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Physikus 1231 Gast
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Physikus 1231 Verfasst am: 12. Jun 2021 10:39 Titel: Ionisation von Wasserstoff |
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Meine Frage:
Guten Tag allerseits, ich versuche gerade die Ionisation von Wasserstoff besser zu verstehen.
In meinem Skript steht: Die Ionisation von Wasserstoff ist eine sehr steile Funktion der Temperatur, zumindest bei niedrigen Drücken.
Jedoch finde ich keine Erklärung dazu.. weshalb die Ionisation von Wasserstoff im vergleich zum Beispiel zu He so viel steiler ist?
und weshalb ist bei höheren Drücken der Übergang von nicht ionisiert zu vollständig ionisiert weniger steil?
Meine Ideen:
Da Wasserstoff ja bekanntlich das leichteste Atom ist und auch nur ein Elektron besitzt ist es wohl auch am leichtesten zu ionisieren und somit geschieht dies relativ schnell. Habe glaube gelesen ab 7000K fängt es erstmals zu ionisieren und schon ab 10000K liegt der Wasserstoff fast komplett ionisiert vor. Ist dies schon die Begründung? oder gibt es da noch einen weiteren Einfluss?
Bei der zweiten Frage habe ich leider keine Idee :/
Hoffe irgend Jemand kann mir dies bezüglich helfen
Lg
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 12. Jun 2021 10:57 Titel: |
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Ich verstehe nicht, um welche Abhängigkeit es genau geht.
Die Ionisation ist abhängig von der benötigten Energie. Für die einfache Ionisation liegt bei Wasserstoff sicher nicht die niedrigste Ionisierungsenergie vor. Ich gehe daher davon aus, dass von der vollständigen Ionisation die Rede ist. Dabei hängt die Energie tatsächlich direkt von der Kernladungszahl Z ab.
Du fragst jedoch nach einer Temperaturabhängigkeit. Was genau soll denn abhängig von der Temperatur aufgetragen werden? Der Ionisierungsgrad eines Gases?
_________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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Physikus1231
Anmeldungsdatum: 28.05.2021 Beiträge: 14 Wohnort: Schweiz
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Physikus1231 Verfasst am: 12. Jun 2021 11:17 Titel: |
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Also in meinem Text steht folgendes:
"Die Ionisation von Wasserstoff ist eine sehr steile Funktion der Temperatur, zumindest bei niedrigen Drücken."
Meine Frage ist nun weshalb das so ist, ist es aufgrund des der Kernladungszahl?
und die zweite Frag wäre:
warum bei höheren Drücken der Übergang von nicht ionisiert zu vollständig ionisiert weniger steil ist? (für Wasserstoff)
vielen Dank für die Hilfe
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 12. Jun 2021 12:11 Titel: |
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Und meine Frage ist, was mit "die Ionisation von Wasserstoff ist eine sehr steile Funktion der Temperatur ..." überhaupt gemeint ist. Der Ionisationsgrad, also der Anteil der vollständig ionisierten Atome in einem Gas bzw. Plasma?
_________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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Nobby1
Anmeldungsdatum: 19.08.2019 Beiträge: 1506
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Nobby1 Verfasst am: 12. Jun 2021 12:17 Titel: |
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Ist Wasserstoff nicht eh ein Sonderfall wo bei der Ionisation nur Elementarteilchen also Proton und Elektron entstehen. Alle anderen haben einen positiven Kern herühr2nd auch von den Protonen vermittelt mit Neutronen und auch noch einen Atomrumpf. Ionisiert werden in erster Linie wohl die Valenzelektronen bis zur stabilen Schale.
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Physikus1231
Anmeldungsdatum: 28.05.2021 Beiträge: 14 Wohnort: Schweiz
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Physikus1231 Verfasst am: 12. Jun 2021 12:56 Titel: |
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Ja genau, ich bin mir ziemlich sicher das dabei der Ionisationsgrad gemeint ist.
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 12. Jun 2021 13:40 Titel: |
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Also der Ionisationsgrad
als Funktion der Temperatur T.
Wenn es um den vollständigen Ionisationsgrad geht, also den Anteil der vollständig ionisierten Atome in einem Gas bzw. Plasma, dann folgt eine qualitative Begründung aus meiner Aussage oben. Wenn dagegen nach teilweise ionisierten Atomen gefragt ist, habe ich keine Antwort parat (ich denke sogar, dass die Behauptung dann falsch wäre, da die nur schwach gebundenen äußeren Elektronen schwerer Atome sogar leichter ionisiert werden).
Was ist also genau gemeint?
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Myon
Anmeldungsdatum: 04.12.2013 Beiträge: 5571
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 13. Jun 2021 07:16 Titel: |
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Myon hat Folgendes geschrieben: | Die untenstehende Grafik stammt aus dem Buch "Gerthsen Physik" und basiert auf der Eggert-Saha-Gleichung. |
Aber die Gleichung sollte doch alles notwendige liefern.
Interessant, kannte ich noch nicht.
_________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
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Schmu Gast
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Schmu Verfasst am: 14. Jun 2021 13:42 Titel: |
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Ich habe mal ne ganz blöde Frage also äh wieso fällt das Elektron beim Wasserstoff nicht einfach in das Proton rein und das wars dann?
Das Internet spricht von gebundenem Zustand und Coulumbkraft aber irgendwie leuchtet mir das nicht so ganz ein denn bei Coulumb heisst es ja das gegenseitige Ladungen sich anziehen.
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as_string Moderator

Anmeldungsdatum: 09.12.2005 Beiträge: 5774 Wohnort: Heidelberg
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as_string Verfasst am: 14. Jun 2021 13:59 Titel: |
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Naja, das Elektron kann sich auch im Atomkern aufhalten. Da es ja nur elektrodynamisch und schwach Wechselwirken kann (also nicht stark), sollte da häufig nicht viel passieren.
Die schönen quantenmechanischen "Orbitale" kommen eben aus der Bewegung einer Masse im Potential des Kerns. Man könnte auch Heisenbergsche Unschärfe dabei erwähnen.
Gruß
Marco
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Schmu Gast
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Schmu Verfasst am: 14. Jun 2021 14:11 Titel: |
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Hm verstehe also im Grundzustand liegt das mehr oder weniger im oder am Kern rum und je höher die Energie umso höher der "Orbit?" bis es dann wegfliegt und ionisiert.
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DrStupid
Anmeldungsdatum: 07.10.2009 Beiträge: 4876
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DrStupid Verfasst am: 14. Jun 2021 14:38 Titel: |
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as_string hat Folgendes geschrieben: | Naja, das Elektron kann sich auch im Atomkern aufhalten. Da es ja nur elektrodynamisch und schwach Wechselwirken kann (also nicht stark), sollte da häufig nicht viel passieren. |
Da passiert nie etwas. In schwereren Atomen kann es passieren, dass ein Elektron vom Kern eingefangen wird. Im Wasserstoff reicht die Energie dafür nicht aus.
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DrStupid
Anmeldungsdatum: 07.10.2009 Beiträge: 4876
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DrStupid Verfasst am: 14. Jun 2021 14:39 Titel: |
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Schmu hat Folgendes geschrieben: | Hm verstehe also im Grundzustand liegt das mehr oder weniger im oder am Kern rum und je höher die Energie umso höher der "Orbit?" bis es dann wegfliegt und ionisiert. |
Ja, so kann man sich das vorstellen.
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as_string Moderator

Anmeldungsdatum: 09.12.2005 Beiträge: 5774 Wohnort: Heidelberg
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as_string Verfasst am: 14. Jun 2021 14:41 Titel: |
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DrStupid hat Folgendes geschrieben: | as_string hat Folgendes geschrieben: | Naja, das Elektron kann sich auch im Atomkern aufhalten. Da es ja nur elektrodynamisch und schwach Wechselwirken kann (also nicht stark), sollte da häufig nicht viel passieren. |
Da passiert nie etwas. In schwereren Atomen kann es passieren, dass ein Elektron vom Kern eingefangen wird. Im Wasserstoff reicht die Energie dafür nicht aus. |
Hehe, das meinte ich mit "häufig nicht viel"...
Gruß
Marco
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 14. Jun 2021 17:00 Titel: |
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Schmu hat Folgendes geschrieben: | Ich habe mal ne ganz blöde Frage also äh wieso fällt das Elektron beim Wasserstoff nicht einfach in das Proton rein und das wars dann?
Das Internet spricht von gebundenem Zustand und Coulumbkraft aber irgendwie leuchtet mir das nicht so ganz ein denn bei Coulumb heisst es ja das gegenseitige Ladungen sich anziehen. |
Das ist kompliziert und kann auch von den Modellen der relativistischen Quantenmechanik nicht vollständig beantwortet werden. Prinzipiell benötigt man dazu die relativistische Quantenfeldtheorie, deren Gleichungen sind jedoch in weiten Bereichen nur näherungsweise lösbar.
Die Quantenmechanik besagt, dass aufgrund der Coulombwechselwirkung für die Elektronenhülle ein diskreter, stabiler Grundzustand resultiert; dieser Zustand hat endliche Energie, d.h. die Elektronen sitzen nicht unendlich tief im Coulomb-Trichter, und er ist stabil, da er eben den tiefstmöglichen Zustand darstellt; es gibt schlicht keine tiefer liegenden Zustände, in die die Elektronen fallen könnten (im Gegensatz dazu könnte ein Planet beliebig nahe am Gravitationszentrum und damit beliebig tief im Gravitationstrichter umlaufen).
Das Problem an dieser Erklärung ist, dass sie eben auf der Quantenmechanik beruht, d.h. das elektromagnetische Feld ist nicht-dynamisch; es gibt schlicht keine Photonen. Man müsste nun die selben mathematischen Berechnungen in der Quantenfeldtheorie (Quantenelektrodynamik) unter Einbeziehung der Photonen durchzuführen; leider sind diese Gleichungen - wie bereits erwähnt - nicht exakt lösbar, d.h. man kennt keinen strikten Beweis, dass der o.g. diskrete, stabile Grundzustand auch dann bei endlicher Energie stabil bleibt, wenn man Photonen in die Rechnung integriert.
Da die Quantenfeldtheorie jedoch sehr präzise Berechnungen ermöglicht und die Energieniveaus trotz Näherung sehr präzise berechenbar sind, gehen wir heute davon aus, dass das oben gezeichnete Bild der Quantenmechanik gültig bleibt.
as_string hat Folgendes geschrieben: | Naja, das Elektron kann sich auch im Atomkern aufhalten. Da es ja nur elektrodynamisch und schwach Wechselwirken kann (also nicht stark), sollte da häufig nicht viel passieren. |
Wenn man die Kernladung mit endlicher Ausdehnung modelliert, folgen zusätzliche Effekte, die noch nicht vollständig verstanden sind:
https://en.wikipedia.org/wiki/Proton_radius_puzzle
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 14. Jun 2021 17:09 Titel: |
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DrStupid hat Folgendes geschrieben: | as_string hat Folgendes geschrieben: | Naja, das Elektron kann sich auch im Atomkern aufhalten. Da es ja nur elektrodynamisch und schwach Wechselwirken kann (also nicht stark), sollte da häufig nicht viel passieren. |
In schwereren Atomen kann es passieren, dass ein Elektron vom Kern eingefangen wird. Im Wasserstoff reicht die Energie dafür nicht aus. |
Richtig.
DrStupid hat Folgendes geschrieben: | as_string hat Folgendes geschrieben: | Naja, das Elektron kann sich auch im Atomkern aufhalten. Da es ja nur elektrodynamisch und schwach Wechselwirken kann (also nicht stark), sollte da häufig nicht viel passieren. |
Da passiert nie etwas. |
Stimmt so nicht.
Zwar findet nicht unbedingt ein Elektroneneinfang statt, die Energieniveaus ändern sich jedoch durchaus.
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Schmu Gast
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Schmu Verfasst am: 14. Jun 2021 17:44 Titel: |
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Was ich auch seltsam finde ist das im gebundenen Zustand die Gesamtenergie negativ ist, einzeln zusammengerechnet ist es aber positiv. Was ist denn da passiert ausser das sich der Zustand geändert hat?
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 14. Jun 2021 17:57 Titel: |
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Schmu hat Folgendes geschrieben: | Was ich auch seltsam finde ist das im gebundenen Zustand die Gesamtenergie negativ ist, einzeln zusammengerechnet ist es aber positiv. Was ist denn da passiert ausser das sich der Zustand geändert hat? |
Wie meinst du das?
Die negative Energie hast du schon bei gebundenen Keplerorbits im Gravitationsfeld.
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Schmu Gast
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Schmu Verfasst am: 14. Jun 2021 18:23 Titel: |
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Proton und Elektron können sich ja unabhängig voneinander bewegen, dann ist es gesamt positiv aber wenn das eingefangen ist wird das gesamt negativ. Warum ist das ?
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DrStupid
Anmeldungsdatum: 07.10.2009 Beiträge: 4876
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DrStupid Verfasst am: 14. Jun 2021 18:43 Titel: |
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TomS hat Folgendes geschrieben: | Zwar findet nicht unbedingt ein Elektroneneinfang statt, die Energieniveaus ändern sich jedoch durchaus. |
Welche Energieneveaus meinst Du? Die Energieniveaus des Elektrons im Wasserstoffatom ändern sich meines Wissens nicht durch Wechselwirkung mit dem Kern.
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TomS Moderator

Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 17017
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TomS Verfasst am: 14. Jun 2021 22:01 Titel: |
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DrStupid hat Folgendes geschrieben: | Welche Energieneveaus meinst Du? Die Energieniveaus des Elektrons im Wasserstoffatom ändern sich meines Wissens nicht durch Wechselwirkung mit dem Kern. |
Doch, aber nur über sehr kleine Effekte der QED.
Für das H-Atom gilt
Dabei steht m für die reduzierte Masse und r für den elektrischen Ladungsradius. Für schwerere Kerne wird die Näherung für den elektrischen Formfaktor komplizierter. Der letzte Term zeigt, dass in dieser Näherung nur s-Zustände beitragen.
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