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Warum Pi irrational? - Seite 3
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Aug 2020 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe auch in der Quantenmechanik keinen besonderen Anlaß für übermäßigen Skeptizismus in bezug auf die Möglichkeit, Aussagen über die Realität zu machen.

Richtig.

Da wird gerne das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, entweder weil man etwas in die QM hineingeheimst, was gar nicht drin ist, oder weil man von der Newtonschen Mechanik völlig naive Vorstellungen bzgl. Erkenntnisstheorie u.ä. hat.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 12. Aug 2020 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Denn normalerweise feuern meine Neuronen ja nicht aus Lust und Laune, sondern nur wenn es (recht objektive) Anlässe dazu gibt. Das folgt zum Teil auch aus der evolutionsgeschichtlichen Entstehung meines Sinnesapparates. Täuschungen und kognitive Fehler sind natürlich möglich, lassen sich aber systematisch untersuchen und ausräumen.


Naja, das sind auch "nur" Theorien deiner/menschlicher Neuronen.
Einen absoluten (Königsweg) zur Natur gibt es nicht.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 12. Aug 2020 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe auch in der Quantenmechanik keinen besonderen Anlaß für übermäßigen Skeptizismus in bezug auf die Möglichkeit, Aussagen über die Realität zu machen.

Richtig.

Da wird gerne das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, entweder weil man etwas in die QM hineingeheimst, was gar nicht drin ist, oder weil man von der Newtonschen Mechanik völlig naive Vorstellungen bzgl. Erkenntnisstheorie u.ä. hat.


Wenn man einfacher akzeptiert, dass "Natur" auch durch (wissenschaftliche) Theorien festgelegt wird, dann macht man es sich intellektuell noch bequemer.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Aug 2020 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe auch in der Quantenmechanik keinen besonderen Anlaß für übermäßigen Skeptizismus in bezug auf die Möglichkeit, Aussagen über die Realität zu machen.

Richtig.

Da wird gerne das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, entweder weil man etwas in die QM hineingeheimst, was gar nicht drin ist, oder weil man von der Newtonschen Mechanik völlig naive Vorstellungen bzgl. Erkenntnisstheorie u.ä. hat.


Wenn man einfacher akzeptiert, dass "Natur" auch durch (wissenschaftliche) Theorien festgelegt wird, dann macht man es sich intellektuell noch bequemer.

Ich denke, du willst mir etwas wichtiges sagen - ich versteh’s aber nicht ;-)

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Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 12. Aug 2020 22:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich denke, du willst mir etwas wichtiges sagen - ich versteh’s aber nicht ;-)


Das weiss ich nicht, ob ich dir da noch etwas wichtiges sagen kann. Du beschäftigst dich ja offenbar mit der Philosophie der Physik schon länger.
Ich für mich sehe aber in den Naturwissenschaften, insbesondere in der Physik, überhaupt erst die Grundlage für eine (legitime) Naturphilosophie, moderne Theorien definieren für mich erst das, was man unter Natur verstehen kann.
Wären wir im 19. Jahrhundert, wäre ich vielleicht auch "Mechaniker" und wollte die gesamte Welt mechanisch erklären. Das aber nur, weil ich nicht aus der modernen Physik hätte lernen können.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18062

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Aug 2020 23:02    Titel: Antworten mit Zitat

Ganz so sehe ich das nicht.

Die Physik liefert einen Ansatz, wie man Natur erkennen und verstehen kann, nicht jedoch was die Natur ist.

Und ich denke, sie liefert auch Leitplanken, innerhalb derer sich eine vernünftige Naturphilosophie bewegen sollte.

Andererseits stammen wesentliche Fortschritte auch aus der Philosophie selbst, z.B. Poppers kritischer Rationalismus, d.h. von dieser Seite stammen umgekehrt Leitplanken für die Naturwissenschaften. Die Notwendigkeit kann man aktuell am Beispiel der Stringtheorie sehr schön beobachten ...

Ich denke, das ist ein Wechselspiel.

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index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2020 07:20    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Denn normalerweise feuern meine Neuronen ja nicht aus Lust und Laune, sondern nur wenn es (recht objektive) Anlässe dazu gibt. Das folgt zum Teil auch aus der evolutionsgeschichtlichen Entstehung meines Sinnesapparates. Täuschungen und kognitive Fehler sind natürlich möglich, lassen sich aber systematisch untersuchen und ausräumen.


Naja, das sind auch "nur" Theorien deiner/menschlicher Neuronen.
Einen absoluten (Königsweg) zur Natur gibt es nicht.


Natürlich sind das Theorien. Der Punkt ist, daß du sie nicht einfach ignorieren kannst, wenn du über Probleme der Erkenntnistheorie nachdenken willst. Eine a priori Erkenntniskritik, die reale Eigenschaften der erkennenden neuronalen Netze ignoriert, ist leere Spekulation.

Du hast ja oben selbst meine Behauptung akzeptiert:

Zitat:
denn beobachten kannst du nur Dinge, die mit deinen afferenten Neuronen wechselwirken.


Das ist bereits eine Aussage über real stattfindende Prozesse zwischen real existierenden Dingen. Die kannst du nicht verwenden um deinen Hyperskeptizismus zu begründen, nach welchem jegliche Erkenntnis über genau diese Prozesse ausgeschlossen ist. Wenn du die Existenz von Neuronen und deren Wechselwirkung akzeptierst, was du nur auf Basis von wissenschaftlichen Theorien tun kannst, dann mußt du ebenso alle wissenschaftlich begründeten Konsequenzen daraus akzeptieren. Ansonsten ist deine Haltung inkonsistent.

P.S. Ich behaupte nicht, daß es einen Königsweg zur Erkenntnis gibt. Ich behaupte nur, daß Erkenntnis möglich ist. Damit meine ich "Aussagen über die Natur an sich", die du für ausgeschlossen erklärt hast. Wenn du lediglich behauptet hättest, sie seien schwierig zu erlangen und unsicher ("keinen Königsweg"), hätte ich keine Einwände.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 13. Aug 2020 14:32    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Denn normalerweise feuern meine Neuronen ja nicht aus Lust und Laune, sondern nur wenn es (recht objektive) Anlässe dazu gibt. Das folgt zum Teil auch aus der evolutionsgeschichtlichen Entstehung meines Sinnesapparates. Täuschungen und kognitive Fehler sind natürlich möglich, lassen sich aber systematisch untersuchen und ausräumen.


Naja, das sind auch "nur" Theorien deiner/menschlicher Neuronen.
Einen absoluten (Königsweg) zur Natur gibt es nicht.


Natürlich sind das Theorien. Der Punkt ist, daß du sie nicht einfach ignorieren kannst, wenn du über Probleme der Erkenntnistheorie nachdenken willst. Eine a priori Erkenntniskritik, die reale Eigenschaften der erkennenden neuronalen Netze ignoriert, ist leere Spekulation.


Für mich ist nicht der Knackpunkt, Realität abzusprechen. Für mich ist der Knackpunkt, eine absolute Realität, eine Erkenntnis der Natur an und für sich, abzusprechen. Das menschliche Gehirn ist eine sehr effektive "Welterklärungs-Maschine" und es ist bemerkenswert, dass es eine selbstkonsistente Erklärung der Naturvorgänge schaffen kann. Und auch darüberhinaus Realitäten denken kann, die noch geschaffen werden (technisch-kulturell). [Und auch andere gleichberechtigte "relative Realitäten" wie religiöse , unter "Meditation", oder unter Drogenkonsum, etc.] Da liegt gar ein evolutionärer Vorteil. Aber nach genügender selbstkritischer Betrachtung bleibt es unzureichend, die Natur absolut, unabhängig von den Repräsentationen innerhalb Theorien, erklären zu können. Es gibt kein Argument, dass das menschliche Gehirn mit seinem neuronalen System die Natur an sich erklärt.

Zitat:

Du hast ja oben selbst meine Behauptung akzeptiert:

Zitat:
denn beobachten kannst du nur Dinge, die mit deinen afferenten Neuronen wechselwirken.


Das ist bereits eine Aussage über real stattfindende Prozesse zwischen real existierenden Dingen. Die kannst du nicht verwenden um deinen Hyperskeptizismus zu begründen, nach welchem jegliche Erkenntnis über genau diese Prozesse ausgeschlossen ist. Wenn du die Existenz von Neuronen und deren Wechselwirkung akzeptierst, was du nur auf Basis von wissenschaftlichen Theorien tun kannst, dann mußt du ebenso alle wissenschaftlich begründeten Konsequenzen daraus akzeptieren. Ansonsten ist deine Haltung inkonsistent.

P.S. Ich behaupte nicht, daß es einen Königsweg zur Erkenntnis gibt. Ich behaupte nur, daß Erkenntnis möglich ist. Damit meine ich "Aussagen über die Natur an sich", die du für ausgeschlossen erklärt hast. Wenn du lediglich behauptet hättest, sie seien schwierig zu erlangen und unsicher ("keinen Königsweg"), hätte ich keine Einwände.


Diese "Realität" ist aber eben keine absolute, sie ist auch hier eine Realität in den Grenzen der Theorien menschlicher Neuronen. Ich erachte es erkenntniskritisch für sehr wichtig, dass keine höhere Intelligenz (ob menschlich oder ausserirdisch) absolute Aussagen über die Natur treffen kann. Wenn man möchte, so kann man es als "Relativitätstheorie der Erkenntnis" bezeichnen. Im übrigen spielt es dann auch keine Rolle, wenn man tatsächlich Alles innerhalb relativer Theorien konsistent erklären kann. Es ist dann eben eine hinreichende "Darstellung" der Realität wie es andere Darstellungen geben kann. Wichtig ist da nur die "Selbstkonsistenz".
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 13. Aug 2020 14:38    Titel: Antworten mit Zitat

PS: was das menschliche Gehirn und seine Weltmodelle betrifft, so sollte man mal einen Blick auf Maturana und seinen (leider viel zu früh verstorbenen) Schüler Varela werfen..
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2020 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Denn normalerweise feuern meine Neuronen ja nicht aus Lust und Laune, sondern nur wenn es (recht objektive) Anlässe dazu gibt. Das folgt zum Teil auch aus der evolutionsgeschichtlichen Entstehung meines Sinnesapparates. Täuschungen und kognitive Fehler sind natürlich möglich, lassen sich aber systematisch untersuchen und ausräumen.


Naja, das sind auch "nur" Theorien deiner/menschlicher Neuronen.
Einen absoluten (Königsweg) zur Natur gibt es nicht.


Natürlich sind das Theorien. Der Punkt ist, daß du sie nicht einfach ignorieren kannst, wenn du über Probleme der Erkenntnistheorie nachdenken willst. Eine a priori Erkenntniskritik, die reale Eigenschaften der erkennenden neuronalen Netze ignoriert, ist leere Spekulation.


Für mich ist nicht der Knackpunkt, Realität abzusprechen. Für mich ist der Knackpunkt, eine absolute Realität, eine Erkenntnis der Natur an und für sich, abzusprechen.


Und das begründest du die ganze Zeit mit absoluten Aussagen über menschliche Gehirne und deren Fähigkeiten. Hier kommt gleich wieder so eine Aussage:

Zitat:

Das menschliche Gehirn ist eine sehr effektive "Welterklärungs-Maschine" und es ist bemerkenswert, dass es eine selbstkonsistente Erklärung der Naturvorgänge schaffen kann.


Das ist vollkommen inkonsistent. Entweder ist das eine Aussage über real existierende Gehirne, dann ist sie deiner radikalen Erkenntniskritik zufolge gar nicht möglich, oder es ist nur eine Aussage über irgendwelche theoretischen Konzepte, die sich Neuronen ausgedacht haben. Dann ist sie nicht relevanter als meine Aussage über die Evolutionsgeschichte.

Zitat:
Es gibt kein Argument, dass das menschliche Gehirn mit seinem neuronalen System die Natur an sich erklärt.


Es gibt ein Argument dafür, daß Erklärungen, die das menschliche Gehirn produziert, (unvollkommene) Repräsentationen der Realität darstellen. Dieses Argument basiert auf wissenschaftlichen Theorien über diese Realität. Du akzeptierst es lediglich nicht, da es deinem Hyperskeptizismus widerspricht. Dieser Skeptizismus ist also weder philosophisch noch wissenschaftlich begründet, sondern oberstes Axiom.

Zitat:

Ich erachte es erkenntniskritisch für sehr wichtig, dass keine höhere Intelligenz (ob menschlich oder ausserirdisch) absolute Aussagen über die Natur treffen kann.


Die Frage ist aber nicht, wie wichtig du dein Axiom findest, sondern ob es stimmt.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 13. Aug 2020 15:18, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2020 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
PS: was das menschliche Gehirn und seine Weltmodelle betrifft, so sollte man mal einen Blick auf Maturana und seinen (leider viel zu früh verstorbenen) Schüler Varela werfen..


Und warum sollte man das tun? Handelt es sich dabei nicht lediglich um weitere "Theorien von Neuronen"? Wieso glaubst du, daß sie relevant sind?
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3399

Beitrag ML Verfasst am: 13. Aug 2020 15:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

index_razor hat Folgendes geschrieben:
ML hat Folgendes geschrieben:

Was ich nicht weiß, welches Entscheidungskriterium ich anlegen könnte, um zu entscheiden, ob Zahlen reine Abstraktionen unserer Erfahrungswelt sind oder auch ansonsten existieren. Die materiell-energetischen Strukturen sind, wie sie sind -- egal, ob ich sie klassifiziere oder nicht. Ich habe daher die Vermutung, dass es relativ egal ist, ob wir Zahlen eine objektive Existenz zuordnen oder nicht.


Welche Kriterien würdest du denn z.B. anwenden, um zu entscheiden ob Atome, Quarks, Strings oder Einhörner existieren? Die Existenz von Atomen wurde ja mit ähnlichen Argumenten kritisiert, wie hier die Existenz mathematischer Objekte, nämlich damit, daß sie unbeobachtbar sind.

Wenn man von der Existenz von Atomen, Quarks, Strings und Einhörnern (zumindest freilebenden -- nicht solchen in Büchern) spricht, denkt man an materiell-energetische Strukturen, die prinzipiell einer Messung zugänglich sind.

Mathematischen Strukturen sind -- zumindest ist das meine Arbeitshypothese -- weder materiell, noch energetisch, sondern reine Beschreibungen von Strukturen und

In diesem Sinne meine ich, dass bei mathematischen Strukturen eine andere Form von "Existenz" vorliegt als bei materiell-energetischen Strukturen. (Hier lege ich ein realistisches Modell zugrunde. Ohne diese Voraussetzung wird die Diskussion vermutlich ins Leere laufen.)

Vielen mathematischen Strukturen ist gemein, dass sie näherungsweise in der Natur vorkommen und nützlich zu ihrer Beschreibung sind.
Einhörner aus Fabeln kommen morphologisch nur mit sehr groben Näherungen (ohne das für die Art entscheidende eine Horn) in der Natur als Pferde vor und unterscheiden sich von Pferden in den ihnen zugeschriebenen Eigenschaften sehr stark.

Zitat:

Aber natürlich sind sie nur in einem sehr eingeschränkten Sinn unbeobachtbar. In Wahrheit spielen sie eine essentielle Rolle in unserem allgemeinen Verständnis vieler Phänomene. Entscheidend ist hier, glaube ich, daß es sehr viele Phänomene sind, deren Erklärung von ihnen abhängt. Das liefert ein gewisses Maß an konzeptioneller Vereinfachung, die wir als wissenschaftlichen Fortschritt beurteilen. Dasselbe gilt in noch größerem Maße für Quarks; in vermutlich weitaus geringerem Maße für Strings und gar nicht für Einhörner. Quarks sind in gewissem Sinne abstrakter als Atome. Zumindest sind sie deutlich schwerer zu beobachten. Aber sie erklären gleichzeitig einige Aspekte von Atomen und sind deshalb wichtiger als Elemente eines möglichst einfachen Modells der Realität.

Viele mathematische Strukturen wurden als Abstraktion aus naturwissenschaftlichen Beobachtungen generiert. Manche Strukturen aber auch nicht. Sie wurden durch Imagination erschaffen.

Worin besteht der Unterschied zwischen Einhörnern und mathematischen Strukturen, die in der Natur (außerhalb unserer Hirne) nicht vorkommen? Konsistenz vermutlich nicht, denn auch Fabeln mit Einhörnern können in sich konsistent sein. Beobachtbarkeit auch nicht, denn auch die mathematischen Zusammenhänge sind nicht beobachtbar.
Ich sehe hier als Unterschied bestenfalls die Vermutung dass sie einmal beobachtbar sein könnten. Das mag aber das eine oder andere Kind bei Einhörnern auch hoffen.

Zitat:

Die Frage, die ich also stellen würde, lautet: Kann man alle Referenzen auf mathematische Objekte aus den wissenschaftlichen Theorien eliminieren? Welche Eigenschaften haben diese Theorien dann? Sind sie wie eine Chemie ohne Atome und wie eine Teilchenphysik ohne Quarks? Wenn ja, ist das für mich ein starkes Indiz für die Existenz (bzw. die Realität) dieser essentiellen mathematischen Objekte.

Schön, wie sich das ergänzt. Ich frage danach, wie real Mathematik ist, die sich nicht in natürlichen Strukturen wiederfindet, Du stellst die Frage umgekehrt.


Viele Grüße
Michael
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 13. Aug 2020 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
..


Nochmal, es gibt keinen absoluten Kontext von Theorien über Natur.
Auch meine Aussagen sind in einem relativen Kontext zu meinem Ansatz. Insofern sind sie auch schon selbstkonsistent.
"Unvollkomene Repräsentationen", wie du es formulierst, sind letztlich dann auch keine absolute Aussagen von Theorien über die Natur. Die "Unvollkommenheit" resultiert ja gerade daraus, dass sie relativ zu unserem "neuronalem System" gemacht werden, nach unserer Interpretation.
Mein Ansatz ist nicht nur ein "Axiom", sondern eine "Erfahrungstatsache".
Wenn du anderer Meinung bist, dann solltest du nachweisen können, dass wir absolute Aussagen über die Natur an sich machen können. Bisher hast du das nicht. Und ja, nach meinem Ansatz kannst du das auch gar nicht, weil es niemand kann, keine "höhere Intelligenz" dieser Welt.
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 13. Aug 2020 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
PS: was das menschliche Gehirn und seine Weltmodelle betrifft, so sollte man mal einen Blick auf Maturana und seinen (leider viel zu früh verstorbenen) Schüler Varela werfen..


Und warum sollte man das tun? Handelt es sich dabei nicht lediglich um weitere "Theorien von Neuronen"? Wieso glaubst du, daß sie relevant sind?


Weil diese Erklärungen durchaus selbstkonsistent erklären, warum das menschliche Gehirn die Vorstellungen seiner selbst optimiert und keine absoluten Theorien über die Natur. Ja, das es dies überhaupt nicht kann.
Nochmals, ich leugne keine realistische Interpretationen über die Welt. Ich spreche nur ab, dass es Theorien über die Natur an sich geben kann.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2020 17:02    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
ML hat Folgendes geschrieben:

Was ich nicht weiß, welches Entscheidungskriterium ich anlegen könnte, um zu entscheiden, ob Zahlen reine Abstraktionen unserer Erfahrungswelt sind oder auch ansonsten existieren. Die materiell-energetischen Strukturen sind, wie sie sind -- egal, ob ich sie klassifiziere oder nicht. Ich habe daher die Vermutung, dass es relativ egal ist, ob wir Zahlen eine objektive Existenz zuordnen oder nicht.


Welche Kriterien würdest du denn z.B. anwenden, um zu entscheiden ob Atome, Quarks, Strings oder Einhörner existieren? Die Existenz von Atomen wurde ja mit ähnlichen Argumenten kritisiert, wie hier die Existenz mathematischer Objekte, nämlich damit, daß sie unbeobachtbar sind.

Wenn man von der Existenz von Atomen, Quarks, Strings und Einhörnern (zumindest freilebenden -- nicht solchen in Büchern) spricht, denkt man an materiell-energetische Strukturen, die prinzipiell einer Messung zugänglich sind.

Mathematischen Strukturen sind -- zumindest ist das meine Arbeitshypothese -- weder materiell, noch energetisch, sondern reine Beschreibungen von Strukturen und

In diesem Sinne meine ich, dass bei mathematischen Strukturen eine andere Form von "Existenz" vorliegt als bei materiell-energetischen Strukturen.


Mathematische Objekte haben andere Eigenschaften als physikalische. Letztere faßt du unter der Bezeichnung "materiell-energetisch" zusammen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Man muß aber die Frage, welche Eigenschaften die Objekte haben, wenn sie existieren, von der Frage unterscheiden, ob sie existieren.

Eine ontologische Verpflichtung gegenüber einem Objekt O geht man ein, wenn man eine Aussage der Form "Das x, welches..." akzeptiert, die nur dann erfüllt werden kann, wenn wir zu allen Dingen, auf die sich das Pronom "x" beziehen kann, auch O zählen. Eine Verpflichtung gegenüber mathematischen Objekten geht man also ein, wenn x in dieser Bedingung auf ein mathematisches Objekt referenzieren muß. Meine Behauptung ist, daß die quantitativen Gesetze der Naturwissenschaft voll von solchen Aussagen sind.

Für dieses Kriterium spielt es keine Rolle, welche Eigenschaften in dem Satz "Das x, welches..." über O behauptet werden und ob sie als "materiell-energetisch" charakterisiert werden können oder nicht.

Zitat:

(Hier lege ich ein realistisches Modell zugrunde. Ohne diese Voraussetzung wird die Diskussion vermutlich ins Leere laufen.)


Da irrst du dich. Man muß überhaupt kein konkretes Modell der Realität voraussetzen, um sinnvoll über Ontologie sprechen zu können. Wäre dies eine Voraussetzung, würde man sich nur im Kreis drehen. Alles was man tun muß, ist, ontologische Verpflichtungen zu identifizieren.

Zitat:
Zitat:

Aber natürlich sind sie nur in einem sehr eingeschränkten Sinn unbeobachtbar. In Wahrheit spielen sie eine essentielle Rolle in unserem allgemeinen Verständnis vieler Phänomene. Entscheidend ist hier, glaube ich, daß es sehr viele Phänomene sind, deren Erklärung von ihnen abhängt. Das liefert ein gewisses Maß an konzeptioneller Vereinfachung, die wir als wissenschaftlichen Fortschritt beurteilen. Dasselbe gilt in noch größerem Maße für Quarks; in vermutlich weitaus geringerem Maße für Strings und gar nicht für Einhörner. Quarks sind in gewissem Sinne abstrakter als Atome. Zumindest sind sie deutlich schwerer zu beobachten. Aber sie erklären gleichzeitig einige Aspekte von Atomen und sind deshalb wichtiger als Elemente eines möglichst einfachen Modells der Realität.

Viele mathematische Strukturen wurden als Abstraktion aus naturwissenschaftlichen Beobachtungen generiert. Manche Strukturen aber auch nicht. Sie wurden durch Imagination erschaffen.


In welchem Kontext sie als erstes aufgetreten sind, ist für mich ohne Belang. Entscheidend ist ob unsere besten Theorie über die Realität sie voraussetzen. (In dem obigen Sinn.) Etwas besseres als unser besten Theorien haben wir trivialerweise nicht.

Zitat:

Worin besteht der Unterschied zwischen Einhörnern und mathematischen Strukturen, die in der Natur (außerhalb unserer Hirne) nicht vorkommen?


Da gibt es keinen Unterschied. Ich habe meines Wissens auch nie behauptet es gäbe einen. (Trotzdem solltest du nicht den Fehler begehen, die Strukturen, die es nicht in der externen Natur gibt, in unsere Hirne zu verlegen. Weiter oben habe ich begründet, warum ich das für keine gute Idee halte. Sagen wir einfach sie befinden sich im "platonischen Reich", und überlassen es den Platonikern, dieses Reich mit zur Realität zu zählen, und behalten uns die Freiheit vor, dies nicht zu tun.)

Zitat:
Zitat:

Die Frage, die ich also stellen würde, lautet: Kann man alle Referenzen auf mathematische Objekte aus den wissenschaftlichen Theorien eliminieren? Welche Eigenschaften haben diese Theorien dann? Sind sie wie eine Chemie ohne Atome und wie eine Teilchenphysik ohne Quarks? Wenn ja, ist das für mich ein starkes Indiz für die Existenz (bzw. die Realität) dieser essentiellen mathematischen Objekte.

Schön, wie sich das ergänzt. Ich frage danach, wie real Mathematik ist, die sich nicht in natürlichen Strukturen wiederfindet, Du stellst die Frage umgekehrt.


Meine These beinhaltet nicht die Existenz von Strukturen, die sich nicht (in einem sehr allgemeinen Sinne) in der Natur wiederfinden, sondern nur solcher, die Teil wissenschaftlicher Theorien mit empirischem Gehalt sind. Deswegen glaube ich aber noch nicht, daß diese Strukturen Abstraktionen der Erfahrung sind (zumindest nicht so, wie ich "Abstraktion der Erfahrung" auffasse). Die Erfahrung, die du oben beschreibst, liefert mir höchstens ein Modell für endliche Mengen. Das reicht weder für die Charakterisierung natürlicher Zahlen, noch für die quantitativen Gesetze der Naturwissenschaft aus. Dafür muß ich weit über die Erfahrung hinausgehen. (Deutlich weiter, als Mythen über Einhörner über die Erfahrung mit Pferden hinausgehen.) Wenn du diese Notwendigkeit mit einbezogen hast, gut. Dann reden wir nur über Semantik.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 14. Aug 2020 13:15, insgesamt 4-mal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2020 17:17    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:

Nochmal, es gibt keinen absoluten Kontext von Theorien über Natur.
Auch meine Aussagen sind in einem relativen Kontext zu meinem Ansatz. Insofern sind sie auch schon selbstkonsistent.
"Unvollkomene Repräsentationen", wie du es formulierst, sind letztlich dann auch keine absolute Aussagen von Theorien über die Natur.


Von mir aus. Diese "absoluten Aussagen" sind ja ohnehin deine Erfindung. Ich habe nicht von "absoluten" Aussagen gesprochen, sondern lediglich von Aussagen über die Realität. Ich weiß nicht was an solchen Aussagen noch "absoluter" sein könnte.

Zitat:

Mein Ansatz ist nicht nur ein "Axiom", sondern eine "Erfahrungstatsache".


Das Problem ist, daß du deine Erfahrungstatsachen sehr selektiv danach auswählst, ob sie dein axiomatisches Vorurteil bestätigen. Mein evolutionsgeschichtliches Argument, welches lediglich zeigen sollte, daß Erfahrung nicht vollkommen unzuverlässig sein kann, ist "nur eine Theorie meiner Neuronen". Andererseits zitierst du hier völlig unkritisch Kant und Maturana, die für ihre Erkenntnisse anscheinend nicht auf ihr unvollkommenes neuronales Netz zurückgreifen mußten.

Das ist nicht gerade das, was man eine unvoreingenommene Analyse nennt.

Zitat:

Wenn du anderer Meinung bist, dann solltest du nachweisen können, dass wir absolute Aussagen über die Natur an sich machen können. Bisher hast du das nicht.


Aussagen über die Realität habe ich in diesem Thread bereits gemacht und damit bewiesen, daß ich es kann. Ich habe selbstverständlich nie behauptet, daß diese Aussagen unfehlbar wären. Und von "absoluten" Aussagen habe ich, wie gesagt, auch nie gesprochen.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 30. Aug 2020 16:32, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Aug 2020 18:39    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Qubit hat Folgendes geschrieben:
PS: was das menschliche Gehirn und seine Weltmodelle betrifft, so sollte man mal einen Blick auf Maturana und seinen (leider viel zu früh verstorbenen) Schüler Varela werfen..


Und warum sollte man das tun? Handelt es sich dabei nicht lediglich um weitere "Theorien von Neuronen"? Wieso glaubst du, daß sie relevant sind?


Weil diese Erklärungen durchaus selbstkonsistent erklären, warum das menschliche Gehirn die Vorstellungen seiner selbst optimiert und keine absoluten Theorien über die Natur.


Ich weiß zwar nicht, was "absolute Theorien" sein sollen und was es bedeutet sie zu "optimieren". Ich behaupte aber, das Gehirn kann wahre Aussagen über die Realität produzieren. Alles was du bis jetzt konkret dagegen ins Feld geführt hast, war ein sich selbst widerlegender Fundamentalskeptizismus.

Es wäre natürlich schön, wenn Maturana et al. es schaffen, sich nicht selbst zu widersprechen und darüberhinaus noch etwas substantielles zum Thema beizutragen. Aber wenn sie beweisen würden, was du behauptest, hätten sie sich ihre eigene Grundlage entzogen. Wenn du meinst aus ihren Theorien Schlüsse über die Fähigkeiten realer Gehirne ziehen zu können, mußt du deinen Fundamentalskeptizismus jedenfalls aufgeben und Aussagen über die Realität (deren Teil Gehirne sind) für möglich halten. Vielleicht bestreitest du dann immer noch, daß dies "absolute" Aussagen sind. Aber im Augenblick ist noch unklar, worin die Signifikanz dieser Unterscheidung besteht.

Zitat:

Ja, das es dies [absolute Theorien über die Natur optimieren] überhaupt nicht kann.

Nochmals, ich leugne keine realistische Interpretationen über die Welt. Ich spreche nur ab, dass es Theorien über die Natur an sich geben kann.


Das habe ich schon verstanden. Und mein Einwand ist: außer axiomatischem Skeptizismus hast du dafür kein Argument.

Das Standardmodell ist eine Theorie über die Natur an sich. Das bedeutet nichts anderes als: aus welchen Objekten auch immer die "Natur an sich" besteht, einige davon erfüllen die Aussagen des Standardmodells. Keine noch so sorgfältige Untersuchung der Eigenschaften neuronaler Netze kann dies widerlegen, ganz einfach aus dem Grund, daß gar nichts über neuronale Netze behauptet wird.

Läuft dein "Optimierungseinwand" also auf etwas anderes hinaus, als daß, im Gegenzug, keine neuronales Netz je beweisen können wird, daß das Standardmodell tatsächlich in der Realität erfüllt wird?
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