch am Meeresboden ablesen wie es um das Magnetfeld über die letzten 200 Mio Jahre oder so bestellt war.
willyengland



Anmeldungsdatum: 01.05.2016
Beiträge: 676

Beitrag willyengland Verfasst am: 27. Aug 2021 14:32    Titel: Antworten mit Zitat

Ah, verstehe.
Sehr gut erklärt! Vielen Dank!

Habe mal nachgesehen, diese Weiss-Bezirke sind so in der Größenordnung 0,01 - 1 mm.

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Gruß Willy
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Aug 2021 16:47    Titel: Antworten mit Zitat

Gerne.

Man kann das 2-dim. Ising-Modell übrigens mit sehr überschaubarem Aufwand implementieren und berechnen. Daraus erhält man die Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung u.a. Größen.

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