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Flasche werfen - steht. Purer Zufall?
 
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Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
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Beitrag Brillant Verfasst am: 15. Aug 2021 15:39    Titel: Flasche werfen - steht. Purer Zufall? Antworten mit Zitat

Moin,

im Internet gibt es immer wieder Videos, in denen eine mit etwas Flüssigkeit gefüllte Flasche geworfen wird - und die steht.

Die Werfer machen ein Gebrüll, als ob sie seit Jahren erfolglos waren. Ist wohl klar, dass sehr viele Videos nötig sind um eines mit Erfolg zu veröffentlichen.

Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass von 100.000 Würfen einer zum Stand der Flasche kommt? Hat es irgendwas mit Training und Geschicklichkeit zu tun (jonglieren?) oder ist es reiner Zufall? Der Flüsigkeitsstand scheint immer gleich zu sein, liegt hier das Geheimnis?

Water Bottle Flip youtu.be/VJwoSfTOhyM

Habe gerade eben selbst experimentiert, es ist die Flüssigkeit. 3 von 10 Versuchen waren auf Anhieb erfolgreich. Durch die Rotation bleibt das Wasser am Boden der Flasche und stabilisiert die Landung.

Aber wie ist das physikalisch zu erklären?

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Glaubt nicht dem Hörensagen ... oder eingewurzelten Anschauungen, auch nicht den Worten eines verehrten Meisters; sondern was ihr selbst gründlich geprüft und als euch selbst und anderen zum Wohle dienend erkannt habt, das nehmt an. Siddhartha Gautama
Mathefix



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Beitrag Mathefix Verfasst am: 16. Aug 2021 10:04    Titel: Antworten mit Zitat

Ich mache mal einen Erklärungsversuch.
Die teilgefüllte Flasche rotiert um ihre Hauptträgheitsachse. Diese liegt aufgrund der Lage des Schwerpunkts näher am am Boden als zum Hals der Flasche.
Das Wasser sammelt sich am Boden der Flasche an, da damit das Energieminimum erreicht ist.
Die Flasche kann beim Auftreffen 3 Lagen annehmen: 1. Boden, 2. Spitze, 3.Seite.
Die Wahrscheinlichkeit für jede Lage beträgt bei gleicher Gewichtung 1/3.
Da die Bodenlage wegen der Lage des Schwerpunkts die stabilere Lage ist, ist die Wahrscheinlichkeit des Auftreffens in dieser Position > 1/3.
Nils Hoppenstedt



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Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 16. Aug 2021 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wesentlich ist, dass sich das Wasser initial konzentriert am Boden befindet und die Flasche mit relativ hoher Geschwindigkeit um den Schwerpunkt rotiert. Im Laufe des Flugs verteilt sich dann das Wasser in der Flasche, wodurch sich das Trägheitsmoment erhöht, während die Winkelgeschwindigkeit gleichzeitig abnimmt. Bei einer bestimmten Wassermenge ist diese Verlangsamung der Rotation optimal. Durch das richtige Timing kann man es dann hinbekommen, dass die Flasche senkrecht auf dem Boden aufschlägt und in dieser Position stehen bleibt. Der Rest ist Übung und Geschicklichkeit, irgendwann hat man den Dreh raus.

Viele Grüße,
Nils

edit: hier wird es sehr nett erklärt:

https://www.youtube.com/watch?v=g-B6cN7Or2g

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2021 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

Wir können bei Gelegenheit ein einfaches Modell untersuchen: die Flasche wird durch eine starre, masselose Hantelstange der Länge L = a + b mit je einem Massepunkt am Ende modelliert; das Wasser wird durch einen dritten Massepunkt modelliert, der gegen den zweiten um einen Punkt auf der Stange entlang eines Kreises rotiert.












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Zuletzt bearbeitet von TomS am 16. Aug 2021 19:39, insgesamt einmal bearbeitet
Nils Hoppenstedt



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Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 16. Aug 2021 18:04    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde die Flasche nur als masselose Stange modellieren und das Wasser durch zwei Massepunkte, die sich zu Beginn beide auf der gleichen Ende der Stange befinden (und sich dann während der Rotation von einander entfernen).

Viele Grüße,
Nils

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2021 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

Hatte ich für den Start auch schon überlegt.
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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2021 19:38    Titel: Antworten mit Zitat

Nur um sicherzugehen, dass wir vom selben Modell reden:









mit dem Grenzfall


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Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 16. Aug 2021 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ich dachte an ein Modell wie hier im Video ab Minute 1:20:

https://www.youtube.com/watch?v=E98-GcJb4qI

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 16. Aug 2021 20:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ok, gut. Aber die Bälle können nicht hin- und herschwappen, Wasser schon ;-)
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Nils Hoppenstedt



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Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 16. Aug 2021 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, aber der wesentliche Effekt (die Änderung des Trägheitsmoments) wird damit schon ganz gut erfasst.
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Aruna



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Beitrag Aruna Verfasst am: 16. Aug 2021 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Ja, aber der wesentliche Effekt (die Änderung des Trägheitsmoments) wird damit schon ganz gut erfasst.


IMO kann man auch einen weiteren Effekt sehen, der zur Stabilisierung der Landung beiträgt und bei "rückstoßfreien" Hämmern genutzt wird:
Dadurch, dass sich das Wasser verteilt, schlägt es auch über einen größeren Zeitraum verteilt ein und der Impuls wird langsamer abgegeben.
Ich hab das mal ausprobiert, indem ich die Flasche ohne Drehung einfach senkrecht fallen ließ:
Da prallte sie von der Unterlage ab und war instabiler bei der Landung, als wenn ich die vor dem Loslassen erst nach oben beschleunigt habe, so dass sich das Wasser verteilt
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 17. Aug 2021 08:32    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Ja, aber der wesentliche Effekt (die Änderung des Trägheitsmoments) wird damit schon ganz gut erfasst.

Hast du eine Idee, wie man die nicht-holonomen Zwangsbefingungen für den inneren Ball modelliert, so dass man irgend etwas vernünftig analytisch rechnen kann?

Bisher sehe nur folgendes. Die Bewegungsgleichung



wird modifiziert, so dass radiale Bewegung nach außen nicht zugelassen wird. D.h.





Kann man das geeignet umformulieren?

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Anmeldungsdatum: 08.01.2020
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Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 17. Aug 2021 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, ich bin bisher auch noch nicht weitergekommen....

Aber zu dem Video von oben gibts ein Paper, vielleicht hilft dir das weiter:

https://arxiv.org/abs/1712.08271

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Aug 2021 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr schön.

Ich wollte tatsächlich einen Ansatz für die Bewegungsgleichung herleiten und bin bei den Zwangsbedingungen stecken geblieben.

Die Autoren gehen gar nicht so weit, erhalten aber recht interessante Ergebnisse.

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