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Gilt Spannung = Potenzialdifferenz immer?
 
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Lehramtsstudent



Anmeldungsdatum: 11.03.2018
Beiträge: 77

Beitrag Lehramtsstudent Verfasst am: 26. März 2020 20:42    Titel: Gilt Spannung = Potenzialdifferenz immer? Antworten mit Zitat

Hallo,

eine ganz kurze Frage eigentlich, die ich nun schon mehreren Leuten, darunter ein Physiker und ein Mathematikstudent, gestellt habe, die mich allerdings sehr verwirrt und bei der niemand meine Verwirrung nachvollziehen konnte oder was zu einer Verwirrung auf der anderen Seite führte:

Müsste Spannung = Potenzialdifferenz nicht nur für den magnetostatischen Fall gelten? Denn das Potenzial ist ja nur für konservative Felder definiert. Wenn ich aber eine Induktionsspannung einer ringförmigen Leiterschleife bspw. berechne, dann habe ich ja ein Wirbelfeld und da rot(grad(Potenzial)) = 0 kann es nicht durch Potenziale hervorgerufen sein, womit auch die Induktionsspannung eine konzeptuell andere sein müsste. Andererseits stimmt natürlich trotzdem die integrale Definition, denn man kann ja das E-Feld über den Weg integrieren. Aber wenn man zwischen zwei Punkten messen würde, müsste man doch 0 V messen.

Ein Physiker antwortete mir zunächst, er würde die Spannung auch als Potenzialdifferenz definieren. Dann stimmte er mir aber auch zu, dass die Spannung 0 V zwischen zwei Punkten auf einer kreisförmigen Leiterschleife (mit induzierter Spannung )sein müsste. Dann wiederum meinte er, dass man bei einer Spule ja durchaus eine Spannung habe. Da konnte ich erst einmal nichts antworten und wir mussten auch aus zeitlichen Gründen das Gespräch verschieben. Jetzt habe ich nochmal nachgeschaut: Die Spannung in einer Spule, aufgrund des Blindwiderstands, kommt doch von der Stromänderung. Ist das denn vergleichbar mit einer durch ein Magnetfeld induzierten Spannung?
Zur ringförmigen Leiterschleife und meinem ursprünglichen Anliegen, was ich noch nicht geäußert habe, lässt sich noch Folgendes sagen: Auch wenn man über das Integral eine "Spannung" ausrechnen kann, ist es doch "konzeptuell" eine andere Spannung insofern, dass man es hier nicht mit Ladungsüberschüssen zu tun hat. Mein dahinter liegendes Anliegen (neben dem Verstehen der Physik) ist die Didaktik. Ich finde es verwirrend, wenn man die Spannung einleitet über Galvanische Zellen und Kondensatoren, wo die Spannung als eine Proportionalität zur aufgetragenen Ladung eingeführt wird, dann aber nicht darauf hinweist, dass die induzierte Spannung damit überhaupt nichts zu tun hat. Angenommen, die ringförmige Leiterschleife hat auf einer Sektion einen Widerstand und ist sonst nahezu supraleitend. Dann gäbe es schon Ladungsüberschüsse, oder? So verstehe ich die Erklärung in Abschnitt 5 von Link Nr. 1.

Und dann gibt es noch den Streit zwischen ElectroBOOM und Prof. Walter Lewin über das Kirchhoffsche Gesetz, wo hier ein Forumsmitglied schrieb, dass ElectroBOOM einfach keine Ahnung hat (was Lewin - wer den Streit mitbekommen hat - ebenfalls und zwar ganz deutlich zum Ausdruck brachte Big Laugh ). Könnte derjenige, oder jemand anders, dazu bitte mehr erzählen? Mich interessiert das sehr. Leider habe ich aber der Argumentation von ElectroBOOM nicht ganz folgen können. Den Link Nr. 1 werde ich dafür nochmal ganz zu Ende lesen:

Links zum Streit:

1. Kirchhoff’s Voltage Law (KVL) and Faraday’s Law: ElectroBOOM’s Experiments (PDF)
2. What do "voltmeters" measure? Faraday's law in a multiply connected region (PDF)
3. YouTube - "Does Kirchhoff's Law Hold? Disagreeing with a Master" (Video von "ElectroBOOM")
4. YouTube - "Kirchhoff’s Voltage Law versus Faraday’s Law: the Conclusion" (Video von "ElectroBOOM")

Über Antworten würde ich mich sehr freuen!

LG

PS: Verspricht/Verschreibt der Professor sich da nicht, wenn er sagt, dass das Magnetfeld am Kabel genauso groß ist wie über dem Kondensator? Vorher hat er nämlich gesagt, dass das Magnetfeld vom Verschiebungsstrom so klein ist, dass er ihn nicht demonstrieren kann.

YouTube - "PH II - 26 Maxwellscher Verschiebungsstrom" ("Universität Wien Physik") 22:37

PPS: Ich weiß, ich schulde Euch noch eine Rückmeldung zu meinem anderen Thread. Ich muss mich darauf nochmal extra konzentrieren. Werde das noch nachholen, nur wann weiß ich noch nicht. (Finde das gehört als Pflicht zum Fragesteller dazu, wenn sich schon jemand die Mühe macht zu Erklären, daher schreibe ich das dazu.)
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 27. März 2020 00:18    Titel: Re: Gilt Spannung = Potenzialdifferenz immer? Antworten mit Zitat

Hallo,

Lehramtsstudent hat Folgendes geschrieben:
eine ganz kurze Frage eigentlich

Eigentlich smile

Zitat:
Müsste Spannung = Potenzialdifferenz nicht nur für den magnetostatischen Fall gelten?

Richtig. Ein elektrisches Potential lässt sich nur definieren, wenn ist.

Zitat:

Andererseits stimmt natürlich trotzdem die integrale Definition, denn man kann ja das E-Feld über den Weg integrieren. Aber wenn man zwischen zwei Punkten messen würde, müsste man doch 0 V messen.

Für Felder, die einen Wirbelanteil haben, ist das Wegintegral wegabhängig.
Schauen wir uns das untere Bild einmal an. Wenn wir dB/dt > 0 wählen, so misst man bei geringem Stromfluss bzw. guter Leitfähigkeit des Drahtes:

aber

Dieser Zusammenhang gilt bei jeder Spule. Die "Spannung" über den Luftweg ist da, die "Spannung" über den Drahtweg ist näherungsweise gleich null.

Zitat:

Jetzt habe ich nochmal nachgeschaut: Die Spannung in einer Spule, aufgrund des Blindwiderstands, kommt doch von der Stromänderung. Ist das denn vergleichbar mit einer durch ein Magnetfeld induzierten Spannung?

Ja, wobei Du aufpassen musst, was genau Du mit der Spannung IN der Spule meinst.

Zitat:

Zur ringförmigen Leiterschleife und meinem ursprünglichen Anliegen, was ich noch nicht geäußert habe, lässt sich noch Folgendes sagen: Auch wenn man über das Integral eine "Spannung" ausrechnen kann, ist es doch "konzeptuell" eine andere Spannung insofern, dass man es hier nicht mit Ladungsüberschüssen zu tun hat.

Das E-Feld, das gleichzeitig mit dB/dt entsteht, unterscheidet sich lokal betrachtet überhaupt nicht von einem E-Feld, das durch Ladungen hervorgerufen wird. Beide bewirken eine Kraft auf ruhende Ladungen.

Nur global kannst Du sie an der Struktur der Feldlinien unterscheiden. Reine Potentialfelder führen zu Feldlinien, die von positiven zu negativen Ladungen zeigen; reine Wirbelfelder führen zu Feldlinien, die nirgends enden. Allgemeine E-Felder sind eine Überlagerung aus Potential- und Wirbelfeldern.

Wenn du aber meinst, in dem Spulenbeispiel hätten Ladungen und ihre Felder keinen Einfluss, irrst Du:
Wir schauen uns nochmal das untenstehende Bild an und wählen offene Klemmen ().
Im allerersten Moment, zu dem Du in dem Modell von meinem Bild die B-Feld-Änderung startest, kommen erst einmal im wesentlichen geschlossene E-Feldlinien zustande (Wirbelfelder haben oft geschlossene Feldlinien, es ist aber im Forum bekannt, dass das Attribut "Wirbelfeld" nicht zwangsläufig auf geschlossene Feldlinien hinausläuft, sondern nur auf "Feldlinien enden nicht".).
Im Draht führt dieses ringförmige Feld nach kürzester Zeit zu einem Ausgleichsprozess mit Elektronenfluss. Am Ende des Ausgleichsprozesses ist es dann so, dass die obere Anschlussklemme einen Elektronenmangel und die untere Anschlussklemme einen Elektronenüberschuss aufweist.

Das Oszilloskop an den Klemmen von A und B misst dann letztlich die Überlagerung von
a) diesem "Kondensatorfeld" (verursachte den Hauptanteil an der Oszilloskopanzeige) und
b) dem E-Feld, das "planmäßig" zwischen A und B aufgrund der Flussdichteänderung hervorgerufen wird (kleiner Anteil an der Oszilloskopanzeige).

Zitat:

Mein dahinter liegendes Anliegen (neben dem Verstehen der Physik) ist die Didaktik. Ich finde es verwirrend, wenn man die Spannung einleitet über Galvanische Zellen und Kondensatoren, wo die Spannung als eine Proportionalität zur aufgetragenen Ladung eingeführt wird, dann aber nicht darauf hinweist, dass die induzierte Spannung damit überhaupt nichts zu tun hat.

Die meisten Leute, die Physik unterrichten, sind mit dem Thema inhaltlich nicht vertraut und in einer Diskussion oft überfordert. Was kann man da von der Didaktik erwarten?

Zitat:

Und dann gibt es noch den Streit zwischen ElectroBOOM und Prof. Walter Lewin über das Kirchhoffsche Gesetz

Electroboom will ständig die Kirchhoff'sche Maschenregel verwenden, um Induktion zu erklären.
In Gleichungen geschrieben bedeutet das, dass er die Kirchhoff'sche Maschengleichung

nutzen will, um Phänomene zu verstehen, die aus dem Induktionsgesetz

folgen.

Zitat:

PS: Verspricht/Verschreibt der Professor sich da nicht, wenn er sagt, dass das Magnetfeld am Kabel genauso groß ist wie über dem Kondensator?
Vorher hat er nämlich gesagt, dass das Magnetfeld vom Verschiebungsstrom so klein ist, dass er ihn nicht demonstrieren kann.

Nein, er verschreibt sich nicht. Der Verschiebungsstrom zwischen den Kondensatorplatten ist genauso groß wie der Ladestrom. (Voraussetzung ist hier natürlich, dass wir kurze Leitungen haben, d. h. dass die Stromstärke an jedem Ort entlang der Leitung gleich groß ist. Aber davon gehen wir einmal aus. Wir wollen hier nicht die Theorie der langen Leitungen aufrollen.)


Viele Grüße
Michael



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Lehramtsstudent



Anmeldungsdatum: 11.03.2018
Beiträge: 77

Beitrag Lehramtsstudent Verfasst am: 27. März 2020 19:58    Titel: Re: Gilt Spannung = Potenzialdifferenz immer? Antworten mit Zitat

Danke zunächst für die Antwort(en) !

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Andererseits stimmt natürlich trotzdem die integrale Definition, denn man kann ja das E-Feld über den Weg integrieren. Aber wenn man zwischen zwei Punkten messen würde, müsste man doch 0 V messen.

Für Felder, die einen Wirbelanteil haben, ist das Wegintegral wegabhängig.
Schauen wir uns das untere Bild einmal an. Wenn wir dB/dt > 0 wählen, so misst man bei geringem Stromfluss bzw. guter Leitfähigkeit des Drahtes:

aber

Dieser Zusammenhang gilt bei jeder Spule. Die "Spannung" über den Luftweg ist da, die "Spannung" über den Drahtweg ist näherungsweise gleich null.

Warum "geringer Stromfluss bzw. gute Leitfähigkeit" ? Meinst Du "hoher Stromfluss bzw. gute Leitfähigkeit"?

Den (Un-)Gleichungen stimme ich ansonsten zu. Aber ich meinte etwas anderes. Wenn man U als E-Feld-Wegintegral definiert stimmt das so, wie Du sagst. Aber wenn man REAL misst, müsste U_ab doch 0 sein, da ein Spannungsmessgerät keine Integration vornimmt, sondern den Stromfluss durch den Innenwiderstand misst, oder ?

ML hat Folgendes geschrieben:
ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Jetzt habe ich nochmal nachgeschaut: Die Spannung in einer Spule, aufgrund des Blindwiderstands, kommt doch von der Stromänderung. Ist das denn vergleichbar mit einer durch ein Magnetfeld induzierten Spannung?

Ja, wobei Du aufpassen musst, was genau Du mit der Spannung IN der Spule meinst.

Ups, ich meinte die Spannung zwischen Anfang und Ende der Spule. Inwiefern wäre es vergleichbar mit einer durch ein Magnetfeld induzierten Spannung?

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Zur ringförmigen Leiterschleife und meinem ursprünglichen Anliegen, was ich noch nicht geäußert habe, lässt sich noch Folgendes sagen: Auch wenn man über das Integral eine "Spannung" ausrechnen kann, ist es doch "konzeptuell" eine andere Spannung insofern, dass man es hier nicht mit Ladungsüberschüssen zu tun hat.

[...]
Wenn du aber meinst, in dem Spulenbeispiel hätten Ladungen und ihre Felder keinen Einfluss, irrst Du:
Wir schauen uns nochmal das untenstehende Bild an und wählen offene Klemmen ().
Im allerersten Moment, zu dem Du in dem Modell von meinem Bild die B-Feld-Änderung startest, kommen erst einmal im wesentlichen geschlossene E-Feldlinien zustande (Wirbelfelder haben oft geschlossene Feldlinien, es ist aber im Forum bekannt, dass das Attribut "Wirbelfeld" nicht zwangsläufig auf geschlossene Feldlinien hinausläuft, sondern nur auf "Feldlinien enden nicht".).
Im Draht führt dieses ringförmige Feld nach kürzester Zeit zu einem Ausgleichsprozess mit Elektronenfluss. Am Ende des Ausgleichsprozesses ist es dann so, dass die obere Anschlussklemme einen Elektronenmangel und die untere Anschlussklemme einen Elektronenüberschuss aufweist.

Das Oszilloskop an den Klemmen von A und B misst dann letztlich die Überlagerung von
a) diesem "Kondensatorfeld" (verursachte den Hauptanteil an der Oszilloskopanzeige) und
b) dem E-Feld, das "planmäßig" zwischen A und B aufgrund der Flussdichteänderung hervorgerufen wird (kleiner Anteil an der Oszilloskopanzeige).

Das verstehe ich. So habe ich es m.E. auch schon selbst geschrieben, und verstehe das jetzt als eine bestätigende Antwort auf meine Frage "Habe ich es so richtig verstanden?":

"Angenommen, die ringförmige Leiterschleife hat auf einer Sektion einen Widerstand und ist sonst nahezu supraleitend. Dann gäbe es schon Ladungsüberschüsse, oder? So verstehe ich die Erklärung in Abschnitt 5 von Link Nr. 1."

Aber Du schreibst hier etwas von einer Zusammensetzung von Ladungsüberschuss- und E-Feld-Messung. Das betrifft nochmal den Punkt hierüber: Misst das Spannungsgerät wirklich das E-Feld in situ ? Ich hatte immer gedacht, das Spannungsgerät reagiert nur auf Ladungsüberschüsse.

Anmerkung: Hierbei setze ich voraus, dass der Innenwiderstand des Spannungsmessgerätes AUSSERHALB des Magnetfelds ist und das dahin leitende Kabel (durch Verzwirbelung o.ä.) vom Magnetfeld abgeschirmt ist.

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Mein dahinter liegendes Anliegen (neben dem Verstehen der Physik) ist die Didaktik. Ich finde es verwirrend, wenn man die Spannung einleitet über Galvanische Zellen und Kondensatoren, wo die Spannung als eine Proportionalität zur aufgetragenen Ladung eingeführt wird, dann aber nicht darauf hinweist, dass die induzierte Spannung damit überhaupt nichts zu tun hat.

Die meisten Leute, die Physik unterrichten, sind mit dem Thema inhaltlich nicht vertraut und in einer Diskussion oft überfordert. Was kann man da von der Didaktik erwarten?

Ich spreche jetzt gar nicht von der Schule (wobei es da sicherlich noch krasser ist, da man nichts über konservative Felder, Potenziale und Wirbelfelder lernt), sondern von der Uni bzw. den Lehrbüchern. Die finde ich schlecht gemacht und offenbar führen sie TATSÄCHLICH zu diesem Missverständnis. Ein Berufsphysiker, der mit Teilchenbeschleunigern u.ä. zu tun hat (und denke ich wirklich Ahnung hat, und den ich auch aufgrund seines hohen Charakters hier keineswegs ins schlechte Licht rücken will!) war verwirrt von dem, was ich sagte und hatte es offenbar so noch nicht gehört. Noch schlimmer war meine Erfahrung mit einem Mathematikstudenten über eine Austauschgruppe zur Physik. Der fing an mich zu beleidigen, es sei "unfassbar" wie man "so Grundlegendes falsch verstehen kann" und antwortete mir nicht mehr auf meine Nachfragen. Wiederum ein anderer Physiker stimmte mir sofort zu, nachdem ich es ihm über Discord erklärte, was ich meinte, aber offensichtlich war ihm das zunächst auch nicht so bekannt. Die erste Reaktion ist: "Natürlich ist Spannung eine Potenzialdifferenz." Probiere die Frage doch mal bei Deinen Kollegen aus. Ich finde es krass, dass eine so einfache Frage bei wirklich schlauen und bewanderten Leuten eine so große Verwirrung hervorrufen kann, obwohl man doch direkt sagen kann: "Nur für den magnetostatischen Fall."

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Und dann gibt es noch den Streit zwischen ElectroBOOM und Prof. Walter Lewin über das Kirchhoffsche Gesetz

Electroboom will ständig die Kirchhoff'sche Maschenregel verwenden, um Induktion zu erklären.
In Gleichungen geschrieben bedeutet das, dass er die Kirchhoff'sche Maschengleichung

nutzen will, um Phänomene zu verstehen, die aus dem Induktionsgesetz

folgen.

Ehrlich gesagt verstehe ich immer noch nicht seine Argumentation. Warum nimmt er eine falsche Gleichung (die ja nicht immer gleich 0 ist) als Ausgangspunkt? Ist der Denkfehler so blatant bei ihm? Ich verstehe seinen Kanal auch nicht ganz. Was er macht scheint mir entweder lebensmüde oder gestellt. Auf Wikipedia steht nur, dass es eine Comedy-Aktion ist. Weißt Du mehr? (Finde es gerade in Zeiten von Fake News wichtig, dass man offen legt, ob es sich um Spaß oder Ernst handelt. Gerade bei Elektrizität...)

ML hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

PS: Verspricht/Verschreibt der Professor sich da nicht, wenn er sagt, dass das Magnetfeld am Kabel genauso groß ist wie über dem Kondensator?
Vorher hat er nämlich gesagt, dass das Magnetfeld vom Verschiebungsstrom so klein ist, dass er ihn nicht demonstrieren kann.

Nein, er verschreibt sich nicht. Der Verschiebungsstrom zwischen den Kondensatorplatten ist genauso groß wie der Ladestrom. (Voraussetzung ist hier natürlich, dass wir kurze Leitungen haben, d. h. dass die Stromstärke an jedem Ort entlang der Leitung gleich groß ist. Aber davon gehen wir einmal aus. Wir wollen hier nicht die Theorie der langen Leitungen aufrollen.)

Moment, meine Frage bezog sich auf das Magnetfeld, nicht auf die Stromdichte. Die Stromdichte ist doch 0 zwischen den Platten. Oder meinst Du D = Q/A ? Das muss doch auch 0 sein. Sorry, bin verwirrt. Verstehe jetzt auch nicht, wie ich seine vorige Aussage, dass das Magnetfeld so gering ist, dass man es nicht mal eben im Hörsaal demonstrieren kann, da mit einordnen soll. (Soll ich hierfür kurz noch den Timecode raussuchen oder ist klar, worum es geht?)

.....

Danke Dir aber schon einmal für die ganzen Antworten und das sehr fachliche Gespräch.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3400

Beitrag ML Verfasst am: 27. März 2020 21:50    Titel: Re: Gilt Spannung = Potenzialdifferenz immer? Antworten mit Zitat

Hallo,

Lehramtsstudent hat Folgendes geschrieben:

ML hat Folgendes geschrieben:

Schauen wir uns das untere Bild einmal an. Wenn wir dB/dt > 0 wählen, so misst man bei geringem Stromfluss bzw. guter Leitfähigkeit des Drahtes:

aber


Warum "geringer Stromfluss bzw. gute Leitfähigkeit" ? Meinst Du "hoher Stromfluss bzw. gute Leitfähigkeit"?

Nein, da habe ich mich nicht vertan:

Durch die Änderung der magnetischen Flussdichte wird ein elektrisches Feld mit einem Wirbelanteil erzeugt. Wenn wir mit den Drahtwiderstand der Leiterschleife bezeichnen und mit die vom Draht aufgespannte rechteckige Fläche, dann gilt:


Der Term , der letztlich sagt, wieviel von der "induzierten Spannung" an den Klemmen fehlt, wird umso kleiner, je größer die Leitfähigkeit des Drahtes ist () und je kleiner die Stromstärke ist ().

Zitat:

Wenn man U als E-Feld-Wegintegral definiert stimmt das so, wie Du sagst. Aber wenn man REAL misst, müsste U_ab doch 0 sein, da ein Spannungsmessgerät keine Integration vornimmt, sondern den Stromfluss durch den Innenwiderstand misst, oder ?

Ja, Du kannst sagen, dass das Spannungsmessgerät den Stromfluss durch den Innenwiderstand misst.

Aufgrund der Tatsache, dass in dem kleinen Viereck mit der Beschriftung "kein B-Feld" kein B-Feld herrscht (und sich dies mit der Zeit nicht ändert), kann man in kleinen viereckigen Stromkreis die Kirchhoff'sche Maschengleichung anwenden, und man findet heraus:


Das Oszilloskop/Spannungsmessgerät hat einen großen Innenwiderstand; den multipliziert es mit der kleinen Stromstärke I, und als Ergebnis kommt die Klemmenspannung heraus, die wegen der guten Leitfähigkeit der übrigen Drähte und des nur geringen Stromflusses der Flussänderung in dem großen Stromkreis entspricht.


Zitat:

Ups, ich meinte die Spannung zwischen Anfang und Ende der Spule. Inwiefern wäre es vergleichbar mit einer durch ein Magnetfeld induzierten Spannung?

Die Situation ist absolut vergleichbar. Nur die Leserichtung des Induktionsgesetzes ändert sich von "linke Seite gleich rechte Seite" auf "rechte Seite gleich linke Seite".

- Wenn ich an den Klemmen einer Spule eine Batterie anklemme, so erzwinge ich damit und folgere mithilfe des Induktionsgesetzes, dass ich dann auch eine Änderung des B-Feldes sehen muss.

- Wenn ich eine B-Feldänderung verursache, die senkrecht durch die vom Spulenstromkreis aufgespannten Fläche tritt, so folgere ich mit dem Induktionsgesetz, dass dann auch ein vorliegen muss.

Beachte, dass ich hier absichtlich nicht die Formulierung "erzeugt" im Sinne von "B-Feldänderung erzeugt Ringspannung" oder "Ringspannung erzeugt B-Feldänderung" benutzt habe. Die Maxwellgleichungen beschreiben nämlich keine Kausalkette, sondern ein gleichzeitiges In-Erscheinung-Treten. Die Felder erzeugen einander nicht, sondern sie begleiten einander.


Zitat:

Das verstehe ich. So habe ich es m.E. auch schon selbst geschrieben, und verstehe das jetzt als eine bestätigende Antwort auf meine Frage "Habe ich es so richtig verstanden?":

Ja, aber ich würde nicht von "konzeptual anderen E-Feldern" sprechen.
E ist E.

Zitat:

"Angenommen, die ringförmige Leiterschleife hat auf einer Sektion einen Widerstand und ist sonst nahezu supraleitend. Dann gäbe es schon Ladungsüberschüsse, oder? So verstehe ich die Erklärung in Abschnitt 5 von Link Nr. 1."

Ja, zwischen den Klemmen misst Du im Wesentlichen das E-Feld, das von den Ladungsansammlungen an den Klemmen kommt.

Zitat:

Aber Du schreibst hier etwas von einer Zusammensetzung von Ladungsüberschuss- und E-Feld-Messung. Das betrifft nochmal den Punkt hierüber: Misst das Spannungsgerät wirklich das E-Feld in situ ? Ich hatte immer gedacht, das Spannungsgerät reagiert nur auf Ladungsüberschüsse.

Wie gesagt: E ist E.

Stromtreibend ist sowohl das von der Ladungsansammlung stammende Feld, das ich mit bezeichnen würde, als auch das, was in Deinem Link als bezeichnet wird. (Die Überlagerung von diesen beiden Feldstärken ist das, was man sinnvollerweise mit kennzeichnet.)

Es ist bloß so, dass der größte Anteil von der Ladungsansammlung kommt. Wenn die Öffnung des Ringes aber endlich groß ist und nicht unendlich klein, wirkt auch noch ein kleiner Teil des mit rein. Je größer Du die Öffnung machst, umso wichtiger ist dieser Anteil.

Zitat:

[quote='ML']
Die meisten Leute, die Physik unterrichten, sind mit dem Thema inhaltlich nicht vertraut und in einer Diskussion oft überfordert. Was kann man da von der Didaktik erwarten?

Ich spreche jetzt gar nicht von der Schule (wobei es da sicherlich noch krasser ist, da man nichts über konservative Felder, Potenziale und Wirbelfelder lernt), sondern von der Uni bzw. den Lehrbüchern.
Zitat:

Ja, ich spreche auch von Uniprofessoren und Lehrbüchern. Ich denke aber, dass sich das in den nächsten 10-20 Jahren drehen wird. Die Wikipedia hat einen Einfluss auch auf die Dozenten, gerade auf die neu heranwachsenden. In der Wikipedia sorge ich schon seit Jahren dafür, dass die Gleichungen richtig notiert werden. Inzwischen bin ich nicht mehr allein.

Zitat:

Probiere die Frage doch mal bei Deinen Kollegen aus. Ich finde es krass, dass eine so einfache Frage bei wirklich schlauen und bewanderten Leuten eine so große Verwirrung hervorrufen kann, obwohl man doch direkt sagen kann: "Nur für den magnetostatischen Fall."

Ich habe hierzu schon Korrekturhinweise an ungefähr 50 Lehrbuchautoren geschrieben. Ich weiß, was Du meinst.

Zitat:

Ehrlich gesagt verstehe ich immer noch nicht seine Argumentation.

Das ist ja auch nicht relevant. Er versteht es halt nicht und wurstelt sich irgend eine Schein-Erklärung zurecht.

Zitat:

Nein, er verschreibt sich nicht. Der Verschiebungsstrom zwischen den Kondensatorplatten ist genauso groß wie der Ladestrom. (Voraussetzung ist hier natürlich, dass wir kurze Leitungen haben, d. h. dass die Stromstärke an jedem Ort entlang der Leitung gleich groß ist. Aber davon gehen wir einmal aus. Wir wollen hier nicht die Theorie der langen Leitungen aufrollen.)

Moment, meine Frage bezog sich auf das Magnetfeld, nicht auf die Stromdichte. Die Stromdichte ist doch 0 zwischen den Platten. Oder meinst Du D = Q/A ?

Fast. Ich meine den Verschiebungsstrom
.

Die Veränderung des D-Feldes zwischen den Kondensatorplatten, die ja letztlich von der Aufladung der Platten hervorgerufen wird, ist letztlich der "verlängerte Arm" des Ladungsflusses im Draht und wird ebenso von einem Magnetfeld begleitet wie der Strom im Draht.

Schau ins Durchflutungsgesetz rein, da steht es:



Eine (Ladungs-)Stromdichte macht das gleiche wie eine Änderung des D-Feldes.


Viele Grüße
Michael
Neue Frage »
Antworten »
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