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Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 13. Dez 2017 17:33    Titel: Zur Dekohärenz Antworten mit Zitat

Meines Wissens nach werden [im Zuge der Dekohärenz] Basen bevorzugt, die Eigenzustände eines Operators sind, der mit dem Wechselwirkungs-Hamiltonian (zwischen dem System und der Umgebung) vertauscht. Weißt du etwas darüber? Kann man darüber erklären, warum in unserer Makrowelt Ortszustände bevorzugt werden?
Ich kenne mich da leider nicht aus.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Dez 2017 17:58    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Meines Wissens nach werden Basen bevorzugt, die Eigenzustände eines Operators sind, der mit dem Wechselwirkungs-Hamiltonian (zwischen dem System und der Umgebung) vertauscht. Weißt du etwas darüber? Kann man darüber erklären, warum in unserer Makrowelt Ortszustände bevorzugt werden?

Ich kenne kein allgemeingültiges Argument, lediglich spezielle Modelle, in denen näherungsweise Ortszustände resultieren (genauso folgen näherungsweise auch Impulszustände).

Wir hatten kürzlich ein Paper von vor ca. 90 Jahren (!) diskutiert, in dem eine Näherung für Nebelkammern durchgerechnet und eine näherungsweise geradlinige Trajektorie für wiederholte "Ortsmessungen" = Wechselwirkungen hergeleitet wurde. Ich muss dazu den Link wiederfinden.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8576

Beitrag jh8979 Verfasst am: 13. Dez 2017 18:34    Titel: Re: Zur Dekohärenz Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Meines Wissens nach werden [im Zuge der Dekohärenz] Basen bevorzugt, die Eigenzustände eines Operators sind, der mit dem Wechselwirkungs-Hamiltonian (zwischen dem System und der Umgebung) vertauscht. Weißt du etwas darüber? Kann man darüber erklären, warum in unserer Makrowelt Ortszustände bevorzugt werden?
Ich kenne mich da leider nicht aus.

Evtl ist das was Du meinst, das was unter "einselection = environment-induced superselection" bekannt ist?
https://en.wikipedia.org/wiki/Einselection
https://arxiv.org/abs/quant-ph/0105127
Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 21. Dez 2017 19:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo TomS
das Paper würde mich schon interessieren.

Mir fehlt noch ein gutes Argument für die Robustheit von Ortszuständen bei makroskopischen Objekten.

Von meinem Standpunkt aus gesehen, ergibt sich die klassische Welt aus der Quantenmechanik, da klassische Objekte aus Quantenobjekten hervorgehen.

Deshalb kann ich mich mit der kopenhagener Deutung nicht anfreunden, da man hier eine künstliche Unterscheidung zwischen Quantensystem und klassischem System (Messgerät) macht. Das erscheint mir nicht logisch.

Nochmal zur Dekohärenz.
Sehe ich es richtig, dass die Dekohärenz im Wesentlichen aus reinen Zuständen ein Zustandsgemisch gemacht? Macht die Dekohärenz den objektiven Zustand zu einem subjektiven Zustand? Denn ohne Dekohärenz hätte ich einen reinen Zustand, der mein System vollständig beschreibt, ich aber trotz der Vollständigkeit einzelne Messwerte nicht vorhersagen kann. Mit Dekohärenz habe ich einen diagonalen Dichteoperator, wonach ich ein Gemisch aus den Eigenzuständen habe und damit die Wahrscheinlichkeiten auf Unkenntnis beruhen.
Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 21. Dez 2017 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich meinte

objektiver Zufall / subjektiver Zufall


nicht objektiver Zustand / subjektiver Zustand
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Dez 2017 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Von meinem Standpunkt aus gesehen, ergibt sich die klassische Welt aus der Quantenmechanik, da klassische Objekte aus Quantenobjekten hervorgehen.

Deshalb kann ich mich mit der kopenhagener Deutung nicht anfreunden, da man hier eine künstliche Unterscheidung zwischen Quantensystem und klassischem System (Messgerät) macht. Das erscheint mir nicht logisch.

Ja, das ist sicher einer der wesentlichen Einwände gegen die Kopenhagener Interpretation.

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Sehe ich es richtig, dass die Dekohärenz im Wesentlichen aus reinen Zuständen ein Zustandsgemisch gemacht?

Nein, nicht für den Gesamtzustand.

Der Dichteoperator rho eines reinen Zustandes psi erfüllt





Der Dichteoperator ist also ein Projektor. Diese Eigenschaft bleibt unter Zeitentwicklung U erhalten, denn





Was jedoch im Zuge der Dekohärenz geschieht ist, dass der partielle Dichteoperator, den man durch Ausspuren der Umgebungsfreiheitsgrade erhält,



sich wie ein gemischter Zustand verhält. D.h. die Verschränkung mit den unbeobachtbaren Umgebungsfreiheitsgrade sorgt dafür, dass der Gesamtzustand klassisch erscheint.

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Macht die Dekohärenz den objektiven Zustand zu einem subjektiven Zustand?

Was soll ein objektiver bzw. subjektiver Zustand sein?

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Mit Dekohärenz habe ich einen diagonalen Dichteoperator, wonach ich ein Gemisch aus den Eigenzuständen habe ...

Dass ein Dichteoperator in einer bestimmten Basis diagonal ist besagt gar nichts, denn in irgendeiner geeigneten Basis ist er immer diagonalisierbar. Die entscheidende Eigenschaft ist die Projektoreigenschaft.

Aber wie gesagt, du musst den partiellen Dichteoperator betrachten.

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Quantenphysik
Gast





Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 21. Dez 2017 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Nein, nicht für den Gesamtzustand.

ich meinte damit, dass aus Sicht des Beobachters das beobachtete Teilsystem aufgrund der Dekohärenz als gemischter Zustand erscheint.

Zitat:
sich wie ein gemischter Zustand verhält. D.h. die Verschränkung mit den unbeobachtbaren Umgebungsfreiheitsgrade sorgt dafür, dass der Gesamtzustand klassisch erscheint.

Inwiefern erscheint der Gesamtzustand klassisch?

Zitat:
Was soll ein objektiver bzw. subjektiver Zustand sein?

Objektiver Zufall ein Zufall, der bei vollständiger Kenntnis des Systems vorhanden ist. Subjektiver Zufall ein Zufall aus Unkenntnis.


Zitat:

Dass ein Dichteoperator in einer bestimmten Basis diagonal ist besagt gar nichts, denn in irgendeiner geeigneten Basis ist er immer diagonalisierbar. Die entscheidende Eigenschaft ist die Projektoreigenschaft.

Ja ok. Da hatte ich nicht nachgedacht.
Aber wie gesagt, du musst den partiellen Dichteoperator betrachten.[/quote]
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Dez 2017 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

Der Gesamtzustand erscheint klassisch, weil durch die Verschränkung mit den unbeobachtbaren Umgebungsfreiheitsgraden ein Zustand resultiert, dessen „beobachtbarer Anteil“ wie ein gemischter Zustand erscheint, zwischen dessen verschiedenen Komponenten - entsprechend der Zeigerpositionen - keine Interferenzfähigkeit mehr vorliegt.

Die Interferenzfähigkeit geht nicht vollständig verloren - das würde die Unitarität verletzen - sie ist jedoch um viele Größenordnung unterdrückt. Dadurch werden verschiedene Komponenten wechselweise unsichtbar, d.h. lediglich der „Anteil des Gesamtzustandes“, der der jeweiligen Zeigerposition entspricht, bleibt sichtbar.

Akzeptiert man diese mathematische Schlussfolgerung landet man bei Everetts „Viele-Welten-Interptetation“. Hält man es dagegen mit der „orthodoxen Sichtweise“, würde man rein pragmatisch die unbeobachtbaren Anteile als irrelevant ignorieren, was einer Kombination aus Dekohärenz und Kollaps entspräche. Beide Sichtweisen sind rein praktisch nicht unterscheidbar.

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Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 22. Dez 2017 12:45    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:


Die Interferenzfähigkeit geht nicht vollständig verloren - das würde die Unitarität verletzen - sie ist jedoch um viele Größenordnung unterdrückt. Dadurch werden verschiedene Komponenten wechselweise unsichtbar, d.h. lediglich der „Anteil des Gesamtzustandes“, der der jeweiligen Zeigerposition entspricht, bleibt sichtbar.


Könnte man dies nicht nutzen um Everett zu prüfen. Wenn man zwei Zweige hat, die sich nur mikroskopisch voneinander unterscheiden, wobei man einen dieser beiden Zweige beobachtet, müsste der unbeobachtbare Zweig nach hinreichend kurzer Zeit, den beobachtbaren Zweig beeinflussen können, da die Interferenzfähigkeit noch nicht verloren ging?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 22. Dez 2017 17:43    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Könnte man dies nicht nutzen um Everett zu prüfen.

Ja, theoretisch ist Everett tatsächlich überprüfbar.

Im Folgenden vernachlässige ich in der Notation die Umgebungsfreiheitsgrade. Betrachte eine Messung mit für möglichen Eigenzuständen |a> und |b> mit entsprechenden Zeigerzuständen |A> und |B>

Nach der Kollapsinterpretation gilt für den Kollaps in den a-Zustand sowie die darauf folgende Zeitentwicklung



Nach Everett gilt



Wenn man die Messung durchführen und eine hinreichende Isolation von der Umgebung gewährleisten und somit die Dekohärenz vermeiden könnte, dann wären an den Zuständen nach der Zeitentwicklung offensichtlich Messungen möglich, die die Interferenz der a- bzw. b-Zweige testen und somit entscheiden könnten, ob gemäß Everett noch Interferenz vorliegt, oder ob gemäß der Kollapsinterpretation keine Interferenz sondern genau entweder a oder b vorliegt.

Praktisch wird dies für das Ablesen makroskopischer Zeigerzustände nicht funktionieren.

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Quantenphysik
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Beitrag Quantenphysik Verfasst am: 23. Dez 2017 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

Danke TomS.
Das ist sehr interessant.
Gibt es Anstrengungen Everett experimentell zu überprüfen oder ist das so fernab des Machbaren, dass es gar nicht erst versucht wird?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18030

Beitrag TomS Verfasst am: 24. Dez 2017 07:15    Titel: Antworten mit Zitat

Quantenphysik hat Folgendes geschrieben:
Gibt es Anstrengungen Everett experimentell zu überprüfen oder ist das so fernab des Machbaren, dass es gar nicht erst versucht wird?

Das ist praktisch nicht überprüfbar.

Die Ironie an der Geschichte ist, dass Everett nich s anderes behauials die universelle Gültigkeit der Schrödingergleichung bzw. der unitären Zeitentwicklung für einzelne Quantensysteme. Für mikroskopische Systeme ist das selbstverständlich akzeptiert, und die Grenze bzgl. der Systemgröße wird immer weiter hinausgeschoben. Aber für echt makroskopische Systeme ist dies nicht machbar, denn dazu müsste man auch die Umgebungsfreiheitsgrade kontrollieren können.

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