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Auslenkung eines Drehimpulses
 
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mediaterminator



Anmeldungsdatum: 27.09.2019
Beiträge: 4

Beitrag mediaterminator Verfasst am: 27. Sep 2019 02:37    Titel: Auslenkung eines Drehimpulses Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Jetzt mache ich schon so lange an diesem Thema 'rum, und weiss noch nicht 'mal, wie ich meine Frage besser betiteln soll. Naja, zum Glück hab' ich nun das physikerboard gefunden und kann auf Eure Hilfe hoffen:

Um eine rotierende Scheibe orthogonal aus ihre Lage zu drehen, braucht man eine Kraft - genau genommen ein Drehmoment. Wenn sie kann, weicht die Achse orthogonal zum einwirkenden Drehmoment aus, sie präzediert. Das soll durch entsprechende Lager verhindert werden. Und nun die Frage, für die ich schon so lange nach einer Antwort suche:
Wie kann man (in Abhängigkeit vom Drehimpuls der Scheibe) das Drehmoment berechnen, das erforderlich ist, um die Rotationsachse in ihrer Lage zu verdrehen?
Das muss doch möglich sein - in unserer Technikwelt gibt es so viele Situationen, in denen diese Kräfte auftreten, und die müssen doch irgendwie berechnet werden!

Ich hoffe auf Eure Antwort ... und darauf, dass ich sie 30 Jahre nach dem Abi auch noch verstehe ;-)
Vielen Dank.

Meine Ideen:
Die Energie, die ich da 'reinstecke, ist natürlich nicht weg - sie geht in die Erdrotation mit ein. Ich fürchte, dass ich daher das Gesamtrotationssystem Erde+Scheibe berechnen muss. Andererseits, wenn ich in die Luft springe, stosse ich gleichzeitig die Erde ein Stück nach unten, aber für die Berechnung der Sprungenergie spielt das ja auch keine nennenswerte Rolle.
Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 27. Sep 2019 15:20    Titel: Re: Auslenkung eines Drehimpulses Antworten mit Zitat

Hallo,

Wenn die Scheibe vorher eine Winkelgeschwindigkeit hat und nachher eine Winkelgeschwindigkeit von haben soll, dann ist dafür eine Drehimpulsänderung erforderlich.
Um diese Änderung zu erreichen, muss ein Drehmoment über einen Zeitraum wirken, sodass

bzw. falls das Drehmoment zeitlich konstant ist
.
D.h. das erforderliche Drehmoment

hängt davon ab in welchem Zeitraum die Scheibe gedreht werden soll.

Die Vereinfachung, dass parallel zum Drehimpuls ist gilt nur, weil du angenommen hast, dass das Rad nur um das Lager rotieren kann, d.h. die Präzession verhindert wird. Falls das Rad frei in alle Richtungen Rotieren kann, muss man die Eulerschen Gleichungen verwenden, um die Reaktion des Rades auf ein Drehmoment zu berechnen.
mediaterminator



Anmeldungsdatum: 27.09.2019
Beiträge: 4

Beitrag mediaterminator Verfasst am: 27. Sep 2019 19:04    Titel: vielen Dank - und noch mal nachgefragt Antworten mit Zitat

oh, das ging schnell - vielen Dank!
Da meine letzte Physikstunde ein Weilchen her ist, muss ich aber noch mal nachfragen:
Die Winkelgeschwindigkeit des Rotationskörpers ändert sich ja nicht, also .
Was sich ändert, ist der Vektor der Winkelgeschwindigkeit . Hier kommt meine Ahnungslosigkeit zum Tragen: Wie gebe ich im Unterschied zur Winkelgeschwindigkeit den Vektor der Winkelgeschwindigkeit an?
Der Faktor Zeit ist mir klar. Das ist wie beim linearen Impuls, je kleiner die Zeit t, desto grösser muss die Kraft F sein, um die Masse zu beschleunigen.
Das Drehmoment, das gegen die Achslage wirkt, ist konstant. Naja, genau genommen ist die Winkelgeschwindigkeit der Achslage konstant (1/Tag), und ich will das resultierende Drehmoment berechnen - aber das dürfte dann aber mit einer einfachen Umstellung der Formel erledigt sein.

Vielen Dank für Deine Bemühungen!
Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 27. Sep 2019 21:55    Titel: Re: vielen Dank - und noch mal nachgefragt Antworten mit Zitat

mediaterminator hat Folgendes geschrieben:

Wie gebe ich im Unterschied zur Winkelgeschwindigkeit den Vektor der Winkelgeschwindigkeit an?

Der Vektor zeigt in die Richtung der Rotationsachse und hat als Betrag . D.h. wenn die Rotationsachse in x-Richtung zeigt, dann ist
.

mediaterminator hat Folgendes geschrieben:

Das Drehmoment, das gegen die Achslage wirkt, ist konstant. Naja, genau genommen ist die Winkelgeschwindigkeit der Achslage konstant (1/Tag), und ich will das resultierende Drehmoment berechnen - aber das dürfte dann aber mit einer einfachen Umstellung der Formel erledigt sein.

Dann ist es vermutlich praktischer das gleich infinitesimal zu betrachten, d.h.
.
Wenn ich dich richtig verstehe, bist du nur am Betrag des Drehmomentes und an der Winkelgeschwindigkeit der Rotationsachse interessiert. Dann müsste gelten
,
dabei ist die Winkelgeschwindigkeit mit der sich die Rotationsachse verändert.
mediaterminator



Anmeldungsdatum: 27.09.2019
Beiträge: 4

Beitrag mediaterminator Verfasst am: 30. Sep 2019 14:51    Titel: Danke und abgeschlossen Antworten mit Zitat

Hallo Nescio,

vielen Dank - das war am Ende ja schon fast beschämend einfach, aber eben nicht für mich.

Am Ende jetzt nun noch der Hintergrund meiner Überlegungen:
Wenn ich einen Rotationskörper mit seeehr hohem Drehimpuls orthogonal zur Erdachse aufstelle, wirkt ja die Rotation der Erde als Drehmoment auf die Achslager - bei entsprechender Aufhängung wird die Rotationsachse im Laufe des Tages um 360° gedreht.
Meine Überlegung war, dieses Drehmoment zu nutzen und auf diese Weise Energie aus der Erdrotation zu gewinnen.
In der Theorie würde das wohl auch funktionieren, nur leider dürfte der Effekt noch nicht einmal ausreichen, um die Reibungsverluste des Rotationskörpers auszugleichen. Damit ist die Idee - leider - für den Papierkorb.

Noch einmal ein herzliches Dankeschön; die Frage ist beantwortet und kann geschlossen werden.

Herzliche Grüsse

Martin
Nescio



Anmeldungsdatum: 05.12.2015
Beiträge: 279

Beitrag Nescio Verfasst am: 30. Sep 2019 18:32    Titel: Re: Danke und abgeschlossen Antworten mit Zitat

mediaterminator hat Folgendes geschrieben:
Hallo Nescio,

vielen Dank - das war am Ende ja schon fast beschämend einfach, aber eben nicht für mich.

Keine Sorge. Rotationsbewegungen können anfangs ziemlich unintuitiv sein, ich finde das auch nicht gerade einfach.

mediaterminator hat Folgendes geschrieben:

Meine Überlegung war, dieses Drehmoment zu nutzen und auf diese Weise Energie aus der Erdrotation zu gewinnen.

Es wäre sinnvoller gewesen, wenn du von Anfang an deine eigentliche Frage gestellt hättest.

Mithilfe eines Gyroskopes kannst du keine Energie aus der Erdrotation gewinnen.
Die Rotationsenergie der Erde ist

Wenn das Trägheitsmoment I der Erde sich nicht verändert, dann muss sich bei Verringerung der Energie die Winkelgeschwindigkeit verringern. Dies würde jedoch zu einer Abnahme des Drehimpulses

führen, was nach dem Drehimpulsserhaltungssatz nicht möglich ist. Dein Apparat könnte zwar kurzfristing den Drehimpuls aufnehmen, aber sobald du den Apparat abschaltest wird jegliche noch so kleine Reibung dazu führen, dass der Drehimpuls wieder auf die Erde übergeht. D.h. den Drehimpuls der Erde langfristing zu verringern ist mit einem Apparat auf der Erde nicht möglich.

Eine Möglichkeit wäre, das Trägheitsmoment I zu verändern. Dazu müsstest du z.B. kontinuierlich einen Berg aufschaufeln solange dein Apparat Energie produzieren soll. Die Energie die du dabei gewinnst ist jedoch kleiner, als die potentielle Energie die du gegen die Gravitation aufwenden musst.

Die letzte Möglichkeit ist ein Objekt im All zu haben, welches nicht mit der Erde verbunden ist und wo wir langfristig den überschüssigen Drehimpuls abladen können. Ein solches Objekt ist der Mond. Der Mond verursacht zwei Wellenberge und die Erde rotiert unter diesen Wellenbergen hinweg, dabei verliert die Erde Energie und Drehimpuls. Der Drehimpuls wird dabei vom Mond aufgenommen, wobei dieser schneller wird. Dabei bleibt Energie übrig welche in Form von Gezeiten auf der Erde zur Verfügung steht. Jedes Gezeitenkraftwerk gewinnt daher seine Energie aus der Rotation der Erde.

Die letzte ist die einzige funktionierende Methode. Jeder Versuch ohne den Mond Energie aus der Erdrotation zu gewinnen ist zum Scheitern verurteilt, da dies die Drehimpulserhaltung verletzt.
mediaterminator



Anmeldungsdatum: 27.09.2019
Beiträge: 4

Beitrag mediaterminator Verfasst am: 01. Okt 2019 18:09    Titel: puh, doch nicht fertig ;-) Antworten mit Zitat

Hallo Nescio,

ja, ich hatte befürchtet, dass der Vorwurf kommt - und er ist ja auch berechtigt. Der Hintergrund zu einer Frage erhöht die Lösungswahrscheinlichkeit erheblich. Aber Du kennst das vielleicht: Du hast eine Idee, und sie scheint Dir so plausibel, dass Du sie erst ablegen kannst, wenn Du verstanden hast, warum sie nicht funktioniert.
Die Rechnung mit dem zu geringen Ertrag hatte ich für mich so weit akzeptiert. Die Argumente, die Du nennst, fallen mir da schon schwerer.
Wenn ich eine Flex in der Hand habe, brauche ich doch Kraft, um sie gegen die Achse zu verdrehen. Einen Weg (oder besser Winkel) hab' ich auch - es kostet mich Energie. Die geht erst mal in die Erdrotation - aber an welcher Stelle "kommt sie zurück"? Das müsste ich ja irgendwann spüren?
Mein Verdacht war am Anfang ja auch, dass sich der Drehimpuls des Rotationskörpers ändern könnte, Aber der bleibt ja gleich, er ändert sich nur im Vektor.

Zitat:
Dies würde jedoch zu einer Abnahme des Drehimpulses führen, was nach dem Drehimpulsserhaltungssatz nicht möglich ist.

Klar, wenn ich die Scheibe "anschubse", verändere ich per se schon mal den Drehimpuls des Gesamtsystems Erde+Scheibe. Aber dann dreht sich das Ding fröhlich weiter (wenn wir mal die Reibungsverluste außen vor lassen).
Wenn die Scheibe orthogonal zur Erdachse steht, müsste sie doch permanent gegen die Rotation der Erde wirken - oder wenigstens gegen ihren Vektor.
Ich meine: Das Focaultsche Pendel funktioniert ja auch. Da sind halt nur extrem geringe Reibungskräfte an der Aufhängung zu überwinden. Dafür hat so ein Pendel aber auch nur einen sehr überschaubaren Drehimpuls.

Zitat:
Dazu müsstest du z.B. kontinuierlich einen Berg aufschaufeln solange dein Apparat Energie produzieren soll.

Naja, abgesehen von der Gravitation - wenn ich das Trägheitsmoment verändere, ändert das ja noch nix an der Rotationsenergie. Ich wüsste nicht, wie man auf diese Weise auch nur theoretisch Energie abzapfen könnte.
Zitat:
Ein solches Objekt ist der Mond.

Und da hätte ich am ehesten noch den Drehimpulserhaltungssatz (Erde+Mond) vermutet. Aber klar, die Gezeiten sind eine Auswirkung dieser Kräfte.
Ich sollte mich vielleicht auf Themen verlegen, die einfacher zu verstehen sind :-)
Mir bleibt das gute Gefühl, wenigstens jemanden gefunden zu haben, der meine Frage verstanden hat und der Trost, dass da wohl schon mal jemand vor mir dran gedacht hat.

Herzliche Grüsse

Martin
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