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Warum sagt man "Dipol" bei Magneten?
 
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Lehramtsstudent



Anmeldungsdatum: 11.03.2018
Beiträge: 77

Beitrag Lehramtsstudent Verfasst am: 26. März 2020 21:42    Titel: Warum sagt man "Dipol" bei Magneten? Antworten mit Zitat

Eine ganz blöde Anfängerfrage, aber irgendwie konnte ich dazu nichts finden und meine Frage verwirrte obendrein die, die es bereits verstanden haben (im Sinne von: was gibt es da nicht zu verstehen ?), wobei meinem Urteil nach nicht verstanden wurde, was ich mit meiner Frage meinte. Vielleicht versteht Ihr mich? Big Laugh

Warum spricht man von einem "Dipol" bei Magneten, wenn es doch eigentlich gar keine Punkte gibt, an denen man die "Pole" festmachen könnte?

Vielleicht beruht meine Frage auf einem ganz großen Missverständnis. Sonst erscheint es mir irgendwie didaktisch total merkwürdig:

Ein "Pol" ist etymologisch eine Achse. Sprachgebräuchlich ist es aber ein Punkt. Physikalisch aber keins von beiden, sondern eine Richtung? (Norden ist da, wo bei der Rechten-Hand-Regel die Finger bzw. Süden dort, wo der Daumen hinzeigt?)

Ich weiß, dass ich hier noch viele Basics nicht verstanden habe. Ich würde mich trotzdem freuen, wenn hierzu jemand etwas schreiben könnte.
Gast002
Gast





Beitrag Gast002 Verfasst am: 26. März 2020 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

oft ist es ja ein Problem, wenn man von der Alltagsverwendung eines Begriffs auf seine wissenschaftliche Bedeutung schließen will. Aber hier scheint es durchaus zu passen.
Im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache habe ich gefunden, daß 'Pol' schon in seinem griechischen Ursprung nicht nur Achse bedeutet, sondern auch Endpunkt der Achse, also der Punkt, wo die Drehachse die Oberfäche einer Kugel durchstößt, oder auch die Himmelssphäre durchstößt. Das ist dann der besondere Punkt, um den sich die Sterne zu drehen scheinen. Daher kommt dann auch die abgeleitete Bedeutung von 'Pol' als ein besonderer Punkt oder als Paar von Punkten mit entgegengesetzten Eigenschaften.
Und hier paßt es dann auf die Physik. Ein Stabmagnet hat zwei Enden mit entgegengesetzten Eigenschaften: frei beweglich aufgehängt zeigt das eine immer nach Norden, das andere nach Süden. Etwas wissenschaftlicher ausgedrückt verlassen die Feldlinien des magnetischen Feldes an dem einen Ende den Magneten und treten am anderen Ende wieder ein.
Sicher sind die Enden des Magneten keine exakten Punkte. Die prinzipielle Idee stimmt aber schon.
Es ergibt sich auch eine gute Analogie zum elektrischen Dipol. Hier liegen auch zwei ausgezeichnete Punkte mit entgegengesetzten Eigenschaften vor: die positive und die negative Ladung. Wieder gehen von einem Punkt die Feldlinien aus und kehren zum anderen Punkt zurück. Indem man Elementarladungen verwendet, kann man beim elektrischen Dipol sogar noch besser ideale Punkte realisieren.

Der Pol ist erst mal nur ein Punkt. Eine Richtung entsteht beim Dipol, also wenn man zwei Pole miteinander verbindet, so daß eine neue Struktur entsteht. Die Richtung wird dann definiert als die Verbindungslinie beider Pole mit einem Richtungssinn von Minus nach Plus bzw. von Nord nach Süd. Beim Magneten kann diese Begriffsbildung etwas verwirrend sein, da es immer nur Dipole gibt, also eine Trennung in einen isolierten Nord und einen Südpol nicht möglich ist. Beim elektrischen Dipol ist das einfacher zu verstehen.

Beste Grüße
Lehramtsstudent



Anmeldungsdatum: 11.03.2018
Beiträge: 77

Beitrag Lehramtsstudent Verfasst am: 26. März 2020 23:56    Titel: Antworten mit Zitat

Mmh, okay, das verstehe ich schon irgendwie für einen Stabmagneten. Aber - und ich denke, dass meine Frage ganz analog zu der Spannungsfrage davor ist - sobald man den elektrostatischen Fall verlässt, kann man diese Punktvorstellung doch nicht mehr wirklich aufrecht erhalten, oder? Also ein magnetisches Wirbelfeld meine ich.




PS (Achtung, ich denke hier eher laut, als dass es für die Physiker interessant wäre): Sicherlich gibt es einen Unterschied zu meiner Spannungsfrage. Dort ging es um das Verlassen des magnetostatischen, hier um das Verlassen des elektrostatischen Falls. Beides Mal hat man Wirbelfelder und ein Problem beim Definieren von Punkten (dort der Punkt als Integralgrenze für das Potenzial, hier der Punkt als "Pol"). Aber das war es auch schon mit der Analogie. Denn das Potenzial des Magnetfelds ist kein skalares, sondern ein Vektorpotenzial, und ist auch für den magnetodynamischen Fall definierbar. Außerdem gibt es den Aharonov-Bohm-Effekt, aber nichts Vergleichbares für das elektrische Potenzial. (Was auch sinnlos wäre, da das E-Feld im elektrischen Potenzial immanent ist über das Wegintegral.) Ich weiß, das ist nur ganz oberflächlich gesagt, wenn jemand mehr zum Unterschied beitragen möchte, lese ich das gerne. Zum Beispiel müsste ich mir nochmal die Basics zu Coulomb- und Lorentz-Eichung angucken und den Übergang zur Relativitätstheorie besser verstehen, bevor ich einfach sage, dass das magnetische Vektorpotenzial auch für den magnetodynamischen Fall gilt...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 27. März 2020 08:06    Titel: Antworten mit Zitat

Sagt dir der Begriff Multipolentwicklung etwas?

Im Falle der Elektrostatik gewinnt man die Lösungen für das Potential durch Multipolentwicklung der elektrischen Ladungsdichte. Der Monopolterm entspricht dabei im wesentlichen der Gesamtladung.

Im Falle der Magnetostatik folgt das Vektorpotential mittels Multipolentwicklung der elektrischen Stromdichte j. Die Multipolentwicklung erfolgt dabei je Komponente der elektrischen Stromdichte.

Mittels



kann man zeigen, dass der Monopolterm



für jede beliebige Stromverteilung identisch verschwindet. D.h. der erste Term der Multipolentwicklung ist gerade der Dipol.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Lehramtsstudent



Anmeldungsdatum: 11.03.2018
Beiträge: 77

Beitrag Lehramtsstudent Verfasst am: 27. März 2020 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

Multipolentwicklung ist tatsächlich das erste auf der Liste, was ich mir zum Verständnis der E/M-Basics noch angucken wollte. Hatte das für den elektrostatischen Fall in einer Theo-Vorlesung, aber dort nicht verstanden, warum man da einfach die hinteren Terme weglassen darf...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 27. März 2020 14:05    Titel: Antworten mit Zitat

Man darf die hinteren Terme nicht einfach weglassen, man muss unter den gegebenen Ladungs- oder Stromverteilungen jeweils zeigen, welche Terme klein sind.

Wenn z.B. ein reiner Quadrupol vorliegt, darf man diesen als ersten nicht-verschwindenden Term nicht weglassen.

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Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 29. März 2020 16:41    Titel: Antworten mit Zitat

Gast002 hat Folgendes geschrieben:
Etwas wissenschaftlicher ausgedrückt verlassen die Feldlinien des magnetischen Feldes an dem einen Ende den Magneten und treten am anderen Ende wieder ein.

Verständnisfrage: Verlassen und Eintreten klingt nach einem dynamischen Fluss. Ich habe ein unveränderliches Magnetfeld bisher als statisch verstanden. Welche Kraft treibt diesen „Fluss“ an? Und wie bestimmt man die Richtung?
Lehramtsstudent



Anmeldungsdatum: 11.03.2018
Beiträge: 77

Beitrag Lehramtsstudent Verfasst am: 29. März 2020 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:
Gast002 hat Folgendes geschrieben:
Etwas wissenschaftlicher ausgedrückt verlassen die Feldlinien des magnetischen Feldes an dem einen Ende den Magneten und treten am anderen Ende wieder ein.

Verständnisfrage: Verlassen und Eintreten klingt nach einem dynamischen Fluss. Ich habe ein unveränderliches Magnetfeld bisher als statisch verstanden. Welche Kraft treibt diesen „Fluss“ an? Und wie bestimmt man die Richtung?

Sie "treten" nicht wirklich aus. (Hier wieder ein didaktisches Problem.) Es ist an jedem Ort im Raum ein "Pfeil" definiert, der in die Richtung (mit der jeweiligen Stärke) zeigt, in die ein kleiner Stabmagnet mit der Südspitze nach vorne zeigen und sich bewegen würde.
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